WIESBADENER*IN, Ausgabe I/2024

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Wiesbadener*in

Magazin für Kunst, KulTouren und Lebensfreude

goEast 2024:

Filmkultur hautnah

Die Quellen des Bösen

FernsehKrimi-Festival 2024

Zum 22. Mal:

Wiesbadens längste Kurze Nacht der Künste

Auslotung der Grenzen

Die Künstlerin Angela Cremer

Alice Springs: Porträts voller Empathie

Together?

Künstlergruppe50 in Turnbridge Wells

RAY - Triennale der Fotografie

Echoes: Emotion, Identity, Memory

Bilder scheinbar aus dem Nichts Koen van der Broek im Ludwig Museum Koblenz

Kafka auf dem Holzweg

IMF Wiesbaden 2024

Ausgabe I / 2024 Preis: 6,50 €

Inhalt

menschen & meinungen

Mehr Stolz, Ihr Frauen S. 4

unternehmen & märkte

SEG S. 5

kultur & kreatives

Die kurze Nacht S. 6

FernsehKrimi-Festival S. 8

KrimiMärz S. 9

goEast 2024 S. 10

Auslotung der Grenzen S. 12

RAY 2024 S. 14

Together? S. 16

Kulturfonds S. 20

Ludwig Museum Koblenz S. 21

Theaterdonner S. 22

Staatstheater Saarbrücken S. 24

IMF 2024 S. 26

The Culture S. 27

Opelvillen S. 28

magazin

KulTouren S. 17

zusammenleben

Uhrthurm Wiesbaden S. 29

CCW feiert S. 0

Vor 20 Jahren gründeten wir Verlag & Agentur media futura, seit 2009 die Heimat des Magazins WIESBADENER*IN, das viermal im Jahr Lese- und Sehstoff zu bemerkenswerten Entwicklungen, herausragenden Geschäftsideen, individuellen Lebensentwürfen, kommerziellen wie künstlerischen Projekten in Wiesbaden und dem Rhein-Main-Gebiet bietet. Zum Jubijahr haben wir einen Kalender mit den (unserer Ansicht nach) besten Titelbildern des Magazins herausgebracht – wenige Restexemplare der streng limitierten Auflage sind noch unter www.gastro-city-guide. de/magazine-im-shop/ erhältlich!

Doch dabei soll es 2024 nicht bleiben. Das ganze Jahr über wird es ausgewählte Aktionen und Verlosungen geben, zu finden im Newsletter, den man über mail@media-futura.de formlos anfordern kann, und auf der Website des Magazins www.wiesbadenerkultipp.jimdofree.com/. Wir wünschen viel Vergnügen!

Bei der 20. Ausgabe des beliebten FernsehKrimi-Festivals, das vom 17. Bis 24. März in der Caligari FilmBühne Wiesbaden stattfinden wird, gehen insgesamt 10 Filme um den Deutschen FernsehKrimi-Preis ins Rennen, davon sechs Premieren. (S. 8).

Internationale und deutschsprachige Krimistars stehen im Zentrum, wenn der „Wiesbadener KrimiMärz“ bereits zum sechsten Mal mit 19 Veranstaltungen in drei Wochen ein dichtes und vielseitiges Programm bietet. Zum Auftakt liest der diesjährige Krimistipendiat Bernhard Aichner aus seinem Thriller „Bildrauschen“. Größen der regionalen Krimiszene sind mit Alexander Pfeiffer, Mara Pfeiffer, Susanne Kronenberg und der Autorengruppe „Dostojewskis Erben“ natürlich auch vertreten (S. 9).

Am 13. April von 19 bis 24 Uhr findet die 22. „Kurze Nacht“ der Museen und Galerien in Wiesbaden mit 0 teilnehmenden Museen, Kunstvereinen, Projekträumen und Galerien statt. Und wieder darf man sich auf den Wiesbadener PopJazzChor und das Rollende Museum mit seinen rund einhundert Oldtimern

freuen. Eröffnet wird die „Nacht“ im Künstlerverein Walkmühle (S. 6).

Sie lernten sich 1947 in seinem Atelier in Melbourne kennen: Der 27-jährige Fotograf Helmut Newton und die 26-jährige Schauspielerin June Browne. Ab Mitte der siebziger Jahre nannte sie sich Alice Springs und begann ihren eigenen Weg als Fotografin zu gehen. So entstanden zahlreiche Porträts, Menschenbilder voller Empathie, die ab April in den Opelvillen zu sehen sind (S. 28).

Vom 3. Mai bis 8. September werden Frankfurt und die Rhein-Main-Region zum fünften Mal Schauplatz der Triennale der Fotografie RAY. Internationale Künstler*innen stellen ihre Perspektiven zum Leitthema ECHOES vor. Ihre Arbeiten ermöglichen Resonanzen zu Fragen der Identität, zur Entstehung von Emotionen und zur Rolle von Fotografie als Erinnerungsträger (S. 14).

Ansonsten wünschen wir Ihnen wir immer viel Vergnügen mit dieser Ausgabe und eine hoffentlich entspannte Zeit.

IMPRESSUM: Herausgeberin, Gesamtkoordination & Gestaltung: media futura • Inh. Petra Esser • Mittelstraße  • 56856 Zell/Mosel • Tel. 06542.954.00.80 • Fax: 06542.954.00.79 • www.media-futura.de • mail@media–futura.de • Gestaltung: Petra Esser • Redaktion: Petra Esser, Tobias Mahlow, Gesine Werner, Konstantin Mahlow • Anzeigenleitung: Tobias Mahlow • Titelbild: Koen van den Broek, Dantes Lot, 2017, Öl auf Leinwand, 240 x 160 cm, Privatsammlung Walter Van Hencxthoven, Belgien, © Koen van den Broek • Vignetten: Bernd Schneider • Druck: WIRmachenDRUCK GmbH, Mühlbachstraße 7, 71522 Backnang • Redaktionsschluss für die Ausgabe II/2024: 20.05.2024 • Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages • alle Fotos und Logos wurden uns – wenn nicht anders dokumentiert – von den porträtierten Personen/Institutionen zur Verfügung gestellt.

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Polizeiruf 110 - Der Dicke liebt, Foto: © MDR, Felix Abraham El Franco Lee II, DJ Screw in Heaven, 2008, Acryl auf Leinwand, 96,5 x 121,9 cm, Privatsammlung, Houston, © El Franco Lee II
„Mehr Stolz, Ihr Frauen!“

Von Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit und dem Gendern in Absurdistan

„Besser gleich berechtigt als später“ war vor 40 Jahren eine Devise der Frauenbewegung. Klar doch, längst sind wir WeibsBilder gleichberechtigt - in Beruf, Familie, Gesellschaft, Kultur und Politik.

In der Politik? Im Bundestag sind gerade mal ein Drittel der Abgeordneten weiblich. Pünktlich zum Weltfrauentag wird gerne ein höherer Frauenanteil im Hohen Hause gefordert. Ein gemeinsames Paritätsgesetz? Fehlanzeige. Dass es neben der Entwicklungsministerin eine Außenministerin und eine Innenministerin gibt, gilt zuweilen als „ungewöhnlich“.

Innenministerin Nancy Faeser plädiert für Bewusstseinswandel: „Ohne gemischte Teams, ohne die Perspektive von Frauen und

Männern, ist der Blick oft zu eng.“ Viel zu lange habe die Innenpolitik sich nicht der Gewalt gegen Frauen und dem Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt gewidmet. Verantwortlich dafür sei eine „überkommene Führungskultur, die vieles ausgeklammert“ habe.

Eine zusätzliche sexistische Angriffsebene im politischen Diskurs erlebt Außenministerin Annalena Baerbock. Von wegen „Stimme zu hoch“, Argumente „zu emotional“ oder „zu jung und unerfahren“ für den Job. Hass und Hetze im Netz gilt Politikerinnen in verstärkter Form.

Der Slogan „Hessen vorn!“ war gestern, der Frauenanteil sank um fünf Prozent. Immerhin ist Astrid Wallmann als Landtagspräsidentin weiter im Amt. CDU-Ministerprä-

sident Boris Rhein regiert mit acht Ministern und drei Ministerinnen, der Landesvater spricht dennoch von „sehr vielen“ und „starken“ Frauen in der politischen Führung. Doch laut Koalitionsvertrag soll eine Festschreibung erfolgen, „dass in der öffentlichen Verwaltung sowie weiteren staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen (wie Schulen, Universitäten, Rundfunk) auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird und eine Orientierung am Rat für deutsche Rechtschreibung erfolgt.“ Also ist „Gendern in Absurdistan“ weiter angesagt.

„Mehr Stolz, Ihr Frauen!“ Die „kämpfende Dichterin & dichtende Kämpferin“ Hedwig Dohm setzte sich für das Frauenwahlrecht ein und ermunterte Zeitgenossinnen. „Nur auf den Nacken, der sich beugt, tritt der Fuß des vermeintlichen Herrn.“

Die Großmutter von Katia Mann und Schwieger-Großmutter von Thomas Mann, betonte: „Glaube nicht, es muss so sein, weil es so ist und immer so war. Unmöglichkeiten sind Ausflüchte steriler Gehirne.“

Der Pazifistin war klar: „Nie und nirgends hat man(n) die Frauen von den mühsamsten und widerwärtigsten Beschäftigungen ferngehalten, etwa aufgrund ihrer zarten Konstitution oder ihrer Schamhaftigkeit - Schranken, die aufzuführen man(n) niemals versäumt, wo es sich um höhere und einträglichere Arbeitsgebiete handelt.“

Das Wort „frei“ stammt ab von „Fri“ = Frau, ursprünglich Herrin, entwickelte sich aus dem Begriff „eigen“ heraus. Freiheit ist laut Rosa Luxemburg „immer die Freiheit anders Denkender“.

Wir „eigen“sinnigen Frauen wollen in der Sprache nicht „geschlechtsblind“ als Mann sichtbar sein und verweisen auf Marlies Krämer. Wir sind so frei und lassen uns das Gendern nicht verbieten.

„Marlies Krämer. Die saarländische Marie Juchacz - Frauenpreisträgerin klagte vor dem BGH gegen das „Totschweigen“ - leider ohne Erfolg. Doch wir sind so frei und lassen uns das Gendern nicht verbieten.

Text und Foto: Gesine Werner, geprüfter Mann und Diplompädagogin

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menschen & meinungen
Die Collage von Marc Heymaker & Gesine Werner huldigt drei starken Frauen: Die „kämpfende Dichterin & dichtende Kämpferin“ Hedwig Dohm trägt eine Halskette mit Hildegard von Bingens Symbol „Frieden stiften“. Der Autograph stammt von Olympe de Gouges (1745 – 179), die für ihre „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“ auf dem Schafott starb.

Das AWO-Pflegezentrum ist komplett saniert und wird symbolisch übergeben. SEG-Geschäftsführer Roland Stöcklin, AWO-Vorsitzende

Wie der Name vorgibt, stemmt die Stadtentwicklungsgesellschaft SEG Projekte von der Aquise bis zur Realiserung. Auch „Learning by doing“ wird Kompetenz erweitert.

„Wir können jetzt Pflegeheim!“ war SEG-Geschäftsführer Roland Stöcklin nach erfolgreich abgeschlossener mehrjähriger Sanierung des AWOPflegeheims an der Kastellstraße hoch erfreut.

Im Robert Krekel-Haus war ein „Meilenstein“ zu feiern, als „Umbau in laufendem Betrieb“ für alle Beteiligten eine enorme Herausforderung.

Bei der Rettung der insolventen Arbeiterwohlfahrt Wiesbaden leistete die SEG einen wichtigen Beitrag durch die rechtlich knifflige Übernahme der „sehr speziellen Pflege-Immobilie“ und von vier AWO-Kitas (vgl. KulTouren).

Das historische Gebäude der Inneren Medizinischen Klink II der Städtischen Krankenanstalten wurde 1984 zum Pflegeheim der AWO. Jetzt verfügt das zentral gelegene Pflegeheim über 88 Pflegebetten, hat durch die Bushaltestelle vorm Haus gute Verbindungen zur Umgebung. Die SEG ist als „Mädchen für Alles“ auf der Höhe der Zeit und kann klimaschonendes Bauen mit Holz, ohne „hölzern“ zu wirken.

Ein „Mädchen für alles“ mit breit gefächerter Palette/Stadtentwicklungsgesellschaft SEG geht mit der

Zeit und baut klimaschonend

In Kastel Housing kommt der neue multifunktionale Wohnturm mit acht Etagen und 21 Wohnungen so gar nicht klotzig daher. Das Erdgeschoß des laut SEG-Geschäftsführer Andreas Guntrum „einzigartigen und großartigen Projekts in Kastel“ ist das Domizil der Kita Kastel Housing.

Für 80 Kinder aus Amöneburg, Kastel und Kostheim ausgelegt, steht ein eigener Raum für Sozialarbeit dem Kinderschutzbund und dem Sozialdienst Asyl offen für die Beratung von Familien.

Da 75 Prozent der Kita-Kinder in der Gemeinschaftsunterkunft für geflüchtete Menschen leben und durch Kriegserlebnisse und Migration traumatisiert sind, brauchen viele von ihnen besondere Zuwendung. In diesem Sinne verwies Sozialstadträtin Dr. Patricia Becher auf den Spielkreis. „Brücken bauen mit früher Bildung“.

