Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade
Vier statt fünf: Braunschweiger Friseur setzt auf Vier-Tage-Woche Es klingt zu schön um wahr zu sein: die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich und gleichbleibender Anzahl an Urlaubstagen. Ein Braunschweiger Friseur setzt auf dieses neue Arbeitszeitmodell. BJÖRN SCHMITZ
Ergebnisse einer Studie aus Island zeigen die positiven Effekte dieses Arbeitszeitmodells: Fünf Jahre lang hat der Inselstaat in einem Experiment einen Teil seiner arbeitenden Bevölkerung bei vollem Lohn weniger arbeiten lassen. Bei einer Wochenarbeitszeit von 35 anstatt 40 Stunden verbesserte sich nicht nur das Wohlbefinden der Mitarbeiter, sondern auch die Produktivität. Um genau diese Effekte zu erzielen, hat der Braunschweiger Friseursalon Haarwerk im Mai die Vier-Tage-Woche eingeführt. Die Geschäftsführer Silvio Christall und Sascha Vollmer sind mit ihrem Arbeitszeitmodell Vorreiter in Niedersachsen. „Der Zeitpunkt für den Startschuss unserer Vier-Tage-Woche ist zwar ungewöhnlich und auch etwas riskant gewesen, aber die Vier-Tage-Woche geht auf und wir sind alle sehr zufrieden“, resümieren die beiden. „Wir konnten nicht wissen, ob es mit den Lockdowns vorbei ist und wir nicht doch wieder schließen müssen, aber wir haben es einfach riskiert“, sagt Sascha Vollmer. Kennengelernt haben sich die beiden Geschäftsführer nach ihrer Ausbildung. Sascha Vollmer wollte ursprünglich Maskenbildner werden, hat sich dann aber für eine Friseurausbildung entschieden. Als Geselle hat er in einer Friseurkette gearbeitet und konnte früh die Salonleitung übernehmen. Silvio Christall hingegen wollte nicht von Anfang an Friseur werden. Das Friseurhandwerk wurde ihm von einem Freund vorgeschlagen. „Ich habe über diesen Vorschlag
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Die Betriebsinhaber sind mit ihrem neuen Arbeitszeitmodell zufrieden: Sascha Vollmer (v.l.) und Silvio Christall.
„Viele trauten ihren Ohren nicht und haben permanent nach dem Haken gesucht.“ Silvio Christall, Friseurmeister
erst geschmunzelt, aber nachdem ich mich intensiv mit dem Gedanken beschäftigt habe und die Berufsperspektiven mit dem Meister und der Selbstständigkeit erkannt habe, klang es für mich sehr attraktiv“, erinnert sich Christall. Mit dem Friseurmeister in der Tasche gründete er zusammen mit Vollmer im Jahr 2003 das ‚Haarwerk‘. Der Friseursalon in einem Hinterhof im Östlichen Ringgebiet in Braunschweig entstand in einer alten Fabrikhalle. „In meiner Zeit als Salonleiter hat unseren Kunden die entspannte Atmosphäre besonders gefallen. Mit dem ‚Haarwerk‘ wollten wir etwas Ähnliches schaffen, was uns mit dem Namen und der Anspielung an die Fabrikhalle auch gelungen ist“, erzählt Vollmer. Das Konzept ging auf. Im Laufe der Jahre ist der Betrieb immer weiter gewachsen. Inzwischen beschäftigen die beiden sechs Gesellinnen und fünf Auszubildende. „Wenn krankheitsbedingt jemand ausfällt, fängt ein kleines Team immer an zu wackeln. Deshalb haben wir unser Team kontinuierlich erwei-
NDH 10/2021