politikorange gebrandmarkt

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GEBRANDMARKT OKTOBER 2018

UNABHÄNGIGES MAGAZIN ZUR YALLA MEDIA AKADEMIE, HERAUSGEGEBEN VON DER JUGENDPRESSE DEUTSCHLAND E.V. UND EED BE EED


WELCHES EI SCHMECKT BESSER? IHR WERDET ES NIE ERFAHREN, WENN IHR NICHT HINTER DIE SCHALE GUCKT.

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DER FLUCH DES OXYTOCINS

SEKUNDENSCHNELL TEILEN MENSCHEN ANDERE WEGEN IHRER ETHNIE ODER IHRES AUSSEHENS IN GRUPPEN EIN. DOCH SIE KÖNNEN IHREN KOPF NEU PROGRAMMIEREN. HEBA ALKADRI HAT RECHERCHIERT, WIE DAS FUNKTIONIERT.

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ie kann ein Mensch Brot warmherzig mit jemandem teilen und ihn dann kaltblütig als Feind töten? Wie können Nachbarinnen und Nachbarn zu Erzfeinden werden? Es ist einfach, Menschen abzustempeln und über sie zu urteilen. Es ist auch einfach, sie nach unseren Maßstäben zu verurteilen und zu behandeln. Wir haben sie in Konzentrationslager geschickt und vergast. Heute schicken wir sie auf Boote und das Meer verschluckt sie. Nach dem Zweiten Weltkrieg fragten sich viele Forschende, wie der Holocaust passieren und die Bevölkerung dem Regime folgen konnHeba Alkadri im Gespräch mit Samuel Schidem te, obwohl es um Menschen ging, die sie kannten. Waren die Mörderinnen und Mörder neurotisch und geistes- FAKTEN INS GESICHT SEHEN krank? Oder sind normale Menschen fähig, unter gesellschaftlichem Druck „Rassismus gehört zur Geschichte der zu morden? 1963 führte der amerika- Menschen und ist nicht ungewöhnlich“, sagt Samuel Schidem vom Donische Psychologe Stanley Milgram ein Experiment durch, um herauszufinden, kumentationszentrum für Verbrechen im Nationalsozialismus „Topographie ob ein Mensch anderen Leid zufügen kann. Und tatsächlich ist er unter Um- des Terrors“. „Rassismus tritt auf verschiedene Weisen auf, nicht nur bei ständen dazu bereit. verschlossenen oder rückschrittlichen Gesellschaften.“ MENSCHEN TEILEN IN „WIR“ Die Wissenschaft erklärt das BeUND „DIE“ EIN dürfnis unsere Umgebung einzuteilen, „Wir Menschen sind gut zu unserem eige- damit, dass unser Verstand sie nur so nen Stamm, wir sind hilfsbereit und groß- verstehen kann. „Vorurteile sind Teil zügig“, erklärt der Professor für Biologie unserer Wahrnehmung und unseres und Neurologie Robert Sapolsky die bi- Erinnerungsvermögens“, sagt der Soziologische Grundlage von Gewalt. „Aber alpsychologe Jens Förster. Biologinnen anderen gegenüber sind wir feindselig und Biologen glauben, dass wir uns und manchmal grausam.“ so entwickelt haben, weil es für das Sapolsky hält es für unmöglich, Überleben nötig war, zwischen Freund dass der Mensch diese Denkweise än- und Feind zu unterscheiden. Doch Rasdern kann. Denn es liege in seiner Na- sismus darf nicht trivialisiert werden, tur, seine Umgebung in „wir“ und „die“ egal was der ursprüngliche Zweck war. einzuteilen. Versuche haben gezeigt, dass der menschliche Verstand sekun- VERHALTEN FLEXIBEL denschnell das, was er sieht, verarbeiLaut Schidem ist es keine Lösung, Rastet und Menschen wegen ihrer Ethnie und ihres Aussehens in Gruppen ein- sismus zu verheimlichen. Vielmehr müsse man sich ihm stellen. Denn teilt. Das Hormon Oxytocin ist zustän- um menschliches Verhalten zu beeindig, Menschen aneinander zu binden flussen und zu ändern, müssten wir und ihr Vertrauen ineinander zu stär- verstehen, wie Rassismus funktioniert. ken. Das gilt aber nur für die, die wir Eine Erkenntnis der Sozialpsycholoals „wir“ bezeichnen. Wenn wir Oxy- gie ist, dass menschliches Verhalten tocin, das Mütter an ihre Kinder bin- flexibel ist. Sapolsky sagt, dass der menschliche Verstand seine Umgebung det und Menschen an ihre Gruppe, im in nur 20 Sekunden in „wir“ und „die“ Trinkwasser verteilen würden, würden wir die Menschen um uns herum mehr unterteile – nur anhand der Hautfarbe, lieben. Doch ebenso würde unser Hass der Religion, des Alters oder der Nationalität. Er glaubt, dass das unverauf andere steigen. Denn Oxytocin stärkt die Zuneigung zu denen inner- meidlich sei. „Wir müssen zwischen halb der Gruppe und die Abneigung ‚uns‘ und ‚denen‘ unterscheiden. Doch wer zu ‚uns‘ und wer zu ‚denen‘ gegegenüber denen außerhalb.

Foto: Nour Alabras

hört, das kann sehr leicht manipuliert werden, denn diese Einteilung basiert auf fragilen und zufälligen Maßstäben.“ Der Einfluss des Oxytocins ist auf die beschränkt, die wir zu unserer Gruppe zählen. Doch wir sind in der Lage, unsere Definition von Gruppe zu erweitern und andere darin aufzunehmen. Wir können mit dem Oxytocin spielen, anstatt sein Spielball zu sein. Auch der Soziologe Michael Sauter erzählt, dass alle Menschen ihm bei einem Besuch in Daressalam in Tansania zunächst gleich schienen. Doch als er begann, mit ihnen zu sprechen und sie als Individuen kennenzulernen, fingen seine Vorurteile an zu bröckeln. Er war in der Lage, seine Denkmuster zu verlassen. „Kinder spielen im Kindergarten sofort zusammen, ohne dass sie erst zwischen Farben und Gruppen unterschieden“, fügt die Psychotherapeutin Gisela Dinsel hinzu. „Doch die Gesellschaft vermittelt ihnen Stereotype und bringt ihnen bei, zu unterteilen.“ Doch Dinsel sieht eine Lösung: „Wir sind dazu in der Lage, das Programm in unserem Kopf neuzustarten und andere in unseren Kreis aufzunehmen.“

EDI TOR I A L Liebe Leserinnen und Leser, Angriffe auf Kippaträger, unverhohlene Naziparolen, Hetzjagden auf Ausländer: Offen gelebter Rassismus scheint mittlerweile zum Alltag zu gehören – nicht nur in Deutschland sondern weltweit. Allein in Deutschland nimmt die rechtsextremistisch motivierte Gewalt stetig zu. Laut Bundesamt für Verfassungsschutz registrierten Sicherheitsbehörden 2016 allein 1.190 fremdenfeindliche Gewaltaten mit rechtsextremistischem Hintergrund. Fast täglich berichten Medien über solche Geschehnisse. Alle rassistischen Übergriffe geschehen angeblich im Namen der Meinungssfreiheit. Doch Ereignisse wie die Jagd auf Migranten durch Rechtsextreme in Chemnitz Ende August oder Aufmärsche in Köthen Mitte September 2018, bei denen rechtes Gedankengut offen präsentiert wird, haben damit garantiert nichts zu tun. Es stimmt: Das Recht auf Meinungsfreiheit und Demonstrationen ist verfassungsmässig erlaubt. Das ist auch gut so. Dennoch hat kein Mensch das Recht andere auf Grund ihrer Hautfarbe, Nationalität oder Religion auszugrenzen oder gar anzugreifen. Die Würde des Menschen ist unantastbar! Die Mehrheit der Bevölkerung sieht das auch so. Sie steht für Weltoffenheit und zeigt Zivilcourage gegen Rassismus. Genau das gibt jedoch immer wieder Anlass zu Diskussionen: Was ist überhaupt Rassismus? Und was ist erlaubt? Die Redaktion der Yalla Media Akademie hat sich mit dem Thema auseinandergesetzt. In dieser gemeinsamen Ausgabe von politikorange und Eed Be Eed könnt ihr lesen, was Rassismus ist, welche Formen er haben kann und was es für Gründe dafür gibt. Vor allem aber werdet ihr auch sehen, wie Menschen mit Rassismus umgehen und welche Antirassismusstrategien sie entwickelt haben. Wir hoffen, dass wir so einen kleinen Beitrag geleistet haben und über Rassismus aufklären können. Viel Spaß beim Lesen!

Heba Alkadri 24 Jahre

Christina Heuschen und Hussein Al Zoubi (Chefredaktion)

Anstatt uns von der Masse beeinflussen zu lassen, sollten wir aufklären.

IN HALT

»himmlisch«

»politisch«

»Erfahrung«

Wie ein Restaurant zur Integration beiträgt und so Rassismus bekämpft. Seite 4

Im Interview erzählt Canan Bayram, welche Rolle Rassismus im Bundestag spielt. Seite 6

Wie es ist ein, Opfer von Rassismus zu werden. Seite 9

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DER „HIMMEL“ ALS BEGEGNUNGSORT

DAS RESTAURANT „KREUZBERGER HIMMEL“ STELLT AUSSCHLIESSLICH GEFLÜCHTETE MITARBEITENDE EIN. SIE KOMMEN AUS DER GANZEN WELT UND GEHÖREN VERSCHIEDENEN ETHNIEN SOWIE RELIGIONEN AN. DAMIT TRÄGT ES NICHT NUR ZUR ERFOLGREICHEN INTEGRATION BEI, SONDERN KÄMPFT AUCH GEGEN RASSISMUS. VON SOFIA NETT

Andreas Tölke arbeitete 30 Jahre lang als Journalist. Heute ist er Vorsitzender von Be an Angel.

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twas schwerfällig schleppt sich Atheisten. Eines haben die 14 MitarMüller unter den mahagonifar- beitenden jedoch gemeinsam: Sie sind benen Biergartentischen hindurch, die vor nicht allzu langer Zeit als Geflüchsich in Berlin in der Yorckstraße an tete nach Deutschland gekommen. Im der St.-Bonifatius-Kirche aufreihen. „Kreuzberger Himmel“ haben sie einen Die Französiche Bulldogge mit dem Job gefunden. schwarz-weiß gefleckten Fell lässt sich mit einem Seufzer im Restaurant FÜR INTEGRATION UND GEGEN „Kreuzberger Himmel“ nieder. Hier hat DISKRIMINIERUNG sich mittlerweile eine Gruppe junger Männer am Tresen versammelt. In Der 2015 gegründete Verein „Be an Anschwarze Hemden und Kellnerschür- gel e.V.“ rief das Projekt ins Leben. zen gekleidet, warten sie auf die ersten Eine Gruppe von Journalistinnen und Journalisten und Menschen aus dem Gäste des Abends. Kulturbetrieb schloss sich damals zuAus Lautsprechern dringen leise die dumpfen Töne elektronischer Mu- sammen, um Geflüchtete bei ihren sik und aus der Küche schon die er- ersten Schritten in Deutschland zu sten Gerüche. Sie erfüllen die Luft mit unterstützen. Anfangs stellten sie den einem Hauch Minze und in der Pfanne Ankommenden Schlafplätze zur Verfüschmelzender Ghee-Butter. Ein Blick in gung. Im Februar diesen Jahres öffnete die Karte verrät, welche Köstlichkeiten dann das Restaurant. Ziel ist nun die hinter den weißen Schwingtüren, die ganzheitliche Integration. Damit leistet den Gästebereich von der Küche tren- der „Kreuzberger Himmel“ auch einen nen, zubereitet werden: Gerichte aus Beitrag gegen Rassismus. Elegante Lampen hängen tief von der syrischen Küche, wie man sie in Damaskus findet. So sind das auf den hohen Decken. Trotz des durch Reis basierende Festtagsgericht Kab- die hohen Fenster einfallenden Tagesseh, Kibbeh – eine Art Boulette – oder lichts, brennen ihre Glühbirnen. Sie auch ein cremig leichter Nachtisch mit werfen einen matten Schein über die in Grau gehaltenen Tische und ebenwahlweise Vanille oder Schokolade und Nüssen – genannt Mihlaya – fester holzfarbenen Stühle und Bänke. Die Bestandteil des kulinarischen Reper- Wände erstrahlen in einem kräftigen toires. Zubereitet und verteilt werden Kupferrot und verleihen dem Raum die Speisen aber nicht nur von Men- eine warme Atmosphäre. An einer schen aus Syrien, sondern auch aus von ihnen hängt an Kleiderhaken ein Afghanistan, Pakistan und dem Irak. silberner, aus Buchstaben geformter Manche von ihnen sind Muslime, ande- Heliumballon. „Love“ steht darauf. re Hindus, Juden, Christen oder auch Auch die Atmosphäre unter den Mit-

