PZ_05_09.03.2017

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Es geht um unsere Kinder D

r. Ewald Mair, der bekannte Kinderarzt samt eigener Praxis in Bruneck, hat nach langem Zuwarten Ernst gemacht. Er hat seine Praxis für den gesamten Monat März für allgemeine Patienten geschlossen. Nur mehr Privatpatienten werden behandelt. Einen ähnlich gelagerten Fall gab es vor einem Jahr in Sand in Taufers mit dem dortigen Basiskinderarzt Dr. Michael Panzenberger. An diesem Samstag gibt es ab 8.15 Uhr eine Protestveranstaltung in Bruneck. Schon seit einem Jahr sorgten die unterschiedlichen Interpretationen für Wirbel. Die Rede geht von einer staatlichen Bestimmung, die besagt, dass kein öffentlicher Bediensteter oder mit der öffentlichen Verwaltung – wie dem Sanitätsbetrieb – konventionierter privater Dienstleister mehr verdienen darf als der höchste Amtsinhaber in Italien (der Staatspräsident), muss auch das abrechenbare Honorar von niedergelassenen freiberuflichen Ärzten auf maximal 240.000 Euro "gedeckelt" werden. Mit entsprechenden Auswirkungen für all jene, die diesen Betrag überspringen. Das war vor exakt einem Jahr bei Dr. Michael Panzenberger in Sand in Taufers der Fall. Der dortige Basiskinderarzt mit eigener Praxis beschäftigt seine Ehefrau und hat darüber hinaus – gleich wie sein Kollege Dr. Ewald Mair in Bruneck – eine ganze Reihe an Gerätschaften angeschafft, die er zum Wohle der kleinen Patienten und ergo auch zum Vorteil der öffentlichen Krankenhausstrukturen einsetzt. Darüber hinaus bietet Dr. Panzenberer eine ganze Reihe an medizinischen Zusatzangeboten. Das aber brachte mit sich, dass er die Grenze für seine tägliche Arbeit irgendwann überschritten hatte. In der Folge wurde ihm vom Sanitätsbetrieb nach Erreichen der 240.000 Euro brutto einfach kein Geld mehr ausbezahlt. Ähnlich ist die Situation nun in Bruneck.

Gehaltszahlungen eingestellt

Nachdem Dr. Ewald Mair, der sich derzeit mit dem Sanitätsbetrieb in einer rechtlichen Auseinandersetzung befindet, bereits im Herbst 2016 das „Einkommenslimit“ von 240.000 Euro brutto erreicht hatte, wurden nach „bewährtem Muster“ die Zahlungen an seine Praxis eingestellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass neben der Pro-Kopf-Quote für die kleinen Patienten auch die erbrachten Analyseleistungen abgerechnet werden. Da Dr. Mair wegen der kompletteren Ausstat-

POLITIK & VERWALTUNG

Pustertaler Kinderärzte im Würgegriff

Romina Zurma

Davide Barbieri und Evelyn Svaluto Moreolo

tung und einer eigenen Mitarbeiterin natürlich mehr Leistungen erbringt, muss er auch mehr abrechnen. Das aber drückt sein „Jahresgehalt“ – immer brutto wohlgemerkt – in die Höhe. Da werden also Äpfel mit Birnen munter vermischt. Dabei stellt sich die Frage, ob es nicht zweckmäßig ist, unterschiedliche Kategorien bei den Kinderärzten einzuführen. Und wenn man dazu schon – wie mittlerweile für alles – ein eigenes Gesetz braucht, dann muss halt eines ernsthaft angestrengt werden. Keinesfalls kann das Ganze auf den Rücken unserer Kinder ausgetragen werden. Der Brunecker Kinderarzt hat jedenfalls monatelang ohne Gehalt weitergearbeitet und nun – nach vielen erfolglosen Interventionen – die Praxis für die allgemeinen Patienten für den gesamten Monat März geschlossen. Der Sanitätsbetrieb hat sich zwar nach einem Ersatz umgeschaut. Allerdings ohne Erfolg. Zudem herrscht im Pustertal ohnehin ein Mangel an Kinderärzten. Wie gesagt, hat Dr. Mair eine gut eingerichtete Kinderarztpraxis und eine angestellte Mitarbeiterin. Das hat den Vorteil, dass er viele medizinische Untersuchungen und Analysen selbst vornehmen kann und die Eltern samt Kindern nicht in das Krankenhaus schicken muss. Eigentlich eine Win-Win-Situation für alle Seiten.

Es regt sich Protest

Doch Politik und Sanitätsbetrieb sehen das offenbar anders. Denn auch nach dem Aufschrei von Dr. Panzenberger vor einem Jahr ist bislang keine Besserung der Situation eingetreten. Mittlerweile ist jedenfalls Feuer am Dach. Die Eltern lassen sich die ruppige Vorgangsweise

nicht mehr gefallen und stärken ihren Kinderärzten den Rücken. Davide Barbieri und Evelyn SvaMarco Pellizzari luto Moreolo - beide aus Bruneck, haben nun ad hoc eine Facebook-Gruppe von betroffenen Eltern und interessierten Personen ins Leben gerufen, die mit Stichdatum 6.03.2017 innerhalb kurzer Zeit insgesamt 677 Mitglieder gesammelt hat. Am Samstag, den 11. März wird von 8.15 Uhr bis ca. 15 Uhr im Tschutschenthaler Park eine Art Protestkundgebung stattfinden. Romina Zurma, ebenfalls aus Bruneck und eine der vielen betroffenen Mütter, ist ebenfalls sauer. „Wie mit Dr. Mair umgesprungen wird, ist nicht mehr hinnehmbar“, schimpfte sie.

politik ist gefordert

Gesundheitsministerin Martha Stocker versicherte der PZ gegenüber, dass man das Problem kenne und mit den staatlichen Stellen bereits einige Male erörtert habe. Allerdings müsse man davon ausgehen, dass „mit der Honorarsumme die Grundversorgung für die bei einem einzelnen freiberuflichen Arzt eingeschriebenen Patienten angemessen gewährleistet ist“. Das heißt im Umkehrschluss, dass alle zusätzlichen Leistungen (wie Proben, Analysen, usw.) entweder in den privaten Bereich fließen und ergo auch separat bezahlt werden müssen. Alternativ müssen die kleinen Patienten an die Krankenhausstrukturen verwiesen werden. Da stellt sich schon die Frage, ob das der richtige Weg ist. Viele vermuten ohnehin, dass es sich bei der Einstellung der Gehaltszahlungen um reine Machtspiele handelt. Denn unter der Hand wurde dem rührigen Doktor Mair schon mehrfach gesteckt, dass er „seine Leistungen doch an die der anderen Ärztekollegen anpassen“ sollte. Eine Vorgabe, die bei den Betroffenen, aber vor allem bei den Eltern, auf wenig Verständnis // rewe stoßen dürfte. PZ 0 5 | 0 9. M ä r z 2017

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