business Magazin - Raiffeisen OÖ 02/2023

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Das Finanzmagazin von Raiffeisen Oberösterreich

NR. 2 / 2023

www.rlbooe.at/business

SCHWERPUNKT INNOVATION

NEUGIER SCHAFFT VORSPRUNG Start-up-Inkubator // Patentkaiser // Lehre neu gedacht


fredmansky.at

Einfach mal mit dem Streber abhängen. Und selbst besser abschneiden.

Mit KEPLER Fonds wird vieles einfacher. Selbst die Partnerwahl. Zahlreiche Auszeichnungen renommierter Ratingagenturen und unabhängiger Finanzmedien betonen die hohe Qualität der KEPLER-Fondspalette. Über Jahre hinweg. Diese Marketingmitteilung stellt kein Angebot, keine Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlung, Einladung zur Angebotsstellung zum Kauf oder Verkauf von Fonds oder unabhängige Finanzanalyse dar. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Finanzinstrumente und Veranlagungen mitunter erhebliche Risiken bergen können. Aktuelle Prospekte (für OGAW) sowie die Basisinformationsblätter (BIB) sind in deutscher Sprache bei der KEPLER-FONDS KAG, Europaplatz 1a, 4020 Linz, den Vertriebsstellen sowie unter www.kepler.at erhältlich.

kepler.at


VORWORT

MIT INNOVATIONSKRAFT AUF DER ÜBERHOLSPUR

C

hatGPT hat „Künstliche Intelligenz“ endgültig salonfähig und deren Nutzen für eine breite Öffentlichkeit „greifbar“ gemacht. Mit einem einfachen Dialogfeld können nicht nur E-Mail-Antworten oder Texte mit kreativem Anspruch anhand von wenigen Schlagwörtern generiert werden, auch Analysen, Zusammenfassungen oder Überarbeitungen von Texten sind möglich. Die Software nutzt dafür das Wissen des gesamten World Wide Web. Nicht nur das: Chat­ GPT lernt durch jede neue Aufgabe dazu. Mit der Frage, wie Unternehmen von der neuen Technologie profitieren können und worauf sie dabei achten müssen, hat sich ein hochkarätiges Online-Panel beim New Industry Meetup der factory300 und RLB OÖ im Juli beschäftigt. Die wichtigsten Erkenntnisse daraus lesen Sie in dieser Ausgabe, die sich mit Innovation aus unterschiedlichen Blickwinkeln auseinandersetzt.

© RLB OÖ/Erwin Wimmer

Permanente Weiterentwicklung Innovationskraft ist heute ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Unternehmen und Voraussetzung, um mit dem Tempo der Marktveränderungen Schritt zu halten. Betriebe müssen kontinuierlich neue Ideen entwickeln, Produkte, Dienstleistungen und Prozesse verbessern und sie an Kundenbedürfnisse anpassen. Deshalb haben nicht nur Global Players Innovation fest in ihrer Unternehmensstrategie verankert. Die RLB OÖ hat bereits vor rund fünf Jahren mit dem Innovation Hub einen Netzwerkknoten im Konzern geschaffen, der Innovationskultur fördert, sich intensiv mit neuen Technologien und Zukunftstrends auseinandersetzt, die Umsetzung neuer Geschäftsideen, Prozesse und Produkte begleitet sowie als Schnittstelle zu Start-ups agiert. Auch das MultiCorporate-Venturing-Programm Pier 4 von tech2b widmet sich diesem Innovationspotenzial: Start-ups kommen hier in Kontakt mit ober­ österreichischen Industrieunternehmen. Über Beispiele von erfolgreichen Partnerschaften erfahren Sie in diesem Heft. Staatenübergreifender Patentschutz vereinfacht Ein klarer Beleg für den oberösterreichischen Erfindergeist ist die jährliche Zahl an Patentmeldungen: Mehr als ein Fünftel der österreichweiten Erfindungen haben ihren Ursprung in Oberösterreich. Zum wiederholten Male liegt man damit im Bundesländervergleich an der Spitze. Seit Juni gilt zudem ein europäisches Einheitspatent, dass den staatenübergreifenden Patentschutz vereinfacht und damit auch Klein- und Mittelbetriebe besser schützt. Wir haben uns für Sie auch angesehen, welche großen Erfindungen aus Österreich die Welt erobert ­haben. Eine zündende Idee allein ist keine Erfolgsgarantie, viel wesentlicher ist, wie sie umgesetzt wird – davon ist Business Angel und Mitbegründer der startup300 AG Bernhard Lehner überzeugt. Er spricht im Inter-

Dr. Heinrich Schaller, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank OÖ.

view über die aktuell herausfordernde Lage für Neugründerinnen und Neugründer und über die Vorzüge der Start-up-Szene in Linz. Junge Talente sichtbar machen Auch im Wettbewerb um junge Talente und Fachkräfte der Zukunft braucht es innovative Ideen: Unternehmen wie Siemens, Fill oder KTM haben ein optimales Umfeld für die Ausbildung von Lehrlingen geschaffen. Junge Menschen erhalten etwa über Future Labs Zugang zu neuen Technologien. Ihre guten Leistungen werden im Unternehmen sichtbar gemacht und belohnt. Damit möchte man eine neue Generation an Fachkräften aufbauen, die sich mit Fleiß und Kreativität den Herausforderungen der Zukunft stellt. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre und einen erfolgreichen Herbst! Ihr

Dr. Heinrich Schaller, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank OÖ Aktiengesellschaft.

AUCH IM WETTBEWERB UM TALENTE UND FACHKRÄFTE DER ZUKUNFT BRAUCHT ES INNOVATIVE IDEEN. business 03


INHALT/IMPRESSUM

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VORWORT

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GEMEINSAM STÄRKER

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VERSTÄNDNISFRAGEN

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SCHUTZ FÜR ERFINDER

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DIE GROSSE CHANCE

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INNOVATIONSNETZWERK

Dr. Heinrich Schaller, Vorstandsvorsitzender.

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Warum etablierte Unternehmen die Zusammen­ arbeit mit Start-ups suchen und wie beide Partner davon profitieren.

Bernhard Lehner, Mitgründer von startup300, erklärt im Interview, wie Innovation durch ­Kooperation gelingt.

Österreichische Ideen, die sich weltweit durchsetzten, und wie ein neues EU-Patent Unternehmen beim Schutz von Erfindungen hilft.

Experten diskutieren beim New Industry Meetup, wie Unternehmen neue Geschäftsideen aus Künstlicher Intelligenz generieren können.

Der Innovation Hub der Raiffeisenlandesbank OÖ hinterfragt bestehende Prozesse – und wird so zur Kreativschmiede für das Banking der Zukunft.

GRAND GARAGE

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Impressum Medieninhaber: Land Oberösterreich

Impressum

Herausgeber: Impressum Amt der OÖ Landesregierung Amt der Medieninhaber: Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft Direktion Land Oberösterreich Herausgeber: Impressum Abteilung Wasserwirtschaft Abteilun Ein junger Arzt aus Oberösterreich zeigt mit neuen Herausgeber: Amt der OÖ Landesregierung Amt der OÖ Landesregierung Kärntnerstraße 12, 4021 Linz Kärntner Medieninhaber: Ideen, wie die ärztliche Versorgung der Bevölkerung Amt der OÖ Landesregierung Amt der Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft Tel.: (+43 732) 7720-12424 Tel.: (+43 Land Oberösterreich gesichert werdenDirektion kann.ww.post@ooe.gv.at Umwelt und Wasserwirtschaft Direktion Abteilung Wasserwirtschaft Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrec E-Mail: E-Mail: a Herausgeber: Abteilung Kärntnerstraße Wasserwirtschaft Abteilun Kärntnerstraße 12, 4021 Linz 12, 4021 Linz Projektleitung: Wie Unternehmen mit innovativen Programmen Amt (+43 der OÖ Amt (+43 der OÖ Kärntnerstraße 12, 4021 Linz Kärntner Tel.: 732)Landesregierung 7720-12424 Tel.: 732)Landesregierung 7720-12599 Dipl.-Ing. Christian Kneidinger (Abt. WW) die Lehre aufwerten und damit talentierte Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft Tel.: (+43 732) 7720-12424 Tel.: (+43 E-Mail: ww.post@ooe.gv.at E-Mail: auwr.post@ooe.gv.at Abteilung Wasserwirtschaft Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrec Neueinsteiger begeistern. Buchempfehlungen fürww.post@ooe.gv.at den Businessalltag. Projektbegleitung: E-Mail: E-Mail: a Projektleitung: Kärntnerstraße 12, 4021 Linz Kärntnerstraße 12, 4021 Linz Dipl.-Ing. Gerald Steindlegger (Steindlegger ISS – Integ Projektleitung: Dipl.-Ing. Christian Kneidinger (Abt. WW) Tel.: (+43 732) 7720-12424 Tel.: (+43 732) 7720-12599 AutorInnen: Dipl.-Ing. Christian Kneidinger (Abt. WW) Projektbegleitung: E-Mail: ww.post@ooe.gv.at E-Mail: auwr.post@ooe.gv.at Dipl.-Ing. Christian Kneidinger (Abt. WW) Projektbegleitung: Dipl.-Ing. Gerald Steindlegger (Steindlegger ISS – Integrated Sustainability Solutions) Projektleitung: Dipl.-Ing. Gerald Steindlegger (Steindlegger ISS) Dipl.-Ing. Gerald Steindlegger (Steindlegger ISS – Integ Impressum/Offenlegung AutorInnen: Dipl.-Ing. Christian Kneidinger (Abt. WW) Dipl.-Ing. Klaus Wachtveitl (Abt. WW) Medieninhaber und Herausgeber: Raiffeisenlandesbank Oberösterreich Aktien­gesellschaft, Europaplatz 1a, 4020 Linz. ­Aktionäre der Raiffeisenlandesbank ­Ober­österreich AutorInnen: Dipl.-Ing. Christian Kneidinger (Abt. WW) a Astrid Wagner mit (Abt. AUWR) MMag.­G ­Aktiengesellschaft sind zu rund 98,92 Prozent die RLB Verbund registrierte G ­ enossenschaft und zu rund 1,08 Prozent die RLB Holding registrierte enossenschaft ­beschränkter Projektbegleitung: Dipl.-Ing. Christian Kneidinger (Abt. WW) Dipl.-Ing. Gerald Steindlegger (Steindlegger ISS) Haftung OÖ. Nähere Details sind im Internet unter www.rlbooe.at/impressum a ­ brufbar. • Vorstand: Dr. Heinrich Schaller, Mag. Michaela Keplinger-Mitterlehner, Dr. Michael Glaser, Dipl.-Ing. Gerald Steindlegger (Steindlegger ISS – Integrated Sustainability Solutions) Fotos/Illustrationen: Land OÖ/Abt. Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. (Steindlegger ISS) Mag. Sigrid Burkowski, Mag. Stefan Sandberger, Mag. Reinhard Schwendtbauer • Konzept und Produktion: PG The C ­ orporate ­Publishing Group GmbHGerald (CPG),Steindlegger Lavaterstraße 1, RH 3, Dipl.-Ing. Klaus Wachtveitl (Abt. WW) ©Trueffelpix - stock.adobe.com ٠ ©alexandrink1966 -s AutorInnen: a Aschenwald (Corporates) und 1220 Wien, Tel.: +43/1/405 46 40-762, ­s.wagner@cpg.at • Für den Inhalt ­verantwortlich/Chef­redaktion: Wolfgang Johannes Grüner (Public Relations) • Dipl.-Ing. Klaus Wachtveitl (Abt. WW) MMag. Astrid Wagner (Abt. AUWR) stock.adobe.com ٠ ©Olivier Le Moal Bestellung oder A ­ bbestellung des M ­ agazins: business@rlbooe.at • Beratung: Mag. Stefan Schatz/CPG •Dipl.-Ing. Autoren dieser Ausgabe: Rosi Dorudi, Susanne Mayer, Robert Prazak, Uschi - stock.adobe.com Christian Kneidinger (Abt. WW) a Astrid Wagner (Abt. AUWR) MMag. Fotos/Illustrationen: OÖ/Abt.Kneschke ٠CPG: Bayerisches Landesamt- für Umwelt Sorz • Layout­konzept: CPG • A ­ rt­direction: ­Gerald Fröhlich/CPG • ­Lektorat: Mag. Caroline Klima • Redaktions­ manage­ ment:Steindlegger Silvia Land Wagner/CPG •Wasserwirtschaft ­Geschäftsführung ­Markus - stock.adobe.com ٠ ©smolaw11 stock.adob Dipl.-Ing. Gerald (Steindlegger ISS) Wagner, Tel.: +43/1/405 46 40-768, m.wagner@cpg.at; Stefan Schatz, Tel.: +43/1/405 46 40-760, s.schatz@cpg.at • Coverbild: Gettyimages / Oscar Wong • Druck: Druckerei Fotos/Illustrationen: Land OÖ/Abt. Wasserwirtschaft ©Trueffelpix - stock.adobe.com ٠ ©alexandrink1966 - stock.adobe.com ٠ ©Alex from the Ro Dipl.-Ing. Klaus Wachtveitl (Abt. WW) Grafik/Layout: Julia Tauber Haider Manuel e.U., 4274 Schönau i.M. - stock.adobe.com ٠ ©alexandrink1966 -s stock.adobe.com ٠ ©Olivier Le Moal©Trueffelpix - stock.adobe.com ٠ ©Gajus - stock.adobe.com ٠ ©Ro MMag.a Astrid Wagner (Abt. AUWR) Druck:- Druckerei Manuel e.U.- -stock.adobe.com stock.adobe.com ٠Haider ©Olivier Le Moal Kneschke - stock.adobe.com ٠ ©smolaw11 stock.adobe.com ٠ ©fotomek stock.adobe.co Fotos/Illustrationen: Land OÖ/Abt.Kneschke Wasserwirtschaft ٠ Bayerisches Landesamt- für Umwelt stock.adobe.com ٠ ©smolaw11 stock.adob Offenlegung nach § 25 Mediengesetz: 1. Auflage,-Mai 2021 Grafik/Layout: Julia Tauber nach der Österreichisches ©Trueffelpix ٠ ©alexandrink1966 - stock.adobe.com ٠gedruckt ©Alex from theRic Ro Herausgeber, Medieninhaber und Verleger: R ­ aiffeisenlandesbank Oberösterreich Aktien­gesellschaft, ­Europaplatz 1a,- stock.adobe.com 4020 Linz. Julia Tauber des Österreichischen U Umweltzeichen Dank für die Mitarbeit an: - stock.adobe.com Druck: Druckerei Manuel e.U.Grafik/Layout: stock.adobe.com ٠Haider ©Olivier Le Moal - stock.adobe.com ٠ ©Gajus ٠ ©Ro Grundlegende Richtung und Blattlinie: business ist das Finanzmagazin der Raiffeisenlandesbank OÖ und beleuchtet wichtige Druckerei Haider Man UW 1157 Mag. Markus Einberger, Roland Mag.a U Finanz- und ­Wirtschaftsthemen. Das Magazin informiert über interessante C ­ hancen und Entwicklungen, nützliche stock.adobe.com Services und Druck: HaiderMag. Manuel e.U. Graspon, Kneschke ٠ ©smolaw11 - Druckerei stock.adobe.com ٠ ©fotomek - stock.adobe.co 1. Auflage,-Mai 2021 gedruckt nach der Josef Richtlinie „Druckerzeugnisse“ zahlreiche Best-Practice-Beispiele. Es ist politisch unabhängig und b ­ ekennt sich zur sozialen Marktwirtschaft undÖsterreichisches zur Integration Dipl.-Ing. Franz Stiebitzhofer, Mag. Johannes Weic 1. Auflage, Mai 2021 Grafik/Layout: Julia Tauber des Österreichischen Umweltzeichens, in Europa. Im Sinne leichterer Lesbarkeit werden geschlechts­spezifische B ­ ezeichnungen meist nur in ihrer männ­ ichen Form Umweltzeichen Dank für ldie Mitarbeit an: Weitere Informationen zum erhalten Sie u Druckerei Haider Manuel e.U., UWDatenschutz 1157 UW 1157 a angeführt. Satz- und Druckfehler ­vorbehalten. Dank für die Mitarbeit an: Ulrike Steinmair, Mag. Markus Einberger, Roland Druck: Druckerei HaiderMag. Manuel e.U. Graspon, Mag. www.land-oberoesterreich.gv.at/datenschutz Mag.Johannes Markus Einberger, Mag. Roland Graspon, Mag.a U Dipl.-Ing. Franz Josef Stiebitzhofer, Mag. Weichselbaumer, Dr. Harald Wimmer 1. Auflage, Mai 2021 Dipl.-Ing. Franz Josef Stiebitzhofer, Mag. Johannes Weic Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie unter: Dank für die Mitarbeit an: 04 business Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie u www.land-oberoesterreich.gv.at/datenschutz Mag. Markus Einberger, Mag. Roland Graspon, Mag.a Ulrike Steinmair, www.land-oberoesterreich.gv.at/datenschutz Dipl.-Ing. Franz Josef Stiebitzhofer, Mag. Johannes Weichselbaumer, Dr. Harald Wimmer Medieninhaber: Land Oberösterreich

