WIESBADENER, Ausgabe I/2020

Page 1

Wiesbadener Ausgabe I / 2020

Preis: 6,50 €

Magazin für Kunst, KulTouren und Lebensfreude

Wiesbadener Erfolgsmodell:

MADE-Festival

Die „Kurze Nacht” wird 20

Theater, Tanz & Performance

Wundertüte filmischer Spielformen

Es geht um – Macht!

goEast 2020

KrimiMärz Wiesbaden: Mordstexte und einmal Suppe

Mit den Augen eines Polizisten Schiri Tobias Welz

13. LICHTER Filmfest

„Aufbrüche – Gesichter” Kunst in der Schwalbe 6

„Skurrile Fluchten”

Darmstädter Tage der Fotografie

Special we are W-Festival Frankfurt



Inhalt

......

FlicFlac: Der WIESBADENER verlost Karten

MENSCHEN

& MEINUNGEN

MIT AUGEN EINES POLIZISTEN

GAUMENLITZELEIEN FINISSAGE FÜR GENIEßER CIDERWORLD‘20 FAVORITE PARKHOTEL HÖERHOF IDSTEIN KULTUR

& KREATIVES

CIRCUS FLICFLAC KULTURFONDS HÖRFEST ECHT UND FALSCH AUFBRÜCHE - GESICHTER INSEKTENLEBEN DARMSTÄDTER TAGE DER FOTOGRAFIE GOEAST THEATERDONNER LIEBESGRÜßE AUS HAVNNA LICHTER FILMFEST MADE FESTIVAL SPECIAL WE ARE MUSEUM WIESBADEN BALL DES WEINES KRIMIMÄRZ WIESBADEN 20 JAHRE KURZE NACHT THEATER MAINZ MAGAZIN

KULTOUREN I KULTOUREN II

S. 4 S. 6 S. 7 S. 8 S. 10 S. 12 S. 13 S. 14 S. 15 S. 20 S. 22 S. 23 S. 24 S. 29 S. 32 S. 34 S. 36 S. 38 S. 40 S. 41 S. 42 S. 44 S. 46 S. 16 S. 47

ZUSAMMEN LEBEN

SEG SCHAFFT HEIMAT CCW

S. 26 S. 28

20 Jahre „Kurze Nacht der Museen und Galerien” – Wiesbaden freut sich auf ein besonderes kulturelles Jubiläum. Von Anfang an war die Veranstaltung ein Erfolgsmodell. Schon beim ersten Mal gab es über 20 Teilnehmer, die sich bis heute im Schnitt über 8000 bis 10.000 Besucher freuen. Nun geht es in die nächste Runde, am 18. April 2020 (S. 44). Spannend geht es auch wieder beim diesjährigen „Wiesbadener Krimimärz” zu. Parallel zum alljährlichen Fernsehkrimifestival bietet das Literaturhaus Villa Clementine einen Monat lang hochkarätig besetzte Veranstaltungen (S. 42). Vom 5. bis 11. Mai 2020 lädt goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films Filmfans und Fachpublikum aus aller Welt zu einem vielfältigen Programm aus Screenings, Workshops, Ausstellungen, Podiumsdiskussionen und Partys in die hessische Landeshauptstadt ein: große Filmkunst mit hochkarätigen Gästen (S. 24). Wussten Sie schon, das Wiesbaden bereits seit zehn Jahren in der 1.Bundesliga vertreten ist? Tobias Welz, Polizeibeamter aus der hessischen Landeshauptstadt, pfeift in Deutschlands Eliteklasse. Mit dem WIESBADENER hat der 42-jährige über den vermutlich anstrengendsten Nebenjob der Fußballwelt geredet (S. 4). Um die 200 perfekt restaurierte Fachwerkhäuser stehen in Idstein. Ganz oben in der Obergasse erhebt sich mit Blick über die Dächer und Gassen der Höerhof, heute einer der schönsten Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit. 2020 feiert das gastliche Haus seinen 400sten Geburtstag (S. 10). Noch mehr gefällig? Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen.

IMPRESSUM: Herausgeberin, Gesamtkoordination & Gestaltung: media futura • Inh. Petra Esser • Balduinstraße 28 • 56856 Zell/Mosel • Tel. 06542.954.00.80 • Fax: 06542.954.00.79 • www.media–futura.de • mail@media–futura.de • Gestaltung: Petra Esser • Redaktion: Petra Esser, Tobias Mahlow, Gesine Werner, Konstantin Mahlow • Anzeigenleitung: Tobias Mahlow • Titelbild: „guter Geist“, Gouache auf Leinwand, 75x50cm, © Petra von Breitenbach, Wiesbaden • Vignetten: Bernd Schneider • Druck: Printgroup GmbH & Co. KG, 97526 Sennefeld • Redaktionsschluss für die Ausgabe II/2020: 20.05.2020 • Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages • alle Fotos und Logos wurden uns – wenn nicht anders dokumentiert – von den porträtierten Personen/Institutionen zur Verfügung gestellt. WIESBADENER

I/2020

3


MENSCHEN

&

MEINUNGEN

Schiedsrichter und Polizist Tobias Welz (Foto: DFB/Thomas Böcker)

Mit den Augen eines Polizisten Ein Gespräch mit Schiedsrichter Tobias Welz über seine Karriere, Wiesbaden, den Videobeweis und die wahren Helden auf dem Platz

W

ussten Sie schon, das Wiesbaden bereits seit zehn Jahren in der 1. Bundesliga vertreten ist? Kein Scherz! Tobias Welz, Polizeibeamter aus der hessischen Landeshauptstadt, ist Schiedsrichter für den FC 1934 Bierstadt und pfeift in Deutschlands Eliteklasse. Mit dem WIESBADENER hat der 42-jährige über den vermutlich anstrengendsten Nebenjob der Fußballwelt geredet. WIESBADENER: Ihr Heimatclub ist die mittlerweile aufgelöste SpVgg Nassau Wiesbaden. Wie kam es dazu, dass Sie dort als Schiedsrichter angefangen haben? Waren Sie auch Spieler? 4

Welz: Ja, leider gibt es den Verein, bei dem ich seit meiner Geburt Mitglied war, nicht mehr. Mein Vater hatte mich damals direkt bei seinem Heimatverein als Mitglied angemeldet. So kam ich automatisch zur SpVgg. Nassau Wiesbaden und habe mich dort immer bestens aufgehoben und betreut gefühlt. Als Spieler war ich beim SC Klarenthal und später beim SV Biebrich 02 aktiv. WIESBADENER: 2004 debütierten Sie in der 2.Bundesliga, seit der Saison 2010/11 sind Sie Bundesliga-Schiedsrichter. Wie kommt man von der A-Liga bis ganz nach oben? Welz: Ich habe als 12-jähriger meinen Vater als „Gast" zum Schiedsrichter Neulingslehrgang begleitet, er war damals zusammen mit Jürgen Schnabel, der leider viel zu früh verstorben ist, für das Lehrwe-

sen der Schiedsrichter in Wiesbaden zuständig. Am Ende des Lehrgangs stand die Abschlussprüfung an und Jürgen meinte damals, füll den Prüfungsbogen doch einfach mal mit aus. Die Prüfung hatte ich bestanden und war plötzlich Schiedsrichter. Dann habe ich ein paar Jahre Jugendspiele geleitet und mit 16 ging es dann schon in die Bezirksliga. Danach stieg ich jedes Jahr bis in die damalige Regionalliga und in den DFB auf. Ich hatte Gefallen daran gefunden und bin dann auch mit Ehrgeiz und zielstrebig dabeigeblieben. Was ich noch sagen möchte und mir sehr wichtig ist, dass ich die Kolleginnen und Kollegen unter uns Schiedsrichtern, die jedes Wochenende im Jugend- und Amateurbereich Spiele leiten, bewundere und sie alle deutlich mehr Anerkennung von allen am Fußball Beteiligten verdient hätten. WIESBADENER

I/2020


MENSCHEN

Sie sind die wahren Helden unter uns Schiedsrichtern und ohne Ihren stetigen und engagierten Einsatz für den Fußball, wäre der Fußball generell und der Profibereich in Deutschland, so gar nicht erst möglich. Das sollten sich alle mal vor Augen führen, die diesen Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern jedes Wochenende nicht den Respekt und die Wertschätzung entgegenbringen, die sie eigentlich mehr als verdient hätten.

kommen war, einem jüngeren Kollegen, in dem Fall Harm Osmers, den ich sehr schätze, die Möglichkeit zu geben, als Schiedsrichter international zu pfeifen. Weiterhin wollte ich unter der Woche wieder deutlich öfter zu Hause bei meiner Familie sein und auch bei der Polizei wieder Vollzeit arbeiten, was nicht möglich wäre, wenn ich weiter als FIFA-Schiedsrichter ständig unter der Woche unterwegs gewesen wäre.

WIESBADENER: Welches war das aufregendste Spiel in ihrer bisherigen Karriere? Welz: Ich hatte im Laufe der letzten 20 Jahre auf der DFB-Liste und dann auch international viele schöne und aufregende Spiele. Da kann ich gar kein Spiel so herausstellen. Mir war und ist es immer wichtig, dass das Team mit dem man unterwegs war harmoniert und dann war nicht nur das Spiel an sich ein Highlight, sondern die ganze Zeit, die man mit dem Team zusammen erlebt hat. So bleiben sehr viele schöne Erinnerungen, die man im Laufe der Zeit gemeinsam erleben durfte.

WIESBADENER

I/2020

und der Polizeiakademie Hessen und dem Zentralen Polizeipsychologischen Dienst, der Abteilung, wo ich arbeite, ein wunderbares Arbeitsumfeld, dass ich sehr zu schätzen weiß und die mich immer sehr gut unterstützt haben. Natürlich war es nicht immer einfach, wenn ich auch mal sehr kurzfristig zu nationalen oder internationalen Spielen weg musste. Aber ich habe und hatte immer tolle Behördenleiter, einen super Abteilungsleiter und eine super Chefin und vor allem ganz tolle Kolleginnen und Kollegen, die mich immer alle total unterstützt haben. So haben wir immer gemeinsamen einen Weg gefunden, dass ich meine Arbeit und den Fußball unter einen Hut bekommen habe. Das ist aus meiner Sicht nie eine Selbstverständlichkeit gewesen und dafür bin ich allen, die mich die Jahre über so gut unterstützt haben, sehr dankbar.

