Gartenschauen als Planungsaufgabe - RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten

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GARTENSCHAUEN ALS PLANUNGSAUFGABE

Theatre d´agricultura: „Initialzündung für eine Reihe von Wettbewerbserfolgen“ – Beitrag für die Dezentrale Landesgartenschau 2002, Hauptstandort Schloß Dyck.

Fotos|Bildrechte: RMP

RMP STEPHAN LENZEN LANDSCHAFTSARCHITEKTEN Er gehört zu den „angesagtesten“ Landschaftsarchitekten der Republik, gewinnt mit seinem Team immer wieder große Wettbewerbe, steht für zeitgenössische Landschaftsarchitektur, führt sein Büro wie ein „ganz normales mittelständisches Unternehmen“, will abends und morgens seine kleine Tochter sehen und auch das Wochenende mit seiner Familie in Köln verbringen, hat keine Allüren und ein gutes Team: Stephan Lenzen.

Mitte Oktober 2011 treffen Besucher Stephan Lenzen und seine Mitarbeiter auf einer Baustelle. Eine Baustelle ist kein ungewöhnlicher Ort für Landschaftsarchitekten, diese aber ist etwas Besonderes: Das Bonner Stammhaus des Traditionsbüros wird umgebaut und saniert.

Rund 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – die fünfzehn Kollegen in Hamburg bei der IGS betrifft das weniger – sind in die Raderschall-Villa Klosterbergstraße 107 umgezogen. Wenn der Umbau, den Lenzen höchstpersönlich leitet, geschafft ist, geht es retour in die Nr. 109. Beide Gebäude sind großzügige, helle Nachkriegsvillen mit großen Fenstern und einem herrlichen Blick über das Rheintal – hier lässt es sich gut arbeiten. 60 Jahre – seit 1951 gibt es das Büro bereits, das heute RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten heißt und im Internet unter WWW.RMP-LANDSCHAFTSARCHITEKTEN.DE zu finden ist.

Zunächst Mitarbeiter, dann Partner, seit 2004 führt Stephan Lenzen das Büro alleine.

Foto: Imma Schmidt

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Auch der Name des Bürogründers, Heinrich Raderschall, hat national wie international einen guten Klang. So hat er wesentlich am Wiederaufbau Bonns mitgewirkt, neben neuen Wohngebieten zählten städtisches Grün sowie Freianlagen an öffentlichen Gebäuden zu seinen Schwerpunkten. Bereits Ende der 1950er Jahre kommen Carl Möhrer und Friedrich-Wilhelm Peters dazu, 1971 werden sie Partner.

Stadtsanierungen, Fußgängerzonen, Parks sowie Sport- und Freizeitanlagen, auch in den neuen Bundesländern, folgten. 1996 zieht Raderschall sich zurück, bleibt aber beratend tätig. Drei Jahre später stößt Stephan Lenzen zum Team und wird bereits 2001 Partner. Seit 2004 führt er das Büro allein.

EINE ART INITIALZÜNDUNG für eine bis heute an-

haltende Reihe von Wettbewerbserfolgen ist derjenige im Jahr 2000 für die Realisierung des Hauptstandortes Schloss Dyck der Dezentralen Landesgartenschau 2002. „Ein Meer aus Chinaschilf (Miscanthus) mit darin ‚eingestanzten‘ (Schau-)Gärten schlägt der Landschaftsarchitekt BDLA Stephan Lenzen vom Bonner Büro Raderschall, Möhrer, Peters und Partner für das Dyckerfeld vor. Der Entwurf, der das Nützliche – Miscanthus gehört als nachwachsender Rohstoff zu den modernen Formen der Landwirtschaft – mit dem Schönen verbindet, überzeugte das Preisgericht. Einstimmig kürten die Preisrichter „(...) den ebenso poetischen wie spannenden und innovativen Entwurf zum Sieger“, heißt es in der damaligen Presseinformation. „Modern, schlüssig an diesem Standort”, „zeitgemäße Landschaftsarchitektur” und „so noch nie da gewesen” waren weitere Attribute, die dem Entwurf zugebilligt wurden. Die Flächenhaftigkeit des Schilfgrases mit dem labyrinthischen Raumsystem sicherten einen Entwurf mit hoher Erlebnisqualität.

Das Dycker Feld als Pendant zum Schlosspark auf Dyck war auch für Lenzen etwas Besonderes. Mit diesem Werk gelang ihm ein Durchbruch, bis heute besuchen Studentengruppen Schloss Dyck in Jüchen. Lenzen nennt es ein „Premium-Projekt“. Ihm sei bewusst, dass einem so etwas in seinem Planerleben manchmal nie gelingt und schon ein einziges Mal ein Geschenk ist. „Die BuGa in Koblenz oder andere Projekte kann man nicht mit Dyck vergleichen, überhaupt ist jedes Projekt anders, weil jeder Ort andere Herausforderungen bietet. Ist der Ort anders, ist das Ergebnis anders“, stellt der

