Fotos: Simon Bäumer
Werkstatt & Praxis
Defekte Kurbelwelle: Der Schaden betrifft meist nur ein Kurbellager.
Motorschaden auf Standgas
Der Sprinter ist das Arbeitstier in der leichten Nutzfahrzeugklasse. Warmlaufen lassen sollte man den OM651 im kalten Winter aber nicht – sonst drohen kapitale Motorschäden, wie unser aktueller Fall zeigt. SIMON BÄUMER
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on seinen Ausmaßen her ein Lkw, vom Handling und der Motorentechnik eher ein Pkw – der Sprinter ist ein Weltenwandler und gerade wegen dieser Flexibilität so beliebt. In der Baureihe 906 kam ab 2009 die neuste Mercedes-Dieselmotorengeneration in Form des OM651 zum Einsatz, die nach Anlaufschwierigkeiten im Pkw-Bereich mit fehlerhaften Injektoren und zu schwachen Steuerketten durchaus überzeugen konnte.
Alte Weisheiten treffen oft nicht mehr zu
Unser aktueller Fall zeigt aber einmal mehr, dass viele althergebrachte Weisheiten auf moderne Motoren nicht mehr zutreffen. Aber der Reihe nach: Der Kunde ließ sein Fahrzeug, einen Sprinter 216 CDI, bei winterlichen Temperaturen unter dem Gefrierpunkt im Stand „warmlaufen“, wie er dies von seinen Baumaschinen mit großen Hydraulikkreisläufen gewohnt war. Den Kaffee noch eben im Warmen zu Ende getrunken, dann raus zum Auto – und schon klackerte der Motor im Leerlauf. Als es nach leichtem Gasgeben nicht besser wurde, stellte der Besitzer den Motor ab und brachte das Fahrzeug zu Motoreninstandsetzung Streit. Das Mitgliedsunternehmen der Gütegemeinschaft der
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Motoreninstandsetzungsbetriebe (GMI) zerlegte den Motor und untersuchte ihn eingängig.
Der Schaden
„Normalerweise ist ein Lager, das sich beim 651 im Block dreht, ein Todesurteil für den Block.“ Stefan Streit, Geschäftsführer von Motoreninstandsetzung Streit in Lennestadt
Nach der Zerlegung des noch recht jungfräulichen Aggregats mit einer Laufleistung von gut 80.000 km zeigte sich schnell, dass die Ursache des Klackergeräusches ein handfester Lagerschaden war. Das Kurbelwellenlager des vierten Kurbellagers hat gefressen und ist an der Kurbelwelle festgebacken – sogar ein ganzer Streifen des Mehrschichtlagers klebt nun an der Kurbelwelle fest und wurde aus der Lagerschale herausgerissen. Viel schlimmer als der Fresser an der Kurbelwelle ist die Tatsache, dass sich das Kurbelwellenlager in seinem Lagerstuhl gedreht hat. Stefan Streit, Geschäftsführer von Motoreninstandsetzung Streit in Lennestadt: „Normalerweise ist ein Lager, das sich beim 651 im Block dreht, ein Todesurteil für den Block. Theoretisch gibt es die Kurbelwellenlager auch mit einem äußeren Übermaß von 0,25 mm, faktisch sind diese seitens Mercedes nicht lieferbar – der Block ist dann in der Regel ein wirtschaftlicher Totalschaden. Untermaßlager für eingelaufene Kurbelwellen hingegen sind in -0,25 mm und -0,5mm problemlos erhältlich.“ In diesem Fall hat der Kunde
NKW PARTNER 04/2020