Welz: Ich bin in Wiesbaden geboren und bin in jeglicher Hinsicht mit unserer wunderschönen Landeshauptstadt verbunden. Ich habe, auch durch den Fußball, schon sehr viel schöne Städte kennenlernen dürfen, war aber immer wieder froh, wenn ich nach Wiesbaden zurückkam. Denn Wiesbaden ist für mich die schönste Stadt der Welt, hier lebt meine Familie, hier arbeite ich sehr gerne und ich möchte nirgendwo anders zu Hause sein.

Welz: Der VAR ist mittlerweile ein fester Bestandteil des Profifußballs geworden und hat sich aus meiner Sicht auch bei uns etabliert. Jochen Drees macht als Verantwortlicher für das VAR-Projekt bei uns in Deutschland einen super Job und ich bin davon überzeugt, dass sich die Aufregung, die oftmals nur von den Medien zu dem Thema erzeugt wird, über kurz oder lang legen wird.

Welz: Ich war seit fast 10 Jahren sehr viel in ganz Europa und teilweise noch weiter in der Welt mit dem Fußball unterwegs und hatte das Gefühl, dass nun die Zeit ge-

MEINUNGEN

WIESBADENER: Wie sehr sind Sie der Stadt Wiesbaden verbunden?

WIESBADNER: Auf die Gefahr hin, dass Ihnen diese Frage zum Hals raushängen könnte: Wie stehen Sie zum Videoassistenten?

WIESBADENER: Sie waren bis Ende letzten Jahres auch FIFASchiedsrichter. Wieso haben Sie damit aufgehört?

&

Herr Welz, vielen Dank für das Gespräch! Konstantin Mahlow

WIESBADENER: Ist es schwierig, den Job als Schiedsrichter mit ihrem Beruf als Polizeibeamter zu vereinbaren? Gibt es da keine Zeitprobleme? Welz: Ich habe mit der Polizei Hessen einen ganz tollen Arbeitsgeber 5


GAUMENKITZELEIEN

Die Finissage für Genießer

D

as „Rheingau Gourmet & Wein Festival” setzt seit vielen Jahren den Maßstab für Genuss in höchster Qualität. Die besten Köche, national wie international, präsentieren vollendete Kochkunst, die berühmten Winzer zeigen ihre großen Weine, dies alles in perfekter Abstimmung in einer wunderschönen Atmosphäre. Jährlich lassen sich mehr als 6000 Genießer bei dieser „Vollversammlung der Sterne” verwöhnen. Das Festival 2020 findet vom 20. Februar bis 8. März 2020 statt, sein Programm umfasst mehr als 50 Veranstaltungen. Geboten werden von Vormittag bis in die Nacht hochkarätige Tastings, Lunches, Workshops, Master Classes, Cooking-Demonstrations bis hin zu Gala- und Raritätendinners. Die Akteure sind Sterneköche aus aller Welt sowie Winemaker führender Weingüter. Am Sonntag, den 8. März dürfen sich die Gäste gleich auf zwei hochkarätige Veranstaltungen freuen. Zwei-Sternekoch Thomas Martin und Hendrik Thoma von „Wein am Limit” 6

laden ab 12 Uhr zum Lunch ins Kronenschlösschen, Eltville-Hattenheim, ein. Zwei Mal haben die beiden, die 13 Jahre lang erfolgreich an der Hamburger Elbchaussee im Hotel Louis C. Jacob zusammengearbeitet haben, bereits die Gäste im Kronenschlösschen begeistert. ZweiSterne-Koch Thomas Martin kocht vier Klassiker aus dieser Zeit, und sein damaliger Sommelier Hendrik Thoma, einer von 250 Master-Sommeliers auf der Welt und Gastgeber von „Wein am Limit”, stellt dazu aus seiner einzigartigen Importkollektion vor: Nach dem Aperitif mit Le Saint Louis Blanc, Gaec Haut Planty Vin Mousseux, Loire folgen 2017 Auener Weißburgunder + 2015 Auener Riesling unfiltriert vom Weingut Marcus Hees, Nahe / zum Zwischengang 2013 „60” Rheingauer Landwein Riesling trocken VDP.GUTSWEIN Weingut Balthasar Ress und 2015 Rüdesheim Berg Rottland Riesling GG VDP.GROSSE LAGE Weingut Johannishof / zum Hauptgang 2015 A Quo + 2015 Eneo, Montepeloso, Suvereto, Toskana / Zum Dessert

2015 NUSSBRUNNEN Riesling Auslese, Weingut Balthasar Ress und 2011 Rüdesheim Berg Rottland Riesling Auslese VDP.GROSSE LAGE, Weingut Johannishof. Mit der legendären Haus- und Küchenparty ab 19 Uhr swingt das Festival 2020 aus. Gefeiert wird in allen Räumen des Kronenschlösschens. Es kochen die Sterne- und Spitzenköche: Zwei-Sternekoch Thomas Martin(Hotel Louis C. Jacob, Hamburg) / Jockl Kaiser (Meyers Keller, Nördlingen) / Stefan Meier (ZweiSinn, Nürnberg) / André Großfeld (Villa Merton, Frankfurt) / Hubert Obendorfer (Landhotel Birkenhof, Neundorf vorm Wald) / Felix Weber (Restaurant Hofstube, Schmallenberg) / Yannick Stockhausen (Cordo, Berlin) / Jochim Busch (GUSTAV, Frankfurt) und Simon Stirnal (Kronenschlösschen) Dazu kredenzen 28 Winzer und Weingüter aus dem Rheingau, Rheinhessen, Pfalz, von der Mosel, aus Baden und Italien. Infos auf: www.rheingau-gourmet-festival.de WIESBADENER

I/2020


GAUMENKITZELEIEN

C

ider und Apfelwein sind eines der am stärksten wachsenden Getränkesegmente weltweit. Die große Innovationskraft der Branche können die Besucher auf der CiderWorld’20 Frankfurter Apfelweinmesse erleben. Die CiderWorld’20 Frankfurter Apfelweinmesse findet vom 18. – 19. April 2020 im Gesellschaftshaus Palmengarten statt. Rund 90 Aussteller aus vielen Ländern präsentieren etwa 500 Produkte im historischen Ambiente des Gesellschaftshauses. Die Vielfalt reicht von traditionellen Apfelweinen, über Sidras, Sagardoas, Cidres, modernen Craft Ciders sowie exquisiten Dessertweinen bis zu feinsten Schaumweinen. Am Samstag, 18. April 2020 haben Vertreter aus Handel, Gastronomie und Fachpresse die Gelegenheit, sich nach der Verleihung der CiderWorld’20 Awards ein umfassendes Bild über die Qualität des neuen Jahrgangs zu machen. Für das Publikum öffnet die Messe am 19. April ab 13 Uhr ihre Pforten.

Baskenland ist Ehrengast der CiderWorld’20 Das Baskenland gilt als eine der ältesten Apfelweinregionen Europas. Die dort produzierten traditionellen Sidras, auf Baskisch Sagardoa, werden von zahlreichen Produzenten auf der CiderWorld’20 Frankfurter Apfel-

weinmesse präsentiert. Darüber hinaus werden auch feine Schaumweine und Dessertweine vorgestellt. Das Herz der Sagardo-Produktion befindet sich rund um Astigarraga in unmittelbarer Nachbarschaft zu Donostia – San Sebastian. Diese Region stellt sich mit ihren touristischen Angeboten am großen Stand des Ehrengastes vor.

CiderWeek’20 Frankfurt Die CiderWeek’20 Frankfurt bringt das kulinarische Erbe des Baskenlands nach Frankfurt. Mit dem sogenannten Txotx-Meü, die traditionelle baskische Sidraverkostung, und einem feinen Pintxos-Menü, von einem baskischen Starkoch bereitet, stellt sich der diesjährige Ehrengast in der Stadt vor. Seit nunmehr vier Jahren gibt es die CiderWeek Frankfurt, die mit dem Ziel gegründet wurde, die Idee der Messe und deren Produkte in die Stadt zu tragen. An verschiedenen Ort der Stadt werden im Vorfeld der CiderWorld’20 vom 9. – 17. April 2020 Tasting, Menü und Events rund um Apfelwein, Cider, Cidre, Sidra, Sagardo & Co. veranstaltet. Vom traditionellen Apfelweinlokal über Szenerestaurants bis zum Boutiquehotel werden Tradition und Innovation der Weine aus Äpfeln auf unterschiedliche Weise präsentiert. Programm und Tickets unter www.cider-world.com

CiderWorld’20 – Die Frankfurter Apfelweinmesse WIESBADENER

I/2020

7


GAUMENKITZELEIEN

Der neue Küchenchef: Tobias Schmitt, Foto: © Thorsten Zimmermann

Auf ein Neues....

Im Favorite Parkhotel in Mainz werden die Karten für Genießer neu gemischt

E

s bleibt spannend in der Favorite. Darauf können Genießer sich verlassen. In 2020 werden die Karten im Gourmet Restaurant neu gemischt. Veränderungen stehen an. Denn so Favorite-Chef Christian Barth „Nichts ist so beständig wie der Wandel”. Mit Tobias Schmitt (32) übernimmt ein neuer, vielversprechender Küchenchef die Führung im Gourmet Restaurant des beliebten Mainzer Treffpunkts für Genießer. Der Wiesbadener, bisher Souschef unter 2-Sterne-Koch Andreas Krolik im angesagten Frankfurter Sternerestaurant „Lafleur” im Gesellschaftshaus des Palmengartens, freut sich auf die neue Herausforderung. Als Sohn von Harald Schmitt, der Wiesbadener Hotellegende und Ex-Chef der „Ente” will Schmitt Junior die Mainzer gerne 8

mit seinen kulinarischen Kreationen glücklich machen und auch die Wiesbadener über den Rhein locken. Nach Fastnacht startet er in der Favorite durch. Seine Ausbildung zum Koch hat Tobias Schmitt in „Brenners Park Hotel & Spa” in Baden-Baden absolviert. Nach erfolgreich abgeschlossener Lehre nahm er Kurs in Richtung Norden und arbeitete in Hamburg an der Seite von Cornelia Poletto und anschließend als Demi Chef in „Jacobs Gourmetrestaurant” im „Hotel Louis C. Jacob”. Dann ging es in die weite Welt hinaus. Ein Jahr lang stand Schmitt in Australien am Herd - zuletzt im „Orpheuse Island Resort” am Great Barrier Reef. Es folgte ein Jahr in Amsterdam im „Intercontinental Hotel Amsterdam”, im Sterne Restaurant „La Rive” bei Küchenchef WIESBADENER

