SONO - Musik für erwachsene Hörer

Page 1

www.sonomagazin.de

Musik für erwachsene Hörer

FEBRUAR/MÄRZ 2011

80.000 Ex.

Ilja Richter und der Kult um seine 70er-JahreTV-Show „Disco“

MAX RAABE flirtet erstmals mit dem Pop von heute – in Damenbegleitung

Hilary Hahn

Gianna Nannini

Die Über-Geigerin spannt Romantik und Moderne zusammen

Privat und musikalisch: Italiens größte Rocksängerin polarisiert wieder

Außerdem: „Die großen Preise:

Echo, Grammy & Co.“, Lisa Bassenge, Albert Hammond u. a. Und immer: CD-Besprechungen und Tourneedaten aus Pop, Rock, Klassik und Jazz!


DAS NEUJAHRSKONZERT AUS WIEN

DAS SILVESTERKONZERT AUS DRESDEN

Franz Welser-Möst dirigiert die Wiener Philharmoniker

Mit Christian Thielemann und Renée Fleming: „Die lustige Witwe“

JETZT AUF CD UND DVD www.klassikakzente.de


inhalt

trailer

News aus der Welt der Musik

4

leserpost

Anregungen, Wissenswertes, Fragen, Schmähkritik Es muss nicht immer die Musik der Weimarer Zeit sein: Max Raabe unternimmt einen Ausflug in den Pop der Gegenwart. Die SONO-Titelstory

5

Martin Grubinger Sie war echter Kult – wie Ilja Richters legendäre ZDF-Disco jetzt wiederbelebt wird

6

9

10

12

neue gesichter

Bobby Bazini, Simone Dinnerstein, Colin Vallon Trio

13

Echo, Grammy & Co. – die großen

Foto: Gerald von Foris

Die entschleunigte Klangmagie des Ludovico Einaudi

22

„Alexander’s Ragtime Band“ – der Megahit vor 1oo Jahren

24

Muttersprache und entwächst dem Jazz-Ghetto

des Internetzeitalters

34

CD - Rezensionen Ja zz & world Joachim Kühn, Trilok Gurtu, Caroline Henderson, Robin McKelle u. a.

36

schat zkiste Neue Boxsets von George Harrison & Ravi Shankar, George Michael u. a.

38

Mediamix Neue Bücher, Spiele und DVDs

40

Tourneen Kl a ssik Alison Balsom, Maximilian Hornung

22

Ludovico Einaudi

CD - Rezensionen Kl a ssik David Fray, Midori Seiler, Nils Mönkemeyer, Yo-Yo Ma, Concerto Melante u. a.

Rumer – eine sanfte Stimme ver­ zaubert ganz Großbritannien

17

29 30

Tourneen Pop Trans-Siberian Orchestra, Wolf Maahn u. v. a. Rückblick: Belinda Carlisle

Damenriege zwischen Irish Folk, New Age und Pop: der Welterfolg von Celtic Woman

Stefan Dettl

25

CD - Rezensionen Ro ck , Pop & Co. Gregg Allman, Christopher Cross, Heinz Rudolf Kunze, Ina Müller, Roxette u. a.

Musikpreise und was sie bedeuten 14

Ihr Babybauch versetzte halb Italien in Aufruhr: Wie Gianna Nannini mal wieder polarisiert

8

Amerikas Stargeigerin Hilary Hahn schlägt kühne Brücken zwischen Tschaikowski und der Moderne 26 Eric Whitacre ist der Chormeister

Albert Hammond hat gut lachen.

Der Star-Songschreiber über die Gunst des Schicksals

20

Lisa Bassenge verliebt sich in ihre

Mit La Brass Banda revolutionierte er die Blasmusik, jetzt lässt es der Urbayer Stefan Dettl herzhaft krachen 8 backstage-lek türe

die sono -liste

12 Alben, die Bach wieder ganz frisch klingen lassen

17

Rumer

44 47

Tourneen Ja zz Julia Hülsmann Trio, Carlos Nunez

48

18

Promi- Hörer-Steckbrief TV-Moderatorin Nazan Eckes

50

19

E x k l u s i v f ü r Abo n n e n t e n : 16 Seiten SONO plus

14

Echo, Grammy & Brit Award

3


Trailer

Der blaue Ferrari,der einst dem Fahranfänger Lennon gehörte, wartet auf Käufer (l.), Rod Stewart wiederum wartet auf Jeff Becks Tracks

Lang Lang (l.) liebt digitale Rasanz, und die Beatles erzielen digitale Umsätze

L

ange genug hatte man warten müssen, bis endlich Songs der Beatles legal als Downloads erhältlich wurden – aber für die Herren McCartney und Starr sowie die Hinterbliebenen von John Lennon und George Harrison beginnt sich der digitale Verkauf bereits kräftig zu lohnen: Zwei Millionen einzelne Songs und 450.000 Alben luden die iTunes-Nutzer schon in der ersten Woche nach dem Verkaufsstart des Beatles-Repertoires weltweit herunter. Davon sollen allein 1,4 Millionen Trackverkäufe und 119.000 Albumdownloads auf den US-Markt entfallen sein. Die Beatles-Werkschau, das digitale Pendant zum „Stereo Box“ -Set, steuerte dazu allein 13.000 Albumverkäufe bei. Würde John Lennon noch le­ben, könnte er sich auf diese Nachricht hin schon mal ein hübsches neues Auto leisten. Das konnte der Beatle freilich schon in den 60er Jahren. Der azurblaue Ferrari 330 GT, den sich Lennon

4

noch am Tag seiner praktischen Führerscheinprüfung im Februar 1965 kaufte, wird Anfang Februar in Paris versteigert. Als Höchstgebot für das perfekt restaurierte Traumgefährt erwartet das Auktionshaus Bonhams 120.000 bis 170.000 Euro Sicher könnte sich auch der mega-erfolgreiche chinesische Tastenvirtuose Lang Lang einen schönen Sportwagen genehmigen, er posiert neuerdings auch gern in Rennfahrermontur, das hat aber einen ganz anderen Grund: Der Hochgeschwindigkeitspianist hat für die neue Version des Playstation-Spiels „Gran Turismo“ klassische Werke neu eingespielt: darunter den „Liebestraum“ von Liszt, „Jesu bleibet meine Freude“ und das berühmte „Air“ von Bach, die „Militär-Polonaise“ und den „Minutenwalzer“ von Chopin, den „Entertainer“ von Scott Joplin und den „Tanz der Zuckerfee“ aus Tschaikowskis Nussknacker. Sicher ein kultureller Gewinn für die Gamer.

Noch nicht auf den lichten Karrierehöhen, auf denen der Erwerb eines Sportwagens zur Angelegenheit für die Portokasse wird, ist der Schauspieler, Sänger und Entertainer Pasquale Aleardi . Der Sänger brachte im vergangenen Jahr mit seiner famosen Retro-Funk- und SwingKapelle Big Gee das Album „Retrologie“ heraus – wir berichteten in der Debütausgabe von SONO darüber. Weil Aleardi inzwischen dank etlicher TV-Einsätze deutlich bekannter ist, wird das Album nun mit veränderter Inter-

Die zahl

201,1 Millionen US-Dollar spielten Bon Jovi mit ihrer „The Circle“-Tour 2010 weltweit ein, davon kamen 108 Millionen allein in den USA in ihre Kassen. Damit waren sie der umsatzstärkste Liveact des Jahres.

pretenangabe („Pasquale Aleardi & The Big Gee“ statt nur „Big Gee“) erneut veröffentlicht. Diese Art von Marketingklimmzügen hat Rod Stewart schon seit Jahrzehnten nicht mehr nötig, er kann sich inzwischen neben feinsten Sportautos auch ein bisschen Sentimentalität bei der Wahl seiner musikalischen Partner leisten. So planen Stewart und sein (äußerst automobilbegeisterter) alter Freund Jeff Beck ihren legendären gemeinsamen Alben „Truth“ und „Beck-Ola“ ein neues Werk folgen zu lassen. „Jeff und ich waren kurz vor Weihnachten zusammen Mittagessen“, erklärte Stewart. „Jeff soll im Februar mit seiner Band in San Francisco erste Tracks dafür aufnehmen – und die will er mir dann schicken.“ Pläne hat auch Beyoncé Knowles : Sie soll die Hauptrolle in einem Remake von „A Star Is Born“ unter der Regie von Sportwagenfreund Clint Eastwood übernehmen. In der letzten Version der bereits mehrfach verfilmten Story um eine aufstrebende Sängerin spielten 1976 Barbra Streisand und Kris Kristofferson die zentralen Figuren.

Fotos: Martina Leymann, Peter Lindbergh

Schauspieler und Sänger Pasquale Aleardi (o.) firmiert seine Band Big Gee um, Sängerin und Jungschauspielerin Beyoncé soll mit Clint Eastwood arbeiten


leserPost Zu wenig Yello

CDs schwer zu bekommen

Betrifft: Artikel in SONO 6/2010

Betrifft: Rubrik „SONO-Liste“

Ein bisschen arg kursorisch, wie da die Geschichte des überragenden Schweizer Duos Yello in dem Artikel im letzten SONO herunter repetiert wird. Schließlich war der Anlass die Veröffentlichung einer Werkschau, da hätte man dem Schaffen der genialen Herren Meier und Blank mehr Platz einräumen dürfen. Franz-Anton Pelzl, per E-Mail

Klasse finde ich Ihre Listen-Geschichten wie zuletzt über den Prog-Rock oder junge Jazz-Könner. Allerdings sind manche der dort vorgestellten CDs bzw. Schallplatten schwer zu bekommen. Karl-G. Nöstle, Augsburg Wir bemühen uns, in SONO nur Produkte vorzustellen, die im stationären Handel oder per Internet legal erhältlich sind. Gerade ausgefallenere

Fülle der Fakten Betrifft: Chanson-Retrospektive in SONOplus 6/2010

Toll, dass Sie dieser in den Medien meist so unterrepräsentierten Musikrichtung so viel Platz eingeräumt haben. Allerdings war die Fülle der Fakten auf Ihren zehn Seiten fast schon zu viel des Guten, zu dicht, so dass man es kaum verarbeiten konnte. Trotzdem: Kompliment! Brigitte Bolesch,Saarbrücken

Titel können allerdings gelegentlich innerhalb weniger Tage oder auch vorübergehend vergriffen sein.

Mut zum Text

Ihre meinung ist uns wichtig! Haben Sie Fragen, Kritik, Anregungen oder Ergänzungen zu den Artikeln in SONO? Dann schreiben Sie uns – die Redaktion freut sich auf ihr Feedback unter post@ sonomagazin.de oder per Post an Inmedia, Redaktion SONO, LucileGrahn-Str. 37, 81675 München

Betrifft: SONO allgemein Mir gefällt an Ihrem Heft, dass es, zumindest in dem Sonderteil für Abonnenten, auch den Mut zu längeren Textstrecken zeigt. Schließlich will das Publikum, das sich bewusst mit Musik auseinandersetzt, ja auch etwas zu lesen bekommen. In vielen Magazinen kriegt man zwischen all den bunten Bildern ja nur noch Häppchen. Peter Bartlett,per E-Mail

nis, wie engagiert er seine Lieder singt und wie er mit dem Publikum umgeht. K. Schretzmeier, Stuttgart

Ein Erlebnis

Wiederveröffentlichungen

Betrifft: Interview in SONO 6/2010

Betrifft: SONO allgemein Das SONO ist auf jeden Fall eine Bereicherung im Zeitschriftenangebot, dazu noch eine Anregung: Besprechen Sie mehr Wiederveröffentlichungen! Claus Vauthier, per E-Mail

Bryan Adams ist wirklich ein Künstler, bei dem es hervorragend passt, „unplugged“ zu spielen. Wir waren zwei Mal in den letzten Jahren bei ihm im Konzert, und es war beide Male ein Erleb-

Ilja Richter präsentiert

, s u a t h c “Li an!” t o p S DIE JUBILÄUMSTOURNEE 2011

Do 05.05.2011 Fr 06.05.2011 Sa 07.05.2011 So 08.05.2011 Mo 09.05.2011 Mi 11.05.2011 Do 12.05.2011 Fr 13.05.2011 Sa 14.05.2011

München Circus-Krone-Bau Trier Arena Trier Niedernhausen Rhein-Main-Theater Wetzlar Rittalarena Aschaffenburg Frankenstolzarena Leipzig Arena Leipzig Göttingen Lokhalle Magdeburg Bördelandhalle Bremen Halle 7

So 15.05.2011 Di 17.05.2011 Mi 18.05.2011 Fr 20.05.2011 Mo 23.05.2011 Di 24.05.2011 Do 26.05.2011 Sa 28.05.2011

NÄHERE INFOS: WWW.DISCO-DIETOUR.DE

✹ ✹ DIE UM Z SERI-EKULT, TV T AUF JETZ D & C ! DVD

Berlin Admiralspalast Dresden Kulturpalast Braunschweig Stadthalle Flensburg Campushalle Dortmund Westfalenhalle 3A Duisburg Mercatorhalle Bamberg Stechert Arena Stuttgart Beethovensaal

AB SO ÜBERFORT HANDALL IM E HABE L ZU N!


ma x ra abe

Dandy in neuem Kostüm

„Ich war reif für Popmusik“, sagt Max Raabe. Der Chefnostalgiker der deutschen Unterhaltungsmusik hat seine Zeitmaschine verlassen – für einen klingenden Ausflug in die Gegenwart. In ganz spezieller Damenbegleitung. Von Steffen Rüth

D

ie beiden mögen sich vielleicht nicht gesucht haben, aber nun haben sie sich gefunden: Annette Humpe, 60, Ikone der Neuen deutschen Welle und zuletzt extrem erfolgreich im Duo Ich + Ich mit Adel Tawil. Und Max Raabe, 48, der als Sänger des Palast Orchesters seit mehr 20 Jahren für hochklassig-augenzwinkernde Unterhaltungsmusik steht und sogar schon die Carnegie Hall in New York ausverkauft hat. Gemeinsam haben die beiden nun das neue Album von Raabe geschrieben und aufgenommen. Es heißt „Küssen kann man nicht alleine“ und bestand am Anfang nur aus dieser einzigen Zeile. „Mir fiel der Satz beim Fahrradfahren ein“, sagt Annette Humpe beim gemeinsamen Gespräch in einem Berliner Designhotel unweit des Kurfürstendamms. „Jeder denkt,

St e c k b r i e f e Max Raabe und Annette Humpe Max Raabe, 1962 in Lünen geboren, grün­dete 1986 das Palastorchester und veröffentlichte bisher 19 Studioalben mit diesem Ensemble sowie zwei Soloalben („Max Raabe singt“, 2005, und „Übers Meer“, 2010) und die Musik zu zwei Filmen („Die Reise ins Glück“, „Der bewegte Mann“) Die Sängerin und Komponistin Annette Humpe, 1950 in Hagen geboren, trat ab 1979 mit ihrer Schwester Inga in der Band Neonbabies erstmals in Erscheinung. 1980 gründete sie die NdW-Band Ideal. Ab 1983 feierte sie Erfolge als Komponistin und Produzentin für Acts wie DÖF, Udo Lindenberg, Rio Reiser, Die Prinzen, Nena u. a. 2004 gründete Annette Humpe mit Adel Tawil die Band Ich+Ich.

6

die Zeile müsste es schon lange geben, doch sie war tatsächlich neu.“ Erst wenige Monate vor Annettes folgenreicher Radtour hatten sich die zwei, von denen man eigentlich denken würde, dass sie sich ständig über den Weg laufen, überhaupt erst kennengelernt – und zwar gleich mit dem Gedanken an eine Zusammenarbeit. Max Raabe: „Ich war neugierig auf sie und ich hatte vorher nie Stücke gesungen, die komplett in Zusammenarbeit mit jemand anderem entstanden sind. Ich kenne Annettes Schwester Inga recht gut, aber außer ‚Hallo‘ zu sagen, hatte ich mit Annette bis vor zweieinhalb Jahren keinen Kontakt.“ Man hat sich dann getroffen und „sehr höflich beschnüffelt“, zwei Stunden lang in einem Cafe. Zunächst machte sich jeder für sich locker ans Werk, doch als Humpe („Ich hatte noch nie mit einem Sänger wie Max zusammenge-

arbeitet und dachte, den kann man sich ja mal angucken.“) mit jenem schlichten wie ungemein wahren Satz um die Ecke kam, nahm die Zusammenarbeit rasant Fahrt auf.

Heitere Songs ohne das Schwere der Weimarer Zeit Im vergangenen Sommer traf man sich dann „praktisch in jeder freien Minute und an den unterschiedlichsten Orten, um zusammen zu schreiben. Wir haben erstmal das Stück fertig gemacht“, erläutert Raabe, „und uns über der Arbeit an ‚Küssen kann man nicht alleine‘ besser kennengelernt. Danach ging es richtig los: Bei Ausflügen, im Garten, am See und an Annettes Küchentisch sind die Lieder entstanden.“ Mit von der Partie war auch Christoph Israel, der Arrangeur und Pianist des Palast Orchesters. Das Ergebnis dieses kreativen Experiments ist eine sachte und zugleich deutlich hörbare Modernisierung des bewährten Raabe-Klangs. Das Palast Orchester spielt zwar auf der Bonus-

„Eigene Texte im Stile der 20er Jahre zu machen, wäre für mich Etikettenschwindel.“ Max Raabe

CD, das Hauptaugenmerk soll aber der in Annette Humpes Kellerstudio entstandenen, vorwiegend am Computer umgesetzten Version des Albums gelten. Mit vielen kleinen Ideen und Details, mit Hackbrett, Bläsern, Streichern wie auch modernen Pop-Elementen hat Humpe die stilistisch sehr unterschiedlichen Songs aufgepeppt. Für Freunde des Palast Orchesters mag das ein gewöhnungsbedürftiges Klangkostüm sein, in dem Max Raabe hier steckt. Für alle anderen jedoch ist „Küssen kann man nicht alleine“ ein großer, augenzwinkernder, selbstironischer Spaß. „Die Arbeit mit dem Orchester ist überhaupt nicht in Gefahr“, versichert der Sänger denn auch. „Ich wollte mein Spektrum erweitern, mich ausprobieren. Ich finde auch, dass das ein deutlich modernerer Max Raabe ist. Aber das Thema ist das alte geblieben: Es geht um die Dramen zwischen Menschen. Vor zehn


oder vor zwei Jahren hätte das jedoch noch nicht entstehen können. Popmusik war reif für so etwas, und ich war reif für Popmusik.“ Dass die Platte riskant für seine über die Jahre geschaffene Marke ist, glaubt Raabe, der wie Humpe aus Westfalen stammt („Das gewisse Verständnis war direkt da“), indes keineswegs. „Ich denke nicht, dass man von einem Wagnis sprechen kann. Vielmehr bietet mir diese Musik die Chance, meine Lieder und meine Stimme einem Publikum zugänglich zu machen, das mich bisher

„Ich war neugierig auf sie“, sagt Max Raabe über Annette Humpe, die er zunächst „sehr höflich beschnüffelte“

noch nicht so wahrgenommen hat.“ Da ist die Zusammenarbeit mit Humpe, die zuletzt mit Ich + Ich Millionen von Alben verkauft hat, naheliegend. Auch klingt die Musik spürbar leichter und unbeschwerter als im sonstigen, mit den Liedern aus der Weimarer Zeit bestückten Repertoire Raabes. Die Texte handeln von Partys, bei denen vom Papst bis Eisbär Knut alle dabei sind, oder betrachten Männlich-Menschliches, besonders gelungen in „Krise“ und „Eifersüchtiger Mann“. Max Raabe: „Es sind relativ heitere Songs. Ohne das Schwere und Dunkle aus der Weimarer Zeit. Und doch nicht ohne Melancholie und manche Wahrheit. Wenn man übers Verlieben oder übers Verlassenwerden spricht und das in neuen Texten macht, dann muss das anders aussehen als das, was man vorher gemacht hat. Es muss neu sein, einen anderen Blickwinkel bieten. Eigene Texte im Stile der 20er Jahre zu machen, wäre für mich Etikettenschwindel.“ Neu erschienen: „Küssen kann man nicht alleine“ (Decca/Universal)

7


Im Weißbier liegt die Kraft

Mit La Brass Banda hat der Chiemgauer bayerisch-balkanische Blasmusik ins 21. Jahrhundert transportiert. Sein erstes Soloalbum geht ganz andere Wege …

S

oll keiner glauben, das sei nur von regionalem Belang, was der blonde Bursche mit dem gemütlichen Dialekt („I ko einfach koa Hochdeitsch!“) und dem beachtlichen Aktionsradius so alles treibt. Als Trompeter und Vokalist der Band La Brass Banda hat Stefan Dettl bis ins ferne Sibirien transportiert, was sich an spannenden popmusikalischen Entwicklungen derzeit im Freistaat so tut. Das Quintett aus dem Dorf mit dem bezeichnenden Namen Übersee stößt nicht nur im fernen Zimbabwe, sondern auch im norddeutschen Ausland auf enormes Interesse, wenn es, oft barfüßig und in Lederhosen, seine Mischung aus Rock, Jazz, Funk, Reggae, Ska, Polka, Punk, GypsyBrass, Balkan-Beats und Techno präsentiert. Dabei ist es ziemlich egal, ob man Dettls Gesang, seine rasanten Raps und Scats („Mir Bayern sprechen ja so langsam, da können wir zum Ausgleich beim Singen ruhig a bisserl Gas geben“) versteht – die universell offene und gleichzeitig gut verwurzelte Musikalität der Chiemgauer-Truppe erreicht mit ihrer Lebendigkeit und Direktheit auch die gehemmtesten Hörer.

8

All diese Qualitäten stecken auch im Titelsong seines ersten Soloalbums „Rockstar“, nur kommt jetzt auch noch eine gehörige Portion chartskompatibler Pop-Appeal dazu – selten war Mundartrock so zeitgemäß und eingängig. Das deftige Video zu „Rockstar“, in dem Dettl und Band ein Konzert in einem Stollen geben, während sich im Publikum ein Liliputaner mit drallen Damen vergnügt, zieht im Internet bereits seine Kreise. Grundsätzlich ist die Musik, die Dettl auf dem „Rockstar“-Album mit dem Schlagzeuger Tobias Weber und dem Bassisten Stefan Pfeiffer sowie einigen Gästen macht, weniger bläserlastig als die von La Brass Banda: „Ich hab einfach auch Lust auf die Gitarre gehabt, mal mehr den Rockmusiker auszuleben, mal ein richtiges ‚Brett‘ zu fahren.“ So kracht es manchmal herb auf der CD, aber es gibt auch verhaltene akustische Passagen, relaxten Funk („Hod si mi“) und Rap („Dreahn“). Der bei aller scheinbaren Weißbierruhe notorisch umtriebige Dettl wäre nicht Dettl, hätte er nicht noch ein drittes Projekt laufen: derzeit unterstützt der 29jährige ein Team um den ebenfalls aus dem Chiemgau stammenden Musikjournalisten Josef Winkler (Musikexpress, taz) beim Aufbau einer für den oberbayerischen Raum gedachten Kulturzeitschrift mit dem hübschen Arbeitstitel „Muh“. Zurückstehen muss derweil die Beschäftigung des studierten Konzertmusikers mit der Klassik („Barockmusik groovt!“), aber dass sie Dettls weiten musikalischen Horizont mitgeprägt hat, ist spätestens bei seinen feinen Bläserarrangements zu erahnen. Bayerische Wasser sind tief. (CST) Neu erschienen: Stefan Dettl „Rockstar“ (RCA/ Sony Music)

Ekstatisch: Stefan Dettl live mit seiner weitgereisten Band La Brass Banda

Foto: Gerald von Foris

stefan de t tl


Wenn er nicht liest oder moderiert, dann klöppelt Grubinger hochvirtuos auf allem,was ihm in die Quere kommt

backstage-le ktüre

Martin Grubinger

Das Konzept seines Debütalbums „Drums’n’Chant“ sorgte für Diskussionen in den Feuilletons: Der gefeierte junge Percussion-Star tat sich mit einem Mönchschor zusammen und bereicherte dessen gregorianische Gesänge mit seinem Spiel. Beim Publikum kommt das, was der bereits im Wiener Musikverein wie in der New Yorker Carnegie Hall gefeierte österreichische Schlagwerker Martin Grubinger mit den Mönchen aus Franken einspielte, bereits bestens an. Grubinger, ein spekta-

verlosung

„Gods Of Guitar“

kuläres Rhythmustalent, dessen Spiellust für eine Musikgattung allein immer schon zu vital war, umgibt die alten Choräle mit vielfältigen Rhythmen, und das lässt sie oft eher zugänglicher werden. Auf seinen Reisen zwischen Konzert- und TV-Verpflichtungen liest Grubinger derzeit Amartya Sens Sachbuch-Bestseller „Die Identitätsfalle“: „Ein wohltuender ‚Kontrapunkt‘ zu Sarrazin und seinen kruden Thesen. Ein Plädoyer für Vielfalt, multikulturelles Zusammenleben und eine, den humanistischen Grundprinzipien zugewandte Gesellschaft.“ Neu: Martin Grubinger, „Drums ‚n‘Chant“ (DG/Universal)

Wie könnte man erfahrene Rockfans glücklich machen? Keine leichte Angelegenheit. Mit einem Motorrad? Zu teuer und haben sie sicher schon. Mit einer Gitarre? Haben sie schon oder wollen sie nicht. Die Lösung: mit einer Doppel-CD voll mit ihren Ikonen und Jugendidolen – die die größten Gitarrenhelden aller Zeiten zum ersten Mal vereint. Mit dabei: Queen, Gary Moore, Deep Purple, die Rolling Stones, Bon Jovi, Dire Straits, Motörhead, Bryan Adams, U2, Cream, Santana, ZZ Top, aber auch aktuelle Bands wie Muse, Wolfmother und Mando Diao. Wir verlosen 5 Exemplare dieser tollen Rock-Compilation sowie je zwei Rolling-Stones- und RamonesT-Shirts! Einfach eine Postkarte mit dem Stichwort „Guitar Gods“ schicken an: Inmedia Redaktion SONO Lucile-Grahn-Str. 37 81675 München Einsendeschluss ist der 17. März 2010


disco

„Licht aus! Womm! Spot an! Ja!“ Ilja Richter und die ZDF-„Disco“ waren in den 70er Jahren echte TV-Straßenfeger. Eine Tournee sowie CD- und DVD-Boxen und gar eine Doppel-CD-Serie beleben den Kult jetzt neu. Von Michael Sailer

10

schen Spießer schockten, waren die von Ilja Richter mit seiner Mutter produzierten Sketche meist derart albern und schreiend witzlos, dass sie im Alleingang die Erfindung des Wortes „kultig“ rechtfertigen. Da stand Richter mit einem Prominenten (oft auch seiner Schwester Janina) etwa am Hamburger Hafen, warf Zeug ins Meer und deutete auf die Frage, wieso er das tue, mit Prä-Hallervorden-Grimasse auf ein Schild: „Aber da steht doch: ‚Deutsche Werft‘!“ In anderen Szenen wurden alte Schlager parodiert und solcherart Nachwuchs und Eltern in ein generationenverbindendes Boot gesetzt. Entscheidend für den Erfolg waren jedoch die Hits, die den Hauptteil der Sendung ausmachten – dass sie gleichzeitig mit dem Glamrock-Boom startete und mit Ausschnitten aus der BBC-Show „Top of the Pops“ das deutsche Fernsehmonopol auf wahnwitzige neue Hysterie-Bands wie Slade, Sweet, T. Rex und Alice Cooper hatte, sorgte für ungeheure Einschaltquoten. Nebenbei rührten Programmverantwortliche und Schlagerlobby den gierigen Teenyboppers Tony Marshall, Gus Backus, Roberto Blanco, Bata Ilic und

Äußerst vielseitig: der Schlaks von einst als gereifter Künstler heute

Das Telefon war ein unentbehrliches Requisit in Richters skurrilen Sketchen

alle möglichen drittklassigen Bierbauchkapellen in den bunten Brei, aber das steigerte nur die Ungeduld.

