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ZWINGLI ZWINGLI ZWINGLI ZWINGLI ZWINGLI ZWINGLI

Gottes bewaffneter Prophet

Bruce Gordon Zwingli

Gottes bewaffneter Prophet

aus dem Englischen übersetzt von Andreas Berger

Schwabe Verlag

Mit freundlicher Unterstützung von:

Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte, Zürich

Evangelisch-reformierte Kirche des Kantons Schaffhausens

Evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich

Reformierte Kirchen Bern-Jura-Solothurn

Schweizerische Reformationsstiftung

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2021 by Bruce Gordon. Originally published by Yale University Press © 2025 Schwabe Verlag, Schwabe Verlagsgruppe AG, Basel, Schweiz

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Das Werkeinschliesslich seiner Teile darf ohne schriftliche Genehmigungdes Verlages in keiner Formreproduziertoder elektronisch verarbeitet, vervielfältigt, zugänglich gemacht oder verbreitet werden. Die Verwendung des Inhalts zum Zwecke der Entwicklung oder des Trainings von KI-Systemen ist ohne Zustimmung des Verlags untersagt.

Abbildung Umschlag:Mutmassliches Zwingli-Porträt von Albrecht Dürer:Bildnis eines Geistlichen (1516), National Gallery of Art, Washington D.C.

Korrektorat: Thomas Lüttenberg, München

Cover & Layout:icona basel gmbh, Basel

Satz: 3w+p, Rimpar

Druck: Finidr, Tschechische Republik

Printed in the EU

Herstellerinformation: Schwabe Verlag, Schwabe Verlagsgruppe AG, St. Alban-Vorstadt 76, CH-4052 Basel, info@schwabeverlag.ch Verantwortliche Person gem. Art. 16 GPSR:Schwabe Verlag GmbH, Marienstraße 28, D-10117 Berlin, info@schwabeverlag.de

ISBN Printausgabe978-3-7965-5382-0

ISBN eBook 978-3-7965-5383-7

rights@schwabe.ch www.schwabe.ch

1484

1. Januar Zwingli wird in Wildhaus geboren 1494 Beginn des Studiums in Basel 1496/1497 Studium in Bern 1498 Immatrikulation an der UniversitätWien

1502 Studium an der Universität Basel 1504 Erwerb des Bakkalaureats 1506

Frühling erlangt den Mastertitel an der UniversitätBasel

September wird in Glarus zum Priester geweiht 1510 Drucklegung Das Fabelgedicht vom Ochsen

1513–1514 begleitet als Feldprediger dieGlarner Truppen nach Italien (Schlacht von Novara) 1515

13. September Schlacht von Marignano 1516 Drucklegung Das Labyrinth besucht Erasmus von RotterdaminBasel

14. April wechselt von Glarus an dieBenediktinerabtei in Einsiedeln

1518 wird zum Leutpriester am Grossmünster in Zürich ernannt 1519

1. Januar beginnt PredigttätigkeitamGrossmünster September erkrankt an der Pest 1521

April wird ins Kanonikatdes Grossmünsters gewählt 1522

Frühjahr heiratet heimlich Anna Reinhart

9. März Wurstessen im Haus des Buchdruckers Froschauer

7.–9. April Disputation mitden Gesandten des Bischofs Hugo von Hohenlandenberg

16. April Predigt über das Recht des Christen, Speise frei zu wählen

21. Juli Disputation mitMönchen

22.–23. August Drucklegung Apologeticus Archeteles

6. September Drucklegung VonKlarheit und Gewissheit des Wortes Gottes

November tritt als Priester zurück und wird Prediger am Grossmünster 1523

29. Januar erste Disputation in Zürich

14.Juli Drucklegung Auslegen undGründe der Schlussreden

30. Juli Drucklegung Vongöttlicher und menschlicher Gerechtigkeit

29. September Reorganisation des Grossmünsters

26.–28. Oktober zweite Disputation in Zürich

17.November Drucklegung Eine kurze christliche Einleitung 1524

2. April gibt Ehe mitAnna Reinhart öffentlich bekannt

Juni Entfernung der Bilder aus den Zürcher Kirchen

November Drucklegung Brief an Matthäus Alber (AdMatthaeum Alberum de coenadominicaepistola) 1525

