Pitti Platsch 3000 #9

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Impressum

"die autoren dieser ausgabe sagen: glücklich sind die glücklich glücklichen." (brüllen) herausgeber & redaktion: matthias weber (mawe@pittiplatsch3000.de) karl-liebknecht-str. 2 98693 ilmenau tel. 0179-1331848 mathias wagner (sam@pittiplatsch3000.de) herrichstr.18a 93049 regensburg tel. 0172-8632992 mitarbeiter dieser ausgabe: christoph koch björn sonnenberg linus volkmann thomas weiß jasmin lütz und die werten tagebuchschreiber. titelbild: stefanie schrank layout: lars wulfken


I saw two shooting stars last night I wished on them but they were only satellites Is it wrong to wish on space hardware I wish, I wish, I wish you'd care (billy bragg)

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Vorwort

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Ich bin Ostwestfale New Constellation Tilmann Rossmy Very Important Arsch 24 Platten Abt.: Platten, die keine Sau braucht Transistor Notwist For Stars Clayton Farlow Lokalpatriotismus zum Mitmachen Hits: Säm Michael checkts? Popkomm 2001

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Story / Board Ein paar Gedanken zu Herbstmusik How Depri can you go 2 Klitpop und Unser kleiner Dackel auf den Spuren von Hermann Hesse Hits: Mawe Befindlichkeit Revisited Zeitzeuge Keine Pizza bei RTL2 Geschichten in Zügen geschrieben Staralbum Waht it feels like for a boy TV-Turn off Days Wagen sagen Den MUSST Du Dir angucken Pittiplatsch3000-Konsumbereich Prollig spielen

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was ist denn hier los? warum sind wir denn auf einmal so omnipräsent? unsere website war auf platz 8 in der leserpoll 2001 sowohl in spex als auch in intro. daneben war sie noch kurz für irgendeinen von viva präsentierten webaward nominiert. (zwecks pc muß hier natürlich stehen: vielleicht besser, daß wir nicht gewonnen haben.) im moment führen wir bei der umfrage "welche musikzeitschrift liest du am liebsten?" auf immergutrocken.de mit 28,0% knapp vor intro. (und ich habe wirklich nur 2 oder 3mal abgestimmt!) 378 stimmen wurden abgegeben, das sind, rechenrechen, 105 für uns. lesen überhaupt so viele unser heft? und wenn ja, warum sind sie dann nicht alle abonnenten? unsere "pop you (like a hurricane)"-compilation ist in der großen musikpresse abgefeiert worden. ging das lob hauptsächlich an die darauf vertretenen bands, fühlen wir uns natürlich auch ein wenig geehrt, als inhaber eines solch exquisiten gusto. im sommer wird es eine kleine konzertreihe mit bands vom sampler geben, und zur popkomm (diesmal, ähem, aber wirklich) kommt pop you 2. nicht zu vergessen unser sampler-releasewohnzimmerkonzert im november in köln und unser premium event letzte woche in ilmenau. jedesmal ein monsters of rock der nettigkeit. schuhe-ausziehen for a better world. aber. sonst ändert sich nix. weder - zum glück - wir, noch - leider - sonst was. und im gegensatz zu raider heißen wir noch nicht mal anders. oh moment, etwas ist anders: zum ersten mal gibt es jemanden, der das heft mal in eine vernünftige form bringt. this one goes to you, lars. danke. obwohl ich selbst wieder mehr musik mache, werden wir den teufel tun und unser heft dem - verdienten - musikalischen erfolg opfern, wie es unsere mitbewerber vom knaartz getan haben. wir haben da einen coolen trick: möglichst viel sachen gleichzeitig

machen, damit man in jede einzelne nicht so viel zeit stecken kann, daß diese den status des dilettantismus verläßt. gut, gell? so kommen wir erst gar nicht in die verlegenheit, geistigen output produzieren zu müssen. so wie die stefan raab show noch schlechter ist, seitdem sie fast täglich gesendet wird, werden wir noch besser, je seltener wir erscheinen! die alternative ist nämlich: schreiben oder leben. im intro-forum gab es vor kurzem mal eine diskussion, ob unsere sampler oder die des komm küssen-fanzines besser sind. leute, das ist absoluter käse. ebensogut könnte man erörtern, ob oasis oder nirvana besser sind. beide sind super, aber letztere gibt es nicht mehr! diese ausgabe enthält ein interview mit tilman rossmy, der als programmierer arbeitet und nur nebenbei noch musik macht. falls man solche musik überhaupt als nebensache betrachten kann. michael girke hat irgendwann "kommst du mit in den alltag?" gesagt und ganz aufgehört, musik zu machen. wir machen einfach so weiter, solange wir lust haben. und wir haben verdammtnochmal große lust dazu. das nächste heft riecht nach jubiläum. big issue. da werden wir uns selbst übertreffen. bereitet euch schon mal drauf vor. z.b. mit den pittiplatsch3000-t-shirts. sie werden übrigens unseren endgültigen finanziellen ruin bedeuten. aber schließlich kommt der sommer. und schon vorher das neue pet shop boys-album.

gebt acht. mawe


"Denkt mal losgelöst von der Sexualität über diesen Satz nach: Schluss mit Petting. Jetzt wird geknutscht!"

(Thees Uhlmann)

Fast Vorwort Schon wieder so lange. Und schon wieder das Versprechen nicht gehalten, das doch mal ein bisschen schneller auf die Reihe zu kriegen. Hihi, weil wir natürlich wieder nur Jux & Tollerei vorgezogen haben. Und genau dafür machen wir das doch. Fanzine. Genau. Fan. Eben diese Passion galt es in letzter Zeit immer mehr auszuleben. Aber von vorne. Ich sitze heute hier in meinem Zimmerchen und schau Fussball. Nur so mit einem Auge. Mit dem anderen Schau ich auf diesen Monitor. Mit einem Ohr höre ich die ausgeliehene Primitives-Platte, die ich längst hätte zurückgeben sollen. Mit dem anderen höre ich das Telefonklingeln, dass mir sagt, Mawe ruft an, um mir Neuig- und Unfassbarkeiten durchzugeben. Wir sind wieder in einer Umfrage beste Musikzeitschrift und bei den Websites vor so manchen anderen gelandet. Können das beide nicht fassen und schütteln unsren Kopf, auf den wir gleichzeitig mit den Händen schlagen. WIR SIND STOLZ! SOWAS VON STOLZ! Ach du meine Güte. Mein Papa, der das ganze hier immer belächelt und froh ist, dass ich ausser dem hier doch noch was "Ordentliches" mache, glaubt mir schön langsam doch, wenn ich ihn wieder anrufe, weil ich "in fünf Minuten im Radio komme. Musst auf 96 Komma Null gehen, gleich kommts..." oder weil ich ihm wieder ein Hochglanz- (und nur das zählt...)- Magazin unter die Nase halte und da irgendwo im Kleingedruckten Pittiplatsch3000 entdeckt habe...

WIR SIND STOLZ! Auch dann, wenn wir Freunde treffen und die uns verbal auf die Schulter klopfen und ich wie immer nicke und gar nichts zu sagen schaffe, aber innerlich platze vor Glück und das nicht gar nicht gebührend ausdrücken kann. Und die Band, die letztes Jahr da war, als man eben genau diese Band gebraucht hat, plötzlich meinen Namen bei einem Konzert in ein Lied einbaut. Mir von hinten auf die Schulter geklopft wird. Ich aber nicht reagiere, weil ich einfach zu gerührt bin zu reagieren. WIR SIND STOLZ! Ja und die Band, die es jetzt endlich schafft. Schafft, in aller Munde zu sein. Schafft, Noel Gallagher zu treffen. Und das alles auch ein kleines bisschen auf dieses kleine Fanzine hier schiebt. Hallo. WIR SIND STOLZ! Und die Regensburger Lieblingsfamilie. Die mich dran erinnern, nicht zu vergessen zu Essen und ins Gewissen reden, wenn hier schon wieder zu viel Idealismus verschenkt wurde. Die uns einfach mögen und dass auch immer wieder in dem Augenblick sagen, in dem man nicht an sich glaubt und genau dann die Ratschläge (und Fotos) machen, die wir genau in dem Augenblick gebrauchen. DANN SIND WIR WIEDER STOLZ! Verdammt noch mal. Behaltet euer Glänzen in den Augen. Alle da draussen. Denn das kann uns niemand nehmen. WIR SIND DIE FANS! Und Danke für alles, was Ihr uns gegeben habt. Wir versuchen weiterhin unser bestes Euch zu geben. Viel Spass mit Pitti Platsch 3000 Nummer 9. Säm


"es gibt drei leute, die so reden: ich, frank spilker und jochen distelmeyer. bei ihm hat das dann später in selbstgerechtigkeit umgeschlagen."

wer schon mal in den genuß von bernd begemanns ein-mann-rockkonzerten gekommen ist, dürfte wissen, daß es ihm nicht gerade an selbstbewußtsein mangelt. knarf rellöm hat einmal über ihn gesagt: "kein hamburger musiker sagt von sich selbst, dass er hamburger schule ist. da gibt es eine ausnahme: die heißt bernd begemann. und der sagt, er ist der erfinder der hamburger schule. das ist meiner meinung nach lächerlich genug." jedenfalls sind es seine auftritte, die ihm den ruf als "bester entertainer neben harald juhnke" (intro) eingebracht haben. nach einem dieser rock-comedy-shows hatten wir die tolle idee, ihn spontan zu interviewen. mangels mitgebrachter ausrüstung mußte ein mobiltelefon herhalten, auf dem man zweieinhalb minuten aufnehmen konnte. einige ausgewählte sätze konnte ich aber noch mit papier und stift festhalten. daß BB (das kennzeichen seines audi 100: HH-BB irgendwas) entweder ein vollzeitperformer oder einfach wirklich so ist, wußten wir etliche stunden später, als wir in seinem hotelzimmer saßen und von jeglichen aufzeichnungsgeräten nicht mehr die rede war.

kennst leute aus hamburg, die deine art zu singen schon als alltagsspreche übernommen haben? "ich weiß, daß viele junge leute mit leuchtenden augen vor der bühne stehen." "ich bin ostwestfale. die hamburger haben immer so eine art, daß sie so tun als ob sie einen scheiße finden. und ob sie das ironisch meinen oder ob sie einen wirklich scheiße finden, das muß man erstmal durchschauen." "diese linken lesen zeitschriften wie ‚konkret' und glauben dann, sie wären wahnsinnig scharfsinnige politische denker." "wir kommen alle aus bad salzuflen in ostwestfalen. ich erklär dir, wie das ist: frank spilkers vater war landschaftsgärtner; mein vater hat von ihm immer äpfel gekauft. ich habe bernadette hengst geheiratet, die spätere sängerin von "die braut haut ins auge". sie hatte dann ein verhältnis mit jochen distelmeyer. da war eben einer, der ein tonbandgerät hatte, frank werner, und um den haben sich alle versammelt und ihre sachen aufgenommen. daraus wurde dann das fast weltweitlabel."

“ich hab die ganze scheiß-sache erfunden!”

BB - die highlights: woher hast du diese art zu sprechen? "du mußt dir vorstellen: ich hab die ganze sache erfunden. ich hab die ganze scheiß-sache erfunden! also die art, rock zu singen, ohne kaputt zu klingen. es gab in deutschland eigentlich nur eine art, rock zu singen, und zwar die, die von rio reiser stammt, die so ein bißchen dreckig und kaputt klingt, und ich habe eine art erfunden, rock zu singen, die ein bißchen klarer ist und auf die sich viele leute beziehen. ob dus glaubst oder nicht, aber ich hab das erfunden."

ichs mit denen auch immer verschissen." "die germanen haben ja noch in lehmhütten gewohnt, als die römer schon warmes wasser auf der toilette hatten. aber wenn die im teutoburger wald nicht gewonnen hätten, wären wir jetzt alle beschissene franzosen." mawe

new constellation das kanadische label constellation, mittlerweile eins meiner lieblings-solchen, hat in letzter zeit wieder einiges an großartiger musik veröffentlicht. godspeed you black emperor! ist nicht das einzige, was constellation, übrigens auch das label mit den wunderschönsten siebdruck-covern, zu bieten hat. frankie sparo: MY RED SCARE (cst013) eigentlich nur ein mann, live mit verstärkung aus dem godspeed-lager. macht wunderschöne, langsame und (wie alles auf constellation) düstere songs. teilweise nur mit sehr minimaler gitarrenbegleitung, manchmal auch mit streichern und ein bißchen elektronik-geräuschen. re: MNANT (cst015) ist mir fast schon zu heavy stuff, sehr industrial-artige platte fast nur aus geräuschen und lärm, aber immer minimalistisch. re: besteht aus zwei leuten, von denen einer (ian ilavsky) eine hälfte von constellation darstellt sowie auch bei sofa, sackville und silver mt. zion mitspielt. hangedup: HANGEDUP (cst016) weitaus hörbarer und für mich interessanter ist dieses viola-percussion-duo (die beiden spielen auch bei sackville mit). so manche wunderschönen harmonien kristallisieren sich da beim hören raus, spärlich verteilt, damit man auch ja nicht zu dick aufträgt.

"als wir einmal in österreich gespielt haben, kam einer, der österreichisch mit schweizer akzent geredet hat. da habe ich wirklich gedacht, ich muß... gewalttätig werden. wobei ich das natürlich nicht richtig kann, das wäre dann eher so eine weibliche gewalttätigkeit gewesen, so wildes um-sich-schlagen."

the silver mt. zion memorial orchestra & tra-la-la-band: BORN INTO TROUBLE AS THE SPARKS FLY UPWARDS (cst018)

"wenn ich innenminister wäre, würde ich zuerst alle esoteriker verbrennen. ach nein, jetzt sage ich schon wieder so sachen, die mich unsympathisch machen. und dann wundere ich mich, daß keine radiosender interviews mit mir machen will. nur so kleine, und danach habe

do make say think: & YET & YET (cst020)

derart kryptisches kann ja nur von einem kommen: von godspeed-kopf efrim. auch sophie und thierry von gybe! sind mit dabei. silver mt. zion fangen leise wieder da an, wo godspeed in richtung orchestralem bombast entschwunden sind. live war das mein hörerlebnis 2001. konserviert kommt es als doppel-10".

ein drone-rock-monster, nicht ganz so monströs wie ihr debüt allerdings. erinnert manchmal so gar etwas an godspeed. viel gitarre, zerbrechliche melodien, die im lärm verschwinden, und ein paar analogsynthie-spielereien. mawe


Tilmann: Tilmann.

Björn: OK. Das finde ich immer so schwer, sowas zu beginnen.

wäre und eine Band gründen wollte, dann würde ich das nicht so erzählen. Weil das ist schon irgendwie ziemlich relaxed hier und das paßt schon, so mit der Alpennähe und so. Ich mag die Bayern auch ganz gerne. Und was hier ist mit Musikszene, naja, da hatte ich in Hamburg auch nicht mehr so viel mit zu tun. Das war bei mir ein bißchen vorbei und deshalb ist das auch ganz gut hier. Bloß die Wohnungen sind viel zu teuer, das ist ein bißchen heftig. Aber dafür verdiene ich auch ein bißchen mehr hier.

Tilmann: Das kriegen wir schon hin.

Björn: Und als was bist du da?

Björn: Ich würde dich als erstes gerne mal bitten, zu umreißen, was überhaupt passiert ist mit dir in der letzten Zeit und im letzten Jahr und wie du nach München gekommen bist.

Tilmann: Ich bin jetzt in einer Unternehmensberatung und vor allen Dingen eben Programmierer. Im Prinzip programmiere ich auch nur, bin zwar offiziell Consultant, aber da habe ich noch nichts gemacht. Aber ist ganz gut, gefällt mir ganz gut. Das ist ja meine erste richtige, straighte Arbeit mit 43. Für mich hat das mehr so einen Abenteuercharakter.

Björn: Hallo hier ist Björn. Tilmann: Hi Björn. Björn: Ist es gerade gut für dich, oder... Tilmann: Ja.

Tilmann: Über eine Station im Schwarzwald. Ich war damals mit einer Frau zusammen und wir haben ein Kind gekriegt und sind nach Lörrach gezogen, aber dann hat das nicht so geklappt mit uns und dann saß ich auf einmal in Lörrach. Und dann habe ich eben gemerkt: da gehöre ich nicht hin. An und für sich war ich da ganz gerne, schöne Gegend und so, aber da ist immer das Gefühl, irgendwie gehörst du da nicht hin. Ich weiß nicht, ob du schon mal in einer Kleinstadt gewohnt hast, da steht das alles irgendwie, da ist alles so gewachsen, gewachsene Szene, da kann man im Prinzip nicht mehr rein. Und da hast du auch das Gefühl da wird nichts mehr passieren. Und wie gesagt, mir ging es auch nicht gut wegen der Umstände, dann habe ich erstmal meinen Job gekündigt und dann bin ich halt in München gelandet.

Björn: Das ist sehr schön, das unterscheidet dich vermutlich von vielen. Tilmann: Ja, ich meine, ich habe ja mal ein anderes Leben gehabt. Es ist ja nicht so, vielen geht es so, daß sie lieber irgendwas anderes machen würden und es aus welchen Gründen auch immer nicht versuchen.

Tilmann: Naja, das ist relativ nah zu meiner Tochter, also von den großen Städten in Deutschland ist das am nächsten dran

Björn: Du meintest eben, du hättest mal ein anderes Leben gehabt, sprichst also im Präteritum. Und wenn man anschaut, was du gemacht hast, ist das, daß du vor ziemlich genau 20 Jahren, nicht ganz so viel, die erste Platte (Die Regierung - 'Supermüll', 1984, Anm. d. B.) gemacht hast, ganz alleine, dann immer fast auf dem Sprung warst, ein bißchen mehr als ein Geheimtip zu sein, was denn letztendlich so nicht geworden ist und jetzt bist du nach all der Zeit wieder da angekommen und hast wieder alleine eine Platte gemacht.

Björn: Ach, die ist noch in Lörrach?

Tilmann: Naja, was heißt alleine...

Tilmann: Nein, die ist jetzt in der Schweiz, meine Tochter. Und gefällt mir auch ganz gut, sagen wir mal für einen Mann in meinem Alter ist das die richtige Stadt. Wenn ich jetzt jung

Björn: Eben in Eigenregie, in diesem klassischen Independent- oder Do It Yourself-Ding.

Björn: Aber wieso gerade München?

Tilmann: Ja, aber das sind schon ganz andere


Voraussetzungen. Also erstmal habe ich mich da sowieso fast rausgehalten aus der ganzen Geschichte. Ich habe mir schon diese Gedanken gemacht, was ist das eigentlich, dieser Veröffentlichungsdrang. Der ist ja auch nicht nur positiv. OK, du spielst ja auch in einer Band, da kannst du dich ja auch mal fragen: was treibt dich dazu, Platten zu machen. Ist die Motivation nur edel, hilfreich und gut oder ist da auch Narzißmus dabei. Und das habe ich eben mal überprüft und wollte einfach mal ausprobieren, daß ich mehr darauf achte, ob ich vielleicht eingeladen werde, eine Platte zu machen, verstehst du, was ich meine? Björn: Ich denke schon. Tilmann: Dann hatten die Jungs in der Band den Wunsch, diese alten Sachen, die wir immer live gespielt haben, mal aufzunehmen, so wie wir sie jetzt spielen. Weil die Leute dann auch nach der Show kommen und fragen nach dem Song und dann können wir die Platten nicht anbieten. Vor allen Dingen die Jungs sind auf die Idee gekommen, die Platte zu machen. Ich habe da so meinen Part gemacht, habe gesungen und Akustik gespielt, viel mehr habe ich nicht gemacht. Folke (Jensen, Gitarre , Anm. d. B.) und Ralf (Schlüter, Keyboard - , Anm. d. B.) haben praktisch produziert und naja, vielleicht hat es deshalb auch so lange gedauert. Da mußten die sich auch erstmal reinfinden, da die Initiative zu übernehmen und so war das. Björn: Das finde ich ganz interessant, daß du dich da weitgehend rausgehalten hast - ich weiß nicht, wenn man Konzept sagt, da klingt das immer gleich so nach Spex - aber wenn man sich dieses ganze Konzept mal anschaut, nämlich daß nur alte Stücke (bis auf eine Ausnahme) auf der CD sind, die du eben neu vertont hast. Nach dem Konzert habe ich meiner Freundin die Regierungs-Version von 'Ganz tief unten' vorgespielt und sie hat gemeint, daß sie das Stück komplett anders verstanden hätte, so wie du es jetzt spielst. Das ist ja durchgängig bei der ganzen Platte, daß Themen, die bei der Regierung vielleicht im Mittelpunkt standen wie man weiß nicht, wo man hingehört, man hat Angst, vielleicht das rauszukriegen oder Angst davor, alleine zu sein oder vor bestimmten Entwicklungen und daß

jetzt, obwohl die Stücke dieselben sind, diese Themen sich aufgelöst haben in eine Stimmung, die sich bei deinen Platten, die du alleine gemacht hast, auch immer mehr abgezeichnet hat: daß man irgendwie jetzt genauer weiß, wo man steht. Und das finde ich das Interessante, daß die Stücke noch dieselben sind, sie aber durch den neuen Kontext und den neuen Vortrag - für mich jedenfalls - eine ganz andere Bedeutung haben. Tilmann: Finde ich auch. Ich freue mich auch manchmal. Das ist ja diese Energie, die wir mit der Regierung hatten, mal davon abgesehen, daß es sich für uns, die wir die Band gemacht haben, wahrscheinlich ganz anders darstellt, als für die Leute, die uns ja meistens auch erst später entdeckt haben. Aber davon abgesehen war die Energie eine ganz andere. War schon mehr so eine jugendliche, da verändert sich schon was, wenn du so ein bißchen älter wirst. Aber ich denke immer oder ich sage das auch oft, daß sich das irgendwie verschiebt weg von Agilität mehr zu Stille. Und auch innerlich. Und das ist an und für sich ganz schön, ich mag das ganz gerne. Es ist natürlich so in der Musik, man zahlt einen kommerziellen Preis dafür. Es ist halt populärer, wenn ein bißchen gerockt wird. Aber das ist einfach nicht mehr, das hat sich in mir sozusagen einfach verändert. Die Band könnte an und für sich nicht so spielen wie die Regierung damals. Insofern ist das keine bewußte Entscheidung, sondern wir machen einfach so, wie wir es können. Björn: Und so eine, sagen wir mal Ästhetik, wie sie die Regierung hatte, interessiert dich auch überhaupt nicht mehr? Tilmann: Ja gut, da weiß ich eben viel mehr darüber als die meisten Leute. Mit der Ästhetik ist das so eine Sache. Björn: Dann sag doch mal. Tilmann: Wir fühlten uns damals, oder wollten gerne - oder wir haben uns auf jeden Fall alle an und für sich solche Indie-Platten gekauft. Also ich und der Schlagzeuger und dann hinterher Thies sowieso und Mense, die haben auch immer Spex gelesen und so. Das war schon unser Umfeld. Und zu Hamburger Zeiten