Zweite Karriere in der Nische Dass der Straßenfeger gegen Ende im Schlagersumpf verödete, war nicht die Schuld von Richter, der, was die Musik anging, keinen Einfluss und auch nicht viel Interesse hatte. Sein Beruf war nämlich ein ganz anderer: Am 24. November 1952 in Ost-Berlin geboren, wurde er von seinem Vater auf den Namen des antifaschistischen russischen Schriftstellers Ilja Ehrenburg getauft. Da Georg Richter als freigeistiger Kommunist in der DDR des Stalinisten Ulbricht Probleme bekam, setzte sich die Familie 1953 in den Westen ab (wo drei Jahre vor dem Verbot die KPD noch im Bundestag und in praktisch allen Landtagen vertreten war), zog 1959 nach Köln und pachtete eine Kneipe, in der der kleine Ilja als Sänger die Zechenden unterhielt. 1961 folgte die Rückkehr nach (West-)Berlin, wo Eva Richter, ehemals Schauspielerin, ihren Buben zum Vorsprechen beim Radio brachte. Zehnjährig stand er in Ephraim Kishons

Fotos: dpa, Getty

E

s war ein Ritual, das sich in die Kultur der mittleren deutschen Nachkriegszeit (d. h.: ins kollektive Fernsehbewusstsein) unauslöschlich eingebrannt hat. Einmal im Monat samstags betrat ein schlaksiger Schlingel im stilisierten Hochzeitsanzug eine gemäßigt poppige Bühne, postierte sich vor zwei Bildschirmen und begrüßte die Nation: „Einen wunderschönen guten Abend, meine Damen und Herren“ diente dabei nur als Anlauf, wichtig war der mit den Jahren zunehmend stadionmäßige Wechselchant „Hallo Freunde! – Hallo Ilja!“, mit dem eine Sendung begann, wie es keine zweite gab und gibt. Ursprünglich als diszipliniertere Antwort auf den ARD-„Beatclub“ und jugendliche Ergänzung zu Dieter Thomas Hecks Schlagerappell „Hitparade“ gedacht, wurde „Disco“ sehr schnell zum Grundnahrungsmittel für Jugendliche, die nach Pop verlangten, aber revoltieren nicht wollten oder durften. „Disco“ lief in 131 Folgen fast 12 Jahre lang - von Februar 1971 bis November 1982 – und war einerseits fetzig, andererseits entschieden brav. Während sich im Ersten das Jugendmagazin „Baff“ politisch und satirisch Provokationen erlaubte, die heute undenkbar wären (auch mal mit dem eingeblendeten Untertitel „Im ZDF läuft jetzt ein prima alter Spielfilm“), während im 1972 eingestellten und durch den „Musikladen“ ersetzten „Beatclub“ psychedelische Optik und progressive Experimente den deut-


„Schwarz auf weiß“ vor der Fernsehkamera, war in mehr als 60 Hörspielen zu hören und auch am Theater so erfolgreich, dass er die Familie ernähren konnte. Ab Februar 1969 moderierte er mit der Schlagersängerin Suzanne Doucet (die bald wieder ausschied, als aufkam, dass sie gleichzeitig für die Schweizer Sendung „Hits a gogo“ tätig war, die vom ARD-Regionalprogramm übernommen wurde) die ZDF-Musiksendung „4-3-2-1 Hot & Sweet“, aus der am 13. Februar 1971 „Disco 71“ (auch fortan immer mit der zweistelligen Jahreszahl als Zusatz) geboren wurde. Der Knüller erwies sich für Ilja Richter als Segen und Fluch. Zwar war er in den 70ern ein TV-Superstar, gewann 1975 vor Rudi Carrell (und Michael Schanze) den goldenen „Bravo-Otto“, 1977 die „Goldene Kamera“. Seine regelmäßige Ansage des ins Studio geladenen „Disco-Quiz“-Gewinners (dritter Preis: ein Kofferradio, zweiter Preis: ein Plattenspieler) wurde zum geflügelten Wort: „Licht aus! Womm! Spot an! Ja!“ Als ernsthafter Künstler war der ursympathische Zappelphilipp damit jedoch „verbrannt“; seine Versuche, nach dem Ende der „Disco“ (in deren Nachfolge Frank Zander „Vorsicht Musik“ moderierte – mit einer Handpuppe namens „Herr Feldmann“, der Hugo Egon Balder die Stimme lieh, und nicht annähernd vergleichbarem Erfolg) im seriösen Metier Fuß zu fassen, führten zu manch künstlerischem Erfolg, fürs große Publikum blieb er jedoch immer der „Disco“-Schlaks – zumal die Sendung in den folgenden Jahr(zehnt)

Für heutige Betrachter ist auch das Studiopublikum von einst sehenswert

en mit großem Erfolg wiederholt wurde. Da mochte er als Schauspieler, Regisseur und Produzent von Wagner und Shakespeare bis Tucholsky und Bodo Kirchhoff („Der Ansager einer Stripteasenummer gibt nicht auf“) brillieren, mit dem Curt-Goetz-Ring (2005) und dem Deutschen Hörbuchpreis (2010 mit Hanns Zischler und Peter Fricke für Alexander Kluges „Chronik der Gefühle“) ausgezeichnet werden, mit großem Witz Kolumnen für die taz und die Hamburger Morgenpost verfassen, als Hörspiel- und Synchronsprecher (u. a. in dem Disney-Film „Der König der Löwen) anonym die Massen bezaubern, Bücher für Erwachsene (neben einer Autobiographie das satirische Kompendium „Der deutsche Jude“, gemeinsam mit Eva Richter) und Kinder („Bruno – Von Bären und Menschen“) schreiben – wo immer er hinkam, schallte ihm zuverlässig ein „Hallo Ilja!“ entgegen. Vielleicht ist es Ilja Richter inzwischen leid, vor den bunt schillernden Schatten der eigenen Vergangenheit zu fliehen, viel-

leicht ist 58 auch das richtige Alter für eine nostalgische Versöhnung mit dem Klotz am Bein. Vor vier Jahren bereits ging er mit der Band „Begleitumstände“ unter dem Motto „Ilja Richter erinnert sich – Show oder so“ auf Deutschlandtournee, sang alte Poplieder, belebte das von ihm patentierte Sketchformat neu, persiflierte in einer anekdotischen, hochironischen Revue „Disco“, seine Karriere und sich selbst.

Comeback auf großen Bühnen Nun lässt er das Original also wiederauferstehen und bringt „40 Jahre Disco – die Jubiläumsshow“ auf große deutsche Bühnen. Ob der alte Anzug noch passt und ob die live aufspielenden „Stars“ (Harpo, Chris Andrews, Middle of the Road) noch so zünden wie dazumal Suzi Quatro und Marc Bolan – das fragt man lieber nicht, schließlich war die Selbstparodie bis über den Rand der Peinlichkeit hinaus schon immer eine der großen Stärken des Entertainers Richter, erzählen kann er sowieso, und dass, wer damals süchtig war, heute noch mit einem genüsslichen Lächeln erzittert, wenn Ilja vor seine Schirme stürmt und eine der drei Titelmelodien erklingt (bis 1972: „Drums A Go Go“ von Sandy Nelson, dann „Tric Trac“ von André Popp, schließlich Hamilton Bohannons „Disco Stomp“), das immerhin dürfte garantiert sein. Neu erschienen: „Ilja Richter präsentiert 40 Jahre Disco“ (Sony Music) - ab 11.2. als 5-CD-Box, 2-CD-Serie und 4er-DVD-Box Die Tournee:: 5.5. - 28.5., www.eventim.de

Schick und sexy: Auch der Aufstieg von Abba führte durch die ZDF-„Disco“

11


Auch wenn es in Südkalifornien selten regnet – ein schmucker Hut kleidet den Gentleman

albert hammond

Sonnenschein aus Gibraltar

Wie sich einer der erfolgreichsten Songschreiber der Popgeschichte sein Lebensglück erklärt. Von Felix Marondel

Mit Albert Hammond zu telefonieren ist ein spezielles Erlebnis: Man hört die gute Laune und den Optimismus des 66jährigen geradezu durch den Hörer rauschen. Klar doch, wird da mancher denken, in Kalifornien, wo der Sänger, Autor unzähliger Welthits und Vater des Strokes-Gitarristen Albert Hammond jr. wohnt, scheint ja immer die Sonne. Ganz so, wie er es in seinem bekanntesten Dauerbrenner („It Never Rains In Southern California“) einst verkündete. Klar doch, könnte man einwenden, in Kalifornien haben sie alle „Positive Thinking“ eingetrichtert bekommen. Und klar, wessen Songs auf mehr als 360 Millionen Tonträgern versilbert wurden, der hat vermutlich ein paar existentielle Sorgen weniger. Mag alles stimmen, doch wer sich ein bisschen mit dem Mann beschäftigt, bekommt bald den Eindruck,

12

dass es sich eher umgekehrt verhält: Albert Hammonds Frohsinn ist nicht das Resultat dieser Umstände, sondern ihre Grundlage. „Ich bin einfach privilegiert aufgewachsen“, schreibt Hammond selbst sein sonniges Gemüt seiner Jugend in Gibraltar zu: „Das war eine wunderbare Jugend dort. Das Wetter war toll, ich hatte ein liebevolles Elternhaus und wurde nicht so mit Außenreizen zugemüllt wie die Kids heute. Außerdem ist Gibraltar ein kultureller Schmelztiegel. Dort gab es Flamenco, Musik aus Arabien, und die Jukeboxen spielten Buddy Holly, Roy Orbison und Johnny Cash. Ideale Voraussetzungen um kreativ zu werden.All das kann mir keiner mehr nehmen.“

Der Rollenwechsel erwies sich als Volltreffer Als 18jähriger ging Hammond einst nach London, schrieb dort zusammen mit seinem Freund Mike Hazlewood bald seinen ersten Hit („Little Arrows“), zog kurz darauf nach Kalifornien, wo ihm 1972 mit „It Never Rains ...“ der Durchbruch als Sänger gelang. Als gegen Ende der 70er die Erfolge rarer wurden und seine Frau ihm die Kinder Albert jr., Debbie und Paula geboren hatte, entschied sich Hammond für einen Rollenwechsel – fortan schrieb er seine Songs nur noch für andere. „Ich wollte beim Aufwachsen meiner Kinder dabei sein – dass sich das Maßkomponieren für andere als solcher Volltreffer herausstellen würde, hätte ich mir gar nicht nicht träumen lassen.“ Es folgte eine imposante Serie von Welthits für Stars wie Willie Nelson, Whitney Houston, Tina Turner, Dolly Parton, Diana Ross, Rod Stewart und viele andere. Seit die Kinder aus dem Haus sind, zieht es Hammond wieder selbst ans Mikro. So hat er für sein neues Album „Legend“ einige seiner Hits mit Gästen wie Al Stewart, Ron Sexsmith und Cliff Richard neu eingespielt – in sonnigen Versionen, versteht sich. Neu erschienen: Albert Hammond „Legend“ (Sony Music)


neue gesichter

Simone Dinnerstein Bachs betende Wildkatze

Quebecs neuer Popstar liebt Dylan

Bobby Bazini

Erfolg dank Omas Plattenkiste [Rock/Pop] Sage noch einer, die Jugend von heute höre nicht auf die Altvorderen – Kanadas erfolgreichster Jungrocker hat sich die Anregungen für seine handgemachten Songs zwischen Rock, Country, Folk und Soul komplett in der Familie geholt: „Meine Eltern sangen auf Familienfesten immer CountryDuette“, erinnert sich der 20jährige Bobby Bazini. Diese Anregungen vertiefte er durch Studien in Omas Plattenkiste – und legt jetzt einen starken Karrierestart mit einem Album hin , dem man die Einflüsse Johnny Cash, Bob Dylan und Otis Redding anhört. F.Ma.

[Klassik] Es ist nie zu spät für eine Topkarriere. Bestes Beispiel ist die amerikanische Pianistin Simone Dinnerstein, die erst 2007, im Alter von 35 Jahren, richtig durchstartete, mit ihrer Aufnahme von Bachs „Goldberg-Variationen“. War ihr Spiel schon damals geprägt von heftigen Kontrasten, so ist auch ihre zweite Bach-Hommage nichts für Puristen. Zwei Klavierkonzerte (mit dem Kammerorchester Staatskapelle Berlin) sowie eine „Englische Suite“ hat Dinnerstein mit drei Choralvorspielen flankiert. Und wie viele Wege schlägt sie nicht da zu Bach ein. Aus einer hochromantischen Gebetshaltung verwandelt sie sich in eine swingende Wildkatze. Dann wieder ist ihr Bach mal beredt und nobel, mal kernig und verspielt. Bach von der Stange gibt’s x-fach. Solche Hör-Abenteuer dagegen sind rar und umso wertvoller. Reinhard Lemelle Simone Dinnerstein „Bach: A Strange Beauty“ Sony Classical Schöpferische Pause in altem Gemäuer: Simone Dinnerstein

Bobby Bazini „Better In Time“ (Warner)

Colin Vallon Trio

Fotos: Lisa-Marie Mazzucco, Nadia F. Romanini

Sanft brodelnder Berner Klangvulkan

Träumerisch und doch hellwach: Colin Vallon und Freunde

[Jazz] Unglaublich, was sich im Feld der Jazzpiano-Trios alles tut. Nach den Erfolgen des Amerikaners Brad Mehldau mit dem Zyklus „The Art Of The Trio“ in den 90er Jahren, dem Siegeszug des Essbjörn Svensson Trios nach dem Millenium und dem Aufhorchen um Michael Wollnys (em) und das Vijay Iyer Trio in letzter Zeit könnte man glauben, da bleibe kaum mehr Raum für eigenständige Akzente. Doch dann kommen drei Schweizer Thirtysomethings, der Pianist Colin Vallon, der Bassist Patrice Moret und der Schlagzeuger Samuel Rohrer, und belehren einen eines Besseren – mit Jazz ohne Angebersoli, voller gedeckter, aber subtil glühender Klangfarben und dezidiert europäischem Flair. Unbedingt anhören! Christian Stolberg Colin Vallon Trio „Rruga“ (ECM/Universal)

13


Große Show: Die Grammy-Verleihung in Los Angeles ist jedes Jahr ein weltweiter TV-Hit

Musikpreise

„And The Winner Is …“

Grammy Die grammofonförmige US-Trophäe gilt als der bedeutendste Musikpreis, die alljährlich meist im Februar live übertragene Verleihungszeremonie als „Mutter aller modernen Musik-Award-Shows“. Seit 1959 werden die Grammys von der National Academy Of Recording Arts And Sciences (NARAS) in Los Angeles nach dem Vorbild der Oscars „für herausragende Leistungen in der Musikindustrie“ vergeben (an Kreative und Tontechniker, aber nicht an Musikmanager). Der Gewinn eines Grammy stellt für den Preisträger, egal ob er nun Rockstar, Klassikkomponist oder Tontechniker ist, noch immer eine Art Ritterschlag mit lebenslänglicher Bedeutung dar.

14

Das Wahlverfahren ist nach über 50 Jahren vergleichsweise ausgeklügelt: Eine 150köpfige Expertenkommission trifft unter den eingereichten Vorschlägen eine Vorauswahl, danach stimmen die rund 6.000 Mitglieder der Academy per Stimmzettel ab und ermitteln so die fünf Nominees in jeder Kategorie. Es folgt nochmal ein weiterer Voting-Durchgang, in dem jedes Mitglied in höchstens acht der Kategorien wählen darf. Als Auswahlkriterien zählen ausschließlich die künstlerische bzw. handwerklichtechnische Qualität, dagegen sind Verkaufszahlen, Popularität oder Radioeinsätze der Nominierten offiziell nicht relevant. Eine unabhängige Accountingfirma zählt die Stimmen aus, die Ergebnisse werden wie bei den „Oscars“ jeweils erst bei der Verleihung bekanntgegeben – nämlich wenn die Laudatoren mit den inzwischen zum

Standardrepertoire des Showbiz zählenden Worten „And the winner is …“ auf der Bühne einen versiegelten Umschlag mit dem Namen des Siegers öffnen. Derzeit gibt es bei den Grammys 109 unterschiedliche Kategorien, neben musikalischen auch solche für Aufnahmetechnik, Albumverpackung, die sogenannten „Liner Notes“ (das sind die Begleittexte in den CDHüllen), für Sprachaufnahmen und ähnliches mehr. Rekordhalter unter den Grammy-Gewinnern ist der Dirigent Sir Georg Solti mit 31 Trophäen, die Country-Sängerin Alison Krauss ist mit 26 Auszeichnungen die erfolgreichste weibliche Künstlerin. Unter den Bands führen U2 mit 22 Grammys, das erfolgreichste Ensemble generell ist aber das Chicago Symphony Orchestra mit imposanten 60 Siegen. Die meisten Siege in einem Jahr verbuchte Michael Jackson: Er ging 1984 mit insgesamt zwölf Grammys nach Hause.

Fotos: Getty, Life, Wireimage

Echo, Brit Awards, Grammy & Co.: die großen Musikpreise – wer sie vergibt, was sie bedeuten und was sie unterscheidet. Von Christian Stolberg


Auch deutsche Preisträger gab es in wichtigen Grammy-Kategorien: So wurde der Münchner Harold Faltermeyer 1986 für seine Filmmusik zu „Beverly Hills Cop“ ausgezeichnet, 20 Jahre später gewann der Bariton Thomas Quasthoff in der Kategorie „Best Classical Vocal Performance“ mit einer Einspielung von Bach-Kantaten. Kritik gibt es immer wieder an der konservativen Politik der NARAS, die wichtige Popströmungen erst spät zur Kenntnis nimmt. Als Lacher gilt bis heute die Kür der kauzigen Briten Jethro Tull zu den ersten

Als 1973 Helen Reddy für ihren Hit „I Am Woman“ ausgezeichnet wurde, dankte sie auf der Bühne Gott mit dem Nachsatz: „denn SIE macht alles erst möglich“. Der übertragende Fernsehsender CBS wurde daraufhin mit Beschwerdeanrufen überflutet. Ohnehin sind die Grammys keine heile Welt. Als größter Grammyskandal gilt bis heute die „Affäre Milli Vanilli“. Die Discotruppe des deutschen Produzenten Frank Farian bekam 1990 den Preis in der Kategorie „Best New Artist“, musste ihn allerdings wieder zurückgeben, als sich auch in den USA

nen die Preise aufgrund von „Polls“ unter Musikkäufern vergeben werden. Die „American Music Awards“ fragen also gar nicht erst nach künstlerischer Qualität, vermitteln stattdessen vor allem ein Bild dessen, was in den USA gerade populär ist. Die Grammys haben mittlerweise einen Ableger gebildet: Seit dem Jahr 2000 gibt es für spanischsprachige Musik die Latin Grammys, die in einer eigenen Zeremonie verliehen werden. Die TV-Übertragungsrechte der originalen Verleihungsshow (seit 1971 wird sie in den USA live gezeigt) sind ein weltweiter Ver-

Das Staples Center ist 2011 Schauplatz der Grammy-Zeremonie. Sir Georg Solti (o. Mitte) ist Rekordgewinner, Jeff Bridges (o. rechts) moderierte 2010. Eric Clapton (g. links) gewann 1993 sechs Grammys, Milli Vanilli mussten ihre wieder abgeben

Preisträgern in der 1989 (!!) neu geschaffenen Kategorie „Best Hard Rock/Metal Performance Vocal or Instrumental“ für ihr Album „Crest Of A Knave“. Im gleichen Jahr wurde auch erstmals ein Awards für Rap vergeben. Kein Wunder, dass die Grammys in US-Indiekreisen auch „The Grannys“ genannt werden. Dazu trägt auch das für Europäer mitunter schwer nachzuvollziehende PoliticalCorrectness-Denken der Veranstalter bei, das der eigentlich so glamourösen Verleihungsshow manches Mal viel von ihrem potenziellen Witz nimmt. Allerdings ist mit der USFernsehöffentlichkeit auch nicht zu spaßen:

herumsprach, dass die vermeintlichen „Vokalisten“ Rob Pilatus und Fabrice Morvan ihre Hits gar nicht selbst gesungen hatten. 2009 verpassten die R&B-Sänger Rihanna und Chris Brown ihre Liveauftritte bei der Grammy-Zeremonie: Das Pärchen war sich am Vorabend des Events in die Haare geraten, Rihanna landete im Krankenhaus, Chris Brown vorübergehend in Polizeigewahrsam, und die US-Boulevardmedien hatten, was sie einen „Field Day“ nennen. Seit 1973 haben die Grammys aufgrund der Rivalität zwischen den TV-Konzernen CBS und ABC Konkurrenz durch die sogenannten „American Music Awards“, bei de-

kaufsschlager: Die Amerikaner sind bekannt dafür, alle Jahre wieder eine hochprofessionelle und unterhaltsame Show auf die Beine zu stellen. Die riesige US-Entertainmentindustrie macht es den Veranstaltern u. a. leicht, hochkarätige Moderatoren zu finden. Im vergangenen Jahr beispielsweise führte mit Jeff Bridges ein veritabler Hollywoodstar launig durch die Gala. Auch die Laudatorenriege ist stets bestens besetzt – so hielten 2010 unter anderem Placido Domingo, Jennifer Lopez, Carlos Santana und Quentin Tarantino Lobreden auf die Gewinner. Der Moderator mit den meisten Einsätzen ist Andy Williams, der von 1971 bis 1976 jedes Jahr durch

15


Kein Winning Team: Mick Fleetwood und Samantha Fox als Brit-Awards-Moderatoren (l.), Rekordsieger: Robbie Williams

die Show führte. Während der Übertragung 1976 sollte live zu Stevie Wonder geschaltet werden, der sich in Nigeria aufhielt. Als dem Satellitenbild aus Afrika zunächst der Ton fehlte, fragte Williams: „Stevie, can you see us now?“ Seitdem wechseln die GrammyModeratoren alljährlich. Die 53. Ausgabe der Grammy-Präsentation steigt am 13. Februar 2011 im Staples Center zu Los Angeles, auftreten werden u. a. Arcade Fire, Cee-Lo Green und Katy Perry.

Brit Awards Als der progressivste unter den großen Musikpreisen gilt derzeit der Brit Award. Er wird seit 1977 (ursprünglich unter der Bezeichnung BPI Awards nach dem Kürzel des Veranstalters, der „British Phonographic Industry“) vergeben. Zwar sind unklare Vergabekriterien seine große Schwäche (manche Kategorien werden durch öffentliche Online-Votings entschieden, andere per Jury). Weil aber die britische Branche die europaweit medial beachtete Veranstaltung konsequent nutzt, um jüngere Künstler international bekannter zu machen, spiegeln die Brit Awards eher als die Grammys das popmusikalische Zeitgeschehen. Die Brit Awards gelten als skandal­ trächtig und reich an Überraschungen. Wie man mit Hilfe der Brit Awards Show weltweit Schlagzeilen machen und die eigene Bekanntheit über Nacht steigern kann, demonstrierte 1996 Jarvis Cocker, damals Sänger der Britpopband Pulp: Während des von Kindern gesäumten Auftritts von Michael Jackson sprang er mit heruntergelassener Hose auf die Bühne, um gegen das seiner Ansicht nach verlogene und „jesushafte Gebaren“ Jacksons zu protestieren. Cocker wurde verhaftet, schließlich aber wieder auf freien Fuß gesetzt, ohne dass Anzeige erstattet wurde. Legendär (und stets ein wichtiges Event für die britische Boulevardpresse) sind die feucht-fröhlichen Aftershowpartys, die in der Nacht nach der offiziellen Award-Zeremonie gefeiert werden. Die Perfektion der amerika-

16

nischen Kollegen bei ihren Grammy-Shows erreichen die Engländer kaum: Seit den Brit Awards 1989, die von Samantha Fox und Mick Fleetwood kläglich moderiert wurden und bei denen fast alles schief ging, wurden die Veranstaltungen zunächst nicht mehr live im Fernsehen übertragen. Erst 2007 waren die Brit Awards wieder live zu sehen. Rekordhalter bei den Brit Awards ist Robbie Williams mit 15 Trophäen. Er ist als Mitglied von Take That auch bei den Brit Awards 2011 nominiert, die am 15. Februar in der Londoner O2 Arena über die Bühne gehen. Gesitteter als die PopAusgabe, aber weniger spektakulär sind die Classical Brit Awards, die stets im Mai als separate Veranstaltung ausgerichtet werden.

Echo Aus dem Deutschen Schallplattenpreis (1963 bis 1992) hervorgegangen, hat sich der „Echo“ inzwischen als kommerziell wichtigster kontinentaleuropäischer Musikpreis etabliert. Die Rangfolge der Sieger ergibt sich in den meisten Kategorien aus den aufaddierten Ergebnissen der Media-ControlVerkaufscharts vom Februar eines Jahres bis zum Januar des Folgejahres. In einigen

Kategorien (Lebenswerk und Sonderpreise) werden die Preisträger durch eine Jury ausgewählt, der erfolgreichste „Live-Act national“ wird via Online-Voting bestimmt. Die Verleihungsshow findet seit 2001 immer in Berlin (zuvor Köln, Berlin, Frankfurt, München, Hamburg) statt und hat sich zu einem populären TV-Event entwickelt. Ausstrahlender Sender ist derzeit das „Erste“ der ARD. Ist die wirtschaftliche Bedeutung des „Echo“ unumstritten, so tut sich der bisher vergleichsweise skandalfreie Preis der deutschen Musikbranche sehr viel schwerer mit seinem Image. Künstlerische Relevanz kann er wegen seiner überwiegend an Absatzzahlen orientierten Vergabekriterien kaum beanspruchen. Als TV- und Show-Event laboriert der „Echo“ an dem Problem, innerhalb einer einzigen abendfüllenden …unterschiedlichste Genres und Kulturen bedienen zu müssen. Als segensreich hat sich immerhin erwiesen, dass der „Echo Klassik“ seit einigen Jahren und mit wachsendem öffentlichem Prestige als eigene Veranstaltung jeweils im Herbst stattfindet. Inzwischen gibt es auch einen separaten „Echo Jazz“, der im Mai 2010 in der Jahrhunderthalle in Bochum eine geglückte Premiere feierte. Beim „Großen Echo“ aber gibt es in jedem Jahr spätestens bei der Awardübergabe an die Sieger der Kategorie „Volkstümliche Musik“ betretenes Schweigen, wenn nicht gar Pfiffe und Buhrufe im (außer mit geladenen Gästen aus der Musikbranche meist überwiegend mit Teenagern besetzten) Auditorium. Rekordhalter unter den Preisträgern sind aber nun einmal die Kastelruther Spatzen (13 „Echos“) gefolgt von Herbert Grönemeyer (acht) und Rammstein (ebenfalls acht). Erfolgreichster ausländischer Künstler: Robbie Williams mit sieben Siegen. 2011 feiert der Echo sein 20jähriges Jubiläum – am 24. März im Berliner Palais am Funkturm.

