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Seit 1872 der Zeit voraus
Zusammen mit der Kunsthalle Basel feierten wir während der Art Basel 2022 deren 150. Geburtstag mit einer Plakat-Kampagne.
Während dieser Zeit konnten Stadtgänger*innen im öffentlichen Raum zehn Künstlerinnen und Künstler in originalen Einzeldrucken entdecken, die in Ausstellungen der Kunsthalle Basel Furore gemacht hatten.
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Am 19. März 2021, einem kalten Freitag, brach auf Island der Vulkan Fagradalsfjall aus und führte zu über 50 000 Erschütterungen auf der Insel; die Messstationen waren im Dauerbetrieb. Auch bei uns gab es an diesem Tag ein kleines Beben. Von der Kunsthalle Basel flatterte ein nicht ganz freundlich verfasster elektronischer Brief in unser E-MailPostfach. In ihm beklagte sich Claudio Vogt, der damalige Leiter Presse und Rahmenprogramm, bitter über unsere Plakatkampagnen. «Auf dem Weg zur Arbeit bin ich an ca. 20-30 von Ihren neuen Plakaten vorbeigelaufen und ich fragte mich: Ist das wirklich nötig?»
Was in einer leicht gekränkten Rückantwort hätte enden können, führte stattdessen zu einer spannenden Zusammenarbeit zwischen der Kunsthalle Basel und Ramstein. Ganz der Ramstein Tradition entsprechend, Negatives in Positives zu verkehren (s. S. 6), nahmen wir Kontakt mit der Kunsthalle auf. Bereits beim ersten Gespräch eine Woche später hatten wir die Idee zur gemeinsamen Kampagne für das 150Jahr-Jubiläum der Kunsthalle während der Art Basel im Juni 2022. Wir wollten in einer breit angelegten PlakatKampagne in der Basler Innenstadt die eindrucksvolle Geschichte der Kunsthalle Revue passieren lassen.
In der Folge wählten wir zusammen mit dem KunsthalleTeam und der Direktorin Elena Filipovic zehn Künstler*innen aus, die durch ihre Ausstellungen in der Kunsthalle den
Menschen in Basel im Gedächtnis geblieben waren. Am Ende einigten wir uns auf Jean Tinguely, Hanne Darboven, Nam June Paik, Miriam Cahn, Cindy Sherman, Gerda Steiner, James Turrell und Anicka Yi sowie die in der Kunsthalle während der Art Basel ausstellenden Michael Armitage und Berenice Olmedo. Sie sollten auf unikaten Plakaten im Stadtraum zu sehen sein. Begleitet wurde die Kampagne von einer speziellen Präsentation der Ausstellungsgeschichte der Kunsthalle Basel im 18 Meter langen Schaufester von Ramstein Optik.
Ohne die Kunsthalle keine Fähren
Im Jahr 1854 nahm die damalige Basler Künstlergesellschaft eine erste Fähre auf der Höhe der heutigen Wettsteinbrücke in Betrieb. Das Ziel war, mit den Einnahmen aus dem Fährifahren ein Haus für Ausstellungen zu finanzieren. Als dann achtzehn Jahre später am 26. Mai 1872 die Mitglieder des Basler Kunstvereins mit Musik und Fahnen vom Café Spitz zum Steinenberg in die neu erbaute Kunsthalle zogen, eröffneten sie nicht ein Museum, sondern ein Haus, das sich der aktuellen Kunst widmen würde. Dies macht die Kunsthalle Basel weltweit zu einer der ältesten, wenn nicht zur ältesten Institution für Gegenwartskunst.
Dabei strahlt das kulturelle und künstlerische Engagement der Kunsthalle weit über das Gebäude hinaus. Auf dem Theaterplatz steht die auch heute noch manchmal kontrovers diskutierte Stahlskulptur von Richard Serra. Sie ist das Ergebnis einer Ausstellung in der Kunsthalle. Auftragsarbeiten des Basler Kunstvereins waren auch Carl Burckhardts ‹Amazone mit Ross› (1921–23) bei der Schifflände, das St. Jakobsdenkmal von Ferdinand Schlöth oder das Rheinpanorama im Bahnhof SBB.