hat sich das bei mir ziemlich geändert, daß ich aus dieser Szene einfach irgendwie - man könnte jetzt sagen - rausgewachsen wäre. Das klingt vielleicht ein bißchen arrogant. Björn: Nein, finde ich nicht. Das ist ja was natürliches, wenn man älter wird. Tilmann: Aber ich gehörte einfach nicht mehr dazu. Ich hatte irgendwie auch andere Träume, ich hatte andere Ziele. Ich wollte in einer Szene die Gemeinsamkeit mehr aufbauen auf Lebensexperiment oder Beziehungsexperiment oder Beziehungserfahrung, Freundschaftserfahrung. Und dieses ganze Politische, das hatte ich eben dadurch, daß ich schon ein bißchen älter bin, irgendwie abgehakt. Björn: Aber dieses Zugehörigkeitsgefühl, hattest du das denn jemals in Bezug auf so etwas wie eine Szene, daß du da bereit gewesen wärst zu sagen: das ist meine Szene und mein Ding und hier bin ich und hier gehöre ich hin? Ich frage das deshalb, weil ich ja nur kenne, was über die Stücke rüberkommt und da heißt dann z.B. eine Zeile "Du bist einfach nur neidisch, weil du nicht so richtig dazugehörst", die nunmal im Gegensatz steht zu einer Zeile wie "Ich möchte Teil eine Jugendbewegung sein", also genau etwas anderes. Und das war immer ein Gefühl, das ich bei Regierungs-Stücken und dann auch später bei deinen Solosachen hatte, daß da so einer ist, wie in einem Cowboyfilm, der seine Geschichten erzählt, aber niemand, der aus einem großen Hintergrund heraustritt. Verstehst du? Tilmann: Klar, das sind Polaritäten. Aber es war schon irgendwie ein Wunsch da, wie "du stehst in der Disco und du stehst alleine und willst schon mittendrin sein", zumindest, wenn du jung bist. Und anderseits hast du auch deinen Stolz, weil es irgendwie einfach nicht klappen will, entwickelst da auch schon einen Stolz. Und dann sind da zwei Polaritäten. Mag sein, daß ich in Interviews und in Songs mehr und mehr auf diese Stolzseite geschaut habe. Aber ich glaube nicht nur, denn es gab ja auch Songs wie 'Komm zusammen' oder 'Nicole', die sich schon irgendwie damit beschäftigen mit dem Schmerz oder mit der Sehnsucht. Aber

mit der Zeit habe ich dann rausgefunden, daß es im Prinzip auch nicht geht. Im Prinzip ist so eine Musikszene auch eine sehr pragmatische Angelegenheit. Mein Bruder hat mir mal gesagt, als ich dann auch ein bißchen romantisch gestimmt war auf unsere Szene in Hamburg, "komm das ist doch so, man macht so einen Deal: du findest mich gut, dafür finde ich dich gut", so mit den Bands und ein bißchen war das schon so. Aber es war eben auch schon so, daß wir privat eine Menge miteinander zu tun hatten. Nicht unbedingt mit den bekanntesten, mit Jochen und so, aber mit ich weiß nicht, ob du die Band Huah! noch kennst... Björn: Ja, ich habe mit Walding (= Knarf Rellöm - Anm. d. B.) ein Duett aufgenommen vor einiger Zeit. Tilmann: Ah! Ja. Also mit Walding hatte ich viel zu tun und auch mit Leuten, die um die Bands herum waren, mit ein paar Frauen. Das war eine sehr schöne Zeit, muß ich echt sagen. Und auch damals die ganzen L'Age D'Or-Bands hatten schon auch eine Art Zusammenhalt, die Suppenwürfel mit Carsten Hellwig, da haben wir viele Nächte mit zusammen verbracht und haben das Musikalische auch ein bißchen ausgeklammert. Ich fand die Suppenwürfel nie besonders toll, aber das zählte nicht. Das war immer ein Freund von mir und es hat Spaß gemacht, sich die Nächte um die Ohren zu schlagen. Das war eine ganz gute Angelegenheit da. Da waren viele Leute, auch Das Neue Brot und so, meistens so die Bands, die nicht ganz so groß geworden sind. Björn: Du sagtest vorhin, daß du diese Chance zur Popularität oder mehr zu sein als ein Geheimtip geopfert hast, um zu machen, was du im Kopf hast... Tilmann: Ich meine, das war mir nicht so klar, als ich es gemacht habe. Das habe ich dann einfach gemerkt... Björn: Beziehungsweise daß es sich so ergeben hat, daß sich das nicht mehr deckt... Tilmann: Rückwirkend kann ich das auch verstehen, daß es manchen so geht. Die meisten


Plattenkäufer sind nunmal die unter 30, auch die auf Konzerte gehen und klar, die leben noch in einer anderen Energie. Und dann wollen die sich auch wiederfinden in dieser Energie. Das war mir vorher nicht so klar, aber im Nachhinein ist mir das schon so einigermaßen klargeworden. Björn: Wobei bei deinem Konzert in Köln das Publikum relativ jung war, das war ja ein Anfangszwanziger-Publikum, das du dann auch verspottet hast mit Unkenntnis über Allman Brothers und Die Reifeprüfung, falls du dich noch darauf besinnen kannst... Tilmann: (lacht) Das ist keine Verspottung... Björn: Nein, das war auch im Guten gemeint, ich habe es auch überhaupt nicht so aufgefaßt. Tilmann: Die Reifeprüfung kennen sie ja alle. Das kommt jetzt ja immer in dem Song vor und dann frage ich da auch immer nach und die kennen sie irgendwie alle. Björn: Die Allman Brothers sind doch auch relativ bekannt, jedenfalls dieser eine Hit, ich komme jetzt nicht auf den Titel... Tilmann: 'Jessica', das war beim WDR immer eine Erkennungsmelodie. Jaja, klar. Nein, da sind wir auch immer erstaunt darüber, sehr merkwürdig, die werden immer jünger. Der Durchschnitt ist echt unter 30 beim Konzert. Konzerte sind ja auch eine andere Angelegenheit. Björn: Ja, aber bei Hannes Wader wird das sicherlich anders aussehen und das finde ich etwas Schönes, wo ich mich auch zum Teil darüber freue, daß du eben doch nicht, auch nicht für die Medien oder die Öffentlichkeit, genau da gesehen wirst. Denn es gab ja dahingehende Vorwürfe. Oder um mal weiter auszuholen: als du deine erste Soloplatte gemacht hast oder dann bei der zweiten, was ich mitverfolgt habe an Presse, viel war es nicht, was ich mitbekommen habe, aber was ich mitbekommen habe war eben, daß du so eine Schelte bekommen hast und dir so ein Abdriften in fast schon Schlagerplattheit unterstellt wurde, nur weil du ein Schema fortgesetzt hast, das man wie ich

finde schon bei der Regierung ganz deutlich erkennt. Eben einfache Songs und auch Texte, die im Ausdruck nicht so viel wollen und nicht so auf die Scheiße hauen wie z.B. Blumfeld, die dann andererseits tatsächlich nach und nach eine wirkliche Schlagerplattheit aufgegriffen haben und versucht haben, mit der zu arbeiten, aber dann dafür gelobt und gepriesen wurden und geglaubt wurde und in den Medien so getan, das könnte irgendwas retten, so in dieser Richtung. Den Vorwurf, den du bekommen hast und auch das Lob, das Blumfeld bekommen haben für eine Abwendung von dem, wofür beides mal gestanden hat, habe ich nie richtig verstehen können. Und gerade was dir vorgeworfen wurde konnte ich immer weniger verstehen, je älter ich selber wurde und je besser ich dann verstanden habe, was für eine Musik da eigentlich passiert. Tilmann: Nun, das ist jetzt schon lange weg. Damals hatte ich mich dann auch entschlossen, Profi zu werden und mit dem Entschluß ging meine Karriere den Bach runter, genau zu dem gleichen Zeitpunkt. Deshalb war das ein bißchen schwierig für mich. Ein bißchen kann ich sowas auch nachvollziehen, wahrscheinlich ganz anders als was die Leute so denken. Aber wenn ich heute die 'Selbst' höre, dann sind da so zwei, drei Songs drauf, die ich glaube ich anders geschrieben hätte... Björn: Sag mal, welche. Tilmann: Z. B. Philosophie, vielleicht sogar ‚Das gute wilde Leben', was ja ein sehr populärer Song irgendwie ist, aber was ich mehr so als Profi geschrieben habe. Weißt du, da bin ich morgens aufgestanden und habe als Profi an Songs gearbeitet und das hatte ich sonst nie gemacht. Ich habe sonst immer praktisch auf Inspiration reagiert und so mache ich das jetzt auch wieder. Und damals habe ich mich eben so richtig, sagen wir mal wie ein guter Junge hingesetzt und gearbeitet und ich glaube, daß das ein bißchen spürbar ist, daß da natürlich auch was verlorengegangen ist, aber nicht so viel gewonnen. Ich glaube, ich bevorzuge das schon, wenn die Songs praktisch von woanders kommen als so richtig aus einem Arbeitsprozeß. Verstehst du, was ich meine?

Björn: Ja, sicher. Oder ich hoffe, ich glaube... Tilmann: Und so eben bei 'Philosophie', da liege ich einfach daneben mit und das tut mir auch so ein bißchen weh, denn das stimmt einfach nicht so richtig. Aber OK. Auch die Art, wie wir produziert haben. Das war halt auch mal so eine Sehnsucht, wenn du dann als Dilettant anfängst und machst da so einen langen Weg mit der Regierung. Das war nicht so leicht, auf der Bühne zu stehen und zu merken: im Prinzip kann ich das gar nicht. Und irgendwann dann, das war ja die siebte Platte, die ich gemacht habe, willst du schon mal ausprobieren, ein richtiger Musiker zu sein. Das gibt auch erstmal so einen Kick: jetzt kannst du mal richtig arbeiten und da wir waren ja vier Monate im Studio und haben da richtig eine Platte produziert, wie vielleicht, was weiß ich, Wolf Maahn oder so. Also nicht ganz genau so dick, aber... Björn: Klingt jetzt auch nicht ganz genau so. Tilmann: Nein, Quatsch, da sind dann trotzdem noch Sachen drauf, die wir in zwei Stunden gemacht haben. Aber da sind auch Sachen

drauf, da haben wir drei, vier Tage daran gearbeitet. Ich kann mich erinnern, 'Wittgenstein sagt' haben wir drei Tage abgemischt und dann konnte ich es einfach nicht mehr hören. Solche Sachen. Das war im Prinzip bei der 'Unten' auch schon so ein bißchen so. Da haben wir auch manchmal gesagt "ich kann das nicht mehr hören". Das war ja auch richtig produziert von Herman Herrmann, also auch was den Sound angeht, wo wir dann zwei Tage an 'Charlotte' rumgemixt haben und dann ist im Endeffekt eine ganz andere Version draufgekommen. Aber wie gesagt, sich ans Musikmachen auf so eine Weise ranzuwagen war schon eine Verführung, der ich nicht widerstehen konnte. Björn: Das ist aber nichts, wo du dir vorstellen kannst, wieder hin zurückzugehen, also zum richtigen Produzieren? Tilmann: Hm, doch, das glaube ich schon. Vielleicht anders, mit der Erfahrung die ich da gemacht habe. Ich nehme mir ab und zu so eine Kassette fürs Auto auf mit eigenen Sachen und da kommt auch schon immer ein Stück von der 'Selbst' drauf. Ich bin auch Fan von


Folkes Gitarrenspiel. Björn: Ja, das finde ich auch ganz ganz schön. Tilmann: Und einige Songs sind auch nach wie vor klasse, gültig sozusagen. Obwohl ich denke, daß wir mit dieser Band schon eher schnell produzieren sollten. Jetzt auch mit den alten Liedern, da haben wir nur zwei oder drei Tage aufgenommen. Auch vor der Tour haben wir nur einen Tag geprobt und die Leute lieben das ja auch, wenn man ein bißchen was kann, ist das für die Leute auch ganz gut, wenn das ein bißchen Raum hat zu atmen, das nicht alles so durcharrangiert ist und noch Platz ist. Und dann sind die Stücke auch jeden Abend irgendwie anders. Weißt du, was ich mir vielleicht vorstellen könnte: wir haben mal auf einer Tour ganz viel eine David Sylvian-Plate gehört, 'Dead Bees On A Cake', hat mir sehr gut gefallen damals. Vielleicht mal eine Platte so zu produzieren auf mehr so eine moderne Art, wie wir das jetzt auch schon manchmal einfach notgedrungen machen, daß wir Stücke hin- und herschieben übers Internet. Das hat dann auch seinen eigenen Sound, seine eigene Atmosphäre, die ich auch ganz gerne mag. Auf der Homepage ist so ein Stück 'Mysteriös' heißt das, das ist praktisch so produziert, so getrennt. Hab ich was gemacht, dann hat Ralf was gemacht, hat Folke was gemacht. Björn: Fast eine Hip Hop-Herangehensweise. Tilmann: Ja, im Prinzip. Mit der modernen Technologie ist das alles recht einfach. Ralf und Folke haben beide Harddisk-Recording zuhause. Folke hat dieses super Studio, Ralf hat nur irgendwie das, was jeder hat und es klingt trotzdem irgendwie ziemlich gut. Also er hat da einige Möglichkeiten und erzeugt immer eine Atmosphäre, die ich ganz gerne mag. So 'Die alte Wohnung' auf der 'Reisen' ist im Prinzip auch so, obwohl die dann schon auch irgendwie im Studio aufgenommen ist, aber von der Atmosphäre her. Aber mal sehen, kann sein, daß die neue, die wir jetzt machen wollen so ein bißchen sein wird, so arrangiert sagen wir mal. Björn: Ich möchte noch mal schnell zu dem Selbermachen zurückgehen, selber die Platte

machen, selber produzieren; weil das ja eigentlich ganz ähnlich ist wie wenn man sich die Biographien von diesen Leuten anschaut, mit denen du dich vielleicht vergleichen lassen mußt, weil ihr vielleicht zur gleichen Zeit mit einem ähnlichen Ding angefangen habt, sei es jetzt Tom Liwa oder Bernd Begemann, bei dem ich es besonders auffällig finde, daß er angefangen hat und dann ja auch diesen Wunsch hatte, hochprofessionell zu sein und dann darin gescheitert ist mit der Antwort, aber selber nie verstehen konnte, wie mir scheint, warum dieser Mißerfolg passiert ist und da auch so einen gewissen Zynismus entwickelt hat, den er vor allem bei Konzerten rauskehrt als Showding oder sowas und er ist ja mittlerweile auch da angelangt, daß er sein eigenes Label macht und die Platten produziert und sich um alles kümmert. Tilmann: Ich meine, das ist ja auch ein ganz klarer finanzieller Aspekt. Aber das kann man sich im Prinzip nur leisten, wenn man mal bei einer Plattenfirma war, sonst ist man ja nicht bekannt und das muß man auch sein normalerweise - oder wenn du halt irgendwie in deiner Heimatstadt so ein Star bist. Ich meine die erste Regierung, die ich selber gepreßt habe, das war ja auch eine Erfahrung, die ich gemacht habe, da habe ich irgendwie 1000 Stück davon gepreßt. Ich habe drei Exemplare verschickt zur Rezension und dann habe ich das ganz vergessen. Entsprechend habe ich auch nur hundert Stück davon verkauft. Und hinterher, als wir dann bei L'Age D'Or waren, waren die auch alle weg. Wenn man die Basis hat, wenn man ein bißchen einen Namen hat, dann ist es natürlich sehr viel attraktiver. Wenn wir das jetzt übers Internet machen, bekommen wir pro Platte über 20 Mark, bei Glitterhouse haben wir pro Platte 3,50 Mark gekriegt mit selbstproduzierten Aufnahmen, das ist schon ein großer Unterschied. Wenn du jetzt das mit dem Studio selbst machst und einen Indievertrag hast und verkaufst irgendwie deine 2000 Stück oder so, dann bekommst du die Kosten auch nicht mal rein. Und ziehst auch eine Spur von unglücklichen Plattenfirmen hinter dir her. An keiner meiner Platten hat irgendjemand irgendwann mal was verdient. Alle Plattenfirmen sind da mit viel Hoffnung rangegangen oder so, aber ich habe noch

keine Platte gemacht, die den break-even erreicht hat, nicht ein einziges mal. Außer der jetzt. Auf der Tour hatten wir die Preßkosten schon raus. Björn: Und dieser Mißerfolg, den du ja auch hattest - kommerziell gesehen - ist das was, worunter du leidest, wo du gerne hättest, daß es anders gekommen wäre oder wie betrachtest du das und wie gehst du damit um? Tilmann: Mittlerweile sehe ich das total ein. Ich bin da total in Frieden mit. Ich weiß gar nicht, ob ich das lieber hätte, wenn es anders gekommen wäre. Ich kann es nicht richtig wissen, im großen und ganzen: wäre das Leben so anders gewesen? Dann hätte man vielleicht mehr Auftritte gemacht und dann wäre es vielleicht mehr Routine. Im Prinzip nur Phantasie, aber ich habe da schon meinen Frieden mit gemacht. Oder sagen wir mal ich hätte wirklich die explizite Wahl jetzt, dann würde ich eher sagen: laß es lieber so sein, wie es ist. Gefällt mir eigentlich so an sich ganz gut. Es geht schon genug, um das Gute daraus zu erleben oder die Möglichkeit zu haben, eben was zu machen und zu veröffentlichen, das dann auch gehört wird, ist schon da und das Finanzielle ist eben - ok, dann gehe ich halt arbeiten, aber ich habe ja schon gesagt: gefällt mir ganz gut. Ich habe ja auch eine Tochter zu versorgen. Und um mit der Musik so viel zu verdienen, wie ich jetzt auf der Arbeit verdiene, da müßte es richtig super laufen, dann muß das schon richtig irgendwie in eine Liga von Element Of Crime oder so. Björn: Und das ist auch was, wo du nicht mehr Interesse oder Ehrgeiz hast, dich darum zu kümmern? Tilmann: Ich glaube nicht, nein. Man weiß es nie, zwischen der ersten und der zweiten Regierungs-Platte, da hatte ich ja schon praktisch ganz damit abgeschlossen. Ich hatte immer das Gefühl, die Musik kam wieder zurück und das war auch so eine Art Verführung. Irgendwo leide ich da auch wieder als Musiker, wenn du dann Beachtung willst und das ist ja auch alles ein komischer Stoff, der ist ja auch nicht nur koscher, sagen wir mal so. Dann vergleicht man sich mit anderen und

das ist alles ein bißchen doof so. Und da ist es irgendwie schon ganz ok, daß das jetzt so ganz vorbei ist. Es war ganz schön und fast überraschend, wenn du dann so auf Tour gehst und dann ist es manchmal total richtig voll, dann ist das ganz schön, gefällt mir ganz gut. Ich glaube das ist für mein Songwriting gar nicht so schlecht, daß ich nicht Profi bin. Björn: Sag mal von den ganzen Platten und Stücken, die du gemacht hast, auch wenn es wahrscheinlich ein bißchen komisch ist, was für Sachen du besonders magst und was für Sachen du lieber nicht gemacht hättest, so wie du vorhin schon über die 'Selbst' gesprochen hast, bzw. über zwei Stücke daraus. Tilmann: Hauptsächlich bin ich ja Songwriter, also hauptsächlich geht es mir um den Song und den in eine Form zu bringen, daß der irgendwie rüberkommt. Aber wenn ich jetzt einen Song schreibe und der verliert seine Gültigkeit, also so ein Irrtum, da habe ich ja nichts gegen, aber wenn da so ein bißchen Dummheit spürbar ist, das tut mir dann schon ein bißchen weh. Das habe ich nicht gerne, muß ich sagen. Aber ich meine, da muß ich jetzt auch mit leben und das kann ich auch, aber wenn ich mal so richtig so eine dicke Lippe habe, wie bei Philosophie, das geht dann schon ein bißchen nach hinten los, dann naja, schön finde ich das nicht. Es ist eben schon so, daß ich nicht unbedingt immer so vorsichtig bin. Ich meine, ich riskiere dann auch schon mal, daß ich etwas aussage, was sich mit der Zeit als nicht wahr herausstellt und zahle halt den Preis dafür, daß es mir ein bißchen wehtut. Aber ich bereue da nichts. Klar, ich finde schon, im Hinblick darauf, wie die Platten so geworden sind - die ersten beiden sind, sagen wir mal, die sind mir ein bißchen zu heftig, als daß ich mir das noch gerne anhören würde. Also wenn ich die 'Supermüll' und die 'So allein' höre, dann muß ich schon immer ein bißchen lachen. Aber gleichzeitig finde ich dann auch, die sind nicht von dieser Welt und das mag ich dann auch, die sind schon irgendwie so, die sind so verrückt. Naja ok, sagen wir mit der 'So Drauf' fängt es dann an, jetzt auch musikalisch so ein bißchen interessant zu werden und ab da kann ich mir die Platten auch immer noch gut anhören. Wie gesagt, das ein oder


andere Stück tut halt irgendwie mal weh und da hat man halt inzwischen erfahren: das stimmt nicht, da hast du nicht exakt beschrieben, hast dich zu schnell zufriedengegeben. Das kommt schon vor, aber ich werde dir nicht sagen, welche, das mache ich nicht. Das ist auch nicht fair gegenüber den Leuten, die das zum Teil auch mögen. Björn: Und Sachen, die du besonders magst, kannst du auch nicht benennen? Tilmann: Doch, doch, würde ich schon sagen. Also ich mag von den 'Passagier'-Sachen die ersten drei Stücke, finde ich super, habe ich mir auch fürs Auto aufgenommen auf eine Kassette, die drei hintereinander, das ist toll, finde ich wirklich klasse. Und dann von der 'Unten' mag ich einiges, 'Professioneller Fan' auch von der Musik her, von der Atmosphäre. Ich mag auch gerne 'Alles gar nicht wahr', wo der Text so eine alberne Sache beschreibt. Aber ich finde einfach irgendwie, das macht Spaß, das zu hören. Björn: Das war das erste oder zweite Stück überhaupt, das ich kannte von dir. Tilmann: Und was mag ich noch gerne, die Single von 'Maria', da ist so ein Bonustrack drauf, den mag ich sehr gerne, der heißt 'Ein Jahr', kennst du wahrscheinlich gar nicht, oder? Björn: Nein, ich kenne die Single nicht. Tilmann: Ja. 'Maria' mag ich dann auch sehr gerne. Wechselt auch mal. Aber im Prinzip: das meiste mag ich schon, zum Glück. Björn: Dein Songwriting ist noch etwas, wonach ich fragen will. Du hast vorhin gesagt, du wartest auf Inspiration und dann schreiben sich die Stücke wie von alleine. Aber was die Stücke auslöst - du hast ja am Anfang von 'Loswerden', sowohl live als auch (nicht ganz so ausgedehnt) auf der neuen Platte dieses talking blues-mäßige, diese Geschichte, die da erzählt wird, dann in den Song mündet und der Song wieder in die Geschichte. Was mich sehr berührt hat und ich sehr schön fand, einfach eine ganz tolle Geschichte, die das ganze auch viel verständlicher gemacht hat, aber bei der

ich auch das Gefühl bekommen habe, daß das alles zu fast hundert Prozent wahr ist. Das habe ich bei Stücken von dir, die vielleicht nicht ganz so offensichtlich metaphysisch sind wie 'Er lebt' sondern die konkreter festgemacht sind an Sachen, wie z.B. die Stücke mit Mädchennamen. Wie ist das, wie entwickelt sich das und wieviel ist immer wahr, wieviel versteckst du da und wieviel erfindest du einfach, weil die Geschichte gut klingt? Tilmann: Das ist eine gute philosophische Frage. Man könnte ja sagen, daß etwas wahr ist, wenn es klingt. Björn: Mit wahr habe ich jetzt nicht die Wahrheit gemeint, die sich im Endeffekt beim Hören ergibt, sondern von was das ausgeht. Tilmann: Diese konkreten Ereignisse. Björn: Ja genau. Tilmann: Kann ich irgendwie gar nicht so sagen. Das ist ja immer so ein Filtern, auch von konkreten Ereignissen. Z. B. bei Nicole war es ein ganz kleines Ereignis, superklein, das waren fünf Minuten. Und irgendwie habe ich da aus den fünf Minuten Diskobesuch im alten WMF in Berlin, das war so ein Keller, ist dann der Song entstanden. Aber indem du das filterst, erzeugst du schon, sagen wir mal, so eine andere Wirklichkeit. Indem du da einen ganz kleinen Moment rausnimmst. Der Abend, die Ereignisse waren eigentlich von etwas ganz anderem bestimmt, das ist auch niemandem aufgefallen. Da ist zwar irgendwie ein Song daraus entstanden aber die Leute denken vielleicht jetzt, das wäre eine große Liebe von mir oder so, aber das waren fünf Minuten in meinem Leben und dann war sie weg. Insofern würdest du sagen: ist das wahr, wie kannst du so einen Song über jemanden machen, den du nur fünf Minuten in deinem Leben gesehen hast und nie wieder sehen wirst. Das ist ja dann irgendwie fast nicht wahr. Aber ich glaube, ich suche nach Wahrheit in Songs. Wenn ich suche, dann suche ich schon meistens nach Klang und ich denke, das was klingt, ist wahr. Eine Überprüfung von Wahrheit, indem du einfach auf Resonanz wartest. Du denkst was und dann schaust du eben: was erzeugt der

Gedanke in dir. Und wenn das was positives erzeugt, dann ist der wahr.

viele verschiedene Ereignisse, die ähnlich sind und dann als 'Maria' zusammenlaufen?