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NEUE ZENTREN FÜR MEDIZIN

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FÜR SIE GELESEN

MEHRWERT FÜR DIE LEHRE

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Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie unter:

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© AVL List, Grand Garage, Salvida, Erwin Wimmer, KTM / Felix Steinreiber Productions

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In der Tabakfabrik Linz lernen Unternehmen den kreativen Nachwuchs kennen – und vor allem junge Frauen die Freude an innovativer Technik.


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FRISCH-­ ZELLENKUR

Um auf Trends und veränderte Marktanforderungen ­rascher reagieren zu können, steigern auch etablierte ­Unternehmen ihre Innovationskraft immer häufiger mit Start-ups. Sie ­sichern sich damit gleichzeitig langfristige Chancen für nachhaltige Wertsteigerung. Text: Rosi Dorudi • Foto: Lisi Specht



KOOPERATIONEN

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Innovationstreiber Start-up Die Greiner AG, eines der weltweit führenden Unternehmen für Kunststoff- und Schaumstofflösungen, erkannte schon früh, dass bahnbrechende Veränderungen und Innovationen nicht nur in den bestehenden Unternehmensstrukturen geschaffen werden können. Deshalb gründete Greiner bereits 2010 eine eigene Innovationsschmiede. „Vor allem in Bezug auf Innovationen ist es hilfreich, sich über Start-ups Ideen von außen

Manfred Schietz PIER 4: Prüft vorab Koopera­ tionsaussichten zwischen Start-up und Leitbetrieb.

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Michael Wurm Greiner: ­B eteiligungen an Start-ups fördern den­ ­I nnovationsgeist.

Hempstatic: Der junge Spezialist für Schallschutz aus Hanf hilft Greiner bei der Reduktion des ökologischen Fußabdrucks.

zu holen“, konstatiert Michael Wurm, Vice President Corporate Strategy und Co-Geschäftsführer von Greiner Innoventures. „Es gibt schließlich immer wieder Problemstellungen, die mit den vorhandenen Strukturen nicht gelöst werden können.“ Ein wichtiger Grund, warum der Innovationshub im Vorjahr das Start-up Zeroplast übernahm. „Greiner Zeroplast verarbeitet nicht fossilbasierte Rohstoffe und kann daher einen maßgeblichen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten, sobald die Produkte serienreif sind“, erläutert Wurm. „Damit möchten wir einen weiteren Schritt in unserem nachhaltigen Transformationsprozess machen.“ Profitable Innovationskraft Zeroplast ist nicht das erste Start-up, an dem sich Greiner beteiligt hat. Die beiden jungen Unternehmen MATR, Anbieter von digitalen und umweltfreundlichen Matratzen-Management-Lösungen für Hotels, und Hempstatic, Hersteller von Schallschutzpaneelen aus Hanf, haben sich für Greiner bereits als Erfolgsgeschichten erwiesen. „Wenn der Start-upSpirit und die Kompetenzen einer global tätigen Unternehmensgruppe kombiniert werden, können beide Welten enorm voneinander profitieren“, so Wurm. Gerade bei Start-Up-Investments wäre es der falsche Weg, dieses Potenzial unmittelbar in die bestehenden Prozesse zu integrieren. „Wir wollen den Gründern ein Höchstmaß an Freiheit für ihre

T. C. Truesdell Bereichsleiter Marketing beim LandmaschinenMulti Pöttinger.

Werner Aumayr CEO der coilDNA, einem Start-up, das vom Alukonzern AMAG gegründet wurde.

© Greiner Hempstatic, AMAG, Pöttinger, tech2b, coilDNA

ie digitale und ökologische Transformation stellt alle Unternehmen vor Herausforderungen. Wichtigstes To-do: Tradi­ tionelle Geschäftsmodelle müssen auf nachhaltige Pfade umgelenkt werden. Was wiederum Produkt- und Prozess­ inno­vationen erfordert. In vielen etablierten Unternehmen sind die Strukturen dafür nicht vorhanden, selbst Leitbetrieben fällt es schwer, sich rasch an neue Entwicklungen anzupassen. Ein effektiver Weg, um trotzdem schnellen Zugang zu disruptiven Technologien und Wachstumspotenzialen zu bekommen, ist daher die systematische Beteiligung an jungen Unternehmen. Um passende Kooperationspartnerschaften zu finden und die Innovationspotenziale einer Zusammenarbeit zu fördern, startete der oberösterreichische Inkubator tech2b 2017 mit PIER 4 eine Plattform, die sowohl Unternehmen als auch Start-ups den produktiven Austausch erleichtern soll. „Mit dieser Initiative bieten wir aufstrebenden Start-ups die Möglichkeit, mit Top-Unternehmen aus der oberösterreichischen Industrie in Kontakt zu treten und gegebenenfalls erste Projekte gemeinsam umzusetzen“, erklärt Projektleiter Manfred Schietz. „Dazu leisten wir bereits im Vorfeld einiges an Entwicklungsarbeit, bevor wir vernetzen und Kooperationsanbahnungen begleiten. So beraten wir Start-ups einerseits, wie sie sich auf ein Treffen optimal vorbereiten und sich als Lösungsanbieter für die Unternehmen positionieren können. Bei Leitbetrieben fördern wir andererseits die Innovationskraft in den Unternehmen und schaffen ­dadurch Awareness und Mindset im eigenen Unternehmen.“ Mit ihren ­innovativen Technologien könnten Start-ups dadurch zum Treiber der ­Geschäftsentwicklung werden. „Leitbetriebe helfen den Gründerteams wiederum bei der Skalierung. Die Vorteile für beide Seiten liegen somit klar auf der Hand“, fügt Schietz hinzu. Mittlerweile hat sich PIER 4 als erster Ansprechpartner in der Entwicklung und Begleitung von Start-ups und der Kooperation mit oberösterreichischen Industriebetrieben eta­ bliert. „Wir verbuchen mittlerweile über 250 Interessensbekundungen an Folgeterminen“, sagt Schietz. Dazu zählen auch Vernetzungen mit Leitbetrieben wie der voestalpine, Pierer Innovation oder dem Landmaschinenhersteller Pöttinger.


KOOPERATIONEN

coilDNA: Der Aluminiumkonzern AMAG gründete sein eigenes Start-up. Schon dessen erste Idee hat das Zeug zum Bestseller.

Mox3D entwickelte mit Landmaschinenhersteller Pöttinger ein international viel beachtetes Konzept für virtuelle Messen.

­ nternehmerische Tätigkeit gewähren, gleichzeitig aber auch von ihrer u Innovationskraft profitieren und lernen“, sagt er. Im Gegenzug gebe es nicht nur Kapital, sondern vor allem ein globales Netzwerk an Expertinnen und Experten, umfassendes technologisches Know-how sowie wertvolle Branchenkontakte.

