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Schlagzeug war Instrument des Jahres 2022

Erstmalige Auszeichnung für ein Schlaginstrument

Von Birgit Westphal

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Es kann laut, aber auch leise: Das Schlagzeug, engl. Drumset. Damit ist 2022 nach der Orgel (2021) und der Violine (2020) erstmals ein Schlaginstrument zum Instrument des Jahres erklärt worden, um ein breites Publikum für dieses zu begeistern.

Herkunft des Schlagzeugs

Der Name Drumset leitet sich vom engl. Wort „drums“ für Trommeln ab. Erste archäologische Trommelfunde aus Europa datieren in das 4. Jahrtausend v. Chr. Damit zählt die Trommel zu den ältesten Instrumenten der Menschheit. Die moderne Form des Drumsets entwickelte sich im späten 19. Jh. in den USA, maßgeblich in New Orleans. Aus dem Instrumentarium der Marching Band schufen vor allem People of Color ein Instrument, das mehrere Rhythmusfunktionen in einer Person vereint, um es auch in einem Tanzsaal einsetzen zu können.

Das Schlaginstrumentarium

Das Schlagzeug besteht aus einer Kombination verschiedener Schlaginstrumente zur rhythmischen Klangerzeugung. Im Laufe der Geschichte entwickelte sich ein unterschiedlicher Bedarf an Gerätschaften mit verschiedenen Anordnungs- und Aufbaumöglichkeiten, deren Gesamtheit schließlich zu einem „Schlagzeug“ zusammengefasst wurde. Zum heutigen Standardset gehören Große Trommel (Bass Drum), Kleine Trommel (Snare Drum), meist mehrere Hänge- und Stand-Tomtoms (meist beidseitig mit Fellen bespannte Trommeln), eine Hi-Hat (Beckenpaar, horizontal auf einem Ständer mit einem Pedal montiert), verschiedene andere Becken und teilweise Kleinperkussion (z. B. Holzblock, Kuhglocke, Schellenkranz). Diese Kombination kann vom Musiker individuell zusammengestellt, variiert und seiner Spielweise sowie dem jeweiligen Musikstil entsprechend angeordnet werden.

Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die Begriffe „Schlagzeug“ und „Drumset“ gleichbedeutend verwendet, akademisch ist das Schlagzeug jedoch ein Synonym für „Schlagwerk“ als Oberbegriff für sämtliche Schlag- und Perkussionsinstrumente innerhalb eines Sinfonieorchesters. Zum Schlagwerk zählen dort alle Geräusch- und Melodieinstrumente, die nicht einer der anderen

ANZEIGEN großen Instrumentengruppen (Holzbläser, Blechbläser, Streicher) zuzuordnen sind. Den Grundstock bilden Pauken, Große Trommel, Kleine Trommel, Becken und Triangel, heute meist erweitert durch Glockenspiel und andere Stabspiele (Xylophon, Vibraphon, Marimbaphon), Röhrenglocken, Tamtam (großer chinesischer Flachgong unbestimmter Tonhöhe) und Effektinstrumente (z. B. Ratsche, Hupe, Kastagnetten, Windmaschine).

Die Trommeln und Becken des Schlagzeugs werden per Hand mit zwei Trommelstöcken (engl. Drumsticks) gespielt, meist aus Holz,

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Funktion und Notation

Die Hauptfunktion des Schlagzeugs in einer Band ist das Erzeugen eines Grundrhythmus, der diese trägt und mit den anderen Instrumenten der Rhythmusgruppe (Bass und

Keyboard) den tragenden „Groove“ ergibt. Dazu setzt der Schlagzeuger meist eine feste Schlagfolge ein, die er ständig wiederholt, durch Abwechslung zwischen dem tiefen Klang der Bass-Drum, dem hohen Klang der Kleinen Trommel sowie dem metallischen, durchgehenden Puls der Becken.

Mit höherer Komplexität der Musik baut der Schlagzeuger Verzierungen ein, betont und hebt durch Effekte und Abwandlungen Stellen hervor, insbesondere durch verschiedene Becken. Der Gipfel der Verzierung und Betonung ist das Schlagzeugsolo, bei dem die anderen Instrumente der Band in den Hintergrund treten.

Aufgrund der Vielzahl an Möglichkeiten, die verschiedenen Schlaginstrumente zu kombinieren, hat sich bis heute keine verbindliche Notation durchgesetzt. Daher muss am Anfang von Schlagzeugnoten die Notation erläutert werden („drum key“).

Anstelle der gängigen Notenschlüssel wird meist ein neutraler Notenschlüssel verwendet, da viele Schlaginstrumente nicht auf eine Tonhöhe gestimmt sind. Dabei werden die metallenen Einzelinstrumente (Becken und Hi-Hat) mit x-förmigen Notenköpfen dargestellt, die Trommeln (Bass Drum, Snare Drum, Toms) mit runden Notenköpfen. In der Anordnung der Instrumente im Notenbild sind dann die relativen Tonhöhen der Instrumente zueinander ablesbar. Zur Übersicht werden Pausenzeichen nicht nach festen Regeln gesetzt, sondern im Bemühen um optimale Lesbarkeit.

Das Schlagzeug in der klassischen Musik Schlagzeug oder Percussion spielen vor allem in der modernen klassischen Musik eine vielschichtige und variantenreiche Rolle: mal subtil, mal rhythmisch antreibend, mit überraschenden Effekten bis hin zu ohrenbetäubenden Geräuschen. Von der Triangel bis zu riesigen Schlaginstrumenten reicht die Bandbreite der Besetzung – und doch steht das Schlagzeug in der allgemeinen Wahrnehmung als Instrumentengruppe eher im Hintergrund.

Schlaginstrumente tauchen prominent zum ersten Mal in Stücken wie „Die Entführung aus dem Serail“ von Mozart, später in Beethovens 9. Sinfonie auf. Beide Male unterstützen sie die für damalige Verhältnisse eigentümlichen Klänge im Opernhaus bzw. Konzertsaal. Bei Mozart ist es die vermeintliche Adaption „türkischer“ Musik durch den Einsatz von Triangel, Becken und türkische Trommel, bei Beethoven eine Anlehnung an Militärklänge.

Zu einem berührenden Einsatz von Schlaginstrumenten in Verbindung mit klassischer Musik kam es erst vor kurzem beim Konzert des Sinfonischen Chores am 13. November 2022, als nach dem aufgeführten Spohr-Oratorium Chor und Orchester – zusammen mit der ukrainischen Sopran-Solistin – der Opfer des russischen Angriffskrieges gedachten:

In der von Dirigent Wolfgang Mettler komponierten die ukrainische Nationalhymne zitierende Orchesterbegleitung zum Chorsatz von Mendelssohns „Verleih uns Frieden gnädiglich“ wurden den Zuhörern durch den unrhythmischen Einsatz von Trommeln die Bombeneinschläge auf ukrainischem Staatsgebiet nahezu bildlich vor Augen geführt.

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