Stichwort Stadteingang Mainzer

Straße: Das wenig einladende

Entrée zur Landeshauptstadt ruft nach Aufwertung. Vor einem Jahr hatte Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende dem Areal an der Mainzer Straße dringend nötige „Stadtreparatur“ attestiert. Die Präsentation des geplanten Entwicklungsprojekts zeigte ein 60 Meter hohes Multifunktionsgebäude mit 16 Stockwerken. Die SEG erwarb die als „Crazy Sexy“ bekannte Liegenschaft. Vor der großflächigen Entwicklung des Areals wird die Immobilie dem Sozialdezernat zur Verfügung gestellt als Unterkunft für Geflüchtete.

Sorgenvolle Furcht gilt derweil der Schließung der „Karstadt“-Immobilie, nachdem im Sommer 202 „KaufhofGaleria“ an der Kirchgasse die Tore schloss. Die SEG wirkt inzwischen mit Städtebauförderung des Bundes der Innenstadt-Tristesse entgegen. Verbände und Institutionen aus Kultur, Sport und Ehrenamt bespielen die Schaufensterfront.

Text und Fotos: Gesine Werner

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Unternehmen & märkte
Evelyn Pflugradt, Sozialdezernentin Dr. Patricia Becher, AWO-Geschäftsführer Bastian Hans, Zentrumsleiterin Anne-Marie Schober und SEGGeschäftsführer Andreas Guntrum (von links) schneiden das Rote Band durch.

Die 22. „Kurze Nacht“ der Museen und Galerien in Wiesbaden findet am 13. April 2024 von 19 bis 24 Uhr mit 30 teilnehmenden Museen, Kunstvereinen, Projekträumen und Galerien statt. Der Wiesbadener PopJazzChor und das Rollende Museum mit seinen rund einhundert Oldtimern aus Hessen, Rheinland-Pfalz, BadenWürttemberg und Bayern sind ebenfalls wieder mit dabei.

Wie hinlänglich bekannt, gehört die „Kurze Nacht“ zu den ältesten Museumsnächten in Deutschland und ist in jedem Frühjahr für Wiesbaden, aber auch über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus, ein ganz besonderes Kulturevent.

Highlights im Programm der Kurzen Nacht 2024 gibt es viele, stellvertretend seien die Ausstellungen im Frauenmuseum, im Künstlerverein Walkmühle, wo

auch die diesjährige Eröffnung stattfindet, der Kunstverein Bellevue Saal und das Museum Wiesbaden genannt.

Im Frauenmuseum in der Wörthstraße befasst sich die Ausstellung „Margot und die anderen“ – Zwangssterilisation im Nationalsozialismus mit der grausamen Praxis der Zwangssterilisationen an Menschen, die nicht in das rassistische System des NS-Regimes passten und schreibt dabei eine lokale Geschichte Wiesbadens, die bisher kaum beachtet wurde – nämlich die Geschichte der sogenannten Rheinland-Kinder, die auf mündlichen Befehl in „Geheimer Reichssache“ sterilisiert wurden.

Im Künstlerverein Walkmühle präsentiert sich der Kölner Medienkünstlers Friedrich Boell mit Arbeiten unter dem Titel »Digilog«. Seine einzigartigen Installationen realisiert er aus Elektroschrott und gefundenen Materialien und unter Einsatz von Licht, Kinetik und Elektronik.

Im Bellevue Saal in der Wilhelmstraße präsentiert Heike Weber in Zusammenarbeit mit Walter Eul (Komposition und Elektronik) eine interaktive Sound-Skulptur aus 84 berührungsempfindlichen Spiegelkugeln. Der Klang im Raum entsteht durch die aktive Beteiligung der Besucher*innen und baut sich auf je mehr Kugeln berührt werden. Somit wird das Publikum zum Dirigenten, denn je mehr Kugeln von den Besuchern berührt werden, umso stärker verändert sich der Gesamtklang im Raum. Nicht versäumen sollte man die Ausstellungen im Museum Wiesbaden, so u.a. „Die Sonne in Schwarzweiß“, wo alle wesentlichen Themen des weltbekannten Expressionisten Max Pechstein

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Zum 22. Mal: Wiesbadens längste kurze Nacht der Künste
kultur & kreatves
Friedrich Boell: „Dead Pixel“, 2018, iPhone-TFT-Bildschirme, Acrylglas. Foto: © Frankie Mcaulay

— wie Akt/Figur, Bühne/Tanz, Südsee/Italien, Boote/Fischer/ Köpfe, Krieg, Familie und Religion, die er weitestgehend über seine gesamte Schaffenszeit hinweg pflegte, in farbigen und schwarzweißen Arbeiten gezeigt werden. Ebenso die Show „Zeitfenster“ in der der international renommierte Bildhauer Stephan Balkenhol ein „Zeitfenster“ der besonderen Art öffnet.

Ein Teil seiner von ihm geschaffenen skulpturalen Kunstfamilie versammelt sich zu einem Museumsbesuch und beehrt im Museum Wiesbaden die Sammlung der Alten Meister. Wie bei einer Familienfeier, finden sich generationsübergreifend der engste Kreis und dessen erweitertes Umfeld samt tierischer Begleitung ein, um sich beim gemeinsamen Besuch wiederzusehen und über das Gesehene austauschen.

Bereits um 18.00 Uhr wird die „KURZE NACHT“ vom Kulturdezernenten der Stadt Wiesbaden, Stadtrat Dr. Hendrik Schmehl, dem Vorsitzendem des Vorstandes des Künstlerverein Walkmühle e.V. Wulf Winckelmann und dem Organisator der Veranstaltung Erhard Witzel in der Walkmühle eröffnet.

In allen teilnehmenden Institutionen und Galerien können die Ausstel-

lungen bei traditionell freiem Eintritt besucht werden.

Organisationsverantwortung „Rollendes Museum“: Rainer Wehner

Gesamtorganisationsverantwortung: Erhard Witzel

Alle Adressen und Infos auf www.kurze-nacht.de

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„A-Gathering-of-Stories-and-Memories“ im Frauenmuseum Wiesbaden, Foto: © Janine Erkel

Die Quellen des Bösen

FernsehKrimi-Festival 2024

Bei der 20. Ausgabe des beliebten Festivals, das vom 17. Bis 24. März in der Caligari FilmBühne Wiesbaden stattfinden wird, gehen insgesamt 10 Filme um den Deutschen FernsehKrimi-Preis ins Rennen, davon sechs Premieren.

„Nie war das Deutsche FernsehKrimi-Festival breiter aufgestellt als zu seiner 20. Ausgabe: Öffentlichrechtliche und private Sender sowie Streamingdienste stellen ihre Filme und Serien vor. Das verspricht ein außergewöhnlich spannendes Rennen um die tausend Liter Wein zu werden“, sagt Dr. Hendrik Schmehl, Kulturdezernent der Landeshauptstadt Wiesbaden, mit Blick auf den Hauptpreis des Festivals.

Der Wettbewerb um den Deutschen FernsehKrimi-Preis wird am Dienstag, 19. März, um 18 Uhr mit der Premiere des „Polizeiruf 110 – Der Dicke liebt“ in Anwesenheit von Hauptdarsteller Peter Schneider eröffnet. Im Anschluss begrüßt das Festival um 20.0 Uhr Regisseur

und Schauspieler Bjarne Mädel sowie Schauspielerin Katrin Wichmann zur Vorführung des Films „Sörensen fängt Feuer“.

Diese weiteren acht Fernsehkrimis werden an den darauffolgenden zwei Tagen gezeigt: PREMIERE: THERESA WOLFF – LOST (ZDF); PREMIERE: BIS IN DIE SEELE IST MIR KALT (ORF/ ZDF); TATORT – GEISTERFAHRT (NDR); PREMIERE: TATORT – VON AFFEN UND MENSCHEN (SRF/Degeto); PREMIERE: TATORT – LASS SIE GEHEN (SWR); TATORT – ERBARMEN. ZU SPÄT. (HR); TATORT – WAS IHR NICHT SEHT (MDR) sowie ZIELFAHNDER – POLARJAGD (DEGETO/WDR).

Fünf Serien bewerben sich um den Titel Krimiserie des Jahres. Hier reichten Sender und Streamingdienste neun Produktionen ein.

„Der Wettbewerb um die Krimiserie des Jahres ist in diesem Jahr eine echte Wucht: Bereits Preisgekröntes steigt mit einer aufregenden Premiere in den Ring, dazu

gibt es mordende Wölfe, schillernde Drag Queens, schmierige Lobbyisten. Also wirklich für alle etwas dabei“, freut sich Festivalleiterin Cathrin Ehrlich.

Der Serienwettbewerb wird am Montag, den 18. März, ab 17 Uhr ausgetragen.

Das Festival startet am Sonntag, den 17. März, mit der Verleihung des Ehrenpreises, der diesmal an die Schauspielerin Adele Neuhauser geht (Tatort aus Wien).

Die Preisverleihung des 20. Deutschen FernsehKrimi-Festivals findet statt am Freitag, den 22. März, um 20 Uhr in der Caligari FilmBühne, Marktplatz 9, in Wiesbaden.

Der Kartenvorverkauf beginnt am Freitag, 1. März, ab 10 Uhr in der Tourist-Information, Marktplatz 1, 6518 Wiesbaden und auf der

Weitere Infos und Karten unter: www.fernsehkrimifestival.de

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kultur & kreatves
aus: „Sörensen fängt Feuer“, Foto: © NDR Michael Ihle

Internationale und deutschsprachige Krimistars stehen im Zentrum, wenn der „Wiesbadener KrimiMärz“ bereits zum sechsten Mal die hessische Landeshauptstadt in einen Schauplatz für Fans der Spannungsliteratur macht. Mit 19 Veranstaltungen in drei Wochen bieten 10 verschiedene Literaturveranstalter unter der Federführung von Kulturamt und Literaturhaus Villa Clementine ein dichtes und vielseitiges Programm an.

Zum Auftakt des Festivals stellt sich der diesjährige Krimistipendiat Bernhard Aichner in einer Autorenlesung vor.

Am 2. März lädt der österreichische Bestseller-Autor mit seinem Thriller „Bildrauschen“ zur Mörderjagd in die glitzernde Welt der Social-Media-Stars und kommt mit Ulrich Noller ins Gespräch. Der schwedische Krimistar Arne Dahl bringt skandinavisches Flair nach Wiesbaden, wenn er am 19. März aus „Stummer Schrei“ liest. Der Roman ist der Auftakt einer neuen Reihe um die Kriminalkommissarin Eva Nyman, die es in ihrem ersten Fall in das Milieu von Klimaterroristen verschlägt. Kulinarisch geht es im Thriller „Fine Dying“ zu, den die Österreicherin Eva Rossman dem interessierten Krimipublikum am 20. März auftischt und mit Sven Stricker kehrt ein Preisträger des Deutschen Fernsehkrimipreises nach Wiesbaden zurück, der am 15. März seinen neuesten Fall „Sörensen sieht Land“ im Literaturhaus Villa Clementine vorstellt.

Größen der regionalen Krimiszene sind mit Alexander Pfeiffer, Mara Pfeiffer oder Susanne Kronenberg im Programm des „Wiesbadener KrimiMärz“ vertreten. Zudem präsentiert die Autorengruppe „Dostojewskis Erben“ mit „Schwindel, Schmiergeld, Scheingeschäfte“ am 9. März eine neue szenische Lesung und nimmt gewohnt humorvoll Bezug auf aktuelles Zeitgeschehen.

True Crime-Fans kommen am 10. März bei einem Vortrag von Kathrin Schwedler auf ihre Kosten und lernen Wiesbaden als realen Schauplatz grausamer Verbrechen kennen. Theaterfreunde finden sich beim Impro-Krimi „Mord in

KrimiMärz: Fine Dying

Aussicht“ am 17. März oder „Leichenschmaus & Schwarze Katzen“ am 23. März im Theater im Palast in bester Gesellschaft.

Und auch für angehende Krimiautorinnen und -autoren ist gesorgt bei gleich zwei Schreibworkshops der Volkshochschule Wiesbaden.

Das komplette Programm des Wiesbadener KrimiMärz 2024 sowie alle Infos zu Tickets und Vorverkauf sind unter www.wiesbaden.de/krimimaerz zu finden.

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Bernhard Aichner, Foto: © Ursula Aichner

Vom 24.-30. April ist es wieder so weit – Wiesbaden wird zur Bühne für den aktuellen mittel- und osteuropäischen Film. Die hessische Landeshauptstadt ist das Zuhause von vielen osteuropäischen Communitys, und hat sich seit2 001 als Gastgeber für das goEast Filmfestival etabliert.

Filmrausch und Austausch

An sieben Tagen können sich Kinobegeisterte aller Altersgruppen auf ein vielfältiges Programm aus aktuellen Spiel- und Dokumentarfilmen im Wettbewerb, Nachwuchsprojekten und skurrilen Kurzfilmen freuen. Umrahmt wird das Filmprogramm durch Partys,

goEast 2024:

Osteuropa erkundet. Nebenbei kann man Osteuropa in Wiesbaden auf Schritt und Tritt begegnen: Beim “Ostkiosk” oder im Gespräch mit den vielen filmschaffenden Gästen, die extra für das Festival anreisen.