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ungemein. Er senkt den Blick und fährt dann mit einem zögernden Lächeln fort, dass er aber mittlerweile Tanzstunden bei einem aus Israel stammenden Coach nehme. Der Schlüssel zu einem erfolgreichen Miteinander scheint in der Begegnung zu liegen. Diskriminierende Denk- und Handlungsweisen können so merklich eingeschränkt werden. Im „Kreuzberger Himmel“ ist man dabei auch um eine absolute Gleichstellung aller Mitarbeitenden bemüht. Als Tölke als Chef des Restaurants bezeichnet wird, verzieht er das Gesicht. Das kann Adham bestätigen. Mal auf Arabisch, mal auf Deutsch und Englisch beschreibt er, wie es ist, im Team des Restaurants zu arbeiten. „Der Laden geht fair mit Geflüchteten um. Es interessiert hier niemanden, ob Mitarbeiter früher in einem Restaurant gearbeitet haben“. Alle sollen eine Chance bekommen. Tölke erklärt, dass das Auswahlkriterium grundsätzlich die Dringlichkeit einer Ausbildungsstelle oder eines Arbeitsvertrages sei, um Foto: Nafee Kurdi zum Beispiel eine drohende Abschiebung zu verhindern. Dass er bei der arbeitenden scheint alles andere als Auswahl neuer Mitarbeitender somit kühl. Immer wieder dringen Sprach- bisweilen gezwungen ist, als morafetzen, meist auf Arabisch aber auch lische Instanz zu handeln, sieht er als auf Deutsch, und Gelächter von den große Belastung an. Männern am Tresen herüber. Amüsiert schildert der Vorsitzende des Vereins BEGEGNUNGSORT GEGEN Andreas Tölke, wie er nun die Rolle DISKRIMINIERUNG des interkulturellen Vermittlers eingenommen hat. Aufgrund ihrer Herkunft Und dennoch ist die Stimmung gut. Bullseien die Mitglieder seines Teams sehr dogge Müller liegt weiterhin auf dem kühlen Boden unter einem der Tische. unterschiedlich sozialisiert, weshalb man einzelne bisweilen anhalten müs- Tölke, der auf einer der Bänke sitzt, blickt immer wieder zu den Männern. se, sich zu mäßigen oder nicht wegen Sie albern gerade mit einem Feuerzeug jeder Kleinigkeit gekränkt zu sein. So seien einige Afghanen eher reserviert herum und lachen ausgelassen. „Ob und kämpften oft mit dem aufbrausen- wir hier gescheitert sind? Wenn ich mir das so ansehe, sind wir das“, bemerkt den Temperament mancher Syrer. Die Tatsache, dass Tölke selbst jüdischer Tölke schmunzelnd. „Fackel mir bloß Abstammung ist, habe jedoch nie ein die Bude nicht ab!“, ruft er dem jungen Mann mit dem Feuerzeug zu. „Wir sind ernsthaftes Problem dargestellt. zwar versichert, aber nicht so gut“.

JÜDISCH-MUSLIMISCHE BEZIEHUNGEN Mit einem Juden zusammenzuarbeiten, das hätte Rami Adham, der aus Damaskus stammt und über deutsche Freunde von Tölkes Restaurant gehört hatte, sich vor zwei Jahren noch nicht vorstellen können. Der 27-jährige Syrer mit dem dichten schwarzen Haar und dem strahlenden Lächeln arbeitet dort als Serviceangestellter. „In Syrien gibt es sehr viel anti-israelische und antijüdische Propaganda“, erklärt Adham mit ernstem Gesicht. Dass Tölke selbst Jude aber nicht Israeli ist, erleichterte dem Familienvater die Sache anfangs

Sofia Nett 23 Jahre Das Spannende am Journalismus ist, Menschen und Geschichten kennenzulernen, von denen man ansonsten kaum erfahren hätte.


DER KONSTRUIERTE ANDERE

IN DEN GESELLSCHAFTLICHEN, POLITISCHEN UND MEDIALEN DEBATTEN SIND RASSISMUS, ANTISEMITISMUS UND ISLAMISMUS ZUM DAUERTHEMA GEWORDEN. DENNOCH WERDEN SIE DURCHEINANDERGEWORFEN ODER FALSCH VERWENDET. ES HERRSCHT EIN CHAOS DER BEGRIFFE. KATHARINA PETRY KLÄRT AUF.

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is in die 1990er Jahre hinein galt das Apartheid-Regime in Südafrika als klassisches Beispiel für Rassismus. Doch dass auch in Deutschland Rassismus in allen Facetten alltäglich ist, wollte lange niemand wahrhaben, sagt die Erziehungswissenschaftlerin Iman Attia. Das Problem werde auf andere Kontinente, vor allem Afrika und Amerika, verlagert. „Deutschland hat ein Rassismus-Problem“, sagte der SPD-Politiker Stephan Weil dem Tagesspiegel. Aber was ist Rassismus nun?

IDEOLOGIE DER AUSGRENZUNG Laut dem Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e.V. (IDA) ist es „die Summe aller Verhaltensweisen, Gesetze, Bestimmungen und Anschauungen, die den Prozess der Hierarchisierung und Ausgrenzung unterstützen. Sie beruhen auf ungleichen Machverhältnissen.“ Rassismus basiert daher auf einer „wirihr“-Wahrnehmung. Konkrekt heißt das, dass eine rassistisch denkende Person sich selbst in die Gruppe einer

im fünften Jahrhundert nach Christus Gottes Wort empfing. Der Koran ist die Verschriftlichung dessen. Im Gegensatz zur Religion Islam ist der Islamismus eine politische Ideologie. „Islamismus ist eine Sammelbezeichnung für alle politischen Auffassungen und Handlungen, die im Namen des Islam die Errichtung einer allein religiös legitimierten Gesellschafts- und Staatsordnung anstreben“, sagt der Politikwissenschaftler Armin Pfahl-Traughber. Doch entgegen einer weit verbreiteten Meinung sind nicht alle Musliminnen und Muslime Islamistinnen und Islamisten. Genau darauf basiert antimuslimischer Rassismus. Angeblich „orientalisches Aussehen“ oder die arabische Sprache werden zum Ausgrenzungsmerkmal. Der Nahe Osten wird dabei im Gegensatz zum Westen als rückständige Kultur dargeISLAMISMUS NICHT GLEICH stellt. Der Politologe Ozan Keskincilic ISLAM sagt, dass es „jahrhundertealte DualisDoch nicht nur im Zusammenhang mit men zwischen ,Orient‘ und ,Okzident‘ dem Judentum tauchen Definitionspro- und ,dem Islam‘ als Kontrastbild zu bleme auf, sondern auch beim Islam. ,dem Westen‘“ sind, die wie er meint, Der Islam selbst ist eine Offenbarungs- aus „Vorstellungen von Norm und Moreligion. Sie besagt, dass Mohammed ral, Geschlecht, Sexualität, Kultur und

homogenen Mehrheitsgesellschaft konstruiert. Damit grenzt sie sich gleichzeitig von Personen aus einem anderen Land oder einer anderen Religion ab. In der Kolonialzeit wurden so die Sklaverei und Ausbeutung der Menschen in Kolonien gerechtfertigt. Im Zweiten Weltkrieg wurden Jüdinnen und Juden aufgrund ihres Glaubens, dem Unterscheidungsmerkmal zur Wir-Vorstellung der Nationalsozialisten, vernichtet. „Juden“ werden in dieser Ideologie als Bedrohung gesehen, die angeblich versucht die Weltordnung zu ändern. Dieser Hass auf Menschen jüdischen Glaubens heißt Antisemitismus. Nicht zu verwechseln ist dies mit Antizionismus. Dieser richtet sich nämlich gegen den Staat Israel und dessen Gründung, heißt es im Glossar bei IDA.

Religion“ entstanden. Bei antimuslimischem Rassismus schleichen sich häufig Debatten um das Kopftuch ein. So spielen in Aussagen wie der „Islam gehöre nicht zu Deutschland“ Symbole wie das Kopftuch eine große Rolle. Damit wird der Islam plakativ auf einzelne Elemente reduziert, auf die der Hass sich richten kann. Iman Attia fordert daher, dass alle Formen des Rassismus als solche anerkannt werden müssen und nicht als Rechtsextremismus oder Fremdenfeindlichkeit getarnt werden. Rassismus konstruiert das „Andere“ immer negativ, ob nun wegen der Hautfarbe in Südafrika oder wegen einer Kopfbedeckung in Deutschland.

Katharina Petry 20 Jahre ... findet eine Unterscheidung der Begriffe wichtig, um Rassismus benennen zu können.

PERSPEKTIVWECHSEL ERMÖGLICHEN

VOM HASHTAG #METWO BIS ZUR „DEUTSCHEN KARTOFFEL“: EINE SOCIAL-MEDIA-DEBATTE MACHT AUF DEN RASSISMUS IN DER GESELLSCHAFT AUFMERKSAM. DIE REAKTIONEN MACHEN DEUTLICH, DASS NOCH VIEL GETAN WERDEN MUSS. ANTIRASSISTISCHE ARBEIT VERSUCHT IHREN BEITRAG ZU LEISTEN. MELINA KOHR HAT SICH INFORMIERT, WIE DAS FUNKTIONIERT.

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enschen wie dich hat mein Opa früher erschossen“ oder „Schicken Sie sie besser auf die Hauptschule, da ist sie unter ihresgleichen“: Seit Juli verbreiten sich Aussagen wie diese vermehrt in sozialen Netzwerken. Unter dem Hashtag #MeTwo teilen betroffene Menschen ihre Erlebnisse und Erfahrungen mit rassistischer Diskriminierung – im Kindergarten, bei der Ausbildungs- und Wohnungssuche, während Fahrten im Bus, bei Besuchen beim auf dem Amt. Alle halten der Mehrheitsgesellschaft einen Spiegel vor und machen auf noch immer bestehende Einstellungen und Strukturen aufmerksam, die andere Menschen rassistisch diskriminieren. Doch das stößt nicht überall auf Gegenliebe. Viele reagieren abwehrend, gar aggressiv. „Wir haben in Deutschland wenig gelernt und geübt, dass individuelle Geschichten zentral sind und nicht ethnische, nationale oder religiöse. Wenn jemand dann von seinen persönlichen Erfahrungen spricht, schalten viele auf Abwehr. Dann geht es um die

Diskriminierung von ,uns Deutschen‘, also einer Gruppenzugehörigkeit, über die man sich selbst als Opfer stilisieren möchte“, sagt der Ethnologe Wolfgang Kaschuba in der Frankfurter Allgemeinen über die Situation. Genau hier setzt antirassistische Arbeit an.