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Mittvierziger fest. „Wir arbeiten ganz klassisch und entwickeln jeden Entwurf aus dem Ort, von kurzfristiger Effekthascherei halte ich nichts.“ So gibt es also kein Rezept, nach dem Erfolge einfach wiederholbar sind? Nein. Allerdings gehören Übung und auch eine gute, wettbewerbstaugliche Büroinfrastruktur dazu, Wettbewerbe wie jene zur IGA Hamburg oder BuGa Koblenz durchzustehen, erklärt er. „Auch Fleiß braucht man, um eine solch hohe Dichte in den Aufgabenstellungen und ein entsprechendes Abgabevolumen zu bewältigen, das können vielleicht 25 bis 30 Büros in Deutschland.“ Wer als Büroinhaber und Teamleiter eine Gartenschau nach der anderen und weitere Großprojekte macht – der steht zwangsläufig im Rampenlicht und teils in kontroversen Diskussionen. Wie geht Stephan Lenzen eigentlich mit Kritik um? Nicht nur jener Allgegenwärtigen an Gartenschauen, die ja nie innovativ und wegweisend genug sein können für jene, die noch nie eine realisiert haben... Es gibt auch nachvollziehbaren Widerstand bei Projekten von Bürgern, Medien, Politikern. Lenzen überlegt einen Moment. Fachliche Kritik braucht eine persönliche Haltung, aus der heraus man sie sach-

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Dycker Feld: Ein „Meer

lich aufnimmt und beantwortet und sie eben nicht persönlich nimmt, davon ist er überzeugt. „Kritik gehört dazu.“ Nicht nur von Kolleginnen und Kollegen oder Fachmedien.

Luftaufnahme Dycker Feld

WENN SICH KRITIK IN PROJEKTEN REGT – „am bes-

ten schon vorher“ – versucht RMP vor Ort ein Forum zu bieten, in dem deutlich wird, „dass wir mit unserem Projekt, mit unseren Ansätzen und den geplanten räumlichen Veränderungen etwas Gutes tun.“ Das gilt für die Planungen im Rahmen der IGS in Wilhelmsburg (Hamburg), einem Stadtteil mit einer Struktur, die in den Menschen nicht die Überzeugung hat wachsen lassen, dass ihre Anliegen ernst genommen werden. „Das ist nicht einfach und es kann sein, dass Kontroversen bleiben.“ Das galt auch für die Diskussionen im Vorfeld der BuGa in Koblenz, beispielsweise für die Schlossstufen hinunter zum Rhein, die eigentlich erst akzeptiert wurden, als sie dann gebaut waren. So versuch-

GARTENSCHAUPROJEKTE RMP • • • • • •

Dezentrale Landesgartenschau Dyck 2001 Bundesgartenschau Koblenz 2011 Floriade 2012 in Venlo – Beitrag des Landes Nordrhein-Westfalen Internationale Gartenschau 2013 (IGS) Hamburg-Wilhelmsburg Teilbereich der Landesgartenschau Zülpich 2014 Landesgartenschau Öhringen 2016

BUGA 2011: (von links nach rechts): Innenhof Zirkularbau, Blick auf die Rheinstufen und das Koblenzer Schloss, Blick über die „Krone“ des Schlossvorplatzes auf den Zirkularbau.

ten sie, „die Leute mitzunehmen“, jedoch auch keine „faulen Kompromisse“ zu machen.

aus Chinaschilf“.

Lenzen legt Wert darauf, dass Bürgerbeteiligung nicht heißt, dass Bürger selbst planen können. Doch mit „Ehrlichkeit und Offenheit“ und regelmäßiger Präsenz vor Ort, auch einem Ansprechpartner für das Projekt, könne man Misstrauen begegnen und klar machen: „Das machen wir anders, uns liegt nichts am kurzfristigen Erfolg, wir wollen, dass etwas nachhaltig funktioniert, das gilt für räumliche Strukturen, Details in der Gestaltung und auch für die Wahl der Materialien.“ Und deswegen lassen sich Dyck und Koblenz nicht vergleichen – am Deutschen Eck funktioniert kein Dycker Feld und würde dem, was der Ort „mitbringt“, auch nicht gerecht, meint der Landschaftsarchitekt, der übrigens auch Wirtschaftswissenschaften studiert hat. „Ich scheue mich nicht, mit den Leuten zu diskutieren, für unseren Entwurf zu werben, unsere Ansätze zu erklären.“ Wenn man unter „Philosophie“ auf der RMPHomepage nachschaut, so erfährt man, dass „Zufall, Glück und Spontaneität“ zum Gelingen eines Entwurfes gehören. Dort findet man auch den Hinweis, und Lenzen wiederholt diese Überzeugung im Gespräch, dass Landschaftsarchitektur „keine Kunst“ sei – schließlich sei er mit einer Künstlerin verheiratet und lege schon deswegen auf die Unterscheidung Wert –, sondern „kreative Ingenieur- und Dienstleistung“.

