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VON BAUERNREGELN ÜBER WETTERBERICHTE BIS HIN ZUR IMPROVISATION

In den Kellern des Weinguts Prinz von Hessen lagern verschiedene Holzfässer und Stahltanks, welche jedem Wein eine ganz individuelle Note verleihen.
Die vielfältigen Aufgaben eines Kellermeisters
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TEXT: MONICA DOS SANTOS
Das Weingut Prinz von Hessen in Johannisberg im Rheingau gehört zu den bedeutendsten RieslingProduzenten Deutschlands und ist von Anbeginn seines Bestehens Mitglied im VDP, dem Verband Deutscher Prädikatsweingüter. Zahlreiche Anerkennungen im In- und Ausland reflektieren das hervorragende Qualitätsniveau der Weine und Sekte. Für diese qualitativen Weine ist Sascha Huber, Kellermeister im Weingut Prinz von Hessen, verantwortlich. Mit seiner Expertise und Kreativität schafft er es jedes Jahr aufs Neue ganz besondere Weine herzustellen.

Seit neun Jahren im Weingut Prinz von Hessen: Kellermeister Sascha Huber
Der 39-jährige Kellermeister, der bereits seine Berufsausbildung zum Weinküfer auf dem Weingut Prinz von Hessen absolvierte, trägt seit neun Jahren mit seiner Flexibilität, Spontanität, Stress- und Wetterresistenz sowie Kreativität zu diesem Erfolg bei. Mit seinem Stiefvater, der selbst ein Weingut besaß, wurde Sascha Huber früh dazu inspiriert in das Weingeschäft zu gehen. Diese Inspiration wurde durch seinen Meister, auf den er von Beginn der Ausbildung an hinaufschaute, bekräftigt. Mit seiner Unterstützung begann Sascha Huber seine eigene Ausbildung zum Meister. Zu seinem Lieblingswein zählt der Dachsfilet, dessen Stil er von Beginn an prägen durfte. Dies war jedoch mit der größten Herausforderung seines Lebens verbunden. Zum Kellermeister wurde Sascha Huber nämlich über Nacht aufgrund eines traurigen Schicksalsschlags, welcher zum Ruhestand seines Vorgängers führte. Viel Einweisung gab es da nicht. „Ich wurde nach der Ernte quasi ins kalte Wasser geschmissen und durfte sofort große Verantwortung tragen“, erinnert sich Sascha Huber noch heute sehr gut. Doch mit der Ernte ist die Arbeit noch nicht getan, wie manch einer vielleicht denkt. Das Weingut Prinz von Hessen ist das gesamte Jahr über in Betrieb. Das Weingut produziert bei einer Fläche von 43 Hektar 240.000 Liter Wein im Jahr. Nach der Ernte im Herbst beginnt die Produktion des Weins, bei dem die Trauben mehrere Stationen durchlaufen. Die erste Station ist das Kelterhaus, in dem die Trauben in Keltern gepresst werden. Im Anschluss startet die Gärung des Weines, welche die wohl wichtigste Aufgabe der Weinherstellung ist. Die genaue Dauer des Gärungsvorganges können die Mitarbeiter vorab nicht festlegen. „Offiziell sagt man sieben bis vierzehn Tage, aber wir hatten auch schon Weine, die mehrere Monate am Gären waren“, berichtet Sascha Huber.
Das ist der Bereich, in dem Spontanität, Flexibilität und Kreativität gefragt sind, denn so eine Weingärung läuft nicht immer gleich ab. Was passiert da eigentlich? Der Most wird in Holz- beziehungsweise Edelstahlfässern gegärt. Bei der Gärung wird der Zucker im Most durch
die Hilfe von Hefe und dem Einfluss von Sauerstoff und Temperatur zu Alkohol. „Es ist wichtig, dass die Gärung gleichmäßig verläuft, das heißt, weder zu schnell noch zu heiß, denn sonst entsteht Kohlensäure, was zu Verlust der Aromen führen kann“, erzählt Sascha Huber. Es gibt unterschiedliche Methoden für den Gärprozess wie beispielsweise die Maischegärung, Kaltvergärung oder Spontangärung. „Ich arbeite gerne mit Spontangärung. Zwar ist das Risiko von Gärproblemen hier höher, aber man weiß, wo der Wein herkommt“, so der Kellermeister. Durch eine Spontangärung wird nämlich keine zusätzliche Hefe zugeführt. Der Wein behält somit seine Eigenschaften, die ihn je nach Standort, Jahr und Wetter charakterisieren. „Das macht den Wein jedes Jahr zu etwas ganz Besonderem und ist nicht Mainstream wie die Weine, die immer auf dieselbe Art und mit derselben Hefezufuhr gegärt werden“, lächelt Huber. Noch besonderer wird der Wein, wenn er in einem Holzfass eine Spontangärung durchläuft. „Ich trinke zum Beispiel den Johannisberger Ortswein ganz gerne, weil er durch die Spontangärung und den Ausbau im Holzfass sehr viel Spannung, einen kräftigen Körper und eine leichte Salzigkeit hat, die zum Trinken einlädt“, kommentiert der Kellermeister.
Das Besondere am Gärprozess im Weingut Prinz von Hessen ist die Mischung von Tradition und Moderne, wie man sie bereits von der gesamten Unternehmensgruppe Prinz von Hessen kennt. Während für das Pressen der Trauben Kelter genutzt werden, wird während des Gärprozesses gerne mal die Nase verwendet. So klettert der Kellermeister auf eine Leiter und riecht am Gärröhrchen, um eventuelle Fehlgärungen festzustellen und schnell handeln zu können. „In diesem Beruf muss man spontan und flexibel sein. So eine Spontangärung läuft immer anders ab. Da ist dann auch Improvisation gefragt. Das ist nicht immer leicht für die Familie, da man eigentlich nie so genau weiß, wann man Feierabend hat“, stellt Huber fest. „Das wissen wir hier aber auch alle. Wir haben den Beruf ausgewählt, weil er uns Spaß macht“, lächelt der Kellermeister.