ANTIRASSISMUSARBEIT ALS LÖSUNGSANSATZ So zeigt sie einerseits Betroffenen von rassistischer Diskriminierung Empowerment-Ansätze, bildet Unterstützungsnetzwerke und stellt Hilfsangebote bereit. Andererseits richtet sich antirassistische Arbeit an diejenigen, von denen rassistische Diskriminierung ausgeht. Auch Jürgen Schlicher bietet mit seinem Unternehmen „Diversity Works“ Workshops, Seminare und Trainings für Einzelpersonen, Schulklassen oder Teams aus beispielsweise Verwaltung, Polizei und Behörden an. Denn der Glaube, dass Rassismus lediglich von Rechtsextremen ausgeht, trügt. „Antirassistische Arbeit soll auch den Angehörigen der

Mehrheitsgesellschaft erlauben zu erkennen, dass sie rassistische Denk-, Vorurteils- und Kategorisierungsstrukturen so tief verinnerlicht haben, dass sie permanent auf- und abwerten“, erklärt der Trainer. Dass sich die eigene Haltung und auch Handlungsweisen ändern, passiere nur dann, wenn Menschen erkennen, dass sie etwas anders machen müssen. Ansgar Drücker vom Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit sagt, dass das Ziel daher ein Perspektivwechsel sei. „Diversitätsbewusste Pädagogik will für das Vorhandensein oder die Möglichkeit verschiedener Perspektiven sensibilisieren, sie will vorhandene oder mögliche Heterogenität bewusst machen und ihre Chancen aufzeigen sowie die oft unbewusste und selbstverständliche Vorannahme, dass alles so ist, wie ich es selbst kenne oder wahrnehme, hinterfragen“, sagt er. Obwohl es durchaus Menschen mit einer geschlossenen rechtsextremen Haltung gibt und es kaum mehr möglich ist, die-

se zu durchbrechen, scheint der viel größere Teil der Menschen empfänglich dafür zu sein, eigene Muster zu reflektieren und zu überarbeiten. Das zeigt auch die große Nachfrage nach Trainings, das wachsende Angebot und die zunehmende Anzahl an Multiplikatorinnen und Multiplikatoren. Vielleicht tragen auch die Berichte unter dem Hashtag #MeTwo ihren Teil dazu bei. Alle haben eine richtige Reaktion gemeinsam: zuhören und lernen.

Melina Kohr 27 Jahre … aus so vielen Perspektiven auf das Thema Rassismus zu schauen, hat auch meinen eigenen Blickwinkel verändert.

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„DIE ECKKNEIPE, WO SICH FRÜHER ALLE GETROFFEN HABEN, GIBT ES NICHT MEHR“

DIE GRÜNE BUNDESTAGSABGEORDNETE CANAN BAYRAM BEZEICHNET SICH WEGEN IHREN TÜRKISCHEN WURZELN SELBST ALS AUSNAHME IN DER POLITIK. KATHARINA PETRY UND PAUL STEGEMANN HABEN MIT IHR ÜBER RASSISMUS IM BUNDESTAG UND MÖGLICHKEITEN FÜR BEGEGNUNGEN GESPROCHEN.

Die Bundestagsabgeordnete bezeichnet die AfD als krassen Ausschlag nach rechts. Rassismus gibt es allerdings auch in anderen Parteien.

FRAU BAYRAM, GANZ DEUTSCHLAND DISKUTIERT ÜBER RASSISMUS. ZEHNTAUSENDE JUNGE MENSCHEN TEILEN IHRE ERFAHRUNGEN AUF TWITTER UNTER #METWO. HABEN SIE ALS TOCHTER TÜRKISCH-KURDISCHER ELTERN IN IHRER KINDHEIT UND JUGEND AUCH ERFAHRUNGEN MIT RASSISMUS MACHEN MÜSSEN? Eher nicht. Ich bin einem kleinen Dorf aufgewachsen, wo wir eine der wenigen Gastarbeiterfamilien waren. Meine erste derartige Erfahrung habe ich im Studium gemacht. Ein Bafög-Sachbearbeiter meinte kurz vor meinem Abschluss zu mir: „Dann fallen Se durch ne Prüfung und dann zahlt der Staat weiter Ihre Kosten.“ Das war für mich ein Ansporn zu bestehen und den Typen nie wieder zu sehen.

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HABEN SIE IN IHRER POLITISCHEN KARRIERE RASSISTISCHE VORFÄLLE ERLEBT?

FAMIERUNG DURCH STEPHAN BRANDTNER VON DER AFD. WAS GENAU IST PASSIERT?

Ja, als ich in der Berliner SPD-Fraktion Es ging in seiner Rede um die Erfasfrauenpolitische Sprecherin war. Als sung von Straftaten mit Messern in der Politik-Neuling hatte ich ein großes polizeilichen Kriminalstatistik. Man Selbstbewusstsein und persönlich wusste schon, dass die Innenmininoch wenige Rassismuserfahrungen. sterkonferenz dies bereits beschlossen Thilo Sarrazin hat als damaliger Fi- hatte. Das Ding war eigentlich erledigt, nanzsenator berechnet, wie viel mehr aber der hat dann so eine rassistische Geld das Land Berlin hätte, wenn man Rede à la „Messermänner“ gehalten. allen Migranten keine Sozialleistungen Daraufhin habe ich eine dagegengewähren würde. Das fand ich super gehalten. Schon als ich zum Pult ging, rassistisch und gegen das Grundgesetz. aber auch während meiner Rede, riefen Auf einmal habe ich gespürt, dass ich Abgeordnete von ganz Rechts: „Natureinen Migrationshintergrund habe. Ich blond?“, „Entspannen Sie sich!“ und bin vor eine Mauer gestoßen, an so ei- „Gehen Sie zum Frisör!“ Ein Kollege, nen Typen, dem Migranten- und Frau- Herr Wendt von der sächsischen CDU, enrechte egal waren. Das war wirklich hat das gehört und mich in seiner Rede ein Ekelpaket. nach einer Frage von Brandtner auch persönlich angesprochen. Er wollte nicht, dass die mit mir so umgehen. Da KÜRZLICH SPRACHEN SIE AUF TWITTER AUCH VON EINER DIF- dachte ich, es ist echt gut, dass er eine Grenze zieht und sich solidarisch zeigt.

Foto: JUNO PHOTO . Julia Nowak

DER BUNDESTAG PRÄSENTIERT IN SEINER AKTUELLEN ZUSAMMENSETZUNG NICHT DIE DEUTSCHE BEVÖLKERUNG: ES GIBT ZU WENIGE FRAUEN UND NICHT MAL JEDER ZEHNTE ABGEORDNETE HAT EINE MIGRATIONSGESCHICHTE. IM GEGENSATZ DAZU HAT JEDER VIERTE DEUTSCHE EINEN MIGRATIONSHINTERGRUND. WARUM IST DIESE BEVÖLKERUNGSGRUPPE SO UNTERREPRÄSENTIERT IM BUNDESTAG? Es ist eine Mischung von verschiedenen Dingen. Auf der einen Seite ist es so, dass es schwieriger ist, wenn man nicht über bestimmte Netzwerke verfügt. Manche Politiker kennen sich schon aus Schul- oder Studienzeiten. Auf der anderen Seite hat es auch was


ZUR PER SON

CANAN BAYRAM wurde 1966 in der Türkei geboren. Aufgewachsen ist sie im Nettetal am Niederrhein, wo sie nach ihrer kaufmännischen Ausbildung über den zweiten Bildungsweg ihr Abitur nachholte. Anschließend studierte sie Jura in Bonn und begann sich in der Fachschaft politisch zu engagieren. 2006 zog Bayram erstmals in das Berliner Abgeordnetenhaus für die SPD ein, wechselte aber später zu den Grünen. Ihre Schwerpunktthemen sind die Migrations-, Integrations- und Flüchtlingspolitik sowie die Rechtspolitik. Seit der Bundestagswahl 2017 sitzt sie als Abgeordnete für den Wahlkreis Kreuzberg-Friedrichshain und Prenzlauer Berg Ost im Bundestag und im Rechtsausschuss Canan Bayram glaubt, dass eine Migrationsquote in der Politik Hürden abbauen würde.

mit Relevanz zu tun. Sich politisch zu präsentieren ist auch nicht für alle gleich wichtig. Interessant ist, dass weder die ehemalige Integrationsbeauftragte der SPD mit türkischen Wurzeln von ihrer Partei in einem anderen Regierungsamt aufgestellt, noch jemand der wenigen Politiker mit Migrationshintergrund seitens der anderen Regierungsfraktionen befördert wurde. Man gewinnt den Eindruck, im Moment geht die positive Entwicklung einen Schritt zurück.

DIE EINZIGE BUNDESMINISTERIN MIT MIGRATIONSHINTERGRUND IST KATHARINA BARLEY VON DER SPD, DIE EIN ENGLISCHES ELTERNTEIL HAT. BRAUCHT ES EINE MIGRATIONSQUOTE IN DER DEUTSCHEN POLITIK? Ich finde eine Quote schon interessant, weil so Hürden abgebaut werden. In meiner Partei haben wir eine Arbeitsgemeinschaft Diversität, die sich mit dem Thema beschäftigt. Die Frauenquote ist fest in der Satzung verankert, die Quote für queere Menschen ist nicht festgelegt – funktioniert aber. Momentan wird aber noch über den Migrationsbegriff gestritten. Wir haben als Grüne mit Ramona Popp eine Migrantin im Abgeordnetenhaus, die in Rumänien zur Welt gekommen und als Jugendliche nach Deutschland gezogen ist. Im Unterschied zu mir hat sie in einem Flüchtlingsheim gewohnt, als sie nach Deutschland gekommen ist. Ich finde schon, dass es etwas anderes ist, wenn jemand wirklich als Geflüchtete nach Deutschland kommt und heute Senatorin bei uns ist. Es gibt Leute, die spielen das runter. Auch in der AG Diversität sagen einige, dass sie eine Deutsche aus Rumänien sei, die nach Deutschland gekommen ist – aber das ist Quatsch. Niemand kann in Frage stellen, dass sie eine krasse Migrationsgeschichte hat. Es wird diskutiert,

Foto: JUNO PHOTO . Julia Nowak

was sind sichtbare Migranten? Ist das ODER BEI DER WOHNUNGSSUCHE. Katharina Barley, ist das Ramona Popp oder bin ich das? Bei mir würden die meisten sagen: „Kein Zweifel, die ist Ja, aber das ist eine Stärke! Die alte Gesogar Gastarbeiterkind, das ist eine ein- neration der Betroffenen meinte noch: deutige Migrantin.“ Bei Ramona würde „Das sind die Deutschen, mit denen haman sagen: „Die hat deutsche Wurzeln, ben wir nichts zu tun, unsere Zukunft liegt in einem anderen Land.“ Die jundie ist jetzt wieder nach Deutschland gekommen“ und bei Katharina Barley gen Leute nehmen es in die Hand und heißt es dann: „Das ist EU, die ist eben sagen: „Ey eigentlich ist das voll das schon optisch oder religionstechnisch schöne Land. Das ist auch unser Land und das wollen wir gestalten!“ Deswegleich.“ gen ist das eine gute Debatte und die junge Generation hat tatsächlich dieWIE WÜRDEN SICH INHALTE IM sen Anspruch: Es gibt eine Welt, da BUNDESTAG ÄNDERN, WENN ist jeder Mensch gleich viel wert. Es DIE LEBENSREALITÄTEN ist unsere Verantwortung, daran zu BESSER REPRÄSENTIERT arbeiten, dass das Wirklichkeit wird, WÜRDEN? egal ob die Menschen Migrationserfahrungen haben oder nicht. Ich bin mir sicher, dass tägliche Herausforderungen anders beantwortet WIE GEHEN SIE BEIM THEMA werden könnten. Wenn Migranten bes- RASSISMUS IN IHREM EIGEser vertreten würden, hätten sie stär- NEN WAHLKREIS UM? kere Stimmen und ihre Themen würden in ihrer Wertigkeit steigen. Als ich Was für mich spannend ist, dass ich noch im Berliner Abgeordnetenhaus diesen Ost-West Wahlkreis habe, der war, gab es wirklich CDU-Politiker, die auch einen hohen Migrantenanteil hat. Es geht darum, dass ich mit allen Grupsich über Antidiskriminierungsgesetze und die Antidiskriminierungsstelle lu- pen vernetzt bin und sie gut repräsenstig machten. Solange Leute denken, tiere. Wenn ich zu einer Initiative gehe, dass die Gesellschaft mit dem Thema die sich für bezahlbaren Wohnraum belastet wird, fehlt offensichtlich das einsetzt, dann gibt es dort Migranten, Bewusstsein dafür, dass die Gesell- genauso wie Ostdeutsche. Es wird sich schaft nur so stark ist wie ihr schwäch- gemeinsam gewehrt. Alle können und sollen einen Raum haben, in dem sie stes Glied. Ich finde, das ist auch eine Ge- ihr Anderssein leben können und man nerationenfrage. Gerade beim Thema einander respektvoll begegnet. Flucht und Internationalität: Die junge Generation hat Erfahrungen im Aus- WAS KANN DIE MENSCHEN land, ein FSJ gemacht oder engagiert AUS DIESEN VERSCHIEDENEN sich in Helferinitiativen. Sie haben ein MILIEUS VERBINDEN, WENN ganz anderes Weltbild und sehen ihre SIE GERADE NICHT DAS GLEIeigene Verantwortung.