I/2020


GAUMENKITZELEIEN

Blick ins Favorite Restaurant, Foto: © Thorsten Zimmermann

Roger Rassin. Zwei Michelin Sterne leuchteten über der „Villa Merton”, als Tobias Schmitt bei Matthias Schmidt in Frankfurt am Main auf dem Posten des Gardemanger und Poissonier anheuerte. Er blieb Frankfurt treu als er im Januar 2015 als Souschef und Chef Patissier ins „Lafleur” wechselte. Dort erreichte ihn der Ruf aus Mainz in die Favorite. Daniele Tortomasi, sein Vorgänger am Herd in Mainz, zieht nach einem wilden Jahr weiter. Zum Jahresbeginn verließ er die Favorite mit unbekanntem Ziel. Mit Tobias Schmitt holt sich die Familie Barth jetzt einen erfahrenen Küchenchef ins „Favorite Restaurant”, der bereits seit 15 Jahren am Herd steht und vor fünf Jahren mit Chef Andreas Krolik ins „Lafleur” nach Frankfurt „gezogen” ist. Gemeinsam mit Tobias Schmitt will man an den Erfolg der beiden so beliebten Küchenchefs Tim Meierhans und Philipp Stein anknüpfen und dabei das gute Miteinander von Küche, Service und Gästen pflegen. Anja und Christian Barth, denen die Förderung engagierter Menschen sehr am Herzen liegt, freuen sich ein neues Kapitel in der Erfolgsgeschichte ihres Gourmet Restaurants. WIESBADENER

I/2020

Zum Küchenchefwechsel sagt Christian Barth: „Daniele Tortomasi hat uns ein Jahr lang als Küchenchef begleitet und immer wieder für Überraschungen gesorgt und uns begeistert mit seinem unermüdlichen Streben nach absoluter Perfektion. Er ist noch sehr jung und absolut ambitioniert, denn er will ganz nach oben. Deshalb muss er noch so viel Erfahrung sammeln wie möglich - an möglichst vielen unterschiedlichen Orten. Das ist

wichtig für seinen weiteren Weg, und dabei möchten wir ihm keine Steine in den Weg legen. Wir möchten ihn vielmehr dazu ermuntern, sich mit offenen Augen auf den Weg zu machen. Er hat viel Potential, auf das er stolz sein darf. Wir wünschen ihm alles Gute und freuen uns, wenn wir in kollegialer Verbindung bleiben”. Weitere Infos unter: www.favorite-mainz.de

Die Inhaber des Favorite Parkhotel: Anja und Christian Barth

9


GAUMENKITZELEIEN

Der Höerhof, Foto: © Fotostudio Leidner

Das besondere Hotel: 400 Jahre Höerhof in Idstein Ein Unikat für Genussmenschen Um die 200 perfekt restaurierte Fachwerkhäuser stehen in Idstein. Der Ortskern der einstigen nassauischen Residenz, die heute zum Rheingau Taunus Kreis gehört, 10

wurde nie zerstört. Die historische Bausubstanz blieb komplett erhalten. Ganz oben in der Obergasse erhebt sich mit Blick über die Dächer und Gassen der Höerhof. Erbaut im Stil der Renaissance als Vierkanthof mit prächtig geschmücktem Erker gehört der

Höerhof heute zu den schönsten Zeugnissen einer längst vergangenen Zeit. In 2020 feiert das gastliche Haus, das auf eine bewegte Geschichte zurückblickt, seinen 400sten Geburtstag.

WIESBADENER

I/2020


GAUMENKITZELEIEN

Der Höerhof damals und heute Insgesamt drei bedeutende Persönlichkeiten haben den Höerhof geprägt: Heinrich Höer, dem das Haus seinen Namen verdankt, der Maler Ernst Töpfer und das Architektenpaar Schlüter. Das Grundstück, auf dem der Höerhof heute steht, erhielt Baumeister Höer als Bezahlung für den Bau des grandiosen Idsteiner Schlosses. Er setzte sein Privathaus darauf und fertig war der Höerhof. Doch schon damals staunte man nicht schlecht über das, was hier entstand. Es war gerade so, als habe sich Höer beim Bau seines Hauses vieles vom Idsteiner Schloss abgeschaut. Die Idsteiner nennen deshalb den Höerhof heute noch liebevoll „das Schlösschen”.

in die Hand nahm und aus dem HÖERHOF ein stimmiges kleines Gesamtkunstwerk werden ließ. Ein Refugium für besondere Menschen und besondere Stunden. Die Liebe zum Detail, der Reiz, der aus dem Gegensätzlichen erwächst und das stete Streben nach Qualität machen den besonderen Reiz des gastronomischen Erfolgsmodels HÖERHOF aus. Als Leitmotive bestimmen diese drei Säulen das Denken und Tun im gesamten Haus.

Rausfahren und ankommen im Höerhof Sabine Kogge ist angekommen. Der HÖERHOF ist für eine wachsende Gästezahl zum Objekt der Begierde geworden. Ob von unten aus dem Ort oder aus den nahegelegenen Städten Frankfurt, Wiesbaden oder Limburg - ob Familienfeier, Sonntagsausflug, kleine Auszeit oder Tagung im Grünen – man kommt gerne in das Haus mit Vergangenheit. Vier Hotelsterne sorgen offiziell für Glanz. Neben dem Restaurant mit Kachelofen und gemütlichen Nischen locken im Sommer der lauschige Lindenhof und im Winter der urige Steingewölbekeller.

Nach Höer bezog die Familie des Malers Ernst Töpfer das Haus und lebte dort über 100 Jahre lang. Schließlich erwarb die Familie Schlüter das in die Jahre gekommene Ensemble. Damit hielt wieder ein Architekt Einzug und trug Sorge dafür, dass der Höerhof nach und nach wieder in seinem alten Glanz erstrahlte. Mittlerweile ist die Tochter des Hauses am Start. Heute führt Sabine Kogge zusammen mit einem engagierten Team den Höerhof als Hotel und als Gasthaus. Mit einem regionalen Gastronomie-Konzept, einem kleinen, feinen Tagungsangebot und vielen Veranstaltungen erwachte der Höerhof zu neuem Leben. Im Jubiläumsjahr setzt Gastgeberin Kogge noch einen drauf und „schenkt” den Gästen eine JazzReihe mit spannenden Musikern. Damit sorgt sie für ein weiteres Highlight im Veranstaltungskalender der kleinen Stadt, in der Jazz ganz groß geschrieben wird.

Was den Höerhof auszeichnet Sabine Kogge weiß, was trägt. Beim HÖERHOF, den ihre Eltern aus Liebhaberei erworben haben, stieß die Hotelfachfrau mit Bachelor Abschluss auf ein baulich solides Fundament. Doch vieles lag im Argen, als sie in 2005 das Heft WIESBADENER

I/2020

xander German. Die beiden sind ein echtes Dream Team und stecken sich ständig mit neuen Ideen an. Aus ihrer Küchenwerkstatt kommen handwerklich perfekte Meisterstücke mit Genuss Garantie. Mit dem Mix aus regionalen und High End Produkten folgt ihre Küche einfachen aber hohen Ansprüchen. Gekocht wird mit Leidenschaft und allem, was die Jahreszeiten hergeben. Nichts kommt schwer und getragen daher. Lebensfroh und leicht – so soll es sein. Dann passt es auch den Gästen bestens.

Hier wissen alle: Es sind die kleinen Dinge im Leben, die in der Summe den großen Unterschied machen. Das sollen die Gäste auf Schritt und Tritt spüren. Ob handgeschriebener Gruß vom Service Team, Blütenblätter auf dem Tischtuch oder feinste Pralinen zum Ausklang eines schönes Tages - im HÖERHOF legt man Wert auf diese ganz persönlichen Gesten.

So schmeckt’s im Höerhof Wer im HÖERHOF auf die Suche geht, findet häufig Gegensätzliches. Alt und Neu gehen hier gekonnt eine Symbiose ein. Überall ist die zielsichere Handschrift der Hausherrin wohltuend wahrzunehmen. Auf den Tellern wird sie fortgeführt von Küchenchef Sebastian Straub und seinem Souschef Ale-

Vierzehn Zimmer und Suiten, ausgestattet mit allem, was der moderne Mensch so braucht, laden zur guten Nacht ein. Ideen, wie die Zukunft des Hauses gestaltet werden soll, gibt es viele. Doch gut Ding’ braucht Weile, und so dürfen sich die Gäste in der Zwischenzeit auf immer wieder neue große und kleine rundum genüssliche Begegnungen freuen – im HÖERHOF, einem echten Unikat. Weitere Informationen: Hotel und Restaurant HÖERHOF Obergasse 26 65510 Idstein Tel. 06126 500 26 E-Mail: info@hoerhof.de Website: www.hoerhof.de

11


KULTUR

&

KREATIVES

Tierdressuren verzichten. FlicFlac blieb sich über all die Jahre treu: Es geht draufgängerisch, riskant und unkonventionell zu. Und immer wieder spektakulär waghalsig. Die Jubiläumsshow „Punxxx –30 Jahre nicht irgendein Circus” verspricht einmal mehr eine Performance im außergewöhnlichen Flic Flac-Stil.

Der Vorverkauf läuft. Alle Infos und Tickets unter www.flicflac.de.

R

ebellisch, unangepasst und gegen den Strich gebürstet –Flic Flac bleibt sich treu. Zum 30. Geburtstag präsentiert das renommierte Eventunternehmen eine komplett neue Show namens „Punxxx”.

FlicFlac für ein Show-und Bühnenkonzept der Extreme. Vor allem gewagte Motocross-Stunts, Spitzenakrobatik und schräge Comedy sind feste Bestandteile der adrenalingeladenen Programme, die aus konzeptionellen Gründen auf

Spielzeiten Wiesbaden Festplatz Gibber Kerb: 26. März 2020 20 Uhr 27. + 28. März 2020 16 + 19:00 Uhr, 29. März 2020 15 + 19 Uhr 31. März 2020 20 Uhr 01. + 02. April 2020 20 Uhr 03. + 04. April 2020 16 + 20:00 Uhr 05. April 2020 15 + 19 Uhr (30. März 2020 spielfrei).

