SONO - Musik für erwachsene Hörer

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Musik für erwachsene Hörer

DEZEMBER 2011 / JANUAR 2012

80.000 Ex.

Tony Christie Nicht Schlager, sondern Soul das neue Image des Entertainers

nils landgren Posaunist mit Botschaft, Funk und Feeling

Kate Bush

Tarja Turunen

Reflexionen über Schnee, Musik und Klang

Finnische Klassik mit Heavy Metal im Stammbaum

Außerdem: Nina Hagen, Lady Antebellum, Mischa Maisky u. a. Und wie immer: CD-Besprechungen und Tourneedaten aus Pop, Rock, Klassik und Jazz!


Rock und Pop Klassiker die man haben muss… THE KINKS

Kinks in Mono

Kinks in Mono – versammelt die ersten 7 Studioalben in den Original Mono Mixen auf CD, 3 extra CDs und einem 32seiten Booklet mit seltenen Bildern. Abgerundet wird das ganze durch eine BOX in Form eines Monoplayers.

U2

Achtung Baby (20th Anniversary Super Deluxe Edition) Inkl. dem Studioalbum digital remastered, dazu 5 weitere CDs mit bis dato unveröffentlichten Tracks, Remixes, B-Sides etc., die Dokumentation “From The Sky Down“ und 3 weitere DVDs und einer 4LP Vinyl Box

THE WHO

Quadrophenia - limitierte Super Deluxe Edition 4-CDs mit dem original Doppel-Album neu gemastert und 25 unveröffentlichten Demotracks aus Pete Townshends Archiven. Zudem eine Audio-DVD mit der ‚The Quadrophenia’ 5.1 EP, eine 7”-Single des Hitsongs ‚5.15’ b/w ‚Water’ in einem Picturesleeve und ein 100-seitiges Hardcoverbuch

ROLLING STONES

Some Girls (Limitierte Super Deluxe Edition) Some Girls - das Erfolgsalbum von 1978 endlich remastered, inkl. 12 unveröffentlichten Songs auf 2 CD + DVD + 7“ Beast of Burden Vinyl, 100-seitiges Hardcoverbuch mit bisher ungesehenen Helmut Newton Fotos, Prints, Poster und Postkartenset

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inhalt Ein Jahr geht zu Ende, ein neues bricht an. Unwägbarkeiten stehen ins Haus, Finanzkrise, Terror, Unsicherheiten überall. Erstaunlich eigentlich, dass sich die Künstler nicht unterkriegen lassen und produktiver sind denn je. Sie antworten mit wichtigen Aufnahmen wie Kate Bush, mit persönlichem Einsatz wie Nils Landgren in Kibera, mit Benefiz wie die Jazzer für Japan. Einige Beispiele für Engagement haben wir im aktuellen SONO dokumentiert. Sie sind Schlaglichter, Wegweiser für alle, die nicht wissen, wohin mit ihren Energien. Denn die Botschaft lautet: Nicht reden, sondern handeln! Wenn das mal keine guten Vorsätze sind für 2012! Ihr Ralf Dombrowski, Chefredakteur

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trailer

News aus der Welt der Musik leserpost / Impressum

Was einmal gesagt werden muss Der Posaunist Nils Landgren ist Überzeugungstäter, als Musiker und Humanist

Titel: Sebastian Schmidt, Dean Chalkley, Eugenio Mazzinghi; Foto: EMI/Josef Fischnaller

Die starken Frauen Kate Bush, Nina Hagen und Alison Moyet sagen, wo es lang geht Die klugen Männer Johannes Strate, Niels Frevert und Peter Licht zeigen Alternativen Das Trio Lady Antebellum hat holt Folk und Country Music aus der Nische

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neue gesichter

Anna Depenbusch singt freche Lieder, Angelika Niescier spielt kraftvoll Saxofon Unterwegs sind Lucio Dalla und Tony Christie mit neuer Musik und neuem Image

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Mit Jazz For Japan bekennen amerikanische Musiker Farbe

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die sono -liste

Klassik trifft die E-Gitarre und beide verstehen sich Für Emmanuel Pahud ist Friedrich der Große, weniger Monarch als Künstler

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Der Cellist Mischa Maisky reist mit Tochter Lily musikalisch nach Spanien

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Zuerst sang Tarja Turunen Heavy Metal, jetzt liebt sie leisere Töne

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CD - Rezensionen Ro ck , Pop & Co. Steven Wilson, Bob Dylan, Deep Purple, Lou Reed, R.E.M, Seal, The Who u.a.

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CD - Rezensionen Kl a ssik Münchner Bachsolisten, Janina Fialkowska Pera Ensemble, Martin Stadtfeld, Trio Parnassus

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CD - Rezensionen Ja z z & world James Carter Organ Trio, Frank Sinatra, Gianluigi Trovesi & Gianni Coscia u.a.

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schat zkiste Neue Boxsets von Leonard Cohen, Dusty Springfield und Can

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Mediamix Neue Editionen und DVDs von King Crimson, Motörhead und Paul McCartney

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Tourneen Pop The Bosshoss, Die Fantastischen Vier, Chris Rea, David Sylvian u.a.

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Tourneen Kl a ssik Quatuor Ebène, Sol Gabetta, Simone Kermes, Carolin Widmann u.a.

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Tourneen Ja z z Pablo Held, Dieter Ilg, Jeff Lorber, Tamikrest, Ralph Towner u.a.

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Promi- Hörer: gert scobel steht Rede und Antwort

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Extra: 16 Seiten SONO plus

Kluge Männer

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Lady Antebellum

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Emmanuel Pahud

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Mischa & Lily Maisky

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Trailer

Thomas Quasthoff (l.) verzichtet auf Swing, Sylvester Stallone (r.) lässt inzwischen andere sich prügeln und außerdem singen

Versuchsballon in England für Andy Sheppards „Saxophone Massive“ (oben); Michael Jackson (l.) wäre heute reicher denn je

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homas Quasthoff singt nicht mehr. Zumindest keinen Jazz. Denn so leid es ihm tue und so viel Spaß ihm die improvisierende Musik auch mache, sagt der Bassbariton, so schwierig sei es doch auf der anderen Seite, die beiden Klangwelten technisch auf Dauer zu vereinen. Während der vergangen fünf Jahre hatte sich Quasthoff mit den Alben „Whatch What Happens“ (2007) und „Tell It Like It Is“ (2010) ins benachbarte musikalische Lager vorgewagt und war im vergangenen Sommer dafür sogar mit einem Echo Jazz ausgezeichnet worden. Andy Sheppard hingegen hat

Großes vor. Der britische Saxofonist plant zusammen mit dem Schweizer Cully Jazz Festival und den Stanser Musiktagen ein Konzert der Superlative. Es trägt den Titel „Saxophone Massive“, dauert etwa 30 Minuten und vereint im April 2012 100 Saxofonisten auf den Bühnen der beiden Festivals.

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Dafür suchen die beiden Festivals noch Saxofonisten, Amateure wie Profis, die Zeit und Lust auf die Proben und Aufführungen am 18. und 19.April 2012 haben. Die Bewerbungen laufen bis zum 23. Dezember (www.cullyjazz.ch). Dann wird sich zeigen, wie viele Hörner sich am Genfer See versammeln. Sylvester Stallone hat sechs Kinofilme lang als Boxer Rocky Balboa seinen Mann im Ring gestanden. Nun wechselt er die Fronten und fungiert als Co-Produzent eines Sport-Musik-Spektakels. Im November 2012 soll in Hamburg „Rocky – Das Musical“ Premiere haben. Grundlage der Story sind Stallones Kinofilme, und damit das ehrgeizige Projekt auch überzeugend wirkt, wurden mit den Brüdern Vitali und Wladimir Klitschko und dem Fight-Choreographen Steven Hoggett gleich drei weitere Profis als Co-Produzenten und Berater verpflichtet.

Im Herbst sterben die Leut’. Auch im vergangenen November sind zwei große alte Herren von der Weltbühne abgetreten, deren Kunst über Jahrzehnte hinweg Spuren in der Kulturszene hinterlassen hat. Am 22. November erlag der Schlagzeuger Paul Motian im Alter von 80 Jahren in New York einer Knochenmarkserkrankung. Über ein halbes Jahrhundert hinweg hat er als Stilist, Ästhet und Mentor die Klangsprache des Jazz

Die zahl

170 Mio. US-Dollar hat Michael Jackson nach Schätzungen des Magazins ‚Forbes‘ postum während des vergangenen Jahres verdient. Damit ist der im Juni 2009 gestorbene Sänger erneut der Topverdiener unter den verblichenen Stars, auch wenn er sein Vorjahresergebnis von 275 Millionen US-Dollar nicht übertreffen konnte.

geprägt. Motian war in der Lage, Swing und Reduktion, Präsenz und Abstraktion so stimmig zu verknüpfen, dass er schon in den späten 50ern die erste Wahl für das legendäre Bill Evans Trio war. Seitdem blieb er in der Riege der verhaltenen Innovatoren eine Autorität, ein Stoiker am Schlagzeug, der bis kurz vor seinem Tod aktiv in den Studios und Clubs von Manhattan mitmischte. Der Kabarettist Georg Kreisler starb ebenfalls am 22. November im Alter von 89 Jahren in Salzburg. Kreisler hatte vieles erlebt, als Sohn eines jüdischen Anwalts aus Wien die Vertreibung durch die Nazis ebenso wie als USSoldat den Untergang des alten Europas. Er arbeitete als Autor, Sänger, Pianist, schrieb Texte wider die Niederungen des menschlichen Geistes und dabei auch manche Hymne des modernen Kabaretts. Ob „Tauberln vergiften im Park“ oder „Wie schön wäre Wien ohne Wiener“, „Zwei alte Tanten tanzen Tango“ oder sein „Musikkritiker“ – Georg Kreisler fand den passend sarkastischen Ton als Meister der kunstvollen Eskalation.

Foto: Sony BMG/Sam Emerson, A. Reimer

Schlussakkorde für zwei Meister: Jazzschlagzeuger Paul Motian (l.) und Kabarettist Georg Kreisler (r.) traten von der Weltbühne ab


leserPost Ein bisschen Ironie Betrifft: Keith Jarrett in SONO 5/11

Klasse Jarrett-Artikel, by the way! Präzise Analyse mit einer Prise Ironie im Unterton. „ ... und schuf vor allem mit dem pathostrunkenen Kölner Konzert einen Monolithen der künstlerischen Selbstoffenbarung“. Das bringt’s genau auf den Punkt, warum immer noch so viele diese Platte mögen. Frankie Forster, Rheydt

Falscher Johnny Marr Betrifft: Mediamix SONO 5/11

Reingefallen! Da musste bei der Bildbeschriftung von der Besprechung der The SmithsBox mal wieder Andy Rourke als Johnny Marr herhalten. Aber da sind Sie bestimmt nicht die erste Redaktion, der diese Verwechslung unterläuft. Und an der Musik der Briten ändert das ja nichts. Die finde ich immer noch unerreicht, vor allem als Morrissey und Marr noch zusammen spielten. Rainer Klose, Köln

Mobile Zukunft Betrifft: SONO digital

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, das SONO Magazin auch als App anzubieten?

Ich habe mir vor kurzem so ein Tablet gekauft und bin ganz begeistert von den vielen Möglichkeiten, die das Gerät bietet. Ich könnte mir gut vorstellen, Ihr Magazin auch in digitaler Form zu lesen. Ingrid Schultes, via iPad

Musikbücher Betrifft: SONOPlus 5/11

Mein Gott, wie sah denn Paul McCartney damals aus? Diese Bilder von der letzten Beatles-Welttournee im SONOplus sind ja echte Raritäten. Überhaupt hätte ich es ganz gerne, wenn Sie noch ein bisschen mehr Musikbücher in ihre Artikel aufnehmen könnten. Das ist so schön zum Schmökern. Christine Huber, Straubing

Ihre meinung ist uns wichtig!

FROM THE SKY DOWN

DIE U2 DOKUMENTATION ZUR ENTSTEHUNG IHRES BAHNBRECHENDEN ALBUMS „ACHTUNG BABY“ Directed by Davis Guggenheim

Haben Sie Fragen, Kritik, Anregungen oder Ergänzungen zu den Artikeln in SONO? Dann schreiben Sie uns – die Redaktion freut sich auf ihr Feedback unter post@sonomagazin.de oder per Post an Inmedia, Redaktion SONO, Lucile-Grahn-Str. 37, 81675 München

verlosung Dusty Springfield in schwarz-weiß Dusty Springfield war die Königin des britischen Soul, eine Ikone der 60er Jahre. Und sie ist auch das Schmuckstück des aktuellen Gewinnspiels, als edel auf Leinwand gezogenes Bild im Format 38 x 30 cm. Wir verlosen drei Exemplare dieser Fotorarität, die nicht nur ins nostalgische Wohnzimmer passt. Einfach eine Postkarte mit dem Stichwort „Dusty Springfield“ abschicken an: Inmedia, Redaktion SONO, Lucile-Grahn-Str. 37, 81675 München. Einsendeschluss ist der 20. Dezember 2011.

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I m p r e s su m Verlag: I N ME D IA Verlagsund Redaktionsbüro GmbH Lucile-Grahn-Str. 37 81675 München Telefon 089 / 457 261-0 Fax 089 / 457 261-50 Mail post@sonomagazin.de Herausgeber: Günter F. Bereiter Redaktion: Ralf Dombrowski (r.dombrowski@inmedia.de, Tel. 089 / 457 261-41) Autoren dieser Ausgabe: Svevo Bandini, Ralf Dom­b rowski, Guido Fischer, Sascha Fröhlich, Heiko Große, Paul Hammerthal, Jörg Laumann, Reinhard Lemelle, Felix Marondel, Gunther Matejka, Severin Mevissen, Christiane Rebmann, Michael Sailer, Hans-Jürgen Schaal, Robert Wallner Bildredaktion: Fritz Osskar Termine: Andra Limmer Design: Arndt Knieper Produktion: Viola Müller-Hergerdt Anzeigenmarketing: Maren Kumpe (m.kumpe@inmedia.de, Tel. 089 / 457 261-35) Abo + Vertrieb: Susanne Lanzinger (s.lanzinger@inmedia.de, Tel. 089 / 457 261-45) Druck: Augsburger Druckhaus ADV Aindlinger Str. 17–19, 86167 Augsburg SONO erscheint 6x jährlich

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DER DIRECTOR’S CUT MIT UNVERÖFFENTLICHTEM BONUSMATERIAL AUF DVD UND BLU-RAY AB JETZT www.universal-music.de www.u2.com


