Blattwerk Nr. 6, Gartengestaltung in Basel

Page 1

Blatt-Werk

Editorial

Nr. 6 2006

Gestalten mit Pflanzen

Gute Nachrichten aus den Plantago-G채rten

Gestalten mit Pflanzen Seite 2 Z채une machen G채rten Seite 4 Wildpflanzenessen Seite 6


Raum und Zeit für Gartenkultur

Editorial

Gestalten mit Pflanzen

Liebe Lebensgeniesser und Gartenwandlerinnen Es ist schon eine bunte und vielfältige Welt in die wir hineingeboren wurden! Kein Tag vergeht an dem wir nicht Erstaunliches antreffen und erleben in den Gärten. Seien es skurrile Raupen, atemberaubende Bilder von sonnendurchfluteten Staudenrabatten im Morgentau, der nahezu betäubende Duft vom falschen Pfeffer, weisse Tulpen, die sich plötzlich rosa verfärben, urkomische Käfer, die unsere Wege kreuzen, architektonische Frassspuren unbekannten Ursprungs oder Vögel, die neugierig unseren Arbeitsverlauf verfolgen. Kein Tag vergeht an dem wir nicht die Möglichkeit nutzen, Neues auszuprobieren und kein Tag vergeht an dem wir keine Fehler machen. Wir üben uns nicht nur darin, kreative Gärten zu gestalten, sondern wir trainieren auch die Fähigkeit uns gegenseitig dabei zu unterstützen, selbst auferlegte Herausforderungen zu meistern. Neben den individuellen Lebensräumen, die wir in den vergangenen Monaten erschaffen haben, zählen die zwischenmenschlichen Gewinne zu den grössten Erfolgen, die wir verzeichnen können. Hilfsbereitschaft und Leidenschaft anstatt Gleichgültigkeit und Mittelmass, Sorgfalt anstelle von Beziehungslosigkeit. Es sind berührende Momente, wahrzunehmen, dass das gelebt wird. So gesehen gärtnern und pflegen wir eigentlich nicht nur draussen, sondern auch drinnen. Es ist ein grosser Reichtum in dem wir uns da bewegen dürfen und dafür bin ich schlicht und ergreifend dankbar.

2 Blatt-Werk

Herzlich Andreas Sommerhalder Geschäftsführer Plantago GmbH

1 Rhythmus und Kontrast in Laub und Blüte In erster Linie sollte vorab entschieden werden, ob eine Bepflanzung Ruhe, Lebendigkeit, Eleganz oder ein anderes Thema beschreiben soll und wie wir mit ihr auf die Architektur des Gartens, auf die Bewohner und das Umfeld eingehen möchten. Eine der grossen Herausforderungen beim Gestalten mit Pflanzen ist auf räumlich stark beschränkten Pflanzflächen eine ganzjährige Attraktivität zu erlangen, während der Pflegeaufwand minimal bleiben soll. Pflegeleichtigkeit erlangen wir, indem wir Pflanzen verwenden die sich am entsprechenden Standort wohl fühlen und die unter einander eine ähnliche Konkurrenzstärke aufweisen. Um dies beurteilen zu können, ist natürlich eine entsprechende Pflanzenkenntnis sehr hilfreich. Genauso wie eine optimale Bodenvorbereitung. Denn schwere Böden sind ein Eldorado

für hartnäckige Wurzelunkräuter und erschweren den Kulturpflanzen einen guten Start und provozieren unschöne Pflegeeinsätze. Die ganzjährige Attraktivität muss auf verschiedenen Eckpfeilern abgestützt werden. Immergrüne Strukturpflanzen verleihen einen inneren Zusammenhalt und bilden ein Gerüst, auch im Winter, wenn die Stauden und Sträucher an Volumen und Farbigkeit verlieren. Bei der Farbwahl empfehle ich sehr, sich nicht allein auf die Blüte zu konzentrieren. Da diese in der Regel bei mehrjährigen Pflanzen nur während weniger Wochen andauert. Um Farbthemen umzusetzen, tun wir gut daran, wenn wir neben der Blüte noch andere Aspekte der Pflanzen mit einbeziehen, wie beispielsweise die Laubfarbe und die Laubform, die Fruchtbildung, die Herbstfärbung und die Erscheinung der


Raum und Zeit für Gartenkultur

abgestorbenen Stauden in der kalten Jahreszeit. Eine möglichst lückenlose Blütenabfolge anzustreben ist ebenso wichtig wie die Verwendung von frühlings-, sommer- und herbstblühenden Zwiebelpflanzen, die Blütenlücken schliessen und nach ihrer Erscheinung die Pflanzfläche wieder freigeben und einziehen, um im Folgejahr wieder aufzutauchen. Je weniger Platz vorhanden ist und je ausgesetzter Pflanzflächen sind, zum Beispiel in Vorgärten, desto wichtiger ist es, Pflanzen auszuwählen, die mit ihrer gestalterischen Erscheinung eine grosse Verbindlichkeit aufweisen.