Neben dem Anliegen von „Experiment und Erneuerung“, sollten sich die Menschen vor allem wohlfühlen und die ganz praktischen Dinge, die einen Ort „gut“ machen, sollten funktionieren. Sie sollen „möglichst keiner schnellen Mode unterliegen und ihren Dienst auch noch nach 30 Jahren tun!“ Woran denkt er? Pflasterungen, Geländer, räumliche Beziehungen, Wege ... „Ab und zu etwas Neues“ schließt diese Haltung planerischer Nachhaltigkeit nicht aus.

Was unterscheidet Gartenschauen von anderen Projekten? Die Frage sollte lauten: „Warum machen wir Gartenschauen so gut?“, lächelt

Imma Schmidt, Landschaftsarchitektin (AKNW) und Fachjournalistin, projektierte die Stiftung Schloss Dyck und die Straße der Gartenkunst zwischen Rhein und Maas und wirkte bei zahlreichen NRW-Regionalen mit.

Bis Ende 2010 war sie Pressesprecherin der LaGa Bad Essen 2010.

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Lenzen. „Es geht nicht nur um die sechs Monate!“ Gartenschauen sind eines der wenigen Großprojekte, in denen Landschaftsarchitekten die Federführung haben. Damit ergibt sich ein „Gestaltungsraum“, der eigentlich einmalig ist. Dann stehen „Datum und Uhrzeit fest, an dem das fertig sein muss...“ Unter dem Druck kommen auch Auftraggeber und Gremien zu Entscheidungen. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, die Geldgeber, Stadt, Land, auch der Berufsstand, halten die Qualität hoch. „Im Event sind wir gar nicht so gut, da holen wir uns Unterstützung, da sind auch andere mit im Boot.“ Gartenschauen ermöglichten, „Flächen zu vernetzen und in Zusammenhängen zu denken.“ Er sagt oft „wir“ – „das war auch ein Prozess, abgeben und delegieren zu können.“ Schließlich habe auch er als Mitarbeiter in dem Büro angefangen und über die Wettbewerbstätigkeit erreicht, dass das Büro noch einmal eine „andere Handschrift“ erhielt, andere Aufgaben zu bewältigen hatte. „Zu Anfang war ich oft der Flaschenhals.“ Später sei ihm zusammen mit den Kollegen – „schließlich sind da welche dabei, die haben viel mehr Berufserfahrung als ich“ – gelungen, Arbeitsgruppen, quasi Büros im Büro, zu bilden. Sie haben Strukturen und Stan-

dards für die Projektabwicklung geschaffen, die den Teams selbstständiges Arbeiten und Entscheiden ermöglichen. Mindestens einmal monatlich finden Teamleiterbesprechungen statt, in denen Wichtiges rückgekoppelt wird. „Das bedeutet Freiheit für den Chef“, schmunzelt er.

So kann er seine Tochter zum Kindergarten bringen und abends mit der Familie zu Abend essen. Der Abstand zur Arbeit ist ihm wichtig, deswegen wohnt er auch immer noch in Köln.

Woher kommen Ideen? „Oft machen Mitarbeiter bei einem Projekt den Aufschlag und dann wird gemeinsam weitergearbeitet.“ Er selbst ist vielfach gefragt für Akquise und Außendarstellung des Büros.

Eine sinnvolle Mitarbeitergrenze liegt für Lenzen bei etwa zehn bis zwölf Mitarbeitern – in dem Rahmen kann man noch viel selbst entscheiden, danach geht das einfach nicht mehr. „Oft bin ich mehr als die Hälfte der Woche einfach unterwegs, solange kann weder die Entwurfsarbeit noch das Alltagsgeschäft warten.“ Heute ist für ihn im Vergleich zu vor zehn Jahren die Präsentation von Ideen wichtiger geworden. Und wie er das macht, das hat für ihn auch viel mit seinem Wachstum als Person zu

tun. Ansonsten ist er Rheinländer – „das alles muss auch Spaß machen!“ Noch immer sucht er „neue Ziele“, denkt über europäische Projekte nach, „vielleicht irgendwann auch mal China?“ Doch sei er nicht so auf Effekt aus und ein wenig realistischer geworden: „Schließlich ist das hier ein ganz normales mittelständisches Unternehmen.“ Wie wäre es heute, anzufangen und einen solchen Betrieb zu übernehmen? Nicht die schlechteste Variante, meint Lenzen. Er habe die Chance gehabt, sich über Wettbewerbe zu profilieren und trotzdem ein solides Landschaftsarchitekturbüro im Rücken zu haben.

Und wenn man dann jemanden hat, der einen Nachfolger aufbauen und unterstützen will und tatsächlich loslässt, ist das prima. Er ist überzeugt davon, dass man „etwas wollen“ und sich selbst im Beruf entfalten können muss. „Das kann anstrengend sein, man kann mal mehr oder weniger erfolgreich sein und solche Durststrecken sollte man durchstehen können. Diesen Beruf muss man nicht machen, man muss ihn leben.“ Gutes Schlusswort, denn er sagt es nicht verbissen, sondern lächelnd.

Imma Schmidt |Bad Essen Anzeige

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