17. Januar Disputation über die Taufe mitden Täufern

21.Januar erste ErwachsenentaufeinZürich

März Drucklegung Kommentar über die wahre und falsche Religion (De vera et falsa religionecommentarius) Drucklegung Der Hirt

März–April Ausarbeitung einer neuen Liturgie für das Abendmahl

13. April erstes reformiertes Abendmahl in Zürich

27. Mai Drucklegung Vonder Taufe, von der Wiedertaufe und von der Kindertaufe

19. Juni Eröffnung der Prophezei am Grossmünster 1526

7. März Zürcher Rat erlässt Todesstrafe für Täufer

19. Mai–9.Juni Disputation von Baden 1527

Januar Gründung des Christlichen Burgrechts (Allianz zwischen Bern und Konstanz)

5. Januar Hinrichtung von FelixManz Februar Schleitheimer Artikel

31. Juli Drucklegung Widerlegungder Ränke der Wiedertäufer (In catabaptistarum strophas elenchus) 1528

6.–26. Januar Berner Disputation

7. Februar Reformationsgesetze in Bern

21. April erste Synode in Zürich 1529

April Einführung der Reformation in Basel Protest am Reichstag zu Speyer

22. April Gründung der Christlichen Vereinigung (Allianz zwischen katholischen Orten und Habsburg)

Juni Erster Kappelerkrieg

26. Juni

Erster Kappeler Landfrieden

1.–4. Oktober Marburger Religionsgespräch 1530

Juli

3. Juli

Reichstag zu Augsburg

Drucklegung Rechenschaftüber den Glauben (Fidei ratio)

August Predigt über diegöttliche Vorsehung

NovemberAllianz zwischen Zürich und LandgrafPhilipp von Hessen 1531

Mai Blockade gegen die Fünf Orte

Drucklegung der Folio-Ausgabe der Zürcher Bibel

August Abfassung Erklärungdes christlichen Glaubens (Christianae fidei brevis et clara expositio ad regem Christianum)

11. Oktober Zwingli stirbt auf dem Schlachtfeld bei Kappel

20. November Zweiter Kappeler Landfrieden

13. Dezember Heinrich Bullinger tritt Zwinglis Nachfolge an

Vorwort und Dank des Übersetzers

Ein zentrales Anliegen der Reformation war die Übersetzung:der Bibel, der Liturgie, der Theologie. Huldrych Zwingli war überzeugt, dass der Glaube durch Sprachezugänglich werden müsse. DieÜbersetzung der vorliegenden Biografie über Zwingli –die 2021 unter dem englischen Originaltitel Zwingli:God’sArmed Prophet erschien –mag nicht denselben historischen Rang beanspruchen wie die Zürcher Bibel. Und doch teilt siemit ihr einige der Herausforderungen, die mitder Übertragung von Sinn, Stil und Geist in eine andereSprache verbunden sind.

So habe ich mich darum bemüht, möglichst nah am Originaltext von Bruce Gordon zu bleiben. Gleichzeitigwar es mirein Anliegen, den Text in gut lesbares, ansprechendes und idiomatisches Deutsch zu bringen. Wo es stilistisch sinnvoll erschien, habe ich daher sprachliche Eingriffe vorgenommen und mich aneiner freien Übersetzung orientiert, stets inder Hoffnung, Gordons präzise und elegante englische Prosa auch im Deutschen zum Klingen zu bringen. Das entsprach nichtnur meinem eigenen Anspruch, sondern auch dem ausdrücklichen Wunschdes Autors selbst.