Albanien und Kosovo erobern die Leinwand

Mit einer eigenen Filmreihe wird den Filmländern Kosovo und Albanien in diesem Jahr besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Die albanische Sprache verbindet die beiden Länder. Seit etwa einem Jahrzehnt feiern Filmprojekte des jungen Filmlands Kosovo international regelmäßig Festivalerfolge. Aber was macht den albanisch-

Ost- und mitteleuropäische Filmkultur hautnach

Lesungen und einer Ausstellung. Weil das goEast Festival schon immer ein Ort des Austausches war, soll auch dieses Jahr wieder heiß diskutiert werden – sei es bei Filmgesprächen, Podiumsdiskussionen oder dem Symposium, das 2024 die queere Filmkultur in Mittel- und

sprachigen Film heutzutage eigentlich aus und welche Filme waren wegweisend für die Filmkultur der beiden Länder? Gemeinsam mit diversen Gästen aus Kosovo und Albanien sollen aktuelle, aber auch Archivfilme präsentiert werden. Balkan, Burek - Yugoretten

Hinter dem selbst-ironischen Namen „Yugoretten“ verbirgt sich kein Schokoladenriegel, sondern ein auf die Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens spezialisiertes Kulturprogramm. Ex-jugoslwaische Diaspora und deutsches Publikum kommen hier zusammen. Nach einer erfolgreichen ersten Ausgabe im Jahr 2022 kehrt das Programm für eine zweite Runde zurück und bietet Performances, Filmvorführungen, Networking-Events und Diskussionen an. Neben Schauspielerin Mateja Maded -Mitgründerin der Yugoretten – wird das Programm von Filmemacher Boris Hadzija und Kuratorin/Autorin Borjana Gakovic gestaltet. Die Veranstaltungsreihe ist Teil des Rahmenprogramms “Cinema Archipelago”, in dem seit 2022 gesellschaftliche Spaltungen diskutiert und analysiert werden.

“Human Rights Sunday” - Die Macht des Dokumentarfilms Was macht eine Demokratie aus? Wie können wir mitbestimmen? Was passiert, wenn der Staat die eigenen Gesetze nicht mehr einhält, oder gar ein Krieg ausbricht? Mit diesen Fragen setzt sich goEast am Festivalsonntag auseinander, der sich in diesem Jahr in den „Human Rights Sunday“ verwandelt. Mutige, inspirierende Geschichten aus Russland, der Ukraine, Polen und der Tschechischen Republik im Kampf für

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kultur & kreatives
Festival Visual, © goEast

Menschenrechte und Würde stehen auf dem Programm. Alle Filme werden in Anwesenheit der Filmschaffenden gezeigt. Im Anschluss wird diskutiert, welche Rolle der Dokumentarfilm bei der Förderung von Demokratie spielen kann.

Kurz, kreativ und crazy Wer Lust hat, sich von unkonventionellem Film überraschen zu lassen, der kann sich auf die Anarcho Shorts freuen. Hier lautet die Devise: Je weniger Regeln, desto besser! Das beliebte Kurzfilm-Highlight entführt in fantasievolle Welten mit experimentellen Collagen, skurrilen Geschichten und bunten Animationen. Weitere inspirierende Kurzfilme gibt es als Premiere in der Reihe “New Voices from Central Asia” zu sehen. Kurzfilme aus Kasachstan, Kirgisistan und Usbekistan flimmern hier über die Leinwand.

Film trifft Poesie?!

Abseits des Kino- und Wettbewerbfiebers sorgt zum zweiten

Mal eine Schifffahrt auf dem Rhein unter dem Motto „Rhine, Whine & Rhymez“ für Abwechslung im Programm. Schon 202 haben es sich viele Festivalgäste bei Wein, Landschaft und interessanten Begegnungen gut gehen lassen. Erneut werden Filmemacher:innen aus dem Festivalprogramm eingeladen, ihre Lieblingsgedichte an Bord vorzutragen und sich in entspannter Atmosphäre mit dem Publikum auszutauschen. Das Boot sticht in See am Samstag, den 27 April um 14:30 Uhr, in WiesbadenBiebrich!

Das komplette Programm wird Ende März veröffentlicht.

Der Kartenverkauf startet am 4. April, online und an Vorverkaufsstellen in Wiesbaden.

Bis dahin heißt es, gespannt bleiben und die Woche vom 24.-30. April freihalten!

Weitere Infos unter: www.filmfestival-goeast.de

Foto oben: Rheinschifffahrt, © Gerd Waliszewski

Foto unten: Yoguretten 2022, © Beata

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Siewicz Foto oben: Ostkiosk 202, © Frank Meißner

Auslotung der Grenzen

Die Künstlerin Angela Cremer

Seit Oktober 2020 betreibt die Wahl-Wiesbadenerin Angela Cremer die Produzentengalerie projektraumKUNST, die in einer ehemaligen Metzgerei in der Saalgasse 16 beheimatet ist.

Im projektraumKUNST bietet die Künstlerin neben Ausstellungen ihrer eigenen Arbeiten auch regelmäßig anderen Künstler:innen durch Gemeinschaftsausstellungen ein Forum.

Das neue Ausstellungs-Programm in 2024 startet mit einer Gemeinschaftsausstellung anlässlich der KURZEN NACHT der Galerien und Museen, Wiesbaden am 1. April 2024 mit Gudrun Lüpke-Dolny, die Freie Kunst und Glas in HöhrGrenzhausen studiert hat, und Arbeiten von Angela Cremer.

Die Künstlerin geht mit den Gemeinschaftsausstellungen ihrer Vision nach, Arbeiten von Kunstschaffenden einer Öffentlichkeit unkompliziert zugänglich zu ma-

chen, gemeinsam mit den Besuchern über die Werke ins Gespräch kommen zu können und Kunst für alle erlebbar zu machen.

Die Künstlerin ist seit 1995, nach einem Studium der Freien Keramik an der Fachhochschule Niederrhein in Krefeld, als Kunstschaffende tätig.

Von der Freien Keramik kam sie zur Malerei. Hier arbeitete sie meist mit Acryl auf Leinwand. Seit 2004 setzt sich Angela Cremer mit der historischen Technik des Freskos auseinander und versucht, mit dem Material einen eigens entwickelten speziellen Weg der Bearbeitung zu gehen. Hierfür schichtet, zerkratzt, schneidet, poliert, stempelt und bohrt sie, bis ihre Arbeiten fertig sind und den Blick zur Betrachtung locken. Das Ergebnis ihrer Bearbeitung ist eine Melange aus Halbrelief und Malerei. Für die Betrachterin/den Betrachter wird ein Gleichgewicht zwischen Motiv, Material und Oberfläche geschaffen.

Die Wechselwirkung von Sehen und Erleben als rein subjektiv zu deutendes Betrachtungserlebnis interessiert die Künstlerin ebenso wie die Infragestellung herkömm-

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kultur & kreatives
Angela Cremer vor ihren Exponaten, Foto: © Reinhard Berg

licher Bildparameter wie Format, Farbe, Komposition und die Auslotung der Grenzen zum Handwerk und Design.

Vorschau

Anlässlich des 25jährigen Jubiläums der Artothek findet im Kunsthaus Wiesbaden, Schulberg 10 die Ausstellung „Art to Take“ statt. Vom 14. März bis zum 14. April stellt

Angela Cremer gemeinsam mit 9 weiteren Künstler:innen aus.

In Zusammenarbeit mit der Künstlerin Gudrun Lüpke-Dolny stellt die Künstlerin anlässlich der Kurzen Nacht der Galerien und Museen Wiesbaden am 1. April in den eigenen Räumen im projektraumKUNST in der Saalgasse 10 aus.

Zusammen mit ihrem Mann wird Angela Cremer im Juli 2024 als „artists in residence“ im Tessin/ Schweiz ein gemeinsames Projekt verwirklichen (MOUNTAINLINE – Malerei und musikalische Komposition).

Im September 2024 folgt eine Ausstellung im Glashaus Derneburg in Niedersachsen.

Ausgehend von der in 202 durchgeführten Ausstellung ZWEITBLICK in der von Johannes Otzen erbauten Bergkirche in Wiesbaden, in der die Künstlerin sich thematisch mit den 1 Pflanzenornamenten und deren christlich-mythologischer Bedeutung auseinandersetzte wird es eine zweite Ausstellung, in der von Otzen erbauten Hauptkirche in Mönchengladbach-Rheydt im März 2025 geben. 16 neue, großfor-

matige Arbeiten werden hierfür im Atelier in der Saalgasse entstehen.

Und Last but not Least wird Angela Cremer in 2025 an der Langen Nacht der Museen in Koblenz teilnehmen.

Über ihre Website, aber auch über ihren Newsletter, der per eMail angefordert werden kann, können sich alle Interessierten über aktuelle und geplante Projekte der Künstlerin informieren. Auch ein Abstecher in die ProduzentenGalerie lohnt sich immer!

Mehr über Angela Cremer unter: www.angelacremer.de

projektraumKUNST

Saalgasse 10, 6518 Wiesbaden Öffnungszeiten:

Do/Fr 11-17 Uhr, Sa 11-16 Uhr und nach terminlicher Vereinbarung Tel. 0177 – 212 8 01 info@angelacremer.de Instagram: angela_cremer projektraum_kunst

Facebook: Angela Cremer Projektraum KUNST

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kultur & kreatives

Mónica Alcázar-Duarte, Digital Clouds Don’t Carry Rain, 2021-2024, Foto: © Mónica Alcázar-Duarte, 2024

Vom 3. Mai bis 8. September werden Frankfurt und die RheinMain-Region zum fünften Mal Schauplatz der Triennale der Fotografie RAY.

Internationale Künstler *innen stellen ihre Perspektiven zum Leitthema ECHOES vor. Ihre Arbeiten ermöglichen Resonanzen zu Fragen der Identität, zur Entstehung von Emotionen und zur Rolle von Fotografie als Erinnerungsträger.

RAY 2024

Triennale der Fotografie

und Perspektiven in die Interpretation des Gesehenen mit ein.

Der mexikanische Künstler Diego Moreno greift in seinem Fotoprojekt Malign Int7uences mit grafischen Mitteln in Fotografien aus seinem Familienarchiv ein. Es sind Eingriffe als Reaktion auf das ihm Widerfahrene - Misshandlungen, eine hochreligiöse Erziehung und daraus resultierende Schuldgefühle, die lange währende Unter-

Echoes: Emotion, Identity, Memory

Emotion

RAY wirft ein Schlaglicht auf fotografische und medial verwandte Bilder, die ein emotionales Echo bei uns als Betrachter*innen auslösen können. Indem auf ein Bild oder einen Film mit einer Emotioneinem Zusammenspiel von Gefühl, körperlicher Reaktion und einem Denkprozess reagiert wird, fließen immer auch eigene Erfahrungen

drückung seiner sexuellen Identität, Einsamkeit. Das für ihn mit Empathie besetzte Bild des Monsters oder des Freaks mischte sich mit den Bildern seiner Fantasie — eine künstlerische Praxis als Versuch der Subversion, des Widerstands und der Selbstermächtigung.

Identity

Die Beziehung zwischen Fotografie

und Identität bildet einen weiteren thematischen Schwerpunkt der Triennale. Ihre Auslotung bringt eine komplexe Historie mit sich. Das Spektrum reicht von Empowerment über Geschlechterrollen bis zur Frage, wie stark Orte unsere Identität beeinflussen.

The Ghost Orchid Gesture des britischen Künstlers Dinu Li wird bei RAY 2024 uraufgeführt. Die 2Kanal-Videoerzählung zeigt ein alterndes Wesen, das sich im Frühling vorsichtig durch verschiedene Gärten schlängelt. Li, der für seine Zusammenarbeit mit Familienmitgliedern bekannt ist, deren Erinnerungen er neu inszeniert, hat in dieser Arbeit seine eigene Mutter zur einzigen Protagonistin gemacht: Sie wechselt ihre Identität von einem Geschöpf zum anderen.

Memory

Die Wahrhaftigkeit des Mediums in der Wiedergabe von Geschehenem ist genauso fraglich wie die der Erinnerung selbst. Die gezeigten Positionen hinterfragen unter anderem, wie anhand fotografischer Bilder fehlende oder unscharfe Erinnerungen - auch mithilfe von KI - (wieder)hergestellt werden können.

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kultur & kreatives

Maisie Cousins neueste Arbeit Walking Back to Happiness (202) beschäftigt sich mit der Wiederherstellung von Erinnerungen, die nicht bildlich dokumentiert wurden. Die britische Künstlerin denkt sich an einen positiv assoziierten Ort ihrer Kindheit zurück, den sie unendliche Male besucht hat. Mit neuesten Technologien schafft sie künstliche Bilder dieser in ihrem Kopf existierenden Vorstellung, um so die visuellen Lücken ihrer Erinnerung neu zu besetzen.

ECHOES Künstler*innen sind unter anderem Mönica Alcåzar-Duarte, Jana Bissdorf, Sophie Calle, Maisie Cousins, Victor Omar Diop, Joy Gregory, Sky Hopinka, Jesper Just, Jürgen Klauke, Anton Kusters, Dinu Li, Diego Moreno, Jyoti Mistry, Nicholas Nixon, Mimi Plumb, Johanna Schlegel, Lee Shulman und Inuuteq Storch.

Eröffnet wird RAY ECHOES am 2. Mai mit anschließendem RAY Festival vom 3. bis 5. Mai 2024, zu dem Künstler*innen und Expert*innen sowie interessierte Besucher*innen herzlich eingeladen sind.

RAY Partner-Ausstellungen erweitern das Thema ECHOES in eigens kuratierten Ausstellungen um vielfältige Perspektiven.