Nil s L andgren

Mission Accomplished

kritisieren, aber ich kann ja nicht meine Persönlichkeit ändern.“

Nach Berlin

Den Job als Festivalleiter in Berlin hat Landgren Anfang November erfolgreich beendet. Sein viertes Festival in Folge und sein fünftes insgesamt – er hatte das JazzFest bereits 2001 mit einem Skandinavien-Schwerpunkt kuraVon Wolf Kampmann tiert – war Gelegenheit, sich eine Reihe persönlicher Wünsche zu erfüllen. Jetzt gilt es, in die Zukunft zu schauen. Vor dem international aufgestellten Bandleader liegt jede Menge Musik. Noch Ende dieses Jahres nimmt er in Schweden eine CD mit Weihnachtsliedern er Schwede Nils Landgren hat den te Lebensfreude auf, wenn es um seine Musik auf, Anfang nächsten Jahres folgen ausgeFunk europäisiert. Das kann man geht. Doch wenn er Kritik einstecken muss, dehnte Touren nach China, Japan und in die gut finden oder nicht. Fakt ist, dass ändert sich sein Gesichtsausdruck. Plötzlich USA. In dieser Hinsicht mag es geradezu bedie Jazzlandschaft zwischen Nordkap und Siwird er zum aufmerksamen Zuhörer, der das freiend sein, das jährliche Hauptstadtspektazilien ohne den polarisierenden Skandinavier Gehörte auf der Stelle und ohne jede Selbstgekel vom Hals zu haben. Seine Verantwortung fälligkeit konstruktiv umsetzt, als ginge es um eine andere wäre. Nils Landgren hat eiserne für die Zukunft des Jazz hat er aber nicht am eine Live-Improvisation mit seiner Band. Prinzipien. Er ist bedingungslos der gehoAusgang der Berliner Festspiele abgegeben. benen Unterhaltung verpflichtet, seine unVier Jahre war der Schwede beispielswei„Wir müssen darauf achten, die Jugend ins missverständliche Botschaft ist gute Laune. se Leiter des altehrwürdigen JazzFests Berlin. Boot zu holen. Der Jazz ist eine aussterbende In Jazzkreisen kommt das nicht immer gut Er setzte damit eine Tradition fort, die zuvor Musikform, da müssen wir verantwortungsan. Doch selbst seine größten Kritiker müsvon Joachim Ernst Berendt, voll handeln. Ansonsten George Gruntz, Albert Manbleibt uns irgendwann das sen ihm bescheinigen, dass er dabei stets abgelsdorff und Peter Schulze solut authentisch ist. Wer sich auf den blonPublikum weg.“ ganz unterschiedlich ausgeden Skandinavier einlässt, bekommt hundert Allerdings ist Mr. Red Vo ro rt h i l f e Prozent Nils Landgren, egal ob als Posaunist, Horn, wie er gelegentlich legt worden ist. Landgren Bandleader oder Festivalmacher. In den Auwegen seiner roten Posetzte eigene Akzente. An- Funk for Life saune genannt wird, der gen des leidenschaftlichen Botschafters widers als Mangelsdorff ließ In Kibera leben rund 250.000 Mener es sich nicht nehmen, schen unter katastrophalen Bedingun- Letzte, der sich über Pubder den tierischen Jazzernst blitzt unverstelllikumsschwund zu beklamit seinem Red Horn auch gen. Trinkwasser ist rar, Müllhaufen gen hätte. Seine Auftritspielerisch in Erscheinung gehören zum Straßenbild des Slums te sind große Partys. Mit zu treten, wann immer es in Nairobi. Krankheiten breiten sich in seinen Platten hingegen sich anbot. Er suchte weder rasanter Geschwindigkeit aus, es fehlt polarisiert der Mann des die Provokation wie Peter am Allernötigsten. Deshalb engagiert großen Ausgleichs derzeit Schulze, noch fahndete er sich dort die humanitäre Organisation wie kaum ein anderer im überall auf der Welt nach Ärzte ohne Grenzen. Und deshalb europäischen Jazz. Was neuen Idiomen des Jazz wie sammelt auch Nils Landgren Geld er selbst als Suche nach George Gruntz. Und den und Instrumente, um den Menschen Konsens deklariert, entmonolithischen Pionier- vor Ort zu helfen. Mehr noch: Er reist puppt sich bei genauerem geist von Berendt hatte er regelmäßig nach Kibera, gibt gratis Hinsehen oft als mutiger schon gar nicht. Vielmehr Konzerte und zeigt vor allem den machte er sich das Logo des Kindern und Jugendlichen, dass Musik Grenzgang. Damit ist noch Festivals zu eigen: ein Fest eine Alternative sein kann. Denn mehr nicht einmal seine ABBAfür den Jazz. Er wollte vor noch als Soforthilfe brauchen die Hommage „Funky ABBA“ von 2004 gemeint, denn allem das Publikum hinter Menschen Perspektiven. „Funk For die drängt sich bei einer sich bringen. Dabei musste Life“ ist eine davon. schwedischen Frohnatur er lernen, dass Harmonie nicht immer Eintracht sät. wie Landgren ja regelrecht „Ich bin Skandinavier. Ich auf. Viel weiter lehnte er ziehe den Konsens immer sich aus dem Fenster, als er dem Streit vor, was soll ich 2001 mit seiner Band Funk machen“, bekennt der PoUnit auf der CD „Fonk Da Noch schüchtern, aber den Blick nach vorn: World“ Herbie Hancocks saunist mit einer Mischung Nils Landgren 1983 in Amsterdam, lange Scratch-Hymne „Rockit“ aus Trotz und Resignation. bevor er mit der Funk Unit bekannt wurde „Das kann man sicher auch und „Riders On The Storm“

Fünf Jahre hat Nils Landgren das JazzFest Berlin geleitet, jetzt bricht für das schwedische Multitalent eine neue Ära an.

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Auf der Bühne liebt er die Kraft: Mr. Red Horn blies im vergangenen Oktober im Berliner Kammermusiksaal den Soul

von The Doors coverte. Da mag der Spaß vielleicht ein wenig zu weit gegangen sein, doch zeigten diese beiden Songs auch, dass Landgren sich weder von der Jazzpolizei noch von den Wächtern des Pop beirren lässt. So ist der singende Posaunist immer wieder für handfeste Überraschungen gut. Erinnert sei an die stimmungsvollen Duo-Alben mit seinem Landsmann Esbjörn Svensson vor der Jahrtausendwende und an seine jüngst erschienene Arbeit mit dem deutschen Pianisten Michael Wollny. Das Partyvolk dürfte er indes am meisten mit der CD „Salzau Music

„Wir müssen die Jugend ins Boot holen. Jazz ist eine aussterbende Musikform“ On The Water“ verwirrt haben, die er 2006 gemeinsam mit Vibrafonist Christopher Dell und Bassist Lars Danielsson zu früher Stunde in einem offenen Pavillon über einem Teich

in Salzau aufgenommen hat. Die drei Musiker verwandeln die Morgenstimmung in eine freie Improvisation, im Hintergrund singen Vögel, und selbst die Sonne glaubt man aufgehen zu hören. Nils Landgren voller Andacht und Demut in den mystischen Abgründen des Seelenklangs – einer der ergreifendsten Jazzmomente des zurückliegenden Jahrzehnts. Seine Mission auf dem JazzFest ist erfüllt, vor ihm liegen unendliche Weiten. Neu erschienen: Nils Landgren: „The Moon, The Stars And You“ (ACT/EDEL KULTUR)

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Starke Frauen

Schnee von morgen

Es gibt noch viel zu erkämpfen, nicht nur in Aufsichtsräten, sondern auch in der Musik. Deswegen machen die Mütter des Pop mobil und präsentieren sich überzeugender denn je. Drei Beispiele.

diese Weise vielleicht mehr Aufmerksamkeit bekommen“. So gibt es Hits zu hören, aber auch Lieder wie „One More Time“ von 2007. Der Knüller aber ist die Bonus-CD, die ein knappes Dutzend Songs in kraftvolle, selbstbewusste Jazz- und Soulästhetik packt. Das ist die Alison Moyet, die man hören möchte. Von wegen abgehakt. Sascha Fröhlich

erfreulich rockig übrigens, zuweilen aus der Zeit gefallen, wenn sie „Wir sind das Volk“ zu kräftigen Gitarrenriffs skandiert. Das ist Musik, die aus einem eigenen Kosmos herüberschallt, erfrischend verwegen in ihrer Individualität. Ralf Dombrowski

Nina Hagen ist immer für einen Ausfall gut: „Was heißt da Publikum? Bei mir pupst niemand! Ich spiele für Menschen!“, poltert die Grande Dame der Provokation ins Mikrofon und fährt fort, ihre Botschaften von Jesus und der Liebe zu bewerben. Das hat etwas Putziges, aufs Ganze betrachtet, schließlich ist Nina Hagen mit 56 Jahren eigentlich aus dem Alter der Albernheiten heraus. Auf der anderen Seite aber ist sie eine der wenigen Künstlerinnen, denen man die lebenslange Exzentrik abnimmt. Vor allem ist sie eine Überzeugungstäterin. Schwer erkältet beim Pressetermin, lässt sie es sich nicht nehmen, einem Journalisten nach dem anderen zu erklären, was sie bewog, sich dem Gerne des Protestsongs zuzuwenden und, diesmal wieder auf deutsch, den Bogen von Bertolt Brecht bis Wolf Biermann zu schlagen. „Musik ist doch der Herzschlag des Lebens. Sie ist so wichtig, war es beispielsweise auch bei der Bürgerrechtsbewegung der DDR. Ein Volk hat immer eine Musik. Sie ist das, wo die Politiker nicht hinkommen.“ Und deshalb nun ein Album mit „Volksbeat“,

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Alison Moyet ist ein typisches Beispiel für selektive öffentliche Wahrnehmung. In grauer Wave-Pop-Vorzeit hatte sie mit Yazoo und als Solistin einige Hits und wurde nach der Hausse der frühen 80ger in die Asservatenkammer der Kulturgeschichte gesperrt. Von den Trendmagazinen als erledigt abgehakt, boten sich ihr aber neue Möglichkeiten. Alison Moyet entdeckte den Jazz, das Theater für sich und spielte in London in dem Musical „Chicago“. Außerdem machte sie weiter Platten, die aber kaum noch den Weg über den Kanal fanden. Wenn nun ihr Best-Of-Album mit „25 Years Revisited“ unterschrieben ist, dann macht das Sinn: „Als Künstler kann man sich eigentlich nicht selbst langweilig werden. Denn alles was man macht, prägt das eigene Leben. Wichtig sind für mich auch die späteren Sachen, die auf

Kate Bush, wenn auch äußerlich klein und zierlich, gehört die 53-Jährige doch unbedingt in die Kategorie der starken Frauen. Denn schon früh hat sich die Engländerin entschieden, das Popspiel einfach nicht mitzuspielen. Tourneen sind rar, Singleshits scheinen sie nicht zu interessieren, und auch die Abstände zwischen ihren Veröffentlichungen werden immer länger. So dauerte es sechs Jahre, bis nach ihrem Doppel-Album „Aerial“ im vergangenen Frühjahr die CD „Director’s Cut“ mit recycelten Songs aus den 90erjahren erschien. Doch dabei blieb es nicht, denn nun folgt mit „50 Words For Snow“ ein Massiv von Album, ein düsteres, minimalistisches, experimentelles Werk, das an zeitgenössische Klassik und den späten Scott Walker erinnert. Die meisten Stücke sind um repetitive Klavier­ figuren gebaut und entwickeln eine hypnotische Sogwirkung. Selbst Elton John, der auf einem Song als Gastsänger mitmischt, klingt hier bedrohlich. Wahrlich, für so ein Album muss man stark sein: als Künstlerin, aber auch als Hörer. Heiko Große Neu erschienen: Nina Hagen „Volksbeat“ (Koch/Universal) Alison Moyet „The Best Of – 25 Years Revisited“ (Sony) Kate Bush „50 Words For Snow“ (EMI)


Kluge Männer

Verschmitzte Versteher Mann zeigt wieder Flagge. Eine junge Generation von Bekenntnispoeten erobert derzeit die musikalische Sympathienlandschaft. Drei Beispiele, melancholisch, verschmitzt, ein klein wenig unrasiert.

Sprache gefunden, die dezente Opulenz in Klarheit packt und auf markante Weise mit Text-Klang-Kontrasten arbeitet. Und er erzählt Geschichten aus dem Leben nachdenklicher Männer, die einen eigenen Blick auf die Welt präsentieren. „Ich hasse Klischees, denn ich will den Leuten ja auch nichts vorkauen“, meint er selbst mit Tendenz zum Understatement. Dabei macht es viel Spaß, ihm auf die Nebenwege zu folgen. Ralf Dombrowski

Du warst die, die immer rausstach / jetzt bist du nur noch mittendrin“, hat eben doch sein Ego im Blick, auch wenn es sich sanft gibt. Einmal Revolverheld, immer Revolverheld. Paul Hammerthal

Johannes Strate s Band heißt Revolverheld. Sie ist ein Vorzeigeprodukt der Popakademie in Mannheim, die sich der Karriereplanung junger Musiker verschrieben hat. Alles hat mit Revolverheld geklappt, die Combo verbuchte Hits, und nun macht der Sänger auch etwas Eigenes. „Die Zeichen stehen auf Sturm“ heißt sein Soloalbum mit mentalem Lagerfeuer für melancholische Stadtvaganten. Es kann als Modell für eine neue Ära der Reflexivität gehört werden. Denn Beziehungsromantik heute hat ihre eigenen Regeln der Umsetzung. Johannes Strate ist ein Vertreter alltagspsychologisch versierter, verständnisvoller Sanftgemüter, quasi der Gegenentwurf zu Machomythen versprühenden Muskelmännern à la Rammstein und tattoogegerbten Thekenkumpels nach dem Haudegenmuster. Er wirkt auf den ersten Blick wie ein Frauenversteher aus der Margarinewerbung, aber Vorsicht: Die Langmut hat ihre Tücken! Denn wer Zeilen singt wie: „Es tut mir weh, dich so zu sehen / doch ich kann den Schritt zurück nicht gehen / Wo ist geblieben, was dich ausmacht? / Wo ist das große Mädchen hin? /

Niels Frevert ist der Flaneur unter den Liedermachern. Vielleicht sogar ein neuer Udo Lindenberg. Denn Frevert hat diese spezielle Lakonik im Ausdruck, den frei rhythmischen Schlendrian der Wortwahl, der Spontaneität antäuscht, dabei aber genau mit den Wirkungen der Sprache umzugehen versteht. „Ich finde den Vergleich mit dem frühen Udo sehr schmeichelhaft, zumindest wenn damit eine unprätentiöse Erzählweise gemeint ist, die in den Worten arbeitet, die der Sänger auch spricht. Da gibt es durchaus Parallelen.“ Aber natürlich auch viele Unterschiede. Denn Niels Frevert hat längst seine eigene Biografie als Referenz, von den frühen Aufnahmen mit Nationalgalerie bis hin zu seinem fünften Soloalbum „Zettel auf dem Boden“. Er hat eine musikalische

Von Peter Licht gibt es kaum Fotos. Das passt zur Inszenierung, denn der Kölner Sänger und Konzeptkünstler ist mal Aphorist, mal Rhapsode. Er wirft Motive in den Raum, konkret, dann wieder eigenartig verschlüsselt. Es ist ein Spiel mit den Hülsen, mit Widersprüchen und Gewissheiten, die längst keine mehr sind. Damit hat er es inzwischen zu einem fünften Album und mehreren Szenehits gebracht. Nun gibt Peter Licht mit „Das Ende der Beschwerde“ neue Rätsel auf. „Begrabt mein iPhone an der Biegung des Flusses“, textet er, „da wo in der Mitte der Gesellschaft eine Kausalkette entspringt!“ Ein Hauch von Dada? Vielleicht in der Haltung wider den vordergründigen Ernst. Musikalisch gibt sich Peter Licht entspannt konventionell. Zieht man die Texte ab, bleibt ein wenig The Cure mit etwas 80er-Wave-Pop übrig, schmissig gespielt, aber bei weitem nicht so wagemutig, wie sich die Worte präsentieren. Doch das sind Anmerkungen, aber bestimmt keine Beschwerde. Sascha Fröhlich Neu erschienen: Johannes Strate „Die Zeichen stehen auf Sturm“ (Sony) Niels Frevert „Zettel auf dem Boden“ (Tapete) Peter Licht „Das Ende der Beschwerde“ (Motor)

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L ady Antebellum

Country-Luft mit Stadt-Appeal Lady Antebellum kommen aus Nashville und sind mit ihrer Mischung aus Pop, Country und Rock inzwischen auch in Deutschland salonfähig. Ihr neues Album „Own The Night“ soll den Erfolgs­ kurs fortsetzen. Von Christiane Rebmann

Gerade haben Sie Ihr drittes Album herausgebracht. Sie sind ständig auf Tournee. Wann schreiben Sie Ihre Songs?

Haywood: Wir nehmen Songwriter mit auf Tournee, die uns motiviert halten. Wenn man in Nashville wohnt, hat man automatisch viele Freunde, die in diesem Metier arbeiten. Wir laden jeweils einen oder zwei dieser Freunde ein, eine Woche mit uns zu reisen. Nach dem Mittagessen setzen wir uns gemeinsam hin und spielen uns ge- Fünf Grammys in den genseitig unsere neuen Ideen vor. Auf die- Armen: Lady Antebelse Weise haben wir für das jeweils nächste lum im Glück (2011) Album eine gute Auswahl zur Verfügung. Scott: Ja, es ist super. (lacht) Du hast einen Songwriter neben dir im Bus sitzen, der dich erwartungsvoll anstarrt und fragt: „Und was hast du?“ Da fühlst du dich dann komisch, wenn du nichts vorweisen kannst. Also bleibst du am Ball. Holen Sie sich Ihre Textideen aus den Beobachtungen dessen, was um Sie herum geschieht?