Björn: Beziehungsweise etwas negatives.

Tilmann: Na, da weiß ich jetzt nicht, ob ich dir das verraten soll. Ein bißchen Geheimnis muß man dann schon beibehalten. Und ich weiß auch nicht: was spielt das für eine Rolle?

Tilmann: Ja gut, da kann man jetzt, sagen wir mal, wo ein Gedanke oder Song dich hinführt, das bestimmt seine Wahrheit, würde ich sagen. Wenn er dich irgendwie in einen Zustand führt oder zu einer Einstellung führt, die sagen wir mal eine Sackgasse ist, scheint es nicht wahr zu sein. Ich kenne das z.B. mit Songs, sagen wir mal ich habe irgendwas erlebt und da hat mich jemand unheimlich genervt, so daß ich so einen Haß hab. Und wenn ich dann daraus versuche, einen Song zu machen, dann komme ich da nie in den Klang rein. Es gibt ja Leute, die schreiben super Haßsongs. Bob Dylan, früher Bob Dylan, das ist toll. Aber bei mir führt das aber nirgendwo hin, also scheint es bei mir nicht wahr zu sein. Aber konkret geht Songwriten dann irgendwie so, ich mache irgendwas und dann habe ich eine Zeile. Dann fängt es immer irgendwie an. Eine Zeile oder ein Gedanke Björn: Um den man dann rumkonstruieren mag Tilmann: Wo man anfängt und mehr braucht es irgendwie auch nicht. Inzwischen kann ich das schon erkennen und merke dann sofort: das wird ein Song. Eine Zeile, ich denke nur irgendwas. Wenn ich weiß, das wird ein Song, dann schreibt der sich auch relativ einfach. Das war auch schon anders, ich habe auch schon drei Monate dann daran gearbeitet. Aber meistens geht es recht schnell; sobald diese erste Inspiration da ist, daß eben klar ist: das ruft nach einem Lied, das ist eben wirklich Inspirationssache. Manchmal wird es schon auch Arbeit, aber meistens nicht. Ich brauche dann einen Abend oder zwei oder drei, aber das macht dann ja auch Spaß, dann entwikkelst du den so weiter und meistens überraschend früh ist er dann durch. Sind ja meistens kurze Sachen, die ich mache. Björn: Dinge oder Personen, die sich wiederholen, wie z.B. Maria, die ja häufig auftritt, gibt es diese Person Maria wirklich oder ist Maria nur der Überbegriff für ein Thema oder für

Björn: Ich hätte es einfach nur spannend gefunden, weil ich die Sachen über Platten und Jahre hinweg verfolgt habe und das ist einfach so eine kleine voyeuristische Neugier. Tilmann: Ich habe da natürlich eine Lektion gelernt, die ich nie vergessen werde. Bei der 'Unten' waren eben diese vier Frauensongs und das hat so ein bißchen Aufsehen erregt. Dann hat die Prinz im Hamburg, so eine Frau fand das aufregend toll, einen Artikel zu machen über die Frauen von Tilmann Rossmy in den Songs. Björn: Oh whow. Tilmann: Und der Artikel war so schrecklich, so furchtbar. Der ganze Zauber, das war alles weg. So nach dem Motto, so Begriffe wie 'musikalischer Zungenkuß'. Ich habe mich total erschrocken, auch über mich selbst. Ich habe nie das Gefühl gehabt, daß ich jemanden, den ich kenne, in Songs preisgebe, aber dann hatte ich das Gefühl ganz stark. Ich habe mich dann schon ziemlich schäbig gefühlt, weil ich dann gemerkt habe: da ist die Grenze und es ist ganz gut, die einzuhalten. In Songs hat man schon viel Freiheit aber so in Interviews und so, da muß man eine Grenze ziehen, was man preisgibt von den Leuten mit denen man zu tun hat. Ob das real existierende Person ist, daß die Frage offen ist, das macht die Sache an und für sich eher schöner finde ich. Björn: Trennst du auch genauso deutlich zwischen der Person, einer Person, die es vielleicht nicht gibt oder nur teilweise und die du auf der Platte oder auf der Bühne bist und der Person, mit der ich jetzt spreche? Also zwischen lyrischem Ich und Autor sozusagen. Tilmann: Nein, nicht wirklich. Was ich eher mache ist, daß ich der Erfahrung wert gebe, daß es besser ist, einfach eine Grenze zu set-


zen, daß ich es einfach nicht sagen möchte jetzt. Das heißt nicht, daß ich irgendwie eine Show abziehe oder ein strategisches Gespräch führe um dann irgendwie so rüberzukommen. Es entspricht einfach nicht meinem Wesen. Ich gebe einfach der Erfahrung wert, die ich da gemacht habe.

was miteinander machen. Nämlich der, der da singt, dann wer oder was besungen wird und dann ist man noch selber dabei. Aber eben nicht nur über den Lautsprecher, das ist ein Kompliment, was ich dir gerade mache, daß man eben, oder daß ich eben, mich immer persönlich berührt fühle von den Stücken.

tet. Das finde ich ganz schön so.

Björn: Nein, ich habe das jetzt auch nicht so gemeint, im Sinne von 'Show abziehen'. Die Frage wäre einfach gewesen: obwohl die Stücke so klingen, als ob alles daran erlebt ist und alles daran genauso in einem Gespräch fallen könnte, gibt es doch die Grenze, daß der, der da singt dann auch sagt: nein, das ist jetzt Song, das ist Kunst, da muß man jetzt nicht darüber sprechen und das hat einen Eigenwert.

Tilmann: Nein, auf jeden Fall. Das ist ja auch immer das schönste für mich, daß die Leute sich selbst treffen.

Tilmann: Was ist denn die Definition von nötig? Wenn ein Bedürfnis danach besteht, kann ich ja schlecht sagen ist unnötig. Sagen wir mal ich habe noch nie jemanden getroffen, mit dem ich mich wirklich übers konkrete Songwriting jetzt unterhalten, ja doch mit Bernd habe ich mich unterhalten und auch damals dann in der Hamburger Szene. Naja, da war ich dann auch so ein bißchen sehr selbstbewußt immer und fand, daß ich das am besten konnte von allen. Sagen wir mal ok, ich habe mit Bernd eine ganze Menge darüber gesprochen, war aber auch nie wirklich zufrieden, glaube ich, ja, muß man schon sagen, gerade auch mit anderen Songwritern; irgendwie es scheint nicht viel zu sagen geben. Ich habe früher immer viel Musikzeitungen gelesen, ich habe es auch immer gerne gemacht. Hat sich dann geändert im Laufe der Jahre. ich habe das Gefühl, daß wenn man über etwas redet, man mehr der Sache wegnimmt von dem Zauber. Aber klar, man muß sich irgendwie darüber verständigen, was man mag und es muß sich ja auch rumsprechen, was gut ist. Und das ist schon ok, ist vielleicht auch eine Sache, die junge Leute mehr machen als ältere. Oder sagen wir mal, die für jüngere Leute sinnvoller ist.

Tilmann: Ja, sagen wir mal, über Songs sprechen tue ich selten. Auch wenn ich andere Songwriter mal treffe, man unterhält sich erstaunlicherweise wenig darüber. Vielleicht ganz gut so. Ich habe mich oft drüber gewundert, daß man mit anderen Musikern, man spricht da eigentlich wenig darüber. Im Gespräch könnte ich es auch nie so exakt sagen wie im Lied, das macht auch die Qualität von den Liedern aus, daß sie exakter sind als ein Gespräch. Im Gespräch redet man so schnell, man harmonisiert nicht mit irgendwelchen Akkorden und in einem Lied läßt man die Worte klingen. Ich schreibe auch nie auf Papier, ich schreibe immer mit der Gitarre. Ich schreibe sozusagen im Kopf, ich schreibe nie auf Papier, sitze immer mit der Gitarre und suche dann so rum. Ich kann mir schon vorstellen, daß es das ausmacht, was die Leute mögen, auch der Klang der Worte, gar nicht so sehr daß es sich reimt, sondern daß es einfach irgendwie klingt. Fast manchmal so wie Mantras oder so. Aber wie gesagt, ob das nun so ist oder so und wirklich ein realer Ablauf in dieser Welt war oder nicht, ich glaube das spielt keine Rolle. Klar ist da irgendwie so eine Neugier, aber ich denke einfach für mich persönlich spielt das auch bei anderen wirklich keine Rolle. Björn: Vielleicht ist es für mich deshalb so, weil das eine Musik ist und das ist bei nicht vielen Musiken für mich so, daß man da immer das Gefühl hat, daß drei Leute da sind, die jetzt

Björn: Das ist ja auch etwas wünschenswertes. Tilmann: Ja, das kann man auch bei Konzerten manchmal beobachten, wie die Leute sich verändern: vor und nach der Show. Also wenn es eine gute Show war, dann hört man ja auch hinterher, wie sich die Leute unterhalten und oft hört sich das an wie Musik. Ganz schön, das irgendwie zu sehen, daß die Leute zu sich selbst Kontakt aufgenommen haben, das finde ich toll, das berührt mich auch immer, wenn ich das so sehe, daß die Leute so ähnlich empfinden, wie ich, als ich den Song geschrieben habe. Während wenn man in einer konkreten Deutung ist, dann entfernt man sich voneinander viel leichter. Auf der Empfindungsebene habe ich schon das Gefühl, daß man sich da selbst finden kann, so einen Teil von sich selbst. Ein ganz schöner Teil finde ich. Ich habe das auch selbst erlebt, als ich in Lörrach war und es war echt eine superharte Zeit, also eine der härtesten Abschnitte in meinem Leben und da habe ich dann auch manchmal - da hatten Folke und Ralf die Platte fertiggemischt - dann habe ich die 'Reisen' manchmal einfach so gehört. Das war dann für mich auch ein totaler Trost, eigentlich so eine ganz andere Dimension. Man hat so einen Raum, der ist irgendwie nicht ganz von dieser Welt und es ist irgendwie gut, da zu sein, weil man kann da nicht immer bleiben und man will da auch nicht immer bleiben, aber es ist manchmal gut, schon ab und zu wirklich lohnenswert, in diesen Raum zu gehen, finde ich. Das habe ich dann dort so richtig gespürt. Das lese ich auch in Mails, die ich kriege, da lese ich das raus. Ich kriege öfter Mails von Leuten, die z.B. irgendwie im Ausland sind, in Amerika oder Rußland oder so, die schreiben mir dann, daß ihnen die Platte gerade auch in der Fremde so viel bedeu-

Björn: Findest du es unnötig, über Songs zu sprechen? Also nicht jetzt nur über deine, wenn ich jetzt gerne mit dir über "A Day In The Life" sprechen wollte oder ein Hank WilliamsStück, fändest du das unnötig.

Björn: Ich könnte mir vorstellen, daß die meisten, die das Heft hier lesen, deinen Namen vielleicht kennen, das aber nichts Greifbares ist. Und da bin ich auch selber daran stehengeblieben, als ich vorhin überlegt habe, was ich schreiben will. Wo denkst du, daß du bist? In meinem Plattenschrank z.B. stehst du neben Tim Hardin, was aber mit dem Alphabet zu tun hat. Wenn man jetzt auf so etwas einfaches wie ein Genre runtergehen will, wo siehst du dich selber. Tilmann: Ich würde mal sagen zwischen Lloyd Cole und Leonard Cohen. Björn: Das ist gut, auch wegen der Alliteration. Tilmann: (lacht) so irgendwie. Wir haben jetzt auch diese Johnny Cash-Stück aufgenommen und das klingt auch total nach spätem Leonard Cohen, das finde ich auch ganz interessant, ganz tiefe Stimme. Hast du die gehört, die letzte Leonard Cohen? Björn: Die habe ich gehört, ja. Tilmann: Die Stimme ist ja Klasse, nicht? Ich finde die sowieso gut, aber mit der Musik. Diese ganz ganz tiefe Stimme, die er gekriegt hat, die mag ich schon gerne. Und da war ich echt überrascht, das klingt total nach Leonard Cohen. Björn: Wobei das Johnny Cash-Stück, das habt ihr ja auch live gespielt, "Orange Blossom Special" war es, oder?

Björn: Weiß nicht, mal abwarten. Tilmann: Ja. Tilmann: Genau, das kannst du noch nicht, das sind so Sachen, die findet man raus, wenn die Situation so ist. (lacht) Aber das ist schon ok, ich habe früher auch viel darüber geredet. Aber ich hatte oft das Gefühl, daß die Diskussion entartet ist, daß man vergleicht und daß man ganz viel macht und so, was wahrscheinlich auch notwendig ist, wenn man jung ist, daß man da Grenzen zieht, die sind gut, die sind schlecht. Was sich dann hinterher meistens als idiotisch herausgestellt hat. Aber das gehört alles dazu, ich meine, wie der Mensch nun mal geschaffen ist, so ist das Leben, schon ok.

Björn: Das fand ich gegen alle, die ihr sonst gespielt habt mit Abstand das schwächste. Tilmann: (lacht) Aber das hat uns schon großen Spaß gemacht. Ich hatte auch überhaupt keine Lust, das aufzunehmen. Björn: Für diese Franz Dobler-Geschichte? Tilmann: Ja, ich kenne ihn halt auch schon eine Weile und da haben wir eben mal zugesagt. Die Jungs waren auch sofort begeistert, aber


ich konnte mir nicht vorstellen, daß wir da irgendwas rausholen oder dem was geben können, dem Stück. Aber ich habe dann eben gesagt ok, machen wir. Und es hat dann schon auch ziemlich Spaß gemacht. Ich weiß nicht, ob das einen großen künstlerischen Wert hat, aber wir haben schon Spaß daran gehabt, auch live. Naja. Aber hör es dir mal an, wenn es rauskommt, ich glaube es wird dir auch ganz gut gefallen, ist echt nicht schlecht. Und du hattest mal mit Walding eine Band? Björn: Neinnein, wir haben nur ein Stück gemacht und aufgenommen.

ganz gut. Es ist nicht schlecht, manchmal am richtigen Platz zu sein. Ich glaube es ist immer ok, wo man ist. (...) Björn: Ach und das hätte ich vielleicht als allererstes fragen sollen: es geht dir gut? Tilmann: Ganz ok. Ich komme so langsam wieder auf die Beine, freunde mich mit dem Zustand irgendwie so an. Doch, es geht mir ganz gut, ja.

very important

arsch "kein schwein will mehr rühmen, jede noch so dumme sau will berühmt werden." (robert gernhard)

Björn: OK. Tilmann: Du bist aus Köln, du bist nicht irgendwie aus Bitburg oder so? Björn: Ich bin hingezogen. Tilmann: Und, wie kommst du klar in Köln? Björn: Wir fühlen uns wohl, deswegen sind wir ja auch hergegangen.

Tilmann: Alles klar, Björn. Björn: Dann wünsche ich noch einen schönen Abend und schöne Tage und danke fürs Gespräch. Tilmann: Ich danke dir. Björn: Hat mir Spaß gemacht.

Tilmann: Du und deine Freundin. Super. Und was machst du in Köln? Björn: Halbherzig studieren und auf irgendwas warten. Und ich kriege auch noch raus, auf was. Tilmann: Ja, da mußt du durch. Schauen wir mal (lacht), das wird sich zeigen. Das ist gar nicht mehr so wichtig irgendwann. Was studierst du denn? Björn: Anglistik und Germanistik. Tilmann: Naja, ich höre schon, begeistert bist du nicht Björn: Nein, ich weiß nicht, ich schaue gerade noch. Du verstehst das, du hast ja auch studiert und weißt, daß man oft steht und keine Ahnung mehr hat, warum. Ich wünschte, irgendwas könnte passieren, was mir zeigt, welcher Weg richtig ist. Vielleicht ist es ja der, ich weiß es nicht, aber irgendwas müßte mal passieren, daß ich es rauskriege. Tilmann: Ja. Ich glaube, da stehen die Chancen

Tilmann: Ja, mir auch.. Björn: Danke, bis später, tschüs. Tilmann: OK, Björn, schreib mir mal eine Mail, wenn ihr in München seid. Tschüs.

Interview: Björn Sonnenberg

eines der schlimmsten ärgernisse zur zeit ist dieses lächerliche vip-getue. ich meine diese veranstaltungen, bei denen man als vip geladen wird oder sich seine vip-karte auf irgendwelche halbseidenen umwege erschleicht, um dann am einlaß festzustellen, daß man alles andere als zu einer erlesenen gruppe von menschen gehört. im gegenteil, bei der visions-100-party zum beispiel blickte man, in der ellenlangen schlange vor dem vip-einlaß stehend, neidisch bis böse auf die wenigen ehrlichen leute, die zwar furchtbar viel geld für ihre karte ausgegeben hatten, aber dafür locker durch den leeren normalo-eingang schlendern konnten. ich meine, was sich da für gestalten als vips ausgeben! sogar wir nur gesetzt den fall, man wäre echter vip, käme man sich wohl ganz schön verarscht vor. dann diese unglaublich schlechten halsbänder. ursprünglich dazu gedacht, bakkstagepässe oder ähnliche reality-viperkennungszeichen dran zu befestigen, was ja auch durchaus seinen sinn hat, fanden es immer mehr leute (wieder muß ich feststellen, daß diese leute größtenteils weite klamotten trugen) cool, mit solchen bändern, auf denen "four music" oder ähnlicher blödsinn stand, und drangehängtem haustürschlüssel rumzulaufen. das ging so weit, daß die dinger auf festivals gratis verteilt wurden, mit irgendwelchen sinnlosen plastikkärtchen dran, und jeder depp damit rumlief, weil er entweder dachte, die leute würden das in irgendeiner weise honorieren, oder tatsächlich glaubten,

dadurch was besonderes zu sein. die einen dachten sich: geil, "bayerischer rundfunk in concert". da denken alle, ich bin beim fernsehen. (leider stand auf der daran befestigen plastikkarte "gewinnen sie ein küchenmesserset" oder so was.) die anderen dachten: haha, bayerischer rundfunk, wie ironisch und trashig, damit werden mich alle zuhause in niedersachsen für einen äußerst geistreichen spaßvogel halten. das ging dann sogar so weit, daß es die dinger bei h&m zu kaufen gab. aber damit wollen wir gar nicht erst anfangen. wenn ich das nächstemal so einen arsch mit so einem scheiß band um den hals oder an der hose oder wo auch immer sehe, der nicht gleichzeitig auch eine gitarre oder kamera mit rumträgt, dann werde ich mich wieder ziemlich aufregen, aber es wird doch nichts ändern. die leute sollten einfach mal engere klamotten tragen. mawe