Die RAY Master Class wird zum dritten Mal 12 Studierenden der Hochschule für Gestaltung Offenbach, Hochschule Darmstadt, Kunsthochschule Mainz und Hochschule für Bildende Künste Städelschule die Möglichkeit bieten, mit einer/einem RAY Künstler*in zu arbeiten und die Ergebnisse in einer Ausstellung zu präsentieren. Für junge Menschen setzt RAY auf RAY Junior, bei dem Schüler*innen aus Städten der Region an Workshops teilnehmen, die von professionellen Fotograf*innen betreut werden.

Alle Infos und Termine auf www.ray-triennale.com

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Maisie Cousins, Walking Back to Happiness, Foto: © Maisie Cousins, 202 Dinu Li, The Ghost Orchid Gesture, 2021, Video Still, Foto: © Dinu Li, 2024

Together?

Künstlergruppe50 zu Gast in Wiesbadens Partnerstadt Tunbridge Wells (GB)

Vom 4. bis 14. April 2024 zeigen acht KünstlerInnen der Künstlergruppe50 Wiesbaden ihre Exponate in Wiesbadens Partnerstadt Tunbridge Wells.

Eingeladen hat die Twinning & Friendship Association. Seit vielen Jahren finden bereits Ausstellungen der Künstlergruppe50 in Partnerstädten von Wiesbaden statt, so lag eine Einladung nach Tunbridge Wells nahe. Die Royal Tunbridge Wells Art Society stellt hierfür ihre Räume zur Verfügung und richtet den Empfang aus. Das Wiesbadener Kulturamt hat mit einer Zuwendung geholfen, die Transportkosten zu finanzieren.

Jeweils zwei Mitglieder der Künstlergruppe50 (Tom Sommerlatte und Horst Reichard) werden zum Aufbau der Ausstellung und zum Empfang anwesend sein. Iris Kaczmarczyk und ein weiteres Mitglied werden vor Ort den Abbau organisieren.

Folgende Künstler stellen aus:

- Peter Bernhard, Acryl auf Leinwand

- Ellianne Dinnendahl, Aquarelle

- Joan Draxler, Öl auf Leinwand

- Roman Eichhorn, ÖL auf Leinwand

- Bettina Gelhard-Reeh, ÖL Leinwand

- Iris Kaczmarczyk, Photoart

- Horst Reichard, Collage

- Tom Sommerlatte, Öl auf Leinwand

Tunbridge Wells liegt ca. 40 Minuten (Auto oder Bahn) südöstlich von London in der idyllischen Grafschaft Kent und gilt auch als Naherholungsgebiet vieler Londoner. Eine Reise nach Tunbridge Wells bietet neben dem Besuch der interessanten Ausstellung und der idyllischen Partnerstadt Wiesbadens auch die Möglichkeit, einen Abstecher nach London einzuplanen.

– Kunst und Kultur at it´s best!

Die Künstlergruppe50 Wiesbaden wurde 1950 von einer Gruppe deutscher Künstler gegründet, deren Werke vom NS-Regime zur „entarteten Kunst“ erklärt worden waren und die sich nach dem Krieg zusammenschlossen, um den freien und individuellen künstlerischen Ausdruck wiederzubeleben. Sie knüpften an die Kunstentwicklungen vor der ideologischen Diktatur des Dritten Reiches wie den deutschen Expressionismus, das Bauhaus und die abstrakte Malerei an und unterstützten und inspirierten sich gegenseitig bei der Suche nach ihrem individuellen Weg und ihrer künstlerischen Sprache. Sie hat sich ihre Unabhängigkeit von MainstreamStilen und Hypes bewahrt. Die Gruppe hat sich verjüngt und ist heute ein aktiver Teil des kulturellen Lebens in Wiesbaden und darüber hinaus. Sie wurde durch zahlreiche Ausstellungen in Deutschland, Österreich, Belgien, Polen, Spanien, der Türkei und vor dem russischen Angriff auf die Ukraine in St. Petersburg gewürdigt.

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Mehr zur Künstlergruppe50: www.kuenstlergruppe50-wiesbaden.de kultur & kreatives
Stehende Personen von links: Arnold Gorski, Bettina Gelhard-Reeh, Gabriele Strecker, Petra von Breitenbach, Roman R. Eichhorn, Joan Draxler Sitzende Personen von links: Horst Reichard, Peter Bernhard, Ellianne Dinnendahl, Isanna von Perbandt, Susan Geel, Iris Kaczmarczyk, Frank Deubel Nicht präsent: Tom Sommerlatte, Swantje von Bismarck, Alois Ewen, Foto: Wolfgang Reeh

Mittlerin mit Klarheit, Mut und Entschiedenheit

Arami Neumann erste Dekanin in Wiesbaden / Bettina Friehmelt neue Stadtkirchenpfarrerin

Frauenpower an der Spitze der evangelischen Kirche in Wiesbaden: Pfarrerin Arami Neumann war als erste Dekanin der EKHN in der voll besetzten Marktkirche Wiesbaden von Probst Oliver Albrecht, der ihr Klarheit, Mut und Entschiedenheit attestierte, feierlich ins Amt eingeführt worden. Arami Neumann solle das „Dazwischen“ der Position zwischen Synode und Gemeinde „hinbekommen“.

Erst im September zuvor stellvertretende Dekanin geworden, trat die vielseitig engagierte Geistliche am 1. Juni 202 die Nachfolge von Dekan Dr. Martin Mencke an, inzwischen EKHN-Beauftragter bei der Landesregierung.

Pfarrerin Arami Neumann ist in der Heimat ihrer Mutter geboren, lebte in Hongkong, Singapur und in ihrer Vater-Stadt Hamburg, war nach dem Studium (Geschichte, Archäologie, Theologie) in Mainz und Heidelberg Vikarin in Bierstadt, war zudem Assistentin von Probst Sigurd Rink, auf der Profilstelle „Arbeit mit jungen Familien“ aktiv, bildete als Lehrpfarrerin Vikare aus und ist Mitglied der Kirchensynode. Nach achtjähriger Amtszeit in Wiesbaden-Naurod hat die Ehefrau des Thomasgemeinde-Pfarrers Dr. Klaus Neumann und zweifache Mutter den Reformprozess „EKHN 200“ vor sich als Zukunft der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.

„Kommt zu mir, Ihr alle, die Ihr Euch abmüht und belastet seid. Ich will Euch Ruhe schenken.“ In ihrer Einführungspredigt münzte die Dekanin den Bibelvers von Matthäus auf die Gegenwart, hob die Bedeutung von Zeiten und Orten der Ruhe hervor. „Wenn jederzeit der Bär tobt, gibt es für Niemanden mehr einen Ruhetag.“ Stadtdekan Klaus Nebel freute sich als katholischer Amtskollege auf die Fortführung der traditionell guten Zusammenarbeit in Wiesbaden. Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende hatte augenzwinkernd gratuliert mit einem Seidenschal - zum Schutz vor möglichen „rauen Winden im Dekanat“. Im September führte die Dekanin Bettina Friehmelt als neue Stadtkirchenpfarrerin ins Amt ein.

Text und Foto: Gesine Werner

Die Sanierung des AWO-Pflegeheims Robert-Krekelhaus ist erfolgreich abgeschlossen. Im Wohnbereich Römerberg strahlen als feminines Dreigestirn: Zentrumsleiterin Anne-Marie Schober, Sozialdezernentin Dr.Patricia Becher und AWO-Vorsitzende Evelyn Pflugradt (von links).

Robert Krekel-Haus komplett saniert

Arbeiterwohlfahrt eröffnet

Wohnbereich im Dachgeschoss des Pflegewohnheims Wenn Steine reden könnten. Das Gebäude an der Kastellstraße hat eine bewegte Geschichte: Zu Zeiten der Städtischen Krankenanstalten war es für Eingeweihte „der 12er-Bau“. Die Medizinische Klinik II bestand aus den Fachbereichen Entero-Gastrologie & Cardiologie. 1984 wurde das Haus zum Pflegeheim.

Mit kleiner Feier wurde im sanierten Dachgeschoß des Robert Krekel-Hauses der Wohnbereich Römerberg übergeben mit 2 Betten in 20 Pflegezimmern, die bereits bewohnt werden. Aufenthaltsraum, Schwesternzimmer, Lager und Funktionsräume ergänzen die Etage.

Über den „Meilenstein“ freute sich Roland Stöcklin. Der SEG-Geschäftsführer hob die „große Herausforderung eines Umbaus in laufendem Betrieb“ hervor, um einen „Part zur Rettung der insolventen AWO“ durch Übernahme der „sehr speziellen Pflege-Immobilie“ und vier Kitas beizutragen. „Wir können jetzt Pflegeheim“.

AWO-Vorsitzende Evelyn Pflugradt betonte die „besondere Bedeutung“ des innenstadtnahen Gebäudes, nach neuem Konzept von 61 „KoComo“-Plätze auf 88 Betten aufgestockt und „gut gelungen“. Anno 2024 dürften schwarze Zahlen erreicht werden. Einem kleinen Blick auf die „wirtschaftlich desaströse alte Führungsriege“ schloss sich ein großes Lob an das hoch motivierte 85 Personenteam und den Glücksfall der ambitioniert sanierenden SEG an.

Den „sehr guten Abschluss“ der Sanierung würdigte Dr. Patricia Becher. Kurz nach Amtsantritt hatte die Sozialdezernentin, die das zentral gelegene Haus seit einem Einsatz bei „Wiesbaden engagiert“ kennt, die Baustelle besichtigt und sieht ein „wunderschönes Setting“.

Ex-AWO-Chef Richter vorbestraft

Von wegen „Doktor“. Der Frankfurter Ex-AWO-Geschäftsführer Jürgen Richter gilt jetzt als vorbestraft. Wie das Landgericht Frankfurt verwarf das Oberlandesgericht Frankfurt die Revision und verurteilte den angeblichen „Dr.“ wegen Titelmissbrauchs - „obwohl er weder im Inland noch im Ausland einen Doktortitel ordnungsgemäß erworben hatte“ - zu 8000 Euro Strafe.

Text und Foto: Gesine Werner

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Die neue Dekanin Arami Neumann mit ihrem Amtsvorgänger, Dr.Martin Mencke, jetzt EKHN-Beauftragten bei der Landesregierung.
KulTouren

Überraschungsbesuch vom Ramba-Zamba-Theater Berlin: Profischauspielerin Eva Fuchs (2. von links) besucht ihr “altes” Theater Anders mit Special Olympics-Siegerin Chloé Beloin, Kulturpreisträgerin und Gründungsleiterin Priska Janssens sowie Mitspieler Björn Stender.

„Ich darf nicht schweigen“

Hildegard von Bingen-Historienroman von Dr. Claudia Sticher - Buchpremiere im Dom- und Diözesanmuseum Mainz

Suchende Seele, Spiegel der Welt. Hildegard - von Bingen in die Welt und verehrt als „Prophetissa Teutonica“ oder „Sibylle du Rhin“, 1179 in Kloster Rupertsberg bei Bingen verstorben. Die Autorin, Komponistin, Naturheilkundlerin und Ratgeberin von Päpsten und Kaisern riet: „Mit dem Herzen sehen - im Angesicht Gottes suche der Mensch sich selbst.“ Goethe sah ihren „Wiesbadener Riesenkodex“ und brachte im FAUST die Essenz ihrer „Scivias - Wisse die Wege“ auf die Bühne.

Die unerschrockene Seherin und Reisepredigerin aus Bermersheim, zweifache Klostergründerin und Äbtissin mit ganzheitlichem Welt- und Menschenbild gilt als Vorkämpferin der Gleichberechtigung. Doch fehlt mehr als zehn Jahre nach der Heiligsprechung - als vierte Frau weltweit in 2000 Jahren - durch Benedikt XVI. breitere Beschäftigung mit Leben und Werk der Kirchenlehrerin. Dr. Claudia Sticher erlebte die Heiligen-Erhebung in Rom.

Aus Hildegards Original-Briefen verfasste die Theologin den lesenswerten Historien-Roman „Ich darf nicht schweigen“.

Buchpremiere des Michael Bonewitz-Verlages im prallvollen Dom- und Diözesanmuseum Mainz. Nach warmherziger Begrüßung durch den Hausherrn Dr. Winfried Wilhelmy las die Autorin einen „Brief aus Mainz“.

Als ausgewiesener Kenner blickte Dr. Eberhard J. Nikitsch von der Akademie der Wissenschaften in Mainz, zudem Vorstandsmitglied der St. HildegardAkademie Eibingen e.V., im Gespräch mit der Autorin hinter die Kulissen. „Hildegard von Bingen als „starke Frau“ ein wenig auch in die zentralen Themen unserer kirchlichen Zeit sprechen zu lassen, steht als Idee hinter dem Buch.“

Musikalische Hommage an die „Posaune Gottes“ und Brückenschlag nach Wiesbaden: Diplom-Flötistin Britta Roscher zog mit feinfühligem Querflötenspiel in den Bann.

Text und Foto: Gesine Werner

„Kann die Liebe König sein?“

Schultheater-Tage 2024: Das inklusive „Theater Anders“ mit neuem Stück

GratulARTion! Das „Theater Anders“ im gemeinnützigen Semiramis e.V., dem Verein für interdisziplinäre Kunst und Bildung, hat Jubiläum gefeiert: 20 JA!re inklusives Schauspielensemble in Wiesbaden und es geht volle Kraft voraus. Premiere ist bei den Schultheater-Tagen 2024 am 11. März im Studio.

