Herausforderungen bei Allergentests Dotierung und Wiederfindung

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Herausforderungen bei Allergentests Dotierung und Wieder�indung

Alternativen zu immunbasierten Allergentests

Allergen-Grenzwerte sind VITAL

Ausgabe 2 Ein Magazin von Romer Labs®

Spot On ist eine vierteljährlich erscheinende Publikation der Romer Labs Division Holding GmbH, die kostenlos erhältlich ist.

ISSN: 2414-2042

Für eine digitale Kopie und weitere Details besuchen Sie: http://magazine.romerlabs.com

Editors:

Cristian Ilea, Simone Schreiter

Autoren:

Kurt Brunner, Adrian Rogers, Jasmin Kraus

Grafik:

Reinhold Gallbrunner

Forschung:

Kurt Brunner

Herausgeber:

Romer Labs Division Holding GmbH

Erber Campus 1 3131 Getzersdorf, Österreich Tel: +43 2782 803 0 www.romerlabs.com

©Copyright 2016, Romer Labs®

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Publikation darf ohne die ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Inhabers der Urheberrechte in jeglicher materieller Form für gewerbliche Zwecke verwendet werden, sofern diese nicht in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Gesetzes über Urheberrechte, Designs (Geschmacks-/Bildmarken) und Patente von 1998 stehen. Alle Bilder sind das Eigentum von Romer Labs oder werden mit Lizenz verwendet.

Inhalt

Herausforderungen bei Allergentests Dotierung und Wieder�indung

Dieser erste Teil einer Serie beschäftigt sich mit Problemen der Allergenanalytik, die mit der Dotierung und Wiederfindung von Allergenen in Lebensmitteln im Zusammenhang stehen.

Von Adrian Rogers, Senior Research Scientist, Romer Labs®

Der Hook Effekt

Wenn ein negatives Ergebnis nicht negativ ist: Das Mysterium um falsche Teststreifen-Resultate.

Von Adrian Rogers, Senior Research Scientist, Romer Labs®

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Alternativen zu immunbasierten Allergentests

Eine Diskussion über unterschiedliche Ansätze zur Lebensmittelallergen-Untersuchung.

Von Kurt Brunner, DI Dr., Division Research Officer, Romer Labs®

Allergengrenzwerte sind VITAL!

Die Abkehr von der traditionellen Allergenkonzentration-Kennzeichnung hin zu relevanten Aktionsniveaus.

Von Jasmin Kraus, MSc, Product Manager, Romer Labs®

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Häu�ige Widersprüche bei der Allergenanalytik

Essen ist nicht nur lebensnotwendig, sondern auch ein Genuss. Nichts desto trotz können alltägliche Nahrungsmittel wie Nüsse, Sojabohnen, Milch oder Meeresfrüchte zu allergischen Reaktionen führen.

Jüngste Studien haben deutlich gemacht, dass mehr als eines von 15 Kindern unter 5 Jahren und etwa einer von 25 Erwachsenen auf mindestens ein Lebensmittel allergisch reagiert. Folglich steigt die Besorgnis in der Bevölkerung in Bezug auf Lebensmittelallergien. Viele Länder haben Kennzeichnungsverordnungen für jene Inhaltsstoffe eingeführt, die am häufigsten Reaktionen auslösen. Lebensmittelhersteller müssen wissen, was in ihre Produkte gelangt und müssen jedes potentielle Allergen an den Verbraucher kommunizieren, auch wenn dieses nur in Spuren vorhanden ist. Eine sorgfältige Untersuchung von Rohstoffen und Endprodukten ist die einzige Möglichkeit, wie Lebensmittelunternehmen diesen strengen Bestimmungen gerecht werden können.

Diese Ausgabe von Spot On konzentriert sich auf die besonderen Herausforderungen bei der Anwendung immunbasierter Testmethoden, wie ELISA oder einfachen Streifentests.