Wer hat Sie musikalisch inspiriert?

Dave Haywood: Wir kommen ja aus dem Süden der USA, deshalb sind wir mit Classic Rock und Southern Rock aufgewachsen. Hillary Scott: Im Moment hören wir oft Coldplay. Aber ich liebe auch Soul. Einer der ersten Nicht-Country-Acts, die ich als kleines Mädchen gesehen habe, war Gladys Knight. Ihre Soul-Performance hat mich so beeindruckt, dass ich dachte: So möchte ich auch singen.

Charles Kelley: Nein. In den Texten erzählen wir aus unserem eigenen Leben. Wir wollen nicht über einen Lebensstil schreiben, der weit entfernt ist von unserem eigenen und dem der Menschen um uns herum. Woher stammt eigentlich der Name?

Kelley: Die Idee kam uns bei einer Fotosession. Wir zogen durch New Orleans und fotografierten uns gegenseitig. Dabei landeten wir vor einer dieser typischen großen Südstaatenvillen, die wir hier in den USA Antebellum-Häuser nennen. Weil sie aus der Zeit vor dem Sezessionskrieg stammen?

Kelley: Genau. Und einer von uns sagte: „Das ist ja ein richtig schönes Antebellum-Haus“. Damals hatten wir gerade angefangen, Musik zu machen. Wir waren auf der Suche nach einem guten Bandnamen. Und das Wort blieb uns im Ohr hängen. Wir packten noch das Wort Lady davor. Neu erschienen: Lady Antebellum: „Own The Night“ (Capitol/Sony)

Vom Winde verweht: Hillary Scott, Dave Haywood und Charles Kelley


neue gesichter Diesmal ohne Band und Orchester: Anna Depenbusch

Angelika Niescier

Kraftpaket mit Saxofon

[Jazz] Erstens ist Angelika Niescier nicht mehr ganz neu in der Szene, sondern hat etwa mit ihrem Quartett Sublim bereits die Jazzspezialisten überrascht. Zweitens ist sie auch nicht mehr so blutjung wie manch aufsteigendes Sternchen. Drittens aber ist die Saxofonistin mit polnischen Wurzeln eine der fulminanten Durchstarterinnen des vergangenen Jahres, die in der zeitgenössischen Moderne ebenso zu Hause ist wie im reflektierten Jazz der Gegenwart. „Quite Simply“ ist alles andere als einfache Musik, entwickelt aber eine mitreißende Kraft. Es ist ein Trio-Album, das alle Lügen straft, die behaupten, Komplexes müsse auch kompliziert klingen. Sascha Fröhlich Angelika Niescier „Quite Simply“ (Enja/Soulfood)

Bläst der Szene den Jazz: Angelika Niescier

Anna Depenbusch Schnuckelchen mit Klavier

[Chanson] Manches muss man zweimal machen. Eigentlich war „Die Mathematik der Anna Depenbusch“ bereits ein schönes Album. Aber die Hamburger Sängerin war nicht zufrieden damit. Es rumorte in ihr, bis sie sich noch einmal hinsetzte und das ganze Programm wiederholte, alleine am Klavier. Und siehe da: Die Musik der Anna Depenbusch klingt solo „in schwarz-weiss“ reizvoller als zuvor. Ihre Lieder sind Chansons, die mit der Nähe spielen. Sie zehren vom Charme des Studentischen auf der

einen und einer offensiven Poesie auf der anderen Seite. „Die Inspiration für die Lieder kommt aus meinem Umfeld. Es ist mein Alltag, der mir Ideen schenkt“, meint sie im Interview der beigelegten DVD. Vor allem aber ist es Depenbuschs lächelndes Spiel mit Sentimentalitäten, das beim Hören die Menschen umgarnt. Ralf Dombrowski Anna Depenbusch „Die Mathematik der Anna Depenbusch in schwarz-weiss“ (105 Music/Sony)

Days Of Our Lives

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tony christie · lucio dalla

Der Crooner und der Cantautore

Beide hatten ihre ersten Hits in den frühen 70ern. Und beide gehören seitdem zu den Konstanten des Show­ geschäfts. Im Februar tourt Tony Christie, im März Lucio Dalla durch Deutschland. Eine Vorschau.

Tony Christie – Silver Soul und goldener Groove Mehr Power als mancher junge Hüpfer: Tony Christie tourt mit British Soul

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ur auf Tom Jones wird er nicht ger­ ne angesprochen. Der sei schon ein guter Künstler, meint Tony Christie, aber er sehe kaum Parallelen zu dem, was er selbst mache. Vielleicht liegt der Vergleich auch vor allem aus deutscher Perspektive nahe. Denn hierzulande kennt man Tony Christie vor allem als Schlagersänger, der in frühen Radiojahren mit Songs wie „Is This The Way To Amarillo“ bekannt geworden war. In seiner Heimat England ist sein Image durchaus nicht so festgelegt. Dort gilt Christie als Crooner vom Fach, der Kollege Jones locker das Wasser reichen kann. Und deshalb ist es für ihn kein Imagewechsel, sondern bestenfalls ein Tuning der Außenwirkung, mit „Now’s The Time“ Soul und Adult Beat in den Mittelpunkt zu stellen. „Dieses Album hat mir die Chance gegeben, einfach ich selbst zu sein. Was könnte aufregender sein?“, meint er selbst und geht auf in der Rolle des Entertainers. Tat­ sächlich hat seine Musik etwas Zeit­ loses, pointiert verortet in der Welt des lockeren British Soul. Das macht Spaß, ist übrigens auch Tony Christies persön­ liches Geschenk zum 50. Bühnenjubi­ läum und die Grundlage der Tournee, die den Showman von 1. bis 8. Febru­ ar 2012 nach Deutschland führt. Have fun! Now’s the time! Sascha Fröhlich Auf Tour: Alle Tourneetermine siehe Seite 27

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Lucio Dalla – Canzone, Caruso und ein bisschen mehr

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ucio Dalla macht sich rar. Er ist nur noch unterwegs, wenn er dazu Lust hat. Als Komponist und Sänger hat er längst ausgesorgt, als Klarinettist leistet er sich zuweilen ein wenig Jazz. Langweilig wird ihm nicht, Aufträge für Filmmusiken oder auch die Arbeit als Produzent für sei­ ne eigene Plattenfirma sorgen für genügend Abwechslung. Darüber hinaus darf man sich mit 68 Jahren zuweilen auch einmal zu­ rücklehnen, das Leben genießen, einen guten Wein trinken und in die Sonne blinzeln. Der Sänger aus Bologna müsste also nicht mehr auf Tournee gehen, aber nach Jahren der Ab­ stinenz reizt es ihn dann doch, sich mit einem Tross guter Musiker auf den Weg zu machen. Acht Konzerte wird Lucio Dalla in der zwei­ ten Märzhälfte 2012 von Düsseldorf bis Ber­ lin geben, mit großen Hits wie „Washington“ und „Caruso“ im Gepäck, aber auch mit Songs von seinem neuen Doppel-Album „Questo E’ Amore“ (Sony) im Programm. Denn was ein erfahrener Cantautore ist, der schreibt seine Reflexionen über die Schönheiten und Wid­ rigkeiten des Lebens eben als Lieder nieder. Sie mögen vor allem von der Liebe handeln und nicht mehr so politisch sein wie am Anfang seiner Karriere, betörend aber sind sie allemal, besonders live auf der Bühne vom Lebenskünstler persönlich präsentiert. Paul Hammerthal Auf Tour: Alle Tourneetermine siehe Seite 27

Mediterran mit Esprit: Lucio Dalla, Lebenskünstler


Los Angeles hilft Fukushima: Studioszene mit Marcus Miller (6. v. l.) und vielen Freunden.

F ja zz für japan

Unter Brüdern

Der Erlös von „Jazz For Japan“ kommt den Erdbebenopfern von Fukushima zugute. Es ist ein Zeichen der Solidarität, aber auch eine Frage der Identität.

ür den Jazz ist Japan wichtiger als viele ande­ re Landstriche der Erde, denn abgesehen von Europa gibt es nirgendwo sonst ein ver­ gleichbar treues und begeistertes Publikum. Als daher der Produ­ zent Larry Robinson kurz nach der Natur- und Nuklearkatast­ rophe im März 2011 zum Hörer griff, um Jazzmusiker für ein Be­ nefizalbum zu gewinnen, ließen sich Künstler nicht lange bitten. Innerhalb weniger Tage fanden sich gut zwei Dutzend Koryphä­ en von Billy Childs bis Marcus Miller und Tom Scott bis Ste­ ve Gadd im Studio ein, um ihre Kompetenz in den Dienst des guten Zwecks zu stellen. Ins­

gesamt 13 Stücke wurden auf­ genommen, überwiegend Stan­ dards aus den 60ern, als sich der Jazz an sich noch als politisch verstand. Denn es war schnell klar, dass „Jazz For Japan“ auch das Engagement von Musikern an sich zum Thema machte. „Es geht dem Jazz ja nicht anders als dem Pop“, räsoniert Saxofonist Tom Scott. „Die Zeit der großen Songs ist vorbei, aber das heißt nicht, dass sie für alle Zeiten vorbei sein muss. Wir müssen die wichtigen Hits der Vergangenheit verstehen, um wieder zu lernen, mit unserer Musik Aussagen zu treffen.“ Ein Versuch, die um­ mauerten Schlafstädte der Krea­ tivität zu verlassen. Vielleicht ist „Jazz For Japan“ auch ein Schritt in Richtung künstlerischer Iden­ tität. Zumindest setzt die Aktion ein Zeichen. Sascha Fröhlich Neu erschienen: V. A. „Jazz For Japan“ (Edel Content/Edel)

„Es genügt, wenn man meine Melodien kennt. Meine Musik sagt ja alles, was ich zu sagen habe.”

Bert Kaempfert

LET’S GO BOWLING – ursprünglich nur als LP erschienen, gibt es dieses lange nicht erhältliche Album für alle Fans endlich auf CD – Good Life Music der besonderen Art.

VINYL BOXSET: Vinyl-Single-Selection (1958-1969) 40 Hits auf 20 Vinyl Singles und dazu ein tolles 24-seitiges Booklet. Das sind Bert Kaempferts Meisterwerke der 1958-1969er. RE-RELEASES: Alle Original Katalog Alben komplett remastered von 1958-1979 - “A Swingin’ Safari”, “Strangers In The Night”, “Blue Midnight” u. v. m.

www.universal-music.de www.kaempfert.de


Die Sono -liste

Sie glauben, E-Gitarre und E-Musik passen nicht zusammen?

1. Mark-Anthony Turnage & John Scofield Scorched Der britische Komponist und Jazzfan Mark-Anthony Turnage meint, dass Miles Davis bedeutender sei als die serielle Musik. John Scofield ist sein Lieblingsgitarrist und inspirierte Turnage schon zu mehreren Werken, auch zu „Scorched“ („Scofield Orchestrated“). Ein gutes Dutzend Stücke des US-amerikanischen Kollegen hat Turnage für Orchester und Bigband weiterkomponiert, auf dem Notenpapier „improvisierend wie ein Jazzmusiker“, und das ScofieldTrio mischt seine eigenen Interpretationen hinein. Das Ergebnis hat Farbe und Drive. (Deutsche Grammophon, 2002)

Manchmal geht es aber doch! Von Hans-Jürgen Schaal

2. Steve Reich Triple Quartet u. a. Nach „Electric Counterpoint“, das Pat Metheny 1987 aufnahm, ist „Electric Guitar Phase“ das zweite Werk für E-Gitarre vom Minimal-Music-Meister Steve Reich. Aber was heißt hier EGitarre? Bei Metheny waren es einst satte elf Gitarrenstimmen, hier sind es immerhin noch vier Spuren, die der Gitarrist Dominic Frasca übereinander legt. Im Kern spielt er eine Viertelstunde lang ein einziges Motiv, das sich ständig minimal gegen sich selbst verschiebt und verkantet. Anders als die originale „Violin Phase“ (1967) besitzt diese „Electric Guitar Phase“ einen ganz schön kräftigen Biss. (Nonesuch, 2001)

Illustration: Fornfest

3. Sonic Youth Goodbye 20th Century

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Die New Yorker Drei-GitarrenBand zählt zu den anspruchsvolltsten Erscheinungen der experimentellen Noise-Szene. Hier haben sich Sonic Youth frech der Herausforderung der


5. Russo Three Pieces & Bernstein Symphonic Dances Der Dirigent Seiji Ozawa besuchte in den 1960er Jahren gerne den Bluesclub „Big John’s“ in Chicago, wo ihn die Siegel-Schwall Band, ein weißes Bluesquartett, so sehr begeisterte, dass er den Komponisten Bill Russo überredete, ein sinfonisches Werk rund um diese Band zu schreiben. Die „Three Pieces for Blues Band and Symphony Orchestra“ sind laut Russo einfach nur „89 Chorusse Blues“ – wenn auch nicht ganz gewöhnliche. Neben Corky Siegels Blues-Harp glänzt solistisch die perlende E-Gitarre von Jim Schwall, umrahmt von den Sinfonikern von San Francisco. (Deutsche Grammophon, 1973)

7. Fred Frith Quartets Der Engländer Fred Frith gilt gleichermaßen als Ensemblekomponist wie als schräger Innovator der E-Gitarre. Beides verbindet er in seinem E-Gitarren-Quartettwerk von 1989 mit dem komplizierten Titel „The As Usual Dance Towards The Other Flight To What Is Not“. Jeder der acht Sätze erforscht eine andere Soundwelt der E-Gitarre: Da gibt es Schwebendes, Vitales, Klirrendes, Aggressives, Wohlklingendes. Durchsetzt ist Friths kammermusikalisches Kaleidoskop mit minimalistischen, rockigen, jazzigen und sogar balkanischen Anklängen. (RecRec, 1993)

8. The Styrenes Terry Riley, In C Rileys „In C“ von 1964 zählt zu den Schlüsselwerken der frühen Minimal Music. Die Vorgabe sind 53 Melodiefiguren („Patterns“), die nacheinander durchgespielt werden. Wie lange jeder einzelne Spieler bei einer Figur verweilt, ist ihm allerdings freigestellt: So

9. The Robert Fripp String Quintet The Bridge Between Robert Fripp, Kopf der legendären Rockband King Crimson, ist ein Besessener seines Instruments. Gelegentlich versammelte er schon mal ein Dutzend Gitarristen für eine Art Kammermusik-Workshop-Band. Im String Quintet spielte er mit dem langjährigen Wegbegleiter Trey Gunn, der am Chapman-Stick etwa den Anfang von Bachs Chromatischer Fantasie herunterreißt, und dem California Guitar Trio, deren akustische Gitarren dank Pick-up fast wie Cembali klingen. Das erste Stück aus Bachs „Kunst der Fuge“ und die Orgel-Passacaglia sind auch mit dabei. (Discipline, 1993)

Spektakulärer Mix von amerikanischem Bluegrass mit brasilianischer Perkussion, der auch die Jury der größten Weltmusikmesse Womex überzeugte. Best-Nr.: PSR004

VONDA SHEPARD Solo

Intim, direkt und unverstellt. Vonda Shepard präsentiert die besten Songs ihres Backkatalogs mit nichts als Klavier und ihrer kraftvollen Stimme. 1.12. Hamburg, 3.12. Frankfurt, 4.12. Bochum, 6.12. Dresden, 7.12. Berlin

EVA JAGUN My Blue Hour Best-Nr.: GMC043

Drei Musiker, die kaum Noten lesen konnten, setzten sich 1967 zusammen, um 13 Stücke von Bach, Telemann, Corelli, Purcell und Morley auf zwei E-Gitarren und einem E-Bass zu spielen. Der Gitarrensound mag ein wenig an die damaligen Byrds oder Doors erinnern, Lew Bottomlys linkshändige Gitarrenhaltung sogar an Jimi Hendrix denken lassen – aber ganz ohne Beispiel ist des Trios unerschütterliche Emotionslosigkeit in diesen elektrischen Alte-Musik-Interpretationen. Möglich wurde das provokante Teil nur dank dem wagemutigsten aller FreejazzLabels. (ESP, 1967)