Start-ups bzw. Schulen und Firmen, die Start-ups unterstützen, zusammen. „Dadurch sind wir in engem Kontakt über die Aufbereitung unterschiedlicher Projekte und Ideen, die gut dazu passen könnten.“

Neues Terrain erobern Auch mittelständische Unternehmen wie der Grieskirchner Landmaschinenhersteller Pöttinger entdecken zunehmend, dass Newcomer mit ­innovativen Produkten und Geschäftsideen auch für das eigene Unternehmen von Vorteil sein können. Gemeinsam mit dem Start-up Mox3D entwickelte Pöttinger etwa einen modernen virtuellen Messestand. „Die Idee entstand, als durch Corona der physische Besuch von Landtechnikmessen nicht mehr möglich war“, erzählt T. C. Truesdell, Bereichsleiter Marketingkommunikation Global bei Pöttinger Landtechnik. „Als innovativer Hersteller wollten wir unsere Neuheiten direkt ins Wohnoder Arbeitszimmer unserer Kundschaft liefern.“ Die Zusammenarbeit mit Mox3D ermöglichte einen virtuellen Rundgang mit Messe-Feeling, bei dem sich Besucher genau über Maschinendetails informieren konnten. „Wir bespielten die Plattform auch regelmäßig mit neuen Features, Informationen und Interaktionsmöglichkeiten, wie auf einer physischen Messe“, erzählt Truesdell. Pöttinger hatte zwar ­bereits Erfahrung mit anderen digitalen Lösungen wie interaktiven Animationen oder Virtual Rea­ lity gesammelt. Das Konzept einer gezielten Z ­ usammenstellung von Produkten für eine virtuelle Messe zu kreieren, war aber neu. Vorteile der Kooperation Durch die fachliche Kompetenz des Gründerteams wurde in enger und partnerschaftlicher Zusammenarbeit ein modernes Kommunikationstool aufgebaut, um die Neuheiten auf einer digitalen Plattform virtuell präsentieren zu können. Diese unkomplizierte Interaktion in hoher Qualität führte zu einem neuen Messe-Erlebnis. „Wir haben mit dem Konzept gleichzeitig neue Lösungsansätze gesehen und entwickelt. Das wird unsere Kommunikation in naher Zukunft mit Sicherheit verstärken.“ Startups hätten für neue Wege oft den Finger am Puls der Zeit. „Der Kontakt zwischen Entscheidungsträgern und operativ tätigen Personen ist meist direkt und erlaubt es, Ideen schnell umzusetzen oder auszuprobieren“, fügt Truesdell hinzu. Die Firma Pöttinger arbeite derzeit mit mehreren

Corporate Start-up Die Idee, innerhalb des Betriebs ein eigenes Start-up zu gründen, damit Innovationen für das Unternehmen vorangetrieben werden, hat sich der österreichische Aluminiumkonzern AMAG zunutze gemacht. „coilDNA wurde im Jahr 2019 als hundertprozentige Tochter der AMAG gegründet“, erzählt Geschäftsführer Leopold Pöcksteiner. Das Angebot von coilDNA stehe aber auch Mitbewerbern der AMAG und auch Unternehmen aus anderen Industriezweigen zur Verfügung. „Mit diesem breiten Ansatz ist eine eigenständige Gesellschaft in Form eines Start-ups ­flexibler aufgestellt, um auf die unterschiedlichen Anforderungen aus den verschiedenen Industrien zu reagieren“, fügt Pöcksteiner hinzu. coilDNA stellt einen patentierten, der menschlichen DNA ähnlichen Code zur Verfügung, der aus alphanumerischen Zeichen bestehe. „Dieser eindeutige Code wird auf der gesamten Länge eines Vormaterials, wie beispielsweise einem Aluminiumcoil mit mehreren Kilometern Länge, aufgebracht“, erläutert Pöcksteiner. So entstehe eine untrennbare und fälschungssichere Verbindung des physischen Produkts mit den zugehörigen Daten. „Solange sich 14 Zeichen des durchlaufenden ­ coilDNA-Codes auf dem Einzelteil befinden, ist dieser eindeutig identifizierbar“, so der Geschäftsführer. Eigenständiges Unternehmen Da coilDNA als Corporate-Start-up weitgehend eigenständig agiert, kann das Unternehmen die universell einsetzbare Technologie möglichst breit vermarkten. „Nach zahlreichen Gesprächen mit Interessenten und ersten Pilotprojekten stellte sich heraus, dass die Herausforderungen in der Nachverfolgbarkeit von Produkten vom Vormaterial bis zur Endanwendung in vielen Branchen eine bisher ungelöste Aufgabe war“, berichtet Pöcksteiner. Das Interesse an der universell einsetzbaren coilDNA-Technologie habe daher stark zugenommen. Ein großer Vorteil eines Corporate-Start-ups ist auch, dass es auf die Ressourcen des Mutterunternehmens wie Infrastruktur, Know-how, Kapital und ­Human Resources zurückgreifen kann und damit schneller das vorgegebene Ziel erreicht. ••

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INTERVIEW

„AM ENDE ZÄHLT DIE UMSETZUNG“ Seit acht Jahren ermutigt die factory300 GmbH in der Tabakfabrik Linz etablierte ­Unternehmen und Großkonzerne zur ­Kooperation mit Start-ups. Einer ihrer ­Gründer, Bernhard Lehner, erklärt im Interview, was es braucht, damit Groß und Klein erfolgreich zusammenfinden, wie Innovation gelingt und worauf Start-ups jetzt achten müssen. Bernhard Lehner: „Damit die Kooperation von Start-ups mit Konzernen gelingt, braucht es Kommunikation auf Augenhöhe.“

© Erwin Wimmer

Interview: Stefan Schatz

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INTERVIEW

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enkt man an die österreichische Start-up-Szene, ist sein Gesicht vorm geistigen Auge sofort präsent. Bernhard Lehner leitet als Business Angel vielversprechende Ideen in gewinnbringendes Fahrwasser, bei anderen fungiert er als Mitgründer in der Rolle des Antreibers und Impulsgebers. Zu Letzterem zählt die startup300 AG, die als zentrales Zahnrad die oberösterreichische Jungunternehmer-Szene in Bewegung hält und auch die Kooperation von Konzernen mit innovationsfreudigen Neugründungen fördert. Im Interview erklärt Lehner, wie solche Kooperationen gelingen und wie es um die Start-up-Szene bestellt ist. business: Start-ups wollen mit innovativen Ideen neue Geschäftsmodelle etablieren. Wie entsteht Innovation? Durch kreative Ein­ fälle, geniale Gedanken – oder in langwierigen Prozessen? Bernhard Lehner: Es kann beides sein. Manchmal ist es eine Beobachtung im Alltag, ein Geistesblitz. Ein anderes Mal das Ergebnis eines analytischen Prozesses. Manchmal ist es die Produktidee eines existierenden Start-ups, die verbessert wird. Im Umfeld der Corporate Innovation ist Innovation oft das Ergebnis eines strategischen Prozesses. Aber es ist nicht die Idee, die zählt, es ist die Umsetzung. business: Innovation braucht im digitalen Bereich sehr gute Techniker. Was braucht es noch, um aus einer gelungenen technischen Lösung ein nachhaltig innovatives Start-up zu machen? Lehner: Der Fachkraft zur Seite muss ein Team stehen, das sie ergänzt: der Kaufmann, die Marketerin, der Verkäufer, der CEO. Und das richtige Timing: zu früh oder zu spät zu sein, ist nicht gut. Sowie natürlich Leidenschaft, Einsatz – und das nötige Quäntchen Glück. business: International etablierte Unternehmen versuchen, diesen innovativen Geist durch Kooperation mit Start-ups ins Unternehmen zu bringen, was im Rahmen des 300-Netzwerks unterstützt wird. Warum schaffen es die Konzerne selber nicht, so innovativ zu sein? Lehner: Eine Antwort ist das „Innovators Dilemma“, postuliert von Clayton Christensen. Es sagt im Prinzip, dass disruptive Veränderung nie aus etablierten Strukturen kommen kann, da diese die Tendenz haben, sich selber zu schützen. Große Unternehmen wollen tenden­ ziell Strukturen und Prozesse bewahren, Start-ups streben aber ­genau nach dem Gegenteil. business: Was braucht es, damit die Zusammenarbeit von Groß und Alt mit Klein und Neu funktioniert? Lehner: Eine Kommunikation auf Augenhöhe und das Verständnis für die Situation des jeweils anderen. Ein Unternehmen, welches Innovation nur durch M&A-Strategien umzusetzen versucht, wird scheitern – als Ergebnis verschwinden spannende, junge Unternehmen vom Markt, aber das kaufende Unternehmen wird nicht innovativer. business: Können auch KMUs mit Start-ups gut kooperieren? Lehner: Es prallen zwei Welten aufeinander, die aber auch gut ko­ operieren können. business: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind derzeit herausfordernd. Wie schwer haben es heimische Start-ups? Lehner: Es war schon einmal lustiger. Nach dem Finanzierungshype mit seinen absurden Bewertungen im Jahr 2021 herrscht nun manchmal so etwas wie Investitionsverweigerung. Auch sehr guten Startups, bei denen die Unit Economics ebenso passen wie das Wachstum, fällt es gerade schwer, Kapital zu akzeptablen Bedingungen zu

finden. Ich fürchte, wir werden in den nächsten Monaten noch so manch schlechte Nachricht aus der Start-up-Szene hören … business: In welchen Branchen sehen Sie die größten Chancen? Lehner: Digitalisierung betrifft alle Branchen, überall haben Start-ups eine faire Chance, in kurzer Zeit zu reüssieren. Aber natürlich baut sich um das Thema AI gerade große Dynamik auf. business: Viele Experten raten jungen Unternehmen, den schnellen Break Even in den Fokus zu rücken und Growth-Strategien zu verschieben? Sehen Sie das als Investor und Business Angel ähnlich? Lehner: Gezwungenermaßen, ja. Wenn das Risikokapital knapp wird, muss man den Break Even wählen. Ich bin ein großer Fan davon, ein Unternehmen zu bauen, das man schnell auf Break Even switchen kann, aber ich bin kein Freund davon, das unbedingt tun zu müssen und damit potenzielle Marktrelevanz schon sehr früh zu verschenken.

WER INNOVATION NUR DURCH M&A-STRATEGIEN UMSETZEN WILL, WIRD SCHEITERN. BERNHARD LEHNER, BUSINESS ANGEL & UNTERNEHMER

business: Sie stellen mit dem 300-Netzwerk jungen Unternehmen sehr viel Infrastruktur zur Verfügung. Wie wichtig ist diese für das Gedeihen eines Start-ups? Lehner: Wir mussten lernen, dass diese Infrastruktur nicht kostendeckend zu betreiben ist, weshalb die startup300 AG sich in Management Buyouts von den operativen Töchtern getrennt hat. Zusammen mit Carina Heindl habe ich die factory300 und die Strada del Startup übernommen. Gemeinsam mit anderen Playern wie tech2b oder der Creative Region bieten wir nun die benötigte Infrastruktur für Start-ups. business: Wie gut ist Linz als Standort für ein Start-up? Lehner: Die Ausbildung in Linz ist top, Hotspots wie die Tabakfabrik sind ein wichtiger Energiepunkt für die Community. Es gibt ein gutes Angebot an Netzwerken und Know-how für Gründer, und dank Runtastic, Dynatrace oder Tractive haben wir auch tolle Leuchttürme. Aber es mangelt am Risikokapital, an der Vernetzung mit anderen Hotspots und an der Unterstützung von Start-ups in späteren Phasen. Die Gründerquote an Uni und FH müsste viel höher sein, und die etablierten Unternehmen ruhen sich oft noch viel zu sehr auf den Erfolgen der Vergangenheit aus. Wir agieren oft viel zu provinziell. business: Wie ist die Ausgangssituation für Start-ups in Österreich generell im internationalen Vergleich? Lehner: Sagen wir mal so: Dank der unermüdlichen Energie von ­eigentlich gar nicht so vielen Menschen, die gründen, investieren und sich bemühen, das Start-up-Ecosystem zu entwickeln, ist es uns trotz der Ignoranz der Politik gelungen, ein Umfeld zu schaffen, in dem man ein Start-up in Österreich gründen kann. Im ersten Forderungskatalog der Start-up-Community aus 2010 steht im Wesentlichen alles drin, was auch heute noch gilt. Mehr ist dazu nicht zu sagen. ••

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ERFINDUNGS­REICH Österreich ist ein Land der Erfinder, speziell in Oberösterreich werden j­ährlich sehr viele Patente angemeldet. Was dabei zu beachten ist und warum neue EU-Regeln den Schutz von Erfindungen viel einfacher machen. Text: Robert Prazak • Foto: AVL List


PATENTSCHUTZ

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Die Erfindungsreichen Der größte Patentanmelder in Österreich war im Vorjahr erneut Automobilzulieferer AVL List mit 189 angemeldeten Erfindungen, dahinter lagen Beschläge-Riese Julius Blum mit 79 sowie Spritzguss-Weltmarktführer Engel und Techno-Riese Siemens mit jeweils 26 Anmeldungen. Vor allem im Bereich der regenerativen Energien hat sich AVL List hervorgetan; bei zwei Drittel der Neuanmeldungen 2022 handelt es sich um Entwicklungen im Bereich Elektrifizierung. Das Unternehmen passe sich eben den Trends in der Automobilindustrie an, betont AVL-Chef Helmut List. Während es bei Stromspeichern vor allem um die Reduzierung der Kosten und um weniger CO2-Ausstoß bei der Produktion geht, ist auch Wasserstoff ein Schwerpunkt. Innerhalb des Unternehmens gibt es inzwischen 120 Patentfamilien rund um Brennstoffzellen. Die Technologie berge unter anderem für den Schiffsverkehr noch Potenzial, meint List. Das Unternehmen hat derzeit 2.200 „lebende“ Patente – und es geht immer weiter: Im Vorjahr wurde ein Testzentrum für Wasserstoff- und Brennstoffzellen eröffnet, derzeit in Bau befindet sich eine Power-to-Liquid-Anlage, außerdem wurde in das Fahrzeugentwicklungs- und Testgelände in Ungarn investiert – dort können Fahrerassistenzsysteme in realer Umgebung erprobt werden. Hervorgetan hat sich in Österreich auch Siemens Mobility: In Österreich hat das Unternehmen in den vergangenen drei Jahren mehr als 130 Patente für Innovationen rund um den Schienenverkehr erhalten. Die Inno-

Ein Siemens-Erfinderteam mit dem Rohbau der ebenso patentierten wie innovativen Konstruktion eines U-Bahn Waggons.