2 Bunter Augenblick im Jahresverlauf

Viele dieser Tausendsassas sind aber leider auch schon arg in Verruf geraten. Anspruchslosigkeit, niedrige Kosten und ganzjährige Attraktivität sind Faktoren die das mehrere Tausend Arten umfassende Sortiment unserer Baumschulen auf eine geringe Auswahl zusammenschrumpfen lassen. Stichworte hierfür sind Cotoneaster, Mahonien, Kirschlorbeer, Thuja und Konsorten. Dies sind eigentlich keine „schlechten“ Pflanzen. Wenn aber die Hälfte aller Gärten, dieselben fünf Arten enthalten, wird dem Anspruch nach Vielfalt Unrecht getan. Die gute Nachricht ist jedoch, dass mit ein wenig mehr Sorgfalt bei der Vorbereitung der Pflanzflächen, mit ein wenig mehr Auseinandersetzung mit dem Pflanzensortiment, mit ein wenig mehr Risikobereitschaft und ein wenig mehr Zuneigung zu den Bepflanzungen, wahre und lebendige Kunstwerke geschaffen und erhalten werden können.

3 Silbriges Laub schmeichelt Rosenblüten

4 Lebendige Blätterwelt

3 Blatt-Werk


Raum und Zeit für Gartenkultur

Zäune machen Gärten Der erste Eindruck eines Gartens entsteht durch seine Abgrenzung, sei dies ein Zaun, eine Hecke, eine Mauer, ein Sichtschutzelement oder der bewusste Einbezug der angrenzenden Landschaft. Diese Grenze des Gartens bestimmt dessen Wirkung nicht nur nach aussen, sondern wie bei der Kleidung manifestiert sich dadurch auch das Befinden innerhalb dieser „Hülle“. Die Raumstimmung eines Gartens wird massgeblich durch die vertikalen Strukturelemente beeinflusst und architektonische Aussagen des Gebäudes können an der Grenze wieder auftauchen und somit das Grundstück zusammenhalten oder aber durch Form, Farbe und Materialisierung kontrastiert werden, um Spannung zu erzeugen. Jedenfalls bieten sich Sichtschutzelemente und Gartenzäune an, um Funktionalität und gestalterische Absichten zu verknüpfen. Und diese Möglichkeiten sind neben Staketenzaun, Diagonalgeflecht und billigen Fertigelementen längst nicht ausgeschöpft. Sämtliche Gartenstile lassen sich durch die passenden Massnahmen an der Grundstücksgrenze unterstützen; verspielte Huckleberry-Finn-Gärten durch abenteuerliche Schwartenbretterzäune oder ruinenartige Andeutungen von Mauern, moderne Betonbauten durch Kombinationen von Stahlrahmen und Stahlseilen oder beispielsweise wildromantische Gärten durch Lärchenholzwände, die mit Pflanzen berankt werden.

4 Blatt-Werk

Auch mit Hecken, also pflanzlichen Abgrenzungen kann der gestalterische Bogen sehr weit gespannt werden. Angefangen von bestechend klaren

1 Auf dem Barfüsserplatz stellten wir dieses Jahr den Prototyp eines modernen Sichtschutzes aus Stahl und Glas vor.

2 Stilvolle Sichtschutzelemente sind hervorragende Projektionsflächen für Schattenspiele.


Raum und Zeit für Gartenkultur

Formhecken über fröhlich wirkende und frei wachsende Vogelschutzhecken in frischem Grün und zierlichen Blattformen, bis hin zu feurig leidenschaftlichen Farbkombinationen von dunkelrot- und silbriglaubigen Perückensträuchern und Oelweiden. Staudensäume, die krautartigen und blühenden Unterbepflanzungen von Hecken können deren Wirkung stark unterstützen und gelten übrigens als ökologisch wertvollste Nischen im Garten.

