Spectrum Notes 6. Juni 2019

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31. Saison 2019 Frank S. Dodge Gründer und Künstlerischer Leiter

SPECTRUM CONCERTS BERLIN

Großes

III. Konzert der 31. Saison Donnerstag, 6. Juni 2019

Zwei Werke füllen den heutigen Abend: ein Trio und ein Doppeltrio, ein Sextett. Beide muss man im echten, nicht im modischen vernutzten Sinne Ausnahmewerke nennen. Nicht nur, weil ihre Gattungen in der Geschichte der europäischen Musik durch relative Seltenheit glänzen. Sondern vor allem wegen ihrer Bedeutung im Schaffen ihrer Komponisten und damit auch im Gang der Musikhistorie. Das eine (Mozarts Trio) erscheint als kommentierender und vielleicht relativierender Nachklang auf das Genre der Symphonie, das andere (Brahms’ Sextett) als wichtige Station auf dem Weg seines Komponisten zur großen Symphonie.

Philharmonie / Kammermusiksaal

19.30 Uhr Konzerteinführung mit Habakuk Traber 20.00 Uhr Konzert

Mitglieder des Ensembles Spectrum Concerts Berlin

JANINE JANSEN Violine JULIA-MARIA KRETZ Violine AMIHAI GROSZ Viola PAULINE SACHSE Viola JENS PETER MAINTZ Violoncello TORLEIF THEDÉEN Violoncello

WOLFGANG AMADEUS MOZART (1756 – 1791)

Divertimento für Violine, Viola und Violoncello Es-Dur KV 563 (1788)

Allegro Adagio Menuetto. Allegretto – Trio Andante Menuetto. Allegretto – Trio I / II Allegro 20 Minuten Pause JOHANNES BRAHMS (1833 – 1897) Streichsextett Nr. 1 B-Dur, op. 18 (1858 – 1860)

WOLFGANG AMADEUS MOZART

Mozarts Divertimento

Wolfgang Amadeus Mozart komponierte sein Divertimento KV 563 kurz nach den letzten drei Symphonien und einige Monate vor den drei letzten, den sogenannten »Preußischen« Streichquartetten. Die Symphonien übertrifft das Streichtrio an Länge, den Quartetten zeichnet es die Höhe gestaltender Kunst und die Konzentration in der Vielfalt vor. Im Titel, in Anzahl und Folge der Sätze blendet Mozart noch einmal auf das experimentelle Hauptmedium seiner frühen Jahre, die Serenade, zurück. Was in der Salzburger Zeit der Emanzipation aus der Konvention diente, wird nun zum Medium vertiefter kompositorischer Reflexion. Dies gilt sowohl für die Detailarbeit mit Themen und Motiven als auch für die Spannweite der musikalischen Charaktere. Mozart durchmisst mehrere Sphären musikalischer Äußerung: »die konzertante Brillanz im Kopfsatz, die Opernattitüde der Koloraturen, virtuosen Spitzentöne und großen Sprünge […] im Adagio, die rustikale Metrik des Zwiefachen [eines Tanzes mit Wechsel zwischen Zweier- und Dreiertakten] im ersten Menuett, die Evokation eines Chorals im Andante, die stilisierte Landpartie im Hornquinten-Beginn des zweiten Menuetts samt Ländler und Drehtanz in den Trios, schließlich

Allegro ma non troppo Andante ma moderato Scherzo. Allegro molto Rondo. Poco allegretto e grazioso

Änderungen vorbehalten 31. Saison 2019

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die Störung der Lyrik des Finales durch eine rhythmisch immer beißender auftretende Trommelfigur« (Nicole Schwindt). Das Finale, das man »Allegro cantabile« überschreiben könnte, nimmt mit seinem Anfangsgedanken zwei Stücke vom Januar 1791 vorweg: das Lied »Komm, lieber Mai, und mache« und das Finale des Klavierkonzerts B-Dur KV 595. Es erhält zwei Gegenspieler: ein ebenfalls liedhaftes Seitenthema und jenen Trommelrhythmus, der die virtuosen Elemente des Satzes freischleudert.

Das Panorama dieses Werkes ist weit bemessen, die instrumentale Besetzung dagegen auf das Minimum reduziert. Die Wirkungen dieses Widerspruchs lassen sich nur dadurch austragen, dass alle drei Interpreten gleich beteiligt und gefordert sind. Mozart macht dies gleich zu Anfang klar: Dem Unisono des Kopfmotivs, mit dem der Dreiklang als Urmaterial des Stückes exponiert wird, folgt sofort die Differenzierung der Rollen und ihr rascher Wechsel, der jeden mehrmals in den Vordergrund spielt. In der Gesamtdramaturgie kommt Dialogen zwischen Instrumentenpaaren eine wesentliche, unverzichtbare Funktion zu. Den inneren Zusammenhalt verdeutlicht Mozart dadurch, dass sich die engen Bezüge der Sätze zueinander bereits in der Gestaltung ihrer Anfänge erkennen lassen: Sie alle sind aus dem eröffnenden Dreiklangsmotiv hergeleitet. So wird, was wie eine Gesellschaftsmusik angelegt ist, zum Kompendium kammermusikalischer Kompositionskunst, das, soweit man heute weiß, ohne Auftrag und ohne äußeren Anlass entstand.

