Bitte unter die Erde!

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Neues Buch über Franz Tappeiner MERAN/LAAS - Über 50 Jahre lang wirkte der aus Laas stammende Franz Tappeiner (1816-1902) als Kurarzt und Berater im Meraner Gesundheitswesen, begleitete den Umbau des noch mittelalterlich geprägten Landstädtchens zum glanzvollen Kurort und krönte sein Lebenswerk mit der Stiftung des Tappeinerweges. Die einmalige Höhenpromenade am Küchelberg gehört längst zum Selbstverständnis der Passerstadt. Wenige wissen, dass der große Mäzen auch ein passionierter Botaniker war, dazu ein ernsthafter Anthropologe und Tuberkulose-Forscher, der mit der wissenschaftlichen Elite seiner Zeit in regem Ideenaustausch stand. Im März 2016 veranstaltete das Palais Mamming Museum eine Tagung in Meran, um an den ­Visionär Tappeiner zu erinnern und seine Zeit neu zu begreifen. Das nun im Athesia-Verlag erscheinende Buch „Franz Tappeiner – Kurarzt und Mäzen/Medico e mecenate“ versteht sich als schriftliche Fortsetzung der Tagung. Herausgegeben wird die in deutscher und italienischer Sprache verfasste Publikation

Vorgestellt wird das Buch am Mittwoch, 14. Juni, um 19.00 Uhr im Palais Mamming Museum Meran.

von der Germanistin Ulrike Kindl und dem ORF-Journalisten Patrick Rina. In ihren Beiträgen widmet sich Kindl dem facettenreichen Leben und Werk Tappeiners, verwebt die Biographie des Arztes mit der Geschichte Merans, Tirols und Europas. Rosanna Pruccoli skizziert die Beziehungen Franz Tappeiners zum jüdischen Arztkollegen Raphael Hausmann und wirft ein interessan-

tes Schlaglicht auf ein vergessenes Stück Meraner Geschichte. Zum 80. Geburtstag Tappeiners, am 7. Jänner 1896, veröffentlichte Hausmann auf der Titelseite der Wiener „Neuen Freien Presse“ eine Würdigung des verehrten Freundes. Renate Abram nimmt sich in ihrem Beitrag der Meraner Kurmittel um 1900 an. Die Stadt war für die „Terrainkur“ bekannt. Diese vom bayerischen Arzt Max Joseph Oertel entwickelte Bewegungstherapie stand Pate bei der Anlegung des ersten Abschnitts des Tappeinerweges 1893. Beim zügigen Spazieren auf sanften Steigungen sollten Herz und Kreislauf gestärkt werden. Francesco Rosani portraitiert in seinem Aufsatz das damals überaus fortschrittliche Sanitätswesen Merans, beschreibt sanitäre Neuerungen und die Errichtung des städtischen Krankenhauses (1905) und Kurmittelhauses (1907). Auf das bekannte marmorne Tappeiner-Denkmal am Tappeinerweg geht Markus Neuwirth in seiner kunsthistorischen Analyse ein, mit einem Seitenblick auf die Rolle des gehobenen Kunstkonsums

in der Belle Époque. Zwei zeitgenössische Kostproben literarischer Annäherung an Merans Geschichte bieten hingegen der aus Schluderns stammende Historiker und Literat Sebastian Marseiler, der (mit Augenzwinkern) über das kultur-, sozial- und wirtschaftshistorische Verhältnis der Stadt zum Vinschgau berichtet, und Alessandro Banda. Er setzt sich mit einem faszinierenden Thema auseinander, mit dem „Tod in Meran“. Wer um 1900 als Kurgast an die Passer kam, hatte ernste gesundheitliche Sorgen. Im Anhang des Buches findet sich, neben dem Schriftenverzeichnis Tappeiners, bislang unveröffentlichtes Material aus dessen Nachlass, darunter der Stiftbrief des Tappeinerweges. Das Buch bildet den ersten Band der MERABILIA-Schriften des Meraner Stadtmuseums. In Zukunft sollen – in unregelmäßigen Abständen und mit Hilfe des reichhaltigen Stadt­ archivs – Sammelbände herausgegeben werden, um Merans Vergangenheit wissenschaftlich aufzubereiten. RED

SCHLANDERS - Das Pfingst­ wochenende bot sich an, den lang gehegten Wunsch des MGV (Männergesangverein) Schlanders nach einer Konzertreise in den hohen Norden Wirklichkeit werden zu lassen. Per Flug über Innsbruck und Frankfurt erreichten die Sänger am 1. Juni die finnische Hauptstadt Helsinki. Leider zeigte sich der skandinavische Frühsommer von seiner eiskalten Seite. Aus diesem Grund waren auch die Festlichkeiten zum 100. Jahrestag der Gründung der Republik Finnland sehr eingeschränkt. Die Königspaare aus Schweden, Norwegen und Dänemark, die mit ihren königlichen Yachten als Gäste angereist waren, hielten sich mit den Regierungsdelegationen vorwiegend hinter verschlossenen Türen auf. Die tapferen MGV-Sänger hingegen besichtigten mit ihrer Chorleiterin Sibylle Pichler bei Eiseskälte die Innenstadt, die Uspenski Kathedrale, Sitz des

Foto: MGV Schlanders

Konzertreise in den hohen Norden

Der MGV Schlanders im Schlosspark Kadriorg in Tallinn.

orthodoxen Bischofs, den offenen Bauern- und Fischmarkt am Hafen und die typische Kaufhalle, wo sie einige Tiroler Lieder zum Besten gaben. Dafür gab es viel Applaus von den Besuchern aus aller Herren Länder. Auch im protestantisch-lutherischen Dom stimmten die Sänger ein Lied an. Am Nachmittag des zweiten Reisetages ging es mit der Fähre Megastar nach Tallinn. Die Hauptstadt der baltischen Republik Estland mit dänischer, deutscher und russischer Ge-

schichte ist besonders wegen ihrer intakten Altstadt bekannt. Der MGV hatte sich mit dem russischen Frauenchor „Maria“ aus St. Petersburg, der vielen Südtirolern von Auftritten in Schlanders und Meran in guter Erinnerung ist, zu einem gemeinsamen Konzert verabredet. Das Konzert fand im Weißen Saal der „Tallinna Filharmoonia“ statt. Beim Abendessen wurden alte Erinnerungen aufgefrischt. Am Sonntag stand eine Stadtrundfahrt mit verschiedenen Besichtigungen auf dem

Programm. Es wurde auch die Sängerwiese am Stadtrand von Tallinn besichtigt. Die gigantische Sängermuschel bzw. Sänger­ bühne bietet auf über 40 Rängen ca. 15.000 Sängern Platz. Auf der Wiese vor der Tribüne finden bis zu 200.000 Besucher Platz. Der Männer des MGV ließen sich diese einmalige Gelegenheit nicht entgehen, ihre Stimmen aus dem überdimensionalen Musikpavillon erschallen zu lassen. Als der MGV auf den Treppen des Barockschlosses Kadriorg das „Südtiroler Weinlied“ von Sepp Thaler anstimmte, antwortete ihnen aus dem Publikum ein gemischter dänischer Chor mit einem traditionellen skandinavischen Lied. Dieses zufällige Aufeinandertreffen zweier Chöre wurde am Abend gefeiert, wobei auch die ersten Pläne für ein gemeinsames Konzert in Schlanders und/oder Kopenhagen geschmiedet wurden. RED DER VINSCHGER 22/17

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