Die Kastelruther Spatzen haben Herbert Grönemeyer immerhin fünf Echos voraus


Rumer

Im zweiten Anlauf

Mit gepflegtem Seventies-Retropop wur­de eine schüchterne Brünette in England zum Popstar dieses Winters. Ein Erfolg mit Vorgeschichte. Von Dagmar Leischow

E

in wenig unsicher wirkt Rumer auf der Bühne des Hamburger Stage-Clubs. Immer wieder fährt sie sich durch die Haare, blickt verlegen zu Boden. Doch ihre Stimme lässt ihre Schüchternheit vergessen. Sanft ist ihr Gesang, warm, er erinnert an Karen Carpenter. Mit dem betörend eingängigen „Slow“ schlägt die 31jährige ihre Zuhörer sofort in ihren Bann. Auch sonst hat sie sich für ihr Debütalbum „Seasons Of My Soul“ zeitlosen, leicht angejazzten Pop auf die Fahne geschrieben. Bei „Aretha“ mischt sich Soul subtil ein. Hier und da dürfen Streicher, Bläser und Piano in den träumerischen, meist autobiografischen Balladen auftrumpfen. Melancholie scheint die treibende Kraft dieser Musik zu sein. Doch da widerspricht Rumer, die eigentlich Sarah Joyce heißt: „Ich empfinde meine Stücke eher als bittersüß. Sie sind

nicht durchweg traurig.“ Dabei glich ihr bisheriges Leben eher einer Achterbahnfahrt. Die Tochter einer Britin und eines Pakistaners wurde 1979 in Islamabad geboren, als jüngstes von sieben Kindern. In Asien habe sie eine tolle Zeit gehabt, sagt sie. Frei und unbeschwert. Bis ihre Familie wieder nach England zog: „Ich habe mich mit den bürgerlichen Strukturen extrem schwer getan.“ Also flüchtete sie sich in Musik. Mit ihrer Indie-Band La Honda weckte sie erstes Medieninteresse. Aber dann erkrankte ihre Mutter an Brustkrebs, sie kümmerte sich bis zu deren Tod um sie. Dafür musste sie ihre Karriere zurückstellen und später wieder bei Null anfangen. Sie jobbte als Kellnerin, Friseurin und in einem Apple-Shop. Nach Feierabend schnappte sie sich ihre Gitarre, um irgendwo in London aufzutreten. Mit mäßigem Er-

folg: „Ich war oft frustriert, weil es überhaupt nicht vorwärts zu gehen schien.“

Hausmusik bei Burt Ein Open-Mic-Abend im Cobden Club brachte die Wende. Dort entdeckte der Produzent Steve Brown Rumers Talent. Drei Jahre arbeitete er mit ihr an ihrer ersten CD, er baute sie ganz behutsam auf. Ihr Debüt war noch gar nicht veröffentlicht, da verpflichtete Elton John sie schon für seine „BBC Electric Proms“. Burt Bacharach lud sie nach Los Angeles ein: „Dort habe ich für ihn gesungen, er hat mich am Klavier begleitet.“ Daraus entstand die in England erschie-

nene Weihnachts-EP „Rumer Sings Bacharach At Christmas“. Gut möglich, dass das nicht alles war: „Sicher fände ich eine weitere Zusammenarbeit großartig. Aber das letzte Wort hat selbstverständlich Burt.“ Diese Zurückhaltung ist typisch Rumer. Sie traut ihrem märchenhaften Aufstieg nicht wirklich. Da konkurrierte sie im November mit Take That und Rihanna, trotzdem schaffte es „Seasons Of My Soul“ auf Platz drei der britischen Albumcharts. Bis Heiligabend verkaufte es sich 300.000 Mal. Neu: „Seasons Of My Soul“ (Atlantic/Warner) erscheint am 18.2.

Märchenhafter Aufstieg: Rumer alias Sarah Joyce

Das Musikerlebnis für die ganze Familie

Neue CD & DVD

Songs

hearT

FROM THE


„All den Unkenrufern halte ich meinen gesunden Schwangerbauch entgegen“

aber ich glaube kaum, dass das so bleibt. Im Frühling gehe ich in Italien auf Tournee, im Sommer spiele ich dann im übrigen Europa Festivals – Penelope wird immer dabei sein. Das neue Album „Io e Te“ wurde aufgenommen, als Sie schwanger waren – haben sich die körperlichen Veränderungen auf Ihre Stimme ausgewirkt? Sie haben ja Ihre Abschlussarbeit an der Uni zum Thema „Der Körper in der Stimme“ („Il corpore nella voce“) verfasst …

Ich brauchte mehr Pausen, war schneller außer Puste, aber das war auch schon alles. Die Songs waren übrigens schon alle geschrieben und weitgehend arrangiert, bevor ich mit Penelope schwanger wurde. Von daher lag der größte Stress schon hinter mir. Das Motiv auf dem Albumcover hat etwas Demonstratives – ein bewusstes Statement?

Ja, schon. Ich wurde ja in der italienischen Presse übel angegangen, weil ich es wagte, mit 54 nochmal schwanger zu werden. Und all diesen Unkenrufern halte ich nun erst recht meinen gesunden, wunderschönen Schwangerbauch entgegen! Das Album wurde ja zu großen Teilen in den Abbey Road Studios in London aufgenommen …

Gianna Nannini

„Penelope macht mich stark“ Ihre Schwangerschaft löste heftige Diskussionen aus, auf dem Cover von „Io e Te“ präsentiert La Nannini ihren Babybauch. Ein Werk über die Freude später Mutterschaft? Nicht ganz … Interview: Christian Stolberg

W

ie kommen Sie denn mit der neuen Doppelrolle als Künstlerin und Mutter klar?

Super! Penelope ist so voller Energie – ganz wie die Mutter! (lacht) Sie macht mich als Künstlerin nur stärker und kreativer, weil sie so starke Emotionen in mir auslöst. Verschiebt die Mutterrolle Ihre künstlerischen Prioritäten?

Zunächst mal verschiebt sie meine Prioritäten im täglichen Leben! Ich wache nicht mehr auf

18

Mein Produzent Will Malone ist ja ein Spezialist für tolle, moderne Streicherarrangements – deshalb brauchten wir einen sehr guten, großen Aufnahmeraum. Außerdem gibt es in diesem legendären Studio One dort einen ganz speziellen Vibe – nicht nur weil die Beatles dort gearbeitet haben, sondern weil auch sonst viel herausragende Musik dort gemacht wurde. Die Schwingungen davon sind immer noch präsent, davon bin ich überzeugt. Worum ging es Ihnen mit dem Album „Io e Te“ künstlerisch?

Was wird das letztendlich für Ihre künstlerische Arbeit bedeuten?

Tja, wegen des Covers denken viele Leute, die Songs würden sich alle um ich und mein Baby drehen, und erwarten deshalb eine ganz sanfte Platte. Das stimmt aber gar nicht, wir haben die Produktion schon deutlich vor dem Zeitpunkt geplant, als ich erfuhr, dass ich wieder schwanger war. Die Songs drehen sich eher um Beziehungsthemen zwischen Erwachsenen. Allerdings steckt musikalisch auch reichlich Schmerz und Wut darin, die von der Tatsache herrühren, dass ich im Jahr zuvor früh in einer Schwangerschaft ein Baby verloren hatte, dessen Herz einfach im Mutterleib zu schlagen aufhörte.

So richtig kann ich das nach erst zwei Monaten als Mutter natürlich noch nicht sagen. Im Moment erfinde ich dauernd Lieder für sie –

Neu: Gianna Nannini „Io e Te“ (RCA/Sony Music) erscheint am 11. Februar

und denke über meinen Kram nach, sondern zuerst gilt Penelope und dem Stillen meine Aufmerksamkeit. Und so geht es weiter – sie bestimmt im Moment den Tagesablauf natürlich sehr! Ich kann nicht mehr so um mich selber kreisen wie bisher.


FEIST

celtic womAn

Irischer Frühling Mit einer neuen Art von Girl Group feiert der Arrangeur David Downes weltweite Erfolge. Von Felix Marondel

D

ie Damen sind bestens gelaunt – vielleicht weil sie gerade erfahren haben, dass sie sich mit ihrem aktuellen Album „Songs From The Heart“ erstmals in den Top Ten der deutschen Charts platzieren konnten. Andererseits – Erfolge sind für die von David Downes 2005 gegründete Formation längst Gewohnheit: „Es ist einfach eine tolle Sache bei diesem Projekt dabei zu sein“, zwitschert Sängerin Lisa Kelly fröhlich. „Unsere Musik ist einfach so wunderschön, und bei den Konzerten rund um die Welt machen wir so tolle Erfahrungen.“ In der Tat trägt das Konzept von Downes, ein Kernquintett gut aussehender professioneller Sängerinnen ein Repertoire aus irischen Traditionals und bekannten Popsongs in einer Art modernem Mainstream-Keltenpop singen zu lassen, Früchte. Auch weil Downes sich für die Liveshows etwas Besonderes ausdachte: Inspiriert von Michael Flatleys vor zehn Jahren sagenhaft erfolgreichen „Riverdance“-Shows umgibt er seine Damen nicht nur mit versierten Profimusikern, sondern setzt auch auf eine ausgefeilte Choreografie und viel Aufwand bei Kostümen und Kulisse. „Wir sind 50 Leute, wenn wir auf Tournee gehen. Da ist höchste Disziplin gefragt, damit der Tross immer pünktlich ist und auch live alles klappt. Jeder muss hier Profi sein, du musst diesen Job schon lieben“, deutet Sänge-

rin Chloe Agnew an, wie hart der Erfolg der Unternehmung erarbeitet ist. Mittlerweile haben Celtic Woman mehr als sechs Millionen CDs und DVDs verkauft und neun US-Tourneen absolviert. Ab Juni sind die irischen Nachtigallen in Deutschland unterwegs. Der fordernde Alltag hinter der Show führt dazu, dass es im Line-up von Celtic Woman immer wieder mal Umbesetzungen gibt, doch Chef Downes findet für seine Abgänge stets Ersatz. Neuestes Mitglied ist die Sängerin Lisa Lambé, die, wie ihre neuen Kolleginnen betonen, „in Irland ja schon länger auch solo ein richtiger Star ist“. Mit dem fünften Album „Songs From The Heart“ setzen Celtic Woman erneut auf die Mixtur aus keltischer Folklore, New-AgeAnleihen und Pop. Neben irischen Klassikern wie „Galway Bay“ und „My Lagan Love“ und Pop-Evergreens wie Stings „Fields Of Gold“ und Billy Joels „Goodnight My Angel“ enthält die deutsche Edition auch „Forever Young“ von Alphaville und eine deutsche Adaption von „Over The Rainbow“. Neu erschienen: Celtic Woman „Songs From The Heart“ (EMI)

Keep smiling – Showprofis wie die vier Irinnen lassen sich Stress nicht anmerken

19

Der Dokumentationsfilm als limitier te DVD+CD mit Bonusmaterial im Digipak (Kurzfilme, Liveperformances, alle Musikvideos). Auf der Bonus-CD befinden sich 13 Tracks: Soundtrack, Livetracks und Feist Solo Piano Interpretationen von Gonzales.


Sie lieben Bach, aber haben sich ein wenig satt gehört? Hier sind 12 CDs, die Bachs Musik wieder ganz frisch und unverbraucht klingen lassen.

Bach schrieb die 30 Variationen als „Gemüts-Ergötzung“ für seinen Förderer, den Grafen von Keyserlingk, der wegen chronischer Schmerzen kaum schlafen konnte. Man kennt das Werk auf dem Klavier, dem Cembalo oder der Orgel gespielt, aber kaum jemals so lebensfroh und sinnlich wie in dieser Streichtrio-Version. Hätte Keyserlingk sie gehört, wäre er wahrscheinlich vor Freu-

Illustration: Fornfest

Von Hans-Jürgen Schaal

1. Sitkovetsky/ Caussé/Maisky „Goldberg-Variationen“

20


Die Sono -liste de aus dem Bett gesprungen, um seine Schmerzen einfach wegzutanzen (Orfeo, 1985).

2. Boston Symphony/ Seiji Ozawa „20th Century Bach“ Der Disney-Film „Fantasia“ beginnt mit einer Orchesterfassung von Bachs „Toccata und Fuge in d-Moll“, optisch umgesetzt in abstrakten Zeichentrick. Leopold Stokowskis Bearbeitung eröffnet auch diese CD und gibt Bachs berühmtestem Orgelwerk einen überzeugenden Ausdruck sinfonischer Größe. Noch dramatischer: Schönbergs Orchestrierung von BWV 552. Geradezu berühmt: Weberns KlangfarbenDeutung des Ricercare aus dem „Musikalischen Opfer“ (Philips, 1992).

3. Amsterdam Guitar Trio „Brandenburg Concertos“ Auch die oft gehörten Brandenburgischen Konzerte können wieder wie neu klingen: Drei klassische Gitarristen verwandeln die Konzerte 2, 3, 5 und 6 hier in eine differenzierte, dichte Kammermusik ohne alle Festlichkeit. In BWV 1050, einem verkappten Cembalokonzert, kommt tatsächlich noch das Cembalo hinzu und klingt im Verein mit den Gitarrensaiten so modern wie selten. Der polyfone Fluss in Bachs Musik paart sich mit respektvoller Raffinesse (BMG, 1985).

4. Speidel/Trenkner „Orchestral Suites etc. 2“ In den Orchestersuiten verstecken sich viele „Hits“, allen voran die seelenvolle „Air“ (3. Suite) und die „Badinerie“, ein effektvoller Rausschmeißer (2. Suite). Max Regers Bearbeitung für Klavier zu vier Händen nimmt

dieser Musik die höfische Patina und übersetzt sie in modernen Tastenklang. Zugleich gibt sie ihrem Bau eine Silhouette des Sachlichen und versilbert diese wiederum mit einem Anflug romantischen Ausdrucks. Kunstvoll gespielt, ohne Künstlichkeit (MDG, 2000).

5. Stefan Hussong „English Suites Nos. II, III & V“ Viele von Bachs Klavierwerken scheinen nicht für Piano oder Orgel, sondern für ein ideales Instrument geschrieben, das die Stärken beider vereint. Ausgerechnet das Akkordeon, lange nach Bachs Zeit erfunden, kommt diesem technischen Ideal am nächsten. Das interpretatorische Vorbild des Akkordeonisten Stefan Hussong ist Glenn Gould und dessen Bemühen, die innere Struktur der Musik und ihre harmonischen Abläufe herauszuarbeiten (Denon, 1995).

6. Aurelia Saxophone Quartet „Die Kunst der Fuge“ Erst 100 Jahre nach Bachs Tod erfand Adolphe Sax das Saxofon, ein Blasinstrument mit der Ausdrucksstärke einer Geige. Sein größter Wunsch war daher ein Saxofonquartett, das Kammermusik mit der Präzision und Würde eines Streichquartetts spielt. Das renommierte Aurelia Saxophone Quartet aus Holland haucht Bachs vierstimmigem Satz in der Tat neues Leben ein. Passend dazu auf der zweiten CD: 15 Fugen heutiger Komponisten (Challenge, 2004).

7. Maria Tipo „Bach/Busoni“ Klavier-Transkriptionen von Bachs Musik gibt es reichlich: Rachmaninow übertrug Vio-

linsuiten aufs Piano, Liszt Orgelwerke, Kempff Choräle. Am nachhaltigsten hat sich der toskanische Komponist und Pianist Ferruccio Busoni (1866 – 1924) mit der Bearbeitung von Bachs Musik beschäftigt. Diese fantastische Klavierversion der Violin-Chaconne aus BWV 1004 ist Legende, aber nicht weniger erhellend tönen Busonis Klavierfassungen der großen Orgelwerke (EMI, 1988).

8. Marion Verbruggen „Three Suites“ Die weitgehend einstimmigen Suiten für Violoncello solo gehören zum Konzentriertesten und Profundesten, was Bach komponiert hat. Vieles muss der Hörer hier gleichsam im Geist ergänzen. Marion Verbruggen aber wagt das Äußerste: Sie übersetzt diese Musik aus der sonoren Sphäre des Cellos auf ihr völlig anders geartetes Instrument, die Blockflöte. An den Grenzen des technisch Möglichen verleiht sie den ersten drei Cellosuiten luftige Leichtigkeit (Harmonia Mundi, 1992).

9. Calefax Reed Quintet „Die Kunst der Fuge“ Zehn Jahre lang haben sich die fünf Ausnahmebläser aus Amsterdam mit Bachs letztem Werk beschäftigt, bevor sie im BachJahr 2000 diese Einspielung machten. Ihre größte Stärke ist die Farbpalette des Ensembles: Zwei Klarinetten, Oboe, Saxofon und Fagott verleihen den drei- und vierstimmigen Fugen ein Maximum an natürlichem Leben und beseeltem Schwung. Verteilt auf fünf Bläser werden die motivischen Zusammenhänge bei den famosen Niederländern ganz neu erfahrbar (MDG, 2000).

10. Meyer/Trio di Clarone/Riessler „Bach in 1 Hour“ Pop-, Jazz- und Worldmusic-Bearbeitungen empfehlen wir hier nicht, auch nicht die berühmten Synthesizer-Fassungen von Bachs Musik. Aber das hier ist etwas ganz anderes: Zum 250. Todestag des Meisters lieferte Sabine Meyer mit drei Klarinettenkollegen eine intelligente, mutige, zeitgemäße Hommage. Neben Bach selbst haben auch Mozart, Michael Riessler, Helmut Lachenmann und Bachs Sohn Carl Philipp Emanuel mitkomponiert (EMI, 2000).

11. Christian Roderburg „Marimba“ Vielleicht noch verrückter ist Christian Roderburgs Bearbeitung: Er spielt hier die anderen drei Cellosuiten auf seinem Marimbaphon. Im gaumigen Klang der hölzernen Stäbe und Resonanzröhren präsentiert sich die Musik, die viele für die Quintessenz Bachs halten, in geradezu existenzieller Nacktheit. Bachs Linien scheinen gegen die Stille anzurennen wie das Licht gegen die Nacht am ersten Schöpfungstag. Von daher ist diese Fassung natürlich Nichts für Einsame (Cybele, 1995).

12. Canadian Brass „Goldberg Variations“ Zum Schluss wieder Goldberg. Schon Johannes Kuhlo, der Posaunengeneral und Erfinder der evangelischen Posaunenchöre, empfahl Bach für Blechbläser-Ensembles. Lieber als Choräle spielen Canadian Brass jedoch die Kanons und Tänze der Goldberg-Variationen: mit strahlendem Charme, scheinbar spielerischer Virtuosität und ansteckendem Temperament. So viel Kunstfertigkeit hätte selbst Bach fassungslos gemacht (BMG, 2000).

21


Lud ovico Einaudi

Später Zauber Im reifen Alter feiert der Komponist und Pianist Ludovico Einaudi immer größere Erfolge mit einer gefühlvoll entschleunigten Musik. Von Christian Stolberg

S

ignore Einaudi bleibt entspannt, auch wenn die Umstände um ihn herum turbulent sind: Der 55jährige hat gerade erst in der Wartelounge im Pariser Flughafen Orly Platz genommen, als der Anruf von SONO ihn erreicht. Doch der Trubel des Airportbetriebs um ihn herum ist ihm beim Gespräch nicht anzumerken – die Ruhe und Eigenständigkeit, die seine Instrumentalmusik auszeichnet, geht auch von ihm selbst aus: „Mein Flug geht ohnehin verspätet ab, wir können uns also Zeit lassen.“ Zeit gelassen hat sich Einaudi auch mit seiner Karriere: Er begann erst mit Mitte 40 Alben zu veröffentlichen, noch später, Solokonzerte zu geben. Diese Unabhängigkeit, wichtige Dinge reifen zu lassen, ermöglicht ihm sein familiärer Hintergrund: Der Musiker entstammt dem norditalienischen Großbürgertum, Großvater Luigi Einaudi war in der Nachkriegszeit italienischer Staatspräsident, der Großvater mütterlicherseits Komponist. Vater Giulio gründete 1933 in Turin ein bedeutendes Verlagshaus. Nach dem Musikstudium in Mailand und Tanglewood, Massachusetts, betätigte sich Ludovico Einaudi ab Mitte der 80er Jahre als Filmkomponist, „doch irgendwann wurde in mir der Drang, meine musikalischen Ideen nicht mehr den Bildern anderer folgen lassen zu müssen, zu

22

stark“ – 1996 erschien schließlich seine erste CD mit eigener Klaviermusik, der inzwischen neun weitere Studio- und drei Livealben folgten. „Auf dem Konservatorium in Mailand habe ich natürlich

fundierte harmonietheoretische Kenntnisse vermittelt bekommen, aber entscheidender war meine Zeit in Tanglewood, weil ich dort auf Luciano Berio traf !“ Den italienischen Avantgardekomponisten und StockhausenFreund sieht Einaudi heute als seinen wichtigsten musikalischen Mentor, „auch wenn meine Musik ganz anders ist “.

Die Kompositionen wirken trügerisch einfach Die steuert ohne intellektuelle Umwege behutsam, aber direkt auf das emotionale Zentrum der Hörer zu: Einaudi, ein entschiedener Verfechter des „Weniger ist mehr“, kleidet seine melodiösen, trügerisch einfach wirkenden Kompositionen meist in Pianoarrangements mit dezenter Streicherbegleitung, gelegent-

„Einfache Volksweisen sind das geheime Alphabet in meiner Musik“

lich noch sparsamer Percussion. Da lässt sich die Minimal Music eines Philip Glass genauso als Einfluss erahnen wie die Soundtracks von Ryuichi Sakamoto, ein Geistesverwandter Einaudis ist auch der Pianist Didier Squiban mit seinen Brückenschlägen zwischen Klassik, Jazz und bretonischer Folklore. Einaudis neueste Veröffentlichung, ein Mitschnitt seines 2010er Konzerts in der Londoner Royal Albert Hall auf zwei CDs und einer DVD, zeigt, wie gut das auch live funktioniert. Die Arbeit als Filmkomponist sieht er inzwischen eher als „gesunde musikalische Abwechslung, der man sich mal wieder widmen kann, wenn ein wirklich interessantes Angebot kommt“. Doch räumt er ein: „Es mag schon sein, dass mich das Vertonen von


als ein Mittel zum Zweck: Sie ist mein Raum, der Ort, an dem ich denke, an dem alle meine inneren Energien miteinander verbunden sind.“

Rückzug aufs Weingut

Fotos: Emile Holba, Presidenza della Repubblica, Getty

Damit diese Energien ungehindert fließen können, zieht Einaudi sich zum Komponieren am

Deutschlandtournee 2011

hte chic s e lgsg Erfo iter! e i D t we h e g

Officium Novum

Jan Garbarek

and the Hilliard Ensemble

Die Atmosphäre im Konzertsaal nimmt Einaudi sensibel auf (o.), Avantgardekomponist Luciano Berio (rechts) war für Einaudi ein Mentor, ihre Musik unterscheidet sich dennoch sehr

Filmsequenzen ganz gut darauf trainiert hat, bestimmte Emotionen und Stimmungen mit musikalischen Mitteln zu erzeugen. Dabei kam es interessanterweise tatsächlich vor, dass ich von Produzenten und Regisseuren sogar gebeten wurde, gerade nicht so emotional zu komponieren!“ Ob die in den letzten Jahren so explosionsartig zunehmende Nachfrage nach seiner Musik damit zu tun hat, dass die Menschen ihr Leben als immer hektischer empfinden, darüber mag der vornehme Künstler nicht spekulieren. Selber benutze er die Musik (oder das Musikmachen) jedenfalls nicht als Methode zum seelischen Ausgleich: „Die Musik ist viel mehr für mich

D e r vo r fa h r Luigi Einaudi Ludovico Einaudis Großvater Luigi wurde 1874 im Piemont geboren, war zunächst Professor für Finanzwissenschaft in Turin, später Redakteur der Tageszeitungen „La Stampa“ und „Corriere della Sera“ und Korrespondent des „Economist“. Von 1948 bis 1955 amtierte der liberale Politiker als italienischer Staatspräsident. Er starb im Oktober 1961 in Rom.

09.02.2011 ROSTOCK

10.02.2011 GREIFSWALD liebsten in das Familienweingut in der Toskana zurück. Und damit auch in die Nähe der eigenen Wurzeln: „Einfache Volksweisen sind das geheime Alphabet in meiner Musik. Ich bin nicht elitär, ich möchte mit meiner Musik kommunizieren, die Menschen emotional erreichen können. Und in alten, schlichten Folkmelodien stecken alle Gefühle, tiefes Wissen über die Menschen.“ Auch für Anregungen aus der modernen Popmusik ist der Komponist offen: „Natürlich – denn sie ist in mancher Hinsicht ja die neue Volksmusik!“ Offen ist der Italiener auch für die jeweils ganz spezielle Atmosphäre in den Konzerthallen, in denen er gastiert: „Je öfter ich auftrete, desto größere Bedeutung gewinnt dieser Aspekt für mich. Als wir im vergangenen Jahr in der Philharmonie in Berlin auftraten, hat die fantastische Akustik des Saals förmlich dazu geführt, dass die Musik von Minute zu Minute mehr abhob.“ Die Tournee: Ludovico Einaudi ist von 19.März bis 9. April auf Deutschlandtournee. Genaue Termine unter www.sonomagazin.de

23

11.02.2011 LÜBECK

12.02.2011 HANNOVER 13.02.2011 BERLIN

17.02.2011 VILLINGEN

18.02.2011 OLDENBURG 18.02.20

19.02.2011 KÖLN 20.02.2011 KÖLN

ZUSATZKONZERT

30.04.2011 GRONAU

02.05.2011 MARBURG 03.05.2011 DRESDEN 06.05.2011 HALLE 06.05.20

07.05.2011 KLOSTER EBERBACH 19.05.2011 ERLANGEN 20.05.2011 SPEYER 15.07.2011 TRIER

16.07.2011 HEIDENHEIM 16.10.2011 BREMEN 16.10.20

08.11.2011 AUGSBURG

09.11.2011 WÜRZBURG 10.11.2011 NÜRNBERG 12.11.2011 HAMM

13.11.2011 ESSEN

11.12.2011 STUTTGART TOURNEE WIRD FORTGESETZT

info: 06221 25672

www. bremme-hohensee.de


Auch Louis Armstrong hatte Erfolg mit der Melodie, die Irving Berlin (links) beim Klimpern fand und die einem Hol­lywoodfilm (rechts) den Titel gab

„ Alex ander’s Ragtime Band“

Der Megahit von 1911 Der Song galt als „die musikalische Sensation des Jahrzehnts“. Gershwin nannte ihn später „das erste wirklich amerikanische Musikstück“. Von Hans-Jürgen Schaal

24

dem achten Takt ihm nichts anderes einfiel als ein allseits bekanntes Trompetensignal und ein Zitat aus einem 60 Jahre alten amerikanischen Volkslied. Das kleine namenlose Instrumentalstück landete 1911 tatsächlich in einer Revue des New Yorker Friars Club – und wurde schnell wieder abgesetzt.

