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Marie-Luise Caspar und Robert Senn Mit 77 und 79 Jahren frisch zusammengezogen

Zusammenziehen mit 77 und 79 Jahren? «Ja, das geht und macht Freude»

Marie-Luise Caspar und Robert Senn

Robert Senn und Marie-Luise Caspar stehen in ihrer neuen Wohnung in Unterägeri und freuen sich auf das neue gemeinsame Kapitel in ihrem Leben. Das kürzlich erbaute Mehrfamilienhaus steht etwa in der Mitte der 150 Meter Luftlinie zwischen den ehemaligen Wohnungen der beiden. Robert Senn, ein Unternehmer alter Schule, arbeitete sein ganzes Leben und lernte erst durch Marie-Luise Caspar auch die erholsamen Seiten kennen. «Ich habe Ende dreissig zusammen mit einem ehemaligen Stift, den ich zufälligerweise beim Einkaufen getroffen hatte, in Unterägeri eine Sanitärbetrieb auf die Beine gestellt, der heute von meinem Sohn geführt wird. Jahrelang habe ich mich um die Bedürfnisse meiner Kunden gekümmert und dass die Mitarbeitenden Ende Monat ihren Lohn bekamen. Marie-Luise führte mich in die Welt der Künste ein und zeigte mir auf

Marie-Luise Caspar und Robert Senn

«Jeder braucht seinen Freiraum und die Freiheit, Dinge alleine oder mit Freunden zu unternehmen.»

Robert Senn

Reisen, wie vielfältig und aufregend die Welt ausserhalb der Schweiz ist.»

Marie-Luise Caspar wuchs in Benken St. Gallen auf. Sie verspürte schon früh den Drang, die Welt kennenzulernen. Doch der frühe Tod des Vaters zwang sie, als Teenager arbeiten zu gehen, um gemeinsam mit ihrer Mutter für die Familie zu sorgen. Dank einem Legat einer Tante konnte sie die Handelsschule besuchen und ging nach dem Abschluss 1964 nach Lausanne, um als Kellnerin an der Expo zu arbeiten. Pläne, nach England zu gehen, waren aufgrund der familiären Situation nicht realisierbar. So zog sie nach Zürich für eine Stelle in einem Architekturbüro. Dort lernte sie ihren Ex-Mann kennen, mit dem sie einen Sohn hat. Sie erinnert sich: «Mein Traum war es, Lehrerin zu werden und auch die grosse weite Welt zu sehen. Durch den frühen Tod meines Vaters war ich gezwungen, für unsere Familie zu sorgen.» Sie hat sich diesen Traum Jahrzehnte später nach ihrer Pensionierung erfüllt, als sie für mehrere Monate nach Salvador da Bahia in Brasilien ging. Dort unterrichtete sie Kinder in einer lokalen Schule und half mit, den Schulbetrieb zu organisieren. Heute unterstützt sie seit vielen Jahren Pro Senectute Kanton Zug im Rahmen des Projekts «Generationen im Klassenzimmer», wo sie Kinder in verschiedenen Klassen unterrichtet.

Nach einer längeren Zeit in Wädenswil kam sie aufgrund einer kurzen Liaison nach Unterägeri. Da beide an der gleichen Strasse wohnten, lernten sie sich vor zehn Jahren kennen. Aus der anfänglichen Freundschaft entwickelte sich nach dem Tod der Frau von Robert Senn im Jahr 2014 eine Liebesbeziehung. «Ich kann mich noch gut an unseren ersten Kuss erinnern: Robert war in unserem Hauseingang mit Arbeiten beschäftigt, als ich eintrat. Plötzlich küsste er mich. Ich war verdattert und erfreut zugleich», sagt Marie-Luise Caspar schmunzelnd auf den Augenblick angesprochen, als sie sich das erste Mal näherkamen.

Obschon beide ein unterschiedliches Wesen haben, eint beide die Leidenschaft fürs Leben und der Sinn für Gemeinsamkeit. Wobei Robert Senn ergänzt: «Jeder braucht seinen Freiraum und die Freiheit, Dinge alleine oder mit Freunden zu unternehmen.» So haben sich die beiden auch den Entscheid, zusammenzuziehen, reiflich überlegt. Dabei spielte der Umstand eine Rolle, dass Marie-Luise Caspar Probleme mit dem Herzen hatte. Beide sagen: «Den Schritt haben wir aus Liebe zueinander gemacht, im Bewusstsein, dass dies für zwei selbstständige Menschen, wie wir das sind, eine grosse Umstellung bedeutet. Wir haben damit auch ein Bekenntnis, für den anderen da zu sein, abgegeben. Sobald es mal eine Unstimmigkeit gibt zwischen uns, suchen wir nach einer Lösung. Manchmal dauert es länger, aber wir sind beide lösungsorientiert denkende Menschen und akzeptieren den anderen, wie er ist.» •