Obwohl kommerzielle Kits im höchsten Maße vertrauenswürdig sind, müssen gewisse Anweisungen streng befolgt werden, damit genaue Ergebnisse für individuelle Lebensmittelproben erzielt werden können.

Unser Leitartikel erläutert, welche Kriterien für die Auswahl des richtigen Testkits entscheidend sind und erklärt einige entscheidende Schritte für eine präzise Validierung.

Ein weiterer Artikel diskutiert zwei alternative Methoden zur Allergenanalytik mit immunbasierten Testsystemen, nämlich die Massenspektrometrie und die Polymerase-Kettenreaktion. Wir beleuchten ebenfalls einige wichtige Stolpersteine, die bei Allergentests leicht übersehen werden können.

Wir hoffen, Ihnen einen faszinierenden und informativen Einblick in die Welt der Allergenanalytik bieten zu können!

Editorial
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DI Dr., Division Research Officer, Romer Labs®

Herausforderungen bei Allergentests

Teil Eins –

Dotierung und Wieder�indung

In diesem ersten Teil einer Serie diskutiert Adrian Rogers die Grundlagen der Allergenanalyse in Lebensmitteln – von der Auswahl des richtigen Testkits bis zu Methoden zur präzisen Validierung.

Von Adrian Rogers, Senior Research Scientist, Romer Labs®

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Allergentests

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Literaturhinweis

In diesem und den folgenden Artikeln wird auf diese anerkannte und veröffentlichte Richtlinie zur Assay-Validierung Bezug genommen:

Validation Procedures for Quantitative Allergen

ELISA Methods: Community Guidance and Best Practices, Abbot et al, Journal of AOAC International Vol 93, No 2, 2010

Über den Autor

Als ich mit der Entwicklung von Immunassays zum Nachweis von Allergenen in Lebensmitteln begonnen habe, war das Erste, was mir auffiel, die enorme Vielfalt an verschiedenen Lebensmitteltypen oder matrices, mit denen die Assays arbeiten mussten.

Aus einem Bereich für medizinische Immunassays kommend, gab es für mich bis dahin nur eine begrenzte Anzahl an verschiedenen Matrizes, mit denen man zu arbeiten hatte. In meinem Fall war es Blutserum. Bei Lebensmitteln haben wir es aber mit einer nahezu unendlichen Auswahl an unterschiedlichen Proben zu tun, von denen jede wiederum ihre eigenen spezifischen Eigenschaften besitzt.

Wie wähle ich das richtige Testsystem aus?

Wie können wir also sicherstellen, dass der hergestellte Testkit für die Verwendung mit so vielen verschiedenen und schwierigen Matrizes geeignet ist? An diesem Punkt kommt die Probenvalidierung ins Spiel. Dieser Vorgang besteht darin, eine bekannte Menge des gesuchten Allergens zur gewünschten Matrix zuzugeben (Dotierung) und dann zu untersuchen, wie viel man von diesem Allergen wieder heraus bekommt (Wiederfindung). Dabei ist es wichtig, dass Immunassays – wie der Name schon sagt – biologische Komponenten (Antikörper) besitzen, die notwendig sind, um das allergene Protein zu detektieren. Wie alle biologischen Systeme, reagieren dadurch auch diese Testkits äußerst empfindlich auf variierende Umweltbedingungen.

Im Fall von Lebensmitteln funktioniert der Kit in Anwesenheit von stark sauren oder basischen pH-Werten und hohem Salz- oder Fettgehalt möglicherweise nicht mehr so, wie er soll. Viele dieser extremen Bedingungen können während des Extraktionsprozesses entschärft werden. Die Kits verwenden dafür ein gepuffertes Sys-

Adrian Rogers arbeitet seit sechs Jahren als Senior Research Scientist bei Romer Labs. Er ist für die Forschung und Entwicklung in unserem Allergen-Kompetenzzentrum in UK verantwortlich.

