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Mit scharfen Sinnen durch die Nacht
unten im Text. Zunächst ist nur folgendes wichtig: grundsätzlich können Forellen nachts gut sehen und gut Beute machen, kommen in besonders dunklen Nächten jedoch an ihre Grenzen. Auch das Wetter, vor allem die Wasserbewegung und Oberflächenstörung durch Wellen, kann es für die Fische leichter oder schwerer machen, erfolgreich zu jagen. Grundsätzlich bevorzuge ich –und ich denke auch die Forellen – ruhige Bedingungen und zumindest ein gewisses Maß an Licht. Unter solchen Bedingungen habe ich schon oft in mitten raubender Forellen gestanden – denn das ist der einzige Grund, warum die Forelle nachts nicht im Blasentang ruht: fressen, bis der Magen prall gefüllt ist!
Warum überhaupt nachts?
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Gedanken werden still, wenn die Ohren so genau hinhören müssen. Der einsame Fischer an der Küste lernt ganz neue Seiten des Meeres und seiner Bewohner kennen. Das Meeresleuchten des sommerlichen Meerwassers lässt die banale Ostsee wie einen fremden Planten erscheinen. Mitten in dieser die Sinne herausfordernden Welt kann man wundervolle Forelle fangen – und das auch noch auf spektakuläre Art an der
Oderfläche!
Eine der wichtigsten Erkenntnisse, die ich bei meinen nächtlichen Küstentouren gemacht habe, ist dass Dunkelheit nicht gleich Dunkelheit ist. Je nach Mondstand und -Phase, Jahreszeit, Wolkendecke und auch Vorhandensein von Kunstlicht sind Nächte unterschiedlich dunkel. Darauf reagieren Forellen sehr empfindlich, wie sich das im Einzelnen äußert, erkläre ich weiter
Doch warum tut sie das nicht während des Tages, könnte man sich nun fragen … Die einfache Antwort: Das tut sie, wenn sie es kann! Im Sommer jedoch sind die Jagdbedingungen an der Küste oft nicht optimal während des Tages. Klares Wasser, heller Sonnenschein, reichlich Vegetation (Verstecke für die Beute): das sind keine Zutaten für eine einfache Jagd. Da jedoch zeitgleich die Wassertemperaturen hoch sind, läuft der Stoffwechsel der Meerforelle auf Hochtouren – und er braucht jede Menge Energie. Da sich nachts viele Beutetiere der Forelle endlich aus ihren Verstecken wagen und manche sogar leichtsinnig genug sind, sich am besonders nahrungsreichen Oberflächenfilm zu laben, schlägt nun die Stunde der Jäger. Gegen den hellen Himmel zeichnen sich Silhouette und Bewegung der Opfer gut ab. Hunger, hohe Wassertemperaturen und reiche Beute sorgen in manchen Nächten für ein wahres Schlachtfest, währenddessen sich manche Forelle einen Meter weit aus dem Wasser schraubt.

Ich schätze die Richtung und Entfernung des Geräusches ab, beginne zu werfen und lasse im Schuss gut 20 Meter meiner Fliegenschnur durch die Finger gleiten. Ich erahne, dass die Schnur samt Vorfach und unbeschwerter Fliege sich geräuschlos und vor allem gestreckt abgelegt hat. Sehr langsam und gleichmäßig beginne ich nun, meine Fliege einzustrippen. Diese Fliegenführung erfordert ebenso wie das Lauschen in der Dunkelheit viel Konzentration. Meine innere Anspannung scheint sich auf die Luft um mich herum zu übertragen. Ich bin eins mit dem Meer, spüre die Bewegung meiner Fliege an der Oberfläche, höre an den Geräuschen in den Ringen, dass sich der Durchmesser meiner Schnur ändert. Doch nichts erfreulich Unerwartetes bemerke ich. Ich habe schon fast das Vorfach in den Ringen, als ich ein leises Glucksen direkt vor mir höre. Ich blicke konzentriert ins Dunkel und kann tatsächlich einen auseinanderlaufenden Ring entdecken. Sofort landet meine Fliege sacht im Zentrum des Ringes.