3 Originelle Kombination zwischen Holzlager und Raumbildner

Jeder Garten jedenfalls verdient seine eigene Abgrenzung und falsche Materialien in dem Sinne gibt es eigentlich nicht, die Frage ist vielmehr welche Wirkung wir beabsichtigen, welche Funktionen erfüllt sein sollen und wie wir diese umsetzen. Es ist ein Abwägen von Vor- und Nachteilen, eine Hecke beispielsweise hat je nach Zusammensetzung ökologisch viel zu bieten, braucht aber andererseits auch viel Platz und Pflege, ein speziell angefertigtes Sichtschutzelement ist in der Anschaffung kostspieliger, braucht aber weniger Platz, hat architektonisch eine starke Aussage und benötigt wenig Pflege. Sich diese spezifischen Fragen zu beantworten lohnt sich, denn jeden Garten gibt es nur einmal. Andreas Sommerhalder

4 Ein individueller Zaun kombiniert aus alten Strukturen, Lärchenholz und modernen Drahtseilen

5 Blatt-Werk


Raum und Zeit für Gartenkultur

Wenn GärtnerInnen feiern Menü: Verschiedene Wildpflanzen­ sirupe, dazu falsche Oliven und kandierte Kürbiskerne Wildpflanzensalat - Thonpasta mit verschiedenen Wildpflanzenknospen - Rindshohrücken mit Risotto, Klettenwurzeln, Schlehengelee und Kornelkirschen süssauer - Käse mit Wildpflanzenfrüchtebrot - ­Vanilleglacé mit Baumnuss­biscuit und grünen Baum­nüssen - verschiedene Wildpflanzenliköre Von Gabi Walter

Es ist Freitag der 8. September ca. 10.30. Das Magazin ist menschenleer, wie üblicherweise an einem Arbeitstag. Abgesehen davon wird heute alles anders sein. Angefangen hat alles Ende Juni 06. Damals kam Andreas Sommerhalder zu mir: „Ich möchte gerne ein Fest für uns alle machen, weil wir es so gut miteinander haben. Und ich fände es lässig, wenn du für uns kochen würdest“. An meinem Bewerbungsgespräch als Kundengärtnerin erzählte ich ihm von meinem bestehenden Wildpflanzenprojekt und dann ein paar Monate später erhielt ich meinen ersten Auftrag für ein Wildpflanzenessen.

6 Blatt-Werk

Inzwischen sind 2 Monate intensive Vorbereitungszeit vergangen und der Tag der Wahrheit steht vor der Tür. Wird alles so ablaufen wie wir uns das vorgestellt haben? Haben wir alles dabei was wir brauchen? Wird unsere Idee positiven Anklang finden?

Verwendete Pflanzen Achillea millefolium = Schafgarbe - Aegopodium podograria = Baumtropf Allium ursinum = Bärlauch - Arctium lappa = Grosse Klette Cardamine pratensis = Wiesenschaumkraut - Cornus mas = Kornelkirsche Corylus avellana = Haselnuss - Cucurbita maxima = Kürbis Cydonia oblonga = Quitte - Eruca vesicaria = Rucola Meine Kollegin Sascha Däschler (Innenarchitektin) und ich (Kundengärtnerin bei Plantago) sind bei Plantago angekommen, im Schlepptau von Geschirr, Tischen, Bänken, Beleuchtung, Wildpflanzen und vielem mehr. Währenddem wir für die Dekoration Kübelpflanzen antransportieren ist auch Eric Von Burg (gelernter Koch) mit den vorbereiteten kulinarischen Köstlichkeiten zu uns gestossen. Eine letzte Ablaufplanung während des Mittagpicknicks und es kann losgehen. Zum Glück haben die Plantagomitarbeiter um 15 Uhr Feierabend und somit ausnahmsweise Magazinverbot, sodass wir

drei freie Bahn haben; Tische und Bänke aufstellen, Kübelpflanzen platzieren, Beleuchtung aufhängen, Tisch decken, mobile Küche aufbauen.... Unser Zeitplan geht auf. Gegen 17 Uhr genehmigen wir uns einen Aperitif, bevor um 17.30 Uhr die Gäste kommen. Noch wissen diese nicht, was sie heute Abend erwartet. Das einzige was ich bisher preisgegeben habe, ist, dass es ein 5Gang-Menü plus Aperitif und Likörrunde geben wird. Unser Ziel ist jedoch nicht nur ein ErstKlass-Menü aufzutischen. Die Gäste sollen mit all ihren Sinnen essen; sehen, riechen, schmecken.