Packend-prickelnd-Punkxxx Circus FlicFlac kommt nach Wiesbaden Ein Actionprogramm, das den besonderen Flic Flac- Stil fortsetzt. Seit der ersten Show„Nicht irgendein Circus” in 1989 bringen die Flic Flac Macher Streetstyle ins schwarz-gelbe Zelt: punkig, rockig und auch nach 30 Jahren garantiert anders. Vom 26. März bis 5. April 2020 gastiert Flic Flac mit „Punxxx” in Wiesbaden auf dem Festplatz Gibber Kerb. Die Brüder Benno und Lothar Kastein sowie deren Ehefrauen Scarlett Kaiser-Kastein und Gabi Kastein gründeten 1989 Circus Flic Flac. Sie machten FlicFlac zu dem, was er heute ist: eines der größten Zirkusunternehmen Europas, das mit seinen spektakulären Shows regelmäßig Maßstäbe setzt. Für FlicFlac kreierten sie einen modernen, völlig eigenen Stil, der vor allem auf außergewöhnliche artistische Nummern setzt. Mit seiner schwarz-gelben Warnfarbe, schrillrockiger Musik und jeder Menge Licht-, Laser-und Pyrotechnik steht 12

WIESBADENER

I/2020


KULTUR

D

&

KREATIVES

er Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main ist bundesweit ein exzellentes Unikat und sollte Schule machen. „Kultur für Alle” ist die Devise. Der Dauerbrenner mit Breitenwirkung fördert quer über alle Sparten und die Freie Szene kommt auch nicht zu kurz. Der Kulturfonds erkennt die Zeichen der Zeit und hat mit Karin Wolff seit Oktober 2019 erstmals eine weibliche Leitung. „Es ist viel los in dieser Region Frankfurt Rhein-Main.” Nach sechs sehr erfolgreichen Jahren gab Dr. Helmut Müller bei der Eröffnung des TanzFestivals RM „Moving beyond” als zentrales Projekt der Tanzplattform RheinMain im Staatstheater Darmstadt den Staffelstab weiter. Die Gesellschafterversammlung des Kulturfonds hatte die frühere hessische Kultusministerin Karin Wolff zur Geschäftsführerin bestimmt. Karin Wolff gab kurz nach Amtsantritt „mit besonderer Freude” bekannt, der Fonds habe in der zweiten großen Förderrunde die Förderung von elf Kulturprojekten mit einer Gesamtsumme von 1,43 Millionen Euro beschlossen.

Die frühere Kultusministerin Karin Wolff ist neue Geschäftsführerin des Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main, der u.a. die Ludwig Knaus-Ausstellung “homecoming” ermöglicht hat.

Ganz schön viel los in der Region!

Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main erstmals unter weiblicher Leitung: Karin Wolff ist neue Geschäftsführerin/ Ayse Asar leitet den Kulturausschuss Die exzellente Ausstellung „homecoming” im Landesmuseum Wiesbaden, die den großen Genremaler Ludwig Knaus erstmals wieder in seine Heimatstadt bringt (bis August zu sehen) wurde mit 170.000 Euro ermöglicht. Die Kooperation „Metamorphosen - Mensch und Tier” von Ledermuseum Offenbach, Opelvillen Rüsselsheim und Nassauischem Kunstverein Wiesbaden wird mit 100.000 Euro gefördert. Der European Youth Circus 2020 wird mit 100.000 Euro Förderung ermöglicht. Zusätzlich gibt es für Projekte aus dem „kleinen” Verfahren Unterstützung in Höhe von 255.000 Euro. Über „die breite regionale Streuung und spannende regionale Kooperationen” freut sich WIESBADENER

I/2020

Geschäftsführerin Wolff besonders. Eine weitere Freude bescherte die Stadt Vilbel, die nach dreijähriger Kooperationsphase Gesellschafterin des Kulturfonds wurde. Auch der Kulturausschuss geht mit neu gewähltem Leitungsgremium voran. Neue Vorsitzende ist Ayse Asar, Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst. Stellvertretende Vorsitzende im Kulturausschuss sind die Frankfurter Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig, Darmstadts Oberbürgermeister Jochen Partsch, Wolfgang Kollmeier (Erster Kreisbeigeordneter des Main-Taunus-Kreises) und Landrat Ulrich Krebs.

Dem Kuratoriums-Vorsitzenden Prof. Dr. h.c. Klaus-Dieter Lehmann stehen neben dem bisherigen Geschäftsführer Dr. Helmut Müller auch Literaturwissenschaftler Thomas Sparr (Geschäftsführer Suhrkamp Verlag) und Architektin Rena Wandel-Höfer (Mitglied des Gestaltungsbeirates Wiesbaden) zur Seite. Karin Wolff freut sich außerordentlich, dass Dr. Helmut Müller im Kuratorium dem Kulturfonds eng verbunden bleibt und seine Kompetenz so auch weiterhin in die Entscheidungen des Kulturfonds mit einbringen kann.“ www.kulturfonds-frm.de Text und Foto: Gesine Werner

Der Kulturausschuss bestimmte das neue Kuratorium. 13


KULTUR

&

KREATIVES

kennen die Profis keine Gnade – das Publikum lacht sich scheckig und kriegt sich kaum noch ein. Sebastian Wagner ist der souveräne Mann am Klavier und sorgt für knackigen Sound.

„Du Karotte – Du Kartoffel!” Mit Gemüse lässt sich´s gut streiten. Wie das geht, führten die Jugendlichen der Fluxusschule unter Leitung von Kulturpreisträgerin Priska Janssens und Lehrkraft Christian Bappert vor.

W

enn das Hörfest von hr2 einlädt, wird was Besonderes geboten. „Klänge, Sounds, Geschichten“ ist die Präsentation von Schulprojekten, in denen Musiker wie Ako Karim oder Cornelius Hummel in Wiesbadener Schulen mit Geräuschen und Klängen experimentiert haben.

und Kurt Schwitters und „Everblack“ Georg Kreisler. Hollaender kommt uns russisch mit seinem kultigen Filet Stroganoff. Dada war auch da. Und geJandlt wurde virtuos – nicht nur mit Ottos kotzendem Mops. „Auch Homer trug Mohair“. Die Augen hören mit, wenn Klaus

Klänge, Sounds, Geschichten und das WIR hr2-Hörfest begeistert mit „grausig gutzendem Golz“ & einem Gemüsestreit Die preisgekrönte Theaterpädagogin Priska Janssens hat mit der Fluxusschule und Lehrer Christian Bappert „WIR“ erarbeitet. Das fängt an mit „ICH!“ und“DU!“, bevor es zum „WIR!“ kommen kann. Der Zeige-Finger kommt zum Einsatz und Alexanders Sprachcomputer erweist sich als hilfreich. Mal heißt es: „Ich mag Dich“, dann wieder „Du bist doof“. Zwiebel und Apfel im Duell. Banane, Tomate, Gurkensalat! Mit „Gemüse“ lässt es sich gut streiten. Wie das geht, führten die Jugendlichen der Fluxusschule mit Feuereifer vor. Ehrensache – das WIR gewinnt zum guten Schluss. Info: www.hotspot-theater.de

Krückemeyer, Chris Pichler und Matthias Redlhammer (ein Nachkomme des legendären Wiesbadener OB) in perfekter Diktion geradezu szenisch die Reime schütteln. Zungenbrecher und Sprach-Akrobatik ohne Netz. Ganz „ohne 2fel“

Als besonderes Schmankerl steht ein Trautonium an der Rampe. Der Blickfang darf in der Pause sogar begutachtet werden. Peter Pichler beherrscht weltweit als Einziger dieses speziell angefertigte elektronische Instrument (vor rund 90 Jahren erfunden) und entführte mit vibrierend schwebenden und wummernd flirrenden Klängen nach „Trautonien“. Es ist „1fach“ zauberhaft (um Harry Rowohlts Übersetzung von Shel Silversteins Zahlen-Buchstabensalat zu zitieren.) Das Kopfkino wird mit musikalischen Bildlandschaften angekurbelt, die Klänge des SynthesizerVorgängers und „Rauschgenerators“ werden ohne Tasten erzeugt faszinieren Blockbuster-Bands wie Pink Floyd und Kraftwerk. Zuweilen erinnern sie an eine Glasharfe. Wer den flatternden Sound von Hitchcocks Thriller „Vögeln“ kennt, hat Trautonium-Sound im Ohr. Charisma hat auch die Pichler-Komposition zum Gesang des Kookaburra-Vogels mit dem Spitznamen „lachender Hans“ – die Klänge schmeicheln sich in die Gehörgänge. Text und Foto: Gesine Werner

Von wegen „Hör”-Fest: Auch die Augen hören mit, wenn Klaus Krückemeyer, Chris Pichler und Matthias Redlhammer den „Golz” gar „grausig gutzen” lassen. und sorgen mit brillanter ööantefür

„Und grausig gutzte der Golz“ von Christian Morgenstern am Abend mit dem hr2-RadioLiveTheater im Kleinen Haus.hr2-Progammchefin Angelika Bierbaum moderiert und klinkt sich ein. Loriots TV-Ansage mit dem „Ssslips“ kommt zu Wort, 14

WIESBADENER

I/2020


KULTUR

&

KREATIVES

Christel Lechner: Fotogruppe

V

om 9. Mai bis 4. Oktober 2020 wird zum fünften Mal die Skulpturen-Triennale in Bingen am Rhein stattfinden. Nach den Themen der vergangenen Jahre NAH UND FERN oder MENSCH UND MASCHINE wird die Ausstellung unter dem Titel ECHT UND FALSCH erneut rund 20 künstlerische Positionen entlang des Rheinufers und an ausgewählten Orten in der Binger Innenstadt präsentieren. Die Triennale versammelt damit erneut junge Kunstschaffende wie auch große Namen der zeitgenössischen Skulptur am Ufer des Weltkulturerbes Mittelrhein. Die Beiträge der Künstlerinnen und Künstler, von denen eine ganze Reihe mit direktem Bezug zum Ausstellungsort geschaffen werden, widmen sich mit unterschiedlichen Ansätzen Fragen nach Original und Fälschung, möglicher Desinformation, Irreführung des Betrachters oder einfach dem Spiel von Erwartung zu Wirklichkeit. Die in der Ausstellung gezeigten Werke verweisen dabei zum Teil auch auf die heute allgegenwärtigen aktuellen Fragen nach dem Wahrheitsgehalt von Informationen im WIESBADENER

I/2020

ECHT UND FALSCH Spannungsfeld von „fake news”, „wahrheitsgemäßer Übertreibung” und der Beobachtung, dass es in politischen und gesellschaftlichen Diskussionen zunehmend um Emotionen und Behauptungen anstelle von Fakten geht. Wie echt kann falsch sein? – Welche Risiken bergen die Vermischung des Unterschieds von Wahrheit und Lüge? – Welche Rolle weisen Künstlerinnen und Künstler dem Betrachter zu? – Wer entscheidet darüber was echt und was falsch ist? Wie kann vor dem Hintergrund der Werke von beispielsweise Marcel Duchamp oder Joseph Beuys der Kunstbegriff des „Originals” heute noch bestehen? Sich mit diesen oder ähnlichen Fragen anhand der Skulpturen auseinanderzusetzen und dabei die eigene Wahrnehmung zu hinterfragen, dazu sind die Besucherinnen und Besucher auf dem Parcours eingeladen.

chen Schul-, Jugend- und Vermittlungsprogramm in Kooperation mit der Kunsthochschule Mainz an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Es erscheint ein Katalog mit Werkabbildungen und Kurztexten zu den einzelnen Skulpturenbeiträgen. Weiter Infos unter: www.skulpturen-bingen.de

Begleitet wird die fünfmonatige Ausstellung von einem umfangrei15


KULTOUREN

Der Arbeiterwohlfahrt-Kreisverband Wiesbaden residiert in zwei Etagen der geschichtsträchtigen Villa über der Kleinkunstbühne „thalhaus” im idyllischen Nerotal.