Die muntere Truppe unter Leitung von Kulturpreisträgerin Priska Janssens und Christine Rupp-Kuhl, Helga Freitag, Cornelia Ringenberg & Rüdiger Schmitt treibt die Frage um: „Kann die Liebe König sein?“

Wie berichtet, ist ein Theater Anders-Eigengewächs Ensemblemitglied beim renommierten Ramba ZambaTheater Berlin. Überraschung! Profischauspielerin Eva Fuchs, die gerade ein paar Urlaubstage in der Heimat Wiesbaden verbracht hat, besuchte ihre frühere Truppe. Sechs Jahre lebt die Wiesbadenerin in der Bundeshauptstadt. „Abenteuer Afrika“ war ihr letztes gemeinsames Stück mit dem Theater Anders.

Strahlende Gesichter überall: „Ich wollte mal Hallo sagen, weil ich Euch so vermisst hab`, und ich bin fasziniert von der Musikauswahl!“ Eva lässt sich spontan von „König“ Björn in eine Szene hineinziehen und improvisiert begeistert mit. Den Song „Lost in the Fire“ von Songschreiber The Weekend findet Eva „beautiful!“ Die Hofgesellschaft ist beim König auf dem Schloss zugange, Touris wedeln mit verheißungsvollen Reiseprospekten. „Reisen – wie, wann, wohin Du willst“. Klar, die sind reif für die Insel. Dann sind plötzlich die Koffer weg. Ziemlich beste Freunde sind König Björn und Tony Blair (Julius Müller), der den Wahlkämpfer gibt. Und Gernot Haßknecht, alias Michael Klemm, ist auch mit von der Partie. Was es mit dem Teufel und der „Klau-Musik“ auf sich hat, wird nicht verraten. Die Devise heißt: „Let´s Twist again!“

Jeden Montag wird eine neue Welt erfunden. Improvisation ist Trumpf. Neue Bühnenbegeisterte sind beim Theater Anders gern gesehen.

www.hotspot-theater.de

Text und Foto: Gesine Werner

18 wiesbadener*in I/2024
KulTouren
Claudia Stichers lesenswerter historischer Roman „Ich darf nicht schweigen“ über Hildegard von Bingen wurde in einer sehr gut besuchten Matinee im Dom- und Diözesanmuseum Mainz vorgestellt.

Beim Kulissengeplauder der Gesellschaft der Theaterfreund:innen waren Schauspieler Uwe Kraus-Fu, Theaterfreundin Katharina Queck und der frühere Intendant Dr. Manfred Beilharz (von links) im Gespräch über einen geschwungenen Lebensweg.

Berührendes Schauspiel, feinfühlige Regie und Bildende Kunst der Nachhaltigkeit

Vielseitigkeitskünstler Uwe Kraus-Fu fasziniert beim Kulissengeplauder im Prunkfoyer

„Es sei, wie es wolle, es war doch so schön.“ Publikumsliebling Uwe Kraus-Fu plaudert mit Goethe im prallvollen Foyer aus dem Nähkästchen. Seit 19 Jahren dem Haus treu, ist im Sommer Schluss mit Lustig. „Verschnaufen“ nach 42 Jahren auf den Brettern, kreative Projekte rufen. Mit seinem „Lebensglück“ Wenhao in Wiesbaden wohnend, sind ausgesuchte „Gastspiele“ des gebürtigen Plaueners aus dem Vogtland der DDR denkbar.

Im Gespräch mit Theaterfreundin Katharina Queck ist von Stationen wie Babelsberg (HFF Konrad Wolf), Leipziger Spielgemeinde, Altenburg, Eisleben (Rollen „zwischen Jupiter & Dorftrottel“), Memmingen (Nachwuchspreis der Bayerischen Theater!), erste Regie in Ulm, Osnabrück („intensivste kreative Zeit“ mit Regie & Schauspiel) die Rede. Und von „Entdeckerin“ Maria Mägedefrau.

Alt-Intendant Dr. Manfred Beilharz holte ihn ans Haus und ergänzt spontan mit Anekdoten vom „Woyzeck“Gastspiel in China.

„Ich bin an Brecht geschult.“ Regiemätzchen irritieren. Mephisto, Leicester, Mendel Singer („Hiob“): Mit unter die Haut gehender Präsenz berührt der SchauspielerRegisseur von „Die furiosen Drei“ auf vielen Bühnen. Das Ringelnatz-Gedicht „An M.“ wird mit der Widmung „An W“, den Ehepartner, rezitiert. Als Mitglied der Kunstwerkstatt E14 zeigte er „Farben.Spiel“-Exponate. Zu Kunst gewordene Fundstücke auf SecondhandLeinwand. „Müllwächter“ als Nachfahren römischer Laren & Penaten.

Im traditionsreichen Weihnachts-Kammerkonzert gibt es Texte von Erich Kästner. Ein IMF-Sternstündlein dürfte „Uwe Kraus & Friends“ werden. „Friends“ sind KS Angela Denoke, mit der er bei den Salzburger Festspiele und an der Wiener Staatsoper auftrat, Tal Balshai und Konzertpianist Tim Hawkens. „Zwischen Gestern und Morgen“ ist am 10. Mai die Devise.

Text und Foto: Gesine Werner

„Demokratie verteidigen - Nie wieder ist Jetzt!“ Die evangelische Dekanin Arami Neumann und der katholische Stadtdekan Klaus Nebel zeigten mit dem „Wiesbadener Bündnis für Demokratie“ Flagge gegen Rechts.

Eindrucksvolle Kundgebung gegen Rechts

Das „Wiesbadener Bündnis für Demokratie“ bringt 15.000 Leute auf die Beine

Das Gebot der Stunde heißt: „Demokratie verteidigen - Nie wieder ist Jetzt!“

Auch Wiesbaden ist nicht stumm geblieben, zeigt friedlich Flagge und demonstriert gegen Faschismus. Eine Brandmauer der nicht mehr schweigenden Mehrheit.

„Wer schweigt, stimmt zu!“ Das „Wiesbadener Bündnis für Demokratie“, ein breiter Zusammenschluss von Kirchen, Gewerkschaften, Ausländerbeirat, „Spiegelbild“ und anderen Institutionen, hatte zur Veranstaltung gegen Rechtsextremismus und AfD aufgerufen. Vor dem Hauptbahnhof nach Kurz-Kundgebung mit Irene Fromberger von der „Omas gegen Rechts“ gestartet, zog der stetig wachsende Demonstrationszug zum Dern´sches Gelände. Laut Polizei waren rund 15.000 Leute auf den Beinen. „EkelhAfD - Wir sind das Volk! Wir sind mehr!“

Sprechchöre riefen: „Ganz Wiesbaden hasst die AfD“. Plakate fordern: „Besser Hirn statt Hetze“ und „Menschenrechte statt Rechte Menschen“.

Vor der Kundgebung belebt Songwriter „Danger Dan“ die Volksweisheit: „Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber“. Zu hören ist: „In unserer Stadt ist kein Platz für Nazis, ob braun oder blau“. Und: „Remigriert Euch selber!“

Neben der früheren Bundesministerin Heidi Wieczorek-Zeul und Bürgermeisterin Christiane Hinninger ist Parlaments-Chef Dr. Obermayr dabei – alles Privatleute. „Hier steht die Zivilgesellschaft!“ Als Privatperson dankte Oberbürgermeister Gert Uwe Mende dem „klaren Bekenntnis“ und „diesem Signal für Toleranz und Menschenwürde!“ Tosender Applaus.

„Wenn die AFD die Antwort ist, wie doof war dann die Frage?“ Neben DGB-Sekretär Sascha Schmidt, Özgür Yildiri vom Verein Spiegelbild und Ibrahim Kizilgöz vom Ausländerbeirat verwahren sich die Kirchen gegen den Hass: „Wir alle müssen immer den Rechten widersprechen!“ appellierte die evangelische Dekanin Arami Neumann, begleitet von ihrem katholischen Amtskollegen Klaus Nebel.

Text und Foto: Gesine Werner

wiesbadener*in I/2024 19
KulTouren

Tanznachwuchs, Leinwandflimmern und Kultur in der Schule

Kulturfonds Frankfurt RheinMain fördert Projekte mit Leuchtturm-Charakter

Der Kulturfonds RheinMain schüttet auch 2024 wieder fleißig sein Füllhorn aus. Im sogenannten Kleinen Verfahren wurden für zehn Projekte 425.363,40 Euro bewilligt.

„Starke Stücke“: Das Internationale Theaterfestival für junges Publikum in Rhein-Main, 1994 vom Theaterhaus Frankfurt, dem Gallus-Theater und dem Jugendamt Frankfurt gestartet, feiert 0. Geburtstag. Das Netzwerk wächst in die Region: 29 Veranstaltende zeigen an Spielorten wie Dreieich,

Rüsselsheim, Offenbach und sogar im Bayrischen Aschaffenburg (!) starkes Theater aus dem in- und Ausland. Der Kulturfonds setzt seine Kooperation mit der KulturRegion FrankfurtRheinMain im Rahmen der „Starken Stücke“ in der Jubiläumsspielzeit fort.

„Zwanzig Produktionen, drei Staatstheater und 8 Bühnen“: Der Fonds fördert auch ein besonderes Festival-Highlight der Region: Das jährliche Nachwuchsfestival des größten europäischen Tanznetz-

werks Aerowaves, das 44 Partner: innen in 4 Ländern verbindet, ist seit 1996 die Drehscheibe für Tanzentdeckungen in Europa. Erstmals findet sein Festival in Deutschland statt. Auf Initiative des deutschen Aerowave-Partners Bruno Heynderickx, Direktor des Hessischen Staatsballetts, lädt Spring Forward 2024 zu zeitgenössischen Produktionen an die Staatstheater Wiesbaden, Darmstadt und Mainz.

In Darmstadt sind zudem die Viktoriaschule und das Hessische Landesmuseum Darmstadt mit von der Partie. In der ersten Kooperation mit dem UPDATE festival von tanzmainz unter Direktor Honne Dohrmann werden Choreografien in der Domstadt gezeigt. Das Programm präsentiert die „Aerowaves Twenty-Artists“ des laufenden Jahres.

KUNSTVOLL bringt seit über zehn Jahren Kultur in die Schule, fördert mit Kulturinstitutionen und Kulturschaffenden nachhaltig das kreative Denken junger Leute. Halt und Orientierung bieten sowie neue Perspektiven eröffnen: Der Kulturfonds erhöht das Förderbudget für das Schuljahr 2024/2025 ein weiteres Mal. Bis 20. März 2024 läuft die Anmeldefrist.

„In Zeiten, in denen Vieles von dem, was bisher als selbstverständlich galt, ins Wanken gerät, betrachtet es der Kulturfonds als nachdrückliche Aufgabe, als Förderer für kulturelle Bildung besonders aktiv zu sein“, betont Geschäftsführerin Karin Wolff.

Internationales Leinwandflimmern im April mit einem Symposium zu „The Other Queers“. Auch die 24. Ausgabe von Go East, Festival des Mittel- und Osteuropäischen Films, verspricht ereignisreiche Tage in den Kinos und dem Museum der Landeshauptstadt.

Go East wird vom Kulturfonds durch pekuniäre Förderung unterstützt.

www.kulturfonds-frm.de

Text und Foto: Gesine Werner

20 wiesbadener*in I/2024
kultur & kreatives
Tänzerische Hommage an Magrittes „Liebende“: Vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain gefördert, bereichtere das Hessiche Staatsballett den Fluxus-Kunstsommer 202 mit der Choreographie „Beyond“ von Alessio Damiani im Kunsthaus Wiesbaden.

Ob Bordsteinkanten, Brückenpfeiler oder leergefegte Straßen: Der belgische Künstler Koen van den Broek (geb. 1973) macht die urbane Gegenwart zum Gegenstand seiner Gemälde und Skizzen.

Mit Leichtigkeit bewegt er sich dabei entlang der Grenzen zwischen Abstraktion und Abbildhaftem von Wirklichkeit. Van den Broek studierte in den späten 1990er Jahren zunächst Architektur an der Königlichen Akademie von Antwerpen, wechselte dann zur Malerei und schloss sein Studium an der Akademie der Bildenden Künste von Breda ab.

Seine Inspiration findet Koen van den Broek vornehmlich über seine Fotos, die er auf Roadtrips, hauptsächlich durch die USA, aufnimmt. Bereits diese fokussieren sich auf Details und Ausschnitte, die oftmals rätselhaft erscheinen. Herausgelöst aus ihren ursprünglichen Zusammenhängen, entwickeln seine Motive ein Eigenleben.

Während zu Beginn in den 1990er Jahren noch ganze Straßenzüge sein Interesse auf sich ziehen, werden die Ausschnitte aus der realen Welt ab den 2010er Jahre zunehmend kleiner, konzentrierter

Bilder scheinbar aus dem Nichts

Koen van den Broek im Ludwig Museum Koblenz

und abstrakter. Die unwirklich scheinende Welt der amerikanischen Highways mit ihren breiten Straßen, den übergroßen Billboards und den in der Weite der Landschaft verlassen wirkenden Architekturen fesseln den Maler, der als Reisender unterwegs ist und eine Welt abbildet, in der er sich nur temporär aufhält.

Koen van den Broeks Bilder kommen scheinbar aus dem Nichts. In ihrer rudimentären Halbwahrheit offenbaren sie bei weitem nicht die ganze Wahrheit. So muss sich der Betrachter des Öfteren die Frage stellen, ob das Gesehene tatsächlich das ist, was das über das Gemälde schweifende Auge zu identifizieren vermag, oder doch eher eine Sinnestäuschung.