In Estland ist Lepo Sumera (19502000) ein berühmter Name: Der erfolgreiche Komponist diente seinem Land in der schwierigen Übergangsphase zwischen 1988 und 1992 sogar als Kulturminister. Damals entstand auch seine fünfsätzige 4. Sinfonie, geprägt von den Erschütterungen jener Jahre. Als besonderen Touch der „neuen Zeit“ integrierte Sumera eine E-Gitarre in den sinfonischen Klang: Sie tröpfelt im 3. Satz in die gedämpfte Melancholie des Orchesters hinein und befreit sich dann – zusammen mit der Rhythmusabteilung – in einer großartigen „Cadenza per chitarra e percussioni“. (BIS, 1994)

Erstaunliches Debütalbum der Berliner Sängerin, die mit vielschichtigen Songs und einer unwiderstehlichen Stimme Ihre Version des Jazz mit Latin- und Bossa-Grooves präsentiert. 2.2. PUC Puchheim, Jazz Around the World

Galileo Music Communication GmbH Dachauer Str. 5-7 - 82256 Fürstenfeldbruck Tel +49 (0)8141 226 130 - Fax +49 (0)8141 226 133 Email info@galileo-mc.de - www.galileo-mc.de

KATJA WERKER Neuland

10. Yngwie Johann Malmsteen Concerto Suite Irgendwann entdeckten die Saitenhexer des Heavy Metal, dass sie ja die wahren Paganinis unserer Zeit sind. Einer der gefürchtetsten Notenschleuderer der Metal-Gitarre, der Schwede Yngwie J. Malmsteen, schuf sich sogar seinen eigenen sinfonischen Kontext mit der zwölfsätzigen „Concerto Suite for Electric Guitar and Orchestra in E-flat Minor, op. 1“. Wie ein ganzer Hummelschwarm umtanzt Yngwies Gitarre die Tschechische Philharmonie Prag. Vielleicht keine große Musik, aber großartig frech! (Dream Catcher, 1999)

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Best-Nr.: T30022-2

4. The New York Electric String Ensemble

6. Lepo Sumera Musica tenera u. a.

entstehen unberechenbare polyrhythmische Verschränkungen zwischen den Patterns. Auch die Instrumentierung ist beliebig: Die Styrenes, echter US-Underground, spielen „In C“ ganz unklassisch mit vier E-Gitarren, Keyboards, Vibrafon, Bass und Drums. Das Stück endet, wenn alle bei Figur 53 angekommen sind. (Enja, 2002)

Nach dem großen Erfolg von „Contact Myself“ singt Katja Werker nun erstmals deutsch. Eindringliche, warme Folk-Pop-Songs gegen den kalten Winter.

JANINE MAUNDER Blink Best-Nr.: T30023-2

Neuen Musik gestellt: Aleatorisches von John Cage, Steve Reich, James Tenney, Cornelius Cardew und anderen Neutönern erklingt so krachig, verhuscht und schrill wie selten. Pauline Oliveros lieferte dem Projekt sogar eine neue Komposition und widmete sie der Band. Nur für unerschrockene Gitarrenfans! (SYR, 1999)

Best-Nr.: GMC048

MATUTO Matuto

Die Sängerin von Naked Raven präsentiert ihr Solo-Debut. „Blink“ ist randvoll mit Kammer-Pop Juwelen, musikalisch abwechslungsreich und voll lyrischer Tiefe.

www.t3records.de


Emmanuel Pahud

Korken am Revers: Emmanuel Pahud nimmt den großen Friedrich so ernst wie nötig

Der Mann mit dem goldenen Atem

Im Hauptberuf ist Emmanuel Pahud Erster Flötist bei den Berliner Philharmo­ nikern. Anlässlich des 300. Geburtstags von Friedrich dem Großen wagt er eine musikalische Stippvisite nach Sanssouci. Von Guido Fischer

S

o sah im 18. Jahrhundert vielleicht wirklich ein ge­ pflegter Kammermusikabend am Hohenzollernhof aus. Die Damen haben sich rausgeputzt und ihre schönsten Hauben aufgesetzt. Die prachtvollen Kron­ leuchter funkeln im Kerzenschein. Und mittendrin: der Hausherr von Sanssouci, der gemeinsam mit seinen hand­ verlesenen Hofmusikanten diese oder jene Flötensonate zum Besten gibt. Jeder hat diese Szene sicherlich schon einmal vor Augen gehabt, ob im Original, das in der Ber­ liner Nationalgalerie hängt, oder als Reproduktion in den Standardwerken über den Monarchen. Im kommenden Jahr 2012 feiert man den 300. Geburts­ tag des Preußenkönigs, Feldherrn und Freund der Künste. Und der gebürtige Schweizer und erfahrene Flötist Emma­ nuel Pahud ist für sein musikalisches Geburtstagsständ­ chen mit einem leichten Augenzwinkern in die Rolle Fried­ richs geschlüpft. Im Booklet seiner Hommage „FlötenKö­ nig“ hat Pahud zwar einen schmucken Rock angelegt, wie er einst en vogue war. Doch statt edler Knöpfe sind bunte Metallplättchen von Champagnerkorken zu sehen – ein Augenzwinkern für die Gralshüter der Interpetation. Denn auch mit solchen optischen Kuriosa scheint sich Pahud von allen Hardlinern der historischen Aufführungspraxis absetzen zu wollen, die den Sound vergangener Epochen so authentisch wie möglich zu rekonstruieren versuchen. Schließlich geht es Pahud von jeher ausschließlich um den

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earMUSIC und Berlin Classics präsentieren:

Atem der Musik. Den aber kann er eben am besten nur mit seiner modernen Querflöte einfangen.

Herrschaftsklang und Geist der Freiheit Zusammen mit der Kammerakademie Potsdam sowie Altmeister Trevor Pinnock am Cembalo hat Pahud zwar auch Werke von Komponisten wie Bach-Sohn Carl Phil­ ipp Emanuel eingespielt, die damals am Hof von Sanssou­ ci musizierten. Im Mittelpunkt steht aber der Flötist und Komponist Friedrich der Große. „Friedrichs Kompositionen zeichnen sich dadurch aus, dass sie pompös klingen, auf der anderen Seite aber schlicht gehalten sind“, so Pahud. „In ihnen spiegelt sich nicht nur der Privatmann Friedrich, sondern auch der Herrscher. Die Musik schafft, was der Geschichtsschreibung nur selten gelingt: sie verbindet, ganz ohne Worte, Privates und Politisches miteinander.“ Ob empfindsam und galant, ob gedankenverloren in­ nig und dann wieder virtuos – Emmanuel Pahud macht so selbst aus manch musikalischen Leichtgewichten Ge­ haltvolles, ja Wertvolles. Überraschend ist das anderer­ seits nicht. Denn obwohl für ihn die Querflöte klanglich begrenzt ist, hat er aus ihr doch längst ein verblüffendes Allround-Instrument gemacht. Seit 1992 beweist Pahud das als 1. Soloflötist bei den Berliner Philharmonikern. Und wenn er nicht gerade mit Simon Rattle & Co. konzertiert, stürzt er sich vor allem als Kammermusiker in Abenteuer. Von Bach bis zum französischen Neue-Musik-Doyen Pierre Boulez sucht Pahud nach Herausforderungen und spielt schon mal mit Pianistin Hélène Grimaud zusammen. Im Jazz hat er es besonders mit sei­ nem Kumpel Jacky Terrasson außerdem geschafft, aus der Querflöte stilechte Blue Notes kullern zu lassen. Dass Pahud das alles gelingt, liegt nicht zu­ letzt an einem Geheimnis, das er im Interview gelüftet hat: „Man muss sich vom InstruDer Musenkönig ment befreien können, um jedes Kunst trifft Politik Werk zu jenem Leben zu erwecken, das der Komponist ihm Friedrich der Große galt als aufgegab.“ Kein Wunder, dass da­ klärter Monarch. Das bedeutete für von nun auch der alte Musikus ihn, nicht nur in der Politik, sondern auch als Künstler bewandert zu sein. Fritz profitiert. Adolph Menzel verklärte Friedrichs musikalische Passion postum mit Neu erschienen: „FlötenKönig“, einem 1852 entstandenen Genrebild. Emmanuel Pahud, Kammerakademie Potsdam, Trevor Pinnock u. a. (2 CDs, EMI Classics)

Das etwas andere Konzertvergnügen! Dabei immer beeindruckend: Tarjas einzigartige Stimme!

Als Live-CD d: und Downloa 1 ab 25.11.201 /CD: Als Live-DVD 1 ab 02.12.201 D: Als Blu-ray/C 1 ab 02.12.201

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Live �� Sibeli�s H�ll www.tarjaturunen.com · www.facebook.com/tarjaofficial www.facebook.com/harusofficial

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Mischa & Lily Maisk y

Feste Familienbande Eine starke Persönlichkeit sei sie, meint Cellist Mischa Maisky. Umso mehr könne er von seiner Tochter Lily lernen. Wie bei „¡España!“. Von Sascha Fröhlich

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eziehungen und Querverbindungen gibt es zuhauf. Pablo Casals zum Bei­ spiel, der Wiederentdecker des Cellos für die moderne Konzertmusik, war Katala­ ne. Komponisten schrieben für ihn, er selbst sorgte durch seine Person und sein Enga­ gement dafür, dass Spaniens Klangwelt im klassischen Kontext präsent war. Für seinen künstlerischen Nachfahren, den Cellisten Mischa Maisky, liegt es daher in mehrfacher Hinsicht nahe, sich mit der iberischen Tradi­ tion zu beschäftigen. „Da ich in Lettland an

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der Ostsee geboren bin, würde man von mir vielleicht ein anderes Temperament erwarten“, meint er im Interview. „Trotzdem fühle ich mich dieser Musik sehr nah. Und ich habe schon lange auf die Möglichkeit gewartet, ein Album mit diesen Stücken aufzunehmen.“ Da­ bei musste mit Umsicht vorgegangen werden. Denn auch wenn Maisky zu den derzeit pro­ filiertesten Instrumentalisten seines Fachs gehört, so heißt das noch lange nicht, dass er jedes spanische Stück für Cello optimal um­ setzen kann. So suchte er gezielt nach Kom­

positionen wie etwa Manuel De Fallas „Sui­ te populaire espagnole“, die den sanglichen Charakter seines Instruments betonten. Au­ ßerdem wählte er eine passende und zugleich herausfordernde Partnerin: seine Tochter Lily Maisky, die ihrerseits bereits als Pianis­ tin international bekannt ist. „Dies ist unser erstes komplettes gemeinsames Album. Sie hat eine starke Persönlichkeit und oft ganz andere Vorstellungen von der Musik. Da lerne ich viel von ihr und bekomme ständig neue Anregungen. Auf diese Weise beeinflussen wir uns gegenseitig“. Und natürlich die Musik, denn „¡España!“ klingt auf entzückende Weise temperamentvoll und versöhnlich zugleich. Der warme, kantable Celloton, das selbst­ bewusste Klavier, dazu die entspannte At­ mosphäre von Schloss Elmau in Oberbayern, wo die Aufnahmen entstanden, verbinden sich zu einer emphatischen Hommage an Albéniz, De Falla und deren Zeitgenossen, die schwärmerisch die spanische Romantik durchwandert. Neu erschienen: Mischa Maisky & Lily Maisky „¡España! - Songs And Dances From Spain“ (Deutsche Grammophon/Universal)

Foto: Bernard Rosenberg

Spanien als Herausforderung: Mischa und Lily Maisky widmen sich Albéniz, De Falla Granados und Ravel


Tarja Turunen

Eine für alle So etwas gibt es nur in Finnland: Die Kinder kennen Tarja Turunen vom Heavy Metal, die Eltern aus der Oper. Ein Konzert schlägt die Brücke zwi­ schen den Generationen. Von Paul Hammerthal

I

Foto: Eugenio Mazzinghi

n bisschen Zufall gehört einhalb Jahrzehnte. Für ihren auch dazu. Im Winter 1996 Stil, der mit Bombast auf der ei­ wurde die Gesangstuden­ nen und der klassischen Stimme tin der Sibelius-Akademie Tar­ auf der anderen Seite arbeitete, ja Turunen von ihrem früheren prägten Journalisten den Begriff „Opera Metal“. Das war missver­ Schulkameraden Tuomas Ho­ lopainen gefragt, ob sie beim ei­ ständlich, denn genau genom­ men verstand sich Tarja Turu­ nem akustischen Musikprojekt mitmachen wolle. Es entstand nen nicht als Opernsängerin. Es ein Demo mit Keyboards und öffnete aber die Türen renom­ Stimme, das im Freundeskreis mierter Klassikbühnen ebenso gefiel. Bald gesellten sich der wie großer Rockfestivals und Gitarrist Emppu Vuorinen und so wurde Nightwish neben den Drummer Jukka Nevalainen zu Cello-Kollegen von Apocalyptica dem Duo, die außer Spaß auch zu einem wichtigen Exponenten noch einen deutlich härteren der finnischen Rockszene. Tarja Turunen war das nicht Sound mitbrachten. Das war der Anfang von Nightwish, einer genug. Sie studierte weiter in der erfolgreichsten Metalbands Karlsruhe, tourte mit den MetalFreunden um die Welt und sang Finnlands der vergangenen ein­ Peter Gabriel AZ Sono 210 x 95:Layout 1 21.11.2011 10:45 am

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zugleich Liedprogramme. Span­ nungen wuchsen innerhalb der Band, 2006 folgte die Trennung von Nightwish und zugleich ein Neuanfang als Solokünstlerin. In diesen Zeitraum fällt auch der Anfang ihres Projekts Harus mit dem Organisten Kalevi Kivinie­ mi, dem Gitarristen Marzi Ny­ man und Perkussionist Markku Krohn: „Als wir 2006 das erste Mal für ein Konzert zusammen kamen, hatten wir so viel Spaß und Freude an der Sache, dass wir beschlossen, als Gruppe weiterzumachen“, erinnert sich Tu­ runen an die Anfänge. In mancher Hinsicht war es die Fortsetzung der Nightwish-Idee, denn auch bei Harus treffen die musika­ lischen Welten von geistlicher, klassischer und popfolkiger Klang­ tradition zusammen. Nur waren diesmal die stilistischen Kontras­ te nicht so hart. 2008 tourte das Quartett mit

Weihnachtsprogrammen durch Finnland, ein Jahr später ent­ stand dann der Mittschnitt aus der Sibelius-Halle in Lathi. Er dokumentiert auf CD und DVD die Faszination, die von Tarja Turunen als Sängern jenseits der Kategorien ausgeht. Er ist aber auch schlicht das Souvenir eines atmosphärischen Abends, mit dem vier Musiker ein begeis­ tertes Publikum bezauberten. Neu erschienen: Tarja Turunen & Harus „In Concert: Live At Sibelius Hall“ (CD/DVD, Ear Music/Edel)

Crossover mit vielen Wurzeln: Tarja Turunen ignoriert musika­lische Grenzen Seite 1

www.petergabriel.com


POP, Rock & co die pop-cd des monats

Steven Wilson „Grace For Drowning“ KSCOPE/EDEL

Priscilla Ahn „When You Grow Up“ BLUE NOTE/EMI

[Folk/Pop/Jazz] Die junge Song­ writerin aus Kalifornien sorgte bereits mit ihrem vor drei Jah­ ren erschienenen Debütalbum „A Good Boy“ für einiges Auf­ sehen. Mit „When You Grow Up“ liefert Priscilla Ahn erneut eine eigensinnige und charman­ te Platte ab. Eingespielt wurden die zwölf Songs, an deren Entste­ hung Kolleginnen wie Sia Furler, Inara George, Eleni Mandell und Charlie Wadhams maßgeblich be­ teiligt waren, unter der Regie von Ethan Johns, der der Musikerin viele Freiräume lässt, die diese auch zu nutzen weiß. Vor allem Stücke wie der zerbrechlichen Midtempo-Hymne „Vibe So Hot“ und der introvertierten Ballade „City Lights (Pretty Lights)“ ver­ leiht Priscilla Ahn mit ihrer em­pfindsamen Stimme eine faszinie­ rende Tiefe. Zu den weiteren Hö­ hepunkten dieses Albums zählt aber auch die faszinierend-viel­ schichtige, mit sanften Streicher­ klängen veredelte Nummer „Lost Cause“ sowie der ebenfalls ganz nach innen gekehrte „Elf Song“. Unspektakulär, aber schön. Robert Wallner Anspieltipps: „Lost Cause“, „City Lights (Pretty Lights)“ und „I Don’t Have Time To Be In Love“