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Helmut List CEO der AVL List: Sein ­U nternehmen hält mehr als 2.200 Patente.

Arnulf Wolfram CEO Siemens Mobility Austria: Auf Innovationen müssen ­K undenprojekte folgen.

vationen entstehen durch eigene Forschung an den Standorten Wien und Graz sowie in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern wie TUGraz oder Virtual Vehicle Research Graz. „Wesentlich ist, dass Innovationen in Form konkreter Projekte tatsächlich auf Schiene und auch zu den Kunden gebracht werden“, sagt Arnulf Wolfram, CEO von Siemens Mobility Austria. Gemeinsam mit den Partnern sei das in den letzten Jahren besonders gut gelungen. Highlights der letzten Jahre waren unter anderem eine neue Konstruktionsmethode für U-Bahn-Fahrzeuge und zwei Patente zur stark verbesserten Fahrgastsicherheit in Nacht­ reisezügen. Häufige Fehlerquellen Patente schützen Erfindungen und Erfinder, doch es gilt, gewisse Fehler zu vermeiden. Das beginnt schon damit, dass viele kreative Köpfe das Thema geistiges Eigentum gedanklich zur Seite schieben, weil es als zu kompliziert und zu unübersichtlich erachtet wird, warnt das Patentamt. Das kann unangenehme Folgen haben – nicht nur wegen Produktpiraten und Fälschern. Manche nehmen sich aus Unachtsamkeit selbst aus dem Rennen, weil sie bei einem Investoren-Pitch jene technischen Details verraten haben, die man durch ein Patent hätte schützen lassen können. Aber einmal veröffentlicht, kann die Chance auf ein Patent rasch dahin sein. Die Empfehlung: Technische Details aus Pitch-Unterlagen entfernen oder vorher mit einer provisorischen Patentanmeldung absichern – die ist online schon um 50 Euro möglich, gilt für ein Jahr, allerdings muss die Problemlösung vollständig beschrieben sein. Erfinderinnen und Erfinder haben damit Zeit, sich mit Produkt und Perspektiven auseinanderzusetzen und haben sich schon den Anmeldetag gesichert. Das ist etwa für Start-ups wichtig, die vielleicht eine gute Idee haben, diese aber auch erst einmal mit vielen anderen, etwa Investoren, teilen müssen. Das neue „EU-Patent“ Seit Anfang Juni gilt in der EU ein Einheitspatent, das zunächst in 17 Staaten – darunter Österreich und Deutschland – wirksam ist; weitere EU-Staaten werden folgen. „Dieses europäische Patent mit einheitlicher Wirkung bedeutet die größte Neuordnung des europäischen Patentsystems in den letzten 50 Jahren“, betont Raphaela Tiefenbacher, Vorständin der Abteilung Strategie des Österreichischen Patentamts. Das Patentsystem ist ursprünglich territorial gestaltet, was bedeutet, dass Patente nur jeweils national ihre Wirkung entfalten konnten. Das neue Einheitspatent ermöglicht es nun, mit einer Anmeldung bei einer zentralen erteilenden Behörde, nämlich dem Europäischen Patentamt, auto-

© Siemens Mobility, Christian Jungwirth, Markus Schieder, Christian Husar, Patentamt Ö

iktor Kaplan, Karl Kordesch, Hedy Lamarr, Josef Ressel – eine kleine Auswahl an österreichischen Erfinderinnen und Erfindern, die in der Vergangenheit Großes geleistet haben. Bis heute ist Österreich ein Land mit großer Innovationskraft. Waren es früher Turbinen oder Funksteuerungen, sind es nun neue Antriebe, Technologien zum Recycling oder innovative Werkstoffe, die einen Innovationsschub made in Austria bewirken. Dabei ist Österreich speziell bei Zukunftstechnologien wie Künstlicher Intelligenz, Robotik und 3D-Druck im internationalen Vergleich stark, wie Zahlen des Österreichischen Patentamts zeigen. In manchen Gebieten, zu denen unter anderem die Technologien zur Energieeinsparung und zum Datenmanagement zählen, haben sich die Patentanmeldungen aus Österreich seit 2010 versechsfacht.


PATENTSCHUTZ

Land der Hämmer

Raphaela Tiefenbacher Vorständin Strategieabteilung Öst. Patentamt: Unterstützt KMUs beim Europa-Patent.

Klaus Loibner Patentprüfer Öst. Patentamt: „Technologiefeindlichen ­Tendenzen entgegentreten.“

matisch Schutz in jenen Staaten zu erwirken, in denen dies bereits umgesetzt wird. „Zusätzlich gibt es mit dem einheitlichen Patentgericht eine zentrale Gerichtsbarkeit, die Rechtsfortentwicklung im Bereich Patente betreiben und zum diesbezüglichen Expertisezentrum Europas werden wird“, ergänzt Tiefenbacher. Das Patentamt werde in Österreich Kunden dabei unterstützen, diese Entwicklung bestmöglich zu nutzen, unter anderem in Form von Beratungsgesprächen. „Für KMU und öffentliche Forschungsinstitutionen bieten wir außerdem gemeinsam mit einer nationalen Patentanmeldung und Prüfung eine parallele Prüfung durch das Europäische Patentamt an.“ Dadurch weiß man schon vorher, wie Patentprüfer die Erfindung einschätzen und kann außerdem bei den Gebühren sparen. Gefahren durch Künstliche Intelligenz Können neue Technologien – allen voran KI – den Schutz von Patenten gefährden? „Natürlich bringen neue technologische Möglichkeiten mit sich, dass damit patentierte, konventionelle technische Problemlö­ sungen umgangen werden könnten und dann die patentrechtliche Schutzwirkung nicht greift“, sagt Klaus Loibner, Patentprüfer des Österreichischen Patentamts. Beispielsweise sei es denkbar, dass ein patentiertes Verfahren zum Sortieren von Altglas in Weißglas und Buntglas mittels KI- oder Machine-Learning-Methoden umgangen werden könnte, sodass dadurch keine Patentverletzung vorliegt. Dazu kommt, dass sich dank der lernenden Maschinen bereits patentierte Verfahren noch weiter verbessern lassen, wofür wiederum ein eigenes Patent erteilt werden kann. „Bei Patenten gibt es einen ständigen Wettbewerb um neue und erfinderische Problemlösungen“, sagt Loibner. Das wiederum bedeutet, dass man als erfolgreiches Unternehmen stets agil bleiben und dem Mitbewerb einen Schritt voraus sein muss. „Vergleicht man den enormen Aufwand, den die USA und China in die Forschung bei künstlicher Intelligenz oder in Maschinelles Lernen investieren, und stellt einen Vergleich mit Europa und insbesondere mit ­Österreich an, so ist die Gefahr evident, dass wir diesbezüglich in manchen Bereichen den Anschluss verlieren. Es könnte passieren, dass die bahnbrechenden Erfindungen außerhalb von Europa entstehen.“ Doch Resignieren ist keine Option: „Europa hat gerade auch durch die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen bewiesen, dass wir wichtige Technologiefelder nach wie vor stark besetzen und diese auch weiterhin gut behaupten können.“ Man müsse allerdings in Österreich den „aufkeimenden wissenschafts- und technologiefeindlichen Tendenzen“ entgegentreten, meint Loibner. ••

Das Land der Erfindungen In Österreich mangelt es nicht an Beispielen für Erfindungen, ohne die unsere moderne Welt nicht vorstellbar wäre. Eine kleine Auswahl an ­E rfinderinnen und Erfindern, die ihre Ideen verwirklicht haben: Josef Madersperger: Nähmaschine (Jahr der Erfindung 1814) Als Nähhand bezeichnete der Tiroler Tüftler seine Erfindung, die später als Nähmaschine die ganze Welt erobern sollte. Er hatte dafür seine ganzen Ersparnisse aufwenden müssen. Josef Ressel (1827) Als Förster und bei der kaiserlichen Kriegsmarine hatte Universalgenie Josef Ressel bereits gearbeitet, bevor er unzählige Erfindungen schuf – die wichtigste war die Schiffsschraube. Peter Mitterhofer: Schreibmaschine (1864) Mehrere Erfinder bastelten unabhängig voneinander an einer Schreibmaschine, einer davon war der Tiroler Zimmermann Peter Mitterhofer. Sein Modell wurde anfangs als Spielerei ohne konkreten Sinn abgetan – wie wir heute wissen, kam es ganz anders. Karl Sarg: Zahnpasta in der Tube (1887) In einer Fabrik in Wien-Liesing entwickelte der Großindustrielle Karl Sarg die weltweit erste Zahnpasta in der Tube. Das Produkt setzte sich auch wegen eines enormen Marketingaufwands sofort durch. Viktor Kaplan: Kaplan-Turbine (1913) Ohne Kaplans Erfindung würden Tausende Wasserkraftwerke in aller Welt nicht arbeiten können: Die nach ihm benannte Turbine wird bei Flüssen mit geringem Gefälle und großen Wassermengen verwendet. Die erste Kaplan-Turbine ist im Technischen Museum in Wien ausgestellt. Ernst Schneider: Voith-Schneider-Propeller (1927) Gemeinsam mit der Firma Voith entwarf der österreichische Erfinder ­e inen Schiffspropeller, der Ruder und Antrieb zugleich ist. 1927 wurde das erste Versuchsboot damit ausgerüstet, bis heute verwenden viele Schiffe diesen Antrieb. Paul Eisler: Leiterplatten (1936) Der Ingenieur erfand die Leiterplatten als Träger zur mechanischen ­B efestigung und elektrischen Verbindung elektronischer ­B auteile. In­ spiriert wurde er dazu von der Druckindustrie; Eisler hatte während des Studiums bei einer Zeitung gearbeitet. Die Amerikaner ­e rkannten das Potenzial von Leiterplatten, die heute unverzichtbar sind. Hedy Lamarr: Frequenzsprungverfahren (1942) Bekannt war Hedy Lamarr als Hollywood-Schauspielerin, doch sie hatte eine zweite Seite: Gemeinsam mit dem Komponisten George Antheil ­e ntwickelte sie das Frequenzsprungverfahren, das die störungssichere Steuerung von Torpedos ermöglichte und die Grundlage für moderne Kommunikation bzw. Datenaustausch via Mobiltelefonen und anderen Geräten ist. Lamarr gilt heute als „Mutter des WLAN“. Karl Kordesch: Batterie (1957) Batterien sind im Alltag kaum wegzudenken und Chemiker Karl Kordesch hat die Alkali-Mangan-Zelle – so der korrekte Name – erfunden. Zudem hat er schon in den 1970ern mit Autos experimentiert, die über Brennstoffzellen mit Wasserstoff betrieben wurden. Elisabeth Kolarik: Hüpfburg (1977) Hüpfburgen wurden durch einen Zufall von der Gastronomin Elisabeth Kolarik erfunden, die nach einem Spiel für ihre Tochter suchte.

