Templiner Heimatkalender 2022

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26 Jahren. Hier die wichtigsten Fakten: Die Stadtmauer wurde durchbrochen. Beim Bau der Bürgerschule entstanden das Schul- und das Eichwerder Tor. Dem Bau des Postamtes in der heutigen Puschkinstraße ging der Abriss der Mauer in diesem Bereich voran. Am Berliner Tor wurde der Wallgraben überwölbt und damit, ebenso wie durch den Abriss der Waldemartore am Berliner- und am Mühlentor, eine bessere Durchfahrt ermöglicht. Die Wiekhäuser der Mauer wurden unter Schutz gestellt und ihr Umbau verhindert. Was bedeutete: Die Stadtmauer wurde aus einem schützenden Gürtel zur immer stärker wirkenden Sehenswürdigkeit. Wichtige Straßen der Innenstadt wurden ausgebaut und gepflastert. Der Bau fester Landstraßen von Templin nach Lychen, Gandenitz, Boitzenburg sowie über Ahrensdorf nach Milmersdorf, Stegelitz und Wilmersdorf schuf bessere Voraussetzungen für Handel und Warenverkehr der Stadt, in der 1893 das erste Auto rollte, Vorbote des Verkehrs der Zukunft. Die größte Veränderung erlebte Templin mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes. In der für Bahnbau außerordentlich kurzen Zeit von 1888 bis 1912 wurde Templin zum Eisenbahnknotenpunkt! Fünf Strecken führten von Templin nach Löwenberg und damit zum Anschluss nach Berlin, nach Prenzlau, Joachimsthal und Eberswalde, nach Fürstenberg und Fürstenwerder. Dazu gehörten der Bau einer Brücke am Fährsee, der Bau von Haupt -und Vorstadtbahnhof, Betriebswerk, Lokschuppen mit Drehscheibe sowie ein Wasserturm. Der Ausbau der Strecke von Berlin über Templin nach Strasburg wurde durch den ersten Weltkrieg unterbrochen. Der Beruf des Eisenbahners wurde zu einem Markenzeichen für die Stadt. Der Templiner Kanal wurde auf 40 km Länge vertieft und verbreitert, die Schleuse neu gebaut und so der Schiffsverkehr ermöglicht. Mit dem besseren Verkehrsangebot stieg die Zahl der Touristen. Seit 1888 führte Templin den Titel „Luftkurort“. Zügig voran ging in

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diesen Jahren auch der Bau markanter Gebäude, Anlagen und Wohnhäuser. Zwischen 1879 und 1912 entstanden oder wurden in Betrieb genommen: Ein neues Krankenhaus, das „Kirsteinhaus“, die repräsentativen Gebäude der Post, der ersten deutschen Forstschule, das „Kreishaus“, die „Bürgerschule“ und, als ein Höhepunkt, das „Joachimsthalsche Gymnasium“. Das sich nach 1877 entwickelnde Schulwesen der Stadt wurde durch die Einrichtung einer Privatschule, eines Reformrealgymnasiums, einer Gewerbeschule, die „Bürgerschule“ und das „Joachimsthalschen Gymnasium“ so erweitert, dass sich Templin als Schulstadt bezeichnen kann. Im Südosten der Stadt entstand als erste große Touristenanlage das „Posterholungsheim“. im Norden, im Anschluss an Bahn und Wasserwege, entstanden zahlreiche kleine Unternehmen und viele Wohnungen. In weniger als 20 Jahren, von 1890 bis 1910, erfolgte auch für Templin der Anschluss an die technischen Möglichkeiten des neuen Jahrhunderts. Nach dem Bau von Wasserturm und Wasserwerk hatte Templin 1905 schon mehr als 100 Hauswasseranschlüsse, und nur 4 Jahre nach dem 1896 erbauten Elektrizitätswerk leuchteten in Templin die ersten elektrischen Lampen auf. Mit der Elektrizität verbesserten sich die wirtschaftlichen Möglichkeiten. Es folgte der Anschluss an das öffentliche Telefonnetz, das erste Kino nahm seinen Betrieb auf. Nach der Pflasterung von Straßen rollte sogar die erste Kehrmaschine darüber. Seit 1883 sorgte die „Freiwillige Feuerwehr“ für die Sicherheit der Bewohner, und seit 1848 erschien das „Templiner Kreisblatt, seit 1890 die „Templiner Zeitung“. Ein Fazit auch für diesen, dem Analytiker aufgefallenen Zeitraum der Templiner Geschichte: Der jähe Wechsel der lange vom Mittelalter geprägten Kleinstadt in das von technischem Fortschritt und mehrfachem gesellschaftlichem Wandel gekennzeichnete 20. Jahrhundert fiel der Verwaltung und den Bürgern der Stadt sicher nicht leicht.


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