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SINA & LIL ZOO
Breaking News
Sina & Lil Zoo sind die besten Breaker Österreichs und treten beim Red Bull BC One World Final an. Hier verraten sie, wie ein Tanz zum entscheidenden Move ihres Lebens wurde.
Text NINA KALTENBÖCK
Zackige Verrenkungen, Drehungen, die zu Standbildern werden, dazwischen ein Kopfstand, immer energetisch – so wirkt Breaking, das in den 1970er-Jahren unter B-Boys und B-Girls (kurz für Break-Boys/-Girls oder Bronx-Boys/-Girls) in Manhattan und der South Bronx entstand, für Outsider. Für Insider ist der Kreis, in dem getanzt wird, das Zentrum der Welt. Und der Tanz selbst ein kreativer Schöpfungsakt, ein Battle der Superlative.
B-Girl Sina, 28, und B-Boy Lil Zoo, 29, sie Österreicherin mit marokkanischen Wurzeln, er in Österreich lebender Marokkaner, zählen zu den besten Tänzern in der Community. Im November 2022 treten sie beim 19. Red Bull BC One World Final in New York City an – mit großen Plänen, gegen 60 andere Tänzerinnen und Tänzer aus 30 verschiedenen Ländern. Ihr Plan?
Sina hat gelernt, immer bereit für Plan B zu sein: „Ich fokussiere mich bei meinem Moves auf die Musik und die Kreativität im Tanz. Akrobatisch mach ich weniger, weil mich alte Verletzungen im Schulter- und Nackenbereich recht einschränken, deswegen fnde ich andere Wege, mache mehr tänzerisch.“
Für die große Competition in den USA gilt: Yoga und Ausdauertraining im Vorfeld, am World-Final-Tag den Magen eher leer lassen, nur ein paar Früchte naschen und die Moves mental ordnen. Sina: „Damit ich sie schnell parat habe, aber auch Spielraum für den Moment lassen kann.“
Lil Zoo kommt aus Casablanca, lebt seit sieben Jahren in Innsbruck, hat bereits sechsmal an World Finals teilgenommen – und eines sogar gewonnen. Er will bis zum Battle „einfach nur in Shape bleiben“. Sein Ziel: „In New York dabei zu sein bedeutet mir viel, weil hier alles begonnen hat. Und es dort einfach eines der besten Audiences gibt.“
Abgesehen vom Erfolg in der Competition wünschen sich die zwei Tänzer für New York nur eines: den Spirit der Breaking-Kultur zu atmen. „Ich will unbedingt zur Sedgwick Avenue, wo DJ Kool Herc 1973 die erste Block Party geschmissen hat, und zum Universal Hip Hop Museum – beides in der Bronx“, sagt Sina voller Vorfreude.
Der kreative Kreis
Der Motor dafür, in den Kreis zu springen, kann vieles sein. „Wenn ich wütend bin, trainiere ich. Der Kreis ist ein Platz ohne Stress, an dem ich alle meine Gefühle auslebe“, sagt Lil Zoo, der sich, bevor seine Breaking-Passion einsetzte, als schüchternen Typen empfand. Das war einmal. Jetzt fühlt er sich wohl in seiner Haut. „Du musst nicht der Stärkste sein, sondern originell.“ Kreative Finesse ist überhaupt das oberste Gebot: Der individuelle Style soll nicht „gestohlen“ werden. Die Basis, die „Foundation“, kann jeder lernen, aber der „Signature Move“ jedes Breakers ist heilig. Einen Move zu kopieren heißt „biten“ und ist hochgradig unerwünscht. „Das Credo lautet: Borrow it and fip it, das bedeutet, du kannst einen Move übernehmen, aber musst ihn weiterentwickeln“, erklärt B-Girl Sina.
Die fashionaffne Tirolerin mit marokkanischer Mutter beschreibt sich ebenfalls als introvertierte Person, die sich nicht wahnsinnig gern vor anderen bewegte. Als sie ein Jahr in Schweden verbrachte, sagte ihr Breaking-Mentor zu ihr: „Keiner nimmt dich so genau unter die Lupe wie du selbst. Wenn du sehr gut bist, merken sich sie Leute, wie du getanzt hast. Wenn du Fehler machst, kann sich danach keiner daran erinnern – also genieß die Zeit und denk nicht viel darüber nach!“ Dieser Rat war der Turbo-Boost für ihr Selbstvertrauen und hat ihr geholfen, selbst in Battles, die sie nicht für sich entschieden hat, „zu scheinen“ – also zu leuchten und ihren großen Moment zu feiern.
Ein Traum aus Gold
Nach mehr als einem halben Jahrhundert wird Breaking 2024 olympisch. Aus Lil Zoos Augen blitzt die Euphorie: „Breaking wird dann mit anderen Augen gesehen werden, vor allem von Menschen, die nicht tanzen. Dann müssen uns alle endlich ernst nehmen! Mein Ziel ist, fx die Goldmedaille in Paris zu holen.“
Auch Sina, die neben dem Tanz auch ihr Modelabel „From The Soul“ betreibt, sieht Olympia als Chance. „Es bringt mehr Möglichkeiten. Ganz wichtig ist uns aber, die Kultur aufrechtzuerhalten, die History und die Essenz, um zu verstehen, dass es sich nicht nur um den sportlichen Aspekt dreht, sondern dass der Tanz viel tiefer geht.“
Mindestens bis in die Seele.