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DIE GROSSE

CHANCE Können Unternehmen die Fortschritte der Künstlichen Intelligenz sinnvoll für sich nutzen? In der jüngsten Ausgabe des New Industry Meetup ­diskutierten Expertinnen und Experten darüber. Text: Robert Prazak • Foto: Getty Images / Olemedia



EXPERTENFORUM

Chat-Bots sind bereits in vielen Bereichen im Einsatz, etwa als virtuelle Verkaufsassistenten im E-Commerce.

KI ERMÖGLICHT DIE QUALITÄTSKON­ TROLLE VIA BILDDATEN, UM FEHLER ZU ERKENNEN UND ZU KLASSIFIZIEREN.

E

uphorie und Panik – zwischen diesen beiden Extremen schwankt derzeit die Gefühlslage beim Thema Künstliche Intelligenz (KI). Das liegt vor allem an ChatGPT. Dieser vom USUnternehmen OpenAI entwickelte Chatbot zeigt in der Praxis, was KI bereits leisten kann, und macht damit sichtbar, wie rasch die technologische Weiterentwicklung bereits gekommen ist. ChatGPT ­ermöglicht textbasierte Dialoge, beantwortet dank Deep-Learning-­ Methoden Fragen und übersetzt Texte. Außerdem können damit bestimmte Aufgaben wie die Beantwortung von Mails automatisiert werden. Das Interesse ist riesig, schon nach wenigen Tagen haben sich rund eine Million Nutzer weltweit für den Dienst registriert. Und weil ChatGPT mit jeder einzelnen Nutzung besser wird, sind die zukünftigen Anwendungsmöglichkeiten noch gar nicht vorstellbar. Chancen und Gefahren Doch welche Chancen ergeben sich daraus für Unternehmen? Dieser Frage ging vor Kurzem ein hochkarätiger Online-Round-Table im Rahmen des „New Industry Meetups“ von factory300 und Raiffeisenlandes-

bank Oberösterreich nach. Unter der Leitung von Bernhard Lehner, CoGründer startup300 AG, diskutierten Expertinnen und Experten über die jetzt schon konkreten Anwendungsmöglichkeiten und Chancen, aber auch über die potenziellen Gefahren von Künstlicher Intelligenz. Dabei wurde klar, dass die Einsatzmöglichkeiten auch abseits von ChatGPT schon jetzt vielfältig sind und alle Branchen davon erfasst werden. „Sehr viele Entscheidungen werden in Zukunft durch Künstliche Intelligenz getroffen. Das sind allerdings repetitive Aufgaben, die keine Empathie verlangen und bei denen auch nichts Neues entsteht. Damit wird also tendenziell menschenunwürdige Arbeit ersetzt, menschliche Kreativität wird aber unersetzbar bleiben“, meint etwa Florian Schnitzhofer, CEO von reqPOOL, einer Wiener Managementberatung für Software. Für ­Karin Gabriel, Innovation & Trend Research Lead bei der TGW Logistics Group, stellt sich die Frage, welche menschlichen Faktoren in Zukunft bei der konkreten Gestaltung der Künstlichen Intelligenz hineinspielen werden. „Wir haben jetzt die Chance, die Industrie entsprechend zu ­formen. Dazu müsste man sich auch den Entstehungsprozess ansehen und die richtigen Fragen stellen: Woher kommen die Daten? Wer hat die

KREATIVITÄT WIRD UNERSETZBAR BLEIBEN, ABER MENSCHENUNWÜRDIGE ARBEIT WIRD ERSETZT WERDEN KÖNNEN. FLORIAN SCHNITZHOFER, CEO REQPOOL

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© Getty Images/iStockphoto - Thapana Onphalai, Primetals Technologies Austria GmbH, ReqPOOL, TGW Logistics Group, Mario Riener

SONJA STRASSER, KEY EXPERT DATA ANALYTICS PRIMETALS TECHNOLOGIES


EXPERTENFORUM

FÜR CHATGTP SOLLTEN KEINE INTERNEN, SENSIBLEN DATEN VERWENDET WERDEN. KARIN GABRIEL, INNOVATION & TREND RESEARCH LEAD TGW LOGISTICS GROUP

Daten erstellt? Wie steht es um den damit verbundenen Energieverbrauch?“ Das Panel war sich jedenfalls einig: ChatGPT hat KI mit einem sehr einfachen Interface massentauglich gemacht. „Mein erster Use Case war ein LinkedIn-Kommentar als Antwort auf eine Kundenrückmeldung. Ich hatte mir schon vorher drei Argumente zurechtgelegt, und ChatGPT hat mir genau diese drei Möglichkeiten vorgeschlagen, das hat mich wirklich beeindruckt“, so Trendforscher und Innovationsberater Konrad Gulla (Trend One). Mit der Qualität der Produkte, die aus einer ge­ nerativen KI entstehen, beschäftigt sich auch Franziskos Kyriakopolous, CEO von 7Lytix: „Das, was bei diesen Modellen rauskommt, kann man zwar auf Basis von Datascience messen, aber man muss sich etwa bei Texten auch ansehen, wie Menschen das Ergebnis bewerten und ob das aus ihrer Sicht ein guter Text ist.“ 7Lytix entwickelt intelligente Prognosesoftware für Unternehmen. Das Feld und die Möglichkeiten für den Einsatz von KI in der Wirtschaft sind also auch abseits von ChatGPT vielfältig, unter anderem durch Vorhersagemodelle zur Produktqualität oder auch zur Entwicklung des Marktes, meint Sonja Straßer, Key Expert Data Analytics bei Primetals Techno­

logies und Professorin für Business Analytics an der FH Steyr. „Auch die Qualitätskontrolle via Bilddaten, um Fehler zu erkennen und zu klassifizieren, ist möglich.“ Das alles würde bereits einwandfrei funktionieren und in der Praxis einsatzbereit sein. Konnektor zwischen Menschen Das Start-up HalloSophia hat eine Onlineplattform für transparente ­Vertragsabwicklung von Consultingleistungen aufgebaut, wozu auch KI genutzt wird. „Wir wollen aber Menschen mit Menschen verbinden“, betont CEO Markus Waghubinger. Durch ChatGTP habe man erkannt, dass KI ein „großartiger Konnektor“ zwischen Menschen sein könne. Für Konrad Gulla passiere gerade „eine Art Gutenberg-Moment“: Vor der Erfindung des modernen Buchdrucks habe es ewig gedauert, Bücher zu erstellen. „Und auch damals war die Skepsis unter den Mönchen groß, die bis dahin Bücher handschriftlich vervielfältigt haben.“ Heute würden wir eine ähnliche Situation erleben. Tatsache sei aber auch, dass zwar neue Jobs entstehen, andere dafür verschwinden würden. Panik sei aber dennoch nicht angebracht.

DER EINSATZ VON KI HAT SCHON GROSSE AUSWIRKUNGEN, NUR HABEN DAS IN DER BREITE VIELE NICHT MITBEKOMMEN. DAVID BÖHM, CEO NEWSADOO

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EXPERTENFORUM

DURCH CHATGPT HABEN WIR ERKANNT, DASS KI EIN GROSSARTIGER KONNEKTOR SEIN KANN. MARKUS WAGHUBINGER, CEO HALLOSOPHIA

KI-MODELLE SIND MESSBAR, ABER ES BRAUCHT AUCH MENSCHEN, DIE DAS ERGEBNIS BEWERTEN. FRANZISKOS KYRIAKOPOLOUS, CEO 7LYTIX

Nicht in Panik verfallen, sondern in Ruhe die Chancen, aber auch die möglichen Kehrseiten analysieren, dieser Ansicht ist auch David Böhm, CEO von newsadoo. Dieses Start-up ist die europäische Alternative zu Google News und kümmert sich um den tägliche Newskonsum, unter anderem dank Künstlicher Intelligenz. „Der Einsatz von KI hatte schon die letzten Jahre große Auswirkungen, nur haben das in der Breite viele nicht mitbekommen.“ Sein Unternehmen verarbeitet auf Basis von KI-Methoden täglich Zehntausende Newsartikel, Daten und Informationen daraus werden vollautomatisch strukturiert. „Dazu haben wir selbstlernende Algorithmen entwickelt und viele Funktionen, die das vollautomatische Bespielen von Zielgruppen mit News ermöglichen.“ Europäischer Weg gefordert Florian Schnitzhofer: „KI begleitet jetzt schon in vielen Bereichen unseren Alltag, denken wir zum Beispiel an den Staubsaugerroboter. In Zukunft werden wir aber noch viel intensiver um umfangreicher damit arbeiten.“

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Auch David Böhm ist überzeugt: „Wir brauchen vor KI keine Angst zu ­haben.“ Es sollte uns auch lieber sein, wenn die Möglichkeiten der KI in Europa entwickelt und umgesetzt werden und nicht nur in den USA und China. „Wir können eine Industrie aufbauen, die Künstliche Intelligenz nutzt, aber weiter humanzentriert ist“, schlägt etwa Karin Gabriel vor. Der europäische Weg in Sachen Künstlicher Intelligenz sozusagen – eine ­Vorstellung, die durchaus verlockend ist. ••

KEPLER KAG setzt auf Künstliche Intelligenz Seit 2022 arbeitet die KEPLER KAG, Fondstochter der RLB OÖ, mit der FH Hagenberg zusammen, um ­w issenschaftliche Erkenntnisse in ihr Fondsmanagement zu implementieren. So können zum Beispiel negative Entwicklungen von Unternehmen früh erkannt werden. KI liefere einen Mehrwert als Datenassistent und als Informationsquelle, erläutert David Striegl, Leiter Aktienmanagement bei Kepler. Die KI könne etwa Empfehlungen zur Assetallocation geben. Der Vorteil: Die Maschinen reagieren emotionslos. Doch die Künstliche Intelligenz hat ihre Grenzen, wenn es um das Fondsmanagement geht; derzeit sind humane Expertinnen und Experten noch unersetzbar. „Rein KI-gesteuerte Fonds lassen sich zwar gut vermarkten, haben bis jetzt am Fondsmarkt aber noch nicht überzeugt“, erläutert Striegl. Das liege daran, dass KI vor allem erfolgreich ist, wenn es langfristige Trends gibt, aber massive Probleme mit Strukturbrüchen hat – als Beispiele können Ereignisse wie der Ukraine-Krieg oder die ­I nflation dienen. „Muster aus der Vergangenheit sind in der Zukunft oft nicht anwendbar.“

QR-Code scannen und mehr über Projekte des Innovation Hub erfahren.

© HalloSophia, Robert Gortana

Weitere Erkenntnisse bzw. Empfehlungen vom Round Table: • Einig waren sich die KI-Profis auch, dass Unternehmen entsprechendes Know-how aufbauen müssten. Das grundsätzliche Wissen steht zur Verfügung, ist aber für Laien nicht einfach verständlich. Sich mal damit zu beschäftigen, kann indes nicht schaden: Die Premium-Version von ChatGTP kostet nur 20 Dollar pro Monat, damit können einfache Aufgabenstellungen erledigt werden. • An erster Stelle für die praktische Umsetzung von KI in Unternehmen steht laut Sonja Straßer die Definition des Businessproblems, in weiterer Folge sollten die möglichen Einsatzgebiete von Künstlicher Intelligenz in diesem Zusammenhang nach Wichtigkeit gereiht werden. • Etwas anders sieht das Konrad Gulla: Wichtig sei, einfach damit anzufangen – was zuvor für die Digitalisierung gegolten hat, gilt jetzt auch für Künstliche Intelligenz. „Wir müssen jetzt mal ins Machen kommen“. • Datenschutz wird eine große Rolle spielen. „Bei ChatGTP etwa sollten keine internen, sensible Daten verwendet werden, weil alles auch firmen­extern gespeichert wird“, warnt Karin Gabriel. • I m Gegensatz zu den bereits bekannten Prognosefähigkeiten der KI, die aufgrund von Mustern Vorhersage treffen kann, ist die generative KI auch in der Lage, neue, zum Teil durchaus überraschende Ergebnisse zu liefern.