Erfolgreich auf dem Trittbrett Na ja, als Komponist war Irving Berlin eben noch blutiger Anfänger. Aber als Verseschreiber besaß er doch schon einige Übung: Er schüttelte für seine Melodie einen ziemlich sinnfreien Songtext aus dem Ärmel, bezog sich dabei an den richtigen Stellen aufs Trompetensignal („bugle call“) und aufs Volkslied („Swanee River“) und nannte das Ganze: „Alexander’s Ragtime Band“. Der Titel war Unsinn, aber schlau gewählt, denn der Rag-

Ragtime brachte halb Amerika auf die Beine

Foto: Corbis

A

llein mit Kellnern und Gedichteschreiben kann man nicht reich werden. Das musste auch Izzy Baline erfahren, Sohn einer russisch-jüdischen Einwandererfamilie in New York. Also begann er mit 20 Jahren, seine Gedichte an einen Musikverleger zu verkaufen, und erhielt 1908 erstmals einen Vorschuss von 37 Cent. Auf dem Notendruck war der Name des Songtexters zwar fälschlich als „I. Berlin“ angegeben, aber das fand Izzy gerade cool: Er nannte sich von da an Irving Berlin. Als sich der Notendruck auch noch ganz gut verkaufte, ärgerte er sich nur, dass er nicht auch die Musik geschrieben hatte. Daher fing er umgehend damit an, auf dem Klavier nach Melodien zu suchen. Irgendwann 1910 hackte er diesen kleinen Einfall aus den Tasten, ein Marschmotiv, für dessen Fortsetzung nach

time aus St. Louis war um 1911 der absolute Modetanz in New York. Zwischen 1897 und 1917 wurden in den USA mehr als 6.000 Ragtime-Kompositionen registriert, der virtuose „Novelty Rag“ aus den mechanischen Klavieren flutete die Wohnzimmer, und selbst Claude Debussy im fernen Frankreich komponierte 1908 einen „Cake-Walk“. Nur: Irving Berlins Marsch-Song hatte mit Ragtime nichts gemein außer dem modischen Titel. Bei angesagten Trends mitzufahren, hatte Berlin schon mehrmals versucht, diesmal hatte er Erfolg damit: Kaum war das Stück ein Song, nahmen ihn Emma Carus in Chicago und Al Jolson in New York in ihr Programm – und bald trällerte ganz Amerika „Alexander’s Ragtime Band“. Dabei gab es noch nicht ein-


mal das Radio. Auch Schallplatten waren noch etwas ganz Neues. Dennoch hat sich irgendwer damals schon die Mühe gemacht, eine Art Verkaufs-Charts zu erstellen: Ende 1911 belegten vier verschiedene Plattenaufnahmen von „Alexander’s Ragtime Band“ die Plätze 1 bis 4 in der US-Hitparade. Der Song war der größte Erfolg, den die Musikverleger in New Yorks „Tin Pan Alley“ bis dahin erlebt hatten. Wenige Monate später eroberte Berlins Megahit die Metropolen Europas, selbst das walzerselige Wien und das ferne Moskau. Das Ragtime-Tanzen war längst keine Mode mehr, sondern eine Epidemie, und Irving Berlin galt – Gipfel der Ironie! – als New Yorks „Ragtime King“. Er selbst staunte am meisten darüber, dass seine kleine Melodie „die Füße und Schultern von ganz Amerika und einem guten Teil Europas“ zum Schaukeln brachte. Und er fand dafür nur eine Erklärung: „Der Songtext, so blöd er war, passte einfach genau.“ An diese Lektion hat er sich später immer wieder erinnert: Sofern die Titel ins Herz der Amerikaner trafen, konnten seine Songs zu Volkshymnen aufsteigen, etwa „God Bless America“, „White Christmas“ und „There’s No Business Like Show Business“.

Ein Evergreen im Dixieland Fragt sich nur noch: Wer ist eigentlich der im Songtitel genannte Alexander? Antwort: „Alexander“ ist eine Fantasiefigur, die die weißen Songschreiber um 1910 gerne bemühten zum Zeichen, dass ihr Song „schwarz“ klingen solle. Andere Songs von Berlin hießen „Alexander And His Clarinet“ und „Alexander’s Bagpipe Band“. Und tatsächlich hat Berlins Megahit die Grenzen zwischen schwarzer und weißer Musikkultur mühelos überflogen: Die Blues-Sängerin Bessie Smith brachte ihn 1927 erneut in die Charts, in der Swingära entdeckten ihn die Jazzmusiker – allen voran Louis Armstrong –, später kamen der Rhythm & Blues und der Soul zum Zug. „Wenn je ein einzelner Song die Richtung der amerikanischen Musik geändert hat, dann dieser“, schreibt der Songkenner Thomas S. Hischak. Für George Gershwin stand fest: „Irving Berlin hat uns den Weg gezeigt.“ Heute ist der Song einer der absoluten Evergreens der Dixieland-Bands. Aber als er erstmals die Welt eroberte, spielte ihn – im April 1912 – natürlich auch die schmucke Bordkapelle des Luxusdampfers Titanic. Heute würde man sagen: „Alexander’s Ragtime Band“ war der Soundtrack zum Untergang.

lisa Ba ssenge

Nahe am Gedicht Mit ihrem ersten (fast) komplett auf Deutsch gesungenen Album entwächst die clevere Berlinerin elegant dem Jazz. Von Christian Stolberg

D

ie Situation hat etwas Ironisches: Mit ihrem Lisa Bassenge Trio und ihren Bands Nylon und Micatone hatte die Sängerin seit den späten 90er Jahren wesentlich dazu beigetragen, dass erwachsen Hörer aus mindestens zwei Generationen heute den gesungenen Jazz als eine Art Pop für den besseren Geschmack entdeckt haben. Inzwischen tummeln sich in der deutschen Szene begabte und gut ausgebildete junge Sängerinnen zuhauf, die Jazz- oder angejazzte Popsongs in deutscher Sprache singen – und Bassenge kommt erst jetzt mit einem überwiegend deutsch betexteten Album. „Das war noch nicht mal wirklich geplant“, erzählt sie während eines Redaktionsbesuchs bei SONO. „Ursprünglich wollte ich eine CD ganz mit CureSongs machen. Aber mir sind Texte sehr wichtig, ich bin in meinem Empfinden ganz nahe am Gedicht. Dadurch wurde die deutsche Sprache für mich immer interessanter.“ Mit diesem fünften Studioalbum ist der Berlinerin ein Wurf gelungen: Mit kühler Eleganz pendelt sie hier zwischen Jazz, Pop und Chanson, souveränen Interpretationen von Fremdmaterial (Hildegard Knefs „In dieser Stadt“, Udo Lindenbergs „Leider nur ein Vakuum“, Joachim Witts „Kosmetik“ und „Seit der Himmel“ von Element Of Crime) und feinen Eigenkompositionen, darunter der einzig englische Song „Girl In The Mirror“. Paul Kleber (Kontra- und E-Bass), Christoph Adams (Tasten), Kai Brückner (Gitarre) und Rainer Winch (Schlagzeug, Percussion) begleiten lässig-lakonisch, greifen mal auf nordafrikanische Rhythmik zu-

Liebt Songs der Knef und von The Cure, singt sophisticated: Lisa Bassenge

rück („Über Eis“), lassen mal die Gitarren countryesk schluchzen („Girl In The Mirror“), flirten ein bisschen mit Tango, lassen dann wieder etwas Bluesmelancholie anklingen. Urban und irgendwie jazzig hört sich das immer an, aber es geht längst über die Grenzen des Jazz hinaus. „Im Grunde stehe ich mit diesen Songs fast schon mit beiden Beinen im Chanson.“ Bassenges Texte sind angenehm klischeefrei, oft verspielt mehrdeutig: „Ich lasse es gern offen, von wem da erzählt wird, und beschreibe eher eine Situation, eine Atmosphäre oder ein Gefühl.“ Neu erschienen: „Nur fort“ (Minor Music/in-akustik)

25


Wahrlich kein Geigen-Girlie: Hilary Hahn

Werks erläutert. Immer wieder blitzt bei der 31jährigen ihr unbekümmerter Charme auf. Wenn Hahn in Fahrt ist, kann sich ein Gespräch über die als kopflastigspröde verschriene Neue Musik in bestes Entertainment verwandeln. So Anfang 2009, als sich die Stargeigerin mit der Komponistin Jennifer Higdon vor einer Webcam traf. Wie alte Freundinnen saßen da Hahn & Higdon – und plauderten entspannt, ohne musikwissenschaftliches Fachchinesisch, über das Violinkonzert, das Higdon für Hahn komponiert hatte.

Das Werk besiegelt die gegenseitige Bewunderung

H i la ry H a h n

Die mit dem sechsten Finger

Die 31jährige Amerikanerin schlägt erstaunliche Repertoire-Brücken. Jetzt hat sie das Tschaikowsky-Violinkonzert mit einem neuen Werk ihrer Lehrerin Jennifer Higdon gekoppelt. Von Guido Fischer

H

ilary Hahn beherrscht ihr Instrument in allen Lebenslagen. Beispielsweise kopfüber in klassischer Yogahaltung oder mit einem Hulahoop-Reifen um die Hüften. Mit solchen Übungen vertreibt sich die Ausnahmemusikerin schon mal die Zeit. Bevor es wieder auf

26

das Konzertpodium geht. Dort entmaterialisiert sie jede technische Gemeinheit, verschmelzen ihre Vuillaume-Geige aus dem Jahr 1864 und Hahns ausdrucksreiches Spiel zu einer Stimme. Ganz ernsthaft ist sie bei der Sache, wenn sie die Eigenheiten eines gerade neu eingespielten

Nach der erfolgreichen Uraufführung vor zwei Jahren mit dem Indianapolis Symphony Orchestra hat Hahn das Konzert nun auf CD eingespielt, mit dem Royal Liverpool Philharmonic Orchestra unter Vasily Petrenko. „Es ist schon etwas Besonderes, wenn etwas für dich komponiert wird“, blickt Hahn zurück. „Man bekommt eine andere Sicht auf sein eigenes Spiel. Ich weiß zwar, wie ich spiele. Aber ich weiß eigentlich nicht so recht, wie das Publikum mein Spiel empfindet. Wenn jemand für einen komponiert, schwingt eben dieses für mich Unbekannte immer mit.“ Mit Jennifer Higdon ließ sich aber nicht nur die aktuell bedeutendste Komponistin der USA von Hahns „schlichtweg phänomenaler Technik“ und ihrem „unglaublichen Ton“ inspirieren. Beide kennen sich ein halbes Leben lang. Als Hilary Hahn im Alter von zehn Jahren 1990 an das Curtis Institute of Music in Philadelphia ging, gehörte Higdon zu ihren Lehrerinnen. „Sie hatte eine Professur für die Musik des 20. Jahrhunderts, und ich habe ihre Klasse mit 15 besucht. Sie war einer meiner besten akademischen Lehrer!“ Selbstverständlich erkannte Higdon damals, was für ein naturgegebenes Talent Hahn war.

Umgekehrt war Hahn von Higdons undogmatisch moderner Klangsprache fasziniert. Irgendwann musste die gegenseitige Bewunderung von einem Werk besiegelt werden. Im Herbst 2008 hielt Hahn Higdons dreisätziges Violinkonzert in den Händen – und war begeistert von den „verschachtelten Rhythmen, ungewöhnlichen Passagen und aufwendigen Ensemblesätzen.“ Im Schlusssatz legt Hahn ein Highspeed-Tempo hin, „als hätte sie einen sechsten Finger“ (OTon Higdon). Das inzwischen mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Violinkonzert hat Hahn jetzt auf ihrer Weltersteinspielung mit Peter Tschaikowskys konzertantem Evergreen in D-Dur kombiniert. Mit dieser ungewöhnlichen Paarung setzt Hahn aber nicht nur ihren Weg fort, auf CD Repertoireklassiker von Mendelssohn und Sibelius mit Werken der Moderne zu koppeln. Mit dem Tschaikowsky-Konzert verbindet Hahn ebenfalls Erinnerungen an die Zeit am CurtisInstitut, wo sie das Werk zum ersten Mal mit 13 Jahren gespielt hatte. „Jedes der beiden Konzerte, das von Tschaikowsky und von Higdon, ist für sich eine ungemeine Persönlichkeit, trotz aller Unterschiede – wenn man sie aber zusammen hört, machen sie gemeinsam Sinn und scheinen sich gegenseitig zu befruchten.“ Neu erschienen: Hilary Hahn: „Violinkonzerte von Hidgon & Tschaikowsky“ (DG / Universal)

Aktuell bedeutendste Komponistin der USA: Jennifer Higdon


Foto: Thomas Ammerpohl, Aterballetto (Come un respiro, Choreographie: Mauro Bigonzetti) Stand: 26.01.2011; Änderungen vorbehalten

Tanz

Konzerte

Szenische Lesungen und Theater

Compagnie La Maison, Zero Visibility Corp., Compagnie DCA – Philippe Decouflé, Sydney Dance Company, Sidi Larbi Cherkaoui

The Overtone Quartet, Mitch Winehouse, Rusconi, Stacey Kent, Kyle Eastwood, B.B. King, Ramón Ortega Quero, Kammerakademie Potsdam, Annika Treutler, Atos Trio, Kit Armstrong, Camerata Musica Limburg

Maria Schrader, Susanne Lothar, Sylvester Groth, Hans-Michael Rehberg, Angela Winkler, Alexander Fehling, Otto Sander, Iris Berben, Thomas Thieme, Robert Stadlober, Heikko Deutschmann, Boris Aljinovic, Gerd Wameling, Peter Simonischek, Udo Samel, Edith Clever, Julia von Sell, Gunter Gabriel, Wolfsburger Männerchor 1952 e.V.

Weitere Informationen unter 0800 288 678 238 oder www.movimentos.de Folgen Sie der Autostadt auch auf

Kulturpartner:


Musik für erwachsene Hörer

SONO bekommen Sie leider nicht bei den Jungs auf der Straße … … dafür aber zuverlässig in allen guten CD-Shops und Ticket-Vorverkäufen. Bundes­weit in 500 Fitness- und Friseur-Studios sowie über 1000 Cafés und Bistros.

Zentren und Krankenhäusern und in den Stabsabteilungen der 160 deutschen Dax-, MDax-, SDax-, TecDax-Unternehmen. Fragen Sie einfach im Sekretariat. Foto: Corbis

Und wenn Sie dort arbeiten, erhalten Sie SONO auch in den Top-500 Anwalts- und Wirtschaftskanzleien, Architekturbüros, Werbe- und PR-Agenturen, medizinischen


Eric Whitacre

Chormeister des digitalen Zeitalters

Mit virtuellen Chorprojekten im Web 2.0 macht Eric Whitacre weltweit Schlagzeilen. Nun dirigierte der Shooting Star seine Kompositionen erstmals für ein Album selbst. Von Felix Marondel

A

ls Komponist moderner Chorwerke genießt Eric Whitacre unter Kennern und Kollegen schon länger beträchtliches Renommée. Mit dem Science-Fiction-Musical „Paradise Lost“ füllte er erstmals große Säle. Seit der Amerikaner aber auf die Idee des „Virtual Internet Choir“ kam, hat um ihn herum eine Entwicklung eingesetzt, die in der Musikgeschichte ziemlich einmalig sein dürfte. 2009 lud Whitacre Sänger rund um den Globus dazu ein, sich vor ihre Computer zu setzen, einem mehrstimmigen Chorsatz seines Werkes „Lux Aurumque“ ihre Stimme zu leihen und ihren Beitrag als Video bei Youtube hochzuladen. Aus den Einsendungen entstand ein Clip, der innerhalb von zwei Monaten mehr als eine Million Views auf der populären Videoplattform erzielte. „Als ich das fertig geschnittene Video zum ersten Mal zu sehen bekam, brach ich in Tränen aus. Die intime Ausstrahlung all dieser Gesichter, der Klang des vereinten

Gesangs und die Art, in der das Ganze unsere geteilte Menschlichkeit, die uns allen gemeinsame Sehnsucht nach Zusammengehörigkeit poetisch symbolisiert – all das überwältigte mich völlig. Einen großen Anteil am Endergebnis hat natürlich die Arbeit meines Freundes Scottie Haines, der unzählige Stunden damit zugebracht hat, all die Einsendungen zusammenzuschneiden und zu einem Ganzen zu verbinden.“ Nicht nur dank des „Virtual Choir 2009“ erfreut sich der blondmähnige 40jährige Dirigent und Komponist inzwischen einer öffentlichen „Bewunderung, wie sie sonst nur Rockstars bekommen“, wie die New York Times feststellte. Der Internetchor (Whitacre arbeitet inzwischen an der Ausgabe für 2011) ist aber nur ein Projekt des ehrgeizigen Musikers aus Nevada. Kürzlich unterschrieb Whitacre einen langfristigen Exklusivvertrag bei der Plattenfirma Decca – das erste Album im Rahmen dieser Zusammenarbeit erschien Mitte Januar: Für „Light & Gold“ dirigierte Whitacre erstmals seine Kompositionen im Plattenstudio selbst, die Stimmen kommen von den Eric Whitacre Singers, einem Chor aus Gesangsprofis, den sich der Amerikaner im vergangenen Jahr zusammenstellte, und dem britischen LaudibisChor. Auch das legendäre britische Vokalensemble The King’s Singers ist zu hören. Die fast ausschließlich instrumentale Musik auf „Light & Gold“ entzieht sich Genre-Kategorisierungen, auch wenn sie auf Whitacres klassischer Ausbildung (er machte seinen Master of Music an der Juilliard School Of Music in New York) fußt. Whitacre nennt Debussy, Ravel, Björk und Radiohead als Einflüsse. Es ist ein Klangerlebnis der besonderen Art, das er erschafft: meditativ, spirituell, stets leicht zugänglich. Dabei sind die Chorsätze komplex und kunstvoll in viele Stimmen aufgefächert. „Es ist okay, wenn der Komponist sich quälen muss“, lächelt Whitacre, „aber die Sänger sollen aus freiem Herzen singen, die Hörer ohne zu grübeln genießen können!“

„Es ist okay, wenn der Komponist sich quälen muss“

29


POP, Rock & co die pop-cd des monats

Gregg Allman „Low Country Blues“ Rounder/Universal

Amos Lee „Mission Bell“ Blue Note/EMI

[Roots-Pop] Wenn es aktuell einen Singer/Songwriter gibt, der nun wirklich ein Mann für alle Tonarten von Pop über Folk bis Gospel und Soul ist, dann Amos Lee. Und auf seinem vierten Album erweist er sich sogar, in „Flower“, als genialer NeoMotown-Repräsentant. Dabei ist seine Stimme eigentlich ziemlich unspektakulär. Besonders in den rootsgetränkten Balladen, in denen er gerade mal als Halbruder von Bob Dylan durchgeht. Erstaunlicherweise aber kann er selbst eine mit Mundharmonika und saftigen Beats angetriebene R&B-Hymne wie „Jesus“ in ein wahres Meisterstück verwandeln. Kaum erstaunlich, dass mittlerweile solche Branchengrößen wie Elvis Costello von Amos Lee schwärmen. Und mit CountryUrgestein Willie Nelson holte er sich jetzt sogar seinen wohl aktuell größten Fan ins Studio. Reinhard Lemelle Willie Nelson über Amos: „Amos ist ein außergewöhnlich talentierter Künstler und ein begnadeter Geschichtenerzähler.“ Downloadtipp: „Out Of The Cold“

Joan Armatrading „Live At The Royal Albert Hall“ Hypertension/Soulfood [Rock, Pop] Mehr als 30 Jahre nach ihrem letzten regulären Livealbum, dem formidablen „Steppin’ Out“, meldet sich Joan Armatrading endlich wieder mit einem Konzertmitschnitt auf Ton-

30

Z

iemlich spät in seiner Karriere und ziemlich überraschend kommt der Mitgründer, Sänger und Keyboarder der legendären Allman Brothers Band mit der besten Gesangsleistung seiner langen Karriere. Den melodiensatten, dicht orchestrierten Southern Rock der sechsköpfigen Allman Brothers Band hatte Greg auf seinen Soloalben meist nur unwesentlich abgewandelt – diesmal ist das ganz anders: T-Bone Burnett, derzeit der gefragteste RootsRock-Produzent, hat Allman zu einem semiakustischen Gesamtsound verholfen und angeregt, mit nur einer Ausnahme hauptsächlich uralte Blues- und R&B-Originale zu interpretieren. Gleich der Opener, Sleepy John Estes „Floating Bridge“ aus den 40er Jahren, tänzelt mit einer Art Rockabilly-Groove daher, überall wird der Standbass gezupft statt des elektrischen Viersaiters. Das Resultat ist spektakulär: Allmans gepresster Bariton bekommt dadurch mehr Raum und klingt leidenschaftlicher und kraftvoller denn je, ob nun in seiner einzigen Eigenkomposition „Just Another Rider“ oder in Bobby „Blue“ Blands „Blind Man“, wo er eine grandiose Soulperformance abliefert. Die prominenten Mitspieler Dr. John an den Tasten und Doyle Bramhall II an der E-Gitarre setzen dazu noch wohldosierte solistische Spitzlichter. Fertig ist ein Retro-Blues-Festmahl, das 2011 schwer zu überbieten sein wird. Christian Stolberg Hintergrund: Gregg Allman gründete mit seinem Bruder, dem legendären Gitarristen Duane Allman († 29. Oktber 1971) 1969 in Macon/Georgia die Allman Brothers Band. Die mit Unterbrechungen bis heute aktive Gruppe gilt als wichtigste Formation des sogenannten „Southern Rock“.

träger – erstaunlich spät für eine Musikerin, deren dauerhaftes Renommée ja durchaus auf ihren respektablen handwerklichen und Bühnen-Qualitäten beruht. „Live At The Royal Albert Hall“ wurde während einer Europatournee aufgezeichnet, die Armatrading zur Veröffentlichung ihres letzten Studiowerks „This Charming Life“ angetreten hatte. Auf zwei CDs mit insgesamt 21 Tracks bietet die auf den Bahamas geborene und als Kind mit ihren Eltern nach England eingewanderte Songschreiberin einen durchaus repräsentativen Querschnitt durch ihr Schaffen aus vier Jahrzehnten. Repräsentativ ist er auch insofern, als er die Tatsache widerspiegelt, dass Armatrading in den 90er Jahren qualitativ wie quantitativ nicht annähernd so produktiv war wie zuvor, als sie mit einem ziemlich einzigartigen Personalstil aus Jazz-, Reggae-, Soul- und

Folk-Elementen für Furore gesorgt hatte. Mit Rückgriffen auf den Blues hat sie sich zu Beginn des neuen Jahrtausends aus dieser Trockenperiode wieder heraus navigiert. Unterstützt wurde Armatrading in der Albert Hall von einem Trio aus hochkompetenten britischen Sessionroutiniers, wobei Drummer Gary Foote für das äußerst nuancenreiche Songmaterial der Chefin gelegentlich etwas zu ungeschlacht agiert und Keyboarder Spencer Cozens mitunter einen Hang zu käsigen Synthie-Flächen offenbart. Dafür wird Bassist John Giblin dem variationsreichen Stil der Armatrading umso selbstverständlicher gerecht. Sie selbst präsentiert sich einmal mehr als souveräne, wenn auch spröde Sängerin und exzellente Gitarristin. Virtuos spielen die Vier ihr Können vor allem im jazzigen „You Rope You Tie Me“ vom (auf CD leider schwer erhält-

lichen) 1978er Album „To The Limit“ aus, feinsinnig zelebrieren sie Armatradings Balladenklassiker „Willow“, und mit „Drop The Pilot“ gibt es einen schwungvoll rockenden Ausklang. Christian Stolberg Sonstiges: Dem Album liegt neben den beiden CDs auch eine DVD-Aufzeichnung des Konzerts bei. Klingt ähnlich: Tracy Chapman, Joni Mitchell

Mr. Big „What If“ Frontiers Records/Soulfood

[Rock] Mr. Big sind zurück im Original-Line-Up, das mit „What If“ sein erstes gemeinsames Studioalbum seit „Hey Man“ aus dem Jahr 1996 vorlegt. Produzent Kevin Shirley (u. a. Iron Maiden, Aerosmith, Dream Theater) hat dem Quartett für die Comebackveröffentlichung ein druckvolles, modernes Soundgewand verpasst, das vor allem im eingängigen Opener „Undertow“ deutlich zum Tragen kommt. Das hohe Niveau dieses Eröffnungssongs kann „What If“ jedoch nicht ganz halten. Über weite Strecken fehlen Mr. Big einfach die wirklich zündenden Songideen. Freunde der gepflegten Spieltechnik kommen hingegen auf ihre Kosten, wenn sich Bassist Billy Sheehan und Gitarrist Paul Gilbert in Stücken wie „Still Ain’t Enough For Me“ und „As Far As I Can See“ solistisch ordentlich austoben. Unter dem Strich steht ein grundsolides Rockalbum, das Pluspunkte zuletzt auch damit sammelt, das kein zweites „To Be With You“ versucht wurde. Jörg Laumann Wissenswert: Besonders populär sind Mr. Big in Japan, wo „What If…“ bereits einer Top-ten-Platzierung erreicht hat.


