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Friedberg

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Christoph Luser

Christoph Luser

Friedberg ist ihr Geburtsort – und der Name ihrer neuen Band. Im Interview erzählt Frontfrau Anna Friedberg von ihrer Tour mit Lenny Kravitz, Songwriting in der Wüste und der kreativen Kraft des Chaos.

Anna Friedberg, bekannt geworden als Anna F., sitzt in einem Loft in London. Sie ist froh, nach zahllosen Musikfestival Auftritten zwei Wochen am Stück sesshaft zu sein. Was ansteht? Wäschewaschen, E-Mails beantworten, die Steuer machen – nichts, worauf sie wirklich Bock hat. Von innerer Ruhe spürt man bei der Weltenbummlerin aus der Steiermark, die bereits in Berlin und Los Angeles gelebt hat, ohnehin wenig: Die 38-Jährige redet schnell, ihre Energie ist umwerfend. Schon als Kind sei sie immer in Bewegung gewesen, erzählt sie. Auch als Künstlerin möchte sie keine Erfolgsrezepte wiederholen, sondern auf ihre Intuition hören.

The Red Bulletin: Wolltest du eigentlich schon als Kind Musikerin werden?

Anna F.: Das war immer ein Traum von mir, aber gleichzeitig war ich ein riesiger Rapid-Fan. Ich wusste alles über den Verein, hab Fußball und Tennis gespielt und wollte Sportreporterin werden. Als ich dann in Graz studierte – alles Mögliche von Italienisch über Literatur bis Philosophie –, habe ich an den Wochenenden in der ATV-Sportredaktion in Wien gejobbt. Aber der Drang, Musik zu machen, war dann doch viel stärker. Mit sechzehn hatte ich meine erste Band, wir haben hauptsächlich Coversongs gespielt. Melissa Etheridge und The Cranberries fanden wir damals cool.

2009 hat eine heimische Bank deinen Song „Time Stands Still“ auf deiner MySpace-Seite entdeckt und in einen Werbespot eingebaut. Er wurde zum Hit, ohne dass es einen physischen Tonträger gab. Im selben Jahr hat dich Lenny Kravitz als Vorband für seine Europatournee eingeladen. So etwas kann man nicht planen, oder?

Ich bin eher chaotisch, Planen war ohnehin noch nie meine Stärke. Ich liebe es, professionelle Haken zu schlagen. Mich nicht festlegen zu lassen. Ich hatte auch kurz einen Vertrag mit einem Major-Label, aber alles, was nicht sofort funktioniert hat, wurde aussortiert. Man musste im Studio in L. A. einen Song pro Tag rausballern. Aber ich brauche Zeit für meine Lyrics. Mir passieren Sachen am Weg. Ich gehe dem nach, was sich gerade gut anfühlt. Wenn man sich nur krampfhaft auf ein Ding konzentriert, dann übersieht man sehr viel. Klar verzettle ich mich dabei auch manchmal.

War es nicht einschüchternd, mit einer Legende wie Kravitz auf der Bühne zu stehen?

Ich bin gar nicht zum Nachdenken gekommen. Wir mussten in zwei Tagen die ganze Tour organisieren. Und Lenny war unglaublich nett zu uns. Wir durften sein Mischpult und die Mikrofone benutzen, das ist bei vielen Bands ein absolutes No-Go. Wir haben auch jeden Tag gemeinsam gegessen, Fisch, Gemüse, Salate. Lenny hat uns erzählt, dass er in jungen Jahren als Vorband schlecht behandelt wurde.

Er hat sich damals geschworen, anders zu sein. Aber auch James Blunt war super nice und witzig. Er wollte meinen Eltern unbedingt seinen Tourbus zeigen, obwohl sie gar nicht danach gefragt hatten.

Du hast als Singer-Songwriterin begonnen – wie hat sich die Band Friedberg mit dir als Sängerin formiert?

Ich bin mit zwei Freunden aus Berlin in die Wüste gegangen, in den Joshua-Tree-Nationalpark. Dort haben wir angefangen, Musik zu schreiben und aufzunehmen, nur mit Gitarre und Bass. Der Sound hat einfach nach einer Band geklungen. Und ich war auch schon gelangweilt davon, immer allein als Anna F. aufzutreten.

Was hat dich an einer Band gereizt?

Sie nimmt für mich den Druck raus, weil sich die Bühnenshow nicht allein auf meine Person fokussiert. Und es ist ein schöner Zusammenhalt. Wir haben auch abseits der Auftritte viel Spaß, man inspiriert sich gegenseitig. Ich finde beim Musikmachen immer wichtig, auf der gleichen Wellenlänge zu sein und in ähnlichen Bildern zu denken.

Wird das neue Album anders klingen?

Es ist der klassische Friedberg-Sound, aber vielleicht mit ein paar mehr Krautrock-Elementen und ein paar dreamier Vibes. Das Debütalbum wird „Hardcore Workout Queen“ heißen. Es geht um Anti-Selbstoptimierung. Der gleichnamige Track ist irgendwie ein Anti-Wellness-Song. Gleichzeitig freue ich mich total für alle Hardcore Workout Queens und feuere sie an, während sie an meinem Fenster vorbeilaufen und ich gerade mein zweites Frühstück futtere. Das war das Bild, das ich für den Song im Kopf hatte.

Was wünschst du dir für die nähere Zukunft?

Ich würde gern am Primavera Sound Festival in Barcelona spielen. Und mit der Londoner Band Hot Chip gemeinsam eine Nummer aufnehmen. Musikalisch bin ich gerade oder eh schon immer süchtig nach Cowbells. Kuhglocken klingen einfach so geil! (Lacht.)

Instagram: @friedbergmusic

Das Debütalbum von Friedberg „Hardcore Workout Queen“ erscheint am 8. November. Tourtermine auf: friedbergmusic.com

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