24 platten die die sinnfrage zumindest für eine zeit unwichtig erscheinen lassen:

sport: these rooms are made for waiting (fidel bastro) der deutsche pop hat vielleicht auf diese platte gewartet. sport schaffen es auf großartige weise, musik und texte ineinander zu verweben, wobei weder das eine noch das andere dominiert. texte zum tanzen, musik zum nachdenken. es ist schön, den worten zuzuhören und sich seine eigene geschichte daraus zu erfinden. es geht um wartezimmer im übertragenen sinn, um nischen, langweile, ruhe, reinkommen, ausbrechen, hier sein und dort sein wollen. eine art konzeptalbum. mit furchtbar lauten gitarren und sätzen, bei denen man endlich mal wieder gänsehaut bekommt. "mein kaugummi hat lang schon den geschmack verloren, doch ich behalte es trotzdem weiter im mund, denn es ist immer gut irgendwas zu tun zu haben." the microphones: "the glow" part 2 (k records) insgesamt sehr ruhig, aber auch lärmige stellen. sehr abwechslungsreich. manche lieder erinnern an alte sachen von notwist, manche an godspeed y.b.e. und andere stellen sogar an den bombastischen minimalismus von phil glass' "koyaanisqatsi". zweistimmiger male-femaliger, schön schiefer gesang. ganz fantastische platte. new wet kojak: do things (slowboy) eine schon ein, zwei jahre alte platte: sehr düstere band um scott mccloud und johnny temple von girls against boys. dröhnen, saxophon und mark e. smith-esk in den raum geworfene satzbruchstücke. großartige texte und songtitel ("punxnotdead"). hilmar örn hilmarsson & sigur rós: angels of the universe (fat cat) soundtrack für den gleichnamigen isländischen film, der von schizophrenie handelt. wirklich sehr, sehr ruhi-

ge, sphärische musik, hauptsächlich ohne gesang, für die man sich zeit nehmen muß. dafür dann aber auch große erlebnisse hat. plus ganzwind (www.schinderwiesproductions.de) instrumentalmusik aus gitarrebassschlagzeug und ein bißchen synthesizer, die nicht ein einziges mal langweilig wird. das schaffen sonst nur couch und contriva. man erzählt sich, daß die vier straubinger bandinterne wettbewerbe veranstalten, in der art: "ich hab hier ein riff aufgeschrieben, das mir gerade eingefallen ist. wetten, daß du das in 7 minuten nicht spielen kannst?" sonst gibt es eigentlich nur zu sagen, daß ich mir die cd auf einer langen autofahrt durch den winter angehört habe und gar nicht mehr gemerkt habe, wie die zeit vergeht, so sehr bin ich in der musik versunken. und daß ich danach ganz aufgeregt war. weil ich das gefühl hatte, etwas verdammt großartiges entdeckt zu haben. neu! (grönland) wer denkt, daß stereolab innovativ sind (bzw. innovativ waren, als sie angefangen haben :-), der höre sich mal neu! an. "hallogallo", das hauptstück auf ihrer ersten platte, ist stereolab vor 30 jahren. zum glück durfte herbert grönemeyer die drei alben wiederveröffentlichen, sonst hätten wir jungen leute womöglich nie erfahren, daß krautrock mehr als nur ein blödes wort ist. starlight mints: the dream that stuff was made of (seethru/pias) großartiges debüt aus flaming-lipsstadt oklahoma city. ein kuddelmuddel aus geräuschen, furchtbar vielen instrumenten, quengeligem frankblack-gesang und weiß auch nicht. eine der besten platten der letzten zeit jedenfalls. violent femmes meet pixies meet beatles. seafood: when do we start fighting... (infectious/pias) unlängst im vorprogramm der sportfreunde stiller zu hören: das zweite full-length-album der londoner seafood und das erste, das in deutschland erhältlich ist. in england auf

dem ash-label erschienen, im NME gelobt und auf platz 71 (oder so) in die englischen charts eingestiegen, bei uns aber leider und unberechtigterweise kaum beachtet. die drei jungen und die schlagzeugerin, die sowohl nett sind als auch feiern können, machen "amerikanischen sound mit englischen gesang" (marc liebscher). zwischen jimmy eat world, sonic youth und placebo. live noch mal ein stück besser. stina nordenstam: this is... (independiente/sony) stina nordenstam ist einfach gut und ihr neues album ist noch besser. nicht mehr ganz so reduziert und mit gastgesang von brett anderson. julee cruise meets looper. sonny jim: im schatten junger mädchenblüte (blickpunkt pop) wir sind vielleicht nicht ganz unbeteiligt daran, daß es dieses album so gibt. vielleicht wäre es aber ohne uns genauso gekommen. diese regensburger machen irgendwas mit z.b. blur, air, underworld und mercury rev, das ich nicht so ganz greifen kann, aber es tritt arsch. the moldy peaches (rough trade) ultramegacharmant, was die frau und der mann da machen. eine art leiser rock'n'roll. erinnert mich, vor allem vom gesang, an mirah, deren album "you think it's like this but really it's like this" man sich übrigens auch schnellstens holen sollte, wenn man diesen trash-charme mag. die beiden hier jedenfalls ziehen sich angeblich live hasenkostüme oder so was an. locas in love: rio veneno (www.wuwton.de) die zuhause aufgenommene, wunderschöne cd von björn und steffi, neuerdings noch mit niklas dabei. von 7 liedern sind 3 coverversionen (lou reed, beach boys, beatles), aber das ist völlig in ordnung. im gegensatz zu björns anderen bands unser kleiner dackel und schwedenmöbel viel zerbrechlicher. live aber die wucht in dosen. wenn sie "stefanie sagt" spielen, bin ich zu tränen gerührt.

sternbuschweg: o.w. (www.sternbuschweg.de) als ich die vor kurzem beim autofahren gehört habe, hätte ich fast angehalten, um die leute anzurufen und zu fragen, warum sie denn so unglaublich gut sind. musik für den frühling im kopf. ein lied heißt "ich verbringe meine geburtstage in einer mülltonne, warum". musik, die einen versteht. und textzeilen wie "julia, ich spring vom dach, drum küss mich auf dem pflaster wach" gibt es viel zu selten.

schöne sachen wie for stars und the mother hips beschert hat. fast nur hymnen auf dieser platte. die vielstrapazierten beach boys müssen wohl auch hier wieder als vergleich herhalten, aber auch teenage fanclub. the notwist: neon golden (city slang) braucht man kein wort mehr drüber verlieren. "consequence" ist das lied, bei dem ich mich mit der welt versöhne.

clayton farlow: sunshine loaded head (tumbleweed)

mogwai: rock action & my father, my king (southpaw/pias)

eigentlich fast die perfekte pop-cd. je länger ich sie habe, desto besser gefällt sie mir. je öfter ich sie live sehe, desto größerer fan werde ich. und die gitarren hören sich nun wirklich gar nicht wie nähmaschinen an.

beides wieder grandiose cds. das album (rock action) sowie die 1track-single mit der 20minütigen interpretation des jüdischen liedes "may father, my king". mogwai halt. im letzten fall mogwai live halt.

the bigger lovers: how i learned to stop worrying (munich records)

savoy grand: burn the furniture (glitterhouse)

eine weitere großartige veröffentlichung des holländischen munichlabels, das uns in letzter zeit so

höhepunkte der langsamkeit. ihr debut war mein album des letzten jahres. als ich sie live gesehen

habe, wußte ich, daß sie es nicht darauf bewenden lassen würden. die radiohead-konzerte sind inzwischen zu voll, gehen wir lieber zu savoy grand. vibraphon is the new moog. lali puna: scary world theory (morr music) die erste platte von ihnen war schon fantastisch, sogar schon bevor sie den lieblingsband-vonradiohead-stempel aufgedrückt bekamen. und diese ist, auch wenn man das nicht für möglich gehalten hätte, tatsächlich noch besser. bitte. kauft. euch. alle. diese. platte. und wenn ihr euch dieses jahr nur eine einzige kauft. isolation years: inland traveller (stkckman) schwedische cowboys schreiben lieder von trauriger schönheit, teilweise mit bläsern, der gesang erinnert etwas an granfalloon bus, die musik ist schöner als bei R.E.M. aus irgendeinem grund macht diese musik verdammt glücklich, und vielleicht ist es gut, dass man nicht sagen kann, warum.


belle & sebastian: johnathan david & i'm waking up to us (jeepster)

giardini di miró: rise and fall of academic drifting (homesleep)

die beiden letzten maxis, nur der vollständigkeit halber. das letzte album fand ich ja nicht so, aber seit johnathan david kaufe ich wieder alles ungehört, um es anschließend super zu finden.

zum glück gibt es auch in italien traurige menschen. gezupfte gitarren, geigen, trompeten, melodica, verzerrte gitarren, sehr wenig gesang. das sind die italienischen mogwai. zwar mit nicht so brachialen leise-laut-wechseln, eher leisemittellaut, aber genauso herzzerrei-

ABT.: PLATTEN, DIE KEINE SAU BRAUCHT taylor savvy: ladies & gentleman (kitty-yo) was für eine ärgerliche, schlechte, langweilige und nervige platte. bei dance-musik greift kitty yo immer ganz schön ins klo: gonzales, peaches und jetzt das. louie austen hatte noch den vorteil, daß er alt war. solche nachsicht fällt hier aus. was wohl als sexy soul durchgehen soll, klingt allerhöchstens wie eine art prince für arme. oder ein noch langweiligerer jamiroquai. beim tanzen schlafen einem die füße ein, beim zuhause hören alles. da nützt ihm das ganze "oh mein gott, hat der mann stil!"-getue auch nichts. und dann noch dieses ständige sich-selbst-gehype. muß sich wohl dauernd sagen, wie toll er ist, sonst würde er es nämlich nicht merken. wie es niemand merkt. gebt dem typen mal nicht so viele runterbringer, wenn er eine platte einsingen soll. dann dauert sie das nächste mal auch nicht so lang. (mawe)

ßend. mit wunderschönen harmonien. die einem diese wohlige, angenehme traurigkeit geben, die man manchmal braucht. von der man auch gar nichts weiter erwartet. mawe

TRANsistoR Notwist oder AUSSEN GRUNDIG _ INNEN PFUNDIG Video killte bei den Buggles einst the Radiostar. Das ist lange her und inzwischen hat sich Alternativ-Video mit dem Ende von VIVA2 auch ins Bein geschossen. Gut, also wieder zu: Das Imperium schlägt zurück. In Form von Notwist. Lieblingsband allenthalben und jetzt mal wieder mit einer neuen Platte in aller Läden und Ohren. So fuhren wir (soll heissen: Babs und ich) nach München, um ein Experiment zu bewundern. Das Experiment, das The Notwist von der Rockband zum Kunstspektakel befördern soll. Das funktionierte in der Theorie und grösstenteils praktisch so: The Notwist spielen ein Konzert im Pathos Transport Theater. Nicht dabei: Ihr Tastenmann und Elektroniker Martin Gretschmann aka Console. Der nämlich würde gleichzeitig ein Stockwerk tiefer Schall erzeugen, der im Grunde nicht in den oberen (Haupt-) Raum gelangen dürfte. So, denkt man sich, ist ja völlig nutzlos dann, oder? Eben nicht, weil genau hier der Radio ( Das Wort "Radio" spreche ich laut Ralf Summer, der bei ebenjenem arbeitet, immer lustig bayrisch aus, was ich mir nicht abgewöhnen kann) ins Spiel kommt. Das Radio, nennen wir es der Einfachheit ab jetzt Zündfunk, wenn es sich um die Software handelt und weiter der Radio, wenn es um Hardware, also Empfangsgeräte geht, überträgt nämlich via Zündfunk (?!) das Konzert in unsere Radios (?!?!). Okay, ich probiers einfacher: Der Console-Auftritt wird via Zündfunk in Bayern2 in die Radios der Leute übertragen, die genau in dem Augenblick vor der Bühne von (Grossteil-) The Notwist stehen. So kann der geneigte Konzertgänger sozusagen beides hören, wenn er mit einem Ohr dem Radio und

dem anderen dem umfangreichen P.A.-System lauscht... Mein duales System kennt keine Grenzen. Schon letzte Woche fragte ich bei meinem Vater an, ob er mir nicht einen seiner Radiogeräte leihen kann. Ich besitze nämlich keines (Hallo GEZ!). Zu meiner Überraschung suchte er mir sogar eines der prächtigsten Exemplare seiner Zunft raus: Ein Grundig Yacht Boy 230 gehüllt in schwarzer Kunstledertasche und laut Aufschrift "16 Bands" empfangbar. Ich wollte nur eine hören und kaufte neue Batterien, um alle technischen Grundfunktionen garantiert zu bekommen. Doch eben jener Grundig Yacht Boy 230 (was für ein Name) wollte in diesem Pathos Transport Theater kein Bayern2 also keinen Zündfunk übermitteln. Trotz "16 Bands". Kam mir eh schon spanisch vor, das Ding. Es stand nämlich auch was von "Stereo Radio" drauf, obwohl es nur einen Lautsprecher gab. Dass das nicht funktioniert, lernte ich schon in frühester Kindheit, als ich den Unterschied zwischen Falcos "Jeanny" im Kinderzimmer-MonoRadio und dem gleichen Stück in der Wohnzimmer-Stereoanlage studierte. Ja, so standen wir also da und schraubten am Tuning-Knopf. Tauschten Insider-Infos aus, ob es den bei 88,4 oder eben bei 98,6 besser gehen würde. Ich drehte und fand keine halbwegs nach Bayern2 klingende Frequenz. Kurz vor 23 Uhr kam dann aber schon die Band auf die Bühne und Console Gretschmann nahm an seinem Computertischchen Platz. Egal. Jetzt wird gerockt. Forget about richtigen Empfang hier, schliesslich hatten doch auch andere Radios, die eine gewisse Grundversorgung boten. Punkt 23 Uhr. Es wird ruhig -> weil Bayern2- Sendung vor dem Zündfunk aus ist.


For sTArS we are all beautiful people.

Es wird laut -> weil alle schreien, um die Band (die ja nun schon eigentlich gut 20 Minuten da steht) zu begrüssen. Und als der Saal dann endlich den ersten Ton von Console erwartet, dann: Es wird gelacht-> weil eine Sprecherin die Nachrichten mit der Zusammenfassung des Tages ankündigt. So stehen da also ca. 400 Menschen und hören sich kollektiv die Nachrichten an. Komisches Gefühl. Die Achers (Notwists AnführerBruderpaar Micha und Markus) starren zur Decke und machen sich Gedanken zu Kanzlerkandidatur und Afghanistan-Lage. Danach schauen sie sich grinsend an, als die Sprecherin ein Jazzkonzert in Bayern4Klassik ankündigt. Hätten sie jetzt wohl auch gern gehört. Nein, hier wird gearbeitet, denkt die Masse vor der Bühne und schreit wieder los, als Consoles erste Töne über den Äther gehen. Die Notwists stehen da, wippen mit und machen erst mal zwei, drei Minuten nichts. Dann setzen die Gastmusiker ein. Also vier Bläser_innen und ein Percussionist, zu denen sich dann die Klänge von GitarreBassSchlagzeug aka The Notwist gesellen. Ich muss wirklich zugeben, dass ich schon lange nicht mehr so nervös vor einem Konzert war. Glaube sogar, dass ich nervöser als die Bandmitglieder war. Die wussten ja, was uns erwartet. Ich noch nicht. Wer hatte also einen Ruf zu verlieren? Nee, ich nicht, die doch, oder? Ja, aber als Lieblingsband muss man halt richtig tief ins Trickkästchen greifen, um uns hier bei der Stange zu halten. Ich kannte die neuen Lieder schon, was mich dazu brachte laut mitzusingen.

Neben mir ein Mädchen, dass ihren Radio ans Ohr hielt, verwundert lauter drehte, leiser drehte und feststellte, dass ich das war, was sie als Störung empfand. Das Gröhlen kam eben nicht von einem, auf der Dingsbums-Skala benachbarten Sender mit Hits der SiebzigerAchzigerNeunziger und dasbestevonHeute, sondern von mir. Mir war das peinlich. Sie aber lächelte mich an, meinte: "Macht nix!" und lieh mir gar ihren Empfänger. Jaja, The Notwist-Fans. Der Tragweite des Fortschritts bewusste Menschen und obendrein noch liebenswert... Zwischendurch probierte ich immer mal wieder, die richtige Frequenz beim Yacht Boy zu finden, landete aber grundsätzlich bei lauten Chartssendern, was noch mehr Unruhe bei meiner direkten Umwelt auslöste. Zur Musik: ich bin verliebt in diese Platte. Schon das erste mal, als ich The Notwists "Neon Golden" hören durfte, während ich in einem Passat Kombi durch die Berliner Nacht gefahren wurde, war ich befallen. Befallen von der Vielfalt dieser Popmusik hier. Jetzt das alles vor mir und um mich. Was´n Konzert! Nur 45 Minuten, dann ist die Liveübertragung via Zündfunk schon aus und "nichts mehr möglich" (Markus Acher). Dafür bedankt er sich artig. Babs holt unsere Jacken und will, glaub ich, heim. Ich aber, sonne mich im Scheinwerferlicht bekannter ZündfunkModeratoren und mache mit ihnen dubioses aus. Das ist doch mal was. Wir fahren. Text: Säm Photos: Barbara Klobouk

die kalifornische band for stars veröffentlichte letztes jahr ihr großartiges drittes album "we are all beautiful people" auf dem holländischen label munich records. es ist das erste, was for stars in deutschland veröffentlicht haben; die ersten beiden alben "for stars" (1998) und "windows for stars" wurden außer in amerika nur in england, spanien und benelux vertrieben. im november letzten jahres kamen sie für ein paar konzerte zum ersten mal nach deutschland, in europa haben sie vorher (2000) nur in spanien gespielt, u.a. auf dem legendären benicassim-festival. frank weißenborn (q) hat sänger und gitarrist carlos forster (c) und gitarrist mike young (m) von for stars interviewt. ausschnitte davon wurden bereits im freien radio kassel gesendet. q: …your last name is forster, has this anything to do with for stars?

start playing loud music. it sounds like too cute.

c: we get asked that a lot. well, honestly I tell people that it doesn't and people don't believe me. but it didn't come to mind until after we actually had our name on our cd. sounds like I'm pretty stupid not noticing that, but - I didn't.

q: I think the press just needed a new thing.

q: in the last 1 or 2 years there was a movement in europe, a kind of hype thing called "quiet is the new loud", have you heard about that? m: yeah. I think loud is the new loud. c: if quiet is the new loud, then I would support that just because I would like to see people buy a record because they actually like it. when people buy it because of the hype I think that - it's kind of ridiculous. I mean, a lot of the quiet bands are pretty good, but it's like - we weren't quiet because we were… I mean it's just so weird. and our new record isn't quiet anyway. we have a good friend, m. ward, he put some records out on glitterhouse recently, really beautiful, neil-young-ish a little bit, but a little more wispy, and I was telling him about this thing quiet is the new loud because I read about it somewhere, and I think everybody who plays quiet music now really wants to

c: if that is the new thing, it would probably help us. I love it. quiet IS the new loud! q: how did you get to play this kind of music, this sound? you've been talking about neil young, can you tell me about other influences? m: I guess something that always comes to mind to me is people, when I read articles and they say things like radiohead or the flaming lips or mercury rev, which I think are all very good bands, but I don't think we're influenced by those bands, I think that's too close. I think the influences you hold dear are the influences that kind of take you back and make you feel like something's timeless. I mean, that's the idea of the kind of, I think, wrong truth for us with for stars as a band name, as what is timeless. c: I mean, it's not the coolest name in the world, it's just… it's a name that represents something, I guess. basically, everything we're doing is just because we love doing it, I mean, we don't love this certain kind of music or that kind of music. we do the music because it's natural. whether or not it's timeless, I would like to think it's timeless. everything I listen to is


clayton farlow café sehnsucht

is timeless, I don't listen to who's ever hot for three minutes or something. m: you and I could have a conversation about jazz for the next 20 minutes, and carlos and you could have a conversation about joni mitchell for the next 20 minutes. c: but we're not going to! I mean, I could have like a 2-day-conversation about all that, I mean I'm a huge… she's probably my favorite singer. I've liked her music since I was a little kid. I don't even listen to neil young that much any more, I loved him probably as much as I liked joni, but I still listen to her all the time and I can't stop listening to her. I think it's just because there's something about her songs that is totally not right. in a sense that is just unique. I don't know, there's something weird about her music. it's catchy, but it's not poppy or whatsoever. it's kind of dark and strange. it's complex in a very simple way which I love about her. m: what I was going to say about the way we're doing this music: people asked us, why does it change from album to album - but I think it's more about… carlos writes these lyrics

and the melodies and the vocals, and they evoke moods in all five of us, and then it's almost thinking cinematically, not metaphorically, but in what world do all those moods live in, and then trying to develop and create this world for those to sit in, and it could be any style, it could be quiet or loud or whatever it tends to take on as its kind of natural development. that's kind of how I see what we do. q: one more question, talking about the san francisco music scene: did you ever have contact with the traditional classic san francisco rock scene, did you ever meet bob weir*? m: I met phil lash*, but under different circumstances than music. I do architecture, and he was at a building rehearsing with his band that we were converting into a music studio. we basically kicked him out. that's my run-in with the classic san francisco music scene. but there's also another classic san francisco music scene, it's kind of the generation before us, there was the american music club and the red house painters, and we've met them. * the grateful dead

einen passenderen treffpunkt als das "café sehnsucht" hätten wir nicht wählen können, dachte ich mir, als ich an diesem kalten, verregneten spätnachmittag durch die dunkle gasse in ehrenfeld lief. ich hatte mich mit patrick verabredet, sänger der bonner band clayton farlow. daß wir ein interview draus machen könnten, fiel mir erst kurz vorher ein, eigentlich wollten wir uns zwischen dem streß des klitpop-konzerts am vorabend und dem des introducing-festivals, zu dem wir dann gemeinsam gehen wollten, nur mal in ruhe unterhalten. dies ist deshalb auch mehr ein gespräch als ein richtiges interview, aus dem ich die möglicherweise auch für andere relevanten stellen herausgesucht habe. clayton farlow besteht aus patrick schäfer, david damschen und christoph schneider. letzterer hat vorher bei soap bzw. später soccer gespielt, die sich letztes jahr aufgelöst haben. patrick und david waren bei den ebenfalls aufgelösten popnauts. die erste 6-track-cd "sunshine loaded head" erschien ende letzten jahres auf tumbleweed records (siehe auch "23 platten"). eine großartige pop-platte, wie ich finde, ein bißchen richtung stone roses, aber nicht als programm. keine ohrwürmer-aufs-erste-mal, die nach 5, 6mal hören ihren reiz verlieren, sondern durchdachte konstrukte, die sich einem erst mit der zeit vollständig öffnen. zudem hat patrick eine wunderbare stimme und kann live mit ebendieser nahezu sämtliche instrumente nachahmen. eine art bio-sizer. außerdem pfeift er zweistimmig. es hört sich zumindest so an. beim thema popnauts steigen wir in die unterhaltung ein. >>> Fortsetzung S. 34


p: ... also, wir haben diese drei singles gemacht, und danach haben wir irgendwie den freund von der diane von den lemonbabies kennengelernt, und der hat gesagt: ich find das super, was ihr macht, kommt mal vorbei, das studio ist ne woche frei, ich nehm euch auf und wir gucken mal, was wir damit machen. wir haben erst ein paar sachen im vielklang in berlin aufgenommen und später nochmal einige songs in diesem riesigen audio-studio in berlin aufgenommen und es wurde auch ziemlich fett, aber leider ein bißchen zu glatt für meinen geschmack. aber letztlich haben wir dann auch kein label dafür gefunden. und irgendwann, als es dann ein label gab, das es veröffentlichen wollte, war eigentlich schon klar, daß wir uns auflösen, weil simon, der bassist, nach berlin gezogen ist. dann haben wir, kurz bevor er weggezogen ist, nochmal aufnahmen gemacht mit den letzten stücken, aber die sind auch nie erschienen. jetzt haben wir so 16, 17 unveröffentlichte stücke. m: ich hätte gern ein ginger ale. p: für mich ein pils. ich kenn den laden auch nicht, ich war hier noch nie, ich hab nur einen guten freund hier in ehrenfeld, der hat mir davon erzählt, der überspielt mir auch ständig irgendwelche highlights - der typ, bei dem ich zum ersten mal was von halo benders gehört hab und so m: da will ich mir seit langem ne platte kaufen, aber die gibt's irgendwie zur zeit nicht. die "god don't make no junk", wo dieses großartige... beide: "don't touch my bikini"!