Im Flachwasser, zwischen dem Blasentang, hat sich ein Fisch gezeigt. Dank des Mondscheins konnte der Autor seine Fliege genau platzieren. Nun führt er sie mit höchster Konzentration durch den Jagdgrund der Forelle.
Das hoffe ich zumindest, sehen kann ich es nicht so recht. Wieder beginne die Fliege langsam einzuholen. Wieder passiert nichts. Es kann richtig entnervend sein: Sie stehen wahrlich mitten in raubenden Fischen und die sonst nicht gerade zimperlichen Meerforellen verschmähen völlig dreist jedes Angebot. Gerade die Nachtangelei bringt viele gestandenen Meerforellenangler ins Straucheln. Sieht man am Tage eine raubende Forelle vor sich, ist der Biss fast sicher – oder so ähnlich. Nachts sieht es oft ganz anders aus. Ich habe viel Lehrgeld bezahlt und zahle auch heute noch oft genug, ehe ich ein paar Regelmäßigkeiten beim Beißverhalten in der Nacht entdecken konnte. Bei diesem Thema wirklich ins Detail zu gehen, ist für einen groben Umriss der Nachtangelei, wie es dieser Artikel sein soll, nicht möglich. Eine einfache, doch ziemlich hilfreiche Regel: Weniger Licht – weniger Geschwindigkeit! Hinter diesen simplen Aussage stehen viele Stunden der Frustration, glauben Sie mir. Als Küstenangler muss man sich ohnehin erstmal auf eine wirklich langsame Fliegenführung einlassen und selbst gefühlt langsam ist oft noch zu schnell … In wirklich dunklen Nächten und bei wirklich diskreten Fischen bewege ich meine Fliege in Zeitlupe, gebe ihr manchmal auch nur Zupfer und lasse sie treiben.
Die besten Fische des Jahres
Ich muss etwas ändern! Der Wurf kam gut, der Fisch hat die Fliege sicherlich wahrgenommen. Doch irgendwas passt ihm nicht. Ich werfe in die gleiche Richtung wie zuvor, wieder nur zehn Meter weit. Doch ehe ich beginne, einzustrippen, warte ich vier, fünf Sekunden lang. Ein leises Plätschern genau dort, wo ich die Fliege vermute, lässt meinen Puls sprunghaft beschleunigen. Statt die Rute zu heben, mache ich einen schnellen, langen Stripp, ein wenig Zug kommt auf die Leine, dann etwas mehr. Ich ziehe die Rute zur Seite und sie ist krumm. In der Dunkelheit höre ich das satte Platschen einer Flosse. Alle Anspannung löst sich: es hat geklappt! Ein offensichtlich ordentlicher Fisch hat meine Schaumstoffliege im Stillstand von der Oberfläche gepflückt. Die Gegenwehr ist heftig, meine gesamte Schnur pfeift durch die Ringe. Weit draußen höre ich den Fisch wieder an der Oberfläche schlagen. Doch der Haken sitzt, mein 0,25er Mono-Vorfach lässt dem gegenüber wenig Raum. Nach ein paar Minuten ist der Fisch vor meinen Füßen und ich kann ihn, während er sich noch wild schüttelt, mit dem großen Kescher einfach einsacken. Ich wate Richtung Ufer, erst jetzt schalte ich die Kopflampe ein und kann meine Beute betrachten.
Im Blasentang liegend und Wasser durch die Kiemen pumpend liegt sie da: kugelrund und bestimmt Mitte Fünfzig, ein blauer Schimmer zieht sich über den Rücken. Dieser Fisch ist perfekt, er hat mir ein wundervolles Erlebnis beschert – voller Dankbarkeit setze ich ihn schnell zurück.
Ein toller Nebeneffekt der Sommerfischerei im Allgemeinen sind die Fische!
Sea Trout Fyn
Warum die Forellen im Sommer oft nachts aktiv sind, zeigt ein Blick mit der Kopflampe ins Wasser … die tagsüber oft unsichtbare Beute kommt aus ihren Verstecken und oft auch an die Oberfläche.