Nicht selten ist es die Irritation, ausgelöst durch die nicht eindeutige Zuordnung von Formen, die der Betrachter in seinen Gemälden entdeckt, die zwar vertraut wirken, aber aufgrund der ungewohnten Perspektive sich dennoch keiner gewohnten, eindeutigen Gegen-

wart zuordnen lassen. Wie von selbst zoomen seine Gemälde auf diese Ausschnitte, ordnen und komponieren Farben, Licht und Schatten und steigern die Farben im expressiven Duktus. Das führt ihn hin zu ambivalenten Kompositionen, die Realität nur vermeintlich spiegeln, aber eher abstrakt zu lesen sind.

Verspieltheit, Vielfalt und Dualität – starre Abgrenzung versus wilde Pinselstriche, Tiefe versus Oberfläche – sind charakteristisch für seine Malerei.

KOEN VAN DEN BROEK: Of(f) Road

25. 2. 2024 bis 21. 4. 2024

Ludwig Museum im Deutschherrenhaus, Koblenz

www.ludwigmuseum.org

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kultur & kreatives
Koen van den Broek, E 26th Street, 2000, Öl auf Leinwand, 80 x 120 cm, Studio Koen van den Broek, © Koen van den Broek

Sie leben an der Realität

ersehnen

und viele Unterlassungen - die Personage des „Kirschgartens“ scheitert tragikomisch an sich selbst. Anton Tschechow will „einfach und ehrlich sagen: Schaut Euch an, seht doch, wie schlecht und langweilig Ihr Euer Leben führt!“ Evgeny Titovs Inszenierung zeigt das Ensemble

Beachtliches Regiedebüt, klangvolle Begegnung, Tanzfestival und ein

„abgängiger“

Intendant

TheaterDonner auf den Bühnen in Wiesbaden, Darmstadt und Mainz

Theaterdonner mit Paukenschlag: Timon Gremmels, neuer Minister für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur in Hessen, löst drei Tage nach Amtsantritt und einem Gespräch mit dem streitbaren Wiesbadener Theaterintendanten dessen Vertrag fristlos „einvernehmlich“ auf.

Uwe Eric Laufenberg ist ab 22. Januar 2024 mitnichten „Hausherr dieser miesen Hütte“, wie er als Prospero in Shakespeares „Sturm“ tönte. Künstlerische Leitung jetzt: Juliane Postberg, Wolfgang Behrens, Albert Horne, Bruno Heynderickx, Dirk Schirdewahn & Jack Kurfess, Geschäftsführender Koordinator. Jahresauftakt „turbulent“, Ära Laufenberg perdu, Spielplan revidiert: „Freischütz“ kommt, „Vernichten“ und „Die Riesen vom Berge“ auch.

Blick nach Wiesbaden

Ein beachtliches Debüt als erste Premiere ohne Intendanz: Schauspieler Noah L. Perktold kann auch Regie, gräbt Schnitzlers selten gespielte Trilogie der Untreue aus, inszeniert „Stunde des Erkennens - Das Bacchusfest - Große Szene“. Die „Komödie der Worte“ - ein starker Abend mit Überraschungen: Pulp

Fiction-Charme, Samurai-Schwert, meuchelndes Mafiosi-Duo, HandkeLookalike, filmreif „schlag“kräftige Amazone. Kurzweil und packende Dynamik. „Sein oder…“ Der Saal kann Hamlet, souffliert spontan drauflos. Das exzellente Ensemble belebt Rolf Glittenbergs zeitgenössischen Bühnenraum. Beifall in Sturmstärke für Uwe Kraus, Evelyn Faber, Martin Plass, Tobias Lutze, „Amazone“ Nina-Lilith Völsch, Christoph Kohlbacher, Klara Wördemann und Regisseur Noah L. Perktold als „Aushilfsspieler“.

Kirschgarten

Unerfüllte Wunschbilder, verzerrte Realitätswahrnehmung, gestörte Beziehungen. Viel Emotion, wenig Handeln, viel Unterlassung. Tragisches Scheitern an sich selbst am Rande des Zeitenwandels. Auf dem abgeranzten Gut (Bühne: Duri Bischoff/Florian Schaaf, Kostüme Andrea Schmitt-Futterer) trifft ein Panoptikum tragikomischer Figuren zusammen. Die Verhältnisse kehren sich um. Glücklich wird Keine/r. Anton Cechovs „Kirschgarten“, an dessen Geburtstag vor 100 Jahren uraufgeführt, hat Evgeny Titov mit berührenden Nuancen inszeniert. Gänsehautmomente beschert gemeinsamer Gesang. Als leiden-

schaftlich agierendes Ensemble werden Anne Lebinsky, Michael Birnbaum, Christian Kliaschat, Benjamin Krämer-Jenster, Margit SchulteTigges, Benjamin Krämer-Jenster, Lukas Schenk, Christina Tzatzaraki, Paul Simon, Felix Strüven ausgiebig bejubelt. Starker Schluss: Diener

„Gute Kunst braucht gute Arbeitsbedingungen“: Die künstlerisch Beschäftigten der deutschen Bühnen bitten um Solidarität für Entlastung und Planbarkeit: „#Stopp-NVFlatrate“, also des Tarifvertrags NV Bühne (NV = Normvertrag) ist der Slogan der drei Schwester-Gewerkschaften GDBA, BFFS und VdO. Schauspieler Martin Plass („Komödie der Worte“) verteilt Info-Flyer an Interessierte.

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kultur & kreatves
vorbei, anderes Leben. Viele Emotionen, wenig Handlungen in Hochform.

Firs (Rainer Kühn) sargt sich im Schrankboden selber ein.

Komödie im Dunkeln

Peter Shaffers „Komödie im Dunkeln“ verlangt waghalsige Stunts. In maßgeschneiderten Airbags von Wicke Naujoks: steile Treppe runterstöckeln, mit Karacho gegen die Wand, balancieren auf Stuhl mit drei Beinen im „nachgenutzten“ Schwimmbad (Philip Rubner). Slapstick will perfektes Timing. Sebastian Sommers Choreo ist ein Spätzünder, eher unterbelichtet. „Schwarze“ Komödie mit Denk-Faktor: Ist die Bühne hell, tappt das formidable Ensemble im Dunkeln. Philipp Steinheuser, Maria Wördemann, Sybille Weiser, Matze Vogel, Felix Strüven, Nina Völsch, Lukas Schrenk & Benjamin KrämerJenster geben ihrem Affen Zucker. Die Premiere gelingt.

Zauberflöte

Mozärtlicher Breitwandsound tönt aus dem Graben, das bestens disponierte Staatsorchester wird von Konrad Junghänel in feinfühlig musikalischem Miteinander dirigiert. Johannes Martin Kränzles berührend schräger Vogel Papageno ist zum Niederknien. Beate Ritter lässt Koloraturen perlen. Anastasia Taratorkina, Kai Kluge, KS Thomas de Vries, Young Doo Park und die „Damen“ Vera Ivanovic, Fleuranne Brockway, Romina Boscolo bieten Schöngesang. Charles M. Anderson ist fehlbesetzt.

Ein Laufsteg um den Graben ergänzt das Einheitsbühnenbild von Rolf Glittenberg. Den Kostümen in Mozarts Freimaurer(!)-Oper fehlt

„maurerische“ Optik und Farbe. Marianne Glittenberg schuf Papageno-Pyjama, Courrèges Hommage, Kimonos und fernöstliche Anmutung in Schwarzweiß. Noch als Intendant hat Uwe Eric Laufenberg „Die Zauberflöte“ als zweiten Teil der „Trilogie letzter Werke“ inszeniert, zelebriert den Schluss-Chor als milde versöhnliches Happy End.

Blick zur Freien Szene Turgenjew, Chopin, Clara Schumann, Brahms. „Pauline ViardotGarcia und ihr europäischer Salon: Ihre Lieder - ihre Lieben“. Im HinterhofPalazzo lädt Mary Lou SullivanDelcroix zur klangvollen Begegnung mit einer Sängerin und Komponistin. Die „vielsaitige“ Femmage mit Gabriele Regensburger, Erica Trimper, Ute Hilgenberg, Renate Moering, Markus Rieger & Pianist Jürgen Schmidt beginnt am 8. Juni um 19 Uhr, am 9. Juni um 17 Uhr.

Blick nach Darmstadt & Mainz „Zwanzig zeitgenössische Produktionen, drei Staatstheater und 8 Bühnen“: Als Brückenschlag über den Rhein von Hessen nach RheinlandPfalz lang erträumt, sind Wiesbaden, Darmstadt und Mainz die Schauplätze. In erster Kooperation mit dem tanzmainz festival UPDATE unter Tanzdirektor Honne Dohrmann holt Hessens Staatsballett-Direktor Bruno Heynderickx als deutscher Partner des europäischen Tanznetzwerks „Aerowaves“ die wichtigste europäische Plattform für junge Choreografie erstmals nach Deutschland! Das Tanzfestival Spring Forward 2024 lädt vom 21. bis 23. März 2024 zu dynamischer, viel versprechender Choreografie.

Text und Fotos: Gesine Werner

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Wiesbaden – Darmstadt – Mainz: Das „Spring forward 2024-Festival“ von Aerowaves kommt vom 21. bis 2. März 2024 erstmals nach Deutschland. „tanzmainz“-Direktor Honne Dohrmann (links) freut sich als Kooperationspartner mit Ballettdirektor Bruno Heynderickx, der mit dem Hessischen Staatsballett das internationale Tanzhighlight ausrichtet. Regisseur/Schauspieler Noah L. Perktold, Evelyn M. Faber, Nina Völsch und Christoph Kohlbacher werden als brillantes Ensemble in Schnitzlers selten gespielter „Komödie der Worte“ ausdauernd bejubelt. Das feinfühlige Regiedebüt von Noah L. Perktold ist absolut gelungen.

So farbenreich wie die Illumination des Musentempels an der Saar ist auch die Palette der hochkarätigen Bühnenereignisse am Staatstheater

Eine „ausgezeichnete“ Spielzeit der Sehnsüchte

Sinnliche Bühnenkunst am Staatstheater Saarbrücken / Generalintendant Bodo Busse wird abgängig / Bahnstreik verhindert Filmfestivalbesuch

In seiner Spielzeit der Sehnsüchte heißt es am Musentempel „Bühne frei!“ für buchstäblich ausgezeichnete Darstellungs-Kunst auf den Brettern in Saarbrigge. Ausgezeichnet wurde grenzüberschreitendes Engagement.

Generalintendant Bodo Busse, ausgewiesener Opernspezialist und erfolgreicher Theatermann, wird abgängig. Im Herbst 2025 wird er Intendant der Staatsoper Hannover und Geschäftsführer der Staatstheater.

Das seit 2007 ausgerichtete Festival Primeurs von Le Carreau Forbach, Institut d`Etudes Francais und Staatstheater Saarbrücken und dem SR bekam den Prix d`Académie de Berlin.

Der Staatstheater-Sponsorclub feierte 0jähriges Wirken mit Starsopranistin Camilla Nylund. ClubChef Detlef Thiery betonte: „Kultur und Theater sind Bürgerpflichten!“ Für eine faustdicke Überraschung sorgte der General-Intendant, dessen souveräne Führung durch die Corona-Pandemie bundesweit Aufmerksamkeit erntete. Der angesehene Opern-Experte (Pascal Dusapins preisgekrönte Oper „Macbeth Underworld“) wird abgängig. Niedersachsen ruft.

Zur Spielzeit 2025/26 wird Bodo Busse Nachfolger von Laura Bermann als Intendant der Staatsoper Hannover und Geschäftsführer der Staatstheater. Als Nachfolger von Sonja Anders, designierte Intendantin des Thalia Theaters Hamburg, kommt Vasco Boenisch

vom Schauspielhaus Bochum als Intendant und Geschäftsführer ans Schauspiel Hannover. „Das Angebot, dieses große deutsche Opernhaus in Niedersachsen zu übernehmen“, sei „sehr kurzfristig“ auf Bodo Busse zugekommen. Er bekennt „ein dickes weinendes Auge“ und dass seine Saarbrücker Jahre „dann zu den glücklichsten Zeiten“ seines „bisherigen Lebens gehört haben“ werden. „Gerade jetzt brauchen wir doch mehr denn je die Freiheit der emotionalen, poetischen sinnlichen und diskursiven Kraft der Bühne, um die Diversität verschiedener Lebensentwürfe, Generationen und Identitäten erlebbar zu machen. Menschliche Resonanz, also Weltbeziehung, soll nicht einfach nur schöner Schein sein.“

Das Tanzfestival Saar unter Leitung von Ballettdirektor Stijn Celis bringt den Saarbrücker Musentempel im März wieder zum Leuchten. Mit der Choreographie „GN/MC Made of Space“ von Guy Nader &

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kultur & kreatives

In die Spielstätte Alte Feuerwache am Landwehrplatz lädt das Staatstheater zum Auftakt „Rituale“ des Tanzfestivals Saar 2024 und drei Gastspielen mit zeitgenössischer Tanzkunst ein.

Maria Campos im Theater am Ring Saarlouis strahlt das Tanzfestival in die Region. Den Auftakt gestaltet das Saarländische Staatsballett unter dem Titel „Rituale“ mit Choreografien von Ohad Naharin & Marco Goecke. Moritz Ostruschnjaks „Rabbit Hole“ sowie „iMove“ von Claudia Meystre und dem iMove-Ensemble sind zu sehen, auch „Terranova / Body Maps“ von Diego Tortelli. Das Ballets Jazz de Montréal kommt mit „Essence“ von Ausia Jones, Crystal Pite & Aszure Barton. „Ruß – Eine Geschichte von Aschenputtel“ erzählt Bridget Breiner mit dem Staatsballett Karlsruhe am Welt-Frauentag. Finale mit der Bever Dam Company und „Dive“ von Édouard Hue.