INNOVATION HUB

WIE INNOVATIONEN DIE BANKENWELT TRANSFORMIEREN INNOVATIV, DIGITAL UND KREATIV: DER INNOVATION HUB DER RAIFFEISENLANDESBANK OBERÖSTERREICH ARBEITET DARAN, BESTEHENDE DENKMUSTER UND PROZESSE ZU HINTERFRAGEN, UM KREATIVE LÖSUNGEN FÜR INTERNE UND EXTERNE KUNDINNEN UND KUNDEN ZU FINDEN. Text: Tanja Kurz

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ie Digitalisierung der Finanzindustrie ist ein dynamischer Prozess. Technologische Innovationen öffnen in rasanter Geschwindigkeit die Türen für neue Services und Produkte. Die RLB OÖ nutzt neue Möglichkeiten der Digitalisierung für die Entwicklung eines innovativen und nutzerzentrierten Produkt- und Dienstleistungsportfolios. Deshalb wurde 2018 ein eigener Innovation Hub innerhalb der RLB OÖ gegründet. Das vierköpfige Team unter der Leitung von Barbara Boucek hat sich zum Ziel gesetzt, die Innovationskultur und das dazugehörige Mindset aufzubauen. Dazu wurde im Juli 2021 innerhalb der RLB OÖ ein „Innovationsbotschafter:innenNetzwerk“ ins Leben gerufen, welches heute bereits über 50 teilnehmende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählt. „Alle Mitglieder sind Kompetenzpartnerinnen und Kompetenzpartner bei Innovationsprojekten, Teil des Trend-Management-Kern-Teams und damit Promotor für neue Themen in ihren Fachbereichen“, erklärt Barbara Boucek. Ziel des internen Netzwerkes ist es, mehr Innovationsinitiativen mit höherer Qualität, mehr Output und höherem Innovationsgrad durch die Vernetzung über Unternehmensabteilungen hinweg zu schaffen. Best Practice: Wissens-Community & Wirtschaftsnetzwerk „findea“ Die Plattform findea, dies steht für Finde Antworten, ist als internes Projekt der RLB OÖ gestartet. Dahinter steckt ein vom Innovation Hub erfolgreich umgesetztes Company-Building-Projekt. „Für uns begann es damit, dass wir aus einem Strategieprojekt den Auftrag bekommen haben, mithilfe unseres Innovationsprozesses in einem interdisziplinären

Team Beyond-Banking-Ideen zu entwickeln“, berichtet Barbara Boucek. Das Resultat: eine Lösung mit dem Ziel, das große analoge Wissensnetzwerk und das Know-how der RLB OÖ digital verfügbar, erlebbar und nutzbar zu machen. Auf der Businessplattform findea können operative Fragen im beruflichen Kontext in Form von Challenges und Umfragen an die Community gestellt werden, welche dann schnell und einfach beantwortet werden können. Das schafft nicht nur Effizienz in der operativen Lösungsfindung, sondern auch echte innovative Lösungsansätze. Von der Idee bis zur tatsächlichen Umsetzung wurde mit dem Company Builder V_labs eng zusammengearbeitet. „Ich kann jedem Unternehmen zu einem Company-Building-Projekt raten, wenn Innovationsvorhaben fern vom Kerngeschäft liegen“, sagt Barbara Boucek. Nach einer ersten Lernphase innerhalb des eigenen Unternehmens folgte im September 2022 der Rollout in den Raiffeisenbanken in OÖ. Die Lösung wurde von den Raiffeisenbanken sehr gut ­angenommen und die Anzahl der aktiven User und Userinnen sowie Challenges stieg enorm. Seit Kurzem stellt Raiffeisen INFINITY seiner Firmenkundschaft das Wirtschafts- und Wissensnetzwerk findea als Mehrwertleistung zur Verfügung. Damit ist erstmalig eine BusinessCommunity für Unternehmen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügbar, die internen Wissensaustausch mit der Expertise des oberösterreichischen Wirtschaftsnetzwerks vereint. Mehr zur oberösterreichischen Wissens-Community und wie Unternehmen findea kostenlos nutzen können unter: https://app.findea.community/ ••

© RLB OÖ

Raiffeisen Innovation Center @ JKU:

Das Team des Innovation Hub: Katharina Pils, Barbara Boucek, Eva Kislinger und Anna Donninger.

Ein aktuelles Projekt des Innovation Hub in Zusammenarbeit mit den Fachbereichen Personalmanagement und Konzernentwicklung entsteht an der Johannes-Kepler-Universität Linz. Mit dem Raiffeisen Innovation Center etabliert der Innovation Hub ein Innovationsökosystem, welches für Studierende und Unternehmen gleichermaßen Raum und Rahmen­ bedingungen für Innovationen bietet. Im Raiffeisen Innovation Center werden verschiedene Formate sowohl für Studierende als auch für ­U nternehmen angeboten. Studierende erhalten durch Networking-­ Formate Zugang zu Unternehmen bzw. zur Praxis und haben zusätzlich die Chance, ihre Innovationskompetenzen im Zuge von verschiedenen Ausbildungsformaten aufzubauen und zu erweitern. Ziel ist es, einzig­ artiges Praxiswissen mit innovationsorientierten Methoden zu vereinen und diese mit wissenschaftlicher Kompetenz abzurunden.

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INNOVATIONSWERKSTATT

Mitten in der Tabakfabrik in Linz lernen Unternehmen kreative Nachwuchspotenziale kennen. Kinder und Jugendliche setzen sich hier bereits im Volksschulalter mit Technologie auseinander – ein mögliches Rezept ­gegen Fachkräftemangel in der Technikbranche. Text: Susanne Mayer

Christine Comploj weiß: Mädchen brauchen einen anderen Zugang zu Technik als Burschen.

BEI UNS FINDEN ANALOGE UND DIGITALE TECHNOLOGIEN ZUSAMMEN, DIE VOR ALLEM JUGENDLICHE ERMÄCHTIGEN, EIGENE IDEEN UMZUSETZEN. © GRAND GARAGE

CHRISTINE COMPLOJ, GRAND GARAGE

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INNOVATIONSWERKSTATT

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ill Gates hat Microsoft in einer Garage gegründet, viele amerikanische Rockbands probieren in ungenutzten Zubauten für Automobile seit den 60ern neue Musikstile aus – produktiv dürfte so ein Garagenumfeld also allemal sein. So ähnlich sahen das auch Ruth und Werner Arrich, als sie 2019 in der Tabak­ fabrik in Linz die GRAND GARAGE eröffneten – sowohl ein Raum, der Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit bietet, sich technisch weiterzuentwickeln und an ihren Skills zu feilen, als auch für Start-ups und Firmen, ihre Prototypen zu fertigen. Auf 3.000 Quadratmetern reihen sich rund 100 Maschinen aneinander – vom Plastikschredder bis zum Industrieroboter: „Bei uns finden analoge und digitale Technologien zusammen, die Innovationsprojekte ermöglichen und vor allem Jugendliche ermächtigen, eigene Ideen und Experimente umzusetzen“, sagt Christine Comploj, die in der GRAND GARAGE Firmen und Netzwerkpartner betreut und Vernetzungsformate kuratiert.

„Wenn die Mädchen zu uns kommen, sind sie oft schüchtern und zurückhaltend. Nach den Workshops haben sie ein neues, selbstermächtigtes Bild von sich“, beschreibt Comploj die Entwicklung während der Workshops. Laut einer aktuellen Studie des AMS beträgt der weibliche Anteil in ­Technikberufen nur acht Prozent. Initiativen, die Frauen auf technische Berufe aufmerksam machen, sollen unter anderem dazu beitragen, den Fachkräftemangel einzudämmen. „Wir sind am Zenit angelangt im Kampf um die Arbeitskräfte. Das ist nicht erst seit wenigen Monaten Rea­ lität, sondern schon in den letzten Jahren“, so Alice Godderidge, CEO von Poloplast im Juli beim „Talk@Raiffeisen“, einer Onlineveranstaltung der Raiffeisenlandesbank OÖ. Die studierte Kunststofftechnikerin steht seit 2021 an der Spitze des Rohrherstellers mit Sitz in Leonding. „Frauen sind meiner Erfahrung nach oft sehr perfektionistisch veranlagt und haben Angst vorm Scheitern. Rückschläge gehören aber dazu, die

GARAGE MIT CHARME Die GRAND GARAGE bietet mehrere Bereiche, in denen Interessierte aktiv werden können: In der Plastic Garage werden Grundlagen der Kreislaufwirtschaft vermittelt, im Digitallabor kommen 3D-Drucker und Lasercutter zum Einsatz und in den Bildungswerkstätten können sich Schulkinder kreativ an Problemlösungen ausprobieren. Dazu bietet die GRAND GARAGE sowohl Mitgliedschaften als auch einzeln buchbare Workshops an. Leuchtturmprojekte, die in den innovativen Werkstätten von Start-ups umgesetzt wurden, waren etwa die Entwicklung und Herstellung von Beatmungsgeräten am Anfang der Covid-Pandemie sowie die Entwicklung von „Airmate“: T-Shirts für Kleinkinder, die sich beim Kontakt mit Wasser von selbst aufblasen und die Kinder so vor dem ­Ertrinken retten. Für Unternehmen ist die Einrichtung für junge Selbermacher besonders interessant. Denn die Maschinen werden zu einem guten Teil von Firmen bereitgestellt, die in der GRAND GARAGE wiederum potenzielle neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennenlernen: „Bei uns treffen sich Menschen, die sonst nicht zusammenkommen. Es ist diese bunte Vielfalt, die diesen Ort letzten Endes so einzigartig macht“, beschreiben die Gründer Ruth und Werner Arrich den „MakerMatch“ in der GRAND GARAGE. Gleich schweißt zusammen Einen besonderen Fokus legen die Betreiber der GRAND GARAGE auf weiblichen Nachwuchs in der Technik. In rein weiblich besetzten Workshopformaten werden Mädchen auf eine Weise angesprochen, die es ihnen erleichtert, Technik unvoreingenommen und von Rollenbildern befreit zu entdecken: „Der Vorteil an Workshops, in denen nur Frauen sind, ist, dass der Zugang auf die weibliche Annäherung an das Thema Technik zugeschnitten werden kann. Von Burschen wissen wir, dass sie sich sofort auf die Geräte stürzen wollen. Mädchen gehen die ­Sache anders an und darauf gehen wir ein“, sagt Christine Comploj. Der Erfolg gibt ihr Recht. Die Workshops sind gut besucht, Firmen schicken ihre Mitarbeiterinnen, um sie von Mentorinnen und Technikerinnen der GRAND GARAGE an den Geräten einschulen zu lassen.

muss man weg­stecken können und sich auch mal was zutrauen“, so Godderidge. Das gelte nicht nur für Technikberufe, sondern ganz allgemein auch für den Karriereweg. Sie ist zudem überzeugt, dass höhere Diversität in Arbeitsteams – egal ob durch eine Mischung von alt oder jung, Frauen oder Männern – ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist. In vielen Unternehmen gebe es diesbezüglich noch großen Nachholbedarf. ••

FRAUEN SIND OFT SEHR PERFEKTIONISTISCH VERANLAGT. ALICE GODDERIDGE, CEO POLOPLAST

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WO MAN ZUKUNFT LEHRT Der Fachkräftemangel wird ohne Lehrlingsausbildung nie enden. Was es braucht: ein besseres Image für die Auszubildenden, neue Kompetenzen und Berufsbilder für den Arbeitsmarkt der Zukunft. Einige Unternehmen zeigen schon jetzt vor, wie man junge Talente fit für berufliche Karrieren macht und ans eigene Unternehmen bindet. Text: Uschi Sorz • Foto: KTM / Felix Steinreiber Productions



LEHRE & KARRIERE

Talenteaufbau als Zukunftsfrage Siemens etwa, einer der heimischen Top-Lehrlingsausbildner, punktet mit „einer fundierten, praxisorientierten, flexibel gestaltbaren Ausbildung, von Beginn an interessantem Gehalt, zusätzlichen freien Tagen und Homeoffice-Möglichkeiten“, unterstreicht Ausbildungsleiter Zummer, der selbst vor über 40 Jahren seine Lehrausbildung im Unternehmen gemacht hat. Jährlich starten rund 100 junge Leute eine Ausbildung bei Siemens, Tendenz steigend. Insgesamt 300 bildet der Konzern ge­ rade österreichweit in 18 verschiedenen Berufen aus, sei es in einer ­klassischen Lehre mit oder ohne Matura, in der speziell für Maturanten konzipierten Dualen Akademie in Linz oder im Zuge eines ausbildungsintegrierten Studiums mit gleichzeitigem Berufs- und Studienabschluss. Ein Prestigeprojekt ist das Siemens Future Lab in Wien, das junge Fachkräfte auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorbereitet. Zummer: „Unsere Auszubildenden arbeiten an innovativen Projekten und lernen von Beginn an, mit neuen Technologien wie Robotik und Künstlicher Intelligenz umzugehen.“ Das Aufbauen junger Talente sei eine Zukunftsfrage. „Vor dem Hintergrund von Digitalisierung, Dekarbonisierung und Produktinnovationen verändert sich der Arbeitsmarkt in immer kürzeren Zyklen. Es entstehen neue Berufsbilder, die neue Kompetenzen erfordern.“ Bestens ausgebildete Arbeitskräfte seien eine Bereicherung und ein Erfolgsgarant für das Unternehmen. „Umgekehrt bekommen diese eine sinnvolle und sinnstiftende Arbeit für die Welt von morgen.“ Für Technik und Berufe der Zukunft begeistert auch das Future Lab des internationalen Maschinenbau-Unternehmens Fill mit Sitz in Gurten: Aus-

Gerhard Zummer Head of Siemens Professional Education: „Berufsbilder ­v erändern sich rasant.“

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Philipp Heißbauer Teamleiter der Lehrlingsausbildung bei Fill gibt Lehrlingen eine große Bühne.