Raum und Zeit für Gartenkultur

Wildpflanzenessen im Plantago-Magazin

Ficus carica = Feige - Juglans regia = Walnuss - Lavandula officinalis = Lavendel - Malva neglecta = Wegmalve Melissa officinales = Melisse - Oenothera biennis = Nachtkerze - Plantago lanceolata = Spitzwegerich Prunus armeniaca = Aprikose - Prunus spinosa = Schwarzdorn - Pseudotsuga menziesii = Douglasie Ribes rubrum = Johannisbeere - Sedum telephium = Fetthenne - Sorbus aucuparia = Vogelbeer Taraxacum officinale - Löwenzahn Deswegen werden wir die verwendeten Pflanzen nicht im voraus verraten, sondern haben uns eine Art Quiz einfallen lassen. Dieses soll die Leute zum Nachdenken anregen und daneben einen gewissen Lerneffekt erzeugen. Wer weiss schon, dass Stängel und Kraut von der Schafgarbe aphrodisische Eigenschaften haben? Oder dass unser Haselstrauch Raupenfutterpflanze für 64 Schmetterlinge ist? Wenn ich den ganzen Abend im Detail beschreiben wollte, müsste ich wohl auf eine Sonderausgabe Blattwerk ausweichen. Aber ich glaube darauf verzichten zu können, da die Fotos für sich sprechen.

Der Appetit war da, die Stimmung gut, das Interesse gross. Was hätten wir mehr wollen? Zudem wurde auch mit Komplimenten nicht gespart: „Das sind die besten Wurzeln die ich je gegessen habe“. „Das Essen ist der ultimative Erfolg“. „Es war einfach bombastisch“. Das schönste Kompliment hat unser Team allerdings vom PlantagoArchitekten Kuno Bachmann erhalten; „Am Samstag beim Einkaufen wurde mir noch ein Mal bewusst, in welch andere Welt ihr uns entführt habt“. Damit hat er genau das ausgesagt, was wir versucht haben zu erzielen! Wobei ich hier noch anmerken muss, dass es

sich betreffend Pflanzen eben nicht um eine fremde Welt handelt, sondern um Pflanzen die wild vor unserer Haustür wachsen! Was mir in dieser intensiven Zeit, mit diesem grandiosen Resultat, wieder einmal bewusst wurde, ist, wie wichtig ein gutes Team für ein optimales Gelingen ist. Dafür danke ich allen Plantagomitarbeitern, Sascha Däschler und Eric Von Burg! Für all diejenigen die neugierig geworden sind; im April 2007 findet ein Plantago-Kunden-Event statt, an dem wir Sie unter Anderem, mit einem Wildpflanzenbuffet empfangen werden.

7 Blatt-Werk


Raum und Zeit für Gartenkultur

Ballerina im Apfelbaum Kaum ein anderes Gartenwesen bewegt sich derart graziös durchs Geäst wie unsere zauberhaften Blumenelfen und Gärtnerjünglinge. Höchstens vielleicht noch die Eichhörnchen. Aber die können eben nicht so gut Bäume schneiden. Wenn in Ihrem Garten also wieder mal eine winterliche Verjüngungskur oder eine Entwilderung ansteht, damit sich im kommenden Frühjahr die florale Üppigkeit entfalten kann, kümmert sich das Plantago-Team mit eifriger Leidenschaft gerne darum.

Ankündigung: An der Natur 02/07, der grössten schweizerischen Publikumsveranstaltung zum Thema Natur werden wir vom 8. bis 11. März 2007 in Basel unseren Schaugarten „Grünhochdrei“ präsentieren. Dieser Garten wird den aktuellen Stand unseres Schaffens widerspiegeln; Die Bestrebung in einer konzentrierten Aussage den Bogen zwischen Ästhetik, Lebendigkeit, moderner Architektur und dem Wunsch nach Geborgenheit zu spannen.

Impressum Herausgeber: Plantago GmbH Druck: Notegen Copy AG Redaktion: Andreas Sommerhalder Auflage: 3’000 Exemplare 8 Blatt-Werk

Erscheint zwei Mal jährlich. Gratisabonnemente können bei Plantago GmbH, Tramstrasse 64, 4142 Münchenstein, bestellt werden. Tel. 061 603 24 24. www.plantago.ch

2AUM UND :EIT FàR 'ARTENKULTUR


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.