CHE ANLIEGEN HABEN?

ALLERDINGS BERICHTET GENAU DIESE ANGESPROCHENE JUNGE GENERATION UNTER DEM #METWO VON IHREN ALLTÄGLICHEN RASSISMUS-ERFAHRUNGEN IN DER SCHULE

Die Eckkneipe, in der sich früher alle getroffen haben, gibt es nicht mehr. In vielen Gegenden gibt es auch diese türkischen Männer-Cafés kaum noch. Was wir heute brauchen, sind staatlich organisierte Begegnungen. Die Alter-

nativen können Nachbarschaftshäuser, aber auch wissenschaftlich begleitete, koordinierte Demokratiezentren sein. Um mal ein Beispiel zu nennen: In Marzahn-Hellersdorf wurde ein Containerstandort eingerichtet. In der Vorbereitung gab es einen Beirat, in dem der Bürgermeister, eine Bürgerinitiative und ein bestehender Träger der Volkssolidarität waren. Dort gab es Abende, wo gefragt wurde: Was bedeutet die Unterkunft, was passiert hier, wie verändert sich unsere Gegend? Dann wurde ein bisschen was Geselliges organisiert, es gab Essen und Trinken. Teilweise haben sich Leute aus demselben Block an diesem Abend zum ersten Mal getroffen und kennengelernt. Es wurden Horrorgeschichten über Flüchtlinge korrigiert, da die Menschen sich selbst vergewissern konnten: Nein, in den Wohnungen ist kein Luxus-Fernseher und nein, die Zimmer sind nicht größer als mein eigenes. Ich glaube, dieses Korrektiv fehlt in manchen Regionen. Wenn man den Staat als Bürger nicht als etwas Positives erlebt, der was tut, dann ist es viel dramatischer, das Gefühl zu haben, dass er mir noch zusätzlich etwas zumutet. In dieser Situation sollte sich der Staat dann fragen: Mache ich eigentlich alles richtig und was ist unsere Idee von Begegnungen?

Katharina Petry und Paul Stegemann, beide 20 Jahre ... möchten sich für das nächste Interview in einer Eckkneipe treffen.

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M EIN UN G

ZWISCHEN ANTISEMITISMUS UND ANTIZIONISMUS

ARABERINNEN UND ARABERN WIRD IMMER WIEDER ANTISEMITISMUS VORGEWORFEN. DOCH WORAN LIEGT DAS? HESHAM MOADAMANI KOMMENTIERT DAS PROBLEM.

Es braucht mehr Aufklärung gegen Antisemitismus – so wie beim Dokumentationszentrum „Topographie des Terrors“.

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m April dieses Jahres beleidigte ein junger Mann arabischer Herkunft einen Kippa tragenden Mann in Berlin und griff ihn körperlich an. Nach dem Übergriff kam es zu einem Aufschrei und das Problem des Antisemitismus in Deutschland rückte wieder in den Fokus. Schnell wurde in Debatten über Rassismus und Antisemitismus gesprochen. Allzu häufig wurde pauschalisiert. Und das ist kein Einzelfall. Immer wieder wird Araberinnen und Arabern Antisemitismus vorgeworfen. Genau hier kommt es zu weiteren Problemen. Der Begriff Antisemitismus ist wörtlich genommen eine Missbildung. Würde man Antisemitismus nämlich wortwörtlich übersetzen, so bedeutete dies die Ablehnung aller, die von Noahs Sohn Sem abstammen. Dazu gehören unterschiedliche Gruppen, die den Nahen Osten bevölkert haben – unter anderem die Aramäer, die Assyrer und die Kanaan. Laut dieser Definition sind also nicht nur Jüdinnen und Juden Semiten sondern auch Araberinnen und Araber. Heute wird Antisemitismus jedoch meist in anderer Form benutzt. Denn der Begriff, der im 19. Jahrhundert im Umfeld des Deutschen Wilhelm Marr entstand, beschreibt nun die Ablehnung von Jüdinnen und Juden als Gruppe.

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MANGELNDES BEWUSSTSEIN Aber warum können arabische Menschen dann Antisemitinnen und Antisemiten sein, obwohl sie auch als Semitinnen und Semiten gelten? Das Problem liegt meiner Meinung nach in einer Vermischung verschiedener Ebenen. So richtet sich die Wut vieler Araberinnen und Araber eigentlich gegen die Politik Israels, da Palästinenserinnen und Palästinenser ihrer Meinung nach ihrer Rechte beraubt werden. Doch obwohl der israelischpalästinensische (arabische) Konflikt eine politische Realität ist, wird er immer wieder auf die Religion bezogen. Klar ist, jeder Mensch kann kritisieren, wie Palästinenserinnen und Palästinensern behandelt werden. Doch die Ablehnung von Jüdinnen und Juden als Religionsgruppe und die Behauptung, dass sie die Welt beherrschen oder die Leugnung des Holocaust sind falsch. Die Leugnung des Holocaust und Gewalttaten sind zu Recht strafbar. Nachdem mehrere arabische Staaten in Krisen gerieten, kamen viele arabische Flüchtlinge mit diesem Gedankengut in westliche Länder. Dies führt nicht nur dazu, dass Flüchtlinge auf eine Mehrheitsbevölkerung treffen, die den Holocaust als schändlichen Teil ihrer

Geschichte verinnerlicht hat, sondern es führt auch dazu, dass Neuankömmlinge Begrifflichkeiten nutzen, die in Deutschland als antisemitisch wahrgenommen werden. Manche von ihnen sind sogar gewaltbereit. Sie sind oft Opfer ihres mangelnden Wissens. Medien haben in ihrer Rolle versagt, ihnen die Unterschiede zu verdeutlichen. Darüber hinaus haben aggressive, religiöse Prediger die Situation missbraucht und ihre hasserfüllten Botschaften verbreitet. Leider haben viele Menschen diese verinnerlicht.

Foto: Nour Alabras

Missbrauch des israelisch-palästinensischen Konfliktes gibt. Aber egal in welcher Form Antisemtismus auftaucht, er ist grundsätzlich nicht tolerierbar. Insgesamt braucht es eine stärkere Aufklärungsarbeit: Es muss sowohl über Antisemitismus als auch über Antizionismus aufgeklärt werden.

ANTISEMITISMUS HAT VIELE GESICHTER In diesem Zusammenhang sollte man beachten, dass Antisemitismus nicht genuin etwas Arabisches oder Muslimisches ist. Antisemitismus hat eine viel ältere Geschichte. So warfen Christinnen und Christen Jüdinnen und Juden im ersten Jahrhundert nach Christus vor, Jesus gekreuzigt zu haben. Allein aus diesem Grund wurden Jüdinnen und Juden aus vielen Teilen Europas in die ganze Welt – auch in arabische Länder – vertrieben. Ich finde, dass es zu viele Missverständnisse rund um den Begriff des Antisemitismus und einen zu starken

Hesham Moadamani 27 Jahre ... findet Aufklärungsarbeit im Bereich Antisemitismus wichtig.


RASSISMUS MAL ZWEI

SIE HABEN NICHT DEN GLEICHEN GLAUBEN, WOHNEN IN VERSCHIEDENEN LÄNDERN UND SIND ANDERS AUFGEWACHSEN. DENNOCH HABEN SIE EINS GEMEINSAM: HODA ALSHUAIBI UND YARA SAEED WURDEN OPFER VON RASSISMUS. JILAN ALSAHO BERICHTET.

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ch fuhr gerade die Rolltreppe hinunter. In diesem Augenblick spuckte eine Frau auf meine Klamotten und Hände und beschimpfte mich. Dann ging sie weiter. Ich konnte ihre Nationalität nicht ausmachen, obwohl sie Deutsch sprach“, erzählt Hoda Alshuaibi. Sie sei auf dem Weg von der Schule nach Hause gewesen, als der Übergriff passierte. „Als Geflüchtete erlebe ich so etwas häufiger“, sagt Alshuaibi. Sie glaubt, dass sie Opfer dieses Übergriffs geworden sei, weil sie ein Kopftuch trug. Alshuaibi ist aus Syrien geflohen. Heute lebt sie in Hamburg. „Menschen haben vor allem Vorurteile, was die Religion betrifft. Das ändert sich dann, wenn sie mehr und mehr Geflüchtete kennenlernen und durch den Umgang mit ihnen bemerken, dass ihre Vorurteile falsch sind.“

RASSISMUS IST VIELFÄLTIG Alshuaibis Erlebnis ist nur eine Form von Rassismus, doch bei weitem nicht die einzige. Denn es geschieht auch

und in anderen Teilen der Welt. Das zeigt die Geschichte von Yara Saeed aus Syrien. „Als ich in der Schule war, lebte ich in einem Teil der Stadt, der vor allem von konservativen Muslimen bewohnt wurde“, erzählt Saeed. Sie selbst ist Drusin. Aus diesem Grund sei sie von vielen Aktivitäten ausgeschlossen worden, an denen ihre Freundinnen in der Schule teilnahmen. „Was mich am meisten verletzte, war, dass meine beste Freundin mich nicht mehr treffen durfte, nur weil ich einen anderen Glauben hatte. Das ist nicht ihre Schuld, denn ihre Familie bekam Angst, wenn sie Freunde hatte, die einer anderen Religion angehörten. Sie glaubten, dass Vielfalt schlecht für alle sei.“ Oft habe sie versucht, mit der Familie ihrer Freundin zu sprechen und sie zu überzeugen, dass ihre Freundschaft nichts mit Religion zu tun habe, fährt Saeed fort. „Doch leider war die Macht der Ablehnung gegenüber Andersartigem größer. Doch das, was ich erlebt habe, gilt nicht für alle Teile Syri-

ens. Als wir in eine andere Gegend umzogen, konnte ich gesunde und soziale Beziehungen aufbauen.“

EIN PROBLEM, UNTERSCHIEDLICHE REAKTIONEN Obwohl beide Frauen mit Rassismus konfrontiert wurden, reagierten sie nicht gleich. Alshuaibi erschrak, ihr Körper erstarrte. Sie konnte einfach nicht reagieren. Sie sah sich nur um, ob jemand anderes gesehen hatte, was passiert war – nur um sicherzugehen, dass es kein Albtraum war. „Als mir klar wurde, was passiert war, wurde ich sehr traurig. Ich brauchte zwei Tage, um darüber hinwegzukommen. Ich fühlte mich abgelehnt“, sagt Alshuaibi heute. Saeed sagt hingegen: „Für mich war das eine gute Erfahrung, auch wenn ich das damals natürlich nicht so empfand. Nachdem diese Phase jedoch vorbei war, erkannte ich, dass alle Interaktionen im Leben auf gegenseitigem Respekt basieren müssen. Nur dann können wir

diese Probleme lösen.“ Auch Alshuaibi glaubt daran, dass man Vorurteile bekämpfen muss. In diesem Fall trügen die Menschen, die Rassismus erfahren haben, eine Verantwortung. Denn sie können andere dazu bewegen, ihre Vorurteile zu überdenken. Doch wieviel Zeit und Energie werden wir brauchen, um Menschen zu einem Umdenken zu bewegen?

Jilan Alsaho 18 Jahre ... fragt sich, welchen Preis Menschen noch zahlen müssen, damit Rassismus endlich der Vergangenheit angehört.

DIE VERTEUFELUNG DER GEFLÜCHTETEN

IMMER WIEDER WIRD DIE SCHULD FÜR DEN AUFSTIEG DER AFD ZUR NUN ZWEITSTÄRKSTEN POLITISCHEN KRAFT IN DEUTSCHLAND DEN MEDIEN ZUGESCHOBEN. IHAAB HAJ KHALF HAT RECHERCHIERT, WORAN DAS LIEGT.

