Cross-Kontamination durch Krankenhauskeime von Patientenbett zu Patientenbett über die Bekleidung von medizinischem Personal und Pflegepersonal könnte damit bald Geschichte sein. 90 Prozent reduziertes Risiko Den Erfindern der neuen Technologie war es wichtig, ein Verfahren zu entwickeln, bei dem die Oberflächenentkeimung der Textilien in bekleidetem Zustand erfolgen kann, sodass aufwändige Umkleideprozesse und ständiger Kleidungswechsel während der Arbeit vermieden werden können. Die lichtinduzierte Desinfektion, im Englischen «Photosensitization», beschreibt eine Reaktion von Licht mit lichtadsorbierenden Molekülen. Lichtadsorbierende Moleküle werden auch als Photosensitizer bezeichnet, biologische Moleküle stellen in diesem Prozess das Substrat dar. Für den Ablauf der Reaktion ist Licht und die Anwesenheit eines Photosensitizers erforderlich. Photoreaktive Substanzen werden während des Prozesses nicht verbraucht. Diese Technologie ist in der Zahnmedizin in der Wurzelbehandlung gebräuchlich. Nunmehr wurde das Grundprinzip erfolgreich auf einem speziellen Reinraumgewebe (Dastat PDc, Standard PES) umgesetzt, für den Träger der Kleidung sicher und stabil in industriellen Wäscheprozessen, wie sie auch auf Arbeitskleidung im Gesundheitsbereich angewendet wird. Die mit der neuen Technologie durchgeführten wissenschaftlichen Prüfungen beim Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA zeigten, dass in 3,7 Minuten eine Keimreduktion bei E.coli von 90 % auf der Textiloberfläche und somit eine relative Risikoreduktion von 90 % erreicht wird. Die absolute Risikoreduktion hängt naturgemäss vom konkreten Anwendungsgebiet ab und der auftretenden Häufigkeit von Komplikationen, als mögliche Beispiele wären hier Anwendungen in der Onkologie, Neonatologie, Intensivstationen, Ward Rooms und Nachbetreuungseinrichtungen für Transplant-Patientinnen anzuführen. Die Untersuchungen zeigten auch, dass diese Technologie reproduzierbare Ergebnisse liefert. Für die Lichttechnologie werden vor allem Wellenlängen im sichtbaren Lichtbereich genutzt, wodurch sich
Testimonial von Fraunhofer zum Clean2015 Preis für die Technologie «Die Forschungs- und Entwicklungsgemeinschaft hat mit dem System ‹Desinfektion von Reinraumbekleidung mittels Licht› für klinische Bereiche, wo biologische Kontaminationen eine wesentliche Rolle spielen, einen innovativen Schritt in die klinische Zukunft gemacht. Die Idee, mit Hilfe eines spezifischen Textilfarbstoffes eine lichtinduzierte Sauerstoffproduktion als Desinfektionsmittel am ‹point of use›, also in unmittelbarer Nähe der Mikroorganismen zu nutzen, ist sehr vielversprechend. Um daraus ein fertiges Produkt zu machen, das dem rauen klinischen Alltag Stand hält, war die Zusammenarbeit des Reinraumtextilspezialisten dastex, des Dipl.-Biol. Markus Keller, Farbstoffherstellers M. Dohmen, des Gerätebauers Ortner Reinraumtechnik sowie der Fraunhofer Institute wissenschaftlichen Forschung der TU Graz und dem RCPE Graz unabdingbar. Die Zusammenarbeit hat ein innovatives Bekleidungssystem hervorgebracht, das basierend auf einer nachhaltigen Technik eine allfällige Keimbelastung der Textiloberfläche gezielt reduzieren kann. Die Jury für den Fraunhofer Reinheitstechnik-Preis «Clean2015» erachtet dieses Schleusenund Bekleidungssystem als geeignet für den Einsatz in biologischen Laboratorien, C- und D-klassierten Pharmareinräumen sowie im klinischen Umfeld, insbesondere Operationssäle und Intensivstationen. Die Merkmale des neuen Schleusen- und Bekleidungssystems: kliniktauglich, nachhaltig und interdisziplinär entwickelt, macht es zu einer vorbildlichen Innovation für kontaminationskontrollierte Umgebungen. Die Erstplatzierung im Rahmen des Fraunhofer Reinheitstechnik-Preis CLEAN! 2015 unterstreicht das Innovationspotential des neuen Schleusen- und Bekleidungssystems.» für die Anwender keine Gefahren ausgehend von Strahlenquellen ergeben. Eine von Ortner Reinraumtechnik GmbH und ihren Partnern spezielle entwickelte Lichttechnik stellt einen optimalen Dekontaminationsablauf sowie hohe Prozesssicherheit zur Verfügung. Diese Lichttechnik kann nicht nur in Sicherheitsschleusen, sondern auch in Arbeitsbereichen eingesetzt werden, wodurch eine dauerhafte, laufende Entkeimung auf dem Gewebe gegeben ist. Technologietransfer von der Pharmaproduktion und der Lebensmittelproduktion So wie sich die Flugzeug- und Fahrzeug industrie die Erkenntnisse aus der Raumfahrt und dem Rennsport zunutze macht, kann die Reinraumtechnik und vor allem deren Equipment für Dekontaminationstechnik aus der Arzneimittelproduktion
und der sauberen Herstellung von Lebensmitteln (z.B. das Clean Cloud Verfahren) für den Gesundheitsbereich nutzbar gemacht werden. Dazu sind die etablierten Prozesse und Verfahren entsprechend anzupassen. Baumwollfasern sind für derartige Verfahren ungeeignet, deshalb ist es notwendig, Bekleidungskonzepte auf atmungsaktive, hochwertige Polyesterfasern umzustellen, jedenfalls in jenen Bereichen, in denen eine laufende Oberflächenentkeimung am Gewebe von Vorteil für Patienten und das Personal ist. Ansprechpartner DI Dr. techn. Robert Gfrerer, MPH Ortner Reinraumtechnik GmbH Uferweg 7 A-9500 Villach robert.gfrerer@ortner-group.at
w w w. c c r e p o r t . c o m contamination control report
1/2016
39