Da war eine! Während die Fischer mit einem Blick aufs Handy checken, ob sie auch genau am richtigen Platz stehen, bestätigt dies eine lautstark raubende Forelle.
Es braucht keine exakten Imitationen, um in der Nacht zu fangen. Größe, ungefähre Silhouette und vor allem die Bewegung der Fliege sind entscheidend! Mit diesen vier Mustern und einer 5er Schwimmschnur kommt der Autor in den meisten Fällen zurecht.




Niemals sonst trifft man an der Küste so viele fette und fitte Forellen an. Die Absteiger des Winters sind wieder bei Kräften, die Blankfische des Frühjahres sind kugelrund und echte Silver-Bullets und noch haben die zukünftigen Herbst-Aufsteiger kaum Laichprodukte ausgebildet, auch sie sind in Topform. Doch wir alle sollten auch angesichts der perfekt konditionierten Sommerfrische Maß halten! Wenn ein Platz mit guter Fischerei gefunden ist, läuft er häufig über Wochen und bringt tolle Fische auf Ansage. Selbst wenn wir nur einen Fisch am Tag entnehmen, kommt so ganz schön was zusammen. Viele der prächtigen Sommerforellen färben sich ab Juli, August bereits ein wenig und lassen vermuten, was bei ihnen in ein paar Wochen anliegt. Einigen von ihnen sollten wir diese Chance lassen.
Immer obenauf
Die Frage nach den richtigen Fliegen in der Nacht ist für mich recht schnell geklärt. Je nach vorhandener Beute benutze ich Muster mit Hakengröße 4 bis 10. Dunkle Muster fangen, helle aber auch, schwarz ist gut, aber wohl eher für den Fischer entscheidend als für den Fisch. Die Muster an sich sind nicht kompliziert. Ich benutze gern Gurgler, aber in manchen Nächten fangen Fliegen, die eine Idee tiefer unter der Oberfläche laufen, besser. Einfache Muster mit kleinem Schwänzchen und Körperhechel über üppig gedubbten Körpern fangen ihren Fisch. Wieder eine einfache, aber oft zutreffende Regel: Je lautstärker, schneller und ungestümer die Forellen an der Oberfläche jagen, desto besser funktionieren auf der Oberfläche schwimmende Muster wie Gurgler. Unbeschwert sind allerdings all meine Nachtfliegen, denn ich bin überzeugt, dass die Forellen den Großteil ihrer Beute an der Oberfläche schlagen.
Dieses Jagdverhalten ist auch schon der
Wegweiser zur Nachtforelle. Anders als am Tage ist die Angelei in der Nacht für mich nämlich nur sehr selten eine Blindfischerei – trotz der Dunkelheit. Im Gegenteil fische ich, wie damals beim Meeräschenfischen an der Küste, nur, wenn auch Fische am Platz sind. Da man in der Nacht aber eher selten so richtig viel sieht, ist es wie in der anfangs geschilderten Szene: ich warte und lausche. In so mancher Sommernacht habe ich kaum einen Wurf gemacht, weil ich schlicht keine Fische gehört habe. Ob sie nicht da waren oder einfach nicht aktiv? Ich weiß es nicht. Jedenfalls habe ich keinen Spaß daran, blind ins Dunkel zu fischen. Wenn ich nichts höre, laufe ich weiter, wenn auf einer längeren Strecke nichts zu hören ist, wechsle ich den Platz. Das kann echte Ausmaße annehmen: in manchen Nächten lausche ich an fünf, sechs oder mehr Küstenstrecken – ohne die Fliege nur einmal ins Wasser zu befördern. Das ist natürlich ein recht extremes Vorgehen. Sie können sich auch an einen bekannten, guten Sommer-Spot stellen und fischen, ab und zu lauschen und wieder fischen. An den meisten guten Plätzen kommt im Laufe der Dämmerung und der hereinbrechenden Nacht ein Fisch vorbei – und mancher wird Ihre Fliege nehmen. Jeder muss da seinen Weg finden.