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iele kritische Stimmen wurden in hätten. Sie hätten negative Begriffe der Euphorie der ersten Wochen verwendet, um arabische und musliund Monate nicht gehört oder sie wur- mische Gefllüchtete zu beschreiben. den als rassistisch oder rechtsnational „Medien waren der Katalysator dafür, abqualifiziert. Das war ein Fehler“, sagt dass sich Bürger zunehmend für diese Frank Bachner vom Tagesspiegel, wenn Themen interessierten“, sagt er. Dener die Berichterstattung über Geflüch- noch glaubt Schidem nicht, dass sie für tete im Sommer 2015 betrachtet. Vor den Ausgang der Wahlen verantwortallem öffentlich-rechtliche Medien ha- lich waren. ben gravierende Fehler begangen, glauForschungen der Technischen ben die meisten Medienwissenschaftle- Universität München zeigen hingegen, rinnen und Medienwissenschaftler. dass es zumindest einen ZusammenLaut einer Studie des Magazins hang zwischen der Berichterstattung „Monitor“ setzten sich mehr als die und den Ergebnissen von MeinungsHälfte der politischen Diskussions- umfragen gibt. Der Studienleiter Simon runden 2016 mit der AfD und ihren Hegelich erklärt: „Wir untersuchen, Haupthemen Flüchtlinge, Islam und wie oft die AfD in Medien erwähnt Terrorismus auseinander. wurde und stellten fest, dass dies eine Auswirkung hatte. Je mehr die AfD in Medien erwähnt wurde, desto besser MEDIEN ALS KATALYSATOR wurden innerhalb von fünf Wochen Samuel Schidem vom Dokumentations- ihre Ergebnisse in den Umfragen.“ zentrum für Verbrechen des NationalBernd Gäbler von der Universisozialismus „Topographie des Terrors“ tät Bielefeld sagt, dass die Grenzübersagt, dass Medien Geflüchtete durch schreitungen der AfD absichtlich geweihre Rhetorik aber auch dämonisiert sen seien. Die AfD habe diese Strategie

intern geplant. „Damit schaffte sie es, dass Journalisten über die Provokationen und angeblichen Fehler der Rechten berichteten und ihnen eine Bühne gab, auf der sie sich vor ihren Anhängern als Opfer darstellen konnten,“ erklärt er.

rungen der AfD sind aber als bewusste Provokation angelegt. Auf sie sollte man nach Möglichkeit gar nicht oder nur sehr zurückhaltend eingehen.“

NICHT IN DIE FALLE TAPPEN Aber wie sollen Medien vorgehen, um nicht der Strategie der AfD zu folgen? Gäbler rät Medienschaffenden, sich nicht missbrauchen zu lassen. Dennoch dürfe die populistische, extreme Rechte nicht marginalisiert werden. Die Berichterstattung müsse objektiv bleiben. Frank Bachner glaubt, dass dieses Problem nie zufriedenstellend gelöst werden könne. „Es ist stets eine Abwägung. Verschweigt man zu viele Dinge, die die AfD sagt, dann provoziert man den Vorwurf, dass Medien bewusst manipulierten und die Realität nicht entsprechend abbildeten. Viele Äuße-

Ihaab Haj Khalf 27 Jahre ... fragt sich, ob Medien nun darauf achten, ob sie mit ihren Publikationen die Stimmung in der Bevölkerung beeinflussen.

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NICHT ERWÜNSCHT

DER LIBANON BIETET PALÄSTINENSERINNEN UND PALÄSTINENSERN SEIT 1948 EINEN ZUFLUCHTSORT. SEIT EINIGER ZEIT SIND AUCH SYRISCHE GEFLÜCHTETE DAZUGEKOMMEN. DIE RESSOURCEN WERDEN KNAPP, LÖSUNGEN GIBT ES KAUM. EINE FOLGE: RASSISMUS. PAULINE JÄCKELS BERICHTET, WIE DAS AUSSIEHT.

Auch Romy Samman hört immer wieder, dass er nach Syrien zurückgehen solle.

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irgends akzeptiert man uns. In der Bekaa-Region wurde ich angefeindet, weil ich ein Christ bin, in Beirut haben sie ein Problem mit mir, weil ich aus Syrien komme“, sagt Romy Samman. Obwohl der Libanon seit Ausbruch des Krieges zunächst mit offenen Armen aufgenommen hat, sind Syrerinnen und Syrer in ihrem Nachbarland mittlerweile eher unerwünscht. Auch Samman hört immer wieder, dass er nach Syrien zurückgehen solle. Die Stimmung ist gereizt. So wird die soziale Spannung, die seit dem Bürgerkrieg im Land herrscht, durch die hohe Zahl an Flüchtlingen immer größer. Die wirtschaftliche Lage ist prekär. Denn im Libanon gibt es nicht nur rund eine halbe Million Palästinenserinnen und Palästinenser, die nach 1948 in das Land flüchteten. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks UNHCR hat das Land seit 2011 außerdem ungefähr eine Million syrische Geflüchtete aufgenommen. Romy Samman ist einer von ihnen. Vor drei Jahren floh er aus seiner Heimatstadt Damaskus in den Libanon, um dem Militärdienst in der Assad-Armee zu entkommen. Das Leben im Libanon, so erzählt er, sei jedoch nicht, wie er es sich vorgestellt hatte.

RASSISMUS ALS ALLTAGSPROBLEM „Rassismus war im Libanon schon immer ein großes Problem. Dabei waren die Hauptbetroffenen bisher vor

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allem Palästinenserinnen und Palä- sie damit nicht. Vielmehr werden sie stinenser und Arbeitskräfte aus dem häufig mit unerfüllbaren Auflagen konsüdostasiatischen Raum“, sagt Wadih frontiert. Al-Asmar vom libanesischen Zentrum für Menschenrechte. Die hohe Zahl an RECHTLICHER STATUS syrischen Geflüchteten habe aber den UNGEKLÄRT Rassismus verstärkt. Mittlerweile denken die meisten, dass das Land keine „Wir haben keine rechtlichen Rahmenbedingungen für Flüchtlinge hier im LiMenschen mehr aufnehmen könne. Sie banon, was zu rechtlicher Diskriminiesagen, sie haben keine Jobs. Rassismus sei in der Öffentlichkeit lauter und all- rung gegenüber allen Geflüchteten, die täglicher geworden, kritisiert Al-Asmar. hierherkommen, führt. Sie werden zu Auch Samman hat die Erfahrung ge- Staatenlosen und es ist sehr schwierig macht: „Auf der Suche nach einem Job eine Arbeitserlaubnis zu bekommen, wurde mir immer wieder gesagt, Syrer was viele in die Illegalität zwingt“, beseien hier nicht erwünscht. Auch bei stätigt Al-Asmar die Situation. Immer öfter kommt es in den der Wohnungssuche hat mir ein Verletzten Jahren laut einem Bericht von mieter gesagt, in seinem Haus seien Human Rights Watch sogar zu gewaltnur Libanesen willkommen.“ tätigen Übergriffen von Libanesinnen Doch nicht nur die alltäglichen Anfeindungen der libanesischen Bürge- und Libanesen auf syrische Geflüchtete rinnen und Bürger, sondern auch das und auch humanitäre Helferinnen und Rechtssystem macht es Geflüchteten Helfer. Allein im September letzten aus Syrien schwer, ein würdevolles Le- Jahres wurden demnach 24 solcher Fälben in ihrer neuen Heimat zu führen. le an Behörden gemeldet. Die meisten Denn der Libanon hat weder die 1951 Übergriffe blieben laut Human Rights beschlossene Genfer Flüchtlingskon- Watch aber unbekannt, da die Betrofvention je unterzeichnet, noch gibt es fenen oft Angst vor der Polizei hätten. Al-Asmar fordert deshalb, dass laut dem Issam Fares Insitute for Public Policy and International Affairs aktiver gegen Rassismus im Land vornationale Gesetze im Hinblick auf den gegangen werden soll. „Wir dürfen es nicht zulassen, dass die Öffentlichkeit Umgang mit Geflüchteten. Und so werden Syrerinnen und auf eine solch diskriminierende Art Syrer offiziell nicht als Flüchtlinge, und Weise gegen Syrer und Menschen wie in der Flüchtlingskonvention defi- anderer Herkunft hetzt. Dagegen brauniert, anerkannt, sondern rechtlich als chen wir Gesetze,“ sagt er. In der Tat Vertriebene oder „displaced persons“ ist die Situation schwierig. So gibt angesehen. Ein Recht auf Arbeit nach es zum Beispiel keine Gesetze gegen der UN-Flüchtlingskonvention haben Hatespeech im Internet oder in den

Karrikatur: Hussam Sara

Medien sowie gegen Verbrechen, die aus rassistischen Motiven heraus begangen werden. Politische Lösungsansätze gibt es nicht. Romy Samman hat bereits aufgegeben. Im Interview per Skype fragt er, ob ihm nicht jemand helfen könne, nach Europa zu gelangen. „Ich versuche irgendwie das Land zu verlassen, nach Syrien kann ich nicht zurück gehen. Aber hier ist die Situation unerträglich.“

Pauline Jäckels 19 Jahre ... Es liegt in der Verantwortung unserer Generation, gegen Rechtsdruck und Ausländerhass anzukämpfen.


M EIN UN G

DEUTSCHLAND, DU HAST EIN PROBLEM

DIE LIBERALE, FREIHEITLICH-DEMOKRATISCHE MEHRHEITSBEVÖLKERUNG REAGIERT SCHOCKIERT UND EIN BISSCHEN GEKRÄNKT AUF DAS ERSTARKEN VON RECHTEN KRÄFTEN IN DEUTSCHLAND UND EUROPA. DAS RASSISTISCHE FUNDAMENT HAT SIE ALLERDINGS SELBST GELEGT, FINDET PAUL STEGEMANN.

D

er Deutschaufsatz ist ja gut geworden – gut für einen Türken“, sagt die Lehrerin einer achten Klasse in Frankfurt. In Bremen greift eine ältere Dame in die Haare der seit zehn Jahren in Deutschland lebenden Äthiopierin und auf YouTube läuft die neue Werbung von Hornbach, die mit dumm wirkenden dunkelhäutigen Mienenarbeitern im Körper des weißen, starken Mannes wirbt. „Jabba-ja-ja-jippie-jippie-jeah.“

mus ablehnenden Erziehung. Die deut- „die“ alle anderen, die auch hier leben, sche Mehrheitsbevölkerung denkt, sie aber irgendwie nicht so richtig dazu gesei liberal und sehr tolerant. Doch der hören sollen. Blick ist trüb. Er ist eng und unreflektiert: Deutschland hat ein Rassismus- GEFAHR DES GESAGTEN Problem. Undifferenzierte Bilder und Aus- Es ist diese Art der Sprache und der sagen, die gerne mit diesen eigenen unreflektierte Gebrauch von eigenen Erfahrungen belegt werden, vertiefen Erfahrungen oder Annahmen als alldie Gräben in unserer Gesellschaft. Um gemeine Fakten, die Geflüchtete und Sichtweisen zu vereinfachen, pauscha- Menschen mit Migrationshintergrund lisieren und bedienen sich ihre Nutze- stigmatisieren. Damit fördern wir unrinnen und Nutzer an Stereotypen – oft terschwellig die Ausbreitung von Rasmit dem Zusatz, dass die Simplifizie- sismus und Hass in der Gesellschaft. SELBSTGERECHTE rung nicht böse gemeint sei, sondern Mehr noch: Wir legitimieren und förWAHRNEHMUNG DER dass man die Kultur des Anderen sehr dern sie sogar. Somit sind wir auch verWIRKLICHKEIT schätze. Verstärkt werden diese Stereo- antwortlich für alle negativen Folgen, Gleichzeitig genießt man in Deutsch- type durch die Benutzung unbedachter die man mit geöffneten Augen bereits land die kulinarische Vielfalt. Unzäh- Worte, deren rassistisches Ausmaß wir an jeder Ecke sehen kann. lige Jugendliche fliegen jedes Jahr unterschätzen. Die Aufgabe einer jeden Person um die Welt, um „einfach mal etwas Denn diese ständige Kategorisie- muss es deshalb sein, bewusst mit der anderes sehen“ und die Eltern sehen rung fördert klare Grenzen zwischen Verwendung von Worten, Bildern und diesen Drang ihrer Kinder als Zeugnis „uns“ und „den Anderen“. „Wir“ seien sonstigen subjektiven Erfahrungen ihrer ach so weltoffenen und Rassis- die „Bio(graphie)-Deutschen“ und umzugehen. Wir haben die Verantwor-

tung, dafür zu kämpfen, dass niemand menschenfeindliche Ideologien durch unsere Leichtfertigkeit weiterverbreiten kann. Anderenfalls vergrößert sich unser Problem, bis es unlösbar ist.