Pat Appleton „Mittendrin“ Content/Edel [ Soul-Pop] E i n e S ä n ge r i n

schwimmt sich frei. Pat Apple­ ton war lange Zeit vor allem die Stimme von De-Phazz. Auf „What’s Next“, ihrem ersten Soloausflug, überraschte sie im letzten Jahr mit englischen Texten und rockigen Tönen. Davon ist auf „Mittendrin“ nicht mehr viel übriggeblieben. Die Sängerin hat zusammen mit Produzent Tobias Bublat auf ihrem zweiten Album einen ganz anderen Weg eingeschlagen, zwischen Pop, Soul und Chanson, garniert mit deutschen Texten, dem man nur zu gerne folgt. Und der erweist sich, vor allem weil Pat Appleton in Songs wie „Geborgenheit“ und dem absolut fantastischen „Fenstergucker“ genau den richtigen, komplett klischeefreien Ton zwischen Nachdenklichkeit und Aufmüpfigkeit trifft, als erstaunlich tragfähig. Mit „Mittendrin“ schlägt die Sängerin ein neues, vielversprechendes Kapitel ihrer Karriere auf. Robert Wallner Anspieltipps: die Titel „Weißmehl“ und „Männer ohne Pferd“

Eva Cassidy „Simply Eva“ Blix Street Records/Rough Trade

[Folkpop] Erscheint ein „neues“ Album eines verstorbenen Künstlers, ist schnell der Vorwurf der Leichenfledderei zur Hand. Doch im Falle der 1996 gestorbenen Interpretin wäre das gänzlich unangebracht. Denn anders als bei Musikern, nach deren Tod noch

das letzte unfertige Demo auf den Markt geworfen wird, setzte bei der Amerikanerin der große Erfolg – acht Millionen verkaufte Einheiten ihrer zehn (!) Alben – erst nach ihrem Tod ein. Auch halten ihre Eltern und ihr Label hohe Qualitätsmaßstäbe, die auch „Simply Eva“ zu einem würdigen Vermächtnis machen. Das liebevoll zusammengestellte Album bietet zwölf Songs, auf denen Cassidy erstmals durchgehend nur zur eigenen Gitarrenbegleitung zu hören ist. Die intimen Versionen von zum Teil aus früheren Alben bekannten Songs entwickeln einen ganz eigenen Zauber, der die Bandarrangements noch einmal übertrifft. Heiko Große Weiterhören: alles von Sandy Denny, Judy Collins, Joan Baez und Emmylou Harris

Chinaza „Home“ Nagel Heyer/Rough Trade [Soul-Pop] Chinazas Eltern stammen aus Nigeria und flüchteten vor dem Bürgerkrieg nach Deutschland. Sie selbst wurde in Göttingen geboren, wuchs im Ambiente mitteleuropäischer Bürgerlichkeit auf und beschloss, dass Musik eine Möglichkeit sein könnte, mit den kulturellen Widersprüchen umzugehen, die ihr Leben prägten. Nach den ersten Erfolgen als Sängerin blieb sie eine Zeitlang in der Heimat ihrer Eltern, auf der Suche nach den Wurzeln der eigenen Herkunft, um festzustellen, dass sie doch mehr in Deutschland zu Hause ist. Das im Anschluss daran entstandene Album „Home“ ist daher eine Spurensuche auf der einen Seite, eine Bestandsaufnahme der eigenen Befindlichkeit, aufgenommen mit Hilfe Berliner Musiker wie dem Gitarristen Kai Brückner. Es ist aber auch

ein Tagebuch der Emotionen, das an große Vorbilder wie Nina Simone und Popideen etwa von Nik Kershaw ebenso anknüpft wie eigene Songs gestaltet. Mehr noch als „Changes“ (2006) wirkt das Album inhomogen und wird doch von der beeindruckenden Stimme Chinazas und der lässigen Spielkompetenz der Beteiligten zusammengehalten. Ein melancholischer Grundtenor durchzieht die Lieder, gibt ihnen Farbe, Kraft und etwas Wehmut mit auf den Weg. Intensive Musik einer Sinnsucherin. Ralf Dombrowski Ähnlich wie: Tok, Tok, Tok; Lyambiko Downloadtipp: „They Stood Up For Love“

Christopher Cross „Dr. Faith“ Ear Music /Edel, VÖ: 25.02. [Rock] Mehr als ein Jahrzehnt ist es her, dass Christopher Cross, der unscheinbare Mann mit der makellosen Tenorstimme, der in den 80er Jahren mit „Sailing“ und „Ride Like The Wind“ Welterfolge feierte, ein reguläres Studioalbum veröffentlicht hat. Viel hat sich getan in der Musikszene seitdem – und Cross hat es mitbekommen. So folgt sein neues Werk dem Trend zurück zu klaren, handgemachten Arrangements, den viele ältere US-Mainstreamkollegen, von Lindsay Buckingham bis Neil Diamond, in letzter Zeit eingeschlagen haben. Neben der elektrischen Gitarre werden hier ausschließlich akustische Instrumente gespielt, gelegentliche Streichersätze inbegriffen. Für Cross eine gute Entscheidung: Seine Stimme strahlt noch immer bestens und bekommt so mehr Raum; wie man angenehme Melodien schreibt, hat er auch nicht verlernt. Im Titelsong hat

er mit Michael McDonald zudem einen erstklassigen Duettpartner. In den Texten gibt es maßvolle Kritik an der religiösen Rechten und dem Raubtierkapitalismus in den USA. Felix Marondel Info: Für den Filmsong „Arthur’s Theme (The Best You Can Do)“, den er zusammen mit Carole Bayer Sager und Burt Bacharach geschrieben hatte, bekam Christopher Cross 1981 einen Oscar.

Gilbert O’Sullivan „Gilbertville“ Hypertension/Soulfood [Pop] Der ganz spezielle Pop des Gilbert O’Sullivan war schon immer auf sehr liebenswerte Weise hoffnungslos altmodisch. Auch auf „Gilbertville“ hören sich manche seiner Songs wieder an, als wären sie nachmittags um fünf im Pub komponiert worden. Der Pianist, Sänger und Songschreiber aus dem irischen Waterford war zu Anfang der 70er, als Hippies und Glamrocker die Charts domi­nierten, mit einem skurrilen Image (Schiebermütze, Topfschnitt, Knickerbockers) auf der Szene erschienen und hatte zu beiden Seiten des Atlantiks eine Reihe von Hits mit Anklängen an die Beatles und Einflüssen aus Music Hall, Country und Blues, bald aber geriet er mit seinem Nostalgiepop aus dem Blickfeld der großen Pop-Öffentlichkeit. Sein immerhin schon 21. Studioalbum schert sich erwartungsgemäß wieder einen feuchten Kehricht um den musikalischen Zeitgeist. Es dauert allerdings bis zum vierten Song „All They Wanted To Say“, bis er erstmals eine Melodie mit diesem ganz speziellen Schimmer offeriert, der einst in den 70ern seine Hits wie „Clair“ so unwiderstehlich machte. Mit „I Wanna Know“ liefert der heute lockenmähnige, gut erhal-

31


POP, Rock & co tene Mitt-60er einen ansteckend groovenden, bluesigen Pianorocker, wie er auch von Elton John kommen könnte, und mit „Down Here“ eine freundlich-anrührende Ballade. Der Rest ist liebevoll gemachte, aber wenig aufregende AOR-Ware, die nur der etwas krude Humor der Texte vor der Belanglosigkeit bewahrt. Christian Stolberg Hintergrund: Gilbert O’Sullivan ist der Schöpfer solcher 70er-JahreRadioklassiker wie „Alone Again (Naturally)“, „Get Down“, „Clair“ und „Matrimony“.

Roxette „Charm School“ EMI [Pop] Mit diesem Comeback ha­ ben nicht mehr viele Fans des 1986 gegründeten schwedischen Popduos gerechnet. Zehn Jahre nach „Room Service“, ihrem letzten Studioalbum, meldet sich Roxette mit zwölf neuen Songs zurück. Marie Fredriksson und Per Gessle machen mit „Charm School“ genau dort weiter, wo sie vor einem Jahrzehnt aufhörten: Popmusik mit einem gewissen Hang zur Opulenz. Dabei hat das Duo aber durchaus die Zeichen der Zeit erkannt, was sie mit Songs wie dem ungemein eingängigen „She’s Got Nothing On (But The Radio)“ und „Big Black Cadillac“ eindrucksvoll unterstreichen. Doch es bleibt trotz aller zeitgemäßen Klänge noch genügend Platz für klassische Roxette-Balladen wie „No One Makes It On Her Own“ und „I’m Glad You Called“, denen Marie Fredriksson mit ihrer unverwechselbaren Stimme einen ganz besonderen Glanz verleiht. Robert Wallner Hintergrund: In den letzten 25 Jahren verkauften Roxette weltweit mehr als 70 Millionen Alben.

32

Gretchen Peters „Circus Girl – The Best Of Gretchen Peters“ India Media/RTD [Country] Zwei Grammys und ein Country Music Award stehen in Gretchen Peters Vitrinenschrank. Dennoch konnte die 53 Jahre alte, aus Bronxville, New York, stammende CountryFolk-Sängerin ihren GeheimtippStatus nie abstreifen. Der Grund: Songs aus ihrer Feder wurden erst dann zu Hits, wenn sie Stars wie Martina McBride, Bryan Adams und Neil Diamond interpretierten. Schade. Und auch ungerecht – wie die Zusammenstellung „Circus Girl – The Best Of Gretchen Peters“ belegt. Denn die 15 Titel – zwei unveröffentlichte Tracks, der Rest stammt von vier ihrer insgesamt acht Alben – weisen die Künstlerin als charismatische, hingebungsvolle, irgendwo zwischen Nanci Griffith und Mary Chapin Carpenter angesiedelte Sängerin aus. Als Songschreiberin ist sie ohnehin eine Klasse für sich. Gunther Matejka

die Hamburgerin Anna Depenbusch auf ihrem zweiten Album bietet, hätte vor einigen Jahren noch für großes Aufhorchen gesorgt. Spielerisch lässig (und mit einer dezent-lasziven Note in der Stimme) singt sie lakonisch-heitere Songs über Bäumchen-wechsle-dich-Spiele („Tim liebt Tina“), Telefonschwätzer („Monoton“) und Falschspielerinnen („Madame Cliquot“), allesamt aus der eigenen Feder. Musikalisch summiert sich das mit Einflüssen aus Chanson, Liedermacherei, Country, Zirkusmusik und Jazz zu einer Art modernem Kaffeehaus-Pop, in einem blendend produzierten, warm-natürlichen, dabei gleichzeitig eleganten Klangbild. Und wenn Frau Depenbusch dann den Tonfall von „frech“ auf „zartbitter“ umschaltet („Tanz mit mir“) nimmt man ihr das auch ab. Felix Marondel Ungewöhnlich: Die Orchester­ arrangements für einige der Songs wurden in Wroclaw (Breslau) auf­ genommen.

Drive-By Truckers „Go-Go Boots“

Anna Depenbusch „Die Mathematik der Anna Depenbusch“ 105 Music/Sony

[Pop] Einen Mangel an interessanten jungen Sängerinnen, die zwischen Jazz, Chanson, Pop und gehobenem Schlager individuelle Duftmarken setzen, muss die deutsche Popszene seit dem Durchbruch von Anett Louisan zu Anfang der Nullerjahre wahrlich nicht mehr beklagen. Das Feld ist gut besetzt, mit der wachsenden Konkurrenz steigt auch das Niveau. Was beispielsweise

PIAS/Rough Trade [Alternative-Country/Southern-Rock] Im Moment gibt es kaum eine vergleichbare Band, die den alten Muscle-Shoals-Country&-Soul-Sound mit so viel Hingabe zelebriert wie die Drive-By Truckers aus Athens. Die Band um Frontmann Patter­son Hood präsentiert sich auf ihrem neunten, unter der bewährten Regie von Produzent David Barbe entstandenen Studioalbum in blendender Verfassung. Nachdem die Gruppe 2010 mit dem Vorgängerwerk „The Big To-Do“ endlich in Europa richtig Fuß fassen konnte, dürften den Drive-By Truckers mit „Go-Go Boots“ endgültig alle Türen offen stehen. Die Formation

begeistert in Songs wie „Cartoon Gold“ oder „The Weakest Man“ mit ei­ner so beschwingten wie unverwechselbaren Mixtur aus Country-, Soul- und SouthernRock-Elementen und macht gerade dann, wenn das Tempo deutlich nachlässt, wie zum Beispiel bei „Go-Go Boots“, eine sehr gute Figur. Robert Wallner Wissenswert: Die Mitte der 90er Jahre gegründete Band veröffent­ lichte bereits 1998 („Gangstabilly“) und 1999 („Pizza Deliverance“) zwei hervorragende, damals leider sträflich übersehene Alben.

Ina Müller „Das wär dein Lied gewesen“ 105 Music/Sony VÖ: 18.02.

[Pop] Ach, wären doch nur alle Frauen (und Männer) wie Ina Müller! Sie hat Humor und ist selbstironisch („Lieber Orangenhaut als gar kein Profil!“), sie nimmt kein Blatt vor den Mund („Die einzige Nummer, die ich mir heute merken kann, ist die gestern mit dir“), sie hat eine Stimme, die dem Hörer mit ihrem rauchigen Timbre einfach das Herz aufmacht. Sie verfügt über Temperament und Bluesfeeling, sie ist ganz im Hier und Heute zuhause („Ich hab’ dich heut’ noch nicht gegoogelt“) – kein Wunder, dass die Cuxhavenerin sich in den letzten paar Jahren in die Herzen von Hunderttausenden Freunden deutschsprachiger Popmusik gesungen hat. Das neue Album, die Prognose fällt leicht, wird diesen Aufstieg fortsetzen: Nach eigener Aussage hat sich Ina beim Schreiben der Songs von ihren „Erfahrungen als Single inspirieren lassen“ – darin sollten sich erneut genügend Hörer wiederfinden, Single war schließlich jeder mal. Zusammen mit den renommierten Autoren Frank Ramond und


Alexander Zuckowski packt Ina ihre lebensnahen Betrachtungen mal in fröhlichen Schrammelfolk („Die Nummer“), mal in unterschwellig bluesigen Rock („Ja, ich will“), dann wieder in etwas hibbeligen Reggae („Paparazzia“) und in balladesken Countrypop. Langeweile kommt da nie auf. Ein Album für alle sieben Tage der Woche! Felix Marondel Info: Ina Müller geht ab November 2011 auf große Deutschland-Tournee.

Patty Moon „Mimi And Me“ Traumton/Indigo

[Piano-Pop] Deutschland, deine Provinz! Längst kommen viel­versprechende einheimische Pop­ acts nicht mehr nur aus den Musik- und Medienmetropolen wie Berlin, Hamburg, Köln und München. Der idyllische Kaiserstuhl bei Freiburg ist das Biotop, in dem der eigenwillige Kammerpop von Patty Moon zur Blüte reifen konnte. Patty Moon im Übrigen ist nicht das englische Pseudonym einer Solistin, sondern der Name eines Duos, das mit feinen Melodien und fantasievollen, pianobasierten und auf bemerkenswert moderne Weise streicherverbrämten Arrangements aufhorchen lässt: der Sängerin Judith Heusch und des Multiinstrumentalisten und Arrangeurs Tobias Schwab. Bald werden das möglicherweise sehr viel mehr Leute wissen, denn drei Songs dieses, ihres bereits vierten Albums finden auch im neuen Kinofilm von Hans W. Geissendörfer („In der Welt habt ihr Angst“, Kinostart 3. März) Verwendung: das sehnsuchtsvolle „Stardust“, das spannungsgeladene „Landscape“ und das elegische „Cover Me“. Felix Marondel Klingt ähnlich: Tori Amos, Kate Bush, Katie Melua, Sarah McLachlan

Diverse „Hot & New Country Music #2“ RCA/Sony [Country] Zum zweiten Mal präsentiert Sony Music eine Momentaufnahme der aktuellen Nashville-Szene – den Sampler „Hot & New Country Music #2“. Obwohl die CD natürlich bevorzugt Pferdchen aus dem eigenen Labelstall ins Rennen schickt, mangelt es der Genre-Show dennoch nicht an Abwechslung und Qualität. Dafür sorgen angesagte Acts wie Sugarland, Brad Paisley, die Zac Brown Band, Billy Currington und Miranda Lambert, jeweils mit ihren derzeit erfolgreichsten Songs. Neben der „heißen & neuen“ Szene hält die CD auch Newcomer wie Eric Heatherly und Lee Brice sowie Neuheiten von New-Country-Ikonen wie Alan Jackson parat. Für das größte Überraschungsmoment sorgt der Opener „Smile“ – von Popstar Uncle Kracker. Gunther Matejka

zu einem höchst originellen Personalstil. Gerade die dichten, mit Soundschichten- und Schnipseln mitunter ziemlich zugestellten Arrangements können auf neue Hörer zunächst ziemlich hermetisch wirken. Doch die 40jährige erfindet so reizvolle Melodien und hat ein so sicheres Gespür für wirkungsvolle Songdramaturgie, dass es sich lohnt, sich in ihre Songs hinein zu arbeiten. Ihr drittes Album „The Deep Field“ bezeichnet Wasserman, als ihr bisher „offenstes, freudvollstes“. Und in der Tat pulst in diesen zehn Songs unter der mitunter sperrigen Oberfläche beachtliche Wärme und ein positiver Spirit. Raoul Gulbenkian Info: Joan Wasserman, die über eine klassische Ausbildung an der Violine verfügt, spielte zeitweilig auch bei Antony & The Johnsons und in der Band von Rufus Wainwright Downloadtipps: „The Magic“, „Action Man“

Heinz Rudolf Kunze „Die Gunst der Stunde“ Ariola/Sony Music

Joan As Policewoman „The Deep Field“ PIAS/RTD [Indie-Singer/Songwriter] Die New Yorkerin Joan Wasser, die sich das eigenwillige Pseudonym Joan As Police Woman gegeben hat, ist eine Ausnahmeerscheinung im unübersichtlich gewordenen Feld der amerikanischen Indie-Singer/Songwriter. In ihrer Musik mischen sich nachdenklicher Befindlichkeitsfolk, Industrial-Noises, die für den Großteil der heutigen Indieszene typische LoFi-Ästhe­tik, R&BGrooves und soulige Untertöne

[Deutschrock] Es ist nicht unangemessen, Heinz Rudolf Kunze als feste Größe in der deutschen Rockgeschichte zu bezeichnen. Das ist gleichzeitig auch sein größ­tes Problem: Er bringt in regelmäßigen Abständen neue Alben auf den Markt und geht auf Tour, was von der Fangemeinde – zu Recht – goutiert wird. Aber außerhalb dieses Zirkels wird er – wenn überhaupt noch – als jenes Oberlehrerklischee wahrgenommen, über das Kunze sich früher so trefflich lustig gemacht hat. Daran wird auch die neue CD wohl nichts ändern. Dabei sind vor allem die mal bösen, mal bitteren und manchmal auch einfach nur geistreich-witzigen Texte wirklich gelungen. Schwachpunkt bleibt

jedoch die Musik, die nur selten inspiriert oder memorabel klingt. Hier hätte man sich mehr von der ätzenden Qualität der KunzeLyrik gewünscht. Heiko Große Weiterhören: die 4-DVD-&-1-CDBox „In alter Frische“ mit Konzerten aus den Jahren 1985 bis 1994 und die Deluxe-Edition von „Dein ist mein ganzes Herz“

John Waite „Rough & Tumble“ Frontiers Records/Soulfood

[Rock] Fünf Jahre nach „Downtown Journey Of A Heart”, das seinerzeit nur eine frische Komposition enthielt, legt John Waite ein Studio-Album mit überwiegend neuem Material vor. Und das Warten hat sich (nicht nur) für Fans des ehemaligen Babys- und Bad-English-Sängers gelohnt. Mit „Rough & Tumble“ gelingt dem Briten ein rundum überzeugendes Werk, das vor eingängigen Melodien nur so strotzt. Dass er auch ordentlich losrocken kann, beweist Waite gleich mit dem stampfenden Titelsong, der das Album eröffnet und von der starken Single-Auskopplung „Shadows Of Love“ gefolgt wird. Bemerkenswert ist zudem Waites Zusammenarbeit mit dem Matchbox-Twenty-Gitarristen Kyle Cook, aus der vier Songs hervorgegangen sind, die eine hörbar andere Handschrift tragen, sich aber gut in das Gesamtkonzept einfügen. Höhepunkt dabei ist die zurückhaltend, aber effektvoll arrangierte Ballade „If You Ever Get Lonely“. Jörg Laumann Wissenswert: Das Album enthält auch ein Remake von Waites „Mr. Wonderful“ aus dem Jahr 1982. Downloadtipps: „Shadows Of Love“, „Skyward“, „If You Ever Get Lonely“, „Rough & Tumble“

33


Kl a ssik

Midori Seiler „Bach: Partiten für Violine solo“ Berlin Classics/Edel Die drei Solopartiten von Johann Sebastian Bach sind für Geiger so etwas wie das Neue Testament. Um ihre Komplexität zum Leuchten und zum Atmen zu bringen, muss man es daher nicht nur in den Fingern, sondern auch im Kopf haben. So wie die DeutschJapanerin Midori Seiler. Weil sie aber zudem eine ausgewiesene Expertin für die historische Aufführungspraxis ist, hat sie die drei Partiten nun auf einer Barockvioline eingespielt. Konturenreich und unverschnörkelt, aber mit viel Esprit und Empfindsamkeit geht sie diese drei mehrsätzigen Parcours mit ihren Tanzsätzen und mehrstimmigen Höchstschwierigkeiten an. Und in der berühmten d-moll-Chaconne entdeckt Seiler gar anmutige Geheimgänge, wie man sie in dieser riesigen Klangkathedrale bislang noch nicht gehört hat. Beeindruckend! Guido Fischer O-Ton der Künstlerin: „Mich auf Bachs Musik einzulassen, ist wie eine Disziplinierung des eigenen Geistes, wie Meditation:“

Concerto Melante „Spirituosa: Werke von Telemann“ DHM/Sony Classical

Stolze 86 Jahre alt wurde Georg Philipp Telemann. Eine Lebensspanne, in der man schon mal 1000 (!) Orchestersuiten komponieren kann. Doch auch in der Kammermusik war der BachZeitgenosse derart fleißig, dass

34

Vieles sich weiterhin im Dornröschenschlaf befindet. Das Berliner Alte-Musik-Ensemble Concerto Melante hat nun einige der neun aufgenommen Streichersonaten wachgeküsst und weltersteingespielt. Und unter dem Archivstaub, der mit kernigem Zugriff und unüberhörbarer Spielfreude weggepustet wurde, schlummerten kleine Kostbarkeiten mit großer Vitalität und Ausstrahlung, zumal Telemann als musikalisch vielsprachiger Europäer das Polnische genauso beherrschte wie das Italienische. Reinhard Lemelle Background: Das Ensemble hat sich nach Telemanns Pseudonym „Melante“ benannt.

Thomas Bauer, Jos van Immerseel „Franz Schubert: Winterreise“ ZigZag Territoires

Ein so unaufdringlich erlesenes wie etwas ungewöhnliches Klangerlebnis bieten der Bariton Thomas Bauer und der Pianist Jos van Immerseel mit ihrer Interpretation der Schubert’schen „Winterreise“: Die Kombination aus Bauers eher gedeckt klingendem Bariton und einem von Christopher Clakre nach Vorbildern von Instrumenten aus dem späten 18. Jahrhundert gebauten Pianoforte gibt dem berühmten romantischen Liederzyklus ein eigentümlich dunkles, sehr reizvolles Klangbild. Bauers Interpretation der 24 kurzen Kunstlieder legt nicht nur Wert auf die lebendige Wiedergabe der Schubert’schen Musik, sondern lenkt mit präziser Artikulation die Aufmerksamkeit des Hörers auch auf die empfindsame Lyrik Wilhelm Müllers. Der ausgewiesene Originalklang-Spezialist Jos van Immerseel trägt durch sein

kongenial waches und differenziertes Spiel das Seine zum Entstehen einer preziösen Einspielung bei. Christian Stolberg

Kazda & Indigo Strings „The Music of Led Zeppelin“ Phil.harmonie/Harmonia Mundi

[Klassik-Rockjazz] Pop- und Rockhits auf 16 Streichersaiten – das hat Konjunktur, seit das Kronos Quartet sich auf Jimi Hendrix’ „Purple Haze“ gestürzt hat. Wenn aber nun ein Streichquartett wie die Indigo Strings all die Kracher und Knaller von Led Zeppelin anvisiert, kommt es anders als erwartet. Dank Arrangeur und Bassgitarrist Jan Kazda, der nicht einfach pures Powerplay mit hohem Wiedererkennungswert recyclen wollte. Die Melodien und Energien von „Kashmir“ bis „Whole Lotta Love“ wurden mit einem Sound veredelt, der vorrangig auf klassisches Flair und jazzige Impulse setzt. „Stairway To Heaven“ kommt da wie eine zärtliche Fuge mit satter Bassgrundierung daher. Und „Heartbreaker“ könnte glatt vom Minimalismus-Guru Philip Glass stammen. Nur wo ist bitte „The Song Remains The Same“? Reinhard Lemelle

Art: Sein CD-Debüt gab er 2005 mit einem funkensprühenden Jazzalbum, für sein 2007er Album „re-imagination“ wurde er gar für einen Grammy in der Jazzkategorie nominiert, doch widmet sich der 27jährige eigentlich mit noch größerer Hingabe seiner Klassikkarriere. Auf „Three Stories“ bringt er beide Welten nun souverän zusammen: Von Bach über Skrjabin, Gershwin und Tin-Pan-Alley-Standards geht die Reise in den 14 Stücken bis hin zu Charlie Parker, Thelonious Monk und dem Popmusiker Dave Matthews – dabei treibt Djangirov das Grenzbrecher-Spielchen insofern noch weiter, als er bei seinen meist beinah überschwenglich rhapsodischen Interpretationen nicht zwangsläufig im eigentlichen Genre der jeweiligen Komposition bleibt. Bachs berühmtes „Air“ etwa bekommt ein dezentes Jazztreatment, während der im Jazz beliebte Sammy-Cahn-Standard „I Should Care“ zunächst ohne Swing-Element gespielt wird, bevor Eldar Djangirov seine virtuosen Hände dann doch losjazzen lässt. Zu den elf berühmten Vorlagen stellt der junge Kirgise zwei Eigenkompositionen und macht damit auch als Komponist eine gute Figur. Felix Marondel Biografisches: Djangirov stammt aus der ehemaligen Sowjetrepublik Kirgisien, verbrachte aber seine Teenagerzeit mit der Familie in Kansas City.