Ólafur Elíasson, Einzelausstellung «The Curious Garden» (1997)
Marc Spiegler, Direktor der Art Basel
Katrin Grögel, Leiterin Abteilung Kultur Basel-Stadt
Zitate und Details der Geschichte der Kunsthalle Basel stammen aus dem bz-BaselArtikel «Risiko als Tradition: Seit 150 Jahren sorgt die Kunsthalle Basel für Aufsehen» von Hannes Nüsseler, 25.05.2022.
Immer einen Schritt weiter
Beim Besuch der Kunsthalle Basel werden Sie nicht die Blockbuster der Kunstszene finden. Vielmehr hat in ihren Räumen seit 150 Jahren das Unbekannte, das Neue seine Bühne. Viele Künstlerinnen und Künstler stellten in der Kunsthalle Basel aus, bevor sie einen grossen Namen aufweisen konnten. Vincent van Gogh, Pablo Picasso, Sophie Taeuber-Arp, Jean Tinguely oder Jackson Pollock und Cindy Sherman. In ihrer Zeit Entdeckungen waren auch Paul Gauguin, Alberto Giacometti, Paul Klee, Henri Matisse, Edvard Munch oder Jenny Holzer –Künstler*innen, die zum Zeitpunkt ihrer Präsentation relativ unbekannt waren und in der Kunsthalle Basel einen wichtigen Karriereschritt erfuhren. Fühlt sich diese Auflistung für Sie nicht wie das Blättern in einem kunsthistorischen Atlas an?
Jenny Holzer meinte zu ihrer Einzelausstellung von 1987: «Ich begann mich mehr wie eine echte Künstlerin zu fühlen, nachdem ich eine Ausstellung in der Kunsthalle hatte, mit Hilfe eines Direktors, der für die Kunst lebt, und unterstützt von Kunstvereinsmitgliedern, die etwas von Kunst verstehen. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich meine Werke in Räumen aufgehängt habe, die bereits von Gauguin, Mondrian, Klee, Taeuber-Arp, Rothko, Lee Lozano und unzähligen anderen Wundern bespielt wurden.»
Die Kunsthalle Basel inspirierte und beeinflusste aber auch den Kunststandort Basel. Viele Werke, die im Kunstmuseum Basel ausgestellt sind, gehen auf Ausstellungen in der Kunsthalle zurück, darunter der «Blick in die Unendlichkeit» von Ferdinand Hodler. Claude Monets «Seerosen» gehören heute zum Bestand der Fondation Beyeler. In der Kunsthalle stellte Monet im Jahr 1915 aus.
Geniessen Sie das Wochenende – und liebe Grüsse aus der Kunsthalle
So entwickelte sich aus unserem kleinen Beben eine schöne und mit viel Enthusiasmus gemeinsam geführte Kampagne für die Kunsthalle und für Ramstein. Wie sagt Elena Filipovic, die Direktorin des Hauses, so schön: «Die Kunsthalle ist ein Ort, an dem sich das Sehen und das kritische Denken trainieren lassen.» Besuchen Sie die Ausstellungen, gehen Sie zusammen mit Freundinnen und Freunden, tauschen Sie sich aus, diskutieren Sie, lassen Sie danach die Tür zum Steinenberg sich hinter Ihnen schliessen – vielleicht sogar mit dem Gefühl, einen neuen Stern am Kunsthimmel entdeckt zu haben, von dem die Welt noch nichts weiss.
Art Direction — RAMSTEIN OPTIK Bildrecherche — CLAUDIO VOGT, KUNSTHALLE BASEL Plakatdruck — ARNI SIEBDRUCK, Basel Lithografie — ANDREAS MUSTER, Basel