JOHANNES BRAHMS

Liedhaft wie oft bei Schubert sind die Themen nicht nur im gesanglichen Andante, sondern von Anfang an. Mit festem Vortrag singt sich der Hauptgedanke des ersten Satzes in Männer- und Frauenstimmenlage aus, ehe er, kontrapunktiert mit seiner eigenen Beschleunigung, in ein zweites Thema überleitet. Es könnte aus einem Schubert- oder BrahmsWalzer stammen. Das dritte im Bunde erhielt in Brahms ›Liebeslieder-Walzern‹ recht ähnliche Geschwister. Die drei lyrischen Gedanken werden im Mittelteil kombiniert, konfrontiert und in unterschiedliches Licht gestellt. Hier bringt Brahms seine ganze Kompositionskunst zur Wirkung. Im ruhigen zweiten, einem Variationssatz, tut er dies nicht minder. Hier trägt er aus, was er bei der Disposition der Zeitmaße zurückgenommen hatte: Bewegungsgegensätze. Auf dem Höhepunkt des Satzes wendet er ein Verfahren an, das Schule machen sollte: Wie mit einem Durchbruch ins Offene, Helle gibt er seinem Thema eine vollkommen neue Färbung. Er liebte diesen balladesken Satz und spielte ihn gerne am Klavier.

Der dritte Satz, das Scherzo, fällt aus gutem Grund kurz aus: Vieles, was Brahms sonst im stilisierten Tanzsatz unterbrachte, verlegte er im Sextett ins Finale. Die Vortragsanweisung deutet es an: »Allegretto grazioso« überschrieb er sonst gerne mittlere Sätze. Das Scherzo-Thema selbst taucht im Schlusssatz leicht verwandelt wieder auf. So sind die beiden Stücke eng miteinander verbunden, der dritte Satz erscheint mehr oder weniger als Vorspiel zum letzten. Das Scherzothema selbst wiederum ist auf raffinierte Weise aus den Themen des ersten Satzes »erwürfelt«, während das Ritornell des rondoartigen Finales dem Anfangsgedanken des Werkes durch Lagenversetzung und Einschübe ein neues Gesicht verleiht. Das chorische Alternieren zwischen dem tiefen und dem hohen Trio des Ensembles erinnert an die volkstümliche Praxis des Wechselgesangs. Brahms komponierte kein überhöhendes Finale, sondern ein heiteres Stück, das dennoch dem gesamten Werk den Zusammenhalt gibt, indem es am Ende den großen gedanklichen Bogen zum Anfang schlägt. Habakuk Traber

Johannes Brahms´ erstes Streichsextett

Nichts ist extrem schnell in diesem Werk, auch nicht das »Allegro molto« des dritten Satzes, nichts extrem langsam, alles bewegt sich in gemäßigten Zonen.

Zwei Sextette für je zwei Violinen, Bratschen und Violoncelli komponierte Johannes Brahms. Sie gelten als die vorbildlichen, »klassischen« Werke ihrer Gattung, wenn man überhaupt von einer solchen sprechen will. Denn es gibt für diese Besetzung kaum Vorgängerwerke, an nennenswerten eigentlich nur das Sextett op. 140 von Louis Spohr. Brahms’ B-Dur-Sextett war zugleich seine erste Kammermusik ohne Klavier, die er gelten und veröffentlichen ließ, frühe Quartettversuche hatte er vernichtet. Dem Schatten Beethovens, der in der Kammermusik nicht weniger stark wirkte als in der Symphonik, wich er auf doppelte Weise aus: durch die Wahl einer Gattung, für die jener nichts komponiert hatte, und durch fast demonstrative Anknüpfung an Schubert. Schubertisch sind die dunkle Grundfärbung (die tiefen Instrumente sind im Sextett gegenüber dem Quartett verstärkt), die Erfindung instrumentaler Themen aus dem Geist des Liedes und die Abschwächung der Tempokontraste zwischen den Sätzen zugunsten eines stärker geschlossenen Ausdrucks.