Die Skrupellosen Wie sich asozialdemokratische Familienbande jahrelang in Vetternwirtschaft austobte Marie Juchacz gründete vor 100 Jahren die ArbeiterWohlfahrt als soziale Hilfsorganisation – und meinte es genauso. Im Jubiläumsjahr würde sich die Gründerin in Grund und Boden schämen über das erbärmliche Gebaren, das in den letzten Monaten immer mehr ans Tageslicht kommt. Für den Kabarettisten Lars Reichow, der einige Jahre in Wiesbaden gewohnt hat, „stinkt die AWO vom Kopf her“ und zwischen Frankfurt und Wiesbaden riecht es ihm „streng nach einem flächendeckenden Missbrauch von Sozialleistungen.“ Die „charakterlosen Gestalten“ und Awo-Führungskräfte sieht er als „unersättliche Raupen“ im Firmensalat, „die Maß und Mitte, auch Sinn und Zweck ihrer Arbeit verfehlt und verunglimpft haben.“ Es ist ein Schlag ins Gesicht der seriösen Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen. Von wegen „Arbeiter“ und „Wohlfahrt“ – die den wirklich Armen und Bedürftigen gelten sollte. In Frankfurt ist schon von der „Genossenwohlfahrt“ die Rede. Vielen kommt der Tucholsky-Seufzer: „Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte“, in den Sinn. „Ein Sozialdemokrat hat sich dadurch auszuzeichnen, dass er vom Stamme Gib ist und nicht vom Stamme Nimm“, dekretierte einst der SPD-Landtagspräsident Georg „Schorsch“ Buch. Da konnte er nichts ahnen von skrupellosen Machenschaften im Selbstbedienungsladen Awo. Die Awo-Kreisverbände Frankfurt und Wiesbaden, durch die Eheleute Jürgen und Hannelore Richter vielfältig über Kreuz in Kontroll- und Sonderfunktionen im jeweils anderen Kreisverband verquickt und mit üppigen Honoraren versorgt, sind im Visier der Staatsanwaltschaft. Bundesjustizministerin a.D. Herta Däuble-Gmelin leitet die Task Force des Bezirksverbandes und soll die Vorwürfe untersuchen. In Wiesbaden haben die beiden Altvorderen Wolfgang Hessenauer und Franz Betz (früher Sozialdezernent und Amtsleiter) als neu gewählter Vorstand mit dem konsequenten Aufräumen begonnen. Das frisch gewählte Präsidium in Frankfurt stieg mit einem Paukenschlag ins Amt ein und berief Jasmin Kasperkowitz und Panagiotis Triantafillidis ab. Fortsetzung folgt! Text und Foto: Gesine Werner

Die interkulturelle Formation AVRAM um Sängerin Schirin Partowi bildet musikalische Klangbrücken und kommt in den Burggarten Sonnenberg (Foto: Wiesbadener Burgfestspiele)

Ein Friedenskonzert, und der Traum vom besseren Leben Die Wiesbadener Burgfestspiele mischen weiter die Burg Sonnenberg auf Sonnenberger Eigengewächse und Langzeit-Ansässige machen auch Anno 2020 für die Burg und den idyllischen Burghof als historisches Wahrzeichen mobil – und trotzen Sanierung & Co., die dem Bürgerhaus bevorstehen. Der Kaisersaal soll nach dem Schließen der Gastronomie Ende Juli weiter zur Verfügung stehen. Die ehrenamtlich engagierten Kulturprofis des „Wiesbadener Burgfestspiele e.V.“ landeten hier schon so manchen Coup. Mit echten Schmankerln geht das Programm der Wiesbadener Burgfestspiele in Sonnenberg unter dem Tenor „Die Außenseiter“ weiter: Die schöne Müllerin mit dem Kontrabass trifft das Trio Libero: Am 15. März widmet sich Bariton Christian Balzer aus dem Ensemble des Staatstheaters Wiesbaden (Katja Kabanova, Eugen Onegin) mit Pianistin Keong-Hwa Fischer der „schönen Müllerin“ von Franz Schubert. Die multi-ethnisch groovende Jazzband Trio Libero hat sich für 21. März angesagt. Patrick Süskinds kultigen „Kontrabaß“ bringt der Stuttgarter Schauspieler Benjamin Hille in der Regie von Wolfgang Grazol am 18. April mit. Der Pluralität verbunden sind „Canciones v Dancas“, die am 26. April .die Wiesbadener Burgfestspiele aufmischen wollen. „Der Traum vom besseren Leben“ heißt die neue Schultheater-Produktion der NeuenSzene Leibniz mit den „Theatermachern Leibniz“, die sich auf eine szenische Traumreise begeben. Regie führt Christa Leiffheidt, von Fachlehrerin Astrid Nagtegaal unterstützt. Der Kulturfonds Rhein-Main machte es mit seinem Förderprogramm „Kunstvoll“ möglich. Am 8. Mai um 12 Uhr und um 19 Uhr geht das Stück über die Bühne. Überall auf der Welt haben die Menschen Träume.“ Am 7. Juni kommt die interkulturelle Formation AVRAM um Sängerin Schirin Partowi in den Burggarten. AVRAM bildet musikalische Klangbrücken der jüdischen, christlichen und islamischen Tradition. Das Ensemble entwirft „eine von Respekt getragene Zukunftsvision, die in eine Welt des toleranten Miteinanders der Kulturen und Religionen führt.“ Das Konzert ist eine Kooperation mit der evangelischen und katholischen Kirche, mit der jüdischen Gemeinde, der islamischen Gemeinde der Bosniaken und „Demokratie leben“. www.wiesbadener-burgfestspiele.de Text: Gesine Werner

16

WIESBADENER

I/2020


KULTOUREN

„Barock Vocal” zu Gast in St. Ignaz mit dem Magnificat „Meine Seele erhebt den Herrn”, Dirigent Christian Rohrbacher und Solistin Shai Terry aus Israel wurden vom Publikum gefeiert.

„Muss aussehen wie ein Genickbruch”. Ehrensache. Kade Köhler hat den berühmten „Kuss” von Gustav Klimt mit Gregor Eckert und Theresa Berlage inszeniert.

Klassik und Folk, Alte Musik und eine Barock Vokal Universitäts-Professorin Claudia Eder und ihre faszinierenden Vorhaben

Ein „Händchen” für die Leichte Muse...

„Persönlicher Brückenschlag“ wäre ein passender Titel für Professorin Claudia Eder, die zwischen ihrem Wohnort Wiesbaden und der Mainzer Hochschule für Musik pendelt. Die begnadete Mezzosopranistin und Musikpädagogin steht für faszinierende Projekte, ist immer für kreative Ideen gut und verpflichtet klingende Namen. Das künstlerische Exzellenzprogramm „Barock Vokal“ betörte einmal mehr das heftig applaudierende Publikum beim, ersten Gastauftritt in St. Ignaz. Ausgezeichneter Pianist und feinnerviger Dirigent ist Christian Rohrbacher, der Johann Sebastian Bachs Magnificat „Meine Seele erhebt den Herrn“ das „Magnificat W 215“ seines Sohnes Carl Philipp Emanuel und Arvo Pärts „Magnificat a capella“ in ausgefeilter Dramaturgie zur Seite stellte. Das Barockorchester mit Konzertmeisterin Petra Müllejans, Traversflöten und Naturhörnern zog in den Bann. Faszinierte Stille im Kirchenraum, die jungen Gesangstalente sorgten für Gänsehautmomente. Nach einem Moment des Nachhalls wollte der Applaus kaum enden. Ein wahrhaftig „außergewöhnlicher Abend“ auf höchstem Niveau ging am Fastnachtssamstag im roten Saal der Hochschule für Musik über die Bühne: „In classical music you are the messenger, in folk and Pop you are the message“ hatten Counter Andreas Scholl und Pianistin Tamar Halperin ihre vergnügliche „Entdeckungsreise“ genannt. Englische Folksongs trafen auf Kompositionen von Henry Purcell, Gitarre, Cello, Klavier und Synthesizer. Eine „kontemplative Einstimmung auf die kommende Passionszeit“ wird angekündigt für den 14.März in der Augustinerkirche zu Mainz. Artist in Residence Martin Lutz präsentiert „Lamentationes pro hebdomada sancta, ZWV 53“ von Jan Dismas Zelenka. Die erschütternden Lamentationes von Prophet Jeremias über die Zerstörung Jerusalems wurden in der Nacht zum Gründonnerstag 1722 in der Dresdner Hofkirche uraufgeführt. Zelenka-Kompositionen gelten als „katholischer Gegenpol zur protestantischen Kirchenmusik“ von Johann Sebastian Bach in Leipzig. www.musik-uni-mainz.de Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER

I/2020

Bühnenprofi Klaus-Dieter Köhler bringt eine Revue zum Jugendstiljahr heraus Wenn eine „Traumfrau verzweifelt gesucht“ und ein „Gatte gegrillt“ wird, derweil „das Lächeln der Frauen“ sich breit macht - dann hat Regisseur Klaus-Dieter Köhler wieder einen Publikumserfolg angerichtet. Zum Jugendstiljahr 2019/2020 serviert der vielsaitige Regisseur und Autor die Revue „Rilke on the rocks“, mixt in den Cocktail unzählige Namen aus den schönen Künsten der Jugendstilzeit und schüttelt die Mixtur tüchtig durch. Emser Pastillen oder Depesche? Sie wollen nur spielen - und in einer Jugendstil-Villa einen wertvollen Fang machen. Is nich, das diebische Paar Hugo und Mathilde nimmt Quartier im erstaunlich komfortablen Knast. Alles ist Bühne. Oscar Wildes „Bunbury“ geht zum „Dinner for one“ mit Bel Ami. Vienna calling!. Wir begegnen Falco und Nena und „Azurro” und „zwei kleine Italiener” singen „Ti amo!”, Robert Stolz und Strauß von Richard bis Johann sind auch mit an Bord. Emile Zolas „J´accuse” fehlt nicht und Rainer Marias „Panther” kommt in munterer Version daher. Sarah Bernhardt liebt Kamelien. Auf der Mathildenhöhe erfindet Belafonte den „Matilda”-Calypso und Katja Ebstein singt „Theater, Theater!” Kalauer & Co. in Hochform. „Kennen Sie Hoffmannsthal?” –„ Wo liegt das?“ – „Kennt doch Jedermann!“ Gut gebaute Komödien hat KaDe schon mehrmals in den „Kammerspielen Wiesbaden“ inszeniert im Gemeindehaus der Bergkirche. Sein rockiger Rilke kommt nicht ohne Brecht aus, dem Faible für Operette und Musical frönt er auch. Das Publikum übt sich im ZitateRaten, singt auch mal mit. Profunden Bariton bringt Gregor Eckert als Operetten-Buffo Hugo ein, mit warm timbriertem Mezzo gibt Theresa Berlage auch die fesche Marlene. Gut aufeinander eingepegelt, wirft sich das wandlungsfähige Duo die Pointen wie Bälle zu, wechselt rasant Kostüme und Rollen. Souverän sorgen Uli Bareiss und Caus Weyrauther für den musikalischen Pfiff. Ob das mit dem Diebstahl noch was wird und ob Arthur Schnitzler mit Oscar Strauss und Rainer Maria was zu tun hat, wird nicht verraten. Text und Foto: Gesine Werner 17


KULTOUREN

In seltener Eintracht sitzen Sebastian „Sam” Brandes und Michael Mr. Steals” Herrmann auf dem dramaturgisch relevanten Sitzmöbel der Überfall-Bank.

Feierliche Überreichung des Kulturpreises Wiesbaden im Rathausfestsaal mit Parlaments-Chefin Christa Gabriel, Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende, den Preisträgern Frank Deubel und Reinhard Berg sowie Kulturdezernent Axel Imholz (von links).

Mainz, wie es auf den Brettern lacht

Hingabe und Leidenschaft - engagiert und kontinuierlich

Lachtränen-Alarm! Und das nicht nur zur Fassen8szeit. Funktioniert auch auf den Brettern. Die „Komödie mit Ba-Ba-Banküberfall“ von Henry Lewis, Jonathan Sayer & Henry Shields beweist: Das Böse ist immer und überall - der nackte Wahnsinn! Monty Python trifft Tarantino, die Marx Brothers sind auf Mission Impossible. Und Doktor Schiwago kommt mit Loriot nach Casablanca. Niklas Ritters rasant-originelle Sicht der rabenschwarzen Dramödie fesselt schon, bevor der Lappen hochgeht. Die schrägen Typen scheuen keinen Kalauer, feiern jedes Klischee mit überbordend szenischem Ideenreichtum. Stummfilm-Optik und Splatter-Movie mit treffsicherem Filmsound auch für´s Auge – Til Ritter ist in Dauereinsatz. Das Ensemble gibt dem Affen tüchtig Zucker, erklärt einen Riesenklunker zum Objekt der Begierde und entführt uns mit Brachialhumor nach Absurdistan. „Horizontal“ kommt uns das Diebespack auch. Schwerkraft – Nein danke. Die gehen glatt die Wand hoch und legen den Lüftungsschacht flach. Sie kennen keine Gnade. Das bis ins Gepäcknetz ausverkaufte Haus kichert und prustet. Beifall auf offener Bühne. Perfektes Slapstick-Timing, Pointen „zack“ aus der Hüfte, Filmzitate zum Mitraten. „Ghost – Nachricht von Sam“. Alles Gangster – alle eine Wucht. Allen voran der furiose Sebastian Brandes. In seiner (leider) letzten Spielzeit Mainzer vor der Abwanderung nach München dreht der Verwandlungskünstler als diskret unterbelichteter Taschendieb Sam Monoghan noch mal so richtig auf. Zu weiteren Kabinettstückchen sind aufgelegt: Martin Herrmann als so gar nicht „stehlender“ Mr. Steals Freyman (Schließer & Generalinspektor) und Klaus Köhler als berührender Alt-Praktikant Warren Slax und in 5 anderen Rollen. Andrea Quirbach betört als erotisch aktive Taschendieb“Mum“ Ruth Monoghan. Elena Berthold macht als Caprice (!) Freyman bella figura und lebt den Vornamen aus. Johannes Schmidt gibt genüsslich den sexuell flexiblen Inspektor Randal Shuck. Daniel Mutlu als Mitch Ruscitti und Stefan Hartmann als Cooper sind eine Wucht. Text und Foto: Gesine Werner

18

Feierliche Kulturpreisverleihung an die Wiesbadener Fototage Jetzt sind sie echte Kulturpreisträger, was Reinhard Berg und Frank Deubel doch ziemlich überrascht hat. Aber „Ehre, wem Ehre gebührt“. Und die Jury hat die beiden Fotokünstler - Fotoprofi und „LichtBild“-Galerist Reinhard Berg und den früheren Lehrer Frank Deubel - mit dem Preis zur Förderung des kulturellen Lebens der Landeshauptstadt Wiesbaden 2019 gewürdigt. „Reinhard Berg und Frank Deubel haben in den vergangenen Jahren ein beindruckendes Festival aufgebaut, das weit über die Region ausstrahlt.“ Der Rathaus-Festsaal war prallvoll besetzt. Zur Kulturpreisverleihung an die „Wiesbadener Fototage“ im wurde ziemlich „großer Bahnhof“ geboten. Neben der Ersten Dame der Stadt, Parlamentschefin Christa Gabriel und ihrem Amtsvorgänger Wolfgang Nickel sowie Stadträtin Dr. Doris Jentsch gaben sich Kulturpreisgekrönte wie Professor Wolf Spemann, WMK-Direktor Christoph Nielbock und exground-Chefin Andrea Wink die Ehre. Der Oberbürgermeister hatte, sonst eher selten der Fall, eigens die Amtskette angelegt. Gert-Uwe Mende blickte auf „die umfassend vertretene Stadtpolitik im Saal“ und lobte die Preisträger. „Sie haben viel geleistet - engagiert und kontinuierlich.“ Die illustre Runde der Kulturpreisträgerinnen und –preisträger stehe für den wertschätzender Umgang der Kulturschaffenden. Mit seinem Bekenntnis „Kultur ist für mich Teil der Daseinsvorsorge“ gab das Stadtoberhaupt die gerade beschlossene Kulturetat-Aufstockung um rund 8 Millionen Euro bekannt. Kultur brauche Planungssicherheit .Wie hochwertig Kultur in Wiesbaden ist, hätten die aktuellen Preisträger gezeigt. „Sie haben der Fotokunst, die große Strahlkraft hat, eine Tür geöffnet.“ Für Kulturdezernent Axel Imholz symbolisiert die mit 5000 Euro dotierte Auszeichnung „die Würdigung der Arbeit, die sie alle leisten.“ Der Kulturpreis an die Wiesbadener Fototage sind ihm „ein Beleg dafür, dass klein anzufangen auch groß herauskommen kann.“ In den herzlich langen Applaus bezog der Festsaal auch die temperamentvolle Gitarristin Yulyia Lonskaya mit ein, die mit der „Fülle des Wohllauts“ und feinnervigem Spiel für sich einnahm. Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER

I/2020


KULTOUREN

Die Museumsmeile Wiesbaden bekommt Zuwachs. Die Baugrube ist ausgehoben. Das „reinhard ernst-museum” als Museum für abstrakte Kunst” soll Mitte 2022 eröffnet werden.

Sitzen in Stille. Helmut Rücker, der Zenmönch Klang des Dharma – Glück des Weges”, im Kollomo mit selbstgenähtem Kesa im Dojo Wiesbaden am Michelsberg.

Ein echter Maki für die Wiesbadener Museumsmeile

Die bewusste Rückkehr zur Stille

Stadt Wiesbaden bringt Info-Broschüre zum Baufortschritt beim Museum Reinhard Ernst heraus

Zen-Meditationsgruppe Wiesbaden steuert auf Silberjubiläum zu

Es geht voran. Die „Wiesbadener Museumsmeile“ bekommt in sichtbarem Tempo hochkarätigen Zuwachs. Auf dem Filetstück an der Wilhelmstraße 1 wird der Entwurf des preisgekrönten Stararchitekten Fumihiko Maki aus Japan mit Hochdruck in die Tat umgesetzt.

