#1 | Schmitz Weiß

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Cyber Clean ist ein neongelber Schleimklumpen, der die Zwischenräume der Tastatur von Schmutz befreit, so zumindest die Theorie. Ob das in der Praxis auch funktioniert, wissen nur wenige, denn die meisten Menschen scheuen einfach davor zurück, Reinigungsschleim zu kaufen. Muss es denn unbedingt Schleim sein? Reicht ein gewöhnliches Mikrofasertuch nicht aus? Ist die Tastatur so dreckig? Der Experte für diese Fragen ist wiederum das Internet. Und das sagt: Ja. Zwischen der Alt- und der TabTaste tanzt der Schimmel. Ja, die Tastatur ist eine wahre Dreckschleuder − schlimmer als der Toilettensitz des Berliner Hauptbahnhofs und das DixieKlo bei Rock im Park zusammen. Die größten Ferkel sind Tastaturen in Internetcafés, Bibliotheken und (Hoch-) Schulen. Tastaturen eben – Treffpunkt verschiedener Hygienestandards, verschiedener Keime und verschiedener Essensreste: Staphylokokke epidermidis sitzt neben Staphylokokke haemolyctus und der Pilz Candida reicht der Bakterie Pseudomand die Hand. Zwischen der Alt- und der Tab-Taste tanzen Schimmel, Schnupfen und Scharlach Polonaise und auf Enter laden Furunkel und Durchfall zum Kaffeekränzchen. Während dieser Text entsteht, tippen Millionen von Bakterien fröhlich mit, sie hüpfen mit den Tasten auf und ab und freuen sich, dass es wieder Zuwachs und Vermehrungsspielraum gibt. Laut einem höchst seriösen Online-Test tummeln sich übrigens auf der Tastatur, mit der dieser Text geschrieben wurde, bereits 1842540 Keime, das entspricht 369 Toilettensitzen − Tendenz steigend. Wie viele Toilettensitze dann einer öffentlichen Tastatur entsprechen und wie viele Keime sich dort breit machen, kann sich jeder selbst denken. Es ist doch aber nicht so, dass jeder extra kräftig auf die Tastatur niest und so sein Revier markiert. Wie kann es dann sein, dass die Tastatur ein Sze-

ne-Treff für Bakterien ist? Essen vorm Bildschirm und das fehlende Händewaschen sind die Schlagwörter für den Keimzuwachs. Der aufmerksame taffZuschauer weiß, dass sich von hundert Menschen nur einer die Hände richtig wäscht. Mit Seife. Eine halbe Minute lang. Und die Fingerzwischenräume nicht vergessen! Aber seien wir einmal ehrlich: Wer wäscht sich denn schon immer nach dieser Regel die Hände? Und wer gönnt sich nicht hin und wieder mal einen Snack und krümelt die Tastatur voll? Da freuen sich eben Candida und Durchfall, binden sich schon mal die Serviette um, sabbern voll freudiger Erwartung auf die Tasten und lauern auf den nächsten Klumpen Butterbreze. Michael Jackson hat’s vorge­ macht: Mundschutz hilft. Bei öffentlichen Tastaturen helfen dann wohl nur noch Mundschutz, Einweghandschuhe und das Desinfektionsmittel im praktischen Taschenformat. Denn wer weiß, was man sich alles einfangen kann, während man in der Bibliothek schnell einen Artikel zur Hygiene am Arbeitsplatz ausdrucken will! Das schlaue Internet schlägt noch weitere Maßnahmen zur Erhaltung der Tastaturhygiene vor. Unter lan-Spielern ist die Frischhaltefolie als Tastaturschutz beliebt. Einige User zweckentfremden gerne die Geschirrspülmaschine und reinigen die Tastatur maschinell. Andere schwören auf Schwamm und Alkohol. Und wieder andere verwenden

neongelben Schleim. Dieser Schleim ist übrigens antibakteriell, desinfizierend und riecht nach Zitrusfrucht. Und das Beste – Schleim hilft in allen Lebenslagen: Es gibt gelben Tastaturreinigungsschleim, türkisen Autoreinigungsschleim, der nach Minze riecht, und für die Prinzessinnen unter uns einen pinken Hello-Kitty-Schleim.

Der riecht nach Erdbeere. Lecker!


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