IV. Konzert Das Korngold-Projekt Teil II Sonntag, 24. November 2019

Philharmonie / Kammermusiksaal 20.00 Uhr Konzert 19.30 Uhr Einführung mit Habakuk Traber

BORIS BROVTSYN Violine CLARA-JUMI KANG Violine GARETH LUBBE Viola TORLEIF THEDÉEN, JENS PETER MAINTZ Violoncello ELDAR NEBOLSIN Klavier

ERICH WOLFGANG KORNGOLD Suite für zwei Violinen, Violoncello und Klavier linke Hand op. 23 Trio für Klavier, Violine und Violoncello D-Dur op. 1 Klavierquintett für zwei Violinen, Viola, Violoncello und Klavier E-Dur op. 15

31. Saison 2019

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IV. Montag, 15. Juni 2020

Ein Blick auf die nächste Saison

Philharmonie/Kammermusiksaal 20 Uhr Konzert 19.30 Uhr Einführung

32. Saison 2020

Johannes Brahms (1833 – 1897) Die Streichsextette:

Janine Jansen, Boris Brovtsyn, Clara-Jumi Kang, Alexandra Conunova, Alexander Sitkovetsky, Latica Honda-Rosenberg Violine Maxim Rysanov, Gareth Lubbe Viola Torleif Thedéen, Jens Peter Maintz, Claudio Bohórquez Violoncello Thorsten Johanns Klarinette Eldar Nebolsin Klavier Éric le Sage Klavier DoubleBeats: Ni Fan, Lukas Böhm Schlagzeug

Sextett Nr. 1 B-Dur für zwei Violinen, zwei Violen und zwei Violoncelli, op. 18 (1858-1860)

Sextett Nr. 2 G-Dur für zwei Violinen, zwei Violen und zwei Violoncelli, op. 36 (1864-1865)

V. Donnerstag, 26. November 2020 Philharmonie/Kammermusiksaal 20 Uhr Konzert 19.30 Uhr Einführung

Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809 – 1847) Streichoktett Es-Dur op. 20 (1825)

Programmänderungen vorbehalten

George Enescu (1881 – 1955) Streichoktett C-Dur op. 7 (1900)

I. Sonntag, 5. Januar 2020

Philharmonie/Kammermusiksaal 20 Uhr Konzert 19.30 Uhr Einführung

Abonnementbestellformular für die 32. Saison Inner-Circle Abonnement Fünf Konzerte 200,00 €

Edward Elgar (1857 – 1934) Serenade für Streichorchester (1892)

Karl Amadeus Hartmann (1905 – 1963) Concerto funebre für Violine und Streicher (1939)

Weitere Abonnementbestellformulare sind am Info-Tisch erhältlich. __________________________________________________ Name, Vorname __________________________________________________ Adresse __________________________________________________ Adresse Telefon

Andrzej Panufnik (1914 – 1991) Konzert für Violine und Streichorchester (1971)

Béla Bartók (1881 – 1945) Divertimento für Streicher (1939)

II. Montag, 20. April 2020

Philharmonie/Kammermusiksaal 20 Uhr Konzert 19.30 Uhr Einführung

Ursula Mamlok (1923 – 2016) Breezes für Violine, Viola, Klarinette, Violoncello und Klavier (2014)

Confluences for clarinet, violin, cello and piano (2001)

Olivier Messiaen (1908 – 1992) Quatuor pour la fin du temps (1940)

________________________ E-Mail

Johannes Brahms (1833 – 1897) Quintett für Klarinette, zwei Violinen, Viola und Violoncello h-Moll op. 115 (1891)

X 200,00 € = _________

Abonnement-Anzahl

Verlängerung ___________ Neubestellung ____________

III. Donnerstag, 28. Mai 2020

________________________________ ______________ Unterschrift Datum

Philharmonie/Kammermusiksaal 20 Uhr Konzert 19.30 Uhr Einführung

Béla Bartók (1881 – 1945) Kontraste für Klavier, Violine und Klarinette (1938)

Bitte senden Sie das Formular an: info@spectrumconcerts.com oder an unsere Postanschrift: Spectrum Concerts Berlin, Eisenacher Str. 53, 10823 Berlin Sie können Ihre Bestellung auch heute Abend am Info-Tisch im Hauptfoyer abgeben.

Béla Bartók (1881 – 1945) Sonate für zwei Klaviere und Schlagwerk (1937)

Béla Bartók (1881 – 1945) Klavierquintett op. 3 (1904)

In Zusammenarbeit mit NAXOS und Deutschlandradio 31. Saison 2019

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Erich Wolfgang Korngold

Zwei CD-Produktionen in Zusammenarbeit mit Deutschlandradio und Naxos sind in Arbeit. Veröffentlichung 2020

Aufnahme des Erich Wolfgang Korngold Sextetts am 1. Mai 2019 in der Jesus-Christus-Kirche.

Cover: My Bohemia, Alan Magee

Boris Brovtsyn Violine Clara-Jumi Kang Violine Yura Lee Viola Gareth Lubbe Viola Torleif Thedéen Violoncello Jens Peter Maintz Violoncello Eldar Nebolsin Klavier

(unten) Nach der Aufnahme am 2. Mai 2019.

(FOTOS: Adil Razali)

Cover: il Beato Angelico, Alan Magee

Boris Brovtsyn Violine Clara-Jumi Kang Violine Gareth Lubbe Viola Torleif Thedéen Violoncello Eldar Nebolsin Klavier 31. Saison 2019

Eisenacher Straße 53, 10823 Berlin Telefon 030/787 14 801 –802 E-Mail: info@spectrumconcerts.com Website: www.spectrumconcerts.com

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