Auch vor seiner Arbeit bei Romer Labs war Adrian schon als Wissenschaftler an der Entwicklung von ELISA und Lateral Flow Immunassays zum Nachweis von Allergenen beteiligt. Adrian ist ausgebildeter Mikrobiologe und besitzt 15 Jahre Erfahrung in der Immunanalytik, wovon er 13 Jahre mit der Entwicklung von Testsystemen zum Nachweis von Lebensmittelallergenen verbracht hat.

Im Laufe der Jahre war Adrian an einer Reihe von Lebensmittelallergie-Projekten beteiligt, darunter EuroPrevall, ein EU-finanziertes multidisziplinäres integriertes Projekt, das die Verbreitung von Lebensmittelallergien europaweit untersucht hat. Derzeit ist er Mitglied in der Allergiegruppe des Lebensmittel- und Gesundheits-Netzwerkes der Universität von Manchester und koordiniert Romer Labs Beitrag zu einem „Innovativen Wissenstransfer-Projekt des Vereinigten Königreiches“, das sich mit der Verbesserung der Detektion von Soja-Allergenen beschäftigt.

tem, um einerseits mit den Veränderungen des pH-Werts zurecht zu kommen und andererseits hilft die Zugabe von Puffer auch dabei andere Probleme, wie einen hohen Salz- und Fettgehalt durch Verdünnung zu reduzieren.

Ist meine Wieder�indung akzeptabel?

Welcher Wert ist also in Bezug auf die Wiederfindung einer bekannten Menge des Allergens in der Probenmatrix akzeptabel? Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir zuerst die Ausgangslage definieren. Ist es eine dotierte Probe, oder handelt es sich um eine prozessierte?

Prozessierte Proben sind Proben, bei denen eine definierte Menge des Allergens am Beginn des Produktionsprozesses zugegeben wurde, um so gut wie möglich die realen Bedingungen zu imitieren, unter denen das Lebensmittel üblicherweise erzeugt wird.

Auf das Thema der prozessierten Proben wird in späteren Ausgaben von Spot On noch weiter eingegangen. In diesem Artikel werde ich mich auf die einfacher auszuführende Methode des Dotierens konzentrieren, bei der eine genau bekannte Menge des Allergens in eine Probe eingebracht wird, um anschließend die Wiederfindung zu messen (siehe Textbox Literaturhinweis).

In Bezug auf die Wiederfindung, gibt die erwähnte AOAC-Richtlinie an, „dass die Wiederfindung idealerweise zwischen 80 % und 120 % liegt. Die Wiederfindung wird dabei sowohl von der Effizienz des Extraktionsschrittes, als auch von der ELISA Prozedur beeinflusst.“

„Bei ELISA-Methoden für Lebensmittelallergene ist dieser Wert für die Wiederfindung nicht immer möglich, vor allem dann, wenn besonders schwierige Matrizes analysiert werden. Zudem kann sich die Wiederfindung bei prozessierten Proben und dotierten Proben signifikant unterscheiden. Aus diesem Grund werden alle Wiederfindungswerte zwischen 50 % und 150 % als akzeptabel angesehen, solange sie immer gleichbleibend sind.“

Die Richtlinie wurde 2010 von der Association of Analytical Communities (AOAC) veröffentlicht, wobei im Speziellen auf quantitative ELISA-Methoden Bezug

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genommen wurde. Viele der Schlüsselelemente dieser Publikation sind auch auf qualitative oder semi-quantitative Streifentests übertragbar.

Der wissenschaftliche Hintergrund der Dotierung

Wenn wir es mit einem neuen Lebensmittel zu tun bekommen, das zuvor noch nicht getestet wurde, werden üblicherweise zunächst Dotierungsversuche unternommen um sicherzustellen, dass dieses Lebensmittel auch wie gewünscht mit unseren Testkits funktioniert. Das Lebensmittel wird dazu mit drei unterschiedlichen Konzentrationen des Allergens dotiert – niedrig, mittel und hoch – um die gesamte Bandbreite des Detektionsbereichs des Testkits abzudecken.