Bob Dylan „Pure – An Intimate Look At Bob Dylan“ COLUMBIA/SONY [Folk] Braucht man wirklich noch eine weitere Dylan-Best-Of? Nein, natürlich nicht. Aber was

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enn zu einer Musik das Etikett „Prog-Rock“ passt, dann zu der von Steven Wilson. Und es macht wenig Unterschied, ob er mit Porcupine Tree am Start ist oder als Solokünstler. Denn der umtriebige und ästhetisch ehrgeizige Brite ist fasziniert von komplex strukturierten Klang­ räumen, die mit Erwartungshaltungen spielen und mal scharfe Kontraste, mal sanfte Melodien in den Vordergrund stellen. Seine musikalische Welt ist pathetisch, spielt mit Melancholie und Psychedelic, und da macht auch sein zweites Soloalbum „Grace For Drowning“ keine Ausnahme. Es ist nur noch ein wenig verwinkelter geworden, wohl auch unter dem Eindruck der Musik von King Crimson, mit deren Re-Edition Wilson neben seiner Arbeit als Bandleader und Komponist beauftragt wurde. Er experimentiert mit Klanglandschaften, mit Chören, Flächen, Sphären. Manche Episoden des Albums wirken eher wie Installationen als wie Lieder. Die Texte kreisen verhalten um das Horrorkabinett der Gefühle, um Verlorenheit und Enttäuschung, introvertiert, zuweilen lakonisch. Es ist nachdenkliche, manchmal schwülstige Musik, aber genau das wird von Steven Wilson erwartet. Denn er ist der Mann fürs Vertrackte, Verschlüsselte. Und das macht er gut. Ralf Dombrowski Info: Die BluRay-Version des Albums enthält neben der Musik auch einen Surround-Mix, Videos, zwei weitere Songs und in der Edelvariante außerdem ein Buch.

wir wirklich brauchen (und was es in dieser Form bislang noch nicht gab), ist eine geschmackvolle Anthologie, die dem Neueinstei­ ger einen anderen Zugang abseits der Hits gewährt und auch den fortgeschritten Dylan-Aficionado dazu bringt, seinen Meister noch einmal neu zu entdecken. Genau das vermag „Pure“ – was vor al­ lem am Kurator liegt. Dr. HannsPeter Bushoff, einer der besten Dylan-Kenner Deutschlands und zugleich bei Dylans Plattenfirma Sony Music beschäftigt, hat eine liebevolle wie kompetente Aus­ wahl getroffen, die bislang noch nicht auf CD veröffentlichte Ti­ tel (wie etwa die Single-B-Seite „Trouble In Mind“) mit einigen essentiellen Albumtracks wie etwa „Girl From The North Coun­ try“ und dem raren Live-Track „Moonshiner“ von 1962 zusam­ menbringt. Heiko Große Weiterhören: Die jüngsten Veröffentlichungen aus dem Hause Dylan

sind „In Concert - Brandeis University 1963 und die CD-Box „The Original Mono Recordings“

The Who „Quadrophenia – Deluxe Edition“ POLYDOR/UNIVERSAL

[Rock] In den frühen 70ern entdeckten Rockmusiker das Erzählen. Ging es in der Gene­ ration Dylan/Hendrix noch um Politisches oder auch um das Mus­ kelspiel der Virtuosen, so wurde mit dem Konzeptalbum und ver­ wandten Formen wie Musical und Rockoper eine neue Tür zum gro­ ßen Epos aufgestoßen. The Who hatten bereits 1969 mit „Tommy“ einen Versuchsballon gestartet, der sich als erfolgreich erwies. Und so legte Pete Townshend 1973

mit „Quadrophenia“, einer Ge­ schichte über Pubertät und Identi­ tät im kleinbürgerlichen England, noch einmal nach. Wieder war die Begeisterung groß, und sie hält an bis heute. Nachdem die inzwi­ schen reifen Herren im vergan­ genen Jahr das Werk bei einem umjubelten Wohltätigkeitskonzert live gespielt hatten, vertiefte sich Pete Townshend in die alten Bän­ der, remasterte und ergänzte sie um ein knappes Dutzend DemoVersionen zum Album, die nun in die „Quadrophenia Deluxe Edi­ tion“ integriert wurden. Manches klingt wie „Cut My Hair“ dabei gar frischer als die endgültige Version, wie überhaupt die ganze Musik im Angesicht der Prog-Rock-Welle unserer Tage erstaunlich unver­ braucht und zeitgemäß wirkt. Das Beste für die Fans hat Townshend sich aber für das Booklet aufge­ spart. Denn da kündigt er an, dass The Who 2012 mit „Quadrophenia“ auf Tournee gehen wollen. Und das wäre tatsächlich ein Grund zum Jubeln. Paul Hammerthal Info: „Quadrophenia“ erscheint alsDoppel-Vinyl, 2CD-Digipack und „Director’s Cut Super Deluxe Edition“ mit weiteren Masterings, Buch, Fotos und einigen bisher unveröffentlichten Songs der Sessions.

Seal „Soul 2“ WARNER

[Soul/Pop] Die Stelle war schon länger frei. Im Jahr 2003 starb mit Barry White einer der großen Soulsänger, der immer auch die enge Verbindung zum Pop ge­ pflegt hat. Und von Bill Whiters wurde auch lange schon nichts mehr gehört. So braucht die Mu­ sikwelt jemanden wie Seal, der die Tradition des sanften, gefühl­ vollen Soul fortsetzt. Außerdem Produzenten wie Trevor Horn und David Forster, die ihm das


passende Studio-Klanggewand schneidern. „Soul 2“ ist nun die Fortsetzung des erfolgreichen Vorgängers von 2008, ein Kom­ pendium der Evergreens von „Let’s Stay Together“ über „What’s Going On“ bis „Lean On Me“. Im Hintergrund wolkige Geigen im Philly-Sound, dazu ein wenig Motown-Feeling mit dezent ar­ rangierten Bläsersätzen, klare und verlässlich groovende Beats schaffen einen vollmundigen Klangraum um Seals einprägsa­ me und einfühlsame Stimme. Der Sänger selbst hat hörbar seinen Spaß daran, mit dem Idiom zu spielen. Das ist Musik mit viel Nostalgie im Konzept, die sich vor den Heroen des Genres verneigt. Paul Hammerthal Wissenswertes: Seal hat über zwei Jahrzehnte hinweg mehr als 20 Millionen Platten verkauft. Weiterhören: Marvin Gaye, Isaac Hayes.

Gillan einen Song interpretierte, den ursprünglich sein Vorgänger Rod Evans gesungen hatte. „Rico­ chet“ zeichnet zudem die Entste­ hung des späteren „Speed King“ nach. Nicht nur für Purple-Fans eine mitreißende Zeitreise. Jörg Laumann Info: „The BBC Sessions 1968 – 1970“ ist auch als Luxusedition erhältlich, die die Aufnahmen auf Doppel-LP und Doppel-CD enthält. Wissenswertes: Das Instrumental „Grabsplatter“ ist eine frühe Version der späteren Single-B-Seite „I’m Alone“.

EMI [Rock] Zwar ist der Großteil der Aufnahmen, die Deep Purple zwi­ schen 1968 und 1970 für Radiosen­ dungen der BBC einspielten, zu­ vor bereits auf Neueditionen der Studioalben dieser Ära sowie auf dem Boxset „Listen, Learn, Read On“ erschienen, doch liegen diese wichtigen Dokumente hier erst­ mals gesammelt und in chrono­ logischer Reihenfolge vor. Beson­ ders spannend wird diese frühe Phase des britischen Quintetts vor allem durch den stilistischen Wan­ del vom psychedelisch angehauch­ ten Poprock hin zum urwüchsigen Hardrock. Dieser Übergang wird unter anderem in einer kraftvollen Version von „Bird Has Flown“ do­ kumentiert, einer der wenigen Ge­ legenheiten, bei denen Sänger Ian

Downloadtipps: die Hits natürlich, aber auch „Oh My Heart“ und „We All Go Back To Where We Belong“

The Bosshoss „Liberty Of Action“

R.E.M. „Part Lies, Part Heart, Part Truth, Part Garbage, 1982-2011“ WARNER

Deep Purple „The BBC Sessions 1968-1970“

um gleich darauf mit „We All Go Back To Where We Belong“ eine Botschaft an Epigonen wie Cold­ play richten. Denn R.E.M. haben viel bewegt und gehen nun als alte Meister in die Annalen der Pop­ musik ein. Sascha Fröhlich

[Adult Rock] Kein Rosenkrieg, eher ein geordneter Rückzug. R.E.M. haben sich getrennt nach mehr als drei Jahrzehnten musi­ kalischer Ehe. Als Nachwort auf die bewegten Jahre und zugleich Resümee einer insgesamt sehr produktiven Partnerschaft ver­ abschieden sie sich mit der „Best Of“-Doppel-CD. Sie führt chrono­ logisch von noch vom New Wave geprägten Frühwerken bis hin zu einer Handvoll Songs der Gegen­ wart und präsentiert eine in Wür­ de gealterte Band, die mit Liedern wie „Oh My Heart“ durchaus noch magische Pop-Momente zu ent­ wickeln versteht. „Part Lies, Part Heart, Part Truth, Part Garbage, 1982-2011“ ist ein Konzentrat aus 15 Studioalben, das in Erinnerung ruft, warum Michael Stipe, Peter Buck und ihre Kompagnons zwi­ schenzeitlich als Lichtbringer der avancierten Popmusik gefeiert wurden. Und das Album doku­ mentiert sogar eine Prise hinter­ gründigen Humor, wenn die Her­ ren mit dem Song „A Month Of Saturdays“ an Devo anknüpfen,

Universal [Rock/Pop] Mit Alben wie „In­ ternashville Urban Hymns“ (2005) und „Do Or Die“ (2009) erspiel­ te sich die Band aus Berlin eine treue Fangemeinde. Nach einer Pause von eineinhalb Jahren melden sich The Bosshoss nun mit ihrem sechsten Longplayer zurück und gehen musikalisch durchaus ungewohnte Wagnisse ein. Die Basis, von der aus sie ihre Exkursionen starten, bleibt zwar urwüchsiger Rock’n’Roll, gewürzt mit Country-Anleihen, doch dies­ mal setzen sie von Beginn an auf eine deutlich größere stilistische Bandbreite. Das zeigt sich beson­ ders eindrucksvoll bei der ersten Single „Don’t Gimme That“, mit der die Cowboys von der Spree ungewohnt poppige Wege ein­ schlagen. Doch keine Angst, es wird auch auf „Liberty Of Ac­ tion“ wieder ordentlich gerockt, wie beim im Midtempo-Bereich angesiedelten Titelsong und dem lässig groovenden, mit dezenten Elektroniksounds „I Keep On Dancing“. Und auch die standes­ gemäße Verbeugung vor dem King fehlt mit „Still Crazy ’Bout Elvis“ nicht. Robert Wallner Wissenswert: Bevor Bosshoss sich an die Arbeit zum neuen Album machten, gönnte sich die Truppe einen Texas-Trip inklusive drei Auftritten in ausgesuchten Clubs.

Lou Reed & Metallica „Lulu“ MERCURY/UNIVERSAL [Epic Rock] „Take No Prisoners“ hieß eine Liveplatte von Lou Reed, mit „Metal Machine Music“ schuf er das sperrigste Album aller Zeiten, und auch seine konventi­ onelleren Selbstzerfleischungen sind harter Stoff – etwa das Al­ koholentzugsdrama „Waves Of Fear“ von 1982, das musikalisch vieles von dem vorwegnahm, was Metallica später zur MainstreamMassenband machte. Die Kombi­ nation ist also so abwegig nicht. „Lulu“ beruht auf älteren Demos, die Reed für ein geplantes The­ aterstück produziert hatte – ei­ ner Bearbeitung der Kompilation der Skandaltragödien „Erdgeist“ (1895) und „Die Büchse der Pan­ dora“ (1902) von Frank Wedekind. Es geht um vergebliche Liebe, se­ xuelle Obsession, Betrug, besti­ alische Gewalt, Schmerz, Leid und Mord. Der Stoff ist zeitlos, und mit der musikalischen Um­ setzung von Reeds gebrochenen, experimentellen Dichtungen sind Metallica erwartungsgemäß überfordert. Vielleicht ist genau das die künstlerische Intention. Die Band, zeitweise verstärkt um einige Streicher, knüppelt und brettert mit beamtenhafter, zähneknirschender Sturheit, reiht die Riffs wie am Fließband anei­ nander, zwei CDs lang entfaltet sich nichts. Nur das epische, fast 20 Minuten lange Finale „Junior Dad“ entwickelt aus der Monoto­ nie beachtliche Schönheit. Wenn „Lulu“ den Anspruch hat, die Welt musikalisch als den Haufen von Dreck, Blut und Elend zu zeigen, der unter ihrer Konsumfassade lauert, ist das durchaus gelungen. Ob das Album auf Dauer wesent­ lich mehr Hörer finden wird als „Metal Machine Music“, darf in­ des bezweifelt werden. Svevo Bandini

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Klassik

Münchner Bachsolisten „Bach: Weihnachts­ oratorium“ WINTER & WINTER/EDEL KULTUR

[Geistliche Musik] Von jeher gehört Johann Sebastian Bachs „Weihnachtsoratorium“ rund um das Christenfest zum Pflichtprogramm. Schließlich hat Bach mit prachtvollem Chor- und Trompetengeschmetter sowie sanften Arien für die Ewigkeit die Weihnachtsgeschichte konkurrenzlos in Töne gesetzt. Dass Bach dafür 1734 einfach mal zahllose Chöre und Arien aus anderen Kantaten recycelt hat, hört man dem Geniestreich aber eben nicht an. Von dem „Weihnachtsoratorium“ gibt es Unmengen an Einspielungen, aber die von Karl-Friedrich Beringer geleitete Aufnahme mit den Münchner Bachsolisten und dem Windsbacher Knabenchor gehört schon jetzt zu den besten, zumal selbst dem Luxus-Sängerteam um Juliane Banse (Sopran) und Thomas Quasthoff (Bass) die tänzerische Beschwingtheit genauso ins Blut übergangen ist wie die kontemplative Innigkeit. Reinhard Lemelle

schen der barocken Kniegeige namens Gambe und der türkischen Fidel Kemençe gesetzt. Beim neuesten Dialog zwischen den Kulturen schlägt man nun einen Bogen vom italienischen Barock in die osmanische Musik. Zusammen mit dem großartigen Countertenor Valer Barna-Sabadus und dem Pera Ensemble werden da Arienperlen von Monteverdi, Caccini und Rossi mit arabischen Klangfarben und Rhythmen verwoben. Und zwischendurch streift man gar musikalisch die Glaubenswelt der Sufis. Die Arrangements dieser Gespräche zwischen Orient und Okzident sind zwar allesamt feinfühlig angelegt. Nur das stichhaltige Argument liefern sie nicht, warum man diese komplett gegensätzlichen Musiktraditionen zusammenklammern muss. Mehmet C. Yesilcays banales Credo von der „Musik als einer gemeinsamen Sprache“ reicht dafür nicht aus. Guido Fischer

Pera Ensemble „Baroque Oriental“ BERLIN CLASSICS/EDEL KULTUR [Crossover] Schon mit seinem „Händel alla Turca“-Projekt hat der türkische Weltmusiker Mehmet C. Yesilcay kürzlich auf die musikalische Verbrüderung zwi-

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Weiterhören: Nelson Freire, Alice Sara Ott