In der Sparte4 ist das Publikum aus dem Häuschen: Rosa von Praunheims unkaputtbare „Bettwurst“ machte Heiner Bomhard zum Kultmusical. Als erste Bühne spielt Saarbrücken den Camp-Film von 1971 nach. Kitsch as Kitsch can! Alles so schön rosa hier. Schrebergarten, Tanztee, Staubsauger. In Absurdistan guckt der Spieß aus beiden Ohren. Das Ensemble gibt seinem Affen Zucker. Durchgeknallt geht die Luzi (Christiane Motter) mit Kleingangster Dietmar ab. Thorsten Köhlers Tunte ist zum Niederknien und der Saal spielt „Erkennen Sie die Melodie?“ Ein köstliches Spektakel.

Beglückend für alle Generationen: Opulent, betörend, humorvoll und warmherzig hat Ballettdirektor Stijn Celis Tschaikowskys „Nussknacker“ mit Prinz & Astronaut märchenhaft schön choreografiert. Feinsinnige Dramaturgie (Dr. Klaus Kieser) flankiert. Musikalischer Leiter Justus Thorau dirigiert das ausgezeichnete Staatsorchester in Bestform.

Chapeau für den hinreißenden Augenschmaus von Sebastian Hannak (Bühne), Laura Theiss (Kostüme) und Karl Wiedemann (Licht). Das vorzügliche Ensemble begeistert, „Nussknacker“ Kyle Davis, Hope „Marie“ Dougherty und „Drossselmeier“ Shawn Throop seien stellvertretend genannt. Applaus auf offener Szene. Minutenlanger Beifall im Stehen als Statement.

„Wenn ich einmal reich wär`…“ Als Musicalklassiker von Jerry Bock, Joseph Stein & Sheldon Harnick ist „Anatevka“ („Fiddle on the roof“) nach den Geschichten von Scholem Alejchem mit dem traditionsbewusst frommen Milchmann Tevje ein Magnet. Im ukrainischen Dorf bestimmen Heimat, Familie und rollenkonforme Generationen, Lebensfreude und Überlebenswille den Alltag. Rituale geben Halt. Tevjes Töchter begehren auf. Ein Zarenerlass bringt Pogrome, die Idylle zerbricht.

Gil Mehmerts bildstarke Inszenierung als Koproduktion mit Les Théatres de la Ville de Luxembourg setzt feinfühlig auf ausgeprägte Figuren. Berührende Szenen ohne Schtetl-Kitsch. Jiddischer Humor blitzt auf. Skizzenhafte Bühne (Jens Kilians) mit einer Drehbühne im Dauereinsatz, akzentuierende Kostüme (Claudio Pohle) und stimmungsvolles Licht (Michael Heidinger) sorgen für Sogwirkung. Die Partien sind hochkarätig besetzt mit „Tevje“ Enrico de Pieri, Christiane Motter, Eva Kammigan, Nina Links, Bettina Maria Bauer, Annika Steinkamp, Finja Hagen und Theresa Prinz. Timothy Braun entlockt der „Fiedel auf dem Dach“ warme Töne. Der preisgekrönte Klangkörper bietet reinsten Hörgenuss unter dem fein austarierten Dirigat von Justus Thorau. Das Publikum atmet mit, spendet langen Applaus. Filmfestival Max Ophüls Preis.

Die geplante Teilnahme der Redaktion am 45. Filmfestival Max Ophüls-Preis 2024 samt ausführlicher Berichterstattung wurde ein Opfer des Bahnstreik.

Text: Gesine Werner und Dörte Fardella Fotos: Gesine Werner

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kultur & kreatives

John Malkovich trifft Falstaff und Kafka auf dem Holzweg

Internationale Maifestspiele Wiesbaden 2024 als Finale der Laufenberg-Ära

Ein Wonnemonat als Finale mit „gewohnt weitgespanntem, spartenübergreifendem und glanzvoll besetztem Programm“ wird angekündigt.

„Mit dem vorzeitigen Ende der Intendanz“ von Uwe Eric Laufenberg, der „im Kern“ das Programm konzipierte, „obliegt die künstlerische Durchführung der IMF einem mehrköpfigen Team aus der künstlerischen Leitungsebene des Hessischen Staatstheaters“, heißt es. Bekanntlich hatte der langjährige künstlerische IMF-Leiter am 22. Januar 2024 nach langwierigen Querelen „fristlos einvernehmlich“ seine Intendanz in Wiesbaden beendet.

„Die ganze Welt ist verrückt“. Verdis komödiantischem Spätwerk „Falstaff“ entstammt das IMFMotto „Tutto nel mondo é burla“ - „Alles ist Spaß auf Erden“. Die Trilogie der „Letzten Werke“ mit „Sturm“ und „Zauberflöte“ bringt Noah L. Perktold zum Abschluss. Der Schauspieler debütierte mit Schnitzlers „Komödie der Worte“ erfolgreich als Regisseur. Zur IMFEröffnung verleiht Zeljeko Lucic dem Titelhelden vokale Statur. Operalia-Preisträger Ion Hotea

veredelt die Produktion. Antonello Allemandi dirigiert.

Im Fokus steht Richard Wagner mit dem kompletten „Ring“ und „Lohengrin“. Das Puccini-Jahr des vor 100 Jahren verstorbenen Komponisten wird mit dem großen „Tosca“-Gastspiel des Teatro Communale di Bologna zelebriert. Die musikalische Leitung hat Oksana Lyniv.

Mit Hochkarätern wie dem Nederlands Dans Theaters NDT 2 und „Codes of Conduct / Bedtime story“ sorgt die Tanzsparte für Furore. Zum 100. Todestag von Franz Kafka lädt das Hessische Staatsballett zur suggestiven Reise in Kafkas Welt mit Antonio de Rosa & Mattia Russo.

Der Clou: John Malkovich kommt nach Wiesbaden. Der US-Star steht mit „In the Solitude of Cotton Fields“ („In der Einsamkeit der Baumwollfelder“) von BernardMarie Koltès auf der Bühne. Eingeweihte erinnern sich an brillante Wiesbadener Koltès-Inszenierungen der Leiniger-Ära.

Das Berliner Ensemble kommt mit Katharina Mehrling im Stück: „Fremder als der Mond“.

Philipp Hochmair und die Combo „Elektrohand Gottes“ machen mit „Jedermann Reloaded“ bekannt.

Publikumsliebling Uwe Kraus-Fu huldigt Erich Kästner mit „Friends“ wie Kammersängerin Angela Denoke & Konzertpianist Tim Hawkens: „Zwischen Gestern und Morgen“. Paganini ist auch an Bord. Seinem „Pakt mit dem Teufel“ widmet sich IMF-Stammgästin Chris Pichler. Devid Striesow bringt „die Blechtrommel“ mit. „Über`s Meer“ kommt Barbara Auer an den Musentempel. Ein Silberjubiläum mit Suchtfaktor: „25 Ja!re auf dem Holzweg“ sind Tobias Reisige, Markus Conrads & Johannes Behr. Das grandiose Instrumental-Trio „Wildes Holz“ setzt das Foyer unter Strom. Klassik für Stielaugen & Spitzohren.

Star-Tenor Andreas Schager bringt musikalische Freund:innen zusammen und bittet zur Richard Wagner Charity-Gala für den gemeinnützigen Verein „ Opera meets nature“. Die Jungen Maifestspiele offerieren Gastspiele aus Frankreich, Slowenien und Norwegen.

Text und Foto: Gesine Werner

26 wiesbadener*in I/2024
kultur & kreatives
Alle Jahre wieder: Zu den Internationalen Maifestspielen Wiesbaden folgt der Musentempel alter Tradition und lädt auch im Wonnemonat 2024 wieder „über die Toppen“ geflaggt zum Kunstgenuss ein.

Anlässlich seines 50. Geburtstags widmet die Schirn Kunsthalle Frankfurt dem Hip-Hop und seinem tiefgreifenden Einfluss auf die aktelle Kunst und Kultur unserer Gesellschaft eine große, interdisziplinäre Ausstellung.

Hip-Hop entstand in der Bronx im New York der 1970er-Jahre als kulturelle Bewegung unter Schwarzen und lateinamerikanschen Jugendlichen, die sich durch MC-ing, DJ-ing, Graffiti und Breakdance ausdrückten. Von Anfang an übte Hip-Hop Kritik an vorherrschenden Strukturen und kulturellen Erzählungen und bot neue Möglichkeiten, um diasporische Erfahrungen auszudrücken und alternative Machtsyteme zu schaffen. Dies ging mit einem wachsenden sozialen und politischen Bewusstsein sowie Wissensbildung einher.

Die Ausstellung „THE CULTURE“ in der Schirn wird im Kunstverein Familie Montez mit der Videoinstallation „ISDN“ (2022) von Stan Douglas fortgesetzt sowie erweitert durch eine Ausstellung rund um Milestones des Hip-Hop im MOMEM, eine Filmreihe zur 50-jährigen Geschichte des HipHop im DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum und einer Aktion des Diamant Offenbach: Museum of Urban Culture.

Heute hat sich Hip-Hop zu einem globalen Phänomen entwickelt, das zahreiche Innovationen in Musik, Mode, Technologie sowie bildender und darstellender Kunst vorangetrieben hat.

Basierend auf den Ursprüngen des Hip-Hop in den USA, aber mit Fokus auf Kunst und Musik der letzten 20 Jahre, werden über 100 Gemälde, Fotografien, Skulpturen und Videos sowie Fashion und Vinyl von international bekannten Künstler*innen der Gegenwart präsentiert, darunter Lauren Halsey, Julie Mehretu, Tschabalala Self, Arthur Jafa, Khalil Joseph, Virgil Abloh und Gordon Parks. THE CULTURE beleuchtet das beispiellose wirtschaftliche, soziale und kulturelle Kapital des Hip-Hop und greift zudem zeitgenössische Themen und Debatten auf – von Identität, Rassismus und Appropriation bis hin zu Sexualität, Feminismus und Empowerment.

Die Ausstellung wurde organisiert vom Baltimore Museum of Art und

Rammellzee

THE CULTURE

Hip Hop und zeitgenössische Kunst im 21. Jahrhundert

dem Saint Louis Art Museum und wird präsentiert in Zusammenarbeit mit der Schirn Kunsthalle Frankfurt.

THE CULTURE.

Hip Hop und zeitgenössische Kunst im 21. Jahrhundert 29.2. – 26.5.2024

Kunsthalle Schirn, Römerberg Frankfurt am Main www.schirn.de

Öffnungszeiten:

Di, Fr – So von 10 - 19 Uhr, Mi und Do von 10 - 22 Uhr

Abbildung rechts:

Monica Ikegwu, Open/Closed, 2021, Öl auf Leinwand, je 121,9 × 91,4 cm, Courtesy der Künstlerin und Galerie Myrtis, © Monica Ikegwu

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kultur & kreatives
und K-Rob, mit Jean-Michel Basquiat, Beat Bop / Test, Pressing, 198, Nachdruck 2001, Vinylplatte, 1,1 × 1,1 cm, The Museum of Modern Art, New York. Commitee on Prints and Illustrated Books Fund, 201, © Rammellzee Estate. Digitales Bild © The Museum of Modern Art/ Lizenziert von SCALA / Art Resource, NY

Sie lernten sich 1947 in seinem Atelier in Melbourne kennen: Der 27-jährige Fotograf Helmut Newton und die 26-jährige Schauspielerin June Browne.

June Brown wurde 192 in Melbourne geboren. Sie feierte erste Erfolge als Schauspielerin, während Helmut Newton noch unbekannt war. Er fotografierte sie in der Rolle der „Salomé“. Als Schauspielerin sensibilisierte sie Newton für das Rollenspiel bei der Inszenierung seiner Akt-Modelle.

22 Jahre lange fotografierte June, die inzwischen Newton hieß, nur privat. Aber 1970 wurde Newton, inzwischen weltberühmt, vor einem Fotoauftrag krank - seine Frau sprang für ihn ein. Von diesem Tag an begann ihre öffentliche Karriere als Fotografin. Sie nannte sich nun Alice Springs. Und begann eigene Wege zu gehen.

So entstanden ab Mitte der siebziger Jahre zahlreiche Porträts, Menschenbilder voller Empathie, die bis heute die für Alice Springs so charakteristische Mischung aus

Einfühlung und Neugierde auf ihre Zeitgenossen transportieren. In den Porträts ihrer Fotografenkollegen – darunter Richard Avedon, Brassaï, Ralph Gibson, Sheila Metzner und Robert Mapplethorpe – sowie anderer Prominenter wie Nicole Kidman, Isabelle Adjani, Vivienne Westwood, Liam Neeson oder Claude Chabrol gelingt es Alice Springs nicht nur, das Aussehen der Dargestellten einzufangen, sondern auch deren Aura.

2021 starb Alice Springs 98jährig und 17 Jahre nach ihrem Mann.

Anlässlich ihres 100. Geburtstags im letzten Jahr wurden über 200 Fotografien von der Helmut Newton Foundation in Berlin neu zusammengetragen. Diese teilweise spektakulären Ergebnisse werden ab April in den Opelvillen vorgestellt.