Besondere Sorgfalt erforderte der Umgang mit deutschsprachigen Zitaten, die Bruce Gordon aus historischen Quellen und aus der Sekundärliteratur ins Englische übertragenhat. Anstatt hier einfach auf die ursprünglichen deutschen Formulierungen zurückzugreifen, habe ich diese Passagen bewusst aus Gordons englischen Übersetzung ins Deutsche rückübertragen. So lässt sich besser erkennen und nachvollziehen, wie Gordon diese Quellen und Passagen interpretiert, gewichtet und in seinNarrativeingebunden hat. Gerade in diesen Fällen habe ich mich bei der Übersetzung besonderseng an seine Wortwahl gehalten. Eine Ausnahme bilden hingegen Bibelzitate:Alle biblischen Passagen folgen der aktuellen Ausgabe der Zürcher Bibel. DieFussnoten habe ich –mit ganz wenigen Ausnahmen –unverändertübernommen, den Index hingegen aus pragmatischen Gründen dem deutschsprachigen Standard angepasst.

So wie die Zürcher Bibel in gemeinsamer Arbeit entstand, so ist auch diese Übersetzung das Produkt eines gemeinschaftlichen Unterfangens. Ohne die Unterstützung von Freunden und Freundinnen, Kollegen und Kolleginnen sowie zahlreichen Personen, dieimHintergrund (fast unsichtbar)wichtige Fäden spinnen, wäre diese Übersetzung nicht möglich gewesen.

Mein aufrichtiger Dank gilt Bruce Gordon für sein grosses Vertrauen in meine Arbeit. Für ihre fachliche, sprachliche, redaktionelle –und nicht zuletzt zwischenmenschliche –Unterstützung danke ich herzlich Volker Leppin, Irene Sentiund Seraina Berger.Ein ebenso besonderer Dank geht an Ueli Zahnd, der die Idee zu diesem Projekthatte, sowieanFabrice Flückiger und Makbule Rüschendorf vom Schwabe Verlag,die mich durch alle Phasen der Umsetzung begleitet haben. Aber auch ohne den Einsatz von Tobias Jammerthal, der sich besonders um die Finanzierung verdient gemacht hat, und die Unterstützung Jan Friedrich Missfelders, wäre diese Übersetzung nicht realisierbargewesen. Schliesslich gilt meinDank den anonymen Spenderinnen und Spendern sowie den beteiligten Stiftungen und Institutionen, die das Projekt finanziert haben: das Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte(Zürich), die Evangelisch-reformierte Kirche des Kantons Schaffhausen, die Evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich, dieReformierte Kirche Bern-Jura-Solothurn und die Schweizerische Reformationsstiftung.

Andreas Berger, Sissach im August 2025

Vorwort zur deutschen Übersetzung

Die Jahre 2019 bis 2031 markieren die fünfhundertsten Jahrestage der entscheidenden Ereignisse der Zürcher Reformation. Keines dieser Jubiläen lässt sich mit einer einfachen oder eindeutigenErzählung begehen. In der kurzen Zeitspanne der 1520er Jahrevollzog sich innerhalb der Eidgenossenschaft ein radikaler Bruch mit dermittelalterlichenKirche.Eine Bewegung entstand, deren Wirkung bis heute tief in der weltweiten Christenheit spürbar ist.

Um die bemerkenswerte Entwicklung inZürich und darüber hinaus zu verstehen, hilft es wenig,anden traditionellen konfessionellen Gegensätzen zwischen Protestanten, Katholiken und Täufernfestzuhalten. Diese Kämpfe gehören einer anderen Epoche an und dienen heute nur noch dazu, überkommene Vorurteile zu verfestigen. Auch triumphalistische protestantische Reformationsnarrative sind hier fehl am Platz. Die Geschichte Huldrych Zwinglis ist eine Geschichte von Mut und ausserordentlicher Leistung –aber auch von Zwang und Gewalt. Eine Gedenktafel an der Limmat erinnert daran, dass weniger als zwei Jahre nach Einführung der Reformation in Zürich Andersgläubige unter der neuen Ordnung hingerichtet wurden.