Weiterhören: Concerto Köln & Sar­ band „Dream Of The Orient“

Martin Stadtfeld „J.S.Bach – Klavier­ konzerte“ SONY CLASSICAL

Janina Fialkowska „Liszt Recital“ ATMA CLASSIQUE/MUSIKWELT

Weiterhören: das „Weihnachts­ oratorium“ mit The King’s Singers & WDR Big Band

tig klingt unter Fialkowskas Ägide etwa die „Bénédiction de Dieu dans la Solitude“, Schubert näher als dem eigenen Schaulaufen, das Liszt bei seinen Stücken für das sensationsgierige Bürgertum zuweilen bestimmt. Seine Bearbeitungen von Chopins „Sechs polnischen Liedern“ wiederum geraten gar noch verspielter als die Originale und werden von Janina Fialkowska mit einer Finesse interpretiert, die weit hinein reicht in die Welt des Komponisten, dessen Verständnis der Musik seiner Zeit freier und profunder war, als es ihm manche Kritiker in der Folgezeit unterstellt haben. So gelingt der Pianistin ein ebenso ungewohnter wie betörender musikalischer Beitrag zum Reigen der Klangglückwünsche. Sascha Fröhlich

[Recital] Diese Aufnahme kam spät im Jubeljahr, aber sie ist eine der interessantesten, zu denen das Liszt-Jubiläum Künstler inspiriert hat. Denn die kanadische Pianistin mit polnischen Vorfahren Janina Fialkowska widmet sich dem Romantiker nicht aus der Perspektive des Virtuosentums, sondern stellt ihn als aufmerksamen Beobachter des Zeitgeistes dar, dem es sowohl mit eigenen Werken als auch Bearbeitungen von Melodien von Frédéric Chopin und Charles Gounod gelingt, Transparenz und Pathos, Verinnerlichung und Offenheit zu vereinen. Geradezu fragil und anmu-

[Klavierkonzert] Es ist eine grundsätzliche Frage: Wie schön klingt Johann Sebastian Bach? Antworten kann der Meister nicht mehr, aber es steht zu vermuten, dass seine Klavierkonzerte, die er in den 1730ern für das Collegium Musicum schrieb, mit dem er regelmäßig im Leipziger Kaffeehaus von Gottfried Zimmermann konzertierte, sehr viel rauer daherumpelten als bei Martin Stadtfeld. Denn der Pianist aus Koblenz deutet Bach in der Tradition romantischer Rezeption, die aus dem Barock-Arbeiter, dessen zeitgenössische Klaviere Traktoren im Vergleich zu den heutigen Limousinen waren, einen vollendeten Ästheten macht. Dadurch verliert die Musik an Reibung und Präsenz. Im Fall von Bachs

„Klavierkonzerten BWV 1054, 1055 und 1058“ wäre aber gerade das die Herausforderung. Martin Stadtfeld bleibt auf der sicheren Seite, beugt sich letztlich dem ebenfalls wenig energisch agierenden Klang des Philharmonischen Kammerorchesters München unter der Leitung von Lorenz Nasturica-Herschcovici, das sein Spiel versiert, aber wenig markant rahmt. Sascha Fröhlich Weiterhören: Friedrich Gulda, Andreas Staier

Trio Parnassus „French Piano Trios“ DG GOLD [Kammermusik] Das Trio Parnassus widmet sich mit „French Piano Trios“ nach der Beschäftigung mit Benjamin Godard nun drei ebenfalls wenig bekannten Werken an der Epochenschwelle zur Moderne, dem späten „Trio op. 120“ von Gabriel Fauré, der TrioBearbeitung „Pelléas et Mélisande“ von Claude Debussy durch Hubert Mouton und dem „Trio op.3“ von Ernest Chausson. Die Geigerin Yamei Yu, der Cellist Michael Groß und der Pianist Chia Chou folgen dabei einer Chronologie, die vom frühen Fin de Siécle Chaussons über die Relativierung des klanglichen Zeitgeistes durch Debussy bis hin zum wehmütigen Nachwort auf das verlorene harmonische Glück durch Fauré führt. Faszinierend ist die pulsierende Gemeinsamkeit dieser Trios, der Fluss der Musik, die selbst etwa in den Leidenschaften Chaussons sich nicht in den Emotionen verliert, sondern dramaturgisch klar den Esprit der französischen Spätromantik herausarbeitet. Dem Trio Parnassus gelingt ein großer Bogen und eine beeindruckende Einspielung mit der Kraft reflektierter Empathie. Paul Hammerthal


ja zz & world

Frank Sinatra „Best Of The Best“ CAPITOL/EMI

[Swing] Braucht man noch eine Hitsammlung von Frank Sinatra? Eigentlich nicht und doch wieder unbedingt. Denn auf der einen Seite gibt es bereits Hunderte Compilations, andererseits aber ist man umgehend bekehrt, sobald Frank Sinatra bei „Come Fly With Me“ zu singen anfängt. Auch nach Jahrzehnten strahlen seine Stimme, seine Person, seine Lieder eine Magie des Swing aus, die von Perfektion ebenso erzählt wie von Intuition. „Best Of The Best“ greift 24 Lieder heraus, die in den Capitol- und RepriseJahren um 1960 herum entstanden, zwei Dutzend Klassiker mit Orchestern von Count Basie bis Quincy Jones. Und sie werden in der Deluxe-Doppel-CD noch um einen Konzertmitschnitt aus Seattle aus dem Jahr 1957 ergänzt, der dokumentiert, wie souverän Sinatra auch live die Stimmung und seine Präsenz im Griff hatte. So ist diese Zusammenstellung nichts Neues, aber zugleich ein Klassiker, den man immer wieder anhören kann. Paul Hammerthal

die Augen vor der Welt verschließen würde. Aber er hat gelernt, dass der Erfolg, der ihn vor ein paar Jahre einholte, eine flüchtige, unberechenbare Größe ist. Glück kann man, so meint er weiter, außerdem in kleinen Episoden erleben, und ein paar davon hat Gianmaria Testa nun auf seinem Album „Vitamia“ versammelt. Die Themen sind ebenso alltäglich wie bedeutungsvoll: Kindheit und Liebe, Enttäuschung und Protest, erzählt am Beispiel poetisch verkleideter Alltagsgestalten. Die Musik ist dezent jazzig und canzonehaft, im Quartett gespielt mit Gästen wie dem Posaunisten Gianluca Petrella und dem Akkordeonprofi Luciano Biondini. Gianmaria Testa selbst bleibt der charismatische Geschichtenerzähler mit dem beschwörenden Bariton-Parlando, der wie schon auf früheren Alben den Hörer an der Hand zu nehmen versteht. Ralf Dombrowski Weiterhören: Paolo Conte, Lucio Dalla

James Carter Organ Trio „At The Crossroads“ EMARCY/UNIVERSAL

Info: Frank Sinatra hat über die Jah­ re rund 1.500 Songs aufgenommen.

Gianmaria Testa „Vitamia“ LE CHANT DU MONDE/HARMO­ NIA MUNDI

[Canzone/World Jazz] Glück, meint Gianmaria Testa, sei für ihn, wenn vor der Tür im eigenen Garten die Tomaten reifen. Das heißt nicht, dass er deshalb

[Jazz] James Carter backt nicht gerne kleine Brötchen. So mag es nicht weiter verwundern, dass sein Organ Trio weit mehr ist als nur eine Troika. In vielen Tracks warten Carter, Organist Gerald Gibbs und Drummer Leonard King Jr. mit einer Reihe von Gästen wie Gitarrist Brandon Ross auf. Der intime Klang des Orgeltrios wird zuweilen mehr aufgebläht, als der Aufnahme gut tut. Zwar ist das große Thema der CD der Blues, doch scheint Carter manchmal den narrativen Faden zu verlieren. Unentschlossen pendelt er zwischen Großstadtgroove und Gospelromantik. In ihrer

Gesamtheit wirkt die Platte für Carters Verhältnisse untypisch eklektisch. Und – noch erstaunlicher – Carter selbst agiert hier meist äußerst zurückhaltend. Wenn er in ganz wenigen Momenten mal richtig ausbricht, versteht er mitzureißen. Über längere Strecken ist „At The Crossroads“ jedoch ein gewollt sepiafarbener, wohl dem Produzenten Michael Cuscuna geschuldeter Blue-NoteCharme eigen – ein zwiespältiges Vergnügen. Wolf Kampmann Weiterhören: Joshua Redman, Kenny Garrett

Ensembles, das die stellenweise pittoresken Motive aus dem Rumänischen und Mediterranen zwar andeutet, aber mit Swing und Funk darauf reagiert. Simion, Lantos und Beccalossi und der ebenfalls als Gast fungierende Schlagzeuger Benjamin Henocq wiederum agieren undogmatisch mit den Angeboten, so dass ein bilateral sich inspirierendes Programm entstehen konnte. Ralf Dombrowski Weiterhören: Farmers Market, WDR Big Band „Jazz Al’Arab“

WDR Big Band & Nicolas Simion „Balkan Jazz“

Gianluigi Trovesi/ Gianni Coscia „Frère Jacques – Round About Offenbach“

BIGBAND RECORDS/NRW

ECM/UNIVERSAL

[World Jazz] Der Jazz hat Glück, dass es den deutschen Föderalismus gibt. Denn durch die Länderhoheit der Rundfunkanstalten werden hierzulande vier hochkarätige Rundfunk-Big-Bands finanziert, die wiederum in der Pflicht stehen, interessante Musik zu gestalten. So kommt es, dass eine Aufnahme wie „Balkan Jazz“ entstehen kann, die den Siebenbürger Saxofonisten Nicolas Simion, den Geiger Zoltan Lantos und den Akkordeonisten Fausto Beccalossi mit der WDR Big Band Köln zusammenführt. Obwohl bereits 2004 in Düsseldorf und Köln live vor Publikum aufgenommen, hat das Programm mit Grenzüberschreitungen nichts von seinem Schmiss verloren. Denn nicht nur die Solisten erweisen sich als eloquente Stiljongleure, sondern auch Arrangeur Bill Dobbins hat ausgezeichnete Arbeit geleistet, zwei Klangkosmen ohne Anbiederung sich begegnen zu lassen. Die zehn Kapitel von „Balkan Jazz“ spielen angenehm klischeearm mit den Möglichkeiten des großen

[Chamber Jazz] Musik kann ja so unterhaltsam sein, selbst wenn sie mit größter Präzision und Ernsthaftigkeit aufgeführt wird. Das italienische Pärchen Gianluigi Trovesi und Gianni Coscia ist für seinen feinen, unkonventionellen Humor bekannt, mit dem es sich schon Kurt Weills angenommen hat. Die leichtfüßigen Kompositionen Jacques Offenbachs bieten für diesen Pas de deux von Klarinette und Akkordeon natürlich eine noch bessere Steilvorlage. Der Humor kommt hier viel nuancierter zum Zuge als auf früheren CDs des Duos. Da ist ein nahezu unmerkliches Augenzwinkern, ein Vexierspiel mit den Koordinaten unseres kulturellen Wertekanons. Sie entbanalisieren das Triviale, indem sie es gekonnt aus dem historischen Kontext reißen und dem neuen Bildungsbürgertum unter die Nase reiben. Erst wenn der letzte Ton verklungen ist und ihr Hörer andächtig durchatmet, klopfen sie sich auf die Schenkel und lachen sich tot. Ein wahrlich gelungener Coup. Wolf Kampmann

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schatzkiste

Dusty Springfield „Goin’ Back – The Definitive Dusty Springfield“

Kniefall vor dem Kollegen: Leonard Cohen weiß Kunst zu schätzen

Leonard Cohen „The Complete Studio Albums Collection“ LEGACY/SONY Schriftsteller wollte er werden, Poet im altmodischen Sinn, und veröffentlichte noch zu Studienzeiten erste Gedichte, später auch Romane mit sprechenden Titeln wie „Schöne Verlierer“ (1966). Aber Leonard Cohen sang auch, schrieb Lieder, spielte schon als Teenager Gitarre in einer Countryband und wurde in den späten 60ern von der Presse prompt als zweiter Bob Dylan gehandelt. Zuvor allerdings hatte der Spross eines kanadischen Textilfabrikanten eine Auszeit auf einer griechischen Insel hinter sich, und auch später sollte ihn dieses Bedürfnis nach Kontemplation und geistiger Erfrischung immer wieder einholen, als Verwurzelung und Gegenpol wilder Jahre etwa im Dunstkreis der New Yorker Bohème. Denn Leonard Cohen gehört nicht zu den Vielschreibern, sondern hat über mehr als vier Jahrzehnte hinweg gerade einmal elf Studioalben aufgenommen. Sie sind als Werkschau nun in einer Box versammelt und dokumentieren das Werk eines Eigenbrötlers, den sich Kollegen wie Wolf-

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gang Niedecken oder auch Nick Cave als Vorbild genommen haben. Das Spektrum reicht von „Songs Of Leonard Cohen“ (1967), dem spartanischen, aber ungemein stimmungsvollen Plattendebüt mit samtenen Songs zur Gitarre und Hits wie „Suzanne“, bis hin zu „Dear Heather“ (2004), einem Kompendium dunkler Poeme im Popgewand und Plauderton. Es sind im Kern unspektakuläre Lieder, deren Kraft auf der Klarheit und der Knorrigkeit, letztlich auch der Intellektualität ihrer Wirkung beruht. Die „Complete Studio Albums Collection“ ist übrigens Resümee und Vorgeschmack zugleich. Denn Cohen, der inzwischen auch zum buddhistischen Mönch geweiht wurde, nachdem er fünf Jahre lang in klösterlicher Einsamkeit seine Depressionen mit Spiritualität und Demut bekämpft hatte, hat angekündigt, nach acht Jahren Pause im Frühjahr 2012 ein neues Studiowerk zu präsentieren. Dann kann der Poet außerdem seinen 78. Geburtstag feiern und mit ein wenig Gelassenheit auf ein Leben zurückblicken, in dem er viel erreicht hat, wenn auch nicht immer das, was er eigentlich wollte. Paul Hammerthal

UNIVERSAL Das mit den Haaren hatte Regisseur John Waters („Hairspray“) bestimmt von Dusty Springfield. Denn die Britin aus dem Londoner Vorort Hampstead ließ sich nur selten ohne ihre kunstvoll aufgetürmten Frisuren in der Öffentlichkeit blicken. Sie waren ihr Markenzeichen, ähnlich wie der Motown-nahe Sound, der ihr zu dem Ruf verhalf, die erste weiße Soulsängerin von Rang zu sein. Jedenfalls schaffte es Dusty Springfield Mitte der 60er, als sonst alle Beatles hörten, zur beliebtesten Popsängerin Englands gewählt zu werden. Hits wie „I Only Want To Be With You“ gehörten zu jeder besseren Party, und so hat auch „Goin’ Back – TheDefinitive Dusty Springfield“ reichlich Ohrwürmer von den frühen Jahren bis hin zum Comeback in den 90ern zu bieten. Spannender noch sind aber die Raritäten, die Mitschnitte aus den BBC-Archiven, überhaupt das ganze Drumherum, das die Karriere dieser ungewöhnlichen Sängerin ausmachte. Auf vier CDs, drei DVDs ergänzt um zwei Bücher und Fotos, kann man die Erfolgsjahre nachvollziehen. Das ist Kulturgeschichte in Pink. Sascha Fröhlich


CAN (v.l.n.r.): Michael Karoli, Holger Czukay, Irmin Schmidt, Jaki Liebezeit

CAN „Tago Mago – 40th Anniversary Edition“ SPOON RECORDS/WARNER

1997 wurde der Neue Musik-Papst Karlheinz Stockhausen von einer deutschen Wochenzeitung gebeten, mal verschiedene Krautrockaufnahmen von Tangerine Dream bis Amon Düül II durchzuhören. Doch nur einem Song gab er die Höchstnote. „Die Grundhaltung ist musikalisch forschend“, so Stockhausen über „Aumgn“ aus dem dritten Album „Tago Mago“ der Kölner Band Can. Diese Einschätzung gilt eigentlich für das gesamte Album, das 1971 als Doppelvinyl erschien und Bands wie Sonic Youth und Radiohead beeinflusste. Psychedelische Soundschleifen und dämonische Klanggewitter, telepathische Grooves und hypnotisch wilde Trommelfeuer zogen sich durch die gerade mal sieben Stücke. Und um den rituellen Charakter radikal auf die Spitze zu treiben, setzte Sänger Damo Suzuki etwa in „Peking O“

seine Stimmbänder orgiastisch unter Starkstrom. Vor genau 40 Jahren ist dieses Rockmanifest erschienen, das nach dem Piratenfelsen „Isla de Tagomago“ an der Küste Ibizas benannt wurde. Anlässlich des runden Geburtstags erscheint es nun in einer Sonder­edition mit zwei CDs. Der revolutionären Energie der originalen Studio-Aufnahme kann man sich dabei weiterhin nicht entziehen, und wie exzessiv und schweißtreibend Can damals auch auf der Bühne zu Werke gegangen sind, dokumentieren drei unveröffentlichte Livemitschnitte von 1972. Neben den „Tago Mago“-Stücken „Mushroom“ und „Halleluwah“ ist es da vor allem die halbstündige Fassung von „Spoon“ (aus „Ege Bamyasi“), in der Can zu BluesSchamanen mutierten. Einfach irre – gut. Guido Fischer Besonderheit: Noch bis 18. 12. zeigt das Berliner Künstlerhaus Bethanien die Ausstellung „Halleluwah – Hommage à CAN“.

