Gesundheitspolitik
Aus dem Parlament Die wichtigsten politischen Entwicklungen seit dem 25. September 2020 von Moritz Helfenstein zusammengefasst und kommentiert.
AUS DEM NATIONALRAT Bundesgesetz über die Krankenversicherung. Änderung (Massnahmen zur Kostendämpfung – Paket 1) Der Nationalrat hat sich mit dem zweiten Teil des Pakets 1 der vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen zur Kostendämpfung befasst. Dabei hat er zu nachstehenden Schwerpunkten folgende Beschlüsse gefasst: −− Tarif-Rabatte; Neu sollen Versicherer und Leistungserbringer jederzeit günstigere Preise oder Tarife vereinbaren können, als sie in den Tarifverträgen festgelegt oder von den Behörden festgesetzt wurden. Dabei müssen 75 Prozent der erzielten Einsparungen den Versicherten als Prämienreduktion oder der Reservebildung zugutekommen. Die restlichen 25 Prozent stehen dem Versicherer zur freien Verfügung. Damit der Versicherer den frei verfügbaren Anteil erhält, muss er die erzielte Einsparung belegen. Der Bundesrat kann zudem den Gesamtbetrag des dem Versicherer zustehenden Anteils plafonieren. Die vorberatende Kommission hat Zustimmung beantragt. Diese Rabattbestimmung war umstritten. Der Rat stimmte dieser aber doch deutlich zu. Solange die Ausführungsverordnung nicht vorliegt, bleiben im Detail noch einige Fragen zu diesem Rabattthema offen. Vorerst muss sich nun aber noch der Ständerat als Zweitrat mit der Vorlage befassen. −− Massnahmen zur Steuerung der Kosten; Die bundesrätliche Vorlage sah vor, dass Leistungserbringer und Versicherer in den Bereichen, in denen sie einen Tarifvertrag nach Artikel 43, Absatz 4 KVG abschliessen, Massnahmen zur Steuerung der Kosten vorsehen. Die Verträge müssten Regeln zur Korrektur bei ungerechtfertigten Erhöhungen der Mengen und der Kosten gegenüber einem im Vertrag definierten Zeitraum vorsehen. Wenn sich Leistungserbringer und Versicherer nicht einigen, würde der Bundesrat die Massnahmen zur Steuerung der Kosten festlegen.
Die vorberatende Kommission hat Zustimmung beantragt, allerdings lediglich im Verhältnis 12:11 Stimmen. Bei der Beratung im Rat waren die Bestimmungen dann auch stark umstritten. Der Rat hat sie knapp mit 91:90 Stimmen abgelehnt. Ob der Ständerat zu andern Beschlüssen kommt, ist fraglich. −− Referenzpreissystem bei Medikamenten; Der Bundesrat hat vorgeschlagen, für Arzneimittel ein Referenzpreissystem einzuführen, wie es auch verschiedentlich im Ausland zur Anwendung kommt. Zudem sah die bundesrätliche Vorlage vor, dass, wenn nicht mehr als zwei Arzneimittel mit gleicher Wirkstoffzusammensetzung auf der Spezialitätenliste aufgeführt sind, die Krankenversicherung nur den Preis des günstigeren Arzneimittels übernimmt. Damit wollte er erreichen, dass vermehrt preisgünstige Medikamente abgegeben und so zusätzlich Kosten gespart werden. Versicherte, die ein höherpreisliches Medikament wünschten, müssten den Aufpreis selber bezahlen. Die Pharmaindustrie hat es «dank guter Lobbyarbeit» geschafft, dass der Rat die Einführung des Referenzpreissystems abgelehnt hat. Ist ein solcher Beschluss mit Kostendämpfungsmassnahmen kompatibel? Anstelle des Referenzpreissystems sollen auf dem Verordnungswege Anreize für Apotheken, Ärzte und Ärztinnen geschaffen werden, vermehrt preisgünstige Medikamente zu verschreiben und abzugeben. −− Beschwerderecht der Versicherer; Die vorbereitende Kommission hat vorgeschlagen, dass die Versicherer gegen Beschlüsse der Kantonsregierungen betreffend Spitallisten (Artikel 39 KVG) beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde führen können, ebenso gegen Beschlüsse des BAG betreffend Spezialitätenliste und den entsprechenden Preisen (Artikel 52, Absatz 1b KVG). Der Bundesrat wollte den Versicherern noch in weiteren Bereichen ein Beschwerderecht einräumen. Der Rat hat sich gegen ein solches Beschwerderecht ausgesprochen. Dass der Ständerat anders entscheidet, ist kaum anzunehmen, sind doch die Ständeräte die Vertreter der Kantone. Bezahlen müssen die Versicherer, aber ein Mitsprache- respektive ein Beschwerderecht soll ihnen nicht zustehen.
Information Dezember 2020
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