Diese Biografie verfolgt nicht das Ziel, Zwingli zu verehren oder zu verurteilen. Sie versuchtvielmehr,einen bemerkenswerten Menschen in einer Zeit tiefgreifenderUmbrüche und Turbulenzen zu verstehen. Ich folge dem Leben und Nachwirken eines Mannes von aussergewöhnlicher Begabung –und von offensichtlichen Schwächen. Wirsollten von Zwingli nicht mehr Konsequenz erwarten, als wir selbst bereitsind zuleben. Ohne seine Stimme und Vision hätte es vermutlich keine Reformation auf eidgenössischem Boden gegeben –und damit wohl auch keine reformierte Tradition im Protestantismus.Zwingli setzte aber auch Kräfte frei, die dieBewegung,die er selbst ins Leben rief, zu zerstören drohten.

Zwingli ist kein moderner Denker und sollte auch nicht zu einem solchen gemacht werden. Er und seine Zeitgenossen kannten keine religiöse Toleranz im heutigen Sinn –sofern es diese überhaupt gibt. Für Zwingli und seine Gegner war Wahrheit nicht teilbar.Sie warabsolut,eine Linie, die keine Abweichungen zuliess. Sie war nicht verhandelbar oder relativ, sondern von dem einen wahren Gott geboten, dem alle zu gehorchen suchten. Zwingli und seine Anhänger, Martin Luther, die Katholiken und die Täufer waren alle bereit, für ihre Überzeugungen zu argumentieren, zu drängen, zu leiden –und zu töten. Himmel

und Hölle waren für siekeine Abstraktion, sondern ewige Wirklichkeiten. Entscheidungen über den Glauben waren keine privaten Vorlieben, sondern sie durchdrangen alle Bereiche des Lebens, in dieser Welt wie im Jenseits.

Dieses Buch richtet sich an Fachleute und Studierende, an ein breites Publikum sowie an Gläubige und Nichtgläubige. Die fünfhundertsten Jahrestage fallen in mehrheitlich säkular geprägte Gesellschaften, in denen die Reformation fern erscheint. Doch ZwinglisGeschichte bloss als etwas Vergangenes abzutun, hiesse, ihre bleibende Bedeutung zu verkennen. Zwinglis Leben wirft bleibende Fragen auf –über Glauben und Handeln, überdie Kosten, die es mit sich bringt, nach seinen Überzeugungen zu leben. Zwinglis Geschichte fordert uns dazu auf, die Entscheidungen, die wir treffen odermeiden, sowie den Abstand zwischen dem, was wir bekennen, und dem, wie wir leben, zu überdenken. Es ist leicht, über Ereignisse zu urteilen, diefünfhundert Jahre zurückliegen, in einer Welt, die wir für weniger aufgeklärt halten. Aber die Aufgabe der Geschichtsschreibung ist es, dieVergangenheitzur Gegenwart sprechen zu lassen und unsere Gewissen zu befragen. Wenn ZwinglisLeben schon in seiner Zeit Bewunderung und Unbehagen zugleich hervorrief, sollte es das auch heute noch tun.

Ich bin meinem Freund Andreas Berger für seine sorgfältige Übersetzung des englischen Originals überaus dankbar.MeinFreund und Kollege Volker Leppin hat das Manuskriptinseiner Endfassung freundlicherweise durchgesehen, wofür ich auch ihm sehr verbunden bin. Tobias Jammerthal, Professor für Kirchen- und Theologiegeschichte in Zürich, hat das Projekt grosszügig unterstützt –ihm gilt meinbesonderer Dank. Ebenso danke ich ChristianWalti, Pfarrer im Zürcher Grossmünster,der dem Projekt mit grosser Hilfsbereitschaft zur Seite stand. Schliesslich möchte ich Fabrice Flückiger vom Schwabe Verlag danken, dessen Unterstützung dieses Projekt möglich gemacht hat.