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MEDIA-MIX

Ein Prise Jazz: die 1969 gegründete Combo King Crimson

CD + DVD: King Crimson „Starless & Bible Black“, „Discipline“ DISCIPLINE/GALILEO Zwei Alben aus ganz unterschiedlichen Phasen von King Crimson: Zwar hat sich die Besetzung des Quartetts um den Perfektionisten Robert Fripp zwischen 1974 und 1981 nur auf zwei Positionen verändert, und trotzdem erleben wir hier zwei komplett unterschiedliche Bands. „Starless And Bible Black“ ist ein Jazzrockalbum im Kontext der mittleren 70er Jahre. Streckenweise klingt die Band mit elektrischer Gitarre, Geige, Bass und Schlagzeug, als wollte sie den Faden aufnehmen, den das Mahavishnu Orchestra bereits zu verlieren drohte. Auf „Discipline“ hingegen verfolgt die Band einen nervösen Strukturalismus. Die einstigen Prog-Helden waren in der Verknappung des Postpunk angekommen, hatten mehr mit den Talking Heads gemein als mit ihren eigenen Ursprüngen, finden aber in einzelnen Passagen doch überraschend zum Progrock zurück. Das Bonusmaterial auf CD und DVD ist eher etwas für eingefleischte Fans. Wolf Kampmann Info: Zu den King-Crimson-Erben von heute zählen Porcupine Tree und Zun Zun Egui.

DVD: Paul McCartney „The Love We Make“ EAGLE VISION/EDEL Es war ein wichtiges Ereignis für die USA. Ein halbes Jahr nach Nine-Eleven fand in New York ein Benefizkonzert statt, bei dem Musiker von The Who bis Paul McCartney spielten. Letzterer ließ sich im Vorfeld, bei Proben und backstage von den Kameras von Albert Maysles („Gimme Shelter“) begleiten. Daraus entstand ein rund 90-minütiger Film mit viel Musik, der unter dem Titel „The Love We Make“ auf DVD und BluRay erschienen ist. Es ist ein Zeitdokument mit viel Intensität und einem Künstler, der selten zuvor die Objektive so nah an sich heran gelassen hat. Ralf Dombrowski

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CD + DVD: Motörhead „The World Is Ours Vol. 1“ MOTÖRHEAD MUSIC/EMI Wer 1971 behauptet hätte, Rock’n’Roll sei die Musik schmutziger alter Männer, hätte sich von den damaligen Protagonisten eine Ohrfeige eingefangen. Dabei war Lemmy Kilmister (66) doch eigentlich schon immer alt, und schmutzig sowieso: Damals hauste er in der übelst beleumundeten Hawkwind-Kommune und haute sich in krassem Widerspruch zu deren höchst abgespaceter Auslegung des Hippie-Lebensstils die

Birne mit Speed zu, bis die Zähne knirschten, sang den einzigen Hit „Silver Machine“ und ließ sich nach drogenbedingter Verhaftung bereitwillig feuern, um fortan der Welt die pure Dreckfaust auf Auge und Ohr zu knallen. So geht das jetzt seit 36 Jahren, und „objektiv“ betrachtet wird es immer reiner, besser und perfekter. Weniger unvoreingenommen Gesinnte mögen meckern, es gebe schon genug (nämlich fünf) Motörhead-Livealben mit „Ace Of Spades“ und „Overkill“ drauf, und außerdem sei die Zeit, als diese beiden Songs entstanden, die vom epochalen (eben!) Livealbum „No Sleep Til Hammersmith“ gekrönten Jahre 1976 bis 82, sowieso die größte und einzige gewesen, die zählt. Mag sein. Aber es hat seinen Reiz, Lemmy anhand neuer Versio­ nen des trotz vielen jüngeren Songs immer Gleichen beim Altern zuzuhören wie einem guten Rotwein – allerdings ist er stimmlich inzwischen manchmal knapp vor dem Kippen, was indes den Reiz seltsamerweise noch steigert. Die DVD derselben Mitschnitte ist eine Zugabe für die Fans, die nicht davor zurückschrecken, eine Urgewalt wie Motörhead auf dem heimischen Sofa „nachzuempfinden“. Michael Sailer


tourneen POP, Rock & co

tourneen klassik

Alle Tourneedaten fortlaufend aktualisiert und mit genauen Orts­an­ga­ben finden Sie unter sonomagazin.de

Alle Tourneedaten fortlaufend aktualisiert und mit genauen Orts­an­ga­ben finden Sie unter sonomagazin.de

b

a

The BossHoss 9.3. Oberhausen 10.3. Leipzig 16.3. München 23.3. Hamburg 24.3. Berling 30.3. Stuttgart 31.3. Offenbach

ensemble amarcord 1.12. Dresden 2.12. Eisenach 3.12. Eisenach 4.12. Eisenach 17.12. Leipzig 18.12. Berlin 20.12. Dresden 22.12. Walkenried 20.1. Rüsselsheim 21.1. Wildeshausen

c Tony Christie 1.2. Heilbronn 2.2. Bonn 4.2. Fellbach 5.2. Berlin 7.2. Frankfurt 8.2. Hamburg

d Lucio Dalla 15.3. Düsseldorf 17.3. Hamburg 22.3. Bremen 23.3. Frankfurt 24.3. Freiburg 27.3. Stuttgart 28.3. München 30.3. Berlin Die Fantastischen Vier 13.12. Münster 14.12. Düsseldorf 16.12. Leipzig 17.12. Braunschweige 18.12. Augsburg 20.12. Wien 21.12. Regensburg 22.12. Stuttgart

David Sylvian: der Insider

SONO p räs e n t i e rt: David Sylvian David Sylvian ist der Rätselhafte, einer von denen, deren musikalische Phantasien immer opulenter und zugleich verschlüsselter werden. Unlängst erst hat sich der Sänger, Konzeptkünstler und einstige Kopf der Pop-Visionäre Japan mit „Died In The Wool – Manafon Variations“ (Samadhisound/Galileo Music) tiefer noch in seinen kammermusikalischen Kosmos vorgewagt als bisher und Songarchitekturen geschaffen, die in der zeitgenössischen Klassik ebenso ihren Platz haben wie im Umkreis von Remixing und fortgeschrittenem Pop und Songwriting. Wer aber den introvertierten Briten mit dem schönsten Bariton der Insel wirklich verstehen will, der hat im März bei vier Konzerten in Köln, Berlin, Frankfurt/Main und Stuttgart dazu die Gelegenheit. Und es hat wenig Sinn, mit den Tickets zu warten. Denn die Karten für die raren Auftritte von David Sylvian sind in der Regel schnell vergeben. Mit Recht, denn diese Abende sind etwas Besonderes! Sascha Fröhlich Tournee: David Sylvian spielt 2012 in Köln (7.3.), Berlin (16.3.), Frankfurt/Main (19.3.) und Stuttgart (20.3.). www.sonomagazin.de

m Milow 11.12. Kempten 12.12. München 13.12. Dresden James Morrison 7.3. Hamburg 11.3. Köln 13.3. Berlin 14.3. Offenbach 19.3. München Ina Müller & Band 1.12. Bremerhaven 2.12. Kiel 3.12. Hannover 9.12. Bremen 10.12. Flensburg 11.12. Braunschweig 15.12. Hamburg 16.12. Hamburg

7.1. Leipzig 8.1. Dresden 12.1. Rostock 13.1. Erfurt 14.1. Frankfurt 21.1. Berlin 22.1. Chemnitz 23.1. Zwickau 27.1. Wetzlar 28.1. Trier

Nena 9.12. Bamberg 11.12. Berlin 12.12. Neu-Ulm 15.12. Düsseldorf 16.12. Braunschweig 11.1. Chemnitz

n

Randy Newman 4.3. Frankfurt a. M. 6.3. Stuttgart 8.3. München 13.3. Berlin

Naturally 7 25.1. München 26.1. Mainz 27.1. Stuttgart 29.1. Köln 31.1. Hamburg 1.2. Berlin

Night of the Proms feat. Seal & Alison Moyet 2.12. Erfurt 3.12. Berlin 6.12. Mannheim 7.12. Stuttgart

8.12. München 9.12. München 10.12. München 11.12. München 13.12. Dortmund 14.12. Dortmund 16.12. Köln 17.12. Köln 18.12. Oberhausen

r Chris Rea 3.2. Hamburg 4.2. Berlin 20.2. Stuttgart 22.2. München 25.2. Mannheim 26.2. Dortmund 28.2. Frankfurt

Anna Netrebko & Erwin Schrott 6.1. Hannover 9.1. Mannheim 26.1. Stuttgart Kolja Blacher 2.12. Berlin 10.12. Ossiach (A) 15.12. Landshut 16.12. Neumarkt 18.12. Viersen 24.2. Mainz Gábor Boldoczki 2.12. Saarbrücken 6.12. München 7.12. Amberg 8.12. Fürth 9.12. Füssen Khatia Buniatishvili 25.11. Lucerne (CH) 29.11. Berlin 2.12. Stuttgart 9.12. Mainz 10.12. Aschaffenburg 12.12. Wien (A) 2.3. München

c Cuarteto Casals 10.1. Rotterdam (NL) 11.1. Tilburg (NL) 16.1. Brüssel (BE) 17.1. Den Haag (NL) 10.2. Berlin Ray Chen 11.1. Elmau 13.1. Elmau 15.1. Gütersloh Trio Di Clarone 7.12. Ludwigshafen 20.2. München 26.2. Dessau

d Xavier De Maistre 15.12. Stuttgart 16.12. Stuttgart 18.12. Karlsruhe

19.1. 21.1. 16.2. 19.2.

Wien (A) Zürich (CH) St. Gallen (CH) Leipzig

Gustavo Dudamel 10.12. Wien (A) 11.12. Wien (A)

e Quatuor Ebène 3.12. Schweinfurt 4.12. Neuss 17.12. Zug (CH) 20.1. Heidelberg 3.2. Salzburg (A) 13.2. Bern (CH) 14.2. Basel (CH)

f Isabelle Faust 2.12. Genf (CH) 4.12. Schwetzingen 10.1. Solingen 11.1. Remscheid 18.1. Heilbronn 20.1. Berlin 24.1. Kempen 25.1. Bamberg 26.1. Mosbach 29.1. Boswil (CH 30.1. Donaueschingen 2.2. Vervey (CH) 26.2. Martigny (CH) 28.2. Zürich (CH)

g Sol Gabetta 4.12. Essen 6.12. Freiburg 7.12. Frankfurt 9.12. VillingenSchwenningen 10.12. Baden-Baden 13.12. Bamberg 14.12. Berlin 15.12. Köln 17.12. Landau 18.12. Essen 19.12. Osnabrück 21.12. Stuttgart 11.1. Hamburg 21.1. Lörrach 26.1. Hannover 27.1. Fribourg (CH) 28.1. Bern (CH) 1.2. Berlin 2.2. Bremen 3.2. Münster 4.2. Bielefeld 5.2. München 23.2. Chur (CH) Elina Garanca 19.12. Berlin 22.12. Berlin Angela Gheorghiu 11.2. Essen 27.3. Hamburg 30.3. Hamburg 4.4. Hamburg

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tourneen jazz / world Vadim Gluzman 25.12. Dresden 26.12. Dresden 7.2. Schleswig 8.2. Flensburg 9.2. Husum 10.2. Rendsburg Howard Griffiths 2.12. Köln 9.12. Frankfurt/Oder 10.12. Potsdam 11.12. Zürich (CH) 15.12. Hannover 16.12. Hannover 17.12. Leipzig 18.12. Hannover 21.12. Biel (CH) 22.12. Biel (CH) 27.12. Berlin 28.12. Berlin 30.12. Frankfurt/Oder 31.12. Frankfurt/Oder 1.1. Potsdam 2.1. Frankfurt/Oder 17.1. Zürich (CH) 18.1. St. Gallen (CH) 19.1. Genf (CH) 20.1. Bern (CH) 29.1. Potsdam Vittorio Grigolo 6.12. Zürich (CH) 9.12. Zürich (CH) 13.12. Zürich (CH) 16.12. Zürich (CH) 30.12. Berlin 3.1. Berlin 29.1. Berlin 3.2. Berlin 10.2. Berlin Tal / Groethuysen 04.12. Bad Säckingen 26.1. Darmstadt 29.1. Bordesholm 22.2. Winterthur (CH)

h Daniel Hope 8.12. Bielefeld 14.3. Berlin 15.4. Münster Maximilian Hornung 18.12. Wundsiedel 28.12. Lenzerheide (CH) 30.12. Scuol (CH) 2.1. Chur (CH) 3.1. Arosa (CH) 6.1. Pontresina (CH) 7.1. Ilanz (CH) 11.1. Elmau 22.1. München 7.2. Kiel 10.2. Nürnberg 11.2. Illertissen

k Sharon Kam 1.12. Berlin 5.12. Berlin 28.1. Salzburg (A)

28

6.2. Mannheim 7.2. Mannheim 10.2. München Milos Karadaglic 2.12. Berlin 3.12. Hamburg 5.12. Düsseldorf 6.12. Bielefeld 7.12. Münster 9.12. Köln 10.12. Frankfurt Vesselina Kasarova 2.12. München 5.12. München 30.4. Wien (A) Amir Katz 3.12. Berlin 18.12. Wien (A) Concerto Köln und Harald Schmidt 14.1. Kiel 15.1. Lübeck 21.1. Düseldorf 22.1. Frankfurt 27.1. Nürnberg 29.1. München 18.2. Stuttgart 2.3. Bremen 3.3. Bielefeld 4.3. Dortmund Simone Kermes 8.12. Bochum 9.12. Bochum 10.12. Hamm 2.1. Elmau 26.1. Hamburg Gidon Kremer 26.11. Zug (CH 2.2. Ludwigshafen 3.2. Freiburg 5.2. Amsterdam (NL)

l Lang Lang 2.2. Genf (CH) 9.2. Frankfurt 11.2. Düsseldorf 21.2. Hamburg 23.2. Baden-Baden 26.2. Dresden 28.2. Berlin

m Nils Mönkemeyer 2.12. Bonn 18.12. München 19.1. Mönchengladbach 14.2. Wiesbaden 19.2. Berlin 27.2. Bremen 28.2. Bremen Olli Mustonen 12.1. Hannover 13.1. Hannover

o

s

Dorothee Oberlinger 3.12. Luzern (CH) 4.12. Basel (CH) 5.12. Bern (CH) 6.12. Zürich (CH) 10.12. Leer 11.12. Berlin 31.12. München 2.1. Erlangen 14.1. Weingarten 12.2. Köln 26.2. Heidenheim 27.2. Salzburg (A) 28.2. Wien (A)

Mikhail Simonyan 29.1. Bielefeld 30.1. Münster 31.1. Berlin

David Orlowsky 2.12. Essingen 3.12. Berlin 4.12. Nürtingen 5.12. Hamburg 6.12. Leipzig 7.12. Regensburg 8.12. Bochum 9.12. Papenburg 21.1. Berlin