Alice Springs. Retrospektive 24. April 2024 - 11. August 2024

Opelvillen

Ludwig-Dörfler-Alle 9 65428 Rüsselsheim www.opelvillen.de

Öffnungszeiten:

Mo, Di, Do – Sa 10 – 18 Uhr Mi 10 – 20 Uhr

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Porträts voller Empathie
kultur & kreatves
Opelvillen Rüsselsheim
Alice Springs, Charlotte Rampling, Paris 1982, Helmut Newton Foundation

Es ist ein interessantes Phänomen:

Anno 1873 wurde der damalige „Uhrthurm“ am Standort Mauergasse zwischen dem heutigen Restaurant „Uhrturm“ von Ilse und Alfred Wirbelauer und dem Plüschtierladen abgerissen.

Im kollektiven Bewusstsein der Einheimischen ist das stadtbildprägende Bollwerk, das mangels Uhren die Zeiten Alltagsleben vorgab, noch 150 Jahre später präsent. Die zweiwöchige Jubiläumsschau im Rathausfoyer war durchgängig gut frequentiert.

Schautafeln, Vitrinen mit OriginalAkten wie der „Bau-Acta“, die als Abriss-Akte fungierte, mit Leserbriefen und einem „Scheidegruß“Gedicht zeichneten die „Geschichte des Uhrturms: Das verlorene Wahrzeichen Wiesbadens“ nach. Originalobjekte wie die gut erhaltene Uniformjacke des Türmers mit Trillerpfeife und „ein Feuerwehrmann in Uniform am Tisch sitzend“ ergänzten die informative Ausstellung.

Schon die Eröffnung mit Ulrich Kirchen, Vorsitzender des Vereins zur Förderung des Stadtarchivs, und Archivleiter Dr. Peter Quadflieg war auf großes Publikumsinteresse gestoßen.

In den beiden Foyer-Flügeln ließ sich unter den Themen: „Entwicklung des Turmes - Der Uhrturm in der Stadtgeschichte“ sowie „Nutzung, Abriss und Erinnerung“ die Historie anschaulich nachvollziehen.

Industriedesigner Thomas Wilkens hatte nach Originalgrundriss ein Schichtenmodell des -Meterturms mit den 12 Fenstern (Wächterfunktion mit Signalhupenalarm, Sprechrohr und Laterne), großer Turmuhr, zwei (!) Glocken, Türmer-Wohnung, Kuppel und Wetterfahne über dem drei Meter breiten Stadttor gebaut.

„Die Feuerwehr – Feuerbekämpfung von hoch oben“: Dr. Katherine Lukat und Lena Böschemeyer vom Stadtarchiv Wiesbaden sowie Industriedesigner Thomas Wilkens mit der „Bau-Acta“ haben die Ausstellung zur Geschichte des Uhrturms erarbeitet, Foto unten: Uhrthurm-Model

Im Gespräch erläutern Dr. Katherine Lukat, Lena Böschemeyer und Thomas Wilkens Hintergründe der informativen Ausstellung um den Turm mit seiner „Kernfunktion als Obertor der Stadt Wiesbaden“, im 14. Jahrhundert „Auerthorn“ genannt. „Er prägte das Stadtbild und hatte wichtige Funktionen, war die Uhr mit Viertelstundenschlag und Einstundenschlag und gab den Takt der Stadt vor.

Die Türmer hatten einen Kompass zum Eichen der Uhr“, ist zu erfahren. Die Feuerbekämpfung begann „hoch oben“ mit Signalhupenalarm und Sprechrohr, das aus dem Fenster gehalten wurde.

Der Türmer musste gute Augen haben, denn in der Stadt gab es damals überall Kaminrauch aus den Schornsteinen. Auch nicht unwichtig: Die Stadtkasse befand sich hier. Und vom 17. Jahrhundert an bis zum Abriss war der Uhrturm das erste Domizil des Archivs für die Urkunden der Stadt, Vorläufer des Stadtarchivs.

Heute erinnert eine Markierung im Straßenbelag der Marktstraße und eine Tafel am Traditionslokal „Uhrturm“ an das „verlorene Wahrzeichen“.

Im Herbst 2024 ist eine Ausstellung mit längerer Laufzeit im Stadtarchiv geplant.

Text und Fotos: Gesine Werner

Schichten-Modell, Wetterfahne und Türmer-Uniformjacke Stadtarchiv zeigt die Historie des Uhrturms als „das verlorene Wahrzeichen Wiesbadens“
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zusammenleben

Edeltropfen, Schirmpaar & Fastnachtslegenden auf der Rostra

Jubiläums-CCW zelebriert närrische Riesling-Gala, Große Kostümsitzung und eine Nostalgie-Sitzung

„Den Club gibt´s schon seit 70 Jahr`- der CCW is wunderbar!“ ist zum Jubiläum die Devise. Die Großfamilie des Carnevalclubs Wiesbaden 1954 e.V. huldigte Gott Jokus in der vierfarbbunten Großen und Klaa Gudd Stubb. Mit erlesenem Programm wurde im gut besetzten Thierschsaal und im Zais-Saal - bis in den Aschermittwoch hinein! - ein närrisches Feuerwerk der Extraklasse gezündet.

Der CCW kann Innovation: CCWEhrensitzungspräsi Klaus Groß & Gemahlin Ella Groß feiern zum Jubiläum gendergerecht Premiere als erstes CCW-Schirmpaar. Ausgewählte Edeltropfen und Fünfsterne-Programm. Die „üblichen Verdächtigen-Promis“ aus Stadt, Land & Bund an Bord. Ein Minister mäandert in der Polonaise mit. Exquisite Rieslinggala mit gut ein Dutzend Rheingau-Weinmajestäten und jung weiblicher Generation. Schnudedunke mit Frohsinn aus dem Glas und dem Granitfass. Den Eisbrecher mit Tamtam gab erstmals die Castellum Musik & Jugend-Showband CMS.

Mit zünftigem Karacho und dem “in Ehren übernommenen“ historischen Schellenbaum animierte die Füsiliergarde Mainz-Gonsenheim die Kostümgala beim Präsidiumseinzug.

CCW-Präsi Andreas Guntrum war mit der früheren Wiesbadener Weinkönigin Stephanie Kopietz & Weinbaupräsident Peter Seyffardt ein souveränes Dreigestirn. Dem Gaumen zu schmeicheln, wussten ausgezeichnete Kreszenden der Top-Weingüter Schloss Vollrads, Diefenhardt/Martinsthal, Egert/Hattenheim, Heinz Nikolai/Erbach, Höhn/Wiesbaden-Dotzheim, Speicher-Schuth/Kiedrich, Steinmacher & Sohn/Kiedrich.

„Wies-Duschen“ statt Wiesbaden? Dolle Idee von Andy „Springsteen“ Ost. „Born on Rosenmonday“ isser und kann Reinhard Mey. Der kabettpreisgekrönte HR-Mann Johannes Scherer kontert den DHL-Benachrichtigungswahn per Mail.

Noch ein Jubiläum: Die Kostümgala als CCW-Flaggschiff navigiert Sitzungspräsident Michael Wink schon seit 20 JA!ren gekonnt: Volle Kraft voraus! Für CCW-Erzschelm

Andreas Guntrum gibt´s ein kollektives Geburtstags-Ständchen.

Lachtränenalarm vom Feinsten: Der Saal schunkelt, singt und amüsiert sich wie Bolle in Berlin. Von dort kommt Tastenlöwe Christoph Reuter. Kabarettistisch ausgezeichnet, weiß er genau: „Musik macht schlau – außer manche!“ Mit Karin aus dem Saal spielt er Piano zu drei Händen, reißt als begnadeter DJ von den Stühlen. Matthias Brodowy ist auch hoch dekoriert. Der „Argentinier des Nordens“ kam aus der Fassenachts-Hochburg Hannover angereist: „Nicht per Bahn!“ Old Adi Positas ordert Genüsse beim EisDealer in perfektem Italienisch: „Tira mi Su heißt: Hör mir zu!“

In Vertretung von Thomas Negers “Humbas“ heizt seine Tochter mit den „Meenzer Mädsche“ tüchtig ein. „Im Schatten des Doms“ von Papa Thomas meint die Marktkirche als Nassauer Landesdom. Helau!

CCW-Lilienrat Guntram Eisenmann knöpft sich als „Waste removal Assistent“ bei seinem 10. CCW-Auftritt die „Tolleranzen aller Geschlechter“ vor, warnt vor der „Blauen Ampel“.

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„Highway to hell!“ Zu ihrem eigenen Goldjubiläum setzt die wohltönende Bohème Musig Olten aus der Schweiz mit Chefin Ramona Gloor alles unter Starkstrom. Die selbstgenähten Pracht-Kostüme in Blau-gold (WiesbadenFarben und Olten-Vereinsfarben) sind ein Hingucker.
zusammenleben
Eine Bühne voller Narren UND Närrinnen: Die Grande Dames Ella Groß & Petra Neumeister begeistern im Zwiegespräch „Alt und Jung“, das Präsidium Heiner Lompe, Klaus Groß und Volker Kaiser dankt „durch die Blumen“.

Die beliebte Füsiliergarde Mainz-Gonsenheim machte zum CCW-Jubiläum zünftig Tamtam mit einem kürzlich „in Ehren übernommenen“ historischen Schellenbaum.

Beflissen wird heute gegendert. „Frauenparkplatz“? Da isses „ruckzuck mit der Männlichkeit vorbei“. Schwiegertochter Jennifer Eisenmann wird als Goldkehlchen gefeiert. Die Amandas als Girlieband im Quartett machen dem Saal Beine. Ohne Polonaise kommen Ilse Piro & Co. nicht davon.

Karl Auer trifft Koko Lores im neuen Mainz-Set. Das Anarcho-Duo Christian Schier & Martin Heininger „startet“ internett „ab“ mit KI, bevor Manuel dann „alles manuell“ erledigt.

Tänzerischen Esprit versprühen das CCW-Duo Alexandra Weinerth & Olivia Back sowie Luzie-Mae Schwartz. Mit dem Das CCW-Hofballett Strinz Margarethä, phantasievoll kostümiert und choreografiert, wird eine Traumschiffreise erlebt. Rasantes Plankenbeben mit akrobatischer Exzellenz als atemraubender Augenschmaus. Die Schwerkraft ist außer Kraft, die Deckenhöhe wird ausgelotet: Grandiose Hebe- und Flugfiguren, „Windmühlenflügel“, mehrstöckige Pyramiden und über Kreuz geworfene „Flugkörper“.

Eine Klasse für sich ist das Tanzcorps Rot-Weiß Vettelschoß, Europameister im Gardetanz. Der Saal tobt im Stehen.

„Born to be wild!“ Den Vogel schießt die Bohème Musig Olten ab, begeistert als klanggewaltige Goldjubilarin mit Augenweide & Ohrenschmaus. Die CCW-Freund*innen aus der Schweiz mit handgenähten

Europameister im Gardetanz: Das Tanzcorps Rot-Weiß Vettelschoß setzt die Schwerkraft außer Gefecht und lotet die Deckenhöhe aus mit waghalsigen Hebefiguren und über Kreuz geworfenen „Flugkörpern“.

Pracht- Kostümen in blau-gold spielen mittags ein Rathaus-Openair. Zu später Stunde setzt die exzellente Guggemusikband mit Chefin Ramona Gloor alles unter Starkstrom. Großer Jubel.

Überraschung! Die Jungs können auch frisch und modern. Placido Flamingo in Pink, Pierrot-Makeup, Zylinder in schwarzgelb - alles Meenzer Hofxang. Die unkaputtbare Boygroup begeistert mit Klassikern und dem Motto: “Let me innovate you!” Finale: Guggemusik und Mainzer Hofsänger als XXL-Big Band auf der Bühne: “Highway to hell!”

GratulARTion! Fassenachts-Dienstag „präsidiert“ Schirmherr und Ehrensitzungspräside Klaus Groß im furiosen Dreigestirn mit Volker Kaiser & Heiner Lompe eine „Nostalgie-Sitzung“ bis in den Aschermittwoch rein als grandiose Zeitreise. Fassenachts-Legenden aus Meenz, Frankfurt, Ingelheim („Konfettis“).

Granden und Grande Dames reiten Zwerchfell-Attacken. Senior Günter Rüttiger (92), Helmut Fritz (88), Norbert Roth (88), Horst „Willi Windhund“ Radelli (77), Friedel Anschau, Opera et cetera-Bariton Alex Winn,  Old Daddies, alias CCW-Gartenzwerge Mathias Budau, Fritz Ruzikka & Michael Meurer. Chansonette Ulrike Neradt rät: „Nehmen Se `n Alten!“ Geburtstagskind-Schirmfrau Ella Groß & Petra Neumeister reaktivieren als „Alt & Jung“ ein historisches Duett: „Zusamme könne mer mehr erreiche!“

Vorschau:

Zum närrischen Open-Air mit Comedy-Stars lädt der CCW am 1. Mai ins Nerotal. Närrische Riesling-Gala & Wein-Party am 1. Januar 2025. Am 1. Februar 2025 steigt die Große Kostümsitzung.

Info: www.carneval.club Karten: karten@ccw-info.de

Text und Fotos: Gesine Werner

„Ein Viertel der legendären Quadriga“ nochmal in der Bütt: Für 50 Jahre CCW-Mitgliedschaft samt Tochter Julia Liebrich geehrt, amüsierte der scharfzüngige „Wasserfloh“ Helmut Fritz als beschickerter Weihnachtsmarkt-Standbetreiber.

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