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TITEL-THEMA » Hymer Steigtechnik zeigt auf, worauf Anwender und Hersteller zur Berücksichtigung der neuen EN 1004 für Fahrgerüste, deren Übergangsfrist nun abgelaufen ist, künftig achten müssen.

Die speziell entwickelten, patentierten Bajonett-Ausleger der Profi-Fahrgerüste lassen sich sicher und komfortabel vom Boden aus montieren.

Eine der wichtigsten Änderungen auf die wir Hersteller künftig achtgeben müssen, betrifft den Gültigkeitsbereich.

Thomas Casper, Vertriebsleiter DACH bei Hymer-Steigtechnik

EN 1004: Neue Norm sorgt für Wirbel am Markt

[ HYMER STEIGTECHNIK ] Die Übergangsfrist ist nun endgültig abgelaufen: Seit dem 1. Dezember gilt die Neufassung der für die Fertigung von Fahrgerüsten europaweit geltenden Norm EN 1004. Nun dürfen lediglich Produkte in den Verkehr gebracht werden, die diesen neuen Richtlinien entsprechen. Die redaktionell und technisch überarbeitete Norm umfasst einen erweiterten Gültigkeitsbereich und soll europaweit dazu beitragen, den Anwenderschutz zu erhöhen. »Eine der wichtigsten Änderungen auf die wir Hersteller künftig achtgeben müssen, betrifft den Gültigkeitsbereich«, weiß Thomas Casper, Vertriebsleiter DACH bei Hymer-Steigtechnik.

Während die EN 1004 in der alten Fassung nur für fahrbare Arbeitsbühnen und Fahrgerüste ab einer Standhöhe von 2,5 m galt, enthält die neue Fassung keinerlei Einschränkungen in Bezug auf die minimale Standhöhe. »Somit betrifft die neue EN 1004 auch fahrbare Arbeitsbühnen und Fahrgerüste ab null Metern Standhöhe«, so Thomas Casper weiter.

Oberstes Ziel der überarbeiteten EN 1004 ist die erhöhte Anwendersicherheit: Betreffende Produkte müssen ab dem 1. Dezember so konstruiert sein, dass sie – ohne Notwendigkeit einer persönlichen Absturzsicherung – auf-, um oder abgebaut werden können. Das bedeutet, dass in jeder Phase der Montage oder Demontage ein kontinuierlicher Seitenschutz gewährleistet sein muss. Geländerteile und Verstrebungen für die jeweils nächste Lage müssen also durch eine der folgenden Aufbauweisen angebracht werden können: vom Boden aus, von der darunter liegenden Plattform aus oder auch durch die Durchstiegsklappe der Plattform basierend auf der 3-T-Methode (through the trapdoor).

Maximalen Abstand bei Bühnen begrenzen

Eine weitere Änderung betrifft den vertikalen Abstand zwischen den im Einsatz befindlichen Gerüstbühnen: Um die Absturzgefahr bei Montage, Demontage und Besteigen des Fahrgerüsts zu minimieren, darf der Abstand zwischen zwei Bühnen künftig lediglich 2,25 m betragen. Die unterste Bühne darf zudem maximal auf einer Höhe von 3,40 m eingesetzt werden.

Zur Erhöhung der Standsicherheit auf fahrbaren Arbeitsbühnen und Fahrgerüsten legt die EN 1004 außerdem neue Vorgaben für die Statikberechnung zugrunde. Diese können wiederum Änderungen bei den Ballastierungsvorgaben der einzelnen Hersteller bewirken. Eventuell geänderte Herstellervorgaben für die Ballastierung von Fahrgerüsten sind deshalb vor der Anwendung zu berücksichtigen. »Wir haben während der 10-monatigen Übergangszeit festgestellt, dass uns vor allem zu diesem Punkt sehr viele Fragen gestellt werden und die ein oder andere Unsicherheit besteht«, betont Thomas Casper. »Wir empfehlen deshalb, sich über Händler oder direkt auf unserer Website über die geänderten Vorgaben zur Ballastierung zu informieren.«

Intelligent gelöst durch Sicherheitsaufbau

Das Sortiment von Hymer umfasst langjährig erprobte und intelligente Steigtechniklösungen mit Sicherheitsaufbau, die schon heute den Anforderungen der neuen Norm gerecht werden. »Die Sicherheit und der Komfort unserer Anwender haben bei uns seit jeher oberste Priorität, von daher sind wir bestens gerüstet und können die neue EN 1004 schon jetzt voll und ganz erfüllen«, sagt Thomas Casper. So basiert eine

Der »Hymer-Lifter«, eine spezielle Greifstange, unterstützt das sichere Auf- und Abbauen der Gerüste. Vom Boden aus lassen sich damit Verstrebungen aus- oder einhängen.

2,25

Meter

Um die Absturzgefahr bei Montage, Demontage und Besteigen des Fahrgerüsts zu minimieren, darf der Abstand zwischen zwei Bühnen künftig lediglich 2,25 m betragen.

