Stadtgespraech Nov. 2016:SPD - Version 7.1
15.11.2016
17:26 Uhr
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30. Jahrgang - Dezember 2016
Sozialdemokratische Stadtzeitung für Bad Ems
Bad Ems auf dem Weg zur Fair-Trade-Stadt Vor einigen Monaten wurde in Bad Ems eine Steuerungsgruppe gegründet, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Stadt Bad Ems offiziell als „Fair-Trade-Stadt“ zertifizieren zu lassen. Fair-Trade-Stadt ist ein Zertifikat, das von TransFair e.V., einem Verein zur Förderung des Fairen Handels mit der „Dritten Welt“ vergeben wird. Die Idee geht zurück auf eine Initiative der Arbeitsgemeinschaft Eine Welt e.V. Deren Mitglieder setzen sich schon seit 30 Jahren für die Idee des Fairen Handels ein. Die Eheleute Hildegard und Gerth Stecher und weitere Mitglieder dieser Arbeitsgemeinschaft überzeugten schließlich den Stadtrat, die Bewerbung von Bad Ems als offizielle Fair-TradeStadt auf den Weg zu bringen. Nun ist Bad Ems fast am Ziel. Der frühere brasilianische Bischofs Helder Camara sagte einmal: „Wenn die Länder des Überflusses den Entwicklungsländern gerechte Preise für ihre Produkte zahlen würden, könnten sie ihre Unterstützung und ihre Hilfspläne für sich behalten“. Ein durchaus mutiger Satz. Denn die Geberländer der Entwicklungshilfe werden damit heftig kritisiert. Der Satz ist jedoch auch revolutionär, weil er die Probleme der Entwicklungsländer in Bezug auf Hunger und Armut zurückführt auf ein ungerechtes Weltwirtschaftssystem. Aufgegriffen wurde dieser Gedanke in Deutschland zuerst von christlichen Jugendorganisationen. Anfang der siebziger Jahre bildete sich die kirchliche Aktion „Dritte-Welt-Handel“. Grundgedanke war damals: Es lohnt nicht zu warten, bis wir ein gerechteres Wirtschaftssystem haben. „Wir machen das einfach mal so, wie es sein sollte“, erinnert sich der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Eine Welt Bad Ems e.V. „Wir handeln mit Waren, die wir teurer einkaufen in Ländern der sogenannten Dritten
Welt, damit die Produzenten mehr Geld bekommen, um mit ihren Familien ein menschenwürdiges Leben führen zu können. Und wir verkaufen diese Produkte dann hier bei uns an Kunden, die bereit sind, dafür mehr zu bezahlen“, fügt Gerth Stecher erklärend hinzu. „Und es hat funktioniert“, freut sich Stecher. In der Bundesrepublik entstanden so in den achtziger Jahren 800 ehrenamtlich geführte Weltläden, die diese Waren verkauft haben. Gerth Stecher ist es daher wichtig zu betonen, dass Bad Ems nicht erst in den letzten Jahren auf den fahrenden Zug „Fair Trade Town“ aufgesprungen ist. „Bad Ems verdient die Auszeichnung als Fair-Trade-Stadt nicht nur deshalb, weil formell die Mindestkriterien erfüllt werden, sondern weil in Bad Ems der faire Handel schon seit vielen Jahren zuhause ist“, betont Gerth Stecher. In der Tat ist Bad Ems bei dieser Entwicklung von Anfang an dabei. Schon um 1980 herum hat die heutige Arbeitsgemeinschaft Eine Welt e.V. aus Bad Ems damit begonnen, auf Märkten und bei Gemeindefesten fair gehandelte Produkte zu ver-
kaufen. Den Schritt zum Weltladen hat die ökumenische Gruppe dann im Jahre 1987 geschafft. 2008 wurde eine Kooperation mit der Stiftung Scheuern eingegangen und ein Laden in der Nieverner Straße eröffnet. 2011 schließlich konnte der Weltladen in die Römerstraße ziehen. Seitdem ist das Angebot fair gehandelter Produkte mitten in der Stadt, in bester Geschäftslage präsent. Ein offizielles Siegel
von engagierten Leuten war unzufrieden damit, dass sie mit ihrem Oxfam-Geschäft alleine nur relativ wenig bewirken konnten. Sie hatten die Idee, die ganze Stadt mit einzubeziehen und dazu zu bewegen, den Fairen Handel zu unterstützen. Und die Idee setzte sich durch. Die Gemeindeverwaltung, Schulen, Vereine, Gastronomie machten mit und so wurde Garsting schließlich als erste Fair-Trade-Town der Welt ausgezeichnet.
Das offizielle Fair-Trade-Siegel wurde 1992 eingeführt. Dieses Siegel macht es möglich, dass fair gehandelte Produkte auch in den Supermärkten und im kommerziellen Handel angeboten werden konnten. Damit erhöhte sich die Zahl der Verkaufsstellen von 800 auf 40.000. Die Umsätze im Fairen Handel sind stetig gestiegen. 2015 war zum ersten Mal die Schwelle von 1 Milliarde Euro überschritten. Das bedeutet, dass weltweit inzwischen 2,5 Millionen Menschen vom Fairen Handel profitieren: Die Produzenten mit ihren Familien. Die Kampagne „Fair Trade Towns“ startete im Jahr 2000 in der englischen Stadt Garstang. Eine Gruppe
Ein Regierungsvertreter sagte damals: „Die Flamme, die sich hier entzündet hat, wird sich im ganzen Land und vielleicht sogar darüber hinaus ausbreiten“. Er sollte Recht behalten: In Großbritannien gibt es mittlerweile 700 Städte, die die Auszeichnung „Fair Trade Town“ schon bekommen haben. Darunter ist auch die Partnerstadt von Bad Ems, Droitwich Spa. Weltweit gibt es 2.200 Fair-Trade-Städte, überwiegend in den Industrieländern, aber zunehmend auch in den Entwicklungsländern selbst. In Deutschland gibt es mittlerweile 400 Fair Trade-Städte. (Fortsetzung auf Seite 2)
Die Kampagne Fair Trade Towns
Die beiden stellvertretenden Vorsitzenden des SPD-Ortsvereins Bad Ems bedanken sich bei den Eheleuten Stecher für deren Initiative zur Bewerbung der Stadt Bad Ems als „Fair Trade Town“ - v.l.n.r.: Frank Ackermann, Hildegard Stecher, Gerth Stecher, Carsten Werner.