Im Rhythmus der Esel

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Alle Fotos: Sammlung Stephan Gander

VINSCHGER KULTUR

Ein Teilnehmer auf „Ansaldo“ vor dem Hotel „Schöne Aussicht - Bella Vista“

Abenteuer „Alpenfahrt“ Vor 100 Jahren wurde erstmals wieder um den begehrten Alpenpokal gekämpft. TRAFOI/STILFSERJOCH - Vor 100 Jahren über-

querten bekannte Rennfahrer wie Max Sailer, Enzo Ferrari, Ugo Sivocci und Antonio Ascari die Alpen. Der Erste Weltkrieg hatte dieses gigantische Auto-Abenteuer durch die Alpen jäh unterbrochen. 1921 wurde erstmals wieder eine große „Alpenfahrt“ über die Alpen Pass-Straßen ausgetragen. „Während viele Gebäude an der Strecke noch in Trümmern lagen, machten sich die ersten Auto-Pioniere wieder auf dem Weg, es war ein kleines Zeichen des Wiederanfangs“, schreibt Stephan Gander (Hotel „Schöne Aussicht - Bella Vista“ in Trafoi) in einem Aufsatz. Gander hat zum Thema „Alpenfahrt“ recherchiert und auch seltene Fotos dazu gesammelt. Nachfolgend sein Beitrag. Zuverlässigkeitstest für Mensch und Maschine In den frühen August-Tagen des Jahres 1921 fand die erste große Alpenfahrt nach dem Ersten Weltkrieg statt. Zu dieser Herausforderung für Mensch und Automobil hatten sich 30 Rennfahrer und Privatfahrer gemeldet, darunter bekannte Namen wie etwa der deutsche Rennfahrer Max Sailer auf Mercedes, Privatfahrer Graf Sascha Kolowart aus Österreich auf Austro Daimler und der junge Pilot Enzo Ferrari, sein Kollege Ugo Sivocci, aber auch erfahrene Spitzenfahrer wie Antonio Ascari und Giuseppe Campari, allesamt auf Alfa Romeo. Ob Privat- oder Rennfahrer, alle waren geeint vom Pionier-Geist und dem Willen, den begehrten Alpenpokal zu gewinnen. 32

DER VINSCHGER 27-28/21

Ein Teilnehmer auf dem Stilfserjoch mit Blick zum Ortler (3.905 m)

Rennfahrer Antonio Ascari am Stilfserjoch, vorbei an den Ruinen des Ersten Weltkriegs

Neben bekannten Marken wie FIAT, waren auch für uns heute unbekannte Automarken wie „Laurin und Klement“, „Nazzaro“, „Amilcar“, „Ansaldo“ oder „Itala“ mit ihren Fahrern gemeldet, Raritäten, die heute Höchstpreise bei Liebhabern erzielen. Bei diesen Alpenfahrten wurden Autos und Fahrer aufs härteste auf ihr Können und ihre Zuverlässigkeit getestet, denn die Straßen waren die steilsten, höchsten Pass-Straßen der Alpen und meist ohne festen Belag. Insgesamt waren 2.306 Kilometer in fünf Etappen quer durch die Alpen zurückzulegen. Am Etappenziel angekommen, durften sich Fahrer und Techniker maximal eine Stunde um Reinigung und Reparaturen am Wagen kümmern. Zum Sieger wurde derjenige Teilnehmer erklärt, der während der fünf Etappen eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 48 km pro Stunde halten konnte oder diesem Durchschnitt am nächsten kam, mit so wenig wie möglich Strafpunkten.

In 5 Etappen über die Alpen und durch Südtirol Die ersten Alpenfahrten waren noch vor dem Ersten Weltkrieg vom österreichischen Automobilclub in den Jahren 1910 bis 1915 ausgetragen worden. Nachdem Österreichs schönste Alpenregionen nach dem Ersten Weltkrieg an Italien gefallen waren, machten die Italiener Gebrauch vom bekannten Begriff der Alpenfahrt. Startpunkt des Rennens war am 7. August 1921 in Mailand, denn die „Coppa delle Alpi“ wurde vom dortigen Automobil-Club organisiert. Die erste Etappe führte von Mailand nach Turin, von Turin nach Meran, von Meran nach Triest, von Triest nach Trient und von Trient zurück nach Mailand. Gestartet wurde jeweils um 5 Uhr in der Früh, in einem Intervall von 5 Minuten. Spannend sind aus Südtiroler Sicht die Etappen 2 und 3, denn diese führen durch unsere Dörfer und über unsere Pass-Straßen. Nachdem die Fahrer am 2.


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