Die Konzentration der niedrigsten Allergendotierung befindet sich nahe der unteren Quantifizierungsgrenze (Lower Limit of Quantification, LLOQ) des ELISAs (in diesem Fall nahe der Konzentration des niedrigsten Standards nach 0 ppm) oder knapp oberhalb der Nachweisgrenze (Limit of Detection, LOD) eines Streifentests. Die mittlere Dotierung wird im mittleren Bereich der Kalibrationskurve des ELISAs angesetzt und die höchste Dotierung befindet sich nahe der oberen Quantifizierungsgrenze (Upper Limit of Quantification, ULOQ), die der Konzentration des höchsten Standards entspricht. Die Lebensmittelprobe wird anschließend genauso extrahiert und getestet, wie es in der Arbeitsanleitung des Testkits beschrieben ist.

Würden wir also beispielsweise eine Schokolade mit 5 ppm Mandeln dotieren, dann würden wir eine Wiederfindung von 4 – 6 ppm erwarten. Falls das Ergebnis außerhalb dieses Bereichs liegt, gibt es noch die Möglichkeit weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Wiederfindung zu verbessern. Der Erfahrung nach stellt die Analyse von Schokolade eine der größten Herausforderungen bei Allergentests dar – sie beinhaltet viele Tannine und andere Polyphenole, die an die Allergene binden können. Dadurch entstehen unlösliche Proteinkomplexe, die sehr schwierig zu extrahieren sind.

Solche Solche Problematiken können durch die Zugabe von zusätzlichen Proteinen zum Extraktionspuffer gelöst werden. Die überschüssigen Proteine binden an die Polyphenole und verhindern so die Komplexbildung mit Allergenen, die dadurch besser zugänglich für die Extraktion sind. Mein Protein der Wahl ist Fischgelatine, obwohl auch andere Materialien, wie Milchpulver verwendet werden können, um die Extraktionseffizienz bei Lebensmitteln mit hohem Polyphenolgehalt zu verbessern. Falls die Verwendung von Milchpulver bevorzugt wird, sollte streng darauf geachtet werden, die Laborräumlichkeiten nicht zu kontaminieren, vor allem dann, wenn Milchallergene untersucht werden sollen.

Lateral Flow Systeme (LFD), oft auch Streifentests genannt, können auf ähnliche Weise wie der ELISA bezüglich der Wiederfindung validiert werden. Das einzi-

ge, was aber unbedingt zu beachten ist, ist dass man den Streifentest mit der Wahl der höchsten Allergen-Dotierung auch überladen kann. Auch wenn LFDs grundsätzlich in der Lage sind sehr hohe ppm-Werte an Allergen zu detektieren, so ist es trotzdem möglich, dass dieser Effekt schon bei einem Allergengehalt von über 1% auftritt. (siehe Textbox für mehr Informationen zu diesem Thema)

Erhaltung der Qualität und Präzision des Tests

Es kann für einen Testhersteller notwendig sein, sehr eng mit Kunden zusammenzuarbeiten, die routinemäßig anspruchsvolle Lebensmittel untersuchen wollen. Es ist wichtig zu bestätigen, dass der Test so funktioniert wie er sollte und den Ansprüchen des Kunden entspricht. Wie oben bereits beschrieben, kann dies durch Dotierungsexperimente zur Bestimmung der Wiederfindung in problematischen Matrizes erreicht werden.

In manchen Fällen ist es von Vorteil die Standard-Testmethode zu ändern oder zu modifizieren, um den Anforderungen der Probe und/oder des Kunden zu genügen. Dies sollte aber immer unter der Anleitung des Testherstellers erfolgen, um die Qualität und Reproduzierbarkeit der Testergebnisse sicherzustellen.