Der Ausleger mit BajonettVerschluss kann vom Boden aus montiert werden. Er ist anklappbar, damit vom Gerüst aus so nah wie möglich an der Wand gearbeitet werden kann.

Vielzahl der Fahrgerüste aus dem Profisortiment auf dem sogenannten »Hymer-Comfort«-Aufbau. Diese speziell für den intensiven Dauereinsatz gefertigten, massiven Fahrgerüste sind für einen hochstabilen Stand entweder mit Fahrtraverse oder mit den von Hymer entwickelten, patentierten Bajonett-Auslegern ausgestattet. Letztere können komfortabel vom Boden aus montiert werden.

Mithilfe des Hymer-Lifters – einer speziellen Greifstange – lassen sich zudem die oberen Verstrebungen vom Boden bzw. von der jeweils darunter liegenden Plattform aus ein- oder aushängen, sodass der geforderte Seitenschutz in jeder Phase des Auf- oder Abbaus gewährleistet ist. Nützliche Informationen sowie die wesentlichen Änderungen der EN 1004 hat Hymer-Steigtechnik in einer Kundeninformation zusammengefasst, die zum Download auf deren Website bereitsteht. J

Kurz und knapp

Oberstes Ziel der überarbeiteten EN 1004 ist die erhöhte Anwendersicherheit: Betreffende Produkte müssen seit dem 1. Dezember so konstruiert sein, dass sie – ohne Notwendigkeit einer persönlichen Absturzsicherung – auf-, um oder abgebaut werden können.

Das Fahrgerüst »8472« soll den Anwendern höchste Sicherheit schon beim Auf-, Um- oder Abbau bieten.

INTERVIEW

Was Anwender und Hersteller nun berücksichtigen sollten

Mit Inkrafttreten der geänderten Norm EN 1004 müssen sich sowohl Hersteller als auch Anwender seit dem 1. Dezember mit den damit einhergehenden Auswirkungen befassen. Thomas Casper, Vetriebsleiter DACH bei Hymer-Steigtechnik, hat mit der Redaktion der bauSICHERHEIT darüber gesprochen und erläutert im Detail, was auf die Betroffenen zukommt.

bauSICHERHEIT: Herr Casper, welche Bedeutung genau hat die Normänderung für den Handel? Thomas Casper: Grundsätzlich gilt: Fahrgerüste, die nach alter Norm gebaut wurden, gelten nach Erscheinen der neuen Norm nicht automatisch als unsicher und bleiben daher auch nach der Normänderung rechtskonform. Auf Lager oder im Bestand befindliche Fahrgerüste nach alter Norm dürfen vom Handel auch weiterhin verkauft oder vermietet werden.

bauSICHERHEIT: Welche Auswirkungen hat die Normänderung aber auf den Anwender? Thomas Casper: Weder private noch gewerbliche Verwender trifft die Verpflichtung, ihre Fahrgerüste gegen neue auszutauschen oder nachzubessern. Gewerbliche Verwender sind allerdings nach der Betriebssicherheitsverordnung unverändert dazu verpflichtet, ihre Arbeitsmittel in regelmäßigen Abständen im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung auf Eignung für ihre Zwecke zu beurteilen sowie ihren sicherheitstechnischen Zustand zu bewerten. Eventuell geänderte Ballastierungsvorgaben der Hersteller sollten berücksichtigt werden. Beim Kauf neuer Fahrgerüste empfehlen wir gewerblichen Verwendern deshalb unbedingt auf Konformität zur neuen EN 1004 zu achten.

bauSICHERHEIT: Können vorhandene Fahrgerüste wiederum nachgerüstet werden? Entsprechen sie dann der neuen Norm? Thomas Casper: Fahrgerüste sind in der Regel aus einer bestimmten Anzahl an Einzelelementen aufgebaut, die auch separat erhältlich sind. Einzelelemente sind beispielsweise Rahmenteile, Verstrebungen, Bühnen, die zu einer bestimmten Aufbaukombination gehören. Ein nach alter Norm konstruiertes Fahrgerüst kann mittels Ergänzung von zusätzlichen Einzelelementen gemäß den neuen Herstellervorgaben einfach und normkonform nachgerüstet werden.

bauSICHERHEIT: Eine abschließende Frage: Woran ist zu erkennen, ob ein Fahrgerüst nach neuester Norm gefertigt worden ist? Thomas Casper: Sowohl auf der mitzuliefernden Gebrauchs- und Bedienungsanleitung als auch auf den Produktaufklebern, die in der Regel auf den Bühnen des Fahrgerüsts angebracht sind, muss vom Hersteller angegeben werden, nach welcher Norm er das Fahrgerüst gefertigt hat. Ist auf dem Produktaufkleber kein Ausgabedatum der Norm genannt, muss das Fahrgerüst immer dem aktuellsten Stand der Norm entsprechen. J