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Quell des Lebens

Trinkwasserversorgung in Arnsberg

„Mit der beginnenden Industrialisierung um 1900 und dem Aufkommen von Cholera- und Ruhr-Epidemien im Ruhrgebiet machte man sich Gedanken darüber, was man tun kann, um diese Krankheiten zu verhindern“, sagt Thomas Kroll. Er ist Geschäftsbereichsleiter Wasserversorgung bei den Stadtwerken Arnsberg, die diese im Stadtgebiet sichern. Im Jahr 2020 wurden knapp 76.000 Einwohner über ein 430 Kilometer langes Rohrnetz mit rund 3.724.000 Kubikmetern Wasser versorgt.

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Die Stadtwerke betreiben mit Langel in Freienohl (fast 37.000 Kunden) und Möhnebogen in Neheim (etwa 38.500 Kunden) zwei identisch aufgebaute Wasserwerke. Jedes hat die Kapazität, die gesamte Stadt mit Trinkwasser zu versorgen. Die Netzbereiche beider Werke sind seit 2008 über eine Verbundleitung miteinander verbunden, sodass im Ernstfall eines der beiden vom Netz genommen werden kann. Weiteres Trinkwasser wird über Brunnen an Lattenberg, Müssenberg und Vorkenbruch sowie an der Mintequelle gewonnen und vergleichsweise wenigen Haushalten zugeführt. „Die Müssenbergquelle hat eine sehr gute Qualität, es wäre schade, das Wasser hieraus nicht zu nutzen“, erklärt Kroll. Zudem sei eine Zulieferung, beispielsweise zum sehr hoch liegenden Lattenberg, nicht rentabel, denn: „Trinkwasser ist ein Lebensmittel mit entsprechender Haltbarkeit. Es muss in Bewegung bleiben, um nicht hygienisch beeinträchtigt zu werden.“ Ein Problem, das ohnehin im gesamten Stadtgebiet für Arbeit sorgt. „Unser Rohrleitungsnetz ist in den 60er bis 70er Jahren geplant und gebaut worden. Damals prognostizierte man für das Jahr 2000 einen Pro-Kopf-Verbrauch von über 200 Litern am Tag und wählte einen entsprechend großen Rohrumfang. Tatsächlich sind es heute nur 125 Liter“, fährt der gelernte Wasserwirtschafts-Bauingenieur fort. Seit einigen Jahren werden die Rohre daher nach und

Wasser aus dem Möhne-Fluss wird auf zwei Entsickerungsbecken verteilt, von wo es langsam durch eine mit Sand aufgefüllte natürliche Schotterschicht sickert. Das Gelände am Möhnebogen ist ein 14.000 m² großes Biotop. Thorsten Peithner, Mitarbeiter in der Wasserversorgung, in Aktion.

nach ausgetauscht. Bei einer zu großen Verweilzeit des Wassers im Rohrsystem müssen die Stadtwerke die Leitungen durchspülen. Durch die klimatischen Veränderungen hat außerdem ein Umdenken zum Abschalten der kleineren Anlagen stattgefunden. Angesichts der Trockenheit bleibt Kroll insgesamt jedoch gelassen: „Die Menge des Wassers, die wir dem Fluss entnehmen, ist in Relation zu dem, was durch ihn fließt, gering.“

Der Weg zum sauberen Trinkwasser

Die Gelände der Wasserwerke sind, seit einer drohenden Überflutung wegen Starkregens 2007, vollständig von einem Deich umzogen. Am Möhnebogen wird dem Trinkwasser ist ein Lebensmittel mit entsprechender Haltbarkeit. Es muss in Bewegung bleiben, um nicht hygienisch beeinträchtigt zu werden.

Thomas Kroll

Möhnefluss Wasser entnommen, in zwei Entsickerungsbecken geleitet und bei der Durchsickerung durch eine mit Sand angefüllte Schotterschicht zum ersten Mal gereinigt. Eine zweite Reinigung erfolgt auf dem bis zu zwei Wochen langen Weg zu tiefer liegenden Heberbrunnen durch Kies, Mikroorganismen und Sande. Von einem Sammelbrunnen aus geht es anschließend in die Entsäuerungsanlage. „Hier wird natürlich vorkommende Kohlensäure herausgefiltert, es gäbe sonst einen Lochfraß in älteren, metallischen Leitungen“, sagt der 53-Jährige. Dann wird das Wasser weitergepumpt in eine Zwischenvorlage, anschließend in eine Membrananlage, wo Partikel, Keime, Bakterien und Viren kleinstmöglich herausgefiltert werden. Danach werden in einer Aktivkohlestufe organische Stoffe und Chemikalien herausgefiltert. Bevor das Trinkwasser in das Liefernetz gefördert wird, erfolgt abschließend eine Desinfektion über zwei UV-Reaktoren, um letzte Keime und Bakterien abzutöten. Im Entnahmebauwerk findet bereits eine erste Qualitätskontrolle von Trübung, pH-Wert, Leitfähigkeit und Temperatur statt. Beim Überschreiten gewisser Werte erfolgt ein Alarm, der bis zur Abschaltung des Wasserwerks reichen kann. Im Sammelbrunnen und am Wasserwerksausgang stehen weitere Überwachungen an. „Einmal in der Woche prüft zudem ein externes Labor Proben aus dem gesamten Netz. Darüber hinaus werden wir, so wie alle Mitglieder der AG Wasserwerke an der Ruhr von Winterberg bis Duisburg, automatisch durch den Ruhr-Alarm-Plan über Ölunfälle oder Ähnliches informiert“, schließt Kroll.

Text: Karin Hillebrand, Fotos: u.a. Katrin Kaiser

Die Membrananlage des Wasserwerks Möhnebogen im Vordergrund sowie die Aktivkohlestufe in den blauen Tanks dahinter.

Wasserspeicher am Speiberg, Hüsten. „Die Müssenbergquelle hat eine sehr gute Qualität, es wäre schade, das Wasser hieraus nicht zu nutzen“, meint Thomas Kroll ▼

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