Weiterhören: Kronos Quartet „Winter Was Hard“

Janina Fialkowska „Chopin: Klavierkonzerte“

Eldar Djangirov „Three Stories“ Sony Classical Der Pianist Elder Djangirov ist ein Grenzgänger der besonderen

Atma/Musikwelt Die kanadisch-polnische Pianistin Janina Fialkowska wurde einst vom Grand Signeur des ChopinSpiels, von Artur Rubinstein unter die Fittiche genommen. Das war 1974. Weltberühmt wurde sie danach nicht. Eine weltweite


Fangemeinde besitzt Fialkowska dennoch. Kein Wunder, wenn man sie allein in den beiden Chopin-Klavierkonzerten hört, die sie Anfang 2010 während der Olympischen Winterspiele in Vancouver spielte. Statt mit purer Muskelkraft geht sie mit Feinsinn und Feinschliff diesen Evergreens auf den Grund. Und statt auf effektvolle Brillanz setzt sie auf eine ausschwingende, tiefempfundene Melodik, die Chopin der italienischen Belcanto-Oper abgelauscht hatte. Es ist einfach eine Chopin-Glücksstunde, die Fialkowska mit dem Vancouver Symphony Orchestra unter Bramwell Tovey da live geboten hat. Guido Fischer Weiterhören: Chopins Klavierkonzerte mit Artur Rubinstein oder Krystian Zimerman

Dorothee Oberlinger „French Baroque“ DHM/Sony Einer simplen Holzröhre kostbaren Zauber zu entlocken – das schafft momentan nur die Blockflötistin Dorothee Oberlinger. Mit ihrem Alte-MusikEnsemble 1700 ist sie nun ins französische Barockzeitalter zurückgereist, um allerfeinste Kammermusikkost von damals berühmten Komponisten wiederzuentdecken. Überraschungen gibt es zuhauf! So coverte Nicholas Chédville für seinen schnittigen „Jahreszeiten“-Zyklus schon mal den Kollegen Vivaldi. Und eine Mini-Musiktheaterszene von Jean Hotteterre entpuppt sich als rustikales Hochzeitsfest, bei dem Oberlinger mit dem Dudelsackspieler François Lazarevitch um die Wette spielt. Verwandelt sich Oberlinger aber zwischendurch in einem intimen Stück von François Couperin in eine wundersame Nachtigall, ist er wieder da –

dieser kostbare Klangzauber der Blockflöte. Reinhard Lemelle O-Ton der Künstlerin: „Die hier vertretenen Komponisten zählten zu den besten Musikern Europas.“

Yo-Yo Ma „Impressions“ Sony Classical Der amerikanische Cellist Yo-Yo Ma wurde in Paris als Sohn chinesischer Eltern geboren. Kein Wunder, dass so einer zum musikalischen Global Player reifen musste. Deshalb ist Yo-Yo Ma nicht nur eine Bank beim gängigen Klassikrepertoire. Mal mit viel Gefühl und dann wieder mit offensiv sattem Zugriff springt er wie selbstverständlich zwischen Jazz, Welt- und Filmmusik hin und her. Wie auf der Doppel-CD „Impressions“, die eine repräsentative Abenteuerreise durch den riesigen, mit 15 Grammys ausgezeichneten Aufnahmekatalog YoYo Mas ist. Auf CD 1 erweist er sich etwa bei Bach, Haydn und Brahms als Feingeist, bevor er auf CD 2 bei Tangopapst Piazzolla zum Temperamentsbolzen wird, mit Dave Brubeck swingt – und bei Ennio Morricones „Zwei glorreiche Halunken“ die Saiten flirren lässt. Reinhard Lemelle Background: 2006 ernannte die UN Ma zum „Friedensbotschafter“.

Nils Mönkemeyer „Folia“ Sony Classical Lange wurde die dicke Schwester der Violine verhöhnt und verspottet. Bis Nils Mönkemeyer kam und der Bratsche ungeahnte

Schnittigkeit und ein tiefes SeelenInnenleben entlockte. Wie frech und dann wieder elegant sie sich aber auch geben kann, zeigt der Wunderknabe Mönkemeyer auf seiner Barock-CD „Folia“. Bis an den Rand des Wahnsinns dreht er in den berühmten, gleichnamigen Variationen des Italieners Corelli da seine atemberaubend rasanten Pirouetten. Zusammen mit der Kammerakademie Potsdam stolziert er dann leicht keck zu Klängen à la Française durchs Versailles des Sonnenkönigs. Bevor Mönkemeyer in den ViolaKonzerten von Telemann und Bach so zu „singen“ beginnt, wie es manch großer Violinist gerne könnte. Wehe dem, der noch dumme Witze über die Bratsche macht! Reinhard Lemelle

pressiv wird man bei diesem neuen Mozart-Bild aber nicht, zumal Fray immer wieder auch kleine Überraschungen einfallen. Wie im ersten Satz des Konzerts Nr. 25. Erst streut Fray die „Marseillaise“ ein – worauf das Philharmonia Orchestra unter Jaap van Zweden mit einem feisten Donnerschlag antwortet, bei dem die Wände und Boxen wackeln. Reinhard Lemelle

Info: Nils Mönkemeyer erhielt 2009 einen „Echo Klassik“ als „Nachwuchskünstler des Jahres“

Joyce DiDonato „Diva Divo“

Mönkemeyers Lieblingswitz: „Was ist der Unterschied zwischen einer Bratsche und einer Waschmaschine?– Die Waschmaschine vibriert schneller, und was rauskommt, ist sauber.“

David Fray „Mozart: Klavierkonzerte Nr. 22 & 25“ Virgin Classics/EMI

Den Hang zum Nachdenken hat der Franzose David Fray wohl von seinem Vater geerbt, der Philosophieprofessor ist. Und so brauchte der 29jährige Shooting-Star am Klavierhimmel ziemlich lange, bis er für sich den richtigen Schlüssel zu Mozart gefunden hatte. Und plötzlich sind Mozarts späte Klavierkonzerte Nr. 22 & 25 keine brillanten Ergötzungswerke mehr. Hinter dem unbeschwert leichten Elan und dem himmlischen Anschlagsleuchten von Fray lauert überall ein Hauch von Tragik. De-

Klatsch & Tratsch: Frays Schwiegervater ist der weltberühmte Dirigent Riccardo Muti.

Virgin Classics

Die Oper war schon immer der ideale Ort für Camouflagen und Verwechslungsspielchen. Doch Mozart, Rossini und Strauss steckten darüber hinaus auch gerne Sängerinnen in männliche Hosenrollen. Und genau auf dieses reizvolle Geschlechterspiel hat sich die amerikanische Mezzosopranistin Joyce DiDonato in ihrem Arien-Recital eingelassen. Mit feinnuanciertem Glanz, ihrer beweglichen Ausdrucksfülle und mit Kazushi Ono am Pult des Lyoner Opernhausorchesters. Doch DiDonato ist nicht nur als selten zu hörender „Chérubin“ von Jules Massenet eine Wucht. Zwischendurch gibt sie sich dann auch mal eindeutig als attraktive Vokal-Powerfrau in Doppelpartien zu erkennen, wenn sie als „Julia“ entweder bei Bellini BelcantoFeuer entfacht oder bei Berlioz für höchsten Sehnsuchtsgenuss sorgt. Man höre – und staune. Guido Fischer Kurios: 2009 brach sich Joyce DiDonato bei einer Aufführung von Rossinis „Barbier“ das Bein – die nächsten Aufführungen sang sie im Rollstuhl.

35


ja zz & world

Ketil Bjørnstadt/ Svante Henryson „Night Song“ ECM/Universal [Meditations-Jazz] In der Ruhe lag beim norwegischen Pianisten und erfolgreichen Schriftsteller Ketil Bjørnstadt schon immer die Kraft. Und weil für ihn jeder Moment und jede Melodie kostbar sind, lässt er fast die Zeit still stehen, um sie auszukosten. Nun hat sich Bjønstadt nach langer Duopartnerschaft mit Cellist David Darling mit seinem Landsmann Svante Henryson zusammengetan. Und dessen lyrisches Cellospiel passt ideal zu den 16 Wohlklangsbeschwörungen in stoischer Slow Motion. Elegisch und traumversunken, empfindsam und sentimental lösen die Beiden die Grenzen zwischen Jazz und Klassik fließend auf. Wobei der Zauber ihrer Kompositionen erstaunlich resistent gegen jede Art von klebrigem Kitsch ist. Es muss nicht immer ein Fortissimo sein, um die Ohren durchzupusten. Guido Fischer Weiterhören: Brad Mehldau, György Kurtág O-Ton des Künstler: „Spiele nicht zu viel.“

Cæcilie Norby „Arabesque“ ACT/Edel

[Nordic Jazz] Für die Dänin Cæcilie Norby ist die Melodie die Essenz von Musik. In den letzten 20 Jahren, in denen Norby mit Größen wie Chick Corea zusammengespielt hat, zog es sie daher immer auch zu gefühlvollen Popsongs. Für ihre neueste

36

Melodienseligkeit hat sie aber etwas anderes Liedgut zusammengestellt. Neben dem Jazzstandard „Bei mir bist du schön“ und Songs von Michel Legrand sind es vor allem Klassik-Ohrwürmer von etwa Erik Satie und Maurice Ravel, zu denen Norby Texte geschrieben hat. Herausgekommen sind durchaus wohltemperierte Balladen, die zwischen smartem Bar-Jazz und nordischer Gefühlstiefe changieren. Dass dennoch das Magische auf Dauer leicht monoton wirkt, liegt nicht an den Top-Musikern (u. a. Pianist Bugge Wesseltoft), sondern an Norbys eindimensionaler Tonschönheit. Guido Fischer Weiterhören: Rebekka Bakken, Silje Nergaard und Viktoria Tolstoy

Caroline Henderson „Keeper Of The Flame“ Sony

[Vocal Jazz] Caroline Henderson lacht gerne, und das spürt man auch ihrer Musik an. Denn die in Dänemark lebende schwedische Sängerin mit amerikanischen Wurzeln schafft es, selbst tendenziell traurigen Liedern wie dem Titelstück ihres neunten Albums „Keeper Of The Flame“ eine immense Kraft und auch ein dezentes Augenzwinkern mitzugeben. Caroline Henderson ist Entertainmentprofi im positiven Sinne, denn sie weiß, dass das Publikum bei allem Anspruch an die Kunst auch große Gefühle und reizvolle Geschichten braucht, die sie durch Lieder von Ellington und Nat King Cole bis hin zu Songwriter-Pendants wie Bob Dylan und Tom Waits verkörpert. Dezenter arrangiert und verhaltener gespielt als frühere Meisterstücke wie „Love Or Nothin’“ erinnert sie mit „Keeper Of The Flame“ ein wenig an große Vorgängerinnen wie Carmen McRae, leistet sich

eine Prise Exotik in orientalesken Orchesterdetails, die stellenweise die Musik ihres Quartetts ergänzen, bleibt mit großer, dramatisch erprobter Stimme im Ganzen aber dem jazzgetönten Song mit Popverwandtschaften treu. Ein charmantes Vocal-Album mit viel Atmosphäre. Ralf Dombrowski Wissenswertes: Für „Love Or Nothin’“ bekam Henderson 2006 den dänischen Grammy. Downloadtipp: „Nature Boy“

Gilad Atzmon & The Orient House Ensemble „The Tide Has Changed“

Gestalter des Melancholischen, mit geschmeidig lyrischem, dann wieder pointiert wütendem Ton, ein Rhetoriker mit beeindruckender Präsenz. Trotzdem umrankt die Musik etwas Utopisches, ein Traum des Humanistisch-Demokratischen, der in der Kunst funktionieren kann, am realen Leben aber nur allzu oft scheitert. Ralf Dombrowski Wissenswertes: Gilad Atzmons kritischer Roman „Anleitung für Zweifelnde“ sorgte für viel Wirbel in seiner Heimat. Downloadtipp: „Bolero At Sunrise“

World Village/Harmonia Mundi – VÖ: Februar

Jermaine Landsberger „Gettin’ Blazed“

[World Jazz] Manchmal fragt man sich, welchem Idyll Gilad Atzmon eigentlich nachtrauert. Auf der einen Seite ist der Saxofonist ein dezidiert politischer Mensch, engagiert sich gegen den engstirnigen Konservatismus, der seine israelische Heimat prägt, und hat sein Quartett sogar nach dem Orienthaus der Palästinenser in Jerusalem benannt. Andererseits klingt seine Musik immer eine Prise nostalgisch, so als würde er mit einer Portion Wehmut im Gemüt einem Ideal der Einigkeit nachspüren, das die Kultur aber nicht einlöst. „The Tide Has Changed“ ist das Album zum zehnjährigen Jubiläum der Band, noch perfekter in vieler Hinsicht, denn das Orient House Ensemble ist durch zahlreiche Konzerte zu einem musikalisch reibungslos funktionierenden Organismus zusammengewachsen. Die Musik aber bleibt vergangenheitsverankert, tangoesk manchmal, orientalesk in der Linienführung des Saxofons, zuweilen auch mit einem Hauch Folk und einer Idee klassischer Attitude versetzt. Dabei ist Gilad Atzmon ein famoser

Resonance Rec/Codaex [Mainstreamjazz] Für Jermaine Landsberger ist es ein großer Schritt nach vorne. Während der vergangenen Jahre hatte der Organist aus Nürnberg sich kontinuierlich einen Ruf als soulswingender Hammondspezialist aufgebaut, der zwar nicht immer mit den richtigen Leuten spielte, dafür aber aus jedem Konzert als Sieger in der Publikumsgunst hervorging. Für „Gettin’ Blazed“ hat ihn nun ein amerikanisches Jazzlabel unter Vertrag genommen und mit ein paar Haudegen des Modern Mainstream zusammengebracht. An seiner Seite geben sich neben seinen ständigen Begleitern Andreas Öberg und Christoph Huber an Gitarre und Schlagzeug unter anderem der Gitarrist Pat Martino, der Saxofonist Gary Meek und James Genus am Bass die Ehre. Dementsprechend souverän klingt das Album, solide modern und zugleich traditionell genug, um niemanden aus der tendenziell konservativen Orgelszene zu verprellen. Das swingt und flockt, beschreitet unauffällig, aber elegant auch harmoni-


sche Seitenwege und klingt so entspannt, dass amerikanische Pressekollegen bereits jubeln. Für Jermaine Landsberger ist „Gettin’ Blazed“ daher ein großer Schritt nach vorne, auch wenn das Album etwas mehr gestalterischen Mut vertragen hätte. Ralf Dombrowski Ähnlich wie: Joey De Francesco, Eddy Louiss Downloadtipp: „Brazilian People“

der stimmlich weit weniger naturbegabte Landgren, der im Duett bei „The Winner Takes It All“ die großen Emotionen erzeugt. Christian Stolberg

Joachim Kühn „Chalaba“ ACT/Edel VÖ 25.2.

Jessica Pilnäs „Bitter And Sweet“ ACT/Edel: Kultur

[Vocal Jazz] Mit einer Kompilation ganz spezieller Art startet die schwedische Sängerin Jessica Pilnäs in ihre dritte Karriere: Die 31jährige fühlte sich bei ihrem ersten Einstieg in die Musikbranche in diversen PopProjekten verheizt, zog sich enttäuscht erst einmal aus dem Showbiz zurück und absolvierte ein Medizinstudium. Doch über die Jahre versuchten Größen der schwedischen Jazzszene wie der Posaunist Nils Landgren immer wieder, Jessica zurück in die Szene zu locken, indem sie mit ihr Aufnahmen einspielten. Die bilden jetzt das Rückgrat ihres ersten nach eigenen Vorstellungen gestalteten Albums. Das kommt jetzt als eine Art Konzeptwerk über die süßen wie die bitteren Seiten der Liebe daher und setzt sich in etwa hälftig aus dezent jazzigen Covers großer Popklassiker („There Must Be An Angel“ von Eurythmics, „Bridge Over Troubled Water“ von Simon & Garfunkel, „Don’t Dream It’s Over“ von Crowded House sowie Abbas „The Winner Takes It All“) und überwiegend balladeskem neuem Material zusammen. Pilnäs überzeugt mit ihrer sanften und doch tragfähigen Altstimme dabei sängerisch durchwegs, doch es ist

[World Jazz] Joachim Kühn ist auch schon Mitte 60 und hat unzählige Jazzsessions mit Ornette Coleman oder Stan Getz hinter sich. Doch seine Highspeed-Klavierfinger sind einfach weiterhin in Topform. Beste Voraussetzungen also für ein musikalisches Wüstenrennen der Extraklasse. Mit am Start: der marokkanische Guembri-Bassist, Oud-Virtuose und Sänger Majid Bakkas sowie der spanische Schlagzeugderwisch Ramon Lopez. Und egal, welche Richtung die Drei da zwischen Orient und Okzident, zwischen Nordafrika und Mali einschlagen – selten wurden die Grenzen zwischen stammesrituellen Gesängen und Rock-JazzPower, zwischen Weltmusik und Modern Jazz so kühn und federleicht zugleich pulverisiert. Am Ende dieses Rennens gibt es nur vier Gewinner: es sind die drei Musiker und ihr Fan! Guido Fischer Joachim Kühn über Majid Bekkas: „Sein Bass-Spiel macht mich zurzeit mehr an als das von klassischen Bassisten.“

Robin McKelle „Mess Around“ Doxie/Sony [Soul-Jazz] Bislang stand Robin McKelle mit ihrer rassig-robusten

Röhre eher für fetten BigbandSound. Doch die Amerikanerin hat mehr als nur Swing im Blut. Auf ihrem dritten Album zieht die Vollblutsängerin alle Black-Music-Register. Und dafür hat sie sogar Funk-Ikone Fred Wesley als Co-Arrangeur gewinnen kön­ nen. Aber nicht nur R&B-Klassiker wie die einst von Ray Charles besungene „Lonely Avenue“ vibrieren jetzt kräftig im Retro-Style. Plötzlich kommt Leonhard Cohens „Everybody Knows“ als Motown-Hymne um die Ecke. Und selbst die Beatles-Ballade „Eleanor Rigby“ schickt McKelle jetzt groovend auf die Tanzfläche. Zusammen mit ihrer Spitzenband, die dafür locker aus dem Handgelenk die Bläsersätze aus dem James-Brown-Knaller „Cold Sweat“ einstreut. Good Old Times anno 2011! Reinhard Lemelle O-Ton der Künstlerin: „Das Album besitzt dieses 60er-Jahre-Feeling, das etwa von Ray Charles und Nina Simone geprägt wurde.“

Trilok Gurtu with Simon Phillips & NDR Bigband „21 Spices“ Art Of Groove/Indigo

[Bigband-Jazz] Als hochvirtuoser Perkussionist mit einem ungewöhnlich zusammengestellten Instrumentarium und als wendiger Wanderer zwischen Jazz und Weltmusik ist Trilok Gurtu seit anderthalb Jahrzehnten international bestens etabliert. Nun macht der indische Musiker auch noch in einem neuen Kontext Furore: Sieben seiner Kompositionen dienen auf „21 Spices“ der superben NDR-Bigband und Topsolisten wie dem Rockdrummer Simon Phillips (Toto, The Who) und dem Bassisten Michel Alibo für ein Feuerwerk in Sachen moderner Bigband-Fusion. Vol-

ler exotischer Rhythmen, reizvoller Klangmischungen, wahrlich „würziger“ Melodien und Motive, und mit atemberaubenden Soli fesselt diese temperamentvolle Ost-West-Begegnung wie schon lange kein Bigband-Album mehr! Raoul Gulbenkian Info: Simon Phillips ist einer der weltweit gefragtesten Rockdrummer, spielte unter anderem mit Toto und The Who.

Martin Seeliger & Many Moons „Remember Your Dreams“ Many Moons Records/ Galileo

[Weltmusik/Jazz] Ein kleines Paradies der musikalischen Gelassenheit hat der Münchner Saxofonist Martin Seeliger mit seiner Gruppe Many Moons nebst einigen Gästen auf seinem Album „Remember Your Dreams“ geschaffen. Vom relaxten Pianosolo zu Beginn des Openers „Fly High“ bis zum bluesigen Ausklang „Friends“ schert man sich hier wenig um Formatzwänge, stattdessen stehen in den elf Tracks erdverbundene Musikalität und warmes Gefühl im Mittelpunkt. Im Titeltrack fühlt man sich als Hörer angenehm an die Weltmusik-Pioniertaten der Gruppe Oregon erinnert, immer wieder weht auch der naturnahe Geist des viel zu früh verstorbenen Jim Pepper durch die Musik (etwa in der countryesken Ballade „Why Me“). Aber egal woher die stilistischen Anleihen kommen, ob aus dem Orient („Moon Ra“) oder vom Mississippi (in „Den Tiger reiten“), ob Sax, Gesang, Didgeridoo oder Oboe im Vordergrund stehen – alles klingt organisch und beseelt. Felix Marondel Weiterhören: Barbara Theiss & Rejoyce „Roots & Wings“ (Silenzio)

37


schatzkiste Weltweit der bekannteste Interpret indischer Musik: Ravi Shankar

Jordi Savall „Dinastia Borgia“

Ravi Shankar - George Harrison „Collaborations“ rhino/warner music Dass der „stille Beatle“ George Harrison eine Vorliebe für indische Musik (und deren typischstes Instrument, die Sitar) hatte, ist zumindest dem Großteil der Fab-Four-Fans in aller Welt bekannt. Der große Lehrmeister des jungen Musikers aus Liverpool war der Sitar-Virtuose und Orchesterleiter Ravi Shankar. Der feierte 2010 seinen 90. Geburtstag – zu diesem Anlass erschien jetzt etwas verspätet eine aufwendig gestaltete CD-Box, die die ungewöhnliche Zusammenarbeit des indischen Meisters und des Popstars do-

kumentiert. Die Box enthält drei Audio-CDs, eine DVD und ein Buch. 1973 hatte Shankar einen Vertrag bei Harrisons Plattenlabel Dark Horse unterzeichnet, dem schließlich die Alben „Shankar Family & Friends“ (1974) und „Music Festival From India“ (1976) entsprangen. Am ersten Album wirkten neben Harrison auch andere westliche Musiker wie Ringo Starr, Jim Keltner und Billy Preston mit, „Music Festival From India“ wiederum ist der von Harrison produzierte Mitschnitt eines Konzerts, für das der Beatle zu Wohltätigkeitszwecken Ravi Shankar mit einem 17köpfigen Orchester in die Londoner Royal Albert Hall gebracht hatte. 1997 schließlich produzierte Harrison das Album „Chants Of India“, für das Ravi Shankar Musik zu traditionsreichen Sanskrit-Chorälen komponierte. Die DVD enthält Bewegtbilder aus der Royal Albert Hall. (RGU)

Alia Vox/harmonia mundi

Diverse „Adagio – Musik für die Seele“

Hätte es schon damals die Yellow Press gegeben – der Borgia-Clan wäre ständig Topthema gewesen. In vier Generationen stellte man nicht nur den Papst, führte Kreuzzüge und förderte Genies wie Leonardo da Vinci. Zugleich frönte man einem ausschweifenden Sexualleben inkl. Inzucht. Anlässlich des 500. Geburtstags des letzten Borgia-Sprosses Francesco hat der Alte-Musik-Doyen Jordi Savall nun ein Klangporträt dieser schrillen Familie und der Renaissance eingespielt. Anhand geistlicher Trauer-Gesänge und schmissiger Unterhaltungsliedern, bedrohlichen Kriegsrhythmen und stolzen Fanfaren. Und mit seinem eingespielten Musiker-Clan (u. a. Hespèrion XXI) versetzt Savall so die abenteuerlichen Lebensstationen der Borgias in geradezu atemberaubend authentische Schwingungen. Guido Fischer

sony classical

Besonderheit: Die drei CDs samt einer BonusDVD stecken in einem reich bebilderten, fast 400 Seiten starken Buch.

38

Wenn der Winter schier nicht endet, der Frühling noch weit weg scheint und der Vitamin-D-Mangel aufs Gemüt schlägt – dann darf man behutsam mit sich umgehen. „Behutsam“, das ist auch die ursprüngliche Bedeutung einer der wichtigsten Tempobezeichnungen in der klassischen Musik: „adagio“. 20 berühmte Adagios von Komponisten wie Bach, Beethoven, Mozart bis Vaughan Williams („Fantasia On Greensleeves“), in erstklassiger Tonqualität eingespielt von den besten Orchestern der Welt, finden sich auf der Doppel-CD „Adagio – Musik für die Seele“ – unsere Empfehlung fürs Durchalten bis zum Frühling. (RGU)


Thin Lizzy „Jailbreak“ „Live & Dangerous“ „Johnny The Fox“ – Deluxe-Versionen Mercury/Universal

Als Irland noch Irland war und kein zerlumpter Selbstbedienungsladen für Banken mit Rauchverbot, Kasperlregierung und einer Bevölkerung, deren legendäre Renitenz zu totaler Apathie verkommen ist, wurde die Rockmusik des Landes auch noch nicht von lullenden Jammerlappen bestimmt, sondern wesentlich von einem Mann, der nicht nur Angehöriger des knappen Prozents der irischen Bevölkerung mit dunkler Hautfarbe, sondern der wahrscheinlich einzige echte Rocker seines Landes war: Phil Lynott, vor einem Vierteljahrhundert mit 36 Jahren an sich selbst, dem Leben und der Welt zugrunde gegangen, wurde postum zum Nationalhelden, dessen per-

sönlicher Nachruhm das Schaffen seiner Band überstrahlt, die nur (!) deswegen bis heute nicht in einem Atemzug mit Led Zeppelin, AC/DC, den Rolling Stones oder, wenn‘s sein muß, U2 oder der Jimi Hendrix Experience genannt wird. Verdient hätten es Thin Lizzy gehabt; aber: falscher Ort, falsche Zeit. Dem zufälligen Superhit „Whiskey In The Jar“ waren zwei Flop-Alben vorausgegangen, es folgten drei weitere, ehe endlich mit „Jailbreak“ im Frühjahr 1976 der (vorübergehende) Durchbruch gelang. Ihr größter Hit „The Boys Are Back In Town“ war da drauf, und wem bei diesem Titel nicht von selbst die Faust schwillt, der hat einiges zu entdecken: meisterhaftes Songwriting, das sich selbst vor einem Van Morrison nicht schämen muss (man höre: „Running Back“!), hochpoetische Texte, die mitreißende Doppel-Leadgitarre von Gorham und Robertson, ein Wechselbad aus romantischer Verletzlichkeit und der bruta-

len Härte der Straße, die die wildesten Punks in den folgenden Monaten nicht spürbarer in Musik umzusetzen vermochten. Danach ging’s kommerziell stetig bergab, zunächst noch unmerklich: „Johnny The Fox“ (Oktober 1976), während dessen Produktion Lynott an den Folgen einer Hepatitis litt, warf eine Hitsingle („Don’t Believe A Word“), aber keinen Evergreen ab und verliert sich stellenweise etwas im Pathos des Konzepts. Das von Tony Visconti produzierte Doppelalbum „Live & Dangerous“ entstand zu einem guten Teil im Studio und ist dennoch eines der besten Livealben aller Zeiten und für peripher Interessierte nach wie DAS Referenzdokument: So wild, packend und … eben: gefährlich klangen Thin Lizzy danach nie mehr. Die Neuauflagen sind ausführlich und lesenswert kommentiert und hübsch verpackt, zum Livealbum gibt es eine Live-DVD aus dem Londoner Rainbow von 1977. Die Bonustracks beschränken sich jedoch weitestgehend auf Remixe und Radiosessions – da hätte z. B. die Bootlegserie „The Man & His Music“ sicherlich noch manches mehr abgeworfen. Michael Sailer

George Michael „Faith“ (Special Edition) Sony Music Natürlich war George Michael längst international bekannt, als 1987 sein erstes Soloalbum erschien – schließlich hatte er als entscheidende Hälfte des Duos Wham! bereits Millionen von Platten an Teenies verkauft. Doch erst als der Titelsong seines Soloalbums auf diesem unwiderstehlichen Bo-Diddley-Rockabilly-Beat allerorten aus den Radios drang, fiel auch bei den Kritikern, Musikerkollegen und anspruchsvollen Pophörern der Groschen: „Faith“, das Michael selbst

produziert hatte, erreichte auf beiden Seiten des Atlantiks die Spitzen der Charts, warf mit „I Want Your Sex“, „Father Figure“ und „Monkey“ noch weitere Hits ab und etablierte George Michael als musikalisch ernst zu nehmenden Superstar. In der „Special Edition“ kommt das Meisterwerk als Doppel-CD mit diversen Alternate Takes, einer DVD mit Interviews und Videolips sowie einem 40seitigen Booklet. (CST)

19.03.11 Hamburg Laeiszhalle Tickets 040 - 413 22 60

29.03.11 Frankfurt Alte Oper Tickets 069 - 134 00

02.04. 02.04.11 Bremen Glocke

Tickets 0421 - 33 66 99

03.04.11 Mülheim Stadthalle

Tickets 01805 - 28 01 23

08.04.11 Stuttgart Theaterhaus Tickets 0711 - 402 07 20

09.04.11 Karlsruhe Tollhaus

Tickets: 07 21 - 96 40 50

39

www. bremme-hohensee.de info: 06221 - 256 72


Mediamix

Gerald Scarfe, geboren 1936 in London, ist ein englischer Karikaturist, unter anderem für die New York Times und die Sunday Times, Kostüm- und Bühnenbildner

40

Foto: James Christie

Pink, die Hauptfigur, erzählt im Song „Comfortably Numb“ von genau jenem Zustand


Gesamtkunstwerk Ein Bildband würdigt die Arbeit des Künstlers Gerald Scarfe für Pink Floyds „The Wall“

Links: Richter und Staatsanwalt halten Gericht über die Hauptfigur Pink. Die Gerichtsszene ist der Höhepunkt des Films und führt zum „Breakdown“ der Mauer

BUCH: Gerald Scarfe „The Making Of Pink Floyd – The Wall“ edel – 256 seiten, 29,95 €

1979 gelang Pink Floyd ihr größter Streich: Mit mehr als 30 Millionen verkauften Exemplaren sollte ihre Konzeptplatte „The Wall“ schließlich zum meistverkauften Doppelalbum aller Zeiten werden. Roger Waters‘ autobiografisch gefärbte Story thematisierte die Einsamkeit des Menschen in der Massengesellschaft. Wichtiger Baustein des Floyd‘schen Gesamt-

kunstwerks war auch das Design von Gerald Scarfe, vom LP-Cover- und der Bookletgestaltung über das Bühnenbild der legendären Liveshows, die Zeichentrickmusikvideos bis hin zur Entwicklung des Storyboards für den legendären Film. In dem Buch „The Making Of Pink Floyd – The Wall“ beschreibt Gerald Scarfe informativ und gleichzeitig unterhaltsam die sehr enge Zusammenarbeit. Es enthält zahlreiche bisher unveröffentlichte Zeichnungen, Fotografien und Skizzen, Kommentare der Bandmitglieder und ein Vorwort von Bassist und Sänger Roger Waters.