Zwingli konnte sich stets auf seine Freunde verlassen. Ich habe das besondere Glück, in der Schweizund in Deutschland solche Freunde zu haben. Ihnen ist diese Übersetzung gewidmet.

Bruce Gordon, Vermont im Juli 2025

Die Wurzeln dieses Buches reichen tief. Als zerstreuter Student in Halifax, Kanada, griff ich eines Tages zufälligzueinem Buch, das in der Nähe meines Schreibtisches stand. Es war George Potters Biografie von Huldrych Zwingli. Weder Autor noch Thema waren mirbekannt, doch beim Durchblättern erfuhr ich, dass dieser Reformator des 16. Jahrhunderts ein Schweizer war, der auf dem Schlachtfeld starb. Das versprach eine gute Geschichte zu werden, ging mir durch den Kopf. Einige Jahre später, an einem kalten Februarmorgen, traf ich mit sehr brüchigem Deutsch –und ohne jede Kenntnis des Schweizerdeutschen –amInstitut für Schweizerische Reformationsgeschichte in Zürich ein. Hier wurde ich herzlich in Empfang genommen:von der Sekretärin Alexandra Seger und vom Oberassistenten Heinzpeter Stucki,der sich meine holprigen Erklärungen zu meinemInteresse an Zwingli geduldig anhörte. Heinzpeter nahm mich mit ins Staatsarchivnach Irchel, brachte mitdas Lesen von frühneuzeitlichem Deutschund Handschriften bei,und brachte mich auf den Weg zu einem Projekt, aus dem schliesslich meine Dissertationentstehen sollte.

Am Institut an der Kirchgasse 9erhielt ich einen Arbeitsplatz und endlose Ermutigung. Bald lernte ich dieHerausgeber der Bullinger-Korrespondenz kennen: Hans Uli Bächtold und Kurt Rüetschi,die mich zum Mittagessenins Bauschänzli einluden, mirviel beibrachten und nie ihren Humor verloren. Bald begegnete ich auch dem Institutsleiter Fritz Büsser, einem Vertreter der alten Schweizer Schule, der zu meinem Mentor, Prüfer in St. Andrews und schliesslich zu meinem Freund wurde. Das Mittagessen im Le Dézaley, bei dem er von mir den grossen, verstorbenen Gelehrten der Schweizer Reformation erzählte, werde ich nie vergessen.

Während meines ersten Aufenthalts in Zürich mietete ich naiverweiseein Zimmer im Niederdorf,das damals noch als Rotlichtviertel galt. Die dortige Bevölkerung zeigte entsprechend wenigInteresse an der Reformation. Bald darauf zog ich ins freundlichereStudentenheimander Steinwiesstrasse. Dort fand ich Freunde, die mich durch meine Schweizer Zeit begleiteten. Besonders dankbar bin ich Daniel Hubacher,heute Pfarrer inBern, der mich zu sich nach Hause einlud und mit mir in der Aare schwamm.

Eine der grössen Höhepunkte war dieBekanntschaft mit dem bedeutenden Gelehrten Gottfried W. Locher –zunächst in Schottland, dann in seiner Wohnung bei Bern. Dortbat er mich, seine Hausschuhe anzuziehen, sodass ich quasi

für einen Moment in seinen Fussstapfen gehen durfte. Seine geduldigen Erklärungen zu Zwingli und zur Schweizer Reformation begleiten mich bis heute. Ich hoffe, dass etwas von seiner Weisheitindieses Buch eingeflossen ist.

