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Zwei Fragen stehen im Raum: Sind alle Bewertungen authentisch oder wird getrickst? Und wie kann man aus dem Wust von Meinungen jene herauslesen, die relevant sind? Es gebe tatsächlich Firmen, welche gegen Bezahlung positive Berichte in Bewertungsplattformen platzierten, sagen mehrere Hoteliers. Zwar behaupten diese, sie setzten Algorithmen ein, welche falsifizierte Beiträge entdeckten. Doch verdienen sie insgesamt mehrere Milliarden Franken im Jahr mit Werbung. Dieses Geschäft, meinen Kritiker, wollte sich die Plattform nicht mit allzu pingeligen Kontrollen vermiesen. Und dann sind Bewertungen «immer eine Momentaufnahme eines Gastes und spiegeln dessen Bedürfnisse und Erwartungen an das besuchte Hotel», sagt Vera Schäfer, die Direktorin des Hotels Kettenbrücke in Aarau. Die individuelle Beurteilung eines Hauses könne deshalb stark schwanken. «Man erlebt immer wieder, dass für das gleiche Hotel oder Restaurant sehr unterschiedliche Bewertungen abgegeben werden», bestätigt Thomas Kleber. Tatsächlich liegen Beurteilungen oft sehr weit auseinander. Nehmen wir als Beispiel jenes Hotel in Luzern, das bei Tripadvisor am schlechtesten bewertet wird: Ein

Gast schreibt, es sei «sehr schmuddelig. Dusche schimmelig und die Betten waren auch mit Flecken / Löchern. Katastrophal.» Ein anderer jedoch hält es für «das ultimative Hotel für Junge und Junggebliebene». Trotzdem findet Thomas Kleber die Bewertungen «für Gäste hilfreich. Je mehr Bewertungen man erhält, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Durchschnittswert realistisch ist.» Wer die Plattformen nutzt, sollte auch darauf achten, wer die Bewertung geschrieben hat, meint Markus Conzelmann: «Es gibt Autoren, die sachlich nüchtern bewerten, andere eher emotional. Dann gibt es Sachverständige, welche unzählige Übernachtungen in Hotels verbringen, und Leute, die vielleicht einmal im Jahr an einem Seminar teilnehmen dürfen.» Wie wichtig die Bewertungsund Buchungsplattformen geworden sind, erweist sich daran, dass viele der angefragten Hoteliers diese auch privat nutzen. Vera Schäfer von der Aarauer Kettenbrücke sagt: «Ich vergleiche immer und lese die Kommentare, jedoch schaue ich auch immer genau, was das Hotel auf seiner Homepage anbietet, weil nur dort die präzisen und aktuellen Informationen vorhanden sind.» Wie man es am besten anstellt, verrät Sorell-Chef Kleber: «Ich nutze Bewertungsplattformen, um mich zu informieren, aber auch zum Bewerten. Meine Reservierung platziere ich aber immer direkt beim Hotel oder auf dessen Webseite.» Allerdings sollen Bewertungen im Internet das direkte Gespräch mit dem Gast keinesfalls ersetzen. Vera Schäfer: «Wir versuchen, den Gast direkt anzusprechen, seine Wünsche oder sein Ärgernis zu verstehen und ihm entgegenzukommen.» Und Jan Stiller meint: «Im persönlichen Gespräch lassen sich nicht nur negative Kommentare schnell bereinigen, auch so manches Missverständnis kann geklärt werden.»

Nice to know !!! Die US-Firma Tripadvisor, gegründet 2000, betreibt unter anderem tripadvisor.de. Hier finden sich Erfahrungsberichte und Fotos von Reisenden zu Millionen von Hotels, Restaurants, Geschäften und Sehenswürdigkeiten weltweit. Holiday­ Check betreibt das deutschsprachige Portal holidaycheck.ch. Trustyou.com filtert Erkenntnisse aus Hunderten von Millionen Reisebewertungen heraus. Trivago.de war 2005 die erste deutsche Meta-Suchmaschine. Sie durchsucht Zimmerpreise von Hunderttausenden Hotels weltweit. Auch bei Internet-Reiseanbietern wie booking.com, ebookers.ch, expedia.ch, hotels.com usw. können Hotels benotet werden.

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