Der Hook Effekt

Die Zugabe von zusätzlichen Proteinen zur Extraktionslösung kann die Wieder�indung bei schwierigen Matrizes verbessern

Die Überladung des Teststreifens mit zu hohen Allergenmengen kann zu falsch negativen Ergebnissen führen. Dieser Vorgang wird als „Hook Effekt“ bezeichnet. Der Hook Effekt stellt allerdings kein Problem für den alltäglichen Gebrauch der Teststreifen dar. Meiner Erfahrung nach tritt der Effekt nur dann auf, wenn man versucht die Funktion des Teststreifens zu bestätigen, indem man 100 % des allergenen Lebensmittels testet. Wenn man nämlich so vorgeht, übersteigt die Menge an Allergenen die begrenzte Menge an farblich markiertem Material (oft kolloidales Gold oder gefärbtes Latex), das an den Detektionsantikörper gebunden ist. Somit können nicht alle Allergene markiert werden. Die nicht markierten Allergene wandern schneller über die Membran als die schwereren Farbmarkierten und besetzen somit zuerst alle Bindungsstellen der auf der Membran immobilisierten Fangantikörper. Wenn dann die farblich markierten Allergene nachfolgen, sind keine Bindungsstellen mehr verfügbar und sie wandern daher weiter zum Saugpad am Ende des Teststreifens. Da keine Bindungsstellen mehr frei waren, können die farbmarkierten Allergene keine farbige Testlinie bilden, die normalerweise ein positives Testergebnis anzeigen würde.

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Alternativen zu immunbasierten Allergentests

ELISA, Teststreifen, PCR oder Massenspektrometrie – gibt es die perfekte Testmethode für Allergene? Kurt Brunner diskutiert die Vor- und Nachteile der verschiedenen Möglichkeiten.

Die meisten kommerziell erhältlichen Testkits für Lebensmittelallergene beruhen auf der Verwendung von immunbasierten Methoden, wie ELISA oder Lateral Flow Systemen (Teststreifen).

Um einen ELISA durchzuführen, wird zwar geschultes Personal benötigt, aber durch die Verwendung von 48-Well oder 96-Well Mikrotiter-Platten können

zahlreiche Proben gleichzeitig analysiert werden. Im Allgemeinen kann so eine Analyse zwischen 30 Minuten und einigen Stunden dauern.

Derzeit ist der ELISA die am weitesten verbreitete Methode für die Detektion und Quantifi zierung von Lebensmittelallergenen. Jedoch kann man, obwohl viele Proben gleichzeitig analysiert werden können, die Proben jeweils nur auf ein bestimmtes Allergen testen.

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Von Kurt Brunner, DI Dr., Division Research Officer, Romer Labs®

Zu beachtende Limitierungen

Aufgrund der hohen Spezifität eines Antikörpers gegenüber nur einem bestimmten allergenen Protein und weiteren Limitierungen bedingt durch die Technologie, muss für jedes Allergen ein separates Testsystem verwendet werden. Zudem kann der hohe Grad an Spezifität gegenüber einem Allergen auch zu falsch negativen Ergebnissen führen.

Lebensmittelverarbeitungsschritte, wie Hitzebehandlung, der Zusatz saurer Verbindungen oder Fermentation können die Struktur des Zielproteins verändern. Diese modifizierten Allergene können ihre immunologischen Eigenschaften verlieren und der Antikörper-Protein-Komplex kann nicht mehr gebildet werden. Das führt zu falsch negativen Resultaten oder zu niedrigen Messergebnissen.

Streifentests sind kostengünstig, sehr einfach in der Anwendung, benötigen keine Laborgeräte und zeigen das Ergebnis üblicherweise innerhalb weniger Minuten an. Allerdings sind die meisten Streifentests nur qualitativ und sind ebenfalls auf Antikörper als Detektionselemente angewiesen. Aus diesem Grund

haben sie bei hoch prozessierten Lebensmitteln mit denselben Problemen zu kämpfen wie ELISA-Tests.

In den letzten Jahren wurden alternative Analysenmethoden entwickelt, um zumindest ein paar der Einschränkungen von Immunbasierten Testsystemen zu umgehen.