Im Laufe der Jahrewurde das Zürcher Institut zu einem intellektuellen Zuhause und einer Quelle der Freude. Rainer Henrich lud mich zum Mittagessen ein und begann damiteine über dreissigjährigeFreundschaft –erwurde der Pate beziehungsweise Götti unserer Tochter.Die Institutsleiter Alfred Schindler, Emidio Campi und Peter Opitz unterstützten mich in jeder Hinsicht. Emidio und Peter wurden enge Freunde, teilten ihre Arbeit mit mir und luden mich in ihre Häuser ein. Ich denkemit grosser Zuneigung an Brigitta Stoll, Daniel Bolliger, Roland Diethelm, Luca Baschera, Michael Baumann, Alexandra Kress und jüngst Reinhard Bodenmann. Ich dankeFrancisca Loetz in Zürich und Kaspar von Greyerz in Basel/Bernfür ihre Freundschaftund Unterstützung. In besonderer Zuneigung dankeich meinem Freund ChristianMoser, der mir zeigte, dass grosse Gelehrsamkeitmit grossem Humor einhergehen kann. Seine WhatsApp-Nachrichten haben so manchen Tag erhellt. Ich widmete ein Buch seinem Sohn Sebi, meinem Patenkind, der mirsehr am Herzen liegt.

Ein Höhepunkt all dieser Jahrewar die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät Zürich im Jahr 2012 –einer der grössten Momente meines Lebens. Die Reise von jenem Montagmorgen 1988 bis zur Zeremonie am Irchel hat in mir eine tiefe Liebe zur Stadt Zürich und zur Schweiz hinterlassen, die nicht nur in Büchern und Artikeln sichtbar wird, sondern auch in Freunden und Familie.

Die Wurzeln reichen zurück nach Kanada und Schottland. Mein Studium amKing’sCollege, DalhousieinNova Scotia, hat mein Leben verändert. Dort traf ich Lehrer, die mirSprachen, Philosophie(nie meine Stärke)und Geschichte nahebrachten. Viele sind inzwischen verstorben, doch ich konnte kürzlich meinen Freund NeilRobertson und meine weisen Lehrer Henry Roper und Tom Curran wieder kontaktieren. 2019 verlieh mir das College die Ehrendoktorwürde im kanonischen Recht (was für einen Presbyterianer doch sehr bemerkenswert ist). Die Rückkehr ans College nach vierzig Jahren warunglaublich bewegend.

Die fünfzehn Jahreander University of St. Andrews in Schottland waren eine einmalige Erfahrung. Das dort gemeinsam mit meinem Freund (und Trauzeugen) Andrew Pettegree gegründete Reformation Studies Institute begann mit nichts weiter als einem Aktenschrank,etablierte sich seither aber als internationales Forschungszentrum. MeinDank an Andrew kann nicht in Worte gefasst werden. Bald kam Bridget Heal hinzu, diebis heute Freundin und Inspiration ist. Tom Scott brachte mirviel über deutsche und Schweizer Geschichte bei. Manchmal höre ichnoch von ehemaligen Studierenden –sie gehören zu den schönsten Erinnerungen an einige der besten Jahre meines Lebens.

Dieses Jahr, 2020, war von grossen Veränderungen geprägt. Während ich das Manuskript zu diesem Buch abschloss, wütete eine Pandemie, und alle akademische Arbeit wurde von Leidund dem Verlust von geliebten Menschen überschattet, aber auch von dem unglaublichen Mut der Pflegenden. Zu den geliebten Menschen, diewir verloren haben, zählt auch Peter Stephens, dessen Werk zu Zwingli zu einem Pfeiler der anglophonen Forschung wurde. Seine lakonische Art und Exzentrik werden mirfehlen. Ebenso Irena Backus, die mir in vielerlei Hinsicht Mentorinwar. Ihre Güte, die etwa durch Einladungen zum Essen in Genf zum Ausdruck kam, werden mirinewiger Erinnerung bleiben. Auch denke ich mit grosser Zuneigung an meinen Doktorvater zurück, James K. Cameron, sowie an Hans Guggisberg,der mich in Basel betreute. Während ich dies schreibe, erfahre ich vom Tod von Frau Seger, die mich 1988 in Zürich willkommen geheissen hatte. Möge sie in Frieden ruhen.