Untypische Plätze und lange Nächte Aber was ist eigentlich ein „guter Sommer-Spot“? In der Literatur liest man, dass Sommerplätze zum Beispiel Riffe mit viel Strömung und Küstenstrecken mit tiefem Wasser unter Land sind. Tatsächlich habe ich an solchen Plätzen mitunter gut gefangen, doch vor allem in den ein, zwei Stunden um Sonnenuntergang und mit Beginn der Morgendämmerung. Mitten in der Nacht jedoch bevorzuge ich oft Sommer-untypische Küstenplätze. Rinnen, flache Muschelriffe und vor allem Flachwas- serbereiche sind für mich die besseren Nacht-Adressen, allerdings sollten Strömung und etwas tieferes Wasser zumindest in der Nähe sein. An diesen Plätzen treffe ich meist entweder ziemlich viele oder gar keine Fische an, sie laufen also oder erscheinen komplett fischfrei. Tatsächlich kommt es sogar immer wieder vor, dass die Aktivität auf einen sehr begrenzten Bereich innerhalb eines Platzes begrenzt ist.

Warum die Forelle sich hier in der Dunkelheit herumtreibt, ist einfach erklärbar: im strukturreichen Flachwasser gibt es viel Beute. Einige Bodentypen, vor allem einige Wasserpflanzen und Korngrößen des Substrates, beherbergen bestimmte Futtertiere, die zu der einen oder anderen Jahres- und Tageszeit aktiver sind als andere. Nachts sind im Sommer etliche dieser Tierchen aktiver als am Tage. Zudem kommt bei Sonnenschein und klarem Wasser die Forelle auch einfach nicht an ihre Beute im Flachwasser heran. In der Nacht ist das kein Problem. Weder scheut die Forelle selbst nun das flachste Wasser, noch können ihre Opfer sie frühzeitig entdecken. Die meiner Meinung nach wichtigsten Beutetiere, die wir in der Nacht zu imitieren haben, sind Garnelen, Wasserasseln und Würmer. Wie bereits erwähnt, ist dabei eine für uns visuell passende Imitation aber nicht nötig, ihre Größe und vor allem Bewegung an der Wasseroberfläche sind ausschlaggebend!
Da die gesamte Nachtfischerei wie ich sie betreibe, stark vom Vorhandensein und der Aktivität der Beute abhängt, ist es nur logisch, dass sie zeitlich begrenzt ist. Die Futtertiere haben manchmal nur kurze Aktivitätsphasen, die in den ein, zwei Stunden nach der Dämmerung liegen. Ebenso kann es aber sein, dass sie die ganze Nacht hindurch umherschwimmen und sich an der Oberfläche den Forellen geradezu anbieten. In solchen Nächten endet das Fressen der Forellen oft erst mit der Morgendämmerung. Da ich selbst kein Ende finden kann, wenn die Fische aktiv sind, fische ich dann bis zum Morgen durch. Früher steckte ich das locker weg, heute brauche ich ein paar Nächte Schlaf, um wieder „auf Spur“ zu sein. Doch diesen Preis zahle ich gern – es gibt kaum intensivere Angel-Erlebnisse für mich als das Oberflächenfischen des Nachts an der Küste.
Eine sehr aktiv fressende Forelle hat sich im nur 30 Zentimeter tiefen Wasser mehrfach gezeigt und letztlich die falsche beute gefressen.
Fast das Beste an der Sommerfischerei sind die Fische. Nie im Laufe des Jahres fängt man schönere und kräftigere Meerforellen.
Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Fliegenfishen, Teil von JAHR MEDIA, während einer Pressereise im Jahr 2022. Wie immer eine professionelle und künstlerische Erzählung mit fantastischen und wunderschönen Bildern. Meerforelle Fyn dankt Ihnen für die Verwendung dieses Artikels und aller Bilder, die einen großen Teil des Inhalts dieses Magazins ausmachen.
Mehr unter www.blinker.de
Fehlattacken an der Oberfläche sind recht häufig in der Nacht. Dies ist oft ein Zeichen für eine zu schnell geführte Fliege. Wenn die Fische jedoch sitzen, dann meist gut. Aussteiger sind eher selten.