Allergendetektion mittels PCR

Die PCR (Polymerase-Kettenreaktion) ist eine relativ schnelle und günstige Methode zur Identifizierung von DNA. Die Technologie hat sich seit ihrer Entwicklung in den 1980er Jahren stetig verbessert. Inzwischen wird die PCR seit vielen Jahren in den Bereichen der medizinischen Diagnostik, Forensik und Umweltüberwachung und zur Quantifizierung genetisch veränderter Organismen in Lebens- und Futtermitteln verwendet.

In den frühen 2000er Jahren wurde die PCR zum ersten Mal eingesetzt, um die DNA sehr bekannter Lebensmittelallergene, wie Haselnüsse oder Erdnüsse, zu identifizieren. Bis zum heutigen Tag wurden PCR Testmethoden für die meisten der „Big Eight“ Allergene

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Foto: Fotolia/vitstudio

PCR ist die Methode der Wahl wenn

das Problem der Kreuzreaktivität zu ähnlichen Proteinen

nicht gelöst werden kann

in den USA und der 14 kennzeichnungspflichtigen Allergene in der EU veröffentlicht.

Bei der PCR werden kleine Fragmente einer Ziel-DNA so lange vervielfältigt, bis eine ausreichende Anzahl an Kopien für die Visualisierung oder Quantifizierung vorhanden ist. Das Zielfragment der Analyse wird dabei um den Faktor 107 bis 109 vervielfacht, sodass die wenigen Moleküle der Ziel-DNA in ausreichender Menge vorhanden sind, um allergene Inhaltsstoffe erfolgreich zu detektieren.

Ursprünglich wurde die PCR als qualitative Methode entwickelt, aber später wurde sie so modifiziert, dass nun mit Hilfe von Fluoreszenzfarbstoffen oder speziellen Sonden auch eine quantitative Analyse möglich ist.

Die Tatsache, dass die PCR das extrem stabile DNA-Molekül detektiert, kann für die Analyse von hoch prozessierten Lebensmitteln ein Vorteil sein. DNA verändert sich meist auch unter extremen Bedingungen nicht und kann daher immer noch nachgewiesen werden, wenn die meisten Proteine schon abgebaut oder verändert wurden. Außerdem kann die PCR für Allergene wie Sellerie verwendet werden, die nicht durch Antikörper detektiert werden können. Sellerie ist

kennzeichnungspflichtig in der EU, aber bisher sind alle Versuche einen verlässlichen Antikörper zu produzieren an der engen Verwandtschaft zwischen Sellerie und anderen Pflanzen, wie Petersilie, Karotten, Koriander oder Fenchel gescheitert.

Während der letzten Jahre wurden auch neuere DNA-Detektionsmethoden entwickelt. Alle diese sogenannten isothermalen Amplifikationstechniken sind bis zu einem gewissen Grad mit der konventionellen PCR verwandt, können aber mit minimaler Geräteausstattung durchgeführt werden.

Ein einfacher Heizblock wird für die Vervielfältigung der Ziel-DNA verwendet und der anschließende visuelle Nachweis wird durch Fluorenszenzfarbstoffe ermöglicht. Die isothermale Amplifikation ist üblicherweise nicht nur schneller als die PCR, sondern auch weniger anfällig für Verunreinigungen aus dem Probenmaterial und in vielen Fällen ist sie auch sensitiver

Massenspektrometrie: eine High-End Technologie

Extraktion der Proben-DNS

Eine noch neuere Technologie für den Nachweis und die Quantifizierung von Allergenen ist die Massenspektrometrie – eine High-Tech Methode, die Proteine und Peptide mit großer Genauigkeit identifizieren kann. Die ersten Versuche diese Technologie für die Detektion von Allergenen einzusetzen begannen schon in den späten 1990er Jahren, aber die meisten Ergebnisse wurden erst in den letzten Jahren veröffentlicht.