p: …wir werden jetzt bis juni eher wenig machen, auch kaum konzerte geben, und dann irgendwie versuchen, die lp fertigzumachen. m: macht ihr die wieder auf tumbleweed? p: ich denke, wir werden versuchen, ein größeres label zu finden. m: hat tumbleweed einen vertrieb? p: ja, die haben schon einen, grand harbour, ich weiß aber nicht, wie groß der ist. die machen schon ein paar bekannte sachen, wie modest mouse, und bringen das auch in die läden, also wir stehen schon im saturn und so. bis jetzt können wir uns eigentlich nicht beschweren. wir hätten nur einfach gern ein größeres label, um auch mit dem ganzen organisationskram nicht mehr so viel zu tun zu haben. jetzt die cd haben wir auch selber bezahlt. die haben gesagt, wir machen das, aber wir haben im moment keine kohle. wir geben euch vertrieb, machen die promo und kümmern uns um solchen kram, booken vielleicht mal ein bißchen, und ihr bezahlt. wir wollten einfach mal eine visitenkarte haben. das war ein halbes jahr, nachdem wir uns gegründet hatten. uns gibt's seit karneval 2000, und im herbst 2000 haben wir die aufnahmen gemacht. clayton farlow haben anfang november ein paar konzerte mit den großartigen for stars gespielt. bei einem durfte meine eigene band auch noch mitspielen, als support-support sozusagen. hier klinken wir uns wieder ein. p: die for stars waren jeden abend geil, das war der hammer.

p: der hammer. ich hab das gehört und... m: waren an den anderen abenden mehr da? die üblichen gespräche unter musiknerds. immer wieder schön, wenn nette leute die gleichen sachen gutfinden wie man selber. aber das kennt ihr ja. wir wollen uns hier lieber wieder auf clayton farlow konzentrieren.

p: nein, es waren jeden abend nur vielleicht 20 leute. in marburg, im cafe trauma, warens immerhin so 60-70, das war auch der beste abend, netter laden.


m: diese 20 leute sind wahrscheinlich überhaupt erst gekommen, weil stephan, thomas, niklas und ich damals auf dem dach so ausgeflippt sind. wir haben uns da selber in so eine for stars-euphorie reingeschrien und alle total enthusiastische reviews geschrieben. im presseinfo standen ja auch lauter zitate von uns drin. p: ich hab mir das konzert jeden abend noch bewußter angehört, es war nicht so, daß wir am zweiten abend gedacht haben: jetzt gehen wir raus, wir kennen ja eh schon die lieder, sondern es war eher so: ich darf keine sekunde verpassen. und wenn die 20 leute 200 gewesen wären, die hättens auch alle geil gefunden. irgendwann kam das gespräch auf die freundlichkeit oder nicht-freundlichkeit anderer bands. mir war schon öfter aufgefallen, daß amerikanische oder auch englische bands immer viel freundlicher sind als deutsche. p: wir haben mal mit stereo total zusammen in münster im gleis 22 gespielt, und dann meinten wir vor dem konzert zu ihnen: wie siehts aus, wollen wir singles tauschen? und françoise nur irgendwie: warum? ich meinte so: ja, warum tauschen? dann habt ihr unsere single und wir eure! und sie so: ja, naja gut. ich geb ihr also drei und sie gibt mir eine. sie: was soll ich mit drei? ich mein, sie waren zu dritt. irgendwie hat sie das überhaupt nicht verstanden. wir haben auch den ganzen abend nicht großartig miteinander geredet, die waren irgendwie ziemlich anti. seitdem hab ich keine stereo total mehr gehört. irgendwie hats mich einach nicht mehr interessiert. m: wir haben vor kurzem mit solex gespielt und die war auch sehr reserviert. also gar nicht wie mans jetzt bei for stars erlebt hat, daß sie einem gleich entgegenkommen, hallo, ihr müßt die vorband sein, freu freu... p: aber das war auch dieses ami-ding. zum beispiel haben wir mit for stars ja am zweiten

abend in hamburg gespielt, und da war unser konzert scheiße. die kamen danach zu uns und sagten: hey, war super! und ich meinte: wirklich, fandest du? - ja, war super! - also, ich fands schlechter als das letzte mal. fandest dus wirklich so gut wie letztes mal, weil da hast du auch gesagt, es war super. dann meinte er so: nee, das letzte mal wars richtig gut, heute wars nicht ganz so gut, aber auch gut. weißt du, immer dieses positive. das ist ok, das ist sicher auch eine stärke der amis, aber ich finds scheiße, daß die dann irgendwie schwierigkeiten haben, mit der kritik fertigzuwerden, wie wir sie nach den konzerten ganz normal üben. da sind wir auch einmal ein bisschen aufeinandergeprallt, europa auf amerika. war nicht schlimm, ich bin nur nach einem konzert mal zu carlos und mike und meinte, dass ich die härteren stellen richtig gut gefunden hätte an diesem abend und dass sie ruhig mal ein bischen mehr rocken sollten oder sowas in der art. übrigens hatte ich das vorher auch schon will gesagt, dem wirklich phantastischen neuen schlagzeuger, der ist brite, der hat sich gefreut und meinte ich sollte das mal den anderen sagen. hab ich dann gemacht. das kam nicht so gut. carlos hat sich dann ein bisschen darüber aufgeregt, dass in europa die leute immer ankommen würden und sagen: hey ich fands toll, aber macht doch das und das noch anders, tippel nicht so mit den füssen und so weiter... seine freundin, eine französin, würde es auch immer so machen, wenn sie essen gehen und das essen wirklich ok wäre. sie würde immer sagen, was man noch besser machen kann oder so. er meinte, er hätte einfach keinen bock sich da reinreden zu lassen und er würde da nur auf sich und vielleicht auf die band hören. für den einen wäre die musik halt vielleicht ein bisschen härter schöner, für den anderen aber möglicherweise eben genau so perfekt. irgendwie hat er ja auch recht. ich gebe da z.b. oft zuviel auf die meinung anderer. am nächsten tag beim konzert in marburg spricht mich so ein typ an der theke an: hey, du bist doch von clayton farlow! stimmt, meine ich, und... hat's dir gefallen? er: nee, ich fands nicht so toll... und wollte mir genau sowas

erzählen, warum ihm das nicht gefallen hätte und was wir anders machen sollten. ich mein', wieso spricht der mich dann an. da musste ich an das gespräch mit carlos denken, ich hab dem typen gesagt dass ich es super gefunden hätte und das mich sein kommentar eigentlich ziemlich wenig interessieren würde. insofern

meine ich hat carlos schon recht. mir ist auch wichtig, kritisiert zu werden, aber man darf halt nicht vergessen auf sich selbst zu hören. m: ich geh mal aufs klo und dann müssen wir langsam los. mawe

HITS: SÄM THE SMITHS KINDHEITSTRAUM "IN THANKS TO-LISTEN STEHEN" ERFÜLLT BEKOMMEN (DANKE BEIGE GT, SONNY JIM, MIKROFISCH) BERND BEGEMANN-KONZERTE OHNE MAGGI-FIX-FÜR-IRGENDWAS KOCHEN LERNEN THE NOTWIST - NEON GOLDEN GRÜNER TEE TIPP KICK REISEN_ZUM BEISPIEL ZU VIER VERSCHIEDENEN KONZERTEN IN FÜNF TAGEN NACH (IN GENAU DER IRRSINIGEN REIHENFOLGE): MÜNCHEN (CONSOLE), MÜNSTER (ATOMIC+THEES UHLMANN), BERLIN (OASIS) UND NÜRNBERG (VIRGINIA JETZT!) TATENDRANG


Michael checkts? Komme gerade aus dem Plattenladen meines Vertrauens und bin etwas verwundert. Sah ich doch da im Regal mit den Vinyl-Neueingängen das neue Album von Michael Jackson, drehte mich um zur Ladenbesitzerin und schaute sie schief an. Michael Jackson? Warum denn das jetzt? Und vor allem: Warum denn das jetzt hier? Sah schon riesige Aufsteller zur Platte bei den grossen Medienmärkten und verstand das. Jackson ist ja doch Thema. Aber zwischen neuen Platten von Lali Puna und Adolf Noise, sogar Mawes Mikrofisch wollte ich das nicht sehen. Sie selbstverteidigte sofort und sprach von Jacksons Rolle in der Musik. Von den Kids aus den Slums, die Hoffnung daraus schöpften und das genauso brauchten. Ich überlegte und mir fiel dann doch wieder nur ein, dass es im Hause Jackson Prügel vor den Auftritten gab. Dass es da auch Kinderschänder-Vorwürfe und Sich-selberweiss-färben gab. Kann da keinen Zusammenhang mit schwarzen Ghettokids sehen. Michael selber angeblich fast pleite und das letzte Geld für Top-Produzenten auf den Tisch gelegt. Ohne Chance, dafür gute Kritiken zu bekommen. Was? Madonna machte das doch auch? Hm, stimmt. Aber warum finde ich die wieder gut und Jackson nicht? Ja, du hast schon recht. Michael hat bestimmt mehr für die Musik geschafft, als Madame Ciccone jemals, aber... Ich will "Invincible" gar nicht hören. Aber muss ich ihn verfluchen? Tue das. Madonna meint es ernst, finde ich. Hat die Ambition nicht verloren. Jackson aber, so glaube ich, sitzt daheim in Neverland und würde lieber mit seinem Affen rumtollen, als schon wieder Lieder einsingen zu müssen. Welcher grosse Star aus den 80ern darf nun wieder Comeback-Alben rausbringen und wer nicht? Kiss fand ich gut. Die Sex Pistols nicht. Warum? Weil Kiss sich selber parodiert haben

und die Pistols augenscheinlich Geld brauchten. Wie würde ich entscheiden, wenn ich damals gross gewesen wäre und Millionen Platten verkauft hätte? Wäre dann jetzt auch gern noch erfolgreich. Aber weiter entwickeln sollte man sich schon auch. Und das Glänzen in den Augen behalten. Nur dann zählt das was. Oder New Order. Gerade läuft eine alte Platte bei mir. Und die neue? Die hab ich nicht, finde aber die Singles ganz gut. Die will ich auch im Plattenladen angeboten bekommen. Was hat denn dann der Jackson? Vielleicht liegt es am ganzen Brimborium drum rum. Michael lebt einsam und verrückt auf einer riesigen Farm und keiner weiss, was er dort macht. Ich weiss nicht, welche Musik er hört und ob er überhaupt noch auf so was abfährt. Vielleicht ist er schon eine Stufe weiter und benutzt eigens für ihn entwickelte Hördrogen, also Klänge, die wie Rauschgift wirken und durchs Ohr aufgenommen werden. Würde mich bei ihm nicht wundern. Er ist unnahbar. Wenn er auftritt, weiss man nie ob er es wirklich ist und wenn er es denn sein sollte, ist das verdammt gruselig. Er ist verdammt arm dran. Liebt er überhaupt? Und wen? Er hat ja Kinder (wobei ja nicht sicher geklärt wurde, wie die denn entstanden). Die muss er doch lieben. Aber wo sind sie? Gehen die auf eine Schule? Haben die auch Freunde? Oder dienen sie Michael gar als Spielzeug? Michael Jackson traut man eben alles zu und genau deshalb kann er alles machen, ohne zu überraschen. So konnte die neue Platte auch kein Erfolg werden. Und ob sie dann in meinem Plattenladen jemals über den Tisch geht, werde ich in den nächsten Wochen bestimmt verfolgen... Säm P.S.: Sechs Wochen sind jetzt vergangen und die Platte steht immer noch da. Isolde hat alles zurückgenommen.

POPKOMM "Ich könnt´vor Wut in meine Bibel beissen!" (Jürgen Fliege)

hallo pop! du bist eine verlogene, elitäre sau. und dein kleiner bruder indie, der dich ja eh immer mehr nachäfft, ist genauso. ehrlich! und du, pop, glänzt doch nur noch von aussen. jeder merkt doch, wie schlecht es dir geht. willst uns in drei tagen zeigen, was für´ne geile sau du sein kannst. hast dich aber schwer überschätzt. wo sind denn die augenblicke, die mir das glänzen in die augen zaubern? wie willst du mich denn überreden, weiterhin dein freund, nein, dein diener zu sein? indem du immer wieder neue "superplatten" ausspuckst, die mich erstmal zum freuen bringen, mir dann, nach ein paar tagen, aber doch auf den wecker gehen...nur weil alle behaupten, sie wären soooo gut. die aber nicht zweimal hören, weil sie doch längst schon wieder was neues haben. und deine live-konzerte erst. hab sie gesucht. die richtig guten. über die auch die band noch später einmal spricht. nein, stattdessen spukkst du blumfeld auf die bühne. genau, die hamburger, die ich immer so mag. aber lässt sie halt nur mal wieder ihre lieder spielen. distelmeyer halt wieder über publikumsschreie witze machen. aber hat er auf sie gehört? wollte er wissen, wie man sich da fühlte? oder dachte er sich: "ich möchte nicht, dass ihr meine lieder singt". wer denn dann? der chefredakteur vom spiegel? hey, ich hab endlich festgestellt, wie man die schlechten von den guten konzerten unterscheidet: bei den schlechten starre ich da vorne auf die bühne, weil sich da alles abspielt und warte

auf unterhaltung. bei den guten findet das konzert um mich statt. in dem typen mit der lederweste neben mir. in der luft über mir. und am boden unter meinen füssen. überall. ich weiss nicht, ob ihr das versteht, aber superpunk und die sterne haben mich am wochenende dazu gebracht, doch noch weiter zu machen. weiter nach neuer musik zu flehen. weiter grinsen, wenn ich konzertsäle betrete. und weiter das hier zu machen. danke sterne. danke superpunk. Es war verdammt knapp! wirklich. säm 19 august 2001 Mein Eintrag ins Internet-Forum unseres lieben kleinen Fanzines hier. Jetzt, zwei Monate und zwei Tage später, sitze ich hier und höre Musik. Musik, der ich zuhöre, bei der ich lächle. Weil sie mich berührt. Das Popkomm-Gefühl? Es ist schon noch da. Nicht mehr ganz so böse, aber immer noch präsent im Kopf. Vor mir liegt das Popkomm-Programmheft. Ich habe es während des Lado-Abends im Gebäude 9 vollgeschrieben. Bis ins die kleinste Ecke. Hab reingeschrieben, weil ich wütend war und niemand in meiner Nähe war, der das annähernd verstehen wollte. Wieso auch? Waren ja tolle Bands auf der Bühne. Und so viele Fans im Publikum. Kann man doch nicht meckern, oder? Doch. Leider. Denn ich habe da gerade festgestellt, wie ich ein gutes von einem nicht guten Konzert unterscheiden kann. Wie? Was? Steht schon da oben? Egal. Nochmal: Ich habe Bands gesehen, weil man mir sagte, dass sie gut seien. Stand hinten im Raum und starrte zur Bühne. Das aber langweilte mich. Bis ich entdeckte, dass über mir eine


2 0 0 1 POpKOMM Discokugel hing. Die war dann, wie es bei Discokugeln ja sinnvoll ist, von der Seite beleuchtet. Die Reflexionen wiederum flogen an der Wand neben mir vorbei. So schnell, dass ich verzaubert war von den kleinen Punkten, die da auf mich zu kamen. Die Band völlig vergessen, legte ich meinen Kopf an die Wand und erlebte Punkte die mir gegen den Kopf schossen. Rot und verdammt schnell. Immer gegen und durch meinen Kopf. Eine gute halbe Stunde lang. Ich war so fasziniert, dass ich die Musik nicht mehr beachtete. Die war ja vorne auf der Bühne und nicht hier, wo mir diese Lichter entgegen flogen. Wir folgern daraus: Abgelenkt - Band übersehen - nicht an Musik erinnern können - kein gutes Konzert. Paar Stunden später. Die Sterne. Hatte eigentlich gar keine grosse Lust mehr, die zu sehen. Hatten mich auf der letzten Tour und mit der letzten Platte ziemlich enttäuscht. Und drei Uhr früh war es ja auch schon. Kamen also auf die Bühne und bedankten sich beim Publikum. "Ihr seid unglaublich tapfer. Wir versuchen da jetzt auch ranzukommen." Frank Spilker nahm seine Gitarre und spielte. Welches Lied exakt es war, weiss ich nicht mehr. Jedenfalls hatten sie Spass es zu spielen. Und beim nächsten auch. Und weiter. Und sofort. Jedenfalls schrie ich bei jeder Strophe mit, obwohl ich Minuten vorher fast auf einer Treppe eingeschlafen wäre. Gerade ich. Sonst immer der cool-hinten-Steher und halt-malSchauer. Hörte neue Lieder, bei denen ich mit anderen im Publikum beim zweiten Refrain schon mitsang. Das Konzert war hier. War neben mir und vor mir. War eben im ganzen Saal. Wir folgern hier: Konzert überall - spontanes Mitschreien - glänzende Augen - gutes

Konzert. Blöd nur, dass man so was vorher nie weiss. Blumfeld beispielsweise. Hatte die am Vorabend gesehen. Zum vierten mal auf dieser Tour. Beim ersten Auftritt mal überglücklich, beim zweiten mal stolz, diese Band zu hören und zu mögen, sogar kurz mit Jochen Distelmeyer zu sprechen. Beim dritten mal hab ich noch übers Telefon live-übertragen und Bühnengeschehnisse direkt kommentiert. Dann der Popkomm-Auftritt. Band schaut ins Publikum. Das schaut zurück. Lied gespielt. Klatschen angehört und nächstes Lied gespielt. Zwischenrufe ignoriert. Und wieder ein Lied. Lieder, bei denen ich plötzlich das Feuer dahinter nicht mehr fand. Und ich überlegte mir, wann denn gute Konzerte stattfinden. Bei Konzerten in ländlichen Gegenden, die man mal schnell dazwischen schiebt, weil es zwischen Medienstadt und Medienstadt noch Zeit gibt. Oder in den grossen Städten, wo es doch noch viel mehr Fans gibt, auf die man sich freut. Manche kennt man ja bestimmt, man war ja schon mal hier und so. Oder eben bei Popkomms. Wo schliesslich nur Fanatiker sind. Journalisten, die man überzeugen will und Freunde, weil man die so schön auf Gästelisten setzen kann. Sind ja auch alle da. Die Band soundso mit der man mal auf Tour war oder auch Band istnichtwar, denen man mal den Tourbus lieh. Alle halt. Blumfeld jedenfalls wollten wohl niemanden gefallen. Wollten vielleicht zurück in den kuscheligen Backstageraum, wo Sponsorenbier und Chips gemeinsam mit den GästelistenFreunden warteten. Backstagefreunde. Genau die sah ich dann wieder beim Lado-Abend. "Ich geh mal Bier holen." "Nimm dir doch eins aus´m Backstage-

Kühlschrank." "Wieso? Bist du die Band?" "Nee, aber macht doch jeder." Und die Band? Vielleicht verdurstet die? Vielleicht war ja das Bier ihre ganze Gage? Und wenn sie nicht betrunken werden, können sie dann überhaupt zufrieden auftreten? Weiss es nicht. Fragte ein Bandmitglied nach Bier und bekam zur Antwort, dass schon keins mehr da ist. Eben. Überhaupt Backstage. Beim 100-HefteVisions-Fest in Dortmund war die AshGitarristin im Konzertraum an der Bar fürs einfache, weil zahlende Volk (sic!). Vielleicht deshalb, weil ihr die hunderte Akkreditierten mit "Wichtigpass" (Zitat) auf die Nerven gingen. Schnell noch ein Sponsorenbier. Hier gibt es sogar Energydrinks für umsonst. Ach, hab mir doch auch selber welche in die Jackentasche geschoben, um sie am nächsten Morgen im Zug zu trinken. Aber wer entscheidet, wer da hin darf? Wir? Die Band? Der zahlende Besucher? Ich weiss es nicht. Bin ja keine Band. Ach, zurück zur Popkomm. Dieses Wichtige lag eben immer in der Luft. "Schau mal, da vorne steht XY von irgendeinerbandhaltwieder. Dem muss ich mal schnell die Hand schütteln." "Dann schüttel doch auch dem eine Reihe hinter ihm die Hand! Vielleicht hat er auch mal was rausgebracht. Vielleicht eine TopMathehausaufgabe, die dann alle abschreiben durften. Und der hier. Vielleicht hat der mal rechtzeitig Eier weggeworfen und neue gekauft, um seine Gäste zum Kuchen von einer Salmonellen-Vergiftung zu verschonen. Stolze Leistung." "Hier steht aber der Sänger von hattenmaleinetop50single!" "Der hier ist Vorstand im Dartverein." "Produzent von Eingängigersinglehit."

