Geschäftsführer Basel 01-2022

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SPORT & FREIZEIT 81

Auch in Chennai ist das Potenzial da, es muss nur gehoben werden.

Panikaktion die halbe Jugendmannschaft auf dem Platz stehen, die mit einigen Spielern aus der zweiten französischen Liga verstärkt wird. Die Ergebnisse sind ernüchternd. Dagegen ist in Freiburg selbst beim Trainerstab das Thema Nachwuchs prominent besetzt. Es gibt einen Verbindungscoach zwischen Jugendarbeit und Profimannschaft. Christian Streich ist nur ein Baustein des Erfolgs. Julian Schuster, der den Job des Verbindungscoachs innehat, ist mindestens genauso wichtig. Wie sieht das Thema Nachwuchs in Basel aus? Läuft es da wie in Stuttgart oder wie in Freiburg? Typisch für die Schweiz würde ich sagen: Irgendwo dazwischen. Der FCB ist eigentlich auch ein Ausbildungsverein. Er konnte und kann viele Spieler, die hier aus der Region kommen, ins Ausland verkaufen. Das verdeutlicht, dass man eine gute Jugendarbeit betreibt. Das geht auch von der Spitze aus. So hat die frühere Präsidentin Gisela Oeri dies wiederholt verdeutlicht. Sie hat dazu ja auch eine Stiftung gegründet, die der Nachwuchsabteilung des Vereins zwischen zweieinhalb und drei Millionen Schweizer Franken zukommen lässt. Jetzt ist immer die Frage, wie die aktuelle Führung die Jugendarbeit bewertet und umsetzt. Man braucht eine gewisse Durchlässigkeit, um auch glaubwürdig arbeiten zu können. Man muss der Jugend auch eine realistische Perspektive geben. Der Nachwuchs strengt sich doch an und will dann wenigstens in Teilen auch belohnt werden. Jugend braucht Motivation. Im Moment habe ich den Eindruck, man weiss beim FC Basel noch nicht, welchen Weg man gehen will. Oftmals habe ich auch den Eindruck, unterschiedliche Fraktionen im Verein behindern sich gegenseitig und liefern sich Diadochenkämpfe. Man muss bereit sein, Kompromisse zu schliessen, ohne an Qualität zu verlieren. Das hört sich theoretisch sehr gut an, ist aber in der Praxis schwer umsetzbar. Der FC Basel hat eine gute Tradition in der Nachwuchsarbeit. Die Akademie ist da und die Millionen von Gisela Oeri sind da. Das reicht aber nicht aus. Aktuell will die Leitung global aufgestellt sein, was die Spieler betrifft. Man bedient sich an der globalen Fussballwelt. Ich sage nicht, dass dies nicht interessant und erfolgreich sein kann. Aber die Frage ist, wo und wie es kompatibel mit dem Ausbildungsverein FC Basel ist. Es ist durchaus kompatibel.

Man muss dann aber auch diese beiden Stränge zusammenbringen und umsetzen. Das Modell Schwarz-Weiss funktioniert nicht. Kommen wir noch zu einem ungewöhnlichen Punkt: Sie waren auch sportlicher Leiter des Indien-Projektes FC Basel – Chennai City FC. Südindien und Fussball bekomme ich aber überhaupt nicht zusammen. Kricket fällt mir als Sportart ein. Wie kam es dazu? Indien ist ohne Frage ein Fussballentwicklungsland. Aber genau aus diesem Grund kann es reizvoll sein, hier aktiv zu werden. Bernhard Burgener als ehemaliger Präsident hat hier eine Chance gesehen. Ich war von der Zusammenarbeit überzeugt, als ich das Potenzial gesehen habe. Es gibt da eine Jugend, die Fussballshirts von Juve, Real oder den grossen englischen Clubs trägt – und zwar in einem grösseren Umfang als hier. Sie haben einen Traum vom Fussballprofi. Die indische Bevölkerung ist jung und will Fussball spielen. Das war und ist mein Eindruck. Einige wenige können es in den nächsten Jahren mithilfe einer professionellen Ausbildung nach Europa schaffen. Grundlage und Leuchtturm ist die Akademie des Chennai City FC. Der indische Fussball ist im Dornröschenschlaf und genau daher muss er wachgeküsst werden. Leider hat man das Projekt abgeben müssen, da es mit Bernhard Burgener verbunden war. Solche Situationen kennt man aus der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit. Ja, dann ist uns auch noch die Pandemie in die Quere gekommen. Auch daher ist das Projekt ins Stocken gekommen. Ich gebe aber das Projekt nicht auf. Die letzten drei Jahre war ich in Südindien und habe viele menschliche Erfahrungen gemacht. Jetzt arbeite ich an einem Projekt, um eine vom Vereinsfussball unabhängige Fussballschule aufzumachen. Dafür braucht es Investoren. Und diese suche ich gerade. Es braucht eine Gesamtfinanzierung für die nächsten vier, fünf Jahre mit einem klaren Plan und einer Strategie. Ich freue mich schon wieder, nach Indien zurückzukehren und jungen Spielern aus Indien eine Karriere in Europa zu ermöglichen. Jetzt kam es doch noch zur Abnabelung des Massimo Ceccaroni vom FC Basel. Wir vom «Geschäftsführer» Basel wünschen ihm viel Erfolg mit dem Projekt in Südindien.

GESCHÄFTSFÜHRER FRÜHLING 2022


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