Siemens Future Lab: Hier werden Lehrlinge fit für die Digitalisierung.

gestattet mit 3D-Drucker, Green Screen, Robotern und Programmierplattformen, bietet das Labor eine kreative und inspirierende Umgebung mit acht verschiedenen Schwerpunkten für Schüler, Kunden, Partner, aber auch für die rund 90 Lehrlinge. Seit der Gründung vor 56 Jahren sind Hunderte Jugendliche durch die hochqualitative Ausbildung mit modernster Lehrwerkstätte und neuesten Technikstandards gegangen. Viele davon sind heute in leitenden Funktionen tätig. Der hohe Stellenwert und die Wertschätzung für die Lehrlinge wird unter anderem durch den „Walk of Fill“ augenscheinlich. „Mit dem erfolgreichen Lehrabschluss haben unsere jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den ersten Schritt ihrer Karriere bei Fill gemacht. Der ‚Walk of Fill‘ ist ein exklusiver Galaabend für unsere Nachwuchskräfte, bei der wir ihre großartigen Leistungen und die bisherige Karriere in einem festlichen Rahmen würdigen“, so Philipp Heißbauer, Teamleiter der Lehrlingsausbildung. Breite Palette an Unterstützung In der KTM AG, Europas führendem Motorradhersteller und Tochter der PIERER-Mobility-Gruppe, gibt es bei der Lehrabschlussprüfung mit ausgezeichnetem und gutem Erfolg sogar ein eigenes Motorrad als Zuckerl. Ansonsten sieht man die Sache hier ähnlich: Ein umfangreiches unternehmenseigenes Bildungsangebot, zeitgemäße Lehr- und Lerntechniken, spannende Projekte sowie Unterstützung, wo es nur geht, seien das Um und Auf. Bis 2030 will KTM zu den Top-Lehrlingsausbildnern im deutschsprachigen Raum gehören. „Damit nicht nur Jugendliche aus der Region eine Lehre bei KTM in Erwägung ziehen können, bieten wir auch kostenlose Unterkünfte mit pädagogischer Betreuung an“, erzählt ­Cornelia Nelleskamp, Head of Apprenticeship. Gerade hat das Unternehmen 2,5 Millionen Euro in eine 3.000 Quadratmeter große hochmoderne Lehrwerkstatt mit Kapazitäten für bis zu 230 Lehrlinge investiert. Per September dieses Jahres werden bei KTM 66 weibliche und 153 männliche Lehrlinge in Ausbildung zu einem von 20 technischen und kaufmännischen Berufen sein, von der Firma ausgestattet mit eigenem Laptop und Smartphone. Am gefragtesten ist KFZ-Technik, das machen derzeit 39 Prozent, gefolgt von 33 Prozent im Bereich Metalltechnik.

© Philipp Lipiarski, Siemens, Fill, KTM, Autragsfoto.at, agru

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in Studium, egal mit welchen Karriereaussichten, ist in Österreich höher angesehen als eine Lehre. Aber warum eigentlich? In der Industrie beispielsweise winken mit ab­ge­schlos­sener Lehrausbildung auch ein vielversprechendes Berufsleben und hohe Jobsicherheit. Dazu oft ein überdurchschnittliches Gehalt. „Es ist kaum bekannt, dass man mit Lehrabschluss ein höheres Lebenseinkommen erzielen kann als mit Universitätsabschluss“, sagt Gerhard Zummer, Head of Siemens Professional Education. Zukunftsträchtige Lehrstellen, die vielfältige Möglichkeiten eröffnen, gebe es zudem zuhauf. Laut einer Befragung des Marktforschungsinstituts IMAS unter 16- bis 25-Jährigen wird zumindest Letzteres auch wahrgenommen. Dennoch sei die Annahme, dass andere Schultypen einen besseren Aufstieg ermöglichen, noch stark verankert, so Paul Eiselsberg, Senior Research Director von IMAS International. Trotz des allerorts viel diskutierten Fachkräftemangels werde die Bedeutung der Lehre auf vielen Ebenen unterschätzt. Fazit: Man müsse deren Stellenwert wieder ins rechte Licht rücken.


LEHRE & KARRIERE

Cornelia Nelleskamp Head of Apprenticeship KTM AG: „Viele Lehrlinge sammeln Erfahrung im Ausland.“

Rund ein Viertel hat einen kaufmännischen Ausbildungsplatz und drei Prozent sind in der Dualen Akademie für Lehrlinge, die bereits maturiert haben. Die rund 40 Prozent jener, die die Lehre mit der Maturaprüfung kombinieren wollen, werden ab dem zweiten Lehrjahr in den eigenen Lehrsälen darauf vorbereitet. „Bei uns werden die Lehrlinge nicht nur für den angestrebten Beruf ausgebildet, sondern sie lernen sprichwörtlich fürs Leben“, betont Nelleskamp. „Lehrlingsseminare, Office-Schulungen sowie Kurse im Metallund KFZ-Bereich ergänzen wir mit Lehrgängen bei externen Partnern.“ Zusatzausbildungen im Rahmen der KTM Academy stärken spätere Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten. Rund zehn Prozent der ­ ­KTM-Lehrlinge ergreifen die Chance, Auslandspraktika in Töchter- und Partnerunternehmen zu absolvieren. „Zum Beispiel sind gerade vier Lehrlinge bei der KTM North America in Kalifornien.“ Die Anstrengungen lohnen sich: „Ob im Motorsportbereich, in der Forschung & Entwicklung oder in der Produktion – 75 Prozent der rund 700 seit 1995 bei uns Ausgebildeten sind nach wie vor im Unternehmen.“ Auch über Lehrlingsmangel könne man nicht klagen. „2022/23 gab es 816 Bewerbungen, 315 Jugendliche haben Schnupperlehrtage hier verbracht.“ Perspektiven aufzeigen Die Bedeutung von Schnuppertagen sei nicht zu unterschätzen, sagt Michael Binder, Lehrlingsausbildner bei agru Kunststofftechnik. Das international agierende, familiengeführte Unternehmen mit Sitz in Bad Hall besitzt eine der modernsten Lehrwerkstätten Oberösterreichs und bildet aktuell 25 Lehrlinge in Betriebslogistik, IT, Kunststoff-, Maschinenbau-, Werkzeugbau-, Prozess- und Zerspanungstechnik oder als Bürokaufmann bzw. -kauffrau aus. „Der erste Eindruck zählt“, ist Binder überzeugt. „Der Schnuppertag ist nicht nur essenziell für die Entscheidung des zukünftigen Lehrlings, sondern auch wir bekommen ein Bild von der Person.“ Lehrlinge mit Potenzial seien heiß begehrt, daher hebe man bei agru an diesen Tagen die innovativen Lehrinhalte samt allen Goodies hervor. Attraktiv seien etwa Weiterbildungen und Auslandspraktika. „Um Lehrlinge auch nach dem Abschluss halten zu können, brauchen sie Per-

Michael Binder Lehrlingsausbildner agru Kunststofftechnik setzt auf rotierende Lehrsysteme.

spektiven. Diese zeigen wir ihnen auf.“ Neben Faktoren wie guter öffentlicher Erreichbarkeit, der Stärkung des Wir-Gefühls bei Lehrlingsaktivitäten, diversen Prämien und Benefits, überkollektiver Bezahlung und Unterstützung bei der Lehre mit Matura sei auch das rotierende Lehrsystem ein Vorteil. Nach der Grund- und Modulausbildung und darauffolgendem gründlichem Kennenlernen sämtlicher Abteilungen entscheiden sich die agru-Lehrlinge, in welcher davon sie bleiben wollen. „So haben sie Zeit für eine gute Wahl“, so Binder. „Anfangs wissen viele ja gar nicht, was auf sie zukommt.“ Auch viele junge Frauen entscheiden sich für agru. „Das Klischee, dass technische Berufe nur für Männer geeignet sind, sollte langsam Geschichte sein“, findet Binder. Damit spricht er einen Trend an, den auch die anderen Unternehmen bestätigen. „In puncto Gender-Diversität gibt es definitiv noch Luft nach oben“, sagt Gerhard Zummer von Siemens. „Darum setzen wir hier bewusst starke Zeichen.“ Sowohl Siemens, Fill Maschinenbau als auch KTM nutzen Events wie etwa den jährlichen Girls Day, um junge Mädchen für Technikberufe zu begeistern. „Hier zeigen wir ihnen, wie faszinierend und aussichtsreich moderne Technik ist“, so Cornelia Nelleskamp von KTM. Und Zummer ergänzt: „Divers zusammengesetzte Teams, ob nun in Sprache, Herkunft oder Geschlecht, sind oft kreativer. Das sollten Unternehmen unterstützen, denn sie profitieren davon.“ ••

agru beweist: Technische Berufe sind schon längst nicht mehr nur für junge Männer interessant.

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MEDIZIN

MEDIZIN MIT MEHRWERT Im idyllischen Kirchham in Oberösterreich hat ein junger Arzt mit Salvida ein Zentrum für Medizin gegründet, das nicht nur für den ländlichen Raum zum Vorbild werden könnte. Text: Rosi Dorudi

© Salvida

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irchham liegt am Fuße der letzten Ausläufer des Alpenvorlandes und ist umgeben vom satten Grün der Wiesen, wogenden Feldern und bewaldeten Hügeln. Die Traunseetram sorgt für eine gute Verbindung in die Bezirkshauptstadt Gmunden und Umgebung. Es gibt eine aktive Bauernschaft, erfolgreiche Familienbetriebe – und seit August 2022 auch ein modernes Zentrum für Medizin. „Salvida ist ein multifunktionales Gesundheitszentrum, wo wir verschiedene gesundheitliche Dienstleistungen und Spezialisten an einem Standort zusammengeführt haben, um Patienten zu einem besseren Wohlbefinden und einer besseren Lebensqualität zu verhelfen“, beschreibt Gründer und Allgemeinarzt Dominik Bammer sein Projekt. Das ist im Wesentlichen zunächst nichts Neues. Gesundheitszentren werden vielerorts immer beliebter. Sie bieten den Menschen vielfältige Leistungen – von der Prävention und Gesundheitsförderung über die Behandlung bis hin zur Rehabilitation. Alles ist eng verzahnt und aufeinander abgestimmt, denn die Spezialisten, Therapeuten und Pflegefachkräfte arbeiten eng zusammen und tauschen sich für eine opti­male Begleitung der Patientinnen und Patienten miteinander aus. Dennoch unterscheidet sich Salvida von den gängigen anderen Ärztezentren in Österreich.

DOMINIK BAMMER, GRÜNDER UND ALLGEMEINMEDIZINER

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© xx

ICH WILL MIT SALVIDA OPTIMALE ARBEITSBEDINGUNGEN SCHAFFEN.


Hell, nachhaltig, freundlich: Salvida macht das Ärztezentrum zum Wohlfühlort.