Als ich Calvin schrieb, standen Rona, Charlotte und ich vor unserem Abenteuer in Yale. Zwölf Jahrespäter hat sich vieles angesammelt –anWissen und Freundschaft. Wieder einmal waren es vor allem die Studierenden, die mich inspiriert haben. Ich habe meine open door policy nie bereut –auch wenn manches in letzter Minute entstehen musste, weil ich zu viel geplaudert habe. An der Yale habe ich wunderbareKolleginnen und Kollegen, mehr als ich nennen kann. Besonders denke ich an Carlos Eire, dessen Grosszügigkeit und Gelehrsamkeit einem Heiligen würdigsind. Auch denkeich an Markus Rathey, Joel Baden, Tisa Wenger, Ken Minkema, Harry Attridge, Melanie Ross, Joyce Mercer, Adam Eitel, Clifton Grandby, John Hare, Terese Berger, Chloe Starr, Steve Crocco, Jennifer Herdt, Emilie Townes und den verstorbenen Lamin Sanneh. Dean Greg Sterling war stets unterstützend und ermutigend –ein wahrer Freund. Ebenfalls ander Yale gilt meinDank John Roger (unseregemeinsame Lehrveranstaltung über Britannien!), Frank Griffel (mit dem ich 2006 in Berlin das WM-Finale gesehen hatte), Larry Manley, DavidQuint, David Kastan, Julia Adams, Phil Gorsky, KeithWrightson, Francesca Trivellato (mittlerweile in Princeton)und Rob Nelson.

Zwingli und Luther mögen sich bis zu ihrem Tod nie versöhnt haben, doch zwei ihrer besten Kenner haben mich gelehrt, siezuverstehen, und ihre Freundschaft ist mir besonderswertvoll:Amy Nelson Burnett und LyndalRoper.

Eine besondereFreude an der Yale sind dieDoktorierenden und graduate students,mit denen ich arbeiten durfte und darf:Max Scholz, Elizabeth Herman, Ryan Patrico, Dan Jones, Flynn Cratty, Brad Abbromaitis, Russ Gasdia, Alexander Batson, Elizabeth Buckheitund Serena Strecker. Sie alle haben mich mehr gelehrt, als ich je zurückgeben kann.

Einmal mehr gilt meinbesonderer Dank Heather McCallum an der Yale, deren grenzenloser Enthusiasmus und Supportmir bei einer weiteren Persönlichkeit des 16. Jahrhunderts geholfen hat. Ihre kurzen, prägnanten E-Mails sind eswert, eingerahmt zu werden. Siehat dafür gesorgt, dass ich mich an das Zei-

chenlimit gehalten habe!Ich binauch den Leserinnen und Lesern unglaublich dankbar, die eine frühe Fassung des Buchs gelesen und hilfreiche Vorschläge gemacht haben. Wieschon vor Jahren bei Calvin hat mich Rachael Lonsdale fachkundig durch den Veröffentlichungsprozess begleitet. Besonderen Dank schulde ich Philip Benedict, dessen Wissen über die Reformation uns alle bereichert und der dieses Buch massgeblich beeinflusst hat.

Mir ist bewusst, dass sich meinDank wie dieZehn Gebote liest. Dennoch: Mit grosser Freude dankeich der Arbeitund dem Ratmeines lieben Freundes Pierrick Hildebrand, dessen eigenes Buch über den Zürcher Bund in Kürze erscheinen wird. Er hat mein Schweizerdeutsch ineine verständlichere Sprache übertragen und mich invielen Punkten auf den richtigen Weg geführt. Nie werdeich den Spaziergang im Emmental vergessen, bei dem er mir grosszügig und nachdenklich seine Überlegungen dazu mitteilte, wie man Zwingli besser verstehen kann. Unsere Skype-Gespräche sind ein wöchentliches Highlight, ebenso wie sein Vorbild christlicher Gemeinschaft.