Richard Gere tut es und die Röckröhre Tina Turner kam aus schwerster Lebenskrise heraus. Der Dalai Lama ist immer wieder gern gesehener Ehrengast in Wiesbaden. Zazen – die bewusste Rückkehr zur Stille. „Es geht um Achtsamkeit“, wissen die Eingeweihten. Dem Zen-Budhismus widmen sich im Zen-Dojo Wiesbaden, der Zen-Vereinigung Deutschland / ZVD angeschlossen, Personen mit unterschiedlichsten Hintergründen. Sie sind Sozialarbeiterin und Illustrator, Kostümbildnerin, Altenpfleger, Geschäftsfrau, Palliativpfleger oder Rentner - eine Pfarrerstochter ist auch dabei. Die bewusste Rückkehr zur Stille wird im gemeinsamen Sitzen jeden Dienstag und Donnerstag abend praktiziert. Helmut Rücker, der echt Wissbadener Bub, war 1995 ordiniert worden als Mönch „Klang des Dharma – Glück des Weges“. Das Dojo am Michelsberg wurde von dem autorisierten Zen-Mönch 1996 gegründet. „Im Sitzen geht es um Nichts. Za-Zen setzt große Energien frei und ist eine Haltung der Erweckung“, sagt Helmut Rücker. „Za-Zen ist nur die Zeit des Za-Zen“, zitiert er seinen Lehrer Ludger Tenryo Tenbreul. Das Dojo ist eine eigene Welt. Der Zutritt zum Dojo, dem „Ort der Weisheit“, setzt Kleiderwechsel und dunkle Bekleidung voraus. Im Flur hängt das eichenhölzerne „Han“-Brett, auf dem in vier rituellen Klangkaskaden mit dem Holzhammer zur Meditation gerufen wird. Im Dojo ist auf einem Rollbild das Herzsutra „Maka Hannya Haramitta Shingyo“, in buddhistischen Klöstern morgens und abends rezitiert, zu lesen. Von einem Wandbildnis blickt Bodhidharma, der 28. Patriarch nach Shakyamuni Buddha und Gründer des Shaolinklosters auf den Altar. Der ist mit Buddha, zwei Kerzen, dem Räuchergefäß für das Shoko (eine Art Weihrauch) versehen. Zwei Klangschalen-Glocken sind bereit. „Shin Shiki munju“ und „„Körper und Bewusstsein haben kein Ich“, ist zu lesen auf dem Kyosaku, der 1997 im ZenZentrum Schönböken geweiht wurde. Mit diesem Erweckungsstab holt der Mönch aus der inneren Versenkung in die Realität zurück. „Za-Zen setzt große Energien frei und ist eine Haltung der Erweckung.“

Die Baugrube im Heilwasserquellgebiet an der Kreuzung Wilhelmstraße und Rheinstraße ist ausgehoben. Erwartungsgemäß wurde der Gewölbekeller des Victoria-Hotels gefunden, das rund 100 Jahre dort stand. Es läuft wie vorgesehen. Geht alles weiter nach Plan, wird Mitte 2022 die Eröffnung des viergeschossigen Gebäudes mit 9000 Quadratmetern Nutzfläche gefeiert. Das „museum reinhard ernst“ wird ein Haus für abstrakte Kunst. Die Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung sieht das neue Schmuckstück mit gläsernem Innenhof an der Prachtstraße zwischen Museum Wiesbaden und Nassauischem Kunstverein als „ein Museum für Alle“. Die Stiftung errichtet den Bau für das Portfolio „von Weltgeltung“ mit einem Wert von rund 80 Millionen Euro, trägt die Baukosten (rund 50 Mio Euro) und die jährlichen Betriebkosten von 1,5 bis 2,0 Millionen Euro. Die Stadt stellt das wertvolle Grundstück im Erbbaurecht für eine symbolische Pacht zur Verfügung und sorgt für „die entsprechende Gestaltung des Umfeldes“. Die Broschüre 3.0 der Stadt präsentiert den aktuellen Stand und ein Interview, das OB Ger-Uwe Mende mit Reinhard Ernst geführt hat. Der Stifter sieht die Grundstückslage als „Glücksfall“ und betont: „Besser könnte es in Wiesbaden nicht positioniert sein. Kreativität zu entdecken und zu fördern, ist unser Hauptantrieb.“ Kindern und Jugendliche bietet der Eingangsbereich Raum, „die Architektur ist betont offen. Wir glauben daran, dass unsere Wiesbadener Kulturmeile eine Reihe von Synergie-Effekten mit sich bringt. Unsererseits werden wir alles dafür Erforderliche tun.“

Das Dojo Wiesbaden ist offen für Interessierte. OB Mende ist sicher: „Allein das Gebäude wird eine Attraktion für Wiesbaden werden.“ Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER

I/2020

Info: helmut.rücker@web.de Text und Foto: Gesine Werner 19


KULTUR

&

KREATIVES

D

as KirchenFester Schwalbe 6 ist bereits seit vielen Jahren ein zuverlässiger Ort für Begegnungen, Ausstellungen und zum Innehalten in der Wiesbadener Innenstadt. Beheimatet in der lebhaften Schwalbacher Straße Nr. 6 finden hier – neben zahlreichen anderen Veranstaltungen – regelmäßig 6-7 Ausstellungen pro Jahr, passend zur Jahreszeit oder zu anderen aktuellen Anlässen statt. Der kommenden Passionszeit entsprechend zeigt die Wiesbadener Künstlerin Petra von Breitenbach Arbeiten zum Thema „Aufbrüche – Gesichter”. Tagebuchzeichnungen, Zeichnung vom 3.1.2014, 29,7 x 21

Die alte Tradition des Fastens erlebt seit Jahren eine Renaissance. Viele Menschen verzichten in der

„Man sieht nur, was man weiß“(Goethe)

Aufbrüche – Gesichter Metamorphose des Menschen, „metamorph“ von 2014, Digitasprints von Tuschezeichnungen.

Fastenzeit auf Gewohnheiten oder Dinge, die eine wichtige Rolle in ihrem Alltag einnehmen. Erneuerung, Loslassen, Innehalten und Stille stehen oft im Vordergrund, Themen, die alle Aufbrüche beinhalten. Aufbrüche hat die Künstlerin in ihrem Leben selbst oft erfahren und ihrer Kunst wiederspiegeln lassen. Petra von Breitenbach lässt uns in dieser Ausstellung an vielen Aufbrüchen sowohl aus ihrem Leben, als auch aus dem Leben anderer Menschen, die sie mit deren Aufbrüchen zu ihrer Kunst inspiriert haben, teilhaben. Entstanden ist eine Retrospektive aus verschiedenen Lebenszyklen der Künstlerin. Gezeigt werden u.a. Arbeiten aus der Reihe der Tagebuchzeichnungen, die sich dem Thema „Aufbrüche – Gesichter” widmen sowie Gouachen/Aquarelle und Kollagen zum Thema. Die Künstlerin hat sich speziell dem Thema Gesichter für die Zeit des Aufbruchs gewidmet. „Gesichter sind Projektionsflächen, das Aushängeschild des Menschen.

20

KirchenFenster Schwalbe 6 Das KirchenFenster Schalbe 6 gehört zur Evangelischen Kirche Wiesbaden und ist Bestandteil der Evangelischen Stadtkirchenarbeit Wiesbaden. Der Ort der Ruhe und Stille besteht seit gut 16 Jahren und war als Anlaufstelle, Serviceund Ruhepol gedacht, um eine Möglichkeit zum direkten Kontakt zur Kirche zu schaffen. Von Anfang an leitete und begleitete die Pfarrerin Annette Majewski die Schwalbe 6; schaffte mit ihrem Team aus vielen Ehrenamtlichen einen Ort der Begegnung, der Ruhe und Stille und der Besinnung. Von Beginn waren Ausstellungen mit professionellen Künstlern aber auch Veranstaltungen und Ausstellungen zu aktuellen und gesellschaftspolitischen Themen Bestanteil des Angebotes. Neben professionellen Künstlern (siehe Aufbrüche – Gesichter, Petra von Breitenbach) wird auch Wert auf Ausstellungen gelegt, die aus anderen Kontexten entstanden sind, wie zum Beispiel Arbeiten, die mit Besuchern der Teestube, vornehmlich obdachlose Menschen, entstanden sind. Die Darstellung sozialer Realitäten ist wichtiger Bestandteil in der Schwalbe 6. Gezeigt werden soll, dass auch in diesen Realitäten Wertvolles entsteht, so dass aus Abwertung Aufwertung werden kann. Daneben bietet das KirchenFenster Schwalbe 6 eine Vielzahl von Aktionen, Möglichkeiten zum Gespräch und zur Besinnung und eine interessante Palette von Veranstaltungen – auch außerhalb des KirchenFensters an. Alle Informationen hierzu sind auf der Webseite zu finden: www.schwalbe6.de WIESBADENER

I/2020


KULTUR

Seit dem 1. Januar 2020 ist Annette Majewski als Stadtpfarrerin für zwei kirchliche Orte zuständig: KirchenFenster Schwalbe 6 und die Marktkirche. Sie verantwortet unter anderem Projekte wie die „Nacht der Kirchen” und „Wiesbaden hält inne”, organisiert und begleitet die ökumenische Andachtsreihe „12 Minuten mit Gott”, veranstaltet Ausstellungen, bietet besondere Gottesdienste an und organisiert Konzerte sowie Kirchenführungen. Am Sonntag, 8. März, 10 Uhr, wurde Stadtkirchenpfarrerin Annette Majewski offiziell in einem Gottesdienst in der Marktkirche von Dekan Dr. Martin Mencke in ihr Amt eingeführt. KirchenFenster Schwalbe 6 Evangelische Stadtkirchenarbeit Wiesbaden Pfarrerin Annette Majewski Schwalbacher Straße 6 65185 Wiesbaden Tel. 06 11 – 1409 740 Kontakt: schwalbe6@web.de www.schwalbe6.de Wir finden Menschen sympathisch oder unsympathisch, weil sie uns an jemanden erinnern, den wir kennen. Gesichter können Vorurteile wecken; sie können strahlen oder verschlossen sein. Sie sind Spiegel der Seele”, so Petra von Breitenbach. „Wenn ich mich mit dem Thema Gesichter beschäftige, steht immer ein Erlebnis dahinter”. Diese Erlebnisse spiegeln sich unter anderem in den Tagebuchzeichnungen wider. Die psychologische Wirkung von Gesichtern werde in unserer heutigen digitalen Welt vielfach im Alltag eingesetzt, so von Breitenbach. Wegschauen, Vorurteile und fehlendes Interesse an den Mitmenschen sind heute weit verbreitet. Kunst kann uns wieder etwas WIESBADENER

IV/2019

&

KREATIVES

von dem verlorenen eigenen Blickwinkel eröffnen. Der Blick der Künstlerin/des Künstlers ist geschärft und oft aus einer anderen Perspektive fokusiert auf gesellschaftliche und politische Situationen. Der Besucher/die Besucherin wird eingeladen, genauer hinzuschauen, ggf. einen neuen eigenen Blickwinkel zu finden. Im besten Sinne eröffnet sich für die Besucherin/den Besucher etwas Neues, der somit wieder zu einem Aufbruch führen kann. Getreu dem Goethe-Zitat: Man sieht nur das, was man weiß, muss man sich Wissen aneignen. Bezogen auf die Kunst heißt das: Wenn man sich mit Kunst beschäftigt, hat man mehr von ihr. Bezogen auf das Leben aber heißt das aber auch: Je mehr ich vom Leben weiß, desto mehr habe ich davon. In diesem Sinne: Brechen wir auf, um uns näher zu kommen und schärfen wir den Blick auf die gesellschaftlichen und politischen Ereignisse.