Jeder Gärprozess verläuft individuell und ist nur schwer planbar. Spontanität, Flexibilität und Kreativität sind daher unabdingbar für einen Kellermeister.

„ ICH ARBEITE GERNE MIT SPONTANGÄRUNG. ZWAR IST DAS RISIKO VON GÄRPROB- LEMEN HIER HÖHER, ABER MAN WEISS, WO DER WEIN HERKOMMT.“

Aufgrund der guten Kontrollierbarkeit des Gärprozesses nutzen Sascha Huber und sein Team auch Stahltanks zum Ausbau der Weine.
Die Herausforderungen erstrecken sich über das gesamte Jahr. Denn nach der Gärung im Herbst beginnen im Winter schon die ersten Weinproben und eventuelle Anpassungen. Die Flaschenfüllung muss geplant und vorbereitet werden, damit die Weine im Frühjahr auf den Markt können. „Für die Orts- und Premiumweine lassen wir uns etwas mehr Zeit, da diese erst im Sommer in den Verkauf gehen“, so Huber. Doch neben diesen Aufgaben kommen noch andere alltägliche Arbeiten wie die Reinigungsund Wartungsarbeiten, der Kundenkontakt, die Lieferung und der Versand von Produkten sowie Meldungen an das Weingutamt hinzu. Zudem sorgen Veranstaltungen wie das Morschbergfest, die Rheingauer Weinwoche, Das Fürstliche Gartenfest, FEINWERK – Markt für echte Dinge und diverse Weinmessen für Abwechslung. „Das Besondere an diesem Beruf ist, dass es sehr abwechslungsreich ist und ich kreativ sein kann. Schon zu Beginn wurde mir hier viel Freiheit gegeben und ich durfte viel experimentieren“, erinnert sich Huber. Dass es dabei aber auch stressig werden kann, sollte für niemanden eine Überraschung sein. „Herr Huber ist die perfekte Ergänzung zu meiner Ungeduld. Es braucht genau diese Ruhe und Gelassenheit, wenn es um Wein geht. Herr Huber hat die Erfahrung und das Vertrauen, dass alles so laufen wird, wie wir es uns vorstellen. Wenn ich schon ganz hippelig reagiere, behält er stets sein ruhiges Lächeln“, ergänzt Weingutsdirektorin Bärbel Weinert. Sascha Huber, ein ganz besonderer Mensch, der selbst im größten Stress ein ruhiges Lächeln behält und stets weiß, wie man am Ende des Tages einen ganz besonderen Wein auf den Tisch stellt.