"Grösster Smiths-Platten-Sammler im Landkreis." Aber klar, es sonnt sich halt schöner im Schatten derer, die auch alle anderen gerne kennen würden. Ist so. Wieder zur Musik. Habe nach der Popkomm weiterhin Zeitschriften gelesen. Hab Radioshows gehört und Musikfernsehen gesehen. Habe wieder tausend Tipps bekommen, wer das nächste grosse Ding mit sich rumschleppt und was ich jetzt hören muss, um morgen mitreden zu können. Im Hinterkopf aber plötzlich ein Satz von einem befreundeten Musiker, dem ich mal zum Kauf einer neuen Radiohead-Platte riet. Er sagte: "Wieso soll ich mir die auch noch kaufen. Habe doch schon so viele gute Alben. Die reichen doch." Eben. Wie soll ich denn alles anhören, was ich haben muss, wenn ich nicht mehr anhöre, was ich habe. So denke ich also zurück an die Popkomm, denke an den Ausspruch und überfliege meine Plattensammlung. Greife mir die zweite dEUS-Platte und denke an die Geschichten, die ich erlebte, als ich dieses Album zur Lieblingsplatte hatte. Und finde das jetzt einfach schön. Strokes? Ha, dass ich nicht lache... Säm


2 0 0 1 kollege wagner hat ganz recht. die letzte popkomm war ein großes ärgernis. hier aus meiner sicht: introducing war zeitverschwendung. zu voll, blumfeld langweilig, phoenix ganz nett, goldfrapp gar nicht erst angehört. der einzige grund, warum es sich überhaupt gelohnt hat, da hinzugehen, war, wolfgang petters anekdoten über peter meinrad licht-jungblut zuzuhören ("er ist eine art konservativer reinhard mey"). dem lado-abend bin ich gleich nach der zweiten band, beigeGT, entflohen, weil es da schon unerträglich voll war. bin dann zum motor-abend, wo zwar nur noch die sportfreunde spielten, die ich schon x-mal gesehen hatte, aber ich war auch nicht wegen der musik da. wollte leute treffen. aber nicht im sinne von "leute glotzen", sondern wirklich treffen. bei der vorigen popkomm war das noch anders. da war man noch ganz angetan von der ganzen semiprominenz. darauf bedacht, schnell ein paar sätze mit jan oder martin oder dem und dem redakteur, dessen namen man gar nicht mehr weiß, wechseln zu können. jetzt lief das so: "oh, da ist der stadlvogel oder wie der heißt. dein spezieller freund!" "ich geh gleich mal hin!" "oh nein, stephan, nicht schon wieder..." (zum stadlvogel:) "hey, schau mal das an! du mußt aufpassen!" "sag mal, was willst du überhaupt? was kann ich dafür, daß du ein gipsbein hast? also nerv mich bitte nicht! ja, ich bin arrogant!" weitaus mehr spaß also. der abend endete dann übrigens damit, daß ich dem müden olli quartier in meiner ex-wg um die ecke anbot, in der ich selbst nur mehr gast war. weil mein ex-mitbewohner übers wochenende weggefahren und sehr gastfreundlich

war, ließ ich olli in dessen bett schlafen. das kriegte wiederum ex-mitbewohnerin am nächsten morgen mit und war leicht sauer. so daß der arme olli natürlich schaute, daß er wegkam. ich zog mein tomte-t-shirt an und sagte ihr nicht, bei welcher band olli mitspielt. popkomm-test bestanden. am letzten tag saßen wir - außerstande, an die gewünschten gästelistenplätze zu kommen - mit freunden in regnerischen biergärten von schlecht besuchten trittbrettfahrerparties. schön war das. nachtrag: irgendwann mitte der neunziger, nürnberg, suede-konzert (vorband: boo radleys). säm, den ich vom sehen kenne, und sein kumpi sitzen cool links hinten auf barhockern, während der kleine mawe sich vor der bühne rumquetscht. und sich denkt: wau, die beiden. soweit will ich auch mal kommen. jetzt sitzen wir gelangweilt hinter der bühne (na gut, nicht gerade bei suede) und merken, daß die party woanders ist. nämlich im zuschauerraum. hinterher ist man immer klüger. mawe

stORY / board jawohl. in einem fanzine auftauchen. das ist echt immer noch das allergrößte für mich. und auch wenn ich mittlerweile doppelt so alt bin wie mawe und säm zusammen, überkommt mich dieses gute gefühl, wenn ich ein fanzine in der hand halte. es erinnert mich daran, wie ich selbst mal so jung wie die war. gut, das waren komplett anderen zeiten. oder ist es heute etwa immer noch so - dass man schön häuserkampf im frankfurter westend hat und dabei läuft peter kraus aus den boxen der demo-oldtimer? nein, klar. verdammt, die goldenen fünfziger. eine gute zeit für uns rebellen. und was haben wir fanzines geschrieben! auf schiefertafeln und dann schön zum tanztee. und immer wieder peter kraus und häuserkampf. dann beim hulahup war ich, ehrlich gesagt, schon wieder draußen. das war nicht mehr meine welt. ich verstand die jüngeren plötzlich nicht mehr. hinter meinem rücken schienen geheimsprachen ausgemacht worden zu sein. es wurde auch här-

ter. die brutalität in den auseinandersetzungen mit den cops, wie wir sie hochachtungsvoll in den fünfzigern nannten, fand ich untragbar. das waren doch auch menschen, brüllte ich entfesselten rockern auf kochendem kopfsteinpflaster zu. aber sie knallten mit ihren colts nur rum. und peter kraus verstummte. bildlich. der neue soundtrack war auf einmal bill haley, die drecksau. ich beschloss dann, durch die welt zu trampen. ja, der tramp. das war ich. für jahrzehnte. die meisten davon leider in geiselhaft. eigentlich habe ich gar nichts erlebt. gerade mal soviel um jetzt zarte bücher zu füllen. zwei sind schon voll. und für das nächste habe ich bereits ein paar kapitel gedacht und aufgeschrieben. und nutze diesen mir angebotenen test-saloon pitti platsch 3000 sehr gerne, um der verträumten leserschaft meine neuen forthcoming starfiguren zur per-view durchzureichen. beste grüße: linus volkmann.

***hard to see, someone could love him more*** blitze zuckten, strobo zerhackte alles in seine einzelteile, das echo des basses malmte von innen gegen die schädeldecke, allerfeinste bis zur atomisierung genau zu spürende nadelstiche fluteten die fingerkuppen gärtners. "mann, mann, geil", brachte er hervor. "heißt es nicht, ich kann dich riechen? dein schweiß. gib mir dein schweiß." hörte er sven väth, diesen großartigen frankfurt diskjockey performen, der seine tracks nie selbst schreibt, sondern sie sich in sweat shops in bockenheim von anderen produzenten bauen lässt. gärtners körper zerfloß mit den 134 bpm - das dorian gray, located im frankfurter flughafen, war schauplatz des höchsten höhenflüges unter der voraussetzung von turbo-neohedonismus. fand zumindest der protagonist und als solcher

fühlte gärtner fürwahr. es war samstag morgens elf uhr oder doch sonntag halb drei? die uhr am handgelenk war einfach nicht klar genug zu erkennen. sie glomm wie ein hungriger kamin. und es mussten neue ziffern erfunden worden sein in gärtners abwesenheit. abwesenheitsnotiz, das musste er unbedingt mal wieder runterfahren. aber nicht heute, bzw jetzt. viel mehr holte er noch drinks für ihn und seine freundin marianne faithfull aus oberursel, die er heute nacht kennengelernt hatte. und er holte gute getränke nicht den cocktail-quatsch, wie sie die selbstausgedachte provinz-boheme zieht. wodka ohne eis. das konnte man mal wie verrückt trinken. sicher, es würde noch besser aussehen, wenn er dazu nicht noch 16 flying horse bestellt hätte - aber diesem dehydrieren auf


drogen war man nun doch einiges schuldig. die nieren sollen ja zudem auch noch ein besseres gedächtnis haben als die nachtragendsten elefanten der serengeti. gärtner wusste davon und legte wasser mit geschmack nach. seine sinne brannten wie feuer, sein genauso fetter wie gemergelter körper fühlte sich an wie flüssiger stahl. yeah. yeah. er rieb sich an seiner begleiterin, sein gesicht pulsierte rot und erhitzt. orgiastische gefühle, für die ande-

re lebenslang selbsterfahrung betrieben, explodierten auf seiner zunge. faithfull brüllte ihm ins ohr: "das ist ja wohl echt das geilste, was je auf der ganzen welt passiert ist. das knallt alles weg, fort. ins nirvana. und tschüss" gärtner hörte ihr nickend zu, tanzte und trank. der abend/tag/was-auch-immer war noch nicht vorbei. linus volkmann

ein paar gedanken über herbstmusik: daß musik jahreszeitabhängig ist, dürfte ja klar sein. eigentlich gibt es aber nur zwei augenblikke, an denen einem das so richtig bewußt wird: der tag, an dem man zum ersten mal im t-shirt aus dem haus gehen kann, und der tag, an dem einem bewußt wird, daß es herbst ist. der ist heute, und wusch hat sich meine persönliche heavy-rotation automatisch umgestellt. ich höre wieder godspeed, cohen, stina nordenstam und sigur rós. ich nehme mir wieder mehr zeit zum musikhören. wenn es kalt wird, verlangsamen sich die bewegungen der teilchen. mir ist auch aufgefallen, daß ich mir herbstmusik immer auf vinyl kaufe. vielleicht wegen dem knistern, vielleicht assoziiert das unterbewußtsein damit feuer und man fühlt sich wohlig warm. vielleicht auch wegen dem anschein der zerbrechlichkeit, der verwundbarkeit. falls ich je ein musikvideo für ein herbstlied machen sollte, würde darin ein einsamer plattenspieler irgendwo auf einem verschneiten hügel stehen. die platte würde sich drehen und schneeflocken würden darauf landen. es gäbe nur diese eine einstellung. der plattenspieler würde immer weiter eingeschneit werden und sich langsamer und langsamer drehen. am ende des lieds bliebe er stehen. mawe

HoW DEpri can yOu go 2 Warum hab ich nur gesagt: "Nun geht mal ohne mich weg. Ich bleib daheim. Zuviel Exzess die letzten Tage. Muss auch ich mich doch mal ausruhen." Sitze jetzt mal wieder hier. Minimalziel: pitti platsch 3000-Texte zu verfassen und, ja vor allem mal diesen Auftragstext schreiben, der hier schon seit drei Wochen in der Warteschleife meines Schuldbewusstseins kreist. Jetzt ist viel Zeit vergangen. Ich habe angefangen, Planet der Affen zu sehen. Nicht die neue Marky Mark-Version. Nein, die alte. Zehn Minuten. Dann hab ich mir überlegt, was ich machen würde, wenn ich mal schnell mit meinem Fiat auf einem Planeten in 3000 Jahren stranden würde und die Karre würde in einem See versinken... Weiss es ja bestimmt nicht und glaube da auch nicht an Stochastik und anderen Aberglauben, den mir mein Mathelehrer eintreiben wollte. Jedenfalls kamen da dann so Affenmenschen und die haben...haben was? Weiter wollte ich den Film ja gar nicht sehen. Nur kurz mal nach Emails schauen. Danach Bedürfnis nach Musik gehabt. Konnte mich aber wieder mal nicht entscheiden. Draussen regnet es, höre ich. Das ist gut. So hab ich kein schlechtes Gewissen, wenn ich das Haus nicht mehr verlasse. Dafür aber das schlechte Gewissen, wenn ich hier das nicht auf die Reihe kriege. Nochmal kurz nach Emails gesehen. Noch schnell die Internetseite. Dann noch die andere. Beim Onlineshop vorbeigeschaut. Richtung Band-Homepages. Dann noch schnell ins Internet-Auktionshaus und noch mal auf die erste Seite. Dazwischen nervös auf den "Email abholen"-Button gedrückt. Doch noch raus? Regnet ja. In zehn Minuten kommt Harald Schmidt. Jetzt telefonieren und das Bedürfnis, sich Herzen gegenseitig auszuschütten, aber daran gescheitert, dass man damit gar nicht anfängt, sondern doch wieder nur von gros-

sen Städten, den Bahnhöfen dort und das Existenzminimum spricht. Also wieder die Email-Taste. 15 mal in drei Minuten. Gar nichts. Warme Milch getrunken. Auf dem Weg zum Fernsehapparat doch noch anders entschieden und aufs Bett gelegt. Es läuft eine Tocotronic-Platte und ich überlege, was ich in die Texte interpretieren kann. Was davon denn mich betrifft und was nicht. Denke an die Lieder, die man vorgespielt bekam und die dann so offen und direkt waren, dass man alles verstand und alles kannte. Nur die Lieder, zwischen denen Zeilen man lesen kann, können mich befriedigen. Nur so kann ich endlich auf mich beziehen und muss niemanden zustimmen und bemitleiden. Bemitleiden will ich doch mich. Ich wache um 15 Uhr auf und bemerke, dass ich die Tagesaufgaben wie Sachen erledigen und arbeiten jetzt nicht mehr schaffen kann. Fühle mich am Ende meiner Selbstzerstörung angekommen zu sein. Ich schleppe mich zu einem Fotografen und lasse Passfotos machen. Sehe dabei aus, als hätte ich unter einem Tisch übernachtet. Werde das Haus nicht mehr verlassen und mache so alles nur schlimmer. Morgen muss es anders sein. Tomorrow will be like today. Säm


Klitpop und Unser kleiner Dackel auf den Spuren von Hermann Hesse 15.01.2002, 1. Konzert in Stuttgart im "Le Fonque" "Die Schülerband und der Sänger im Roggen" Mensch war das schön. Nur leider viel zu kurz: Die gemeinsame Konzertreise der Kölner Schülerband "Klitpop" und den Altrockern "Unser kleiner Dackel". Jule und ich hatten das Vergnügen mit Björnimausi durch das schöne Land bis nach Stuttgart zu fahren, wo das erste große, gemeinsame Event stattfinden sollte. Hier sei erwähnt, dass Björn Sonnenberg den Award für den weltbesten Reiseleiter von Pforzheim über Heidelberg bis ins mollige Mühlacker sich redlich verdient hat. Wir lernen nicht nur, dass Hermann Hesse dort seinen Bestseller "Unterm Rad" geschrieben hat, sondern auch, dass der kleine Dackel schon mal das Vergnügen hatte, auf dem Tennisplatz neben den glorreichen "Flippers" seinen Tennisarm zu trainieren. Da ist mein Schultertouch mit der coolen Sau Robbie Williams ja gar nichts gegen. Aber ich schweife ab. Nach kleineren Staus, denen man um Stuttgart herum einfach nicht entkommen kann, sind wir endlich am Ziel. Fast zeitgleich mit den anderen Klitties (René ist Letzter) treffen wir bei unserer lieben Freundin Tina ein. An dieser Stelle sei ihr nochmals herzlichst gedankt für Speisen, Trank und Bett (grins)! Kurze Entspannung und auf geht's ins "Le Fonque". Schöner Laden, sehr netter Booker, ein etwas grimmiger Mischer, kleine Bühne, aber da sind Klitpop schon anderes gewohnt, völlig überrascht vom großen Snack: Käse, Wurst, Brot, Chips, Schokolade, jede Menge Getränke, sogar Wein und Sekt für die Madämchen und später auch noch lecker Pizza. Die Party kann beginnen. Soundcheck

diesmal sogar mit Rowdie. Der liebe Oliver, eigentlich mit den Dackeln liiert, stimmt unsere Gitarren und verkauft später noch einige Demos von uns! Vielen Dank! Um 20:30h ist Einlass, aber noch kein Mensch zu sehen. Ist ja auch Dienstag, ne! Außer die Leute von der Gästeliste, immerhin 5 inklusive Tina und ihrem freundlichen Mitbewohner Manfred. Um 22h gehen die Dackel auf die Bühne. Bis auf den Sänger im Roggen. Der fällt natürlich spektakulär ins Geschehen. Meistert dann die großartige Show mit rokkenden Sprüchen. Klitpop gefällt's. Dem Publikum auch. Mein absolutes Lieblingslied an diesem Abend heißt "Julia", äh, "Isabel Isabel". Nach dieser Band, die sehr viel besser sind als Echt, betreten Klitpop die Bühne, wie immer etwas aufgeregt, zumindest die Sängerin, also diese hier Schreibende, aber mit freudigen Erwartungen. Anfangs etwas krampfige Stimmung. Man muss Klitpop wohl erst mal beobachten, um sich zu trauen, so langsam das Tanzbein zu schwingen. Ein noch dummerer Spruch als "Ausziehen" sorgt für kurzzeitige Verwirrung. Schülerband? Auf jeden! Doch man muss ein Klitpopper sein, um derartige Streithähne mit einem milden Lächeln zu erniedrigen! Spätestens bei "Truman" hüpfen und tanzen einige Menschen ausdrucksstark in der ersten Reihe. Das tut gut, das ist gut. Und Herr Hamann muss an dieser Stelle hoch gelobt werden. Noch nie hat er so schön getanzt bei "The Lector" wie an diesem Abend. René, dass wollen die Mädels immer sehen! Knutsch! Eine Zugabe bekommen sie auch noch. Sehr schön! Leider den Kontakt mit dem Publikum verpasst, da man sich im Backstageraum verquatscht hatte. Kritiken in der Presse stehen uns noch bevor. Dann noch ein paar Kurze (Selbstgemixter Saurer) vom netten Barkeeper (als Dankeschön, für das, seiner Meinung

nach, sehr schöne Konzert) und ein Absacker in der gegenüberliegenden Bar. Nun kennt Booker Martin (oder hieß er Stefan, Michael oder sogar Thomas?) auch das beliebte BandSpiel (alle Bands/Interpreten aufzählen, die z.B. mit dem Anfangsbuchstaben "D" beginnen. Der Schwächste fliegt!). Laaaaanger Spaziergang nach Hause. Gute Nacht!

16.01.2001 Unser freier Tag in Sonthofen Fettes Frühstück mit lecker Tortilla bei Mama Tina und dann noch schnell Equipment abgebaut (leider Orgelständer vergessen) und los geht's ins schöne Allgäu! Während die Dackel noch wohlbehütet in der Heimat weilen, ruhen sich Klitpop nach anstrengender Fahrt in Sonthofen bei Mama Unholzer aus (Vielen Dank noch mal an Frau Unholzer und zwei Raketen für die weltbesten Fahrerinnen Jule und Rita!!!) Robbie Williams vertreibt sich bekanntlich ja die Zeit zwischen den Konzerten mit Uno Spielen und Tee trinken. Klitpop spielen die etwas andere Variante von Stadt, Land, Fluß und trinken Bier, Wein und Schnaps.

17.01.2001 Barfly ganz intim Ausgeschlafen, aber leider nicht alle. Rita leidet an einer schweren Katzenallergie, Jule war es Magenübel, Elke schniefte eine schlimme Erkältung und René hatte Frostbeulen. Und die sonst immer angeschlagene Jasmin war pudelgesundJ. Nach einem fetten Frühstück stieg die Stimmung aber schnell an! Jetzt ist noch etwas Entspannung angesagt, vor der großen Sause! Die einen gehen shoppen oder spazieren, andere baden oder schreiben Tagebuch. Die Optionen der Suchmaschinen sind eine etwas andere Art der Erholung. Zumindest gut für das kleine Gewissen! Dann wird noch etwas die Werbetrommel gerührt in Form von Flyer verteilen und Poster aufhängen. Der Mann im Copyshop will noch unbedingt eine CD von uns (Veranstaltet Rockkonzerte) und die Frau im Plattenladen

will keinen Flyer, weil sie eh kommen will. Hmm, habt ihr sie im Barfly gesehen? Dann noch was essen. Rita und meine Wenigkeit gehen in die "Sonne" zum Spätzle essen. Beinahe noch schlimmere Auswirkungen als damals der Schichtsalat! Um 19h dann im "Barfly". Björn und Teddy sind auch schon da. Diesmal als "Björn und Teds verrückte Reise durch Rock 'n' Roll". Man darf gespannt sein. Superhilfreicher, netter Besitzer. Daniel heißt er. Klitpop spielen unplugged? Nein, nur ohne Anlage und ohne Mikrokabel. Da hat die Sängerin wohl was vergessen? Aber zum Glück gibt es ja freundliche Sonthofener, die auch Musik machen. Kabel und Ständer sind also vorhanden. Die Aufheizer beginnen. Björn ist mal wieder in Bombenstimmung und das Publikum jubelt. Auch Drummer Teddy darf an diesem Abend seine Goldkehlchen-Stimme zum Besten geben. Mit Hut. Noch nie war "Octupuss's Garden" so schön interpretiert worden. Und sogar sportlich ist der Mann aus Mühlacker. Björn beweist es in Form von über 30 Liegestützen (da soll noch mal jemand sagen, er sei fett geworden)! Respekt! Gesagt ist eigentlich schon alles. Klitpop spielen ihr Set. "Der Neid" wird diesmal unabsichtlich als Instrumental präsentiert! Jasmin bewegt nur die Lippen. Hört ja eh keiner! "The Boy" gibt es dann wieder mit Gesang. Das Publikum erscheint nicht so tanzwütig wie in Stuttgart, aber sichtlich amüsiert. Füße wippen im Rhythmus und Applaus ist auch zu hören. Das macht Spaß. Kleine Zettel von Björn versüßen die Stimmung. Der Liebesbote ist Teddy. Der Beginn einer neuen Leidenschaft. Rein platonisch, versteht sich! Ein zweiter gelungener Konzertabend. Aber bitte, bitte, ich möchte nie wieder über einen Verstärker singen!!! Obwohl mein gequälter Gesichtsausdruck wohl auch ganz gut ankam. Dann floß noch jede Menge Bier und süffiger Rotwein, der letzte Tanz mit Jan Delay und Lehmann's "Haste mal ne Mark"! Danach wollte Fahrermädchen René aber ganz schnell


nach Hause...

18.01.2001. "Ich hab' noch eine Kugel im Kicker in der Schmiede in Bretten" Ein wunderschöner Morgen im Allgäu. Die Sonne scheint, blauer Himmel, wenn nur nicht diese Katzenallergie wäre. Schnell raus mit Rita zum "Barfly". Equipment holen. Noch mal ein fettes Dankeschön an Daniel (der hat nämlich noch ein paar Euro draufgelegt!). Der Tank ist somit wieder voll. Auf nach Bretten (bei Karlsruhe). Ungewollt laaange Fahrt. Rita und ich kennen jetzt jeden Winkel von Ostfildern. Wunderschöner Vorort von Stuttgart :-( Die Schmiede, eine zünftige Kneipe mit einem gaaaanz ruhigem Wirt, bot lange Diskussionen, Eintritt oder nicht, und leidendes Warten auf Pizza. "Nova Kane" rocken zuerst das Haus. Gut besucht durch Schüler der ganzen Umgebung. Die verlassen den gastlichen Orden aber auch schnell wieder, um einer Oberstufenparty beizuwohnen. O.K. Klitpop hatten es eh schwer. Aber einfach mal die Pappnasen aufsetzen oder wer hatte die jetzt auf? Das Publikum ist nicht ganz so offen. Lauer Applaus, egal, hauptsache Tina war wieder da! Highlight an diesem Abend natürlich Björn mit seinen Dackeln. Gelungenes Heimspiel. Der Sänger im Roggen ist mal wieder voll in seinem Element. Blumen für Jule und sonstige Liebesbeweise. Aber alles nur platonisch! Auch die ollen Kamellen kommen wieder gut an: Smart zu gewinnen, sich niemals auf der Tour verlieben und andere sensationelle Anekdötchen werden zum besten gegeben! Danach wieder sehr viel Rotwein: "Björn, laß`mich dein Mikro sein!" Mit Tränen im Auge der Abschied von Björn, Teddy und den anderen Dackeln. Und Oliver war auch wieder da! Es war so schön. Klar, dass man das ganze noch mal zu wiederholen wird. Den Rest des Abends verbringen Klitpop mit Kicker spielen, lästige Gäste aus der Kneipe vertreiben (denn

hier schläft die Band) und natürlich vielen Drogen. Die Sängerin zitiert noch mehrere Stunden Hörspielkassetten (u.a. "Dracula trifft Frankenstein" und "Die ??? und das Gespensterschloß") und dann geht auch schon die Kerze aus. Auch wenn sich einige fühlten wie "die Prinzessin auf der Kippe", die Pappnasen kommen wieder! Alaaf!

