Pitti Platsch 3000 #10

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"Wie gut die Zeit mit dir verrinnt" (Tomte)

pITTipLATSCH3000 _ die NUMMER 10

säm

Waren das jetzt fünf Jahre, seit Mawe und ich beim Stella-Konzert beschlossen, dieses Fanzine zu gründen? Erst fünf Jahre? Und das alles passierte? Mit nur 10 Ausgaben?

Heute sitze ich vorm Computer. Ich bin mal wieder spät dran und muss schleunigst die letzten Texte an Mawe schicken. Es ist Freitag Abend. Mawe wartet genau in diesem Augenblick auf diese Zeilen von mir.

Vor fünf Jahren: Gerade nach Regensburg gezogen. Noch gar niemanden gekannt hier. Freitag nach Hause ins Dorf gefahren. Im Jugendzentrum Mawe getroffen.

Hey, danke für alles. Für all die Liebe und all den Spass. Euch allen. Ich fühl mich verdammt wohl mit dem was pittiplatsch3000 war und ist. Und wir hätten nie gedacht: Jetzt kommt das zehnte Heft.

"Hast du schon was?" "Morgen sind die Sportfreunde Stiller in der Stadt. Lass uns die mal interviewen." "Okay. Und wir schmuggeln uns bei Tocotronic am Bühnenpersonal vorbei und behaupten einfach, die würden auf uns warten." Es hat geklappt. So kamen Abende zuhause, wo man abtippen wollte, was auf dem Band des 30 MarkDiktiergeräts zu hören war. "War das der Sänger? Nein, der hatte doch eine tiefere Stimme. Nein, die tiefe Stimme hat doch der Bassist?" Und erst der Nachmittag, an dem wir das erste pittiplatsch3000-Print-Exemplar fertig kopiert hatten... Das stundenlange Tackern. Jedes Heft einzeln signiert. Und dabei gelächelt. Was das denn jetzt wird.

Viel Spass damit. Und jetzt schnell abspeichern und los. Gleich kommen Superpunk aus meinen Boxen. Ich werde das pittiplatsch3000-Gästebuch mit komischen Schlachtrufen zutexten, mein neues Console-T-Shirt anziehen, obwohl es draussen Minusgrade hat und später in der Disco meine Hände in die Luft schmeissen. Darauf kommt es an.

Und was es wurde. Wir redeten immer von der Weltherrschaft, die wir erreichen wollten. Und stolperten in den Weg, den wir gingen. Den Weg nämlich zum jetzt. Fünf Jahren und zehn Ausgaben. Pittiplatsch3000 ist jetzt ein Fanzine ein Heft eine Internet-Seite eine Konzertreihe eine Compilation ein Logo ein Festival fast mal eine Fernsehsendung geworden ist eine Community pittiplatsch3000 ist genauso IHR wir WIR. Nix war geplant. Alles ist passiert.

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KETTCAR DANN GEHT DER FALLSCHIRM AUF

Text & Interview: Christoph Koch Fotos: Micha Treppl

Kettcars Debütalbum "Du und wieviel von deinen Freunden" ist das erste Release des neugegründeten Indie-Überlabels Grand Hotel Van Cleef und wenn es nicht auf den letzten Drücker noch zu einer überraschenden Smiths-Reunion kommt, ist es nicht weniger als das Album des Jahres. Das ist ja immer so leicht dahingesagt, aber es gibt keinen verdammten Tag in den letzten Monaten, an dem ich diese Platte nicht gehört habe. Fragen Sie ruhig meine Nachbarn. Eine Platte wie ein Kinnhaken. Und weil dieser Text sowieso jeden Hauch von Distanz und Objektivität vermissen lässt und sich statt dessen "Pathos" mit Lippenstift auf die Stirn geschmiert hat: Auch eine Platte wie der Moment, in dem man die Augen schließt, kurz bevor man den anderen zum allerersten Mal küsst. "Du und wieviel von deinen Freunden" handelt nicht nur von Hamburg, vom Leben zwischen Tresen und Dispogrenze, von Kneipenschlägereien und Freundschaft. Es ist auch ein Album, das vom Weitermachen erzählt, vom Durchhalten. Von den Momenten, in denen die Frage aufkommt, ob man sich richtig entschieden hat, als man das gute, wilde Leben gewählt hat. Oder ob doch die anderen Recht hatten. Die, die irgendwann die Abzweigung genommen haben und jetzt Bonusmeilen sammeln anstatt mit trockenem Mund an der Endhaltestelle in einem S-Bahnsitz von der Sonne geweckt zu werden. Bei einem Ortstermin Ende September in Hamburg wird das ohrenbetäubende GHVC-Büro im Schanzenviertel in Augenschein genommen, durch die nächtlichen Straßen und über den Kiez gelaufen, Bier getrunken in Wohnungen und vor dem Pudel. Irgendwo dazwischen findet ein Interview mit Marcus Wiebusch im Bett seiner Freundin statt, bei dem ich die These, dass der Interviewer immer nüchterner sein sollte als der Interviewte auf die Probe stelle. Sagen wir so: Sie existiert nicht ganz zu Unrecht... Fangen wir mal an mit ein paar schnellen Powerfragen über Hamburg und so: Wie lange braucht man, bis man sich daran gewöhnt hat, ständig von den Nutten angequatscht zu werden? Wenn man regelmäßig auf dem Kiez unter

wegs ist: Sechs Monate würde ich sagen. Größte Lüge, die über Hamburg existiert? Dass Hamburger steif und unterkühlt sind. Beste Buslinie? Die 102. Schon mal ernsthaft erwogen wegzuziehen? Nein. Warum auch? Bestes Millerntor-Erlebnis? Das vorletzte Spiel der letzten Saison. Ansonsten a) Die Aufstiegssaison in die erste Liga b) Die Saison 89/90. Das war mein erstes Jahr, danach war ich Fan und dann ging es nicht mehr zurück.

Schon mal darüber nachgedacht, dich mit einem Bruch finanziell zu sanieren? Nein. Wann zum letzten Mal geweint? Im Kino bei "Sixth Sense". Danach noch einmal, aber das ist zu persönlich. Bester Ort in Hamburg um einer Frau seine Liebe zu gestehen? Immer am Wasser. Elbe, Alster. Die guten Stellen halt. Wo sind die? Am Alsterufer, Winterhude hoch, die Fleete, also die Kanäle der Alster. Kommt man weit mit, da kann man auch eine romantische Bootstour machen. Höchster verlorener Betrag an einem Geldspielautomaten? Ich bin kein Zocker, 30 Pfennig - wenn überhaupt. Okay, das war der Warm-Up. Jetzt gehen 5


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