Paul Stegemann 20 Jahre ... kommt aus einem Dorf bei Hannover, aber seine Großmutter kommt eigentlich aus Ostpolen (Schlesien).

NATIONALITÄT ALS PROBLEM

MENSCHEN AUS ALLEN LÄNDERN LEBEN IN DEUTSCHLAND. WELCHE ROLLE SPIELT DA NOCH NATIONALITÄT? AARON S. KRINGS IST DER FRAGE NACHGEGANGEN.

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atrie, bezeichnet die Entwicklung eines aber es ist nicht bedeutungslos!“ TheBewusstseins über sich selber als den oretisch sei er Pakistaner, praktisch Kernpunkt für die Bildung einer eige- nicht. Der Ort an dem er lebt, mache nen Identität. „Einflussfaktoren wie es für ihn aus. In Pakistan sei er mehr das Umfeld und Interaktion spielen „der Deutsche“, in Deutschland eher dabei die größte Rolle. Identität ist nie „der Pakistaner“. Wieczoriek, dessen zu Ende“, sagt Neidhardt. „Sie ist eine Eltern aus der Türkei kommen, hat das Entwicklung!“ Diese Entwicklung ste- gleiche Problem: „Ich fühle mich Berhe immer in Abhängigkeit zur Zugehö- lin zugehörig. Ich würde nicht sagen, rigkeit zu einer Gruppe. Carla Wagner dass ich Deutscher, Kurde oder Türke kann das bestätigen. Für die Studentin bin, das wäre vielleicht rassistisch.” kommt es dabei aber immer auf die Dennoch werden beide immer wieder Situation an: „Wenn ich in den USA mit Nationalität und den damit einherbin, dann fühle ich mich dem Sprach- gehenden Vorurteilen konfrontiert. raum Deutschland zugehörig. In solchen Kontexten, wie #metoo dann eher MIT VORURTEILEN ERTAPPT Frauen.“ Das ist nicht ungewöhnlich. Im- Für Charlotte Neidhardt stellen Vormer wieder werden Kulturraum, Tra- urteile nur fehlende Neugier dar und ditionen und Philosophie eines Lan- existieren rein aus Bequemlichkeit – des zum identitätsstiftenden Merkmal. schon existierende Urteile werden einLaut dem statistischem Bundesamt fach angenommen. Carla Wagner stimmt dem zu. Das leben 10,6 Millionen Menschen aus aller Welt in Deutschland. Auch Arsalan Auseinandersetzen und Kennenlernen IDENTITÄT GLEICH Jamil ist einer von ihnen. Seit fünf Jah- einer Person sieht sie als den wesentNATIONALITÄT? ren lebt er in Deutschland, aufgewach- lichen Kernpunkt, um Vorurteile zu Wenn man versucht Identität zu defi- sen ist er in Pakistan. entkräften. Ausnehmen will sie sich nieren, fällt man immer wieder auf die Doch er sieht Nationalität kritisch: aber davon auch nicht: „Klar habe Biografie zurück. Charlotte Neidhardt, „Es ist ein gemachtes Konstrukt. Es ist ich Vorurteile. Manchmal ertappe ich Fachärztin für Neurologie und Psychi- zwar Zufall, wo ich aufgewachsen bin, mich da auch bei. Wenn ich zum Bei-

lötzlich lag eine Bibel auf dem Tisch von Davuthan Wieczoriek. „Hier, lies mal was Sinnvolles“, sagte sein Mitschüler nur dazu. Immer wieder erlebt Wieczoriek solche rassistische Situationen – alles auf Grund von Vorurteilen gegenüber Religionen oder Nationalitäten. Wieczorek schließt sich nicht aus. Auch er habe Vorurteile: „Der Russe trinkt Wodka, der Araber geht gerne in die ShishaBar.“ Differenzen sind normal, das Zusammenleben funktioniert nicht überall. Doch wenn Vorurteile zu Ausgrenzung und Rassismus führen, wird es mehr als problematisch. Was aber haben diese Vorurteile mit der Identität einer Person zu tun? Und spielen nationale Identitäten und Vorurteile einem Land gegenüber im Zusammenhang mit Rassismus eine so große Rolle?

spiel davon ausgehe, dass jemand nicht deutsch spricht, weil er nicht weiß und mitteleuropäisch aussieht.“ Vorurteile einem Land und damit einer Identität gegenüber, sind also auch immer in gewisser Weise ein Rassismusproblem. Aber was fehlt? Die Bereitschaft zu revidieren, zu evaluieren, Situationen und Gespräche zu nutzen. Für Arsalan Jamil, Davuthan Wieczoriek und Carla Wagner ist klar, dass Kontakt die Lösung ist. „Wenn wir alle in so einem super Austausch stehen würden, gäbe es vielleicht weniger Rassismus!“, sagt Wagner.

Aaron S. Krings 22 Jahre ... hätte gerne einen Pass mit der Nationalität Mensch.

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NICHT ORTSGEBUNDEN

JUNGE SYRERINNEN UND SYRER WERDEN SENSIBLER, WAS RASSISMUS ANGEHT. ABER WIE SIEHT ES FÜR SIE AN DER UNIVERSITÄT ODER IM PRIVATLEBEN AUS? KINORA TOUMA HAT SICH UMGEHÖRT.

Nicht allen Menschen stehen die Türen offen: Viele erleben Rassismus.

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ie gesellschaftliche Lage ist angespannt. Ob beim Job, in der Universität oder im Privatleben: Rassismus scheint überall salonfähig zu werden. Doch egal an welchem Ort es geschieht, Rassismus vermittelt Betroffenen ein Gefühl von Minderwertigkeit, weil sie einer bestimmten Gruppe zugeordnet werden, auch wenn sie sich nicht selbst dazu entschieden haben. Im schlimmsten Fall hält es sie sogar davon ab, ihre Rechte einzufordern. Gerade junge Syrerinnen und Syrer scheinen immer häufiger ein Problem damit zu haben.

INSTITUTIONELLER RASSISMUS Razan Rida studiert an der Fakultät für Elektrotechnik der Universität Bochum. Sie macht sich große Sorgen, wenn sie mitbekommt, dass an ihrem Können gezweifelt wird, weil sie Syrerin ist und in einem technischen Bereich studiert. Die Professorinnen und Professoren glaubten nicht, dass sie ihren Abschluss machen würde. Ein Dozent sagte sogar: „Lern erstmal Deutsch. Dann geh an eine andere Uni, denn hier wirst du keinen Abschluss schaffen.“ Das geschah vor drei Jahren. Mittlerweile steht Rida kurz vor ihrem Abschluss. Ihre Erfahrung belastete sie psychsisch und sozial sehr. Sie sieht darin auch den Grund, warum sie es schwer hatte, Beziehungen zu ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen

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aufzubauen. Doch Rida führt dies nicht auf Rassismus zurück. Es seien lediglich Vorurteile, die Deutsche gegenüber syrischen Geflüchteten hätten. Oft musste sie erklären, dass Syrien aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen bestehe und dass man nicht alle Menschen in eine Schublade stecken dürfe, sagt Rida. Denn das sei ungerecht und unmenschlich. Auch Ahmed Al Deen erlebte Rassismus an der Universität. Er glaubt, dass sein BaföG-Antrag aus diesem Grund nicht genehmigt worden sei. „Die Mitarbeiterin sagte mir, ich müsse neben dem Studium arbeiten“, erinnert sich Al Deen. Er antwortete, dass er studieren wolle, um etwas in Deutschland aufzubauen und einen Beitrag zu leisten. Er könne nicht gleichzeitig arbeiten und Medizin studieren, da es ein schwieriges Studium sei – vor allem da Deutsch nicht seine Muttersprache sei. Die Reaktion der Sachbearbeiterin? „Deutschland braucht dich nicht, studiere und geh in dein Land zurück“, sagte sie. Er beauftragte einen Anwalt mit seinem Fall. Nach wie vor wartet er auf eine Entscheidung des Gerichts.

ABSEITS DER UNIVERSITÄT Sandy Jomra hingegen erlebte keinen Rassismus an der Universität. Sie glaubt auch, dass Rassismus eine negative Eigenschaft ist, findet aber,

Foto: Nour Alabras

dass man diese ignorieren sollte. Jeder Mensch könne unabhängig von seiner Religion und seiner Sitten in der Gesellschaft vorankommen. Sie sagt, dass es Syrerinnen und Syrern und anderen, die nach Deutschland kommen, klar sein müsse, dass sie Schwierigkeiten bekommen könnten – falls sie Gesetze brechen würden oder andere belästigten. Das habe nichts mit Rassismus zu tun. Ihrer Meinung nach sagen viele Geflüchtete in Deutschland, dass Deutsche ihnen das Leben schwer machen, weil sie Fremde seien. Jomra glaubt aber, viele hätten einfach noch nicht gelernt, bestimmte Verhaltensweisen und Gesetze zu befolgen. Sie sollten Geduld haben und darüber nachdenken, wie sie einen Ausgleich zwischen der Persönlichkeit, die sie aus ihrem Land mitgebracht haben, und der in Deutschland finden können.

wenn er ihnen sagt, dass er Syrer sei. Für Hanna ist das einer von vielen Gründen, warum er darüber nachdenkt, nach Kanada zu gehen. Denn Rassismus, so sagt er, belaste ihn sehr. Er wolle in einer Gesellschaft leben, ohne sich immer rechtfertigen oder verstellen zu müssen.

RASSISMUS BELASTET PRIVATLEBEN Samy Hanna, der in Köln studiert, sagt, dass er auch in seinem Privatleben Probleme habe. Im Vergleich zu früheren Jahren sei es für ihn schwieriger geworden, andere Menschen kennenzulernen. „Wenn ich mich in den sozialen Netzwerken vorstelle, sage ich, ich sei Italiener“, sagt Hanna. Er glaubt, dass Frauen den Kontakt zu ihm ablehnen,

Kinora Touma 25 Jahre ... fordert mehr Aufklärungsarbeit gegen Rassismus.


SIE BRAUCHEN KEIN EMPOWERMENT, SIE WOLLEN GEHÖRT WERDEN

EINE THEATERGRUPPE NUR FÜR MIGRANTINNEN UND EIN THEMA: DIE SELBSTWUSSTE UND KALTBLÜTIGE MEDEA. HANNAH BERNSTEIN WAR NEUGIERIG, WIE DIESE ART DES EMPOWERMENTS RASSISMUS BEKÄMPFEN SOLL. WAS SIE ERWARTETE, WAR JEDOCH KEINE THEATERPÄDAGOGIK GEGEN DISKRIMINIERUNG, SONDERN EIN VIEL EINFACHERES KONZEPT.

Was bringt die Reise in ein neues Land mit sich? Daniela und Tamara verbinden ihre Erfahrungen zu einer Geschichte.