Abschließend möchte ich mich selbst noch als die weltbeste Wetten-Gewinnerin loben! Ich habe ZWEI Mixkassetten gewonnen. Renéschatz und Björnimausi, ich warte;-) jasmin lütz

befiNDLICHkeit REvisited vorweihnachtszeit, vergangenheitsflashbakkzeit. nervensäge nostalgie klopfte mal wieder an und ich, idiot, öffnete natürlich nur zu bereitwillig tür meines herzens, nur läppisch abgesichert gegen solche emo-keulen. emotherapie als ausweg?, war sich mein gebeuteltes gemüt nicht sicher. wohl eher highway to hell als stairway to heaven. egal, rein damit. neuerdings ist ja ein ding namens internet ganz groß im kommen. ich, selbstredend immer am puls der technik, schaltete also das internet an und dachte, mal sehen, was ich als nächstes tun werde. ich gab also ziellos irgendwelche namen in nicht undistinktiertere suchmaschinen (im internet sagt man: search engines) ein, ohne so recht zu wissen, warum gerade die und warum überhaupt. selbst wenn ich, dachte ich in einem kurzen anflug von logik, etwas finden sollte, vielleicht gar eine eigene homepage, so was kann man sich ja mittlerweile auch schon fernab jeglichen sinns, inhalts (im internet sagt man: content) und ästhetischen minimums halten, ohne dafür gesellschaftlich geächtet zu werden selbst wenn also, dann wüßte ich doch nicht, ob ich dieses unterfangen dann nicht eher postwendend bereuen würde. aber der logikterror war bald vorbei und ich suchte und fand nichts. gut so, das gab mir zeit. die ich nutze, um nochmal drüber nachzudenken. "happiness is an option." (pet shop boys) "trübsal ist eine alternative." (ich selber)

HITS: MAWE SAUNA ZWIEBACK MIT BUTTER NEUTRAL MILK HOTEL WOHNZIMMERKONZERTE YOUNG MARBLE GIANTS WWW.THEONION.COM HÖRSPIELE TRIO INFERNAL DAHEIMSEIN JOSEF HADER

vier wochen später, gleiche situation. diesmal ausgelöst dadurch, daß in einer fast leeren kneipe die "siamese dream" von den smashing pumpkins lief. das alleine wäre ja noch nicht das problem gewesen, aber dummer weise saß ich in der kneipe. jetzt tue ich das nicht mehr und konsultiere wieder freund internet. diesmal in unserer reihe "how to get rid of this crazy little thing called reality": zweckgemeinschaften (im internet sagt man: communities). immer eine prima möglichkeit, wehmütig zu werden, speziell nach noch nicht allzu lange zurückliegenden alten zeiten. man liest alte

einträge im eigenen gästebuch, stöbert dann in denen von bekannten, trifft auf andere bekannte, und schwupps hängt man schon am telefon, wo am anderen ende natürlich keiner rangeht. "ich erinnere mich an konzerte, die schon lange zu ende sind." (tomte) wieder vier wochen später. im fernsehen läuft ein video von einer mir wohlbekannten band auf einem hamburger label. welche, die's geschafft haben. ich freue mich für sie. einer von ihnen, nennen wir ihn klaus, hat früher bei einer band namens "julie pukez a baby" mitgespielt. einmal mehr krame ich die demokassette (damals noch gang und gäbe, jetzt schon wieder cool) dieser band hervor, meine lieblingsdemokassette, meine erste auch und die, die mich dazu gebracht hat, indierockmusiker zu werden. das durfte man damals noch sagen. ich wollte eine band haben, die so war wie sie. später, meine band spielte auf einem festival, erntete ich verbales schulterklopfen von klaus. noch später, freund inzwischen, brachte er mich auf belle & sebastian. und jetzt schreibe ich in musikmagazinen über seine band. that's how it goes. andere musiker von den alten bands sind verschwunden, wieder andere haben neue bands in neuen städten. und der frühling? da ist dieses bild, das man nicht sehen kann, es aber spürt, es hat was zu tun mit reduktion, einfachheit, klarheit, mit erinnerungen an dinge, die man nie erlebt hat, mit jahreszahlen auf den eigenen demos, mit fragen und keinen antworten. mit immer den gleichen fragen: ist das jetzt eigentlich schon das leben und wenn nicht, wann fängt es an und was ist, wenn es gar nicht kommt oder wenn es das schon ist, ich es aber nicht merke? nicht weiter drüber nachdenken. an was anderes denken. wohnen essen schlafen. mawe


Zeitzeuge 25.09.01 Ich bemerke, dass ich doch gar nicht so alt bin. Die "All the Young Dudes"-Coverversion von Travis ist im Original von David Bowie. Ich kenn den Song aber vom Soloalbum des Iron Maiden-Sängers Bruce Dickinson. Bin erleichtert. 01.10.01 Ich mache mir eine Tasse Tee. Da ich noch nicht viel zu Abend gegessen habe und hungrig bin, entscheide ich mich für eine Tafel Schokolade. Am Kühlschrank fällt mir ein, dass ich noch einen halben Liter Smarties-Eis im Gefrierfach habe. Ich reisse die Eisverpackung auf und setze mich wieder hin. Vor mir steht eine Tasse heisser Tee und ein halber Liter Eis. 16.10.01 Im grössten Supermarkt der Stadt stehe ich bereits fünf Minuten an der Kasse, als diese eben schliesst. Neben, vor und hinter mir werfen wütende Hausfrauen und MittagspausenMacher Milchtüten durch die Halle und kreischen. Im Supermarktradio läuft "We are the World" von USA for Africa. 5.11.01 Ich putz mir die Zähne, weil ich mich mit Freunden treffen will (bei bestimmten, mach ich das extra vorher), als es an der Tür klingelt. Ich öffne meine Zimmertür und es stehen da (schon im Haus) zwei Soldaten in Uniform. Ich bin in Versuchung alles zuzugeben und schon meine Hände gen Handschellen zu strecken, als mich die Herren nach einer Spende bitten. Heute Nachmittag hab ich im Fernsehen gesehen, wie der deutsche Bundestag knapp 4000 Soldaten für einen Einsatz in Afghanistan bewilligt hat. 14.11.01 Der pittiplatsch3000-Sampler "Pop you (like a Hurricane)" ist an die Bands rausgegangen. Bei einem Konzert treffe ich einen von ihnen, der mir gleich mit breitem Grinsen das Lied ins

Ohr singt, dass Mawe, Niklas und ich dafür aufgenommen haben. Ich fühl mich dabei gar nicht gut. Eher beschämt. Sollte ich doch nicht Popstar werden? 21.11.01 Ich verschlafe den ganzen Tag und als ich gegen 15 Uhr aufstehe fällt mir ein, heute Morgen mit einem Herrn vom Arbeitsamt telefoniert zu haben. Er will, dass ich in meiner alten Schule einen Vortrag über meinen Beruf halte. Eine komplette Schulstunde lang. In einem Anflug von Dummheit und Selbstüberschätzung sage ich zu. 3.12.01 Komme gerade aus der Schule. Habe gerockt. Incl. Zugabenteil! Gestern noch meinte Olis Freundin, nachdem sie mir meine Gliederung ausdruckte (9 Überschriften, mehr nicht): "Säm, wie willst du das alles heute noch ausarbeiten?" Ausarbeiten? Wollte das doch alles frei machen. Improvisieren. Heute früh dann doch Lampenfieber. Was wollen die Schüler von mir? Kann ich überhaupt eine Dreiviertelstunde reden? Von mir? An der Schule dann herzliche Begrüssung und Rechnung ausfüllen, bevor ich alleine in ein Klassenzimmer geschickt werde, in dem ich Jahre zuvor noch Französisch Fünfen rausbekam und stotternd vor einer Tafel stand. Heute durfte ich da wieder hin. Heute hörte wieder ein Lehrer zu. Aber diesmal war er da gesessen, wo ich immer sass. Und durfte keine Fragen stellen, die mich an den Rande der Verzweiflung brachten. So fing ich vor nahezu ausverkauftem Auditorium an zu erzählen. Was ich denn so mache, warum ich denn so mache und wie sie auch mal so werden können, wie ich. Erzählte, zeigte, hatte Lacher auf meiner Seite, liess Schwätzer unermahnt und zog irgendwann meine Gliederung raus und bemerkte, dass ich schon mehr als die Hälfte durch hatte, stockte, sah auf die Uhr und erkannte überrascht und glücklich, dass meine Zeit schon fast um ist. So erzählte ich weiter, wurde sogar was gefragt und...überzog spielend. Danach noch Zugabenteil, während der

nächste Redner schon schüchtern seine Materialien sortierte. So erzählte ich von ihren Chancen und durfte auch das Arbeitsamt dissen, dass mich ja hier beauftragt hat... haha. Gezeigt. Habe meine Abrechnung mit der alten Schule gemacht und bin stolz ins Lehrerzimmer gegangen. Dort bekam ich Kaffee und Plätzchen und durfte meinen alten Lehrern noch mehr von mir erzählen. Sie staunten (hätten wir dem nie zugetraut) und lernten von mir (ach so funktioniert das).

Schön. Überglücklich die Schule verlassen und mir in der guten alten Metzgerei gegenüber noch eine Leberkäs-Semmel gekauft, die auch noch so schmeckt, wie früher. Jetzt bin ich wieder in Regensburg und will in die Innenstadt. Mir Sachen kaufen und mich belohnen. Gut gemacht.

Keine Pizza bei RTL2

Schon lieber würde ich es erleben, dass Miriam Pielhau von GIGA meine ersten Homepage-Versuche auf dem Server der FH in Mittweida entdeckt. Schaltemal um. DSF. Das ich Takeshi´s Castle liebe müsste klar sein, aber Lumberjack Champions ist wohl auch unschlagbar. Muskelbepackte Amis (die gibt´s...), die aussehen, wie Silvester Stallone in "Rambo XIV meets the Blair Witch after three Weeks of being lost in the Woods". Bäume umsägen mit Handsägen, Bäume umsägen mit Motorsägen, Bäume umhauen mit Äxten. Das ist Männersport. Auf RTL 2 das gleiche wie immer. Diesmal treiben´s Dutzende Touristen im Meer vor Hawaii, während ihre Kinder vom Strand aus zusehen. Hier macht sich keiner mehr Gedanken, um die Jugend von Morgen. "Mutter, Männer, Massenvögeln- Aufklärung mal anschaulich". Zurück zu MTV. Gerade klingelte es an der Tür. Da war einer vom Pizza-Service und behauptete, ich hätte ´ne Calzone bestellt. Hab ich nicht. Und bestimmt keine Calzone. Er ist jetzt sauer und muss sie alleine essen. Wird natürlich von seinem Lohn abgezogen. Es ist doch schon 1 Uhr. Da bestelle ich nie Pizza, weil da ja nie ein Homeservice offen hat. Machen doch schon um 22 Uhr zu. Seit er da war, habe ich aber Lust auf Pizza. Wenn ich da jetzt aber Anrufe, hetzen die mir sicher die Mafia auf den Hals. Und das will ich auch nicht... Säm

Irgendwie fängt irgendwann irgendwo die Zukunft an. Ich warte nicht mehr lang. MTV läuft und gerade lief der neue Such a Surge-Clip. Wieder stehen alle drauf. Auch die, die ein bisschen Ahnung von Musik haben. Der Song ist eine Frechheit. Ich will nicht täglich Menschen begegnen, die solche Musik begrüssen. So, jetzt kommt Metallica. Stehen auch alle drauf. Auch ich muss meine eigene Jugend akzeptieren. Stand ja selber auf der Bühne beim Abschluss-Ball der Schule und hab ziemlich beschwipst mit Kippe im Mund "Nothing else matters" gespielt. Die Kippe als Hommage an Slash übrigens, den vorher vertonte ich, mit vier ähnlich angetrunkenen Herren, "Knocking on Heavens Door". Zu Zugaben kam es leider nicht, da der Gitarrist der eigentlich auftretenden Tanz-Kapelle mit meinen Gitarrenspiel, insbesondere der Anschlagtechnik, nicht einverstanden war... Wär es anders ausgegangen, wäre ich jetzt wohl auch auf "Hits of the Nineties- Rufen sie diese Nummer an und schon gehören diese CDs ihnen. Und sie sind bestimmt nicht im Handel erhältlich". Aber es ging eben nicht anders aus...

Säm


GescHicHTen, in ZüGen geschrieben oder: geraberger sind egomanen. 13.34 ilmenau hbf nachdem ich im letzten moment noch schnell soviel zerstören konnte wie möglich (mir war mal wieder nach etwas riot), sitze ich mal endlich mal wieder im zug. bei dem versuch, die duschkabine zu reparieren, wozu ich auf den badewannenrand gestiegen war und mit einem hammer auf den oberen rand der kabine eingedroschen hatte, rutschte ich nämlich ab und landete, beschleunigt durch das in der wanne herrschende aquaplaning, in derselben. nicht ohne im fall mit dem ellenbogen das (zum glück nur plexi-)glas zu zertrümmern. (außerdem hatte ich am tag vorher unseren rührstab abgebrochen, weil ich einen allzu hochviskosen kartoffelbrei zubereiten wollte.) später am bahnhofsschalter glaubte ich zudem aus einer ecke, in der ein paar junge männer ohne haare auf dem kopf, dafür aber präalkoholismus drin, durch anwesenheit nervten, die worte "haste schiß oder was? zwei schläge und der liegt am boden!" zu vernehmen.) zum glück ist das jetzt vorbei. "wie crazy wird das denn noch hier!", denken sich natürlich nicht die anderen fahrgäste, aber so was ähnliches, wie sie diesen typen mit der altmodischen brille in einen taschenkalender des letzten jahres schreiben sehen. zu recht! nächste station: geraberg das kenn ich. da war ich schon. da haben tripophon mal auf einer art garage im wald ein konzert gegeben, während davon unbeeindruckt leute um ein lagerfeuer saßen. danach hat jemand unbeeindruckt von dem lagerfeuerfeeling industrialmusik aufgelegt. geraberg ist eine ansammlung von egomanen. huch, ich merke gerade, daß ich in der 1. klasse sitze. das erkennt man nämlich nur an den aufklebern, auf denen andere zahlen stehen

als in der 2. klasse. aber da dieses high-society-environment mir persönlich weder einen upgrade zu verschaffen scheint noch die schaffnerin daran aneckt, beschließe ich den status quo vorerst nicht zu verändern. - schaffnerin. ist das überhaupt noch ein politically correct wort? das klingt ja nach wirtschaftswundernostalgie ohne filter extra. wow, ich habe einen kleinen anflug von frühling. es liegt fast kein schnee mehr in der gegend rum und die blasse sonne scheint ein bißchen drauf. mit viel fantasie sieht das gras auch fast schon wieder so etwas wie grünlich aus. auf einem nicht mehr ganz zugefrorenen see stehen vögel auf dem rand des eises. frieren die nicht in die füße? mein gastspiel in der welt der schönen und reichen war natürlich nicht von dauer. beim nächsten schaffner flog meine bourgeoisie-tarnung auf. ein verlust, der zu verkraften war. 19.40 bonn hbf endlich heißt es aufatmen. im voll besetzten IC war ich trotz meiner tricks, die mir den doppelsitz für mich alleine bewahren sollten (rucksack drauf und schlafen stellen), seit frankfurt neben einem jungen mann eingesperrt, aus dessen mund unangenehmes herauskam. ich konnte nur hoffen, daß er nicht sehr mitteilungsbedürftig war. er las eco. der punkt ging also an mich. allerdings räusperte er sich ab und zu. dabei lernte ich, daß mundgeruch durchaus auch aus der nase kommen kann. jedesmal, wenn der in der lautstärke anschwellende ton erklang (um dann von einem kurzen zweiten wie aufgelöst zu werden), stand ich todesängste aus, bis die grausige teilchenwolke mich nach einigen sekunden passiert hatte. jetzt ist auch das vorbei. mawe

STAR-ALBUM: Jasmin Lütz (Sängerin von Klitpop)


What it feels like for a boy Es ist spät geworden. Ihr habt nebeneinander auf dem Teppichboden gesessen, Wein getrunken und Euch geküßt und jetzt bleibt sie über Nacht. Du gibst Ihr eine schlabberige Pyjamahose, die Du von Deinem Großvater geerbt hast und ein altes verwaschenes Poloshirt, das Du schon seit einer ganzen Weile nicht mehr trägst. Als sie jedoch damit aus dem Bad kommt, bist Du Dir plötzlich sicher wie noch nie zuvor in Deinem Leben, daß es einen Gott gibt. Wie kommt es bloß, daß sie in Deinen Klamotten soviel besser aussieht als Du selbst? In den nächsten Tagen führst Du möglichst unauffällig verschiedene Tests durch, um herauszufinden, ob der Vorfall nicht etwa doch nichts weiter als schierer Zufall war. Doch egal ob es sich um Deine Anzughosen, Deine weißen Hemden, Deine alte Cordjacke oder Deine bollerigen Jeans handelt, stets sieht es an ihr besser aus. Cooler. Würdevoller. Aufregender. Und wie auch immer die Steigerungsform von ‚sexy' nun genau lauten mag. Du fühlst Dich daraufhin irgendwie betrogen. Während sie Dir bei jedem einzelnen Deiner Kleidungsstücke demonstriert, wie gut diese eigentlich aussehen könnten, ist das einzige, das Du von ihr tragen kannst, ein riesiger NIKE-Sweater, den sie anzieht, wenn sie joggen geht. Und selbst darin siehst Du aus wie ein übler Fitnesstudioprolet-slashKirmesschläger und sie immer noch wie eine Prinzessin. Natürlich sehnst Du Dich nicht danach, in Wickelröcken herumlaufen oder ähnlich dümmliche Sachen tun, die Männer anfangen, wenn sie zeigen wollen, wie unverkrampft, individualistisch und einfühlsam sie angeblich sind. Aber Du findest es insgeheim doch ein wenig diskriminierend, daß Frauen in jeder größeren Stadt drei komplette H&Ms zur Auswahl haben während Du Dich mit einer einzigen Etage zufrieden gaben mußt. In der

sie Dir dann aber auch noch die einzig tollen Sachen, wie zum Beispiel die T-Shirts mit dem "Rebellious High"-Aufdruck, wegkaufen. Dabei solltest Du anstatt Dich zu ärgern lieber die positiven Seiten sehen: Erstens, Du mußt nie wieder Geld in teure Negliges oder spitzenbesetzte Unterwäsche investieren seit Du weißt, daß sie in Deinem DoppelrippUnterhemd aus dem Woolworth-5er Pack mindestens genauso sexy aussieht. Zweitens, durch die geringere Auswahl bist Du schneller mit dem Klamottenkaufen fertig und pünktlich zu den Simpsons wieder zu Hause. Drittens... Schau sie Dir noch einmal genau an, wenn sie Dein uraltes löchriges DEAD KENNEDYS-Shirt mit dem sich langsam auflösenden Kragen anhat und Du weißt, daß alle anderen Punkte eigentlich egal sind. Fazit: Oft sind es eben die einfachen Sachen, die am besten funktionieren. So wie ein entspannter Grillabend mit den Jungs, einer Frisbee und Dosenbier Dich manchmal glükklicher zurücklassen kann als eine Nacht im hipsten Club der Stadt. So wie eine Schale Pommes morgens um fünf oft besser schmeckt als ein ausgetüfteltes Thai-Menü. Oder eine einfach gestrickte Rock'n'Rollplatte wie die von den STROKES das ganze langweiligen artsy-fartsy Gefrickel von Bands wie RADIOHEAD einfach mal eben so wegpustet. Oder eben eine schöne Frau, die nichts außer einem viel zu großen Herrenhemd trägt und sich darin mit verwuschelten Haaren und leuchtenden Augen zu Dir an den Frühstückstisch setzt. Christoph Koch


TV Turn-off Days

Es kostet 1000 Mark. Woher soll ich das jetzt nehmen? Und ist nicht Sonntag? Muss ich bis Morgen früh ohne auskommen?

Smiths. Wie immer bei Liebeskummer. Schlafe dann ein.

Kofferraum zu heben. Die Tür schliesst nicht. Die Kiste ist zu gross.

16.53 Uhr: Das Telefon klingelt. Flo. "Es ist soweit! Er hat mich im Stich gelassen!" "Dann kaufst du endlich einen neuen?" "Ich halt das aber nicht bis Morgen aus."

Montag

16.40 Uhr: Die Gummibänder um meine Isomatte werden als Stricke zweckentfremdet. Notdürftig hält das.

Sonntag

16.59 Uhr: Wieder Alex am Telefon. "Ist das eine Verschwörung? Mein Fernseher und dein Telefon geben gleichzeitig auf?". Ich drücke die Power-Taste. Im Gegensatz zu ihrem Telefon bei mir nur Piep-Ton und immer noch kein Anflug von Bild.

16.35 Uhr: Ich esse Toast und etwas Wurst. Auf RTL läuft Formel 1- Die Zusammenfassung. Gerade redet Nicki Lauda Sachen. Plötzlich ein hoher Ton und Bildausfall! 16.37 Uhr: Ich bemerke, dass auch dieses rote Licht mit der Sendernummer nicht mehr leuchtet. Der hohe Ton ist noch da. Ich habe eine erste Befürchtung: Das liegt nicht an Nicki Lauda. Und RTL scheint auch keine Schuld zu treffen. 16.38 Uhr: Ich krame durchs Altpapier. Gestern habe ich doch Prospekte der MediaKetten weggeworfen. Finde aber nur einen. 16.41 Uhr: Das Telefon klingelt. Alex. "Mein Fernseher ist kaputt", schluchze ich. Verständnislosigkeit auf der anderen Seite: "Schaust doch eh zuviel." "Tu ich nicht." "Doch, du musst auch mal abschalten können." "Aber was mach ich jetzt? Hier ist es so still!" "Lies doch mal ein Buch!" "Da bewegt sich doch nix!" Die Leitung bricht zusammen. 16.45 Uhr: Ich lege eine Platte auf. "Major League" von Pavement. "Relationship hey-heyhey" singt da wer und ich drücke in immer kürzeren Abständen die Power-Taste am Fernseher. Immer wieder dieses Pfeifen und kein Bild. 16.47 Uhr: Im einzigen Prospekt, dass ich noch finde, ist ein Fernsehgerät abgebildet. Ohne die technischen Daten zu prüfen, beschliesse ich, dass das jetzt schleunigst hier zu stehen hat. Koste es, was es wolle. Wolle?

17.25 Uhr: Power-Tasten-Rhythmus lässt nach. Keine Rettung. Ich höre Musik und spüle ab. 17.41 Uhr: Meine Spielkonsole funktioniert ja ohne Fernseher auch nicht... 17.59 Uhr: Ich telefoniere rum und verabrede mich ins Kino. 18.03 Uhr: Ich surfe wild durchs Internet auf der Suche nach Lösungen. Aber OnlineEinkaufen bedeutet auch Warten und das will ich nicht. 19.13 Uhr: Immer noch im Netz. Ich bestelle wie wild DVDs aus Amerika. Geh also davon aus, dass ich in Kürze wieder fernsehen kann. Zwischendurch fummle ich an allen Anschlüssen des TV-Geräts rum, in der Hoffnung ein Stecker würde nur nicht richtig sitzen... 19.24 Uhr: Flo meint am Telefon, dass wir uns nach dem Kino noch an der Spielkonsole abreagieren könnten und wird im gleichen Augenblick stutzig.

12.22 Uhr: Aufwachen. Vorm Kaffee machen noch ein Versuch. Kein Ergebnis. Der gute alte Siemens Bildmeister. 18 Jahre alt. Kann mich noch so an den Tag erinnern als mein Vater ihn kaufte und ich neun Jahre alt war.

17.09 Uhr: Ich fahre mit Tempo 40 auf der Autobahn. Lastwagen hupen. Ich halte mit einer Hand meine Neuerwerbung fest. Und lenke mit der anderen.

13.01 Uhr: Ich fahre los. Zu allen Medien Märkten der Stadt und des Umlands. Sehe im ersten Geschäft teure Geräte, die cool aussehen und alles können. Dann kleine Geräte, die vom Preis her akzeptabel sind.

18.00 Uhr: Er läuft. Sucht die Sender von selbst sogar. Ich beobachte ihn dabei und schau immer wieder zum alten Bildmeister, um zu vergleichen, wer denn jetzt cooler ist. Natürlich der neue.