Vielen haben das Manuskriptzudiesem Buch teilweise oder vollständig gelesen und mir wertvolles Feedback gegeben. Besonders hervorzuheben ist mein Lektor Nate Antiel, dessen Ratschlägedie Ausrichtung des Buchs zum Besseren verändert haben. VomHerzen dankeich Ward Holder für seine Freundschaft und ein langes, lehrreiches Telefongespräch, Euan Cameron, Diarmaid MacCulloch, Alec Ryrie, Peter Marshall, Joel Harrington, Chris Ocker, Jennifer McNutt, Paul Lim, Michael Walker, Randy Head, Kathryn Lofton, Richard Muller, David Noe, Justin Hawkins, Will Tarnasky, Bill Goettler, Colin Destache und Jamie Dunn. Russ Gasdiahat wunderbareArbeitmit den Karten geleistet und Pierrick Hildebrand hat bei der Beschaffung der Bilder geholfen.

Besonderer Dank gebührtdrei Personen, nämlich meinen unermüdlichen und einfallsreichen Forschungsassistenten:Jacques Fabiunke (der mittlerweile nach Deutschland zurückgekehrtist), Max Normanund Will Tarnasky.

In New Havenhaben wir das Glück, Teileiner Kirchgemeinde zu sein, die liebevoll und derGerechtigkeitGottes verpflichtet ist. Unsere Freunde Bill Goettler und MariaLaSala begleiten uns seitJahren. Jetzt haben wir das Glück, die prophetische Stimme von PastorinJ.C.Cadwallader zu hören. Hätte Zwingli gewusst, dass das Geschlecht kein Hindernisist, um Gottes Worte zu verkündigen, wäre er begeistertgewesen. Ich verdanke Dr. Victoria Morrow, die ich wöchentlich treffe, sehr viel. Ich habe versucht umzusetzen, was sie vorgeschlagen hat. Ich hatte zudem das grosse Glück, mitClive Liddiard vom Verlag zusammenzuarbeiten; seinfachkundiges Lektorat hat das Buch erheblich verbessert.

An der Yale war Steve Pincus meinKollegeund Mitstreiter. Vonihm habe gelernt, mir immer dieFrage «na und?» zu stellen?Ich vermisse ihn sehr, freue mich aber, dass es ihm und Sue Stokes in Chicago gut geht. Sie geben uns einen

guten Grund, die Stadt kennenzulernen. Auf viele weitere gemeinsame Mahlzeiten.

Vorzwölf Jahren konnte ich Calvin als Zeichen meiner Liebe Rona widmen. Mir war klar, dass Du mirdie Bedeutung unseres Eheversprechens «in Krankheit und Gesundheit»beigebracht hast. Wir ahnten damals nicht, dass uns nochmehr Krankheit, Krankenhäuser,Psychiater und Behandlungen erwarten würden. Und doch sind wir hier, verliebt wie eh und je. Dein tiefes Verständnisder Frühen Neuzeithat mich dazu inspiriert, stets noch mehr nachzudenken und noch besser zu schreiben. Durch Deine redaktionelle Arbeit werden meine Gedanken klarer und meine Ideen beflügelt, selbst dann, wenn Du dachtest, ich läge falsch. Jede Seite dieses Buches ist auch das Produkt Deiner Weisheit. Es gab nichts Schöneres, als mitDir durch Wien zu spazieren und etwas über eine verschwundene Welt zu erfahren.

Charlie, Dein Wunsch, dieWelt zu verändern, inspiriert mich unaufhörlich. Ich hoffe, dass Du bald nach Jordanien zurückkehren, Arabisch sprechen und Deine Leidenschaftausleben kannst.

Schliesslich ist es mireine Freude, diesesBuch meinen Freunden zu widmen, die mich unterstützt, inspiriertund geliebt haben.

New Haven Dezember 2020

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