MEDIZIN

ziehe es ins Ausland. Vor allem Deutschland und die Schweiz locken mit mehr Geld, flexibleren Arbeitszeiten und attraktiven Kinderbetreuungsangeboten. „Genau das war für mich der springende Punkt für das Projekt Salvida“, erzählt Bammer. „Ich wollte bessere Arbeitsbedingungen schaffen, damit das Zentrum nicht nur ein Wohlfühlort für unsere Patientinnen und Patienten ist, sondern auch für die Menschen, die dort arbeiten.“ Also raus aus den festgefahrenen Strukturen. Die junge Generation will lernen und leisten, aber auch verändern. Vor allem aber wollen sie Flexibilität: mal Vollzeit, mal Teilzeit – je nach Lebenssituation und Anspruch. Von der Vision zur Realisierung Der ehemalige Profihandballspieler begann, die Schwachstellen des bestehenden Systems zu analysieren, und beleuchtete die vorhandenen Strukturen in der Ortschaft und dem Einzugsgebiet. „Kirchham hat sich nicht aufgrund der guten Verkehrsanbindung als idealer Standort für Salvida erwiesen“, erzählt er. „Ein großer Vorteil war von Anfang an, dass ich hier bereits als Kassenarzt tätig war. Ich kenne daher die Bedürfnisse der Patienten und weiß, wo noch Verbesserungspotenzial besteht – auch für

EINE FLÄCHENDECKENDE, QUALITATIVE GESUNDHEITSVERSORGUNG IST EINE DER WESENTLICHEN HERAUSFORDERUNGEN DER ZUKUNFT. HEINRICH SCHALLER, GENERALDIREKTOR RAIFFEISENLANDESBANK OÖ

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© Salvida, Werner Harrer

Der springende Punkt Auf die Idee, ein Zentrum für Medizin zu gründen, kam der promovierte Mediziner mit abgeschlossenem Wirtschaftsstudium während seiner Tätigkeit als Notarzt in Gmunden und Hausarzt in der zur Gemeinde Kirchham gehörenden Ortschaft Eisengattern. „Mir fiel dabei immer wieder auf“, erzählt er, „welchen Optimierungsbedarf unser System in der Organisation und Dienstleistungsqualität der medizinischen Versorgung hat. Also beschloss ich, dieses Problem anzugehen.“ In Österreich gibt es ­aktuell 40 Primärversorgungszentren. Der Plan des Gesundheitsministeriums, bis 2021 österreichweit 75 Zentren zu betreiben, ist nicht aufgegangen. Bis heute geht die Umsetzung schleppend voran. In Vorarlberg und Tirol gibt es beispielsweise noch gar keine derartigen Einrichtungen. Das liege nicht nur daran, keine geeigneten Immobilien zu finden, der Ärztemangel bremse zusätzlich eine kontinuierliche Realisierung des Plans, heißt es von der Ärztekammer. Zu den aktuell rund 300 unbesetzten Kassenstellen käme noch hinzu, dass gut die Hälfte aller Kassenärzte im Laufe der nächsten zehn Jahre in Pension gehen wird. An Nachwuchsmedizinern mangele es zwar nicht, aber rund 40 Prozent der Absolventen


MEDIZIN

Ganzheitlicher Ansatz: Salvida bietet sogar Reha-Therapien an.

die Behandelnden.“ Nach und nach entwickelte sich daraus seine Vision eines modernen Zentrums für ganzheitliche Gesundheit. „Der wichtigste Aspekt war, dass wir die administrativen Dienstleistungen, also jede nichtmedizinische Tätigkeit, übernehmen, damit die Behandelnden mehr Zeit für die Betreuung ihrer Patientinnen und Patienten haben“, erläutert der Allgemeinarzt. Gerade junge Ärztinnen und Ärzte forderten weniger bürokratische Tätigkeiten und eine individuelle Anpassung der Arbeitszeiten. „Genau das bieten wir ihnen hier an“, erklärt der Salvida-Chef. „Bei uns sind sie freiberuflich tätig und können ihre Dienstzeiten selbst bestimmen.“ Salvida stelle das benötigte Equipment zur Verfügung und übernehme die Terminvereinbarung, Dokumentation, Abrechnung und Reinigung. So könnten die Menschen bestmöglich versorgt werden. An drei Tagen der Woche wird außerdem in der modern ausgestatteten Tages­chirurgie operiert. Die Pflegekräfte stellt ebenfalls Salvida bereit. Ein hauseigenes Labor und eine Apotheke runden das Angebot ab. „Damit haben wir von den Eingriffen bis zur Rehabilitation im Therapiebereich mit Wasserbecken alle Aspekte der medizinischen Versorgung abgedeckt“, erläutert Bammer, der in der Gruppenpraxis für Allgemeinmedizin selbst ordiniert. „Wir bieten in naher Zukunft auch noch die Bereiche Urologie, Dermatologie und Psychiatrie an.“ Die über 45 Spezialisierungen ermöglichten eine vernetzte interdisziplinäre, aber vor allem zukunftsweisende Pflegemethode, da durch den intensiven Wissensaustausch letztendlich die Menschen der Umgebung profitieren. Strategische Partnerschaft mit Raiffeisenlandesbank OÖ Die Errichtung dieses ersten Gesundheitszentrums, das im August 2022 eröffnet hat, wurde von Beginn an von Raiffeisen OÖ unterstützt – im Falle Kirchham von der regionalen Raiffeisenbank Salzkammergut. Nun soll dieses Erfolgsmodell auch an weiteren Standorten umgesetzt werden. Dazu wurde eine strategische Partnerschaft mit der Raiffeisenlandesbank OÖ eingegangen. Ein weiterer Standort für das Konzept wurde im Mühlviertel gefunden, aktuell laufen dort die Genehmigungsverfahren.

Die Zukunft der Medizin: Salvida erfüllt nicht nur alle ­A nforderungen der Bevölkerung – auch die Wünsche der ­j ungen Ärztinnen und Ärzte werden berücksichtigt.

Die ersten Patienten könnten laut aktuellem Zeitplan schon ab 2025 im Gesundheitszentrum versorgt werden. Das Konzept von Salvida soll mittelfristig in allen Bundesländern umgesetzt werden und auch die Betreuung von Ärzten in bereits bestehenden Ordinationen umfassen. Um das weitere Wachstum dieses Konzepts zu unterstützen, möchte die Raiff­ eisenlandesbank OÖ in diese Partnerschaft ihr starkes Netzwerk und die Expertise im Finanzsektor einbringen. RLB-OÖ-Generaldirektor Heinrich Schaller: „Eine flächendeckende, qualitative Gesundheitsversorgung ist eine der wesentlichen gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft und somit auch für uns ein großes Anliegen. Dominik Bammer weiß als Hausarzt ganz genau, was es im Gesundheitswesen braucht.“ ••

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ECOSYSTEM: MIT INNOVATIONEN UNSERE ZUKUNFT SICHERN

DER DIGITALSCHOCK: WAS VON CHATGPT & CO. BLEIBEN WIRD

Deepa Gautam-Nigge ist Senior Director für Corporate Development M&A bei SAP. Sie gilt als Mittlerin zwischen den Welten Wissenschaft und Wirtschaft sowie Corporate, VC und Start-up. Als Expertin für Ecosystem Innovation ist sie Gastdozentin (u. a. TUM, EBS, HSG) und Start-up-Mentorin, Mitglied in Aufsichtsgremien von börsennotierten und familiengeführten Unternehmen sowie Beirätin der Digital Hub (de:hub) Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz in Deutschland. Für ihr Buch versammelte sie führende Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, aus der Start-up-Community und dem Investorenbereich – sie alle werben dafür, Brücken zu bauen, verstärkt auf Kollaboration zu setzen und die Besten zusammenzubringen. Denn es geht um Mut, Offenheit und die Lust auf neue Ideen – den Treibern für Innovationen, um uns zukunftsfest zu machen. Untersucht werden im Buch der wirtschaftliche Rahmen und die Kultur als Basis aller Innovationen, wie es um Bildung und Wissenstransfer bestellt ist, das Gelingen von Corporate Innovation, Start-up-Ecosysteme als Nährboden für Innovationen sowie Fragen zur Innovationsfinanzierung. ••

Für die einen ist es der Megahype, der Gamechanger und ein Gutenberg-Moment, für die anderen schlicht ein cooles Tool, das schnell und unkompliziert zu Aufsätzen verhilft, Kurztexte verfasst oder Bilder nach Anweisung erstellt. Die Digitalexperten Jörg Schieb und Peter Posch halten ganz sachlich fest: Es ist auf jeden Fall der Moment, in dem ChatGPT & Co in unser aller Leben treten und dieses gehörig verändern wird. Denn noch nie ließ sich mit KITools so einfach, ohne Vorkenntnisse und in einfacher Sprache kommunizieren und arbeiten. In ihrem Buch klären sie auf, was es mit dieser Revolution nun tatsächlich auf sich hat, die nicht nur die großen Tech-Konzerne in Aufruhr versetzt. Sie erläutern, wie ein Chatbot funktioniert, und erklären, welche Veränderungen auf unsere Arbeitswelt und unsere Schulen zukommen. Wer profitiert, wessen Arbeit wird die neue Art der KI übernehmen? Welche Risiken entstehen und welche neuen Regeln brauchen wir? Schließlich wird es immer schwieriger werden, KI und Menschengemachtes zu unterscheiden. Und Sie zeigen, wie wir mit der KI leben können – und werden. ••

Autor: Verlag: ISBN:

Autor: Verlag: ISBN:

Deepa Gautam-Nigge (Hrsg.) Haufe 978-3648160244

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Jörg Schieb, Peter N. Posch Redline Verlag 978-03868819472

© (Symbolbilder), Haufe, Redline Verlag, FinanzBuch Verlag, Murmann Publishers

BUCHTIPPS


BUCHTIPPS

EINE KURZE GESCHICHTE DES HYPES UND DES SCHEITERNS

UNVERZICHTBARE ANLEITUNG FÜR INNOVATIVE UNTERNEHMEN

Viele Erfindungen wie etwa Luftschiffe galten in ihrer Geburtsstunde als bahnbrechend und sollten das Leben auf der Erde maßgeblich beeinflussen. Manche Innovationen konnten ihrem Hype jedoch nie gerecht werden und wurden längst von Alternativen überholt. In seinem neuesten Werk untersucht der angesehene Umweltwissenschaftler Vaclav Smil Technologien, die trotz enormer Investitionen nicht das gehalten haben, was sie versprachen – oder gar katas­ trophale Auswirkungen mit sich brachten. Er bietet in diesem Buch ein klares Korrektiv zu den überzogenen Versprechungen von neuen Heilmitteln für Krankheiten über Kernfusion bis hin zu künstlicher Intelligenz. Er erinnert uns daran, dass wir selbst dann, wenn wir auf dem Weg von der Erfindung über die Entwicklung bis hin zur Anwendung recht weit gekommen sind, vielleicht nie etwas wirklich einsetzen können. Abschließend stellt er eine Wunschliste von Erfindungen auf, die wir am dringendsten benötigen, um die gewaltigen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu bewältigen. Eine ernüchternde Darstellung, die zeigt, wie wir unsere Erwartungen besser mit der Realität in Einklang bringen müssen. ••

Die Erzählung, dass Veränderungen schmerzhaft und lebensbedrohlich für Unternehmen und Organisationen sind, und dass Überleben nur durch konsequente Anpassung möglich ist, macht Angst. Die Berliner Innovationsagentur Dark Horse wagt einen positiven Gegenentwurf: Sie beschreibt in ihrem neuen Playbook, wie Unternehmen sich als wertegetriebene und adaptive Organisationen neu erfinden können, um den Wandel in eine wünschenswerte Zukunft mitzugestalten. Dafür hat Dark Horse die aus ihrer Sicht spannendsten methodischen Ansätze zusammengetragen und im Future Organization Playbook in einen Gesamtzusammenhang gesetzt. Im Mittelpunkt steht ein exklusives Framework, das Strategie-Hexagon für adaptive Organisationen. Es ist sofort praxistauglich umsetzbar – und damit ein Playbook für jene, die den Mut haben, ihre Scheu vor der Ungewissheit zu akzeptieren und sie in Gestaltungskraft zu verwandeln. Add-on: Die wichtigsten Buzzwords und Begriffe aus der agilen Transformationswelt werden ­essayistisch beleuchtet. Wie lautet die Geschichte hinter diesen Begriffen? Welche Perspektive ist die sinnvollste? ••

Autor: Verlag: ISBN:

Autor: Verlag: ISBN:

Vaclav Smil FinanzBuch Verlag 978-3959727082

Dark Horse Innovation Murmann Publishers 978-3867747554

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VORSCHAU

In der nächsten Ausgabe von business lesen Sie, warum der demografische Wandel und die zunehmende Alterung der ­Bevölkerung wesentliche Auswirkungen auf unsere Gesellschaft haben. Unternehmen sehen zunehmend großes Potenzial, für die vielfältigen Bedürfnisse und Wünsche der „Silver Society“ entsprechende hochwertige Produkte und Dienstleistungen ­bereitzustellen.

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Erscheinungstermin: Dezember 2023


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