Rechts: Die Figur des Lehrers für „Another Brick In The Wall“ wurde für die Bühnenshow als überlebensgroße Puppe nachgebaut

Scarfe schuf auch das Cover-Artwork und Poster des Albums

41


Mediamix

In den La-Frette-Studios in Frankreich fand Leslie Feist Wohnzimmeratmosphäre vor

DVD: Feist „Look At What The Light Did Now“ Polydor / Universal

[Pop] „Wenn deine Musik plötzlich ein größeres Publikum findet, wird alles, was du tust und von dir gibst, auf die eine oder andere Weise verstärkt und vergrößert – du musst höllisch aufpassen, dass es dabei nicht völlig entstellt wird, dass deine ursprünglichen künstlerischen Absichten in diesem Prozess nicht völlig untergehen“ – Leslie Feist, die 33jährige Songstress aus Amherst in der kanadischen Provinz Nova Scotia weiß, wovon sie redet: die Mitgründerin der kanadischen Indie-Sensation Broken Social Scene hat sich als Solokünstlerin in den letzten Jahren auf beiden Seiten des Atlantiks mit (zu Funk und Jazz hin offenem) urbanem Folk eine Hörerschaft erspielt, die über die typischen Indie-Zirkel weit hinausgeht. Mit ihrem Grammy-nominierten Album „The Reminder“

42

(2007), der (auch in einer iPod-Werbekampagne eingesetzten) Single „1234“ und einer Welttournee, die sich schließlich bis 2009 hineinzog, geriet Feist in eine Welt aus großen Tourbussen, großen Hallen und Gastauftritten in der „Muppet Show“ und „Saturday Night Live“. In dieser Zeit entstand auch der Film „Look At What The Light Did Now“, der im Herbst stark beachtet auf renommierten Filmfestivals lief und jetzt auf DVD erscheint. Regisseur Anthony Seck beobachtet darin mit gleichzeitig dokumentarisch präzisem und doch poetischem Blick, wie Feist versucht, den neuen Verhältnissen gerecht zu werden und gleichzeitig ihre Indie-Philosophie zu bewahren, die persönlichen künstlerischen Ausdruck vor die perfektionistischen Überwältigungsstrategien stellt, die mit großen Budgets ausgestattete Major-Acts gemeinhin anwenden, um ihr Publikum bei der Stange zu halten. Der sehenswerte Film spiegelt dieses Ringen wider, indem

er die Entstehungsbedingungen des Albums und die Vorbereitungen zur Tournee thematisiert . Dabei lernt man Leslie Feist als konzeptionell denkende Künstlerin kennen, die Covers, Fotos, Videos, Bühnendekos etc. als integrale Bestandteile ihrer Kunst empfindet. Gleichzeitig bezieht sie Mitstreiter wie die bildende Künstlerin Clea Minaker, die Fotografin Mary Rozzi, den Videoregisseur Patrick Daughter sowie ihre Co-Produzenten Gonzalez und Mocky vertrauensvoll in ihre Arbeit mit ein. „Leslie versucht, den künstlerischen Prozess zu einer gemeinschaftlichen Sache zu machen, die allen Beteiligten auch Spaß bringt, ohne dabei ihre persönliche Vision zu verlieren“, attestiert Chilly Gonzalez. Und damit erscheint, auch wenn sie rein musikalisch wenig gemein haben, die junge Kanadierin in mancherlei Hinsicht wie eine geistige Erbin von Joni Mitchell. Christian Stolberg Ergänzt: Feist „The Reminder“ (PIAS/RTD)


DVD: Julien Temple „Oil City Confidential“ Cadiz Music Manche Dinge werden von der Geschichte verschluckt; Gerechtigkeit gibt es dabei nicht. Beispiele von Bands, die im historischen Gulli verschwunden sind, während erbärmlichere Rivalen die Stadien füllen, gibt es zuhauf, aber kaum eines ist so frappant wie das von Dr. Feelgood, die für kurze Zeit sogar eine Art heilige Dreifaltigkeit mit den Sex Pistols und The Clash bildeten. 1975: das Jahr, in dem Prog- und Art-Rock den Gipfel des Mount Schwulst erreichten und faulig zu riechen begannen; dem Glamrock ging es kaum besser, Punk gab es nur als Gerücht. Da kamen Dr. Feelgood gerade recht. Sie trugen alte Anzüge, ließen sich nur schwarzweiß photographieren und sagten über die Popmusik ihrer Zeit: „Das klingt wie einem Computer aus dem Arsch gekrochen. Ich möchte richtige Instrumente hören, richtige Stimmen, keinen beschissenen Halleluja-Chor!“ Sänger Lee Brilleaux bewahrte seine Mundharmonikas in vollen Bierbechern auf, damit sie nicht verrosteten; Gitarrist Wilko Johnson wirbelte wie ein irregewordener Roboter über die Bühne. Sie hatten drei Jahre Ochsentour hinter sich, als im August 1974 ihr erstes Album

DVD & BLU-RAY: Heart „Night At Sky Church“ Eagle Vision/Eagle Rock/Edel

Im vergangenen Jahrzehnt waren Heart zumindest in Europa ziemlich unsichtbar. Das ist insofern schade, weil sich die Band um die beiden Schwestern Ann und Nancy Wilson nach ihrem kreativen Höhenflug in den 70ern und dem kommerziellen Höhepunkt in den 80ern zuletzt wieder auf das besonnen hat, was sie am besten kann: eine Led-Zeppelingeschwängerte Fusion von Hardrock und Folk. Das kann man auf dem 2010 erschienenen, großartigen Album „Red Velvet Car“ nachhören und nun auch visuell überprüfen. „Night At Sky Church“ wurde im März 2010 in der Heart-Heimat Seattle aufgezeichnet. Mit Gästen wie Alison Krauss zeigt die Band, dass ihre Klassiker wie „Barracuda“ oder „Magic Man“ fernab vom OldieZirkus frisch und frech klingen können. Noch besser ist nur noch die News, dass Heart 2011 nach jahrzehntelanger Abstinenz auch wieder in Deutschland touren wollen. Heiko Große Weitersehen: die Heart-DVDs „The Road Home“ (1995), „Alive In Seattle“ (2002), „Dreamboat Annie – Live” (2007)

Julien Temples Blick auf Dr. Feelgood ist liebevoll

BUCH: Uwe Schleifenbaum „She Loves You. Beatles, Stones & der ganze Rest“ Eagle Vision/Eagle Rock/Edel

„Down By The Jetty“ erschien, ein Kinnhaken für die verzärtelte Konkurrenz. „Malpractice“ (Oktober 1975) war kaum weniger wild und brutal, und jetzt war die Zeit reif: Die Platte löste einen regelrechten Pubrock-Boom aus. Das Livealbum „Stupidity“ schoss aus dem Stand an die Spitze der britischen Charts, was seit den Beatles nicht mehr passiert war. Anderswo liefen Dr. Feelgood unter „Punk“ – verzeihlich, denn so viel Energie, Dampf und Wut wie die vier Männer aus Canvey Island hatte kaum jemand sonst zu bieten. Näher kam die knochige Faust erdiger Biermusik der Ewigkeit nur noch einmal: bei AC/DC, die heute sind, was Dr. Feelgood sein müssten. Julien Temples Film – nicht umsonst Abschluss einer Trilogie, deren Teile eins und zwei den Sex Pistols bzw. Joe Strummer (The Clash) gewidmet waren – fasst das Phänomen zusammen, straßenschmutzig, mitreißend, informativ und sehnsuchtsträchtig: Musik wie diese wird heute nicht mehr gemacht, und ihre damalige Bedeutung wird sie nie mehr haben. Stoßen wir an auf den armen, großen Lee Brilleaux, der am 7. April 1994 an Kehlkopfkrebs starb, auf die unvergesslichen Zeiten, als Rock ’n’ Roll noch Rock ’n’ Roll war – laut, schnell, böse und geil. (MSA) Weitersehen: „Slade In Flame“ und „Rude Boy“ (The Clash)

Da kommt ein eigentlich sehr lesenswertes Buch, das inhaltlich und sprachlich ausgesprochen farbig über ein schillerndes Jahrzehnt erzählt, leider ziemlich bieder gewandet daher, und auch sein Titel führt zunächst etwas in die Irre: „She Loves You“ ist nämlich nicht das 1000. Buch über die Fab Four. U w e S c h le i fe n b a u m , Redakteur beim „Classic Rock Magazin“, liefert auch keine Bandhistorie irgendeiner anderen Sixtieskapelle. Was er vorhatte, bezeichnet der Autor in seinem Vorwort mit argem Understatement als „Appetitanreger auf die Popmusik der 60er.“ Als solcher funktioniert der Band auch durchaus prächtig – aber leistet eben noch eine ganze Menge mehr: Mit enormer Sachkenntnis entfaltet

Schleifenbaum hier eine Gesamtschau der Popkultur der 60er, die von den Teddy Boys über die sexuelle Revolution bis zur Erkundung des Weltalls keinen wesentlichen Aspekt auslässt. Angenehmerweise kommt die Faktenfülle und sehr systematische Betrachtung in unterhaltsamem Gewand daher – der leise Humor des Autors zieht den Leser so unmerklich in seinen Sog, dass dieser vor lauter Lesevergnügen gar nicht merkt, wie er schlauer wird. Schade, dass man der braven Optik des Bandes nicht anmerkt, dass es in den 60ern auch grafisch eine Poprevolution gegeben hat. Weiterlesen: Thomas Crow „Die Kunst der Sechziger Jahre“ (DuMont Reiseverlag, 1999)

43


tourneen POP, Rock & co Alle Tourneedaten fortlaufend aktualisiert und mit genauen Ortsangaben finden Sie unter sonomagazin.de

A Bryan Adams 12.6. Berlin 17.6. M‘gladbach 18.6. Oberursel 8.7. Bad Mergentheim 17.7. München Adele 26.3. Hamburg 27.3. Berlin 29.3. München 7.4. Köln Adoro 11.2. Berlin 12.2. Bielefeld

14.2. Hamburg 15.2. Hannover 16.2. Bremen 17.2. Oberhausen 19.2. Magdeburg 20.2. Rostock 22.2. Passau 23.2. Frankfurt 25.2. Flensburg 26.2. Emden 27.2. Koblenz 1.3. Nürnberg 2.3. München 3.3. Karlsruhe 5.3. Stuttgart 6.3. Freiburg 8.3. Dresden Anajo 2.3. Frankfurt 3.3. Essen 4.3. Hamburg 5.3. Bremen 7.3. Köln 9.3. Hannover 11.3. Magdeburg 12.3. Berlin 13.3. Leipzig 17.3. Bamberg 18.3. Augsburg

19.3. Traunstein 24.3. Ingolstadt 25.3. Freiburg 26.3. München

Citizen Cope 6.2. Berlin 9.2. München 10.2. Köln

Pat Appleton 6.4. Stuttgart 8.4. Frankfurt 9.4. Bonn

d

b Bap 11.6. Wolfhagen 15.6. Oberursel 17.6. Hamburg 18.6. Bremerhaven 9.7. Freiburg 15.7. Stuttgart 16.7. Singen 30.7. Lauchheim 31.7. Kaltenberg 6.8. Trier 12.8. Schwetzingen 20.8. Spalt 21.8. ArnsbergHerdringen 24.8. Bochum 25.8. Nideggen 26.8. Bad Brückenau 27.8. Rietberg Belle And Sebastian 5.4. Hamburg 6.4. Berlin 8.4. Köln 15.4. München Aloe Blacc 30.3. Köln 31.3. Berlin 1.4. Dresden 12.4. Frankfurt 13.4. Hamburg The Black Keys 19.3. Köln 20.3. Hamburg 22.3. Berlin 23.3. München

Wolf Maahn Dass es in der Arktis gelinde gesagt „frisch“ ist, wusste man. Dass sich ein Trip in die Arktis auch erfrischend auf langjährige Deutschrocker-Karrieren auswirken kann, lernen wir derzeit: Wolf Maahn hat jüngst eine solche Reise in die Arktis unternommen – kurz danach spielte er ein neues Studioalbum mit dem Titel „Vereinigte Staaten“ ein, und das hat musikalisch und textlich viel mehr Biss als so ziemlich alles, was wir im Jahrzehnt davor von Maahn gehört hatten - selbst wenn mal ein Reggae-Groove angeschlagen wird, Kein Wunder, dass Maahns Tournee aus dem vergangenen Jahr nun wegen großer Nachfrage fortgesetzt wird. Tournee von 18.2.2011 bis 7.5.2011 www.eventim.de

44

James Blunt 17.3. Nürnberg 18.3. Erfurt 19.3. Berlin 21.3. Stuttgart 23.3. München 24.3. Frankfurt 26.3. Hannover 28.3. Hamburg 29.3. Oberhausen 30.3. Köln Bon Jovi 10.6. Dresden 12.6. München 13.7. Düsseldorf 16.7. Mannheim

c Paul Carrack 5.4. Aschaffenburg 6.4. Lorsch 8.4. Winterbach 9.4. Lahr

Chris De Burgh 25.3. Saarbrücken 26.3. Köln 28.3. Berlin 30.3. Frankfurt 1.4. Mannheim 2.4. Stuttgart 6.4. München 7.4. Leipzig 9.4. Hamburg 10.4. Bremen 12.4. Dortmund 15.9. Kempten 16.9. Augsburg 21.9. Rostock 23.9. Kiel 24.9. Hannover 26.9. Alsfeld 27.9. Koblenz 29.9. Düsseldorf 30.9. Münster 3.10. Dresden 4.10. Erfurt

e Element of Crime 11.2. Erfurt 12.2. Mannheim 14.2. Saarbrücken 15.2. Düsseldorf 16.2. Halle 17.2. Magdeburg 18.2. Hildesheim 19.2. Oldenburg Erste Allgemeine Verunsicherung 7.5. Egmating 18.5. Durach 3.7. Kemnath 7.7. München 8.7. Ehingen 9.7. Lohr am Main 24.7. Winterbach 25.7. Knetzgau 5.8. Traunreut 13.8. Spremberg 26.8. Altusried

f Die Fantastischen Vier 15.6. Mönchengladbach 25.6. Burghausen 24.7. CuxhafenNordholz 6.8. Anröchte 10.9. St. Goarshausen 13.12. Münster 14.12. Düsseldorf 16.12. Leipzig 17.12. Braunschweig 18.12. Augsburg 21.12. Regensburg 22.12. Stuttgart

Trans-Siberian Orchestra Das Trans-Siberian Orchestra (TSO) wurde 1995 von Mitgliedern der US-Metal-Band Savatage gegründet, die sich mit Bearbeitungen klassischer Stücke einen Namen gemacht hatte. Das TSO hat sich auf Rockmusicals spezialisiert, mit denen es alljährlich mit riesigem Erfolg durch die USA tourt. Dabei wird ein Showarsenal aufgefahren, das rund 20 Millionen Dollar Produktionskosten verursacht. In Deutschland stellt das TSO seine Produktion „Beethoven’s Last Night“ vor. Mit dabei: ein achtköpfiges Streicherensemble, Go-Go-Tänzerinnen und Broadway-Darsteller. Tournee von 16.3.2011 bis 24.3.2011 www.modernewelt.de

Fjarill 19.2. Düsseldorf 17.3. Halle 18.3. Jena 1.4. Köln

16.6. Leipzig 18.6. Wien 19.6. Klagenfurt 21.6. München 23.6. Bern

Ben Folds 28.2. Hamburg 3.3. Berlin 4.3. München 8.3. Köln

Gregorian 10.2. Oberhausen 11.2. Wuppertal 12.2. Bochum 13.2. München 15.2. Frankfurt 16.2. Erfurt 17.2. Berlin 18.2. Halle 19.2. Dresden 20.2. Leipzig 22.2. Chemnitz

g David Garrett 18.5. Hannover 20.5. Bad Segeberg 8.6. Bremen 12.6. Stuttgart 14.6. Wiesbaden 17.6. Ludwigslust 25.6. Erfurt 26.6. Dresden 28.6. Halle Herbert Grönemeyer 31.5. Rostock 1.6. Hamburg 4.6. Hannover 5.6. Berlin 7.6. Gelsenkirchen 8.6. Düsseldorf 11.6. Frankfurt 13.6. Köln 14.6. Stuttgart

h Haindling 20.5. Nürnberg 6.6. Grafing 23.6. Vilsbiburg 30.6. Neurandsberg 1.7. Aschau 2.7. Weßling 3.7. Rehling 9.7. Parkstein 10.7. Schärding 15.7. Tambach 22.7. Weißenburg 24.7. Knetzgau 29.7. Töging


Seit 3. Februar in allen guten CD- und Ticket-Shops sowie in Opern-und Konzerthäusern, auf Festivals, in ausgesuchten Cafés und Bistros.

Mit CD auch im Abo für Euro 24,- p.a. erhältlich auf www.rondomagazin.de


30.7. Schloß Kaltenberg 31.7. Pfaffenhofen a.d. Ilm

18.6. Berlin 19.6. Köln 21.6. Hannover 22.6. Mannheim

Roger Hodgson 8.3. Frankfurt 29.7. Lauchheim

k

The Human League 18.4. Köln 20.4. Hamburg 23.4. Berlin 24.4. Leipzig 25.4. Stuttgart Hurts 8.3. Hamburg 9.3. Neu-Isenburg 11.3. Dresden 12.3. Berlin 16.3. München 17.3. Köln

i In Extremo 23.2. Aschaffenburg 24.2. Jena 25.2. Augsburg 26.2. Bochum 27.2. Hamburg 7.4. Köln 8.4. Giessen 9.4. Ludwigsburg 13.4. München 14.4. St. Ingbert 15.4. Hannover 16.4. Magdeburg 17.4. Bielefeld 19.4. Rostock 20.4. Bremen 21.4. Siegen 22.4. Berlin 26.4. Singen 27.4. Fürth 28.4. Leipzig 30.4. Erfurt Interpol 3.3. Hamburg 10.3. Leipzig 12.3. München

j Jamiroquai 21.3. Hamburg 26.3. München 6.4. Stuttgart 8.4. Berlin 12.4. Oberhausen Jean Michel Jarre 31.10. Frankfurt 1.11. Hannover 3.11. Hamburg 4.11. Dortmund 5.11. Köln 7.11. Dresden 8.11. Berlin 9.11. Erfurt 10.11. Trier Elton John 14.6. München 17.6. Leipzig

46

18.3. München 20.3. Hamburg

Ronan Keating 29.7. Dortmund

Münchener Freiheit 9.3. Leipzig 10.3. Magdeburg 11.3. Greifswald 12.3. Kassel 17.3. Göttingen 18.3. Halle/Westf. 19.3. Niedernhausen 20.3. Bochum 22.3. Ulm

l

Katie Melua 5.4. Braunschweig

Lena 13.4. Berlin 14.4. Hannover 15.4. Frankfurt 19.4. Dortmund 20.4. Hamburg 21.4. Leipzig 27.4. München 28.4. Stuttgart 29.4. Köln

Mike & The Mechanics 1.6. Duisburg 2.6. Karlsruhe 4.6. Leipzig 5.6. Berlin 6.6. Hamburg 8.6. Niedernhausen 9.6. München

Kaizers Orchestra 2.4. Wien

Annett Louisan 2.3. Hamburg 3.3. Berlin

m M. Walking On The Water 15.3. Bremen 16.3. Hamburg 17.3. Wuppertal 18.3. Krefeld 19.3. Osnabrück 24.3. Mainz 25.3. Erlangen 26.3. München 14.4. Münster 15.4. Ludwigsburg 16.4. Weinheim 17.4. Köln Wolf Maahn 22.2. Wien 4.3. Potsdam 5.3. Bremen 12.3. Freyburg 25.3. Bad Arolsen 7.5. Düsseldorf Peter Maffay 21.5. Bad Segeberg 24.5. Hannover 25.5. Dortmund 28.5. Berlin 29.5. Magdeburg 31.5. Mannheim 1.6. Oberhausen 16.6. Wiesbaden 17.6. Halle/West­ falen 18.6. Ludwigslust 21.6. München 22.6. Nürnberg 24.6. Erfurt 25.6. Dresden Bruno Mars 3.3. Berlin 7.3. Stuttgart 17.3. Köln

Mogwai 6.3. Frankfurt 7.3. München 14.3. Köln 28.3. Hamburg 29.3. Berlin Max Mutzke 13.2. Nürnberg 14.2. München 15.2. Baden 17.2. Freiburg 18.2. Stuttgart 19.2. Kaiserslautern 20.2. Aschaffenburg 22.2. Köln 23.2. Hamburg 24.2. Hannover 25.2. Berlin

n The National 25.2. Berlin Nena 14.5. Bad Segeberg 11.6. Wiener Neustadt 9.7. Gotha

o Johannes Oerding 18.3. Recklinghausen 19.3. Münster 24.3. Worpswede 25.3. Hannover 27.3. Kassel 28.3. München 30.3. Frankfurt 1.4. Dresden 2.4. Berlin 5.4. Geldern 7.4. Köln 8.4. Düsseldorf 14.4. Wilhelmshafen 15.4. Kiel 16.4. Hamburg

Auch ohne LipGloss eine Wucht: Carlisle

B li c k z u rü c k :

Kein Go-Go-Girl mehr Belinda Carlisle Zeche, Bochum Irgendwann in den späten 80ern: Ein junger Musikfan aus Bochum will unbedingt nach Frankfurt, zum einzigen Deutschlandkonzert von Belinda Carlisle. Groß ist die Enttäuschung für den Belinda-Bewunderer (man ahnt: der Autor dieser Zeilen), als die Show abgesagt wird. Mehr als 20 Jahre später: Die mittlerweile 52jährige tritt nach jahrzehntelanger deutscher Live-Abstinenz ausgerechnet in Bochum auf – dumm nur, dass es den Autor inzwischen in südlichere Gefilde verschlagen hat. Die Befürchtung, dass aus der langen Anreise eine reine Zeitreise wird, zerschlägt Belinda Carlisle jedoch bereits mit den ersten Songs auf der Bühne der Zeche. Befreit vom LipGloss der 80er Jahre und den aufwendigen Studioproduktionen zeigt sich, dass Klassiker wie „Runaway Horses“, „Leave A Light On“, „Live Your Life Be Free“ und „Heaven Is A Place On Earth“ einfach großartige

(Pop-)Songs sind, die in den LiveArrangements der hervorragenden, sechsköpfigen Band neu aufblühen. In den knapp 90 Minuten folgt Hit auf Hit, aber die Sängerin mit den vielgerühmten Wangenknochen war schon immer eine Frau, die für alles offen war – und so singt sie, die seit 18 Jahren in Frankreich lebt, auch zwei Songs von ihrem ChansonAlbum „Voilà“: Serge Gainsbourgs „Bonnie Et Clyde“ und Jacques Brels „Ne Me Quitte Pas“. Sie mag keine Edith Piaf sein, aber gerade Carlisles Punkvergangenheit verleiht diesen Stücken eine eigene Note. Apropos Punk: Von ihrer einstigen Band, den Go-Go’s, mit denen sie sich Ende der 70er Jahre an die Spitze der USCharts spielte, stehen mit „We Got The Beat“ und „Our Lips Are Sealed“ auch zwei Hymnen auf der Setlist. Mit diesem Spektrum bietet Belinda Carlisle eine musikalische Reise, die unterhaltsamer war, als es die Strecke Bochum-Frankfurt gewesen wäre, damals in den 80ern. Heiko Große

20.4. Karlsruhe 21.4. Freiburg

p

14.4. Basel 15.4. Krefeld

OMD 22.6. Erfurt 23.6. Leipzig 26.6. Dresden 1.9. Köln 2.9. Hamburg 5.9. Berlin 6.9. Schwerin

The Parlotones 8.4. Magdeburg 9.4. Potsdam 10.4. Hannover 11.4. Aschaffenburg 12.4. Leipzig 13.4. Karlsruhe

Philipp Poisel 7.2. Kassel 8.2. Hannover 9.2. Braunschweig 11.2. Magdeburg 12.2. Bremen 13.2. Hamburg 15.2. Mannheim