Der größte Vorteil dieser Technologie für die die Lebensmittelanalyse ist der hohe Grad an Zuverlässigkeit. Die Geräte sind in der Lage, mehrere Peptide pro Protein zu detektieren. Idealerweise werden zwei bis drei Peptide pro Allergen analysiert.

Zugabe eines Fluoreszenzfarbstoffes

Auch DNA basierte Methoden haben Nachteile

Obwohl der Nachweis von der DNA eines Allergie-auslösenden Lebensmittelinhaltsstoffes einige Vorteile gegenüber immunbasierten Methoden aufweist, hat diese Vorgehensweise auch mehrere Nachteile. Da die DNA der Analyt der Wahl für die PCR ist, ist es schwierig/ unmöglich zwischen Ei oder Milch und der dazugehörigen Gewebe-DNA von Hühnern oder Rindern zu unterscheiden, da die DNA identisch ist.

Einige Proben, wie beispielsweise Eiweiß oder Milch beinhalten nur geringe Mengen an DNA, aber eine hohe Anzahl an allergenen Proteinen, weshalb diese Methode nicht für die Analyse solcher Lebensmitteltypen geeignet ist.

Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist, dass die Wahrscheinlichkeit zumindest ein intaktes Fragment zu finden sehr hoch ist, auch wenn die Proteine durch die harschen Bedingungen während der Lebensmittelverarbeitung teilweise abgebaut oder verändert wurden. Solche Marker-Peptide werden aus Datenbanken oder Literaturquellen ausgewählt und müssen höchst spezifisch für das zu quantifizierende Allergen sein. Außerdem wird bei der Auswahl dieser Peptide auch darauf geachtet, dass sie möglichst widerstandsfähig in Bezug auf Verarbeitungsprozesse sind.

Diese Strategie der Erkennung gleich mehrerer Allergen-Peptide ist mit immunbasierten Testsystemen nicht möglich. Antikörper binden normalerweise nur an ein bestimmtes (immunogenes) Allergenfragment. Wenn dieses kleine Fragment verändert ist, kann die Erkennung der Zielsequenz stark beeinträchtigt sein.

Die Massenspektrometrie ist auch in der Lage mehrere Allergene gleichzeitig zu analysieren. Diese Multi-Analyt Methoden sind vor allem in den letzten Jahren sehr beliebt geworden. Die innovative Strategie ermöglicht die Analyse mehrerer Allergene aus einem einzigen

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Abbildung 1. Ein vereinfachtes Schema der PCR-Analyse
Vervielfältigung
der spezifischen DNS mittels PCR

Die beste Methode?

Die Massenspektrometrie kann möglicherweise als die Allergentestmethode mit dem größten Potential für die Zukunft angesehen werden, da weitere Verbesserungen durch die außergewöhnlich gute Zuverlässigkeit, Sensitivität und die Möglichkeit zur Mulit-Allergenanalyse zu erwarten sind.

Nichts desto trotz gibt es keine Herangehensweise ohne Nachteile. Die Massenspektrometrie bedarf ausgiebig geschulten Personals und die anfänglichen Investitionskosten sind aufgrund der teuren Geräte sehr hoch. Außerdem wird die Analysendauer immer viel länger sein, als bei immunbasierten Methoden.

Probenextrakt in nur einem Analysendurchgang.

Die Extraktionsprozedur ist für die Massenspektrometrie wesentlich aufwendiger als für andere Testmethoden. Zuerst wird die Probe mit einem Extraktionspuffer gemischt, der meist Dithiothreitol oder Urea enthält, um ein reduzierendes Milieu zu schaffen, welches die Disulfid-Brücken des Proteins aufbricht. Die verbleibenden Überreste der Lebensmittelprobe werden dann durch Zentrifugation abgetrennt und die entfalteten Proteine werden mit Hilfe von Enzymen in kleinere Fragmente zerschnitten. Dieser Vorgang dauert meist über Nacht oder zumindest mehrere Stunden, damit das Enzym die Proteine in ausreichend kleine Peptide schneiden kann. Auch wenn die Aufbereitungsschritte sehr zeitaufwendig sind, so kann die erhaltene Peptidlösung mit Hilfe des Massenspektrometers auf mehrere Allergene gleichzeitig untersucht werden.