Baiba Skride 1.12. Innsbruck (A) 2.12. Innsbruck (A) 18.1. Heidelberg Martin Stadtfeld 13.1. Köln 16.1. Viersen 17.1. Braunschweig 18.1. Hamburg 26.1. Grünwald/ München 27.1. Stuttgart 29.1. Nürnberg 3.2. Frankenthal 4.2. Essen 8.2. Wuppertal 9.2. Wuppertal 25.2. Bad Wildungen 26.2. München

Alice Sara Ott 4.12. Berlin

t

p

Nikolai Tokarev 4.12. Erlangen 10.12. München 8.1. Zug (CH) 15.1. Bremen 16.1. Bremen 17.1. Bremen

Murray Perahia 7.12. Berlin 22.12. Berlin Olga Peretyatko 3.12. Karlsruhe 29.1. München 19.2. Lausanne (CH) 22.2. Lausanne (CH) 24.2. Lausanne (CH) 26.2. Lausanne (CH) Hille Perl 1.12. Darmstadt 2.12. Stuttgart 3.12. Berlin 28.1. Bad Säckingen 29.1. Neuss 30.1. Freiburg 5.2. Duisburg

q Emerson String Quartet 20.1. Genf (CH) 22.1. Zug (CH) 23.1. Ludwigshafen Juilliard Quartet 15.1. Leer 18.1. Würzburg Hagen Quartett 1.12. Wien (A) 25.1. Groningen (NL) 26.1. Kaiserslautern 27.1. Freiburg 28.1. München 1.2. Salzburg (A) 2.2. Wien (A)

v Jan Vogler 16.12. Saarbrücken 18.12. Saarbrücken 8.2. Wuppertal Klaus Florian Vogt 29.11. Frankfurt 14.12. Dresden 17.12. Dresden 30.12. Berlin 31.12. Berlin 5.1. München 8.1. München 12.1. München 21.1. Berlin 27.1. Berlin

w Carolin Widmann 11.1. Winterthur (CH) 20.1. Berlin 27.1. Salzburg (A) 29.1. Salzburg (A) 30.1. Salzburg (A) 4.2. Salzburg (A) 17.2. Amsterdam (NL) 23.2. Halle

Alle Tourneedaten fortlaufend aktualisiert und mit genauen Orts­an­ga­ben finden Sie unter sonomagazin.de

13.12. Köln 14.12. Tilburg (NL) 15.12. Essen

a

Pablo Held Trio 13.12. Mannheim 17.12. Villingen 20.1. Hamburg 3.2. Dortmund 21.2. Berlin

John Abercrombie & Marc Copland 19.1. Neustadt 20.1. Braunschweig 22.1. Wien (A)

b Battles 6.12. Frankfurt/Main 7.12. Berlin Dean Brown 3.12. Tilburg (NL) 4.12. Berlin 10.12. Wien (A) 12.12. Basel (CH) 13.12. München 14.12. Zülpich 15.12. Kassel 16.12. Rotterdam (NL) 17.12. Minden

c Uri Caine Acoustic Trio 21.1. Amsterdam (NL) 24.1. München 26.1. Antwerpen (B) 28.1. Neuburg 29.1. Wien (A) Paul Carrack & SWR Big Band 6.12. Mannheim
 7.12. Tuttlingen
 8.12. Karlsruhe
 9.12. Stuttgart
 14.12. Willstädt
 15.12. Zürich

d Barbara Dennerlein 27.1. Kleve

e Echoes Of Swing 6.12. Duisburg 7.12. Witten 17.12. Zürich (CH) 31.12. Elmau Sidsel Endresen & Humcrush 8.12. Wien (A) 9.12. München 10.12. Dresden 11.12. Bern (CH)

h

Jasper van’t Hofs Pili Pili 12.1. Osnabrück 13.1. Detmold 14.1. Hannover 15.1. Bremen 16.1. Hamburg 17.1. Bochum 18.1. Bonn 19.1. Mannheim 20.1. Ravensburg 21.1. Frick (CH) 22.1. Karlsruhe 24.1. Wien (A) 25.1. Ingolstadt 26.1. Frankfurt/Main 27.1. Tübingen 28.1. Bayreuth

i Dieter Ilg 27.1. Neunkirchen 28.1. Gschwend 29.1. Biberach 4.2. Donaueschingen 8.6. Oldenburg

j Äl Jawala 2.12. Rostock 7.12. Potsdam 8.12. Schwerin 9.12. Dresden 10.12. Plauen 11.12. Bamberg 15.12. Kiel 16.12. Lübeck 17.12. Flensburg JazzIndeed & Michael Schiefel 15.1. Berlin 17.1. Karlsruhe 18.1. München 20.1. Ulm 21.1. Villingen

k Klazz Brothers 4.12. Nürnberg 8.12. München 9.12. Vilsbiburg 10.12. Minden


Besondere Hörempfehlungen

11.12. Hameln 12.12. Bargteheide 13.12. Peine 16.12. Bünde 17.12. Bochum 21.12. Hannover 22.12. Berlin

l Lisbeth Quartett 10.12. Bad Salzhausen 12.12. Leipzig 1.2. Saarbrücken 5.2. Kiel Jeff Lorber 1.12. Dresden 2.12. Berlin 5.12. Aschaffenburg 6.12. Tilburg (NL) 7.12. Tilburg (NL) 8.12. Zoetermeer (NL) 11.12. Krefeld 13.12. Leverkusen 19.12. Wien (A)

m Nils Petter Molvaer 2.12. Nürtingen 3.12. Wien (A)

n Nighthawks 17.1. Kiel 18.1. Wilhelmshaven 19.1. Hamburg

r radio.string. quartet.vienna 7.12. Fürstenfeld 8.12. Gauting 9.12. Pullach 21.1. Dortmund 2.2. Steyr (A) 3.2. Feldafing 4.2. Innsbruck (A) 5.2. Salzburg (A)

t Tamikrest 1.12. Erlangen 2.12. Geislingen 3.12. Aarau (CH) 4.12. Bern (CH) 5.12. Frankfurt/Main 6.12. Heidelberg 8.12. Köln 9.12. Stuttgart 12.12. Berlin Ralph Towner & Paolo Fresu 8.2. Dudelange (L)

POETICA DIE SINNLICHSTE VERSCHMELZUNG VON POESIE & KLASSIK Jeff Tweedy, Mikael Jorgensen: Americana mit Stehlampe

So hat man Klassik & Poesie noch nie gehört: Hannes Jaenicke, Martina Gedeck, Ina Müller, Ulrich Tukur und viele weitere Stars lesen ihre Lieblingsgedichte, untermalt und verwoben mit passender klassischer Musik. Die CD bildet und ist Balsam für die Ohren zugleich.

B li c k z u rüc k :

Bohème Blues Wilco, München Am Vorabend, meint John Tweedy, hätten sie in einem Opernhaus gespielt. Nun also Zirkus, er finde das gut. Ein Quäntchen Koketterie schwingt da mit, aber das stört niemanden. Schließlich sind Wilco dafür bekannt, mit den Zeichen des Establishments zu spielen, nicht vehement, eher dezent. So halten es die Chicagoer Post-Folk-Rocker auch im Münchner Circus Krone. Das Konzert findet vor einem zerknitterten Samtvorhang statt, Tweedy selbst präsentiert sich im Anzug mit Hut, und die Musik wirkt angenehm eingängig. Ein bisschen moderne Bohème trifft Varieté, ein wenig Stadtblues intellektuelle Spielarten des Countrysounds

9.2. Trier 10.2. Berlin 14.2. Esslingen

u Gebhard Ullmann Conference Call 1.12. Wien (A)

und aktuelles Repertoire wie „I Might“ und „One Sunday Morning“ reichlich Lieder früherer Jahre. Der Spaß an der Musik besteht dabei nicht nur in der verschmitzten Verkleidung USamerikanischer Alltäglichkeiten, sondern auch in den Querschlägern, die die angedeutete Harmonie relativeren. So sägt Gitarrist Nels Cline immer dann in den Wohlklang, wenn dieser zu bieder zu werden droht. Und Glenn Kotche setzt der akustischen Heimeligkeit drastische Schlagzeug­ exkurse entgegen. Das ist die Haltung, weshalb Wilco derzeit zu den Lieblingen der Kritik gehörten. Und das sorgt auch für das Vergnügen, das das Publikum mit zwei Stunden Americana für Fortgeschrittene hat. Ralf Dombrowski

2.12. Dachau 3.12. Taubenbach 5.12. Krems (A) 6.12. Marburg 7.12. Münster 8.12. Karlsruhe 9.12. Eschen (FL) 10.12. Lausanne (CH)

JAZZ FOR DINNER 3 Die schönsten Songs für einen stimmungsvollen Abend auf einer Doppel-CD. Wundervolle Songs aus Pop und Jazz ausgewählt von der Brigitte-Redaktion. Mit Künstlern wie Norah Jones, Lyambiko, Melody Gardot, Rumer, Jamie Cullum, Till Brönner, Silje Nergaard und vielen anderen Stars.

w

SCHÖNHERZ & FLEER BEST OF RILKE PROJEKT

Ernie Watts Quartet 2.12. Neuburg 3.12. Göppingen 4.12. Basel (CH) 9.12. Siegen 10.12. Frankfurt/ Main

Die schönsten Gedichte Rainer Maria Rilkes in Zusammenklang mit den bewegenden Kompositionen von Schönherz & Fleer. Jetzt gibt es das Beste aus 10 Jahren Rilke Projekt auf einer CD, mit Hardy Krüger, Xavier Naidoo, Iris Berben, Ben Becker, Nina Hagen, Montserrat Caballé u.v.a.

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www.sonymusicclassical.de


der Promihörer

Kulturzeit, ARD-Morgenmagazin, inzwischen eine wöchentliche Wissensrunde bei 3sat. Das geht nur, wenn man sich die Neugier erhält. Auch auf Musik.

Welche Platte haben Sie sich als erste selbst gekauft?

Das war das blaue Album von den Beatles, das ich dann die nächsten Jahre rauf und runter gehört habe (und das jetzt erstaunlicherweise mein Sohn hört). Welches Instrument haben Sie gelernt? Lernen? Na ja. Eher dilettieren. Gitarre bei einem Freund, der klassische Gitarre lernte und extrem gut war (ich habe dann viel später und viel schlechter in einer Band gespielt). E-Bass im Selbstversuch. Klavier beim Pfarr-Organisten, eine elende Erfahrung, die nur anderthalb Jahre dauerte. Im Anschluss dann bis heute (leider) nur alleine. Trompete zunächst als Autodidakt (was die vielen technischen Mängel erklärt) und in der Zeit, in der ich Morgenmagazin moderiert habe, bei Manfred Schoof (danke!!!). Was war Ihr bisher eindrucksvollstes Konzerterlebnis? Es gab einige. Das stärkste vielleicht, weil es ein Erlebnis voller Wucht war, das mich noch Wochen danach wach gemacht hat, war Eric Clapton in Frankfurt. Ansonsten glaube ich Emil Gilels in Berkeley (für rund drei Dollar, als Student). Sind Sie auch mal selbst als Musiker aufgetreten? Mit den Nachbarjungs in der üblichen Garagenband (mit alten

Radios und frisierten Bandmaschinen als Verstärkern) – und später mit einer Band aus Studentenkollegen bei Festen und im Jugendclub. Wir haben einige Jahre zusammen gespielt. Was singen Sie am liebsten unter der Dusche?

Essen gerne durcheinander: Da kann Chopin sich mit Kings of Convenience und Nils Landgren abwechseln. Wessen Stimme könnten Sie ewig lauschen? Barbara Hendricks. Und Barbra Streisand. Der beste Soundtrack zum Joggen: Alles was den richtigen Rhythmus zum Laufen hat, was gerade neu ist. Und seltsamerweise Rolling Stones. Ihr Lieblingsinstrumentalist: Nicht sehr innovativ, das zu sagen: Aber auch hier wechselt die Präferenz – nicht zuletzt mit dem Instrument. Im Moment wieder Chet Baker. Gefolgt von Trombone Shorty, Murray Perahia und Michael Rische. Welche Musik haben Sie sich als letztes gekauft? Wilco („The Whole Love“) sowie Carl Philipp Emanuel Bach, Klavierkonzerte Wq 23, Wq 112/1, Wq 31, gespielt von Michael Rische, den ich für den besten deutschen Pianisten halte. Bei welcher Musik bekommen Sie Ganzkörperausschlag? Bushido, der jetzt auch noch einen Integrationsbambi erhalten hat. Wen integriert der eigentlich? Ihr Album für die einsame Insel: Genesis „Trick of the Tail“, Mozarts „Moll-Klavierkonzerte“ und „Islands“ von Benny Bailey (sorry, aber ich kann nicht mit einem Album auf eine Insel). Sind Sie eher der High-End – oder der MP3-Typ? Definitiv High-End – obwohl ich im Zug oder Flugzeug natürlich MP3 höre, notgedrungen. Nach welchen Kriterien ordnen Sie ihre Plattensammlung? Nach Genre. Blöd wird das nur, wenn sich etwas überlappt, besonders bei Klassik. Welchen Songtext können sie auswendig? Dadada.

Erscheinungstermin der nächsten Ausgabe: 9. Februar 2012 30

Foto: Jürgen Bauer

Gert Scobel

Nichts. Ich will das nicht hören. Mein Hund erst recht nicht. Und der Rest der Welt vermutlich auch nicht. Aber ich gebe zu: Manchmal singe ich ziemlich laut im Auto. Mit welchen Songs bringt man Sie auf die Tanzfläche? Mit so gut wie keinem. James Brown vielleicht, „Sex Machine“. Mit welchen wieder herunter? Mit so ziemlich allem. Übrigens auch mit allem, was wirklich gut ist – dann höre ich lieber zu. Mit welcher Platte testen Sie die Belastbarkeit ihrer Boxen? Carolyn Mas, „Sittin’ In The Dark“. Und Bruce Springsteen: „Racing In The Street“. Was läuft bei Ihnen zum Sonntagsbrunch? Kommt wirklich auf meine Stimmung an. Ich höre anders als beim


wieder label des jahres ECHO Jazz 2010 & 2011 get the spirit of jazz - highlights 2011:

landgren der jazz-romatiker: „wer zuhört kann kaum anders, als vom charme dieser musik hingerissen zu sein“ (stern)

„ein phänomen“ (sz): polens populärster jazzer verneigt sich vor dem urvater des polnischen jazz, krzysztof komeda.

ein naturereignis an den tasten (jazzthing): „jazzalbum des jahres“ der deutschen schallplattenkritik

nils landgren the moon, the stars and you ACT 9505-2

leszek możdżer komeda ACT 9516-2

gospel durchdrungen, blues und soul durchtränkt: sand singt klassiker von nina simone bis bill withers. mit raul midón.

musikalischer liebesbrief an herbie hancock: tolstoy interpretiert klassiker und 80er funk-songs aus dessen feder.

das erfolgsalbum der besten internationalen sängerin 2011 (echo jazz) plus bonus cd mit 4 bisher unveröffentlichten titeln.

„bewegendes hörerlebnis“ (rondo): „mit den ideen dieses albums bestreiten andere künstler ihre komplette karriere“ (stern)

ida sand the gospel truth ACT 9518-2

viktoria tolstoy letters to herbie ACT 9519-2

youn sun nah same girl collector’s edition ACT 6012-2 (2 CD-set)

caecilie norby & lars danielsson arabesque ACT 9723-2

iiro rantala lost heroes ACT 9504-2

hits von bob marley, janis joplin, led zeppelin, cream und den beatles im unwiderstehlichen world-jazzsound. nguyên lê songs of freedom ACT 9506-2

20 jahre ACT: jubilee nights mit der ACT family band in kooperation mit karsten jahnke: mit nils landgren, caecilie norby, michael wollny, lars danielsson, nguyên lê, wolfgang haffner, verneri pohjola, céline bonacina vom 2.2. - 5.2. in berlin, münchen, düsseldorf und hamburg ACT „piano - piano“ clubtour vom 7. - 12.2. u.a. mit leszek możdżer, yaron herman, jens thomas, danilo rea in berlin, dresden, köln, dortmund und münchen jetzt tickets sichern alle cd’s im fachhandel und auf allen gängigen downloadportalen. hörproben und weitere infos unter www.actmusic.com

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