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Porträts Henriette Fischer und Werner Uttinger Frisch verliebt im hohen Alter
Frisch verliebt im hohen Alter
Henriette Fischer und Werner Uttinger
Beide sitzen mit strahlenden Augen am Tisch in ihrem Zweizimmerappartement im Altersheim Chlösterli in Unterägeri. Henriette Fischer und Werner Uttinger haben sich hier kennengelernt und ineinander verliebt – im Alter von 73 und 87 Jahren. «Wir haben beide immer noch Schmetterlinge im Bauch und freuen uns jeden Tag darüber, dass wir uns kennengelernt haben», sagen beide unisono. Das erste Mal getroffen haben sich die beiden am 31. Januar 2017 im Speisesaal.
Henriette Fischer kam im Herbst 2015 ins Chlösterli, da ihr damaliger Lebenspartner Ernst eine schwere epileptische Erkrankung hatte und stationäre Hilfe benötigte. Die immer noch vitale Frau wuchs in Rothenturm mit vier Schwestern und vier Brüdern auf und entdeckte im Gesangsunterricht in der Schule das Jodeln. «Ich
kann mich noch genau an das erste Lied erinnern, das ich jodeln durfte: ‹Wie bas isch mir dache, so nah am Gletscher zue›. Von da an packte mich das Jodeln», erinnert sie sich. Mittlerweile ist ihre Jodelkunst im ganzen Aegerital bekannt. Über 34 Jahre hat sie im ehemaligen Lungensanatorium Adelheid gearbeitet und war die gute Seele des Hauses, die auf vielen Stationen im Haus mitarbeitete. So fühlt sie sich auch sichtlich wohl im Altersheim Chlösterli und geniesst es, auf der anderen Seite zu sein. «Hier ist es wirklich wie in einem 5-Sterne-Hotel. Das Essen ist ausgezeichnet, die Lagse und Aussicht vom Appartement aus sensationell. Und die Leute kümmern sich richtig gut um uns», erzählt sie. Als Ernst verstarb, musste sie in ein Einzelzimmer umziehen, da Zweizimmerappartements nur Paaren vorbehalten sind im Chlösterli.
Henriette Fischer
Hellwach ist der Geist von Werner Uttinger, Vater von zwei Töchtern, wenn man ihn auf sein Leben anspricht. «Ich hatte immer viel Freude an Autos und machte meine Lehre zum Automechaniker bei der Garage Speck in Oberwil. Im Jahr 1959 kam ich mit 28 Jahren zur Garage Josef Iten in Sihlbrugg, wo ich bis zur Pensionierung arbeitete und als Verkäufer mithalf, die berühmten Tankstellen in Sihlbrugg zu bauen», erinnert er sich. Und fügt als Anekdote hinzu: «Zur Eröffnung schenkte ein Freund Josef Iten einen lebendigen Löwen. Wir mussten dafür dann einen Käfig bauen. Mitarbeitende vom Zoo Zürich unterstützten uns dann, welche Massnahmen wir unternehmen mussten, damit es ihm gut geht.» Nach seiner Pensionierung erkrankte seine damalige Partnerin Margrit schwer und nach vielen Jahren, in den er sie persönlich pflegte, entschieden sie sich für ein Zweizimmerappartement im Chlösterli. «Es dauerte etwa ein Jahr, bis wir im Jahr 2016 ins Chlösterli einziehen konnten», erinnert er sich. Doch kurz darauf verstarb seine Partnerin.
In dieser schweren Zeit unterstützte ihn Henriette, und ihre Freundschaft gewann an Stärke. So unternahmen sie viele Ausflüge zusammen und fuhren auch öfters mal aus. Werner
Henriette Fischer und Werner Uttinger
Uttinger besitzt noch immer den Führerschein. Und er hat die letzte Prüfung beim TCS im Kurs «Fahren im Alter» mit Bravour bestanden. «Wir beide finden, dass wir einen Seelenverwandten gefunden haben», erzählen sie. Auch hätten sie die gleiche Einstellung im Umgang miteinander, wie Henriette ergänzt: «Offenheit, Ehrlichkeit und eine direkte Kommunikation sind uns beiden wichtig. Nichts vor dem anderen verstecken, einander Freiraum lassen und einander akzeptieren, wie man ist.»
Da die Zweizimmerappartements im Chlösterli nur Paaren vorbehalten sind, kam auch für Werner Uttinger bald einmal der Bescheid, dass er in ein Einzelzimmer umziehen müsse. Doch nach einigen Tagen stand der Betriebsleiter, Paul Müller, in der Tür: «Du, Werner, ich habe eine Idee: Wieso ziehen du und Henriette nicht einfach zusammen?» Sie waren anfangs ein bisschen erstaunt ob der Idee. Aber lange haben beide nicht gezögert. Werner erzählt: «Henriette ging für zwei Tage zu ihrer Schwester auf Besuch. In dieser Zeit habe ich mit einem Mitarbeiter des Chlösterli den Umzug gestemmt.» Heute geniessen die beiden ihr spätes Liebesglück, und ab und zu hört man einen stimmungsvollen Jodel aus dem Appartement. •