14.10 Uhr: Ich weiss, dass nur ein grosser Fernseher in Frage kommt, lass mich aber nicht beraten. Was sollen die schon wissen?

18.11 Uhr: Flo ruft an. "Hat er 16:9? Hat er 100 Hertz? Hat er ...?" Ich verneine meisst und bemerke, dass mein Fernseher zwar gross ist, aber nicht alles kann, was andere Grosse können. Dafür hat er einen flachen Bildschirm. Den bestaune ich von der Seite. Kann mehr als 19 Sender gleichzeitig einspeichern. Hat Videotext, der ganz schnell funktioniert. Ist das geil!

14. 45 Uhr: Ich entdecke ein Gerät, dass wenig kostet und aber doch gross ist. Den will ich. 15.11 Uhr: Bin doch noch mal 20 Kilometer zum nächsten Ort und finde den Fernseher für eine Mark billiger. YES! 15.13 Uhr: Man will mich beraten. Ich will nur zur Kasse. 15.26 Uhr: Gut tausend Mark ärmer schiebe ich den Einkaufswagen zu meinem Auto und rufe Passanten herbei, die mir helfen sollen, den riesigen Karton auf den Rücksitz zu hieven. Man stellt fest, dass das nicht geht. Ich schicke alle weg.

23.55 Uhr: Nach dem Kino in der Kneipe erzählt Flos Freundin, dass er drei Stunden geweint hat. Wegen meinem Fernseher...

15.40 Uhr: Ich weiss, dass nur eines funktioniert. Die Kiste muss in den Kofferraum. Der wurde aber seit ca. 4 Jahren nicht mehr ausgeräumt. Dort liegen Ordner von der Fachhochschule, Fussballschuhe (hatte ich mal welche?) und Ölkanister, die auslaufen.

01.12 Uhr: Ich komme nach Hause und schalte sofort ein. Piepen. Kein Bild. Ich höre die

16.32 Uhr: Alles ist im vorderen Raum verstaut. Ich schaffe es alleine, den Karton in

19.00 Uhr: Minimalziel Simpsons sehen erreicht. 19.34 Uhr: Falk überlegt, ob er die Verabredung platzen lässt, um den Fernsehapparat zu bestaunen. Wir einigen uns, Mittwoch zu Champions League den Fernseher feierlich einzuweihen. 20.43 Uhr: Falk: "Ich brauch jetzt so einen Fernseher. Was will ich später damit. Jetzt bin ich Student. Jetzt hab ich Zeit, fernzusehen. Später, wenn ich mir so was leisten kann, nicht mehr." Säm


WAgen sagen erst mal möchte ich der sonne und der firma dr. oetker danken, daß sie mir bessere laune und einen umwerfenden grießbrei beschert haben. und dann frage ich mich, warum man, wenn man von seinem automobil (gefährt, kraftfahrzeug) spricht, immer den männlichen artikel verwendet. einer sagt z.b.: "mensch, dein auto sieht ja wie neu aus!" und man antwortet: "ja, hab ihn gründlich gewaschen". ihn. den auto? keins der vorher erwähnten wörter ist m. die antwort ist: insgeheim denkt man sich: ihn, den wagen. denn wagen sagen ist viel cooler als auto sagen. lehrer film bestätigt uns das. ein aalglatter (gutaussehender) fiesling (die frauen laufen ihm den ganzen film hindurch nur so hinterher) würde nie sagen: "gebt mir ein auto, oder ich knall euch alle ab!" die gesichtszüge der mit maschinenpistolen bedrohten bankangestellten würde sich entspannen und sie würden dem armen kerl mitleidig lächelnd sein spielzeugauto geben. auch derrick, unser maßstab an fernsehcoolness mit herz, verlangt nach dem wagen. wer wagen sagt, gewinnt. den kampf gegen das böse und am ende des films das herz seiner angebeteten. es gibt ja noch mehr solche wörter. maschine statt flugzeug, rechner statt computer, scheibe statt schallplatte, streifen statt film, nummer statt lied, apparat statt telefon. überhaupt ist es wichtig, immer die richtigen wörter zu kennen. eine zeitlang, und diese zeit ist gottlob vorbei, galt es zum bleistift als cool, teflon statt telefon zu sagen. der dauerbrenner unter den modefloskeln "cool" wechselte seine freunde auch sehr schnell: unsere großen geschwister fanden ihre welt noch schrill, stark und scharf , während diejenigen unserer zeitgenossen, die schlechte musik hören, eher alles fett, krass, heftig oder aber korrekt finden. wobei ein wort immer schneller dem nächsten weichen muß. words don't come easy, except for the stupid ones. ich zieh mir ein bier. mawe

"After you've seen Psycho please don't tell your friends its shocking secrets." (Alfred Hitchcock auf dem Werbeposter zu "Pschyo")

Den MUSST du dir angucken! Die Kunst des Filme-Nacherzählens ist schwer zu erlernen. Aber wer sie nicht beherrscht, kann Freunde verlieren Mein ersten Nacherzähl-Trauma fing ich mir bei "Titanic" ein. Ich hatte den Widerstand gegen den Film (Werbe-Slogan: "Kollision mit dem Schicksal") aufgegeben und saß in den "Mitterteicher Lichtspielen". Während ich die Nachos-Brösel aus dem Sessel löste, fragte ich meine Begleiterin, was für sie das Besondere an dem von ihr schon dreimal konsumierten Werk sei. "Na, die Liebesgeschichte. Das ist echt tragisch, wenn Leo stirbt." Ich hatte nicht erwartet, von einem Film über ein historisches Schiffsunglück überrascht zu werden, aber jetzt hatte mir die dumme Kuh doch tatsächlich die einzig spannende Frage vorzeitig beantwortet: Wer überlebt und wer nicht. Zum ersten Mal stellte ich fest, welche Pein Film-Nacherzähl-Dilettanten anrichten konnten. Dabei hatte sie doch einfach sagen können: "Geil: Kate Winslet zieht sich aus." Wahrscheinlich wär ich dann wenigstens gleich rausgegangen. Nachdem mir in der Zeit danach regelmäßig Freunde vor dem Kinobesuch die spannendsten Plot-Kniffe verraten haben und den Spaß vergrätzten, steht für mich fest: Kaum ein Zausel kann Filme gut nacherzählen. Entweder du verrätst zuviel ("Übrigens, Peter Fonda und Dennis Hopper werden am Ende von "Easy Rider" erschossen"). Oder du konzentrierst dich auf die falschen Details. Das Problem ist sowieso, dass jeder Pflaumenaugust meint, einen Film zusammenfassen zu können, manchmal noch während er läuft! Nach langer Leidenszeit und dem Anhören der unmöglichsten Filmzusammenfassungen kristallisieren sich heute folgende Möglichkeiten heraus, ein Kinowerk nachzuerzählen:

1. Der Hollywood-Pitch: Ähnlich einem Drehbuchautor spitzt man den Inhalt auf das Wesentliche zu. Der bekannteste Hollywood-Pitch ist der von "Alien" ("Weißer Hai im Weltraum"). Wie der "Pitch" (=Wurf), den Hollywood-Autoren benutzen, um Produzenten von ihren Geschichten zu überzeugen, genau funktioniert ist übrigens in Robert Altmans "The Player" zu sehen. Absolut unpassend ist er für alle David-Lynch-Filme. 2. Die Häppchen-Taktik: Details zu Schauspieler, Location, Technik, Kino werden geäußert: - "Alles an dem Film ist schlecht, nur die Szenen mit Klaus Kinski als wahnsinniger Killer/Kopfgeldjäger/Geiger/Forscher nicht." - "Die Tricks sind toll, besonders die Raumschlacht im Pferdekopfnebel." - ""Rio Bravo" ist Robert Mitchum, "El Dorado" mit Dean Martin. Beide sind aber von Howard Hawks, haben fast dieselbe Handlung und John Wayne spielt mit." - ""Fargo" ist super, aber die Synchronstimme von Steve Buscemi ist Scheiße." 3. Story, Story, Story: Wie gesagt, Geschichten nacherzählen kann sehr schwer sein. Meist fällt einem eh spontan nichts klügeres als "tadellos" oder "langweilig" ein. Im optimalen Fall lautet das aber so: "Ein Familienvater stirbt und wird als Schneemann reinkarniert." (Wer dann noch reingeht ist selber schuld. Den Film gibt's übrigens wirklich.) 4. Der Vergleich: Immer eine sichere Bank: der Vergleich mit schon bekannten Filmen oder Serien: - "Der ist wie eine "Deep Space Nine"-Folge,


nur auf Russisch." ("Solaris") - "Der ist wie Die Supernasen, nur noch schlechter." ("Zwei Nasen tanken super") - "Der ist wie ein Clint-Eastwood-Italo-Western, nur mit Schnee." ("Leichen pflastern seinen Weg")

sondern eine "Goldene Linde" überreicht (Unbedingt die Zusammenfassung von "Rocky 1 + 2" auf www.total-recall.org angucken). Wie sagte schon Billy Wilder: "Preise sind wie Hämorrhoiden, irgendwann kriegt sie jeder Arsch."

5. Intelektuelles Totreden Einige Phrasen muss man sich zurechtlegen, dann kann jeder mit scheinbar anspruchsvollen Interpretationen langweilen: "Adornos Bemerkung über amerikanische Komik als Stahlbad für den Zuschauer trifft auch auf "American Pie 2" zu." oder "Bei "Rio Bravo" begreift man, weshalb sich Wittgenstein so für Western interessiert hat."

Übrigens kann das Verraten des Filmendes auch eine mächtige Waffe sein, um Feinden den Kinoabend zu verderben. Und dazu muss man den Film gar nicht erst sehen. Einfach bei www.filmende.de die Zusammenfassung merken. Thomas Weiß

6. Zitate Eine der elegantesten Lösungen, denn in jedem Hollywood-Film versteckt der Drehbuchautor einen Satz oder Dialog, der den ganzen Film zusammenfaßt. Beispiel in dem Rocker-Film "Der Wilde" von 1953: Nach seine Motorradtruppe ein Dorf verwüstet hat fragt eine entrüstete Dame Marlon Brando: "Gegen was rebellieren sie?" Brando: "Was haben sie denn im Angebot?" Beim aalglatten "Ocean's 11" zitiert man einfach einen der gedrechselten George-ClooneyJulia-Roberts-Dialoge: "Ich habe die Scheidungspapiere von dir bekommen, als ich gerade einen Tag im Gefängnis war." "Ich hab' gesagt, ich würde schreiben." 7. Werbeslogan Bei Genrefilmen sollte man den Werbespruch in petto zu haben. Etwa den auf dem deutschen Poster zu Bruce Lees "Todesgrüße aus Shanghai": "Jedes Wort ein Prankenhieb, jeder Faustschlag eine Leiche." Und manchmal ist eine Nacherzählung sogar besser als der Film. Dann gibt's Preise dafür. Im Herbst letzten Jahres sah ich eine Sendung über das "Festival des nacherzählten Films" in Essen, ein Wettbewerb, bei dem Kombattanten jeweils zehn Minuten haben, den Inhalt eines Filmes vorzutragen. Der Gewinner bekommt keine "Goldene Palme"

Top 12 Die schlimmsten Spaßverderber Mit diesen Sätzen kannst Du Feinden den Kinoabend verderben. 1. Citizen Kane (1941) "Rosebud ist der Kinderschlitten." 2. Psycho (1960) "Anthony Perkins zieht sich zum Morden die Sachen seiner toten Mutter an." 3. Die Nacht der lebenden Toten (1968) "Einer überlebt die Zombies, wird aber von den Rettern erschossen." 4. Planet der Affen (1968) "Charlton Heston ist auf der Erde gelandet." 5. ... Jahr 2022... die überleben wollen (1973) "Soylent Grün ist Menschenfleisch!" 6. Alien (1979) "Sigourney Weaver und die Katze überleben." 7. Das Imperium schlägt zurück (1980) "Darth Vader ist Lukes Vater." 8. Auf dem Highway ist die Hölle los (1981) "Die Frauen im Lamborghini gewinnen das Rennen." 9. Basic Instinct (1992) "Sharon Stone IST die Eispickel-Mörderin." 10. The Sixth Sense (1999) "Bruce Willis stirbt schon am Anfang." 11. Mullholland Drive (2001) "Alles bis zum Aufschließen der blauen Box ist ein Wunschtraum der blonden Betty. Alles danach Realität." 12. The Others (2002) "Nicole Kidman und ihre Kinder sind Geister."

pittiplatsch3000-Konsumbereich Der Baumarkt In der Sturm und Drang-Phase meiner Teenagerzeit war ich ab und an im Baumarkt. Da kaufte man die Bauteile für den zu unrecht inzwischen vergessenen Bierbong. Dazu brauchte man einen Meter Gartenschlauch (Durchmesser ¾ Zoll) und einen mittelgrossen Trichter. Den steckte man in den Schlauch und fixierte ihn mittels einer Schlauchklemme (ebenfalls Gartenabteilung). Auf den wochenendlichen Parties kam das gute Stück dann zum Einsatz, um einen halben Liter Bier, der genau reinpasste, in Sekundenschnelle in den Rachen der Probanden zu schütten. Riesenspass! Heuer im Sommer kam ich wieder in den Baumarkt. Auf der Flucht vor einem Gewitter aus dem Freibad geflüchtet, landeten wir zwischen Lampen, Stromaggregaten und Holzzierleisten. Wir suchten nach einer Freizeitbeschäftigung und landeten in der Gartenabteilung. Da gab es verschiedene Grills (Grille, Griller, was ist denn die Mehrzahl von Grill?). Der billigste robust Wirkendste sollte es dann sein. 14 Mark plus ein paar Groschen für Kohle und Anzünder. Die folgenden Abende waren versüsst oder besser gepfeffert mit Steaks und Würsten. Den Sommer über fuhr ich nicht mehr weg. "Der Strand ist überall, wenn man sich wirklich liebt", sang Bernd Begemann. Tage im Freibad und Abende am Grill vom Baumarkt. Heute ist Winter und ich musste wieder hin. Da in der Kleinstadt. Rein ins sogenannte Einkaufszentrum mit geballten 19 Geschäften. Das grösste davon (eigentlich ist es alleine sogar grösser, als alle anderen zusammen) ist der Baumarkt. Vorbei am obligatorischen Kinderwackelauto, das immer im Eingangsbereich steht. In das man ein paar Cent wirft, damit es zwei Minuten nach oben und unten und links und

rechts schaukelt. Rein und durch die Lampenabteilung, zu meiner Linken Werkzeuge und zur Rechten Bad, Licht, Farben, Heimbereich usw. Hier unterscheidet sich schon der Kundentyp. Links am Werkzeug: Vor Selbstbewusstsein strotzende Männer in blauen Latzhosen, die Arbeitsgeräte in den dafür vorgesehenen Taschen haben und mit Metermass alles, aber auch alles vermessen: Schraubenlänge, Hammergriffe, Regalabstände und Penislänge im erigierten Zustand. Rechts von mir in der Bad, Küche, Lichtabteilung: Junge Pärchen auf der Suche nach Nützlichem für die erste gemeinsame Wohnung. "Können wir uns das überhaupt leisten?" hört man es zwischen Airbrush-Klodeckel und Wandtresor "City Line". Was bitte macht man mit einem Wandtresor? Oder Airbrush Klodeckel? Ich kannte mal einen, der Klos verkaufte. Der erzählte mir, dass das begehrteste Stück in seinem Sortiment eine Schüssel mit Stacheldraht in Glas sei. Also eine Schüssel, wo man denkt, man sitze auf Stacheln...Ausserdem fertigte seine Firma auf Wunsch auch Schüsseln an, in dem ein vorher abgegebenes Bild eingelassen war. Man stelle sich mal vor: Man scheisse jeden Tag auf das Gesicht von... Egal. Ein anderer Freund führte mich mal durch die Holzabteilung eines Baumarktes. Er war Schreiner und erklärte mir jeglichen Sinn und jede Funktion von verschiedenen Hölzern. Ich kapierte nix, da ja alles gleich aussah. Nur unterschiedlich lang. Genau deshalb misst der Typ, der vorher Schraubenlängen verglich, jetzt Hölzer aus, während ich bei den Schildern angekommen bin. "Warnung vor dem Hunde", "Parken verboten", "Heizungskeller" und "Vorsicht Auspuffgase" fand man mit 13 Jahren lustig, wenn man sich so was an die Kinderzimmertür klebte.


Jetzt, Jahre später, ist man längst in der bitteren Realität und verlernte das Lachen über so was spätestens, als das erste eigene Auto das erste mal abgeschleppt wurde. Genau, Auto! Deshalb bin ich ja hier. Motoröl kaufen. Also rein zu den Scheibenwischern, Kartenleselampen mit Lupe, Lenkradfellüberzügen und vollautomatischen Motorantennen. Hier geht der Tuning-Freak ein und aus und fragt dabei dem hilflos überforderten Verkaufspersonal in Uniform und Messgerät am Gürtel Löcher in den Bauch. Ich nehme mein Öl und gehe doch noch durchs Gartenparadies. Da gibt es Zement. Ein Sack á 40 kg für nur 3 Euro. Im Ernst: Wie viel brauche ich davon, um jemanden einzumörteln? Reicht ein Sack? Neben mir stopfen Frauen Nutzloses in ihre Einkaufskörbe und erfreuen sich dämlicher

Erfindungen, die das Hausfrauenleben angeblich einfacher machen. Da stehen sie nun, alleingelassen von ihren Männern. Ähnlich wie die Kinder zwischen den bunten Bällen im Spielparadies. Nur erwachsener bestaunen sie Düngemittel und Topfpflanzen. Auf dem Weg zur Kassiererin dann ellenlange Schlangen, gebildet aus ca. 5 Personen und ungefähr 25 Metern Brettern zwischen ihnen. Links und rechts der Kassen der übliche Schnickschnack. Eiskratzer und Kleber, den man schon hat, aber gerne noch mal in den Einkaufswagen schmeisst. Bei dem Preis. So bezahle ich also genauso viel, wie ich in der Tankstelle für das Öl bezahlt hätte. Nur hier hat es länger gedauert und es gab noch Kratzer und Kleber dazu. Toll. Warum kaufen Menschen ein einzelnes 7,5 Meter Brett? Säm

ProllIg SpielEN Ich frage ihre Mutter, ob ich im Wohnzimmer Fussball schauen kann. Sie erlaubt. Während ich dann da sitze, finde ich das plötzlich nicht mehr so cool. Nicht mehr so cool, wie tags zuvor, wo ich noch mit 40 Anhängern ein Spiel in der Kneipe gesehen habe. Nicht: "Es gibt nur ein´n Ulf Kirsten!" sondern, " verdammt, wolltest du das jetzt eigentlich wirklich?" Und wer bist du wirklich? Der, der Fussball liebt oder der, der... Ach. Kann man mit Fussballspiel-Leidenschaft noch Blumentöpfe gewinnen oder muss man mit Töpfern Leidenschaft erspielen? Kann man mit Computerspielen Frauen imponieren oder imponiert die Fähigkeit, fremde

Computer (beispielsweise und vorrangig ihren) zu installieren, dem anderen Geschlecht? Ist schon egal, denn man weiss ja längst, dass es doch am besten zieht, wenn man einfach sein eigenes Ding macht. Aber wie soll das gut ankommen, wenn einen doch die Bundesliga-Ergebnisse interessieren. Vor nicht wenigen Jahren hab ich mich dafür interessiert. Fand mal Wiggerl Kögl gut und den Uwe Rahn mal auch. Da war ich aber noch in der Prä-Pupertät. Dann wieder nicht mehr. Fussball. Was will das schon? Ging eine Zeit lang, bis wieder irgendeine Welt-Europa-Deutsche-Champions LeagueMeisterschaft dazwischen kam. Kaufte Trikots, die ich nie trug, weil sie einfach zu unstylisch

aussahen. Ausser eben in der Eckkneipe beim Fussball gucken zu Kölsch trinken. Kleine Anekdote am Rande: Ich trug zum letzten EuropameisterschaftsHalbfinalspiel zwischen Frankreich und Holland ein Trikot des holländischen Fussballbundes. Mit der Rückennummer 4 und der Aufschrift F. de Boer. Dieser Frank de Boer, wie er ausgeschrieben heisst, verschoss im Laufe des Spieles zwei wichtige Elfmeter und vermasselte somit einen Einzug ins Finale. Ich, natürlich in vorderster Front vor dem TV-Gerät, wurde sofort zum Gespött des Tages, ach des ganzen Meisterschaftsmonats und wurde auf Händen aus der Kneipe getragen. Da aber anscheinend die komplette Stadt das Spiel gesehen hatte, lachte man draussen weiter. Ich fuhr mit dem Fahrrad oben ohne heim. I wanna be adored! Zurück dazu. Meine eigentliche Theorie, man kann nur solange cool sein, bis man es selber merkt, hat wieder einige neue Belege bekommen. Also pass auf, Thees Uhlmann. Pass auf, Lehmann. Nicht aufgepasst und sitzengeblieben beispielsweise: Benni von Stuckrad-Barre, der eigentlich nie mitkriegen hätte sollen, dass wir sein erstes Buch mochten. Jetzt denkt er, er wäre gut und alle würden das mögen, was natürlich keiner mag. Nämlich diese öde Fernsehsendung. So ertappe ich mich wieder dabei, Sport im Fernsehen zu sehen. Wieder dabei, wie ich ins Stadion gehe und aufspringe, als Pizarro den Elfer gegen Nürnberg verhaut. Ich machte einen Versuch. Landete beruflich in einer Düsseldorfer Kneipe namens Ballermann 6. Beobachtete Eishockeyfans beim Bier mit Sangria-Strohhalmen aus dem Fass trinken und hörte Mickey Krauses "Geh doch zu Hause du alte Scheisse" (was sich jetzt immer öfter zu einem inneren Ohrwurm entwickelt hat -> Beweis: gehöre zu ihnen). Hatte aber keine Spass da. Versuchte nicht angesprochen zu werden. Wusste nicht, was für Gespräche ich hätte führen sollte. Ähnlich vor zwei Jahren, als ich mit einem Freund in einer kleinen Kneipe sass. Gemütlich

ein Bier trank und am gegenüberliegenden Ende der Theke illustre Gesellschaften beim Feiern und mitsingen von Hits wie "Schmidtchen Schleicher mit den elastischen Beinen" beobachtete. Wir sassen da und schauten, nippten ab und an am Bier, bis er irgendwann mal meinte: "Hm, is´ halt was fürs einfache Gemüt!" War es eben auch. Wir konnten uns dabei nicht amüsieren. Und trotzdem glaube ich nach und nach, dass das "einfache Gemüt" es eben auch einfacher hat. Man macht sich hier und da keine Gedanken, während wir den ganzen Tag Leben und Lieben in Frage stellen und grundsätzlich eher introvertiert-depressiv sind. Hirnlos is the new Glücklich? No Brain - No Pain? Ich mag es nicht glauben. Obwohl doch da Beweise wären. Ich gebe nicht auf und forsche weiter... Wann ist eigentlich diese BundesligaWinterpause vorbei? Skispringen mag ich denn nun wirklich nicht. Säm



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