Jaspers’ Krankheit und die Arzt-Patienten-Beziehung

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1 Einleitung

zudem zu religiösen Fragen publizierte, erlangte er auch als Religionsphilosoph Anerkennung.7 Jaspers’ beeindruckendes Werk konnte entstehen, gleichwohl er unter einer chronischen Krankheit litt. Die Krankheit, mit der ich mich in der vorliegenden Arbeit näher beschäftigen werde, bildete die «Grundtatsache»8 seines Daseins und begleitete ihn durch alle Phasen seines Lebens. Schon während der Schulzeit erkannte er, dass seine Leistungsfähigkeit geringer war als die seiner Altersgenossen,9, 10 so dass er von vielen Aktivitäten automatisch ausgeschlossen war.11 Die Diagnose «Bronchiektasie mit sekundärer Herzinsuffizienz»12 stellte einen Wendepunkt dar.13 Im Alter von 18 Jahren wurde ihm mit einem Schlag die Fragilität des Lebens bewusst. Die Ärzte gaben ihm fünf Jahre.14 Jaspers begann sich «hygienische Lebensbedingungen»15 einzurichten, um den Tod hinauszuzögern, und dachte darüber nach, wie er in der ihm verbleibenden Zeit etwas Sinnvolles schaffen könnte.16 In der folgenden Studienzeit quälte ihn seine zunehmende soziale Isolation und er wurde anfällig für depressive Verstimmungen.17 Erst 1907, gegen Ende seines Studiums, besserte sich sein Gemütszustand und es begann eine Phase des «Aufschwungs»,18 wie er sie nannte. Die Krankheit stabilisierte sich, er entwickelte eine gewisse Routine im Umgang mit ihr. Doch in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft nahm ihre Bedeutung wieder zu. Auszüge aus seinem Tagebuch 1939‒194219 zeigen, wie gefährdet er aufgrund seiner Krankheit war, trotz seiner «hygienischen Lebensbedingungen».20 Viele 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Vgl. ebd., S. 147–148. Jaspers, Philosophische Autobiographie, S. 12. Vgl. ebd., S. 113. Vgl. ders., Krankheitsgeschichte (1938), S. 128. Vgl. ebd., S. 139. Vgl. Saner, Karl Jaspers, S. 17. Vgl. Jaspers, Krankheitsgeschichte (1938), S. 113. Vgl. ebd., S. 140. Vgl. ebd., S. 125. Vgl. ebd., S. 112. Vgl. ebd., S. 139. Jaspers, Studium 1901–1907. Teil 2, S. 48. Veröffentlicht in Schicksal und Wille (1967). Vgl. Jaspers, Tagebuch 1939–1942, S. 149.


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