Aktuell können solche Multi-Methoden bis zu sieben Allergene parallel quantifizieren, aber es ist zu erwarten, dass diese Zahl in den nächsten Jahren möglicherweise drastisch steigen wird. Mycotoxin-Multi-Analysenmethoden starteten vor etwa zehn Jahren mit nur wenigen Analyten. Heute ist die fortschrittlichste Methode in der Lage mehr als 400 Toxine in einem Durchlauf zu analysieren.

Extraktion der Probenproteine

Entfaltung der Probenproteine

Keine „Eine-für-Alles“ Lösung

Die perfekte Methode als Goldstandard für die Allergenquantifizierung gibt es nicht. ELISA und Teststreifen sind die Methoden der Wahl für einen Großteil der industriellen Anwendungen. Man erhält sehr schnell Ergebnisse, die Kosten sind relativ niedrig und die Schulung des Personals ist einfach. Bei manchen Proben, wie hochprozessiertes Testmaterial oder sehr spezifische Analyten, kann die PCR bessere Resultate erzielen. Die Massenspektrometrie ist am oberen Ende der derzeit möglichen Technologien angesiedelt, steckt aber in Bezug auf Allergentests noch immer in den Kinderschuhen. Sie wurde dennoch in den letzten Jahren für viele analytischen Herausforderungen zur Methode der Wahl. Es ist somit zu erwarten, dass diese Technologie in der näheren Zukunft einen weiteren Aufschwung im Gebiet der Allergenanalytik erfahren wird.

Allergen-Grenzwerte sind VITAL!

Von Jasmin Kraus, MSc, Product Manager, Romer Labs®

Die Gesetzgebung verlangt die Kennzeichnung von Allergenen, aber ohne Referenzmaterial stößt man auf das allgegenwärtige Problem der nicht vorhandenen Grenzwerte.

Jeder Lebensmittelhersteller wird durch die Allergenkennzeichnung mit einer schwierigen Situation konfrontiert. Fällt die Konzentration an allergenen Inhaltsstoffen eines Lebensmittels auf, über oder unter einen Grenzwert, ab dem das Produkt als allergenfrei bezeichnet werden darf?

Wie sensitiv muss das Testsystem also sein?

Immer mehr Lebensmittelproduzenten wenden sich von den traditionellen angegebenen Allergenkonzentrationen ab, hin zum Konzept der Aktionsniveaus. Diese Aktionsniveaus wurden ursprünglich von der VITAL-Kampagne (Voluntary Incidential Trace Allergen Labeling) des Australi-

schen Allergen Bureau vorgeschlagen und beziehen sich auf die Menge an Allergenen, die eine allergische Person tatsächlich zu sich nimmt.

Dieses Konzept berücksichtigt die durchschnittliche Portionsgröße. Daher hat ein und dieselbe Allergenkonzentration eine unterschiedliche große Auswirkung auf den Konsumenten, je nachdem ob sie in einer Prise eines Gewürzes oder in der ganzen Portion Nudeln zu finden ist. Lebensmittelhersteller sollen durch diesen Ansatz dazu ermutigt werden, die Auswirkungen einer möglichen Allergenkontamination in ihren Produkten abzuschätzen. Sie sollen Nachweisgrenzen so festlegen, dass eine wirklich relevante und vorbeugende Allergenkennzeichnungen erreicht wird.

Enzymatische Zerteilung der Proteine

Allergenkonzentrationen allein sind irreführend

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Abbildung 2. Arbeitsablauf der Massenspektrometrie
Auftrennung mittels HPLC und Analyse mittels Massenspektrometrie

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