Foto: Felix Broede

tourneen POP, Rock & co


tourneen klassik 16.2. Ulm 21.2. München 22.2. Nürnberg 23.2. Dresden 25.2. Potsdam 26.2. Berlin 28.2. Leipzig 1.3. Erfurt 3.3. Stuttgart 17.8. Braunschweig Polarkreis 18 26.3. Erfurt 27.3. Leipzig 29.3. Erlangen 4.4. Köln 5.4. München 6.4. Kaiserslautern 10.4. Krefeld 11.4. Hamburg 13.4. Bielefeld 14.4. Berlin 15.4. Dresden

r David Rhodes 6.3. München 7.3. Berlin 8.3. Hamburg 9.3. Köln 10.3. Dresden Roxette 11.6. Berlin 12.6. Oberursel 15.6. Leipzig 16.6. Köln Rush 29.5. Frankfurt

s Sade 3.5. Hamburg 4.5. Oberhausen 7.5. Stuttgart 12.5. Frankfurt 13.5. Berlin 19.5. München 21.5. Köln Santana 4.6. Leipzig 5.6. Neustadt bei Coburg 6.6. Jüchen bei Neuß 8.6. Hannover Söhne Mannheims 28.2. Mannheim 14.3. Flensburg 15.3. Rostock 17.3. Wels 18.3. Würzburg 19.3. Bozen 22.3. Bielefeld 23.3. Erfurt 10.11. Frankfurt 11.11. Hannover 12.11. Leipzig 14.11. Berlin 15.11. Hamburg 18.11. München 21.11. Köln

22.11. Oberhausen 24.11. Stuttgart

v

Scorpions 22.6. Freiburg 25.6. Papenburg 16.7. Schweinfurt 17.7. Bielefeld

Van Der Graaf Generator 31.3. Berlin 1.4. Hamburg

Simple Minds 21.7. Winterbach 23.7. Dinslaken 26.7. Dortmund Skunk Anansie 15.2. Stuttgart 16.2. München 19.2. Dresden 20.2. Köln 27.2. Hamburg Spider Murphy Gang 4.3. Planegg 5.3. Planegg 9.4. Kleine Scheid­ egg 5.5. Buchenberg 13.5. Hofheim 15.5. Landau i. d. Pfalz 28.5. Embrach 1.6. Farchant 2.6. Auerbach 3.6. Pinzberg 4.6. LaupheimBaustetten 9.6. Halle/Westfalen 10.6. Ergenzingen 11.6. Lienlas 18.6. BobenheimRoxheim 25.6. München

t Take That 22.7. Hamburg 25.7. Düsseldorf 29.7. München Teitur 23.3. Köln 24.3. Erlangen 25.3. Wiesbaden 26.3. Heidelberg 27.3. München 29.3. Hamburg 30.3. Berlin 31.3. Haldern Trans-Siberian Orchestra 17.3. München 19.3. Stuttgart 20.3. Mainz 22.3. Berlin 23.3. Hamburg 24.3. Düsseldorf 6.4. Frankfurt 7.4. München KT Tunstall 22.3. Köln 24.3. Hamburg

Herman van Veen 8.3. Mannheim 16.3. Bonn 26.3. Aachen

w Roger Waters 11.6. Hamburg 16.6. Berlin 20.6. München Tony Joe White 26.2. Hamburg 28.2. Bonn White Lies 25.2. Hamburg 3.3. Berlin 9.3. München 21.3. Köln

Alle Tourneedaten fortlaufend aktualisiert und mit genauen Ortsangaben finden Sie unter sonomagazin.de

A Pierre-Laurent Aimard 16.2. Berlin 21.2. Hamburg 19.3. Dortmund 23.3. Köln 24.3. Essen 26.3. Heidelberg

b Daniel Barenboim 6.3. Hamburg 7.3. Hamburg 9.3. Frankfurt 27.3. Berlin

28.3. Berlin 31.3. Berlin 16.4. Berlin Anna Bonitatibus 5.3. München 8.3. München 11.3. München

c Renaud Capuçon 6.4. Stuttgart 7.4. Heilbronn Ray Chen 19.2. Lille 16.3. Hamburg 17.3. Berlin 19.3. Düsseldorf

d Annette Dasch 14.2. Dresden 1.4. Dortmund 3.4. München

Wir sind Helden 4.3. Dresden 6.3. Solothurn 8.3. Mannheim 9.3. Hohenems 10.3. Würzburg 12.3. Hannover 13.3. Kassel 14.3. Saarbrücken 16.3. Münster 17.3. Bremen 18.3. Kiel 20.3. Rostock 21.3. Potsdam 22.3. Erfurt 9.4. Haus im Ennstal 25.6. Köln 1.7. München Wire 25.2. München 26.2. Berlin 28.2. Köln 1.3. Hamburg

y Yes 29.11. Dresden 30.11. Stuttgart 1.12. Oberhausen 3.12. München Yusuf Islam 10.5. Hamburg 12.5. Oberhausen 14.5. Berlin 17.5. München 29.5. Mannheim

z Zucchero 21.5. München 22.5. Stuttgart 24.5. Berlin

e Quatuor Ebène 20.2. Lörrach 23.2. München 24.2. Polling 26.2. Hamburg 27.2. Duisburg 28.2. Stuttgart

f Fauré Quartett 12.2. Neubeuern 28.2. Tübingen 19.3. Gschwend 20.3. München 25.3. Weiden Julia Fischer 12.2. Freiburg 13.2. Friedrichshafen 16.2. Hannover 17.2. Köln 18.2. Düsseldorf

g Vittorio Grigolo 2.3. Berlin Hélène Grimaud 9.3. München 11.3. München 12.3. München 28.3. Freiburg 29.3. Mannheim 30.3. Stuttgart 31.3. Regensburg

Maximilian Hornung Seit der 24jährige Cellist aus Augsburg 2005 beim Deutschen Musikwettbewerb siegte, entwickelt sich für ihn eine rege Konzerttätigkeit. Er war Gast bei zahlreichen Festivals im In- und Ausland und konzertierte z. B. in der Philharmonie Berlin, dem Konzerthaus Wien, dem Concertgebouw Amsterdam, der Tonhalle Zürich und der Londoner Wigmore Hall. Zu seinen Kammermusikpartnern zählen u. a. Christian Tetzlaff und Mischa Maisky. Kürzlich erschien seine erste CD für Sony Classical, „Jump!“. Im „Hauptberuf“ ist Maximilian Hornung erster Solocellist im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Seine Konzerttermine ab 9. März finden im Rahmen einer Tournee mit AnneSophie Mutter statt. Tournee von 6.2.2011 bis 11.3.2011 www.eventim.de

Martin Grubinger 3.3. Karlsruhe 4.3. Heidelberg 6.3. Mannheim 10.3. Hannover 11.3. Hannover 19.3. Nürnberg 20.3. Nürnberg 27.3. Bielefeld 28.3. Köln 29.3. Düsseldorf

h Thomas Hampson 1.3. Hamburg 4.3. Hamburg 5.3. Bremen 20.3. Heidelberg 23.3. Bayreuth 25.3. München Maximilian Hornung 12.2. Schweinfurt 21.2. München 3.3. Stuttgart 4.3. Bamberg

j Janine Jansen 4.3. Frankfurt 5.3. Frankfurt

47


tourneen jazz & world

Anne-Sophie Mutter 9.3. Rheda-Wiedenbrück 10.3. Essen 11.3. Köln 15.3. Hamburg 16.3. Frankfurt

o

Alison Balsom Alison Balsom, die 32jährige britische Trompeterin, als zweimalige „ECHO Klassik“-Gewinnerin eine der erfolgreichsten Künstlerinnen der jungen Generation, begeisterte letztes Jahr bei ihrem Gastspiel im Berliner Konzerthaus Publikum wie Kritik – und zwar mit Haydns hinreißendem Konzert in Es-dur. Auf ihrem letzten Album „Italian Concertos“ glänzt die Engländerin mit barocken Konzerten: Pompös und stellenweise gar in die Beine gehend, präsentiert sich ihr Spiel technisch ausgefeilt, voll strahlend funkelndem Goldklang und beseelter Kantabilität – mit diesem Programm gastiert die Virtuosin aus Hertfordshire nun in Deutschland. Tournee von 3.4.2011 bis 11.4.2011 www.eventim.de

k Simone Kermes 5.2. Groningen 12.3. Bremen 16.3. Stuttgart

m Mischa Maisky 19.2. Baden-Baden 22.2. Berlin 23.2. München 25.2. Tübingen 26.2. Bielefeld

22.2. Dortmund 23.2. Dortmund 9.3. Nienburg 19.3. Dresden 20.3. Dresden 23.3. Heilbronn 24.3. Kleve 25.3. Berlin Bejun Mehta 3.2. Berlin 8.2. Berlin 10.2. Berlin

Albrecht Mayer 22.3. München 23.3. Berlin 25.3. Nürnberg

Sabine Meyer 27.2. Köln 28.2. Köln 1.3. Köln 6.3. Ittingen 17.3. Donaueschingen 19.3. Leer

Nils Mönkemeyer 11.2. Ansbach 18.2. Bad Homburg

Johannes Moser 25.2. Köln 22.3. Freiburg

48

Alice Sara Ott 9.3. Hamburg 10.3. Aachen 11.3. Stuttgart 12.3. Köln 13.3. Wiesbaden Anne Sofie von Otter 28.3. Berlin 2.4. Hamburg

r Simon Rattle 3.2. Berlin 4.2. Berlin

s Jukka-Pekka Saraste 3.2. Köln 4.2. Köln 18.3. Köln 19.3. Köln Andreas Scholl 20.2. Hannover

t Bryn Terfel 4.3. Hannover Jean-Yves Thibaudet 15.3. Düsseldorf 16.3. Nürnberg

u Mitsuko Uchida 14.3. München 17.3. München 18.3. München 23.3. Hamburg

Alle Tourneedaten fortlaufend aktualisiert und mit genauen Ortsangaben finden Sie unter sonomagazin.de

A John Abercrombie 13.4. Neustadt Woody Allen & His New Orleans Jazz Band 29.3. München 31.3. Frankfurt 1.4. Köln Lydie Auvray 15.2. Oberhausen 16.2. Nürnberg 17.2. Mainz 18.2. Soest 19.2. Langenhagen 20.2. Oldenburg 17.3. Aachen 18.3. Köln 19.3. Augsburg 20.3. Rottweil 31.3. Langenfeld

b Rebekka Bakken 10.3. St. Florian 11.3. Wörgl 12.3. Augsburg 13.3. Halle 15.3. Aschaffenburg 16.3. Dudelange 17.3. Düsseldorf 18.3. Koblenz 19.3. Nürnberg 20.3. Straubing 22.3. Raab 23.3. Gleisdorf 24.3. St. Pölten 25.3. St. Veit an der Glan 27.3. Wals 29.3. Freiburg 30.3. Neckarsulm Maria Baptist Trio 2.3. Dessau 24.3. Frankfurt/Main 15.4. Elmau 16.4. Ulm 6.5. Hamburg 10.5. Rostock 28.5. Erfurt 6.6. Illingen Lisa Bassenge / Jacky Terrasson Trio 11.2. Karlsruhe 12.2. Mannheim 14.2. Stuttgart 15.2. München 16.2. Bonn 17.2. Dortmund 18.2. Düsseldorf 19.2. Mainz 21.2. Berlin

24.2. Kaiserslautern 25.2. Darmstadt 26.2. Hamburg 27.2. Lübeck Beoga 24.2. Baar 25.2. Waiblingen 26.2. Rüsselsheim 27.2. Fulda 28.2. Ingolstadt 1.3. WaldshutTiengen Wolfert Brederode 4.3. München Till Brönner 15.3. Frankfurt 16.3. Heidelberg 19.3. München 20.3. Nürnberg 21.3. Stuttgart 26.3. Düsseldorf 27.3. Bremen 28.3. Hamburg 29.3. Dresden 30.3. Hannover 1.4. Kiel 2.4. Dortmund 4.4. Koblenz 5.4. Lübeck 6.4. Halle 7.4. Braunschweig

8.4. Erfurt 10.4. Berlin

c Che Sudaka 15.2. Frankfurt 16.2. Reutlingen 17.2. Nürnberg 18.2. Karlsruhe 19.2. Heidelberg 27.2. Freiburg Cyminology 16.2. Fürstenfeldbruck 17.2. Gauting 18.2. Berlin 25.2. Stuttgart 26.2. Ravensburg 4.3. Illingen 18.3. Einbeck 24.3. Osnabrück

d DE PHAZZ 28.7. Freisingen Barbara Dennerlein 27.2. Göppingen 19.3. Grünstadt

Julia Hülsmann Trio Die in Bonn geborene Pianistin Julia Hülsmann hat im deutschen Jazz Karriere gemacht wie noch keine andere weibliche Tastenkünstlerin vor ihr. Bundesweit bekannt wurde sie vor allem durch ihre Projekte mit der norwegischen Sängerin Rebekka Bakken, inzwischen preisen sie die Feuilletons als „Feingeist unter den deutschen Jazzpianisten“ (Süddeutsche Zeitung). Ihr Julia Hülsmann Trio mit Marc Muellbauer (Bass) und Heinrich Köbberling (Drums) wird von vielen längst auf Augenhöhe mit Formationen wie (em) oder dem Tord Gustafsen Trio gesehen. Anfang Februar erschien mit „Imprint“ das zweite Album der Wahlberlinerin für ECM. Besprechung unter www.sonomagazin.de Tournee von 10.2.2011 bis 31.3.2011 www.juliahuelsmann.de

Fotos: Volker Beushausen, Chris Dunlop, Alexandre Moulard

Daniel MüllerSchott 28.1. Berlin KMS 13.2. Friedrichshafen 14.2. Stuttgart 15.2. München 16.2. Hannover 17.2. Köln 18.2. Düsseldorf 20.2. Dortmund 21.2. Berlin 22.2. Regensburg 24.2. Hamburg 25.2. Lübeck


6.5. München 20.10. Magdeburg 22.10. Gunzenhausen 17.11. Mannheim Der Rote Bereich 16.2. Nürnberg 17.2. München 18.2. Zoglau 19.2. Dresden Drums United 25.3. Burghausen

e Echoes of Swing 4.2. Oer-Erkenschwick 6.2. Hamminkeln 9.2. Pressath 10.2. Hohenbrunn 11.2. Lörrach 12.2. Aidlingen 20.3. Ulm 13.4. Gießen 14.4. Bad Homburg 15.4. Feuchtwangen 16.4. Reutlingen 26.5. Neubiberg 27.5. Neuburg 29.5. Ratingen Ludovico Einaudi 19.3. Hamburg 29.3. Frankfurt 2.4. Bremen 3.4. Mühlheim 8.4. Stuttgart 9.4. Karlsruhe Kurt Elling 22.3. München 23.3. Wien 26.3. Burghausen 27.3. Basel Philipp van Endert Trio 12.2. Wuppertal 30.3. Neuss 4.4. Freiburg 28.4. Hamburg 29.4. Bremen 15.5. Neuss 8.7. Lüneburg Tommy Emmanuel 18.3. Nürnberg 20.3. Frankfurt 21.3. München 23.3. Bremen 24.3. Düsseldorf 31.3. Stuttgart 4.4. Hamburg 5.4. Braunschweig European Jazz Ensemble 17.3. Bonn 18.3. Viersen 19.3. Eisenach 31.3. Düsseldorf 1.4. Berlin 12.6. Düsseldorf

f Paolo Fresu 27.5. Essen

g Jan Garbarek & Hilliard Ensemble 11.2. Lübeck 12.2. Hannover 13.2. Berlin 18.2. Oldenburg 19.2. Köln 30.4. Gronau 2.5. Marburg 3.5. Dresden 6.5. Halle 7.5. Rheingau 20.5. Speyer 15.7. Trier 16.7. Heidenheim 16.10. Bremen 8.11. Augsburg 9.11. Würzburg 10.11. Nürnberg 12.11. Hamm 13.11. Essen Marla Glen 20.3. Saarbrücken 2.4. Oldenburg 3.4. Berlin 4.4. Nürnberg 7.4. Stuttgart 8.4. Hannover 15.4. Köln 17.4. Darmstadt 18.4. Mannheim 19.4. München 20.4. Freiburg

h Charlie Haden 14.5. Basel Lorenz Hargassner Quartett 6.3. Berlin 8.3. Kassel 10.3. Einbeck 11.3. Walsrode 12.3. Hannover 13.3. Hamburg 14.3. Mannheim Roy Hargrove 19.3. Heppenheim 25.3. St. Ingbert Julia Hülsmann Trio 10.2. Halle 24.2. München 25.2. Leipzig 26.2. Bielefeld 3.3. Berlin 4.3. Kiel 14.3. Freiburg 18.3. Bad Wildungen

Irish Heartbeat: 2Duos, The Sole Mates, The Rapparees 16.3. Aalen-Fachsenfeld 17.3. Leverkusen 18.3. Baden 19.3. Garching 21.3. Eisleben 22.3. Augsburg 23.3. Puchheim 24.3. Reutlingen 25.3. Illingen 26.3. Steinberg

i Dieter Ilg 4.2. Elmau 13.4. Offenburg 14.4. Trier Irish Heartbeat: 2Duos/The Sole Mates/The Rapparees 16.3. Aalen-Fachsenfeld 17.3. Leverkusen 18.3. CH-Baden 19.3. Garching 20.3. Wuppertal 21.3. Eisleben 22.3. Augsburg 23.3. Puchheim 24.3. Reutlingen 25.3. Illingen 26.3. Steinberg

k Manu Katché 16.4. Dogern Caroline Keating 11.2. Baden 12.2. Saarbrücken Edgar Knecht 11.2. Frankfurt 19.2. Wiesbaden 2.4. Minden 27.5. Schwalbach 28.5. EinbeckSülbeck 18.6. Lorch/Rhein 25.6. Hofgeismar Frederik Köster Quartett 26.3. Hamburg 27.3. Berlin 28.3. Leipzig 29.4. Bremen 30.4. Euskirchen 12.5. München 18.5. Stuttgart 20.5. Karlsruhe 22.5. Mannheim 30.7. Medebach

Carlos Nuñez Carlos Nuñez ist heute der vielleicht angesehenste Virtuose weltweit auf der ‚gaita‘, dem galizischen Dudelsack. International bekannt wurde Nuñez, als er 1989 zum ersten Mal mit der legendären irischen

Folkband The Chieftains auf dem Soundtrackalbum zum Film „Treasure Island“ (Die Schatzinsel) spielte. Carlos Nuñez ist mehr oder weniger zum siebten Mitglied der Chieftains geworden, denn er spielt inzwischen auf beinahe jedem Album der Iren. Unter eigenem Namen brachte der spanische Stardudelsackpfeifer in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe vielbeachteter Alben mit spektakulären Konzepten auf den Markt, in denen er die keltische Musik mit Genres aus anderen Teilen der Welt verbindet. Sein aktuelles Werk „Alborada Do Brasil“ ist das Ergebnis einer Reise nach Südamerika. Tournee von 10.2.2011 bis 16.2.2011 www.eventim.de

l

o

Trygve Seim 1.4. München

Nils Landgren & Michael Wollny 9.3. Dessau 10.3. Unterschleißheim 19.3. Düsseldorf

Orquesta Buena Vista Social Club feat. Omara Portuondo 14.7. München

v

Jermaine Landsberger 18.2. Lörrach 19.2. Frankfurt 26.2. Nürnberg 10.3. Köln 11.3. Stuttgart 12.3. München 13.3. Neuötting Bernd Lhotzky und Chris Hopkins 12.5. Oberhaching 13.5. Oberhaching Lyambiko & Band 25.3. Koblenz

m Bobby McFerrin 9.7. Baden-Baden

n Carlos Núñez & Band 10.2. Hamburg 11.2. Hilchenbach 12.2. Worpswede 13.2. Kiel 15.2. Dresden 16.2. Berlin

r Max Raabe & Das Palast Orchester 13.2. Hamburg 14.2. Lübeck 15.2. Kiel 16.2. Braunschweig 17.2. Hannover 18.2. Hannover 27.3. Stuttgart 28.3. Stuttgart 20.8. Berlin Enrico Rava & Stefano Bollani 7.5. Kaiserslautern

s Curtis Stigers 12.6. Hildesheim

t

Colin Vallon Trio 24.3. München 28.3. Freiburg 2.4. Villingen 3.4. Berlin

w Susan Weinert 25.2. Zweibrücken 8.3. Kiel 9.3. Berlin 10.3. Lübeck 11.3. Beverstedt 12.3. Bamberg 26.3. Neuötting 31.3. Oldenburg 1.4. Borken 2.4. Bestwig Bugge Wesseltoft 27.11. Neuhardenberg 30.11. Bochum 2.12. Heidelberg Norma Winstone 4.3. Elmau

Ralph Towner 30.3. München

Lizz Wright 17.3. München 23.3. Mainz 24.3. Düsseldorf

Trombone Shorty & Orleans Avenue 17.3. Stuttgart 18.3. Freiburg 19.3. Frankfurt 20.3. Dresden 21.3. Bonn

Engelbert Wrobel’s Swing Society 22.3. Lünen 24.3. Westoverldingen 25.3. Lüneburg 26.3. Rheingau

49


der Promihörer

Nazan Eckes Mit ihrem Buch „Guten Morgen Abendland“ bereichert die beliebte RTL-Moderatorin neuerdings die Integrationsdebatte um ganz persönliche Aspekte.

Welche Platte haben Sie sich als erste selbst gekauft?

Mit welcher Platte testen Sie die Belastbarkeit ihrer Boxen?

Ich glaube, es war eine von Donna Summer. Haben Sie ein Instrument gelernt? Ich liebe Musik, aber ich spiele leider kein Instrument. Ich hatte als Kind nichts dafür übrig, was ich heute sehr bereue. Was war Ihr bisher eindrucksvollstes Konzerterlebnis? Darf ich auch eine Oper nennen? Der Eindruck ist nämlich noch so frisch … „Don Giovanni“ in der Wiener Staatsoper zu sehen ist ein Traum! Sind Sie auch mal selbst als Musiker aufgetreten? Ich habe mich einmal bei einer Veranstaltungsmoderation dazu verleiten lassen, „Que sera“ zu singen. Zusammen mit einem deutschen Kultmusiker. Das ergab sich irgendwie und hat wahnsinnig viel Spaß gemacht. Was singen Sie unter der Dusche? Da eher weniger, aber beim Autofahren singe ich oft. „Meglio Stasera“ von Michael Bublé zum Beispiel. Mit welchen Songs bringt man Sie auf die Tanzfläche? Guter Clubsound wie auf Ibiza oder auch gerne mit Latino-Einflüssen. – und mit welchen wieder herunter? Mit Charthits …

Immer noch sehr gerne: „Hypnotize“ und „Seven Nation Army“. Was läuft bei Ihnen zum Sonntagsbrunch? Der Online-Radiosender classic andjazz.net Wessen Stimme könn­ten Sie ewig lauschen? Edith Piaf Der beste Soundtrack zum Joggen: „Pulp Fiction“ oder „Once Upon A Time In Mexico“ Welchen Soundtrack haben Sie sich als letztes gekauft? „Frida“ (Kahlo) … Ein großartiges Album, genauso wie der Film.

Bei welcher Musik bekommen Sie Ganzkörperausschlag?

I m p r e s su m

Bei allem, was an den Ballermann erinnert. Ihr Album für die einsame Insel: Pink Martini. Die machen wirklich großartige Sachen. Nach welchen Kriterien ordnen Sie ihre Plattensammlung? Klassische Vinylplatten habe ich nicht mehr (so wertvoll war meine Sammlung dann auch nicht), aber CDs habe ich verhältnismäßig viele. Die sind nach den Stichworten Klassik, Lounge, Jazz, Club, Soundtracks und türkische Musik sortiert.

Verlag: INMEDIA Verlags- und Redaktionsbüro GmbH Lucile-Grahn-Str. 37 81675 München Telefon 089 / 457 261-0 Fax 089 / 457 261-50 Mail post@sonomagazin.de Herausgeber: Günter F. Bereiter Redaktion: Christian Stolberg (c.stolberg@inmedia.de, Tel. 0 89 / 45 72 61-41) Autoren dieser Ausgabe: Svevo Bandini, Ralf Dom­browski, Guido Fischer, Heiko Große, Raoul Gulbenkian, Jörg Laumann, Reinhard Lemelle, Felix Marondel, Gunther Matejka, Michael Sailer, Hans-Jürgen Schaal, Robert Wallner Bildredaktion: Fritz Osskar Termine: Michael Wopperer Design: Arndt Knieper Produktion: Viola Müller-Hergerdt Anzeigenmarketing: Maren Kumpe (m.kumpe@inmedia.de, Tel. 089 / 457 261-35) Abo + Vertrieb: Susanne Lanzinger (s.lanzinger@inmedia.de, Tel. 0 89 / 45 72 61-45) Druck: ADV Schoder, Augsburger Druck- und Verlagshaus GmbH Aindlinger Str. 17-19 86167 Augsburg SONO erscheint sechsmal jährlich.

Erscheinungstermin der nächsten Ausgabe: 7. April 2011

50


Musik für erwachsene Hörer

„Tut uns leid, alle vergriffen!“ Wenn Sie diesen Satz nie mehr hören wollen, können Sie ihn hier unten löschen – jetzt und für immer.

BestellcOupon Ja, ich bestelle ein SONO Abonnement zum Preis von € 12* pro Jahr (6 Ausgaben mit SONOplus, dem Sonderteil für Abonnenten). Ich kann das Abo jederzeit ohne zusätzliche Kosten kündigen.

B itte b u chen S ie den R echn u ngsbetrag ab von K onto N r .

B ankleitzahl / B ank V orname / N ame : K ontoinhaber ( falls abweichend) S tra S S e / H a u snr . D at u m / Unterschrift P L Z / O rt ( n u r D , A , C H , E U )

Foto: Getty

E - M ail

Coupon zusenden an SONO, Abt. Vertrieb, Lucile-Grahn-Straße 37, 81675 München. Oder per Fax senden an 089 / 457 261 – 50

(Wenn Sie das Heft nicht zerschneiden wollen, kopieren Sie einfach diesen Coupon.) *Ausland: € 24 pro Jahr


R I LK E P ROJ EKT

„Pop und Poesie treffen in Perfektion aufeinander.“ Welt am Sonntag

© Andreas Mühe © Jim Rakete

© Daniel Pasche

© Jim Rakete

DIE NEUE CD

88697537232

© Mathias Bothor

© Richard Dumas

© Tino Sieland

„Weltenweiter Wandrer“

© Mathias Bothor

Schönherz & Fleer

© Mehmet Turgut

© Arne Meister

Ein sinnliches Erlebnis aus Sprache und Klang

„Lyrik trifft auf Pop: stimmungsvoll, romantisch und sehr cool.“ Cosmopolitan

Mit Ben Becker, Clueso, Hannelore Elsner, Tim Fischer, Katja Flint, Sol Gabetta, Hannah Herzsprung, Patricia Kaas, Salif Keita, David Kross, Hardy Krüger und Peter Maffay www.rilke-projekt.de

www.schoenherz-fleer.de

www.sonymusic.de

© Andreas Ortner

© Marco Borggreve

Die einzigartige Verbindung der Poesie Rainer Maria Rilkes mit der gefühlvollen Musik der Komponisten Richard Schönherz & Angelica Fleer, interpretiert von großen Stars aus Film, Musik und Fernsehen.


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.