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chmutzige, klebrige Füße streifen minierung an Theatern erfahren. Ihre über schwarzes, zerkratztes Par- Schauspielschule in Brasilien sei im inkett. Die Frauen, denen die Füße gehö- ternationalen Ranking eine der besten. ren, bewegen sich teils schnell tanzend „Aber wer schaut das nach“, fragt sie oder ruhig mit Armbewegungen, die und lacht. Es zähle nicht. Daher sei es einer Schwimmübung gleichen. Ein leichter, in ein Projekt zu kommen, in melodisches Klavier-Gitarren-Ensemble denen sie explizit nach Ausländerinnen ertönt aus einer kleinen Musikbox. Je- schauen. den Mittwoch treffen sich dort Frauen zwischen 25 und 70 Jahren in den Räu- MEDEA UND MIGRATION men der Arbeiterwohlfahrt in einem unscheinbaren Hinterhaus in Berlin Mitte. Vier Monate hat Galego nach einem Sie kommen aus Peru, Kolumbien, Chi- Raum zum Proben gesucht, Flyer aufle, der Ukraine, der Türkei, Israel und gehängt, Organisationen kontaktiert aus Deutschland. Acht Wochen lang und Werbung in Newslettern gemacht. tanzen sie und spielen nun zusammen „Ich wollte theaterpädagogisch mit der Theater. Die gemeinsame Sprache ist Metapher des Medea-Mythos und den Erfahrungen der Frauen arbeiten.“ Im die Körpersprache. „Die ist mit Gefühlen verbunden. Zentrum des antiken Mythos’ steht die Wir müssen die Sprache nicht im Kopf Frau Medea, die von ihrem Mann Jason verstehen, wir verstehen sie hier“, sagt verlassen wird, da er sich mit einer andie Leiterin des Projektes Bárbara Gale- deren Frau mehr Macht erhofft. Aus Rago und legt ihre Hand aufs Herz. „Sie che tötet sie ihre gemeinsamen Söhne. sehen und hören sich, wenn sie auf Auf die Frage, ob Medea für das Projekt ihrer Muttersprache miteinander reden nicht etwas krass sei, verneint Galego. und das, obwohl sie fast alle unter- Leyla stimmt zu. „Medea ist eine starke, mächtige Frau, von Anfang bis Ende schiedliche Sprachen sprechen.“ Was in Galegos Projekt einfach scheint, ist entscheidet sie alles selbst.“ Ein Symbol der Freiheit also. Klar habe sie eine an vielen Theatern ein Problem. Die Teilnehmerin Leyla* glaubt, mit ih- grausame Seite. Doch Medeas Willensrem Akzent in Deutschland kaum eine stärke stehe im Vordergrund. Während die Frauen tanzen, blätChance zu haben. „Diskriminierung ist Alltag. Wenn du nicht die richtigen Pa- tert Galego in den Medea-Texten und piere hast, bist du nichts. Es gibt nur Büchern über Postkolonialismus sowie schwarz und weiß. Schon lange will ich Feminismus. Von Zeit zu Zeit blickt sie auf der Bühne sein. Meine Schuld ist es auf und beobachtet die Frauen. Zielnicht, dass das nicht geht. Die Struk- strebige Bewegungen zeichnen ihre turen entscheiden das.“ Das Projekt ist Schritte. Die eine ist gebückt, das eine für sie eine Möglichkeit, doch irgend- Bein hat sie wie ein Flamingo nach hinwie in Deutschland spielen zu können. ten geknickt. So schaut sie den anderen Galego freut das. Auch sie hat Diskri- mit zusammengekniffenen Augen ins

Foto: Nour Alabras

Gesicht. Plötzlich springt sie auf und hüpft mit durchgestrecktem Körper wie ein Flummi auf der Stelle. Die Frauen spielen miteinander, nehmen die Bewegung der anderen auf, wandeln sie um, bewegen sich synchron, halten Augenkontakt. Eine Improvisation, die sitzt. Dann kommen die Medea-Texte zum Einsatz. Wahlweise auf der eigenen Muttersprache oder auf Deutsch, proben die Frauen die Szene, in der Medea die Trennung ihres Mannes anklagt. Zwei Frauen tragen den Text vor. Die anderen zwei kombinieren ihre eigene Ankommensgeschichte mit dem Inhalt des Textes.

KEIN EMPOWERMENT NÖTIG Aber ob das hilft Rassismus zu bekämpfen und Frauen zu empowern? Die Abwehr, den sie gegen diesen Begriff hegt, steht Galego ins Gesicht geschrieben. „Primär ist das Ziel, die Frauen zu vernetzen. Die Gruppe macht sie stärker.“ Das Ziel sei auch nicht Integration. Die Teilnehmerinnen sollen in einem geschützten Raum spielen. „Die Frauen brauchen kein Empowerment“, sagt Galego. „Empowerment, Empowerment, Empowerment. Alle sprechen über Empowerment. Das ist nur um Geld für Projekte zu kriegen.“ Galego findet nicht, dass den Frauen geholfen werden muss, ihre eigene Stärke zu finden. Also beschäftigt sie sich mit Autorinnen und Autoren, die andere Erklärungen und Lösungsmöglichkeiten vorschlagen – so wie Gayatri Chakravorty Spivak, amerikanische Literaturwissenschaftlerin und

Mitbegründerin der Postkolonialen Theorie. „Was wir brauchen ist, gehört zu werden“, sagt Galego. Damit knüpft sie an den berühmten Aufsatz „Can the subaltern speak“ von Spivak an. Die Subalternen sind in Spivaks Aufsatz marginalisierte Gruppen, die angesichts eines übermächtigen Herrschaftssystems zwar sprechen können, jedoch nicht gehört werden. „Wir brauchen nur Leute, die uns hören. Wir können sprechen. Auch wenn unser Deutsch nicht perfekt ist. Auch wenn wir einen Akzent haben, wollen wir im Theater arbeiten. Wo ich herkomme, ist das anders. Wir machen sehr viel mit dem Körper und der Körpersprache. Es ist nicht schlimm, einen Akzent im Portugiesischem zu haben“, sagt Galego. In ihrem Projekt ist das auch so. Deshalb ist der Raum, den Galego den Frauen gibt, einfach nur eine Möglichkeit, eine Ermunterung. Denn: „Power“ findet Galego, „haben sie genug.“ *Aus persönlichen Gründen werden die Nachnamen aller Teilnehmerinnen nicht mitveröffentlicht.

Hannah Bernstein 22 Jahre ... interessiert sich für konstruktiven Journalismus, der nicht nur nach dem Problem sucht, sondern auch Lösungsansätze diskutiert.

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DIE UNSICHTBAREN TÜREN DES WOHNUNGSMARKTES

VON ABSAGEN BEI DER WOHNUNGSSUCHE BIS HINZU SCHIKANEN IN DEN EIGENEN VIER WÄNDEN: RASSISMUS MACHT AUCH VOR DEM THEMA WOHNEN KEINEN HALT. DOCH WIE KANN MAN RECHTLICH DAGEGEN VORGEHEN? KATHARINA PETRY HAT RECHERCHIERT. die sogenannte Verbandsklage im Zusammenhang mit Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt zugelassen würde. So könnten sich mehrere Betroffene mit einem ähnlichen Problem zusammenschließen und eine Sammelklage einreichen. Das spare Zeit und Geld.

KLAGEN FÜR EINE TOLERANTE GESELLSCHAFT

Reemzi Uyguner und Carina Diesenreiter bekämpfen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt.

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ine Wohnungseigentümerversammlung irgendwo in Berlin. Folgende Szene spielt sich so oder so ähnlich ab: Themen rund um das Wohnhaus werden angesprochen. Irgendwann gegen Ende meldet sich ein deutsches Paar zu Wort. Es wendet sich gezielt an einen Eigentümer, der mit seiner Familie in seiner Eigentumswohnung wohnt. Das Anliegen des deutschen Paares: Es will nicht, dass die Familie weiterhin in ihrer Muttersprache kommuniziert. Im Wohnhaus solle Deutsch gesprochen werden.

BERATUNG UND POLITISCHE VERNETZUNG Der Fall kann als beispielhaft gelten. Remzi Uyguner von der Fachstelle „Fair mieten – Fair wohnen“, einem Projekt des Türkischen Bundes in Berlin–Brandenburg und „UrbanPlus“, ein Zentrum für Stadtforschung und Urbanität, erfährt regelmäßig von solchen Fällen. Uyguners Aufgabe ist es, Menschen mit diskriminierenden Erfahrungen auf dem Wohnungsmarkt zu beraten. Carina Diesenreiter begleitet das Projekt aus einer strategischen Perspektive für „UrbanPlus“. Neben der Beratung ist nämlich auch Öffentlichkeitsarbeit und politische Vernetzung Teil der Arbeit, um – wie der kompakte Flyer der Fachstelle betont – eine Kultur diskriminierungsfreier Vermietung in Berlin zu stärken. Das Logo der Fachstelle: Ein Haus mit geöffneter Tür.

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INTERSEKTIONALITÄT VERSTÄRKT DIE PROBLEMATIK Bei „Fair Mieten – Fair Wohnen“ können sich die melden, die sich auf dem Wohnungsmarkt ungerecht behandelt fühlen: Das können Menschen mit Behinderung, queere aber auch ältere Menschen sein. Über die Hälfte der Betroffenen kontaktiert die Initiative jedoch aufgrund ethnischer Diskriminierung. Laut Antidiskriminierungsstelle des Bundes fühlen sich fast 70 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund bei der Wohnungssuche benachteiligt. Besonders schwer auf dem Wohnungsmarkt haben es die, die in mehrere Bereiche von Diskriminierung fallen. Uyguner erzählt von einem Syrer im Rollstuhl, der sich auf barrierefreie Wohnungen bewarb. Keine einzige Zusage bekam er. Rechtliche Schritte wollte er trotzdem nicht einleiten, denn dann müsste er seinen Namen öffentlich nennen. Die Angst ist zu groß, danach noch mehr benachteiligt zu werden. Tatsächlich sieht das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vor, dass jegliche Art von Diskriminierung und Rassismus verhindert werden muss. Deshalb sei es der erste Referenzpunkt im Falle einer Klage aufgrund von Diskriminierung bei der Wohnungssuche, sagt Uyguner. „Um erfolgreich vor Gericht zu ziehen, ist es wichtig, so genau wie möglich zu dokumentieren, was vorgefallen ist.“ Innerhalb von

Foto: Nour Alabras

zwei Monaten unmittelbar nach der Tat müsse die Beschwerde vorliegen, ansonsten sei die Tat hinfällig. Schließlich könnten Betroffene Schadensersatz, meistens in Form einer finanziellen Entschädigung, geltend machen. Dafür habe man bis zu drei Jahre Zeit. Meistens geht es bei den Klagen jedoch nicht ums Geld: Vielmehr möchten die Betroffenen ein grundsätzliches Problem ansprechen. „Viele wollen an und für sich keinen Streit, es geht selten um Vergeltung, sondern einfach um ein friedliches und harmonisches, diskriminierungsfreies Miteinander“, erklärt Uyguner.

DIE GESETZE VERSCHÄRFEN Da der Wohnungsmarkt in Deutschland zu zwei Dritteln privat organisiert ist und der Rest sich aus kommunalen, öffentlichen sowie privatwirtschaftlichen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften zusammensetzt, sind staatliche Eingriffe schwierig zu organisieren. Die Bundestagsabgeordnete Canan Bayram wünscht sich dennoch mehr staatliche Regulierungen, um Diskriminierung bei der Wohnungssuche vorzubeugen – auch in den landeseigenen Wohnbaugesellschaften. Politischen Handlungsspielraum sieht Bayram bei der Formulierung der Gesetze: „Man könnte das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz noch verschärfen.“ Ähnlich sehen es Diesenreiter und Uyguner: Eine Erleichterung sei es, wenn

Diskriminierung ist für viele Betroffene ein sehr emotionales Thema: Tränen und Unsicherheiten gehören laut Uyguner zu fast jedem Gespräch dazu. In einigen Fällen vermittelt die Fachstelle ihre Klientinnen und Klienten an eine psychologische Beratungsstelle. Eine Wohnungsvermittlung sei die Initiative jedoch nicht: „Viele Menschen kommen in der Hoffnung, dass wir eine Wohnung organisieren. Das können wir nicht. Selbst in nachgewiesenen Diskriminierungsfällen sieht das Gesetz eine Entschädigung oder einen Schadenersatz vor, nicht aber die Vermietung an die Betroffene, da die Gesetzeslage dies nicht zulässt.“ Im Fall der Wohnungseigentümer, die anderen verbieten wollten, sich in ihrer Muttersprache zu unterhalten, hat Uyguner bereits einen Plan. Denn das Verhalten dürfe nicht geduldet werden. Er befürchtet zwar, dass keine konkreten Konsequenzen auf die Klage folgen werden. Doch das sei kein Hindernis. Es gehe vielmehr um ein Ideal: darum, eine Gesellschaft zu gestalten, in der alle gut leben und die Türen zu bezahlbarem Wohnraum für niemanden verschlossen seien. Für Carina Diesenreiter von „Urban Plus“ steht das außer Frage: „Wohnen ist einfach ein Grundrecht, und jeder Mensch, der sich nicht in seiner Wohnung oder seinem nachbarschaftlichen Umfeld wohlfühlt, tut sich auch in allen anderen Bereichen des Lebens schwer. Eine zufriedenstellende Wohnsituation ist die Basis für vieles andere.“

Katharina Petry 20 Jahre ... findet es problematisch, dass das Thema Diskriminierung in Debatten um bezahlbaren Wohnraum oft untergeht.


F R I S CH , F R UC HTIG, S E L BS TGE P R ES S T – M IT M ACHEN @PO LIT IK O RAN G E.DE

I MPR ESSUM Diese gemeinsame Ausgabe von politikorange und Eed Be Eed entstand im Rahmen der Yalla Media Akademie vom 6. bis 12. August 2018 in Berlin. Die Yalla Media Akademie ist ein gemeinsames Projekt der Jugendpresse Deutschland e.V. und Eed Be Eed e.V. Sie wird von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert.

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rintmagazine, Blog und Videos: politikorange erreicht sein Publikum über viele Kanäle und steht neuen Wegen offen gegenüber. Junge, kreative Köpfe berichten in wechselnden Redaktionsteams aus einer frischen Perspektive. Ob aktuelle Themen aus Politik und Gesellschaft oder die kritische Begleitung von Veranstaltungen – politikorange ist mittendrin.

POLITIKORANGE – DAS MULTIMEDIUM politikorange wurde 2002 als Veranstaltungszeitung ins Leben gerufen. Rund 130 Ausgaben wurden seither produziert. Seit Anfang an gehören Kongresse, Festivals, Parteitage und Events zum Programm. 2004 kamen Themenhefte hinzu, die aktuelle Fragen aus einer jugendlichen Sichtweise betrachten. 2009 nahm politikorange Video und Blog ins Portfolio auf und präsentiert spannende Beiträge unter den Labels politikorange TV und blog.politikorange.de.

WO KANN ICH POLITIKORANGE LESEN?

cher Perspektive. Frei nach dem Motto: frisch, fruchtig, selbstgepresst.

Gedruckte Ausgaben werden direkt auf Veranstaltungen und über die Landes- WER MACHT POLITIKORANGE? verbände der Jugendpresse Deutschland e.V. verteilt. Im Online-Archiv auf poli- Junge Journalistinnen und Journalisten tikorange.de können digitalisierte Ma- – sie recherchieren, berichten und komgazine durchgeblättert und Videos auf- mentieren. Wer neugierig und engagiert gerufen werden. Printausgaben können in Richtung Journalismus gehen will, kostenlos nachbestellt werden – natür- ist bei politikorange an der richtigen lich nur, solange der Vorrat reicht. Für Adresse. Genauso willkommen sind bedas Stöbern auf dem Blog genügt der geisterte Fotografinnen und Fotografen, Videoredakteurinnen und -redakteure Aufruf von blog.politikorange.de. sowie kreative Köpfe fürs Layout. politikorange funktioniert als Lehrredaktion: WARUM EIGENTLICH Die Teilnahme ist kostenlos und wird POLITIKORANGE? für jede Ausgabe neu ausgeschrieben – Welchen Blick haben Jugendliche auf der Einstieg ist damit ganz einfach. Den Politik und gesellschaftliche Verände- Rahmen für Organisation und Vertrieb rungen? politikorange bietet jungen stellt die Jugendpresse Deutschland. Du Menschen zwischen 16 und 26 Jahren willst dabei sein? Infos gibt es unter poeine Plattform für Meinungsaustausch litikorange.de, in unserem Newsletter und den Ausbau eigener Fähigkeiten. und via Facebook und Twitter. Engagement und Begeisterung sind die Grundpfeiler für journalistisch an- mitmachen@politikorange.de spruchsvolle Ergebnisse aus jugendli-

Herausgeber und Redaktion politikorange c/o Jugendpresse Deutschland e.V. Alt-Moabit 89, 10559 Berlin www.politikorange.de und Eed Be Eed e.V. Käthe-Niederkirchnerstraße 18, 10407 Berlin www.eedbeeed.de Chefredaktion (V.i.S.d.P.) Christina Heuschen und Hussein Al Zoubi Redaktionsleitung Online Nuray Hanım Atila Redaktionsleitung Video Nafee Kurdi Printredaktion Heba Alkadri, Jilan Alsaho, Hannah Bernstein, Niels Heudtlaß, Pauline Jäckels, Ihaab Haj Khalf, Melina Kohr, Aaron S. Krings, Hesham Moadamani, Sofia Nett, Katharina Petry, Paul Stegemann, Kinora Touma Onlineredaktion Hevin Ali, Milena Franke Videoredaktion Mohammad Almostafa, Marcel Kupfer, Hesham Moadamani, Saad Yaghi Fotografie Nour Alabras, Nafee Kurdi, JUNO PHOTO . Julia Nowak Übersetzungen Anas Albasha, Mohamad Naanaa, Mohammad Fares, Muhammad Albasha, Hannah El-Hitami Layout und Illustrationen Hussam Sara Projektleitung Inga Dreyer und Ahmad Denno Druck: Bechtle Verlag&Druck Auflage: 21.000 Exemplare

Foto: Nour Alabras

Großer Dank gilt all unseren Interviewpartnerinnen und Interviewpartnern und dem Dokumentationszentrum „Topographie des Terrors“. Besonderer Dank gilt auch der Bundeszentrale für politische Bildung, die dieses Projekt mit ihrer Förderung ermöglicht hat.

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NICHT AUFGEGEBEN

IMMER WIEDER HABEN MENSCHEN IM LAUFE DER GESCHICHTE RASSISMUS ERLEBT. VIELE VON IHNEN HABEN DAGEGEN GEKÄMPFT UND DIE HOFFNUNG NICHT AUFGEGEBEN. DIE REDAKTION DER YALLA MEDIA AKADEMIE HAT VERSCHIEDENE REAKTIONEN AUS DER GANZEN WELT GESAMMELT. DIESE PERSONEN HABEN MENSCHEN WELTWEIT BEEINDRUCKT UND INSPIRIERT.

ROSA PARKS „Die Menschen sagen immer, ich hätte meinen Sitzplatz nicht hergegeben, weil ich müde war. Aber das stimmt nicht. Ich war nicht physisch müde; nicht mehr als ich es am Ende eines Arbeitstag normalerweise war. Ich war nicht alt, obwohl einige Menschen dieses Bild von mir haben. Ich war 42. Nein, ich war es nur Leid nachgeben zu müssen.“

RIGOBERTA MENCHÚ TUM „Wenn die indigene und die europäische Bevölkerung sich auf eine friedliche und harmonische Art und Weise begegnet wäre – ohne Zerstörung, Ausbeutung, Diskriminierung und Armut – hätte sie ohne Zweifel bessere und wertvollere Dinge für die Menschheit erobert.“

MAHMUD DARWISCH „Hier, an den Hängen der Hügel, im Angesicht der sinkenden Sonne Und des Schlundes der Zeit Nah‘ den schattenberaubten Gärten Tun wir, was Gefangene tun ohne Arbeit: Wir züchten die Hoffnung.“

NELSON MANDELA „Niemand wird geboren, um einen anderen Menschen wegen seiner Hautfarbe, seiner Lebensgeschichte oder seiner Religion zu hassen. Menschen müssen zu hassen lernen, und wenn sie hassen können, dann kann ihnen auch beigebracht werden, zu lieben. Denn Liebe empfindet das Herz viel natürlicher als ihr Gegenteil.“

MARTIN LUTHER KING JR. „Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der sie nicht wegen der Farbe ihrer Haut, sondern nach dem Wesen ihres Charakters beurteilt werden.“

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‫ال تستسلم‪ ...‬نحن محكومون باألمل‪.‬‬ ‫لقد عانى الناس مرارًا وتكرارًا من العنصرية على مرّ التاريخ‪ .‬حارب الكثير منهم ضدها ولم يفقدوا األمل‪.‬‬ ‫إدارة التحرير ألكاديمية يال االعالمية قامت بجمع بعض المقوالت المؤثرة بهذا الصدد ألشخاص من مختلف أنحاء العالم سجلوا حضورهم‬ ‫في تاريخ اإلنسانية‬

‫روزا باركس‬ ‫“الـــنـــاس يــقــولــون دائـــمـــً‪ ،‬أنــنــي لــم أكـــن ل ُِأعـــطـــي مــقــعــدي ألنني‬ ‫كــنــت مــتــعــبــً‪ .‬لــكــن هـــذا غــيــر صــحــيــح‪ .‬لـــم أكـــن مــتــعــبــً جــســديــً;‬ ‫فــمــا كـــان لـــدي مــن تــعــب لــيــس أكــثــر مــن تــعــب نــهــايــة يـــوم عمل‪.‬‬ ‫لم أكن مسنًا‪ ،‬على الرغم من َ‬ ‫أن بعض الناس لديهم هذه الصورة‬ ‫ُ‬ ‫اضطررت لالستسالم “‪.‬‬ ‫عني‪ ،‬لقد كان عمري ‪ 42‬سنة‪ .‬ال‪ ،‬كان ذلك ألنني‬

‫ريغوبيرـ منشو توم‬ ‫(‪)Rigoberta Mench -Tum‬‬ ‫“لـــو اجــتــمــع الــســكــان األصــلــيــيــن واألوروبـــيـــيـــن بــطــريــقــة سلمية‬ ‫ـحــصــلــوا‬ ‫ومــتــنــاغــمــة‪ -‬دون تــدمــيــرٍ‪،‬‬ ‫ٍ‬ ‫اســتــغــال‪ ،‬تــفــرقــةٍ وفـــقـــرٍ‪َ -‬لـ َ‬ ‫دون شــــك عـــلـــى أشــــيــــاء أفـــضـــل وأكــــثــــر قــيــمــة لــلــبــشــريــة”‪.‬‬

‫محمود درويش‬ ‫الغروب‬ ‫أمام‬ ‫التالل‪،‬‬ ‫“هنا‪ ،‬عند ُم ْن َحدرات‬ ‫ِ‬ ‫َ‬ ‫ِ‬ ‫ُ‬ ‫الوقت‪،‬‬ ‫وفوَّ َه ِة‬ ‫ِ‬ ‫ِّ‬ ‫َ‬ ‫الظل‪،‬‬ ‫مقطوعة‬ ‫بساتين‬ ‫رب‬ ‫ِ‬ ‫ُق َ‬ ‫نفع ُل ما ْ‬ ‫ناء‪،‬‬ ‫َ‬ ‫يف ِع ُل ُ‬ ‫الس َج ُ‬ ‫ُ‬ ‫العمل‪:‬‬ ‫وما‬ ‫يفعل العاطلون عَ ن َ‬ ‫ُن َربِي َ‬ ‫األ ْ‬ ‫مل”‬ ‫نيلسون مانديال‬

‫“لم يولد أحدٌ ليكره شخصًا آخر بسبب لون بشرته‪ ،‬أو دينه‪ .‬يحتاج الناس‬ ‫هم يتعلمون الكره‪ ،‬وإذا كان بإمكانهم أن يتعلموا الكره فيمكن أيضا أن‬ ‫يتعلمواالمحبة‪.‬ألنالقلبيرىالمحبةعلىأنهاطبيعيةأكثرمننقيضتها”‪.‬‬

‫آني فرانك‬

‫“كــــــم هـــــو رائـــــــــع‪ ،‬أن ال يـــحـــتـــاج أحــــــد إلــــــى االنـــتـــظـــار‬ ‫لــــمــــدة دقـــيـــقـــة لـــلـــبـــدء فـــــي تـــغـــيـــيـــر الــــعــــالــــم بــــبــــطء!”‬

‫‪16‬‬

‫أغسطس‪2018 .‬‬


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