Das Schattenkabinett, Gouche, 75 x 50 auf Leinwand

Petra von Breitenbach:

Dipl. Designerin, FH Mainz Unterricht bei Christa Moering Unterricht bei Michael Becker, Wiesbadener Freie Kunstschule, Schwerpunkt Kompositionslehre Arbeitsgebiete: Malerei, Zeichnung, Kleinskulptur, Illustrationen, Movies

Echo, Gouache, 75x50 Leinwand

Ausstellungen im In- und Ausland (Frankreich, Italien, Spanien, Österreich, Russland, Polen, Israel, Türkei) Mitgliedschaften: BBK Wiesbaden, www.bbk-wiesbaden.de Künstlergruppe 50, www.kuenstlergruppe50-wiesbaden.de Kunstarche Wiesbaden e.V., Freunde des Museums Wiesbaden

Mehr zur Künstlerin: www.petra-von-breitenbach.de Aufbrüche – Gesichter Petra von Breitenbach 5. März – 29. Mai 2020 Vernissage: Kirchenfenster Schwalbe 6 Donnerstag, 5. März 2020, 19 Uhr Schwalbacher Straße 6 65185 Wiesbaden Öffnungszeiten: Mo 10:00–16:00 Uhr Di –Do 10:00–18:00 Uhr Fr 10:00-13:00 Uhr 21


KULTUR

&

KREATIVES

Renate Schwarz Kraft ist Freischaffende Künstlerin, die in Mainz lebt und arbeitet. Sie studierte an der Akademie für Bildende Künste der Johannes Gutenberg Universität Mainz und an der Ecole des Beaux Arts in Dijon. In ihrer Kunst beschäftigt sie sich mit dem MENSCH und der NATUR, den Beziehungen zu sich und zueinander. Das beherrschende Element ihrer Kunst ist die menschliche Figur in Beziehung gesetzt mit inneren und äußeren Gefühlswelten.

konservieren-erhalten-hüten 40 x 40 cm / 2020

Insektenleben / Insektensterben Renate Schwarz Kraft – eine der NEUEN IM BBK (Bericht WIESBADENER III/2019) ist Künstlerin der leisen aber starken Worte! In ihrer Kunst beschäftigt sie sich mit den Beziehungen zwischen Mensch und Natur, hierbei setzt sie die menschliche Figur in Beziehung mit inneren und äußeren Gefühlswelten. Es entstehen verborgene Geschichten, die dem Betrachter als Impuls dienen sollen. Die Künsterlin „zeichnet” mit Draht. Dadurch entstehen zusätzSchattendasein, plastische Zeichnungen mit Draht / 40 x 40 x 10 cm / 2020

lich zu den offensichtlich gezeigten Objekten markante dunkle Linien und Schatten, die je nach Standpunkt des Betrachters neue Dinge entstehen lassen und das Kunstwerk so stetig verändern und neu interpretieren. Auch ihre neuesten Arbeiten wollen dem Betrachter Impulse geben die Natur besser verstehen zu lernen und rechtzeitig zu handeln, um das Arten- und Insektensterben aufzuhalten. Die Arbeiten von Renate Schwarz Kraft werden gemeinsam mit einer Gruppe Wiesbadener und Mainzer Illustratorinnen und Künstlerinnen auf der Biogartenmesse – Nachhaltige Gartenkultur und Lebensart gezeigt.

Erzählt werden verborgene Geschichten, die als Impulse auf den Betrachter wirken. Getragen durch leichte, zarte, kraftvolle und farbenfrohe Kompositionen und durch ausdruckstarke, auf den Punkt gebrachte Zeichnungen mit Draht, ermöglicht ihre Kunst immer wieder neue Empfindungen beim Betrachten. GEHAUCHTE WORTE HÖRBAR FÜR DEN, DER HÖREN WILL www.schwarz-kraft-lebendig.de

Schattendasein Perspektivwechsel durch vergrößerten Bildausschnitt

Ausstellung „Insektenleben. Insektensterben.” Sa 28. März und So 29. März 2020 Domäne Mechthildshausen Wiesbaden-Delkenheim Im Sommer wird es auf der Biogartenmesse eine erneute Ausstellung zu diesem Thema geben: 29.+ 30. August 2020 Biogartenmesse an der Orangerie Schlosspark Biebrich 22

WIESBADENER

I/2020


KULTUR

&

KREATIVES

Arbeiten in einer Gruppenausstellung zu sehen sein werden. Die nominierten Künstlerinnen und Künstler wurden im Rahmen eines von September bis November 2019 ausgeschriebenen Open Calls von einer Jury aus Fotografinnen und Fotografen sowie Kuratorinnen und Kuratoren im Dezember 2019 aus 302 internationalen Bewerbungen ausgewählt. Der Kulturfonds Frankfurt RheinMain fördert das Festival als eine von drei Triennalen in der RheinMain-Region. Damit betont der Kulturfonds die Bedeutung der zeitgenössischen Fotografie für die Region. Das vollständige Festivalprogramm wird Anfang März 2020 veröffentlicht.

Plakatmotiv: N A Vague real me ad 3, 18x18

www.dtdf.de

D

ie »Darmstädter Tage der Fotografie« (DTdF) sind 2004 aus einer Initiative von Fotografinnen und Fotografen entstanden und werden seit 2019 vom Kunstforum der Technischen Universität Darmstadt präsentiert. Inzwischen zählt das internationale Festival zu den wichtigsten deutschen Fotoereignissen. Es setzt relevante Themen und fördert den interdisziplinären Diskurs in der Fotografie. Die »Darmstädter Tage der Fotografie« verstehen sich insbesondere auch als ein Ort der Begegnung, als Treffpunkt internationaler Fotografinnen und Fotografen und Fotografiebegeisterten Von 24. April bis 03. Mai 2020 beleuchten zahlreiche Fotoausstellungen in Darmstadt das Thema »Skurrile Fluchten — Humor in der Fotografie« aus unterschiedlichen Perspektiven. Zusammen mit zwei Symposien, einer Künstlerresidenz, Workshops und Führungen verleihen Ausstellungen an zehn Orten der Auseinandersetzung mit dem fotografischen Medium eine einzigartige Dichte.. Von der Kunsthalle, über die Stadtmitte mit Kunstforum der TU Darmstadt, Designhaus WIESBADENER

I/2020

und Museum Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe. Zum Festival erscheint traditionell ein umfangreicher Katalog. Humor und Fotografie haben mehr Gemeinsamkeiten als vordergründig ersichtlich ist. Beide durchleuchten bestehende Verhältnisse, überspitzen Ereignisse und verarbeiten Erfahrungen aus einem eigens ausgewählten Blickwinkel. Fotografie visualisiert mit präziser Pointierung, skurrilen Perspektiven, konzentrierten Momenten oder einer eigenwilligen Inszenierung die Welt, in der wir leben. Erst durch eine entrückte Betrachtungsweise gewinnen wir neue Einsichten. Im Rahmen der elften Ausgabe unseres Festivals wird am 24. April 2020 zum achten Mal der mit 10.000 EUR dotierte »Merck-Preis der Darmstädter Tage der Fotografie« vergeben. Die Preisverleihung findet am 24. April 2020 ab 18 Uhr im Designhaus Darmstadt auf der Mathildenhöhe statt, wo alle

»Skurrile Fluchten – Humor in der Fotografie« 23


KULTUR

&

KREATIVES

goEast: www.filmfestival-goeast.de

V

or zwanzig Jahren wurde das einzigartige goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Kinos in Wiesbaden gegründet. In seiner Jubiläumsausgabe vom 5. bis 11. Mai 2020 begeistert das Filmfestival erneut Filmfans und Fachpublikum aus aller Welt. Zwischen Workshops, Ausstellungen, Podiumsdiskussionen und Partys erwartet das Publikum vor allem eine bunte Mischung zeitgenössischer Filmkunst.

„goEast ist ein gastfreundliches Festival: Seit 20 Jahren laden wir alljährlich über 200 Filmschaffende aus Mittel- und Osteuropa ein, um zusammen mit dem Wiesbadener Publikum in der schönen Caligari FilmBühne sowie in unserem Festivalzentrum die Filmkunst zu feiern.” – Heleen Gerritsen, Festivalleiterin goEast.

Eine Wundertüte filmischer Spielformen

Wahre Schätze mittel- und osteuropäischer Filmkunst erwartet das Festivalpublikum in der Sektion BIOSKOP. Das Programm bietet mit einem Schmelztiegel jenseits des üblichen Premierenzwangs von anspruchsvollen Dokumentarfilmen über witzige B-Movies bis hin zu osteuropäischen Kassenschlagern für jeden Geschmack das passende Filmerlebnis. In diesem Jahr sind auch einige nicht-osteuropäische Länder vertreten, nämlich Äthiopien und das Einwanderungsland Is-

Ost meets West

goEast zeigt aktuelle Filmkunst und Kultur aus Mittel- und Osteuropa

24

GOLDEN VOICES, Still

WIESBADENER

I/2020


KULTUR

&

KREATIVES

JESUS SHOWS YOU THE WAY TO THE HIGHWAY, Still

rael. In die Richtung einer Komödie mit ernsten Elementen lenkt das Werk GOLDEN VOICES, 2019 von Evgeny Ruman ein. Viktor und Raya, ein russisches Ehepaar, wandern Anfang der 1990er-Jahre nach Israel aus. Dort versuchen die beiden früheren Filmsynchronsprecher, ihr Talent einzusetzen, wo es überhaupt nicht benötigt wird. Heraus kommen bizarre und unerwartete Momente, die zum Lachen und Weinen gleichzeitig anregen. Zwischen all dem webt der Regisseur Evgeny Ruman Erfahrungen seiner eigenen Vergangenheit mit ein. Er selbst immigrierte als Zehnjähriger aus der ehemaligen Sovietunion nach Isreal und erfuhr Film zu dieser Zeit vor allem über russisch synchronisierte Raubkopien, da ein Gang ins Kino einfach unerschwinglich war. Mit GOLDEN VOICES drückt er seine Liebe zum Kino aus. Ein besonderes Highlight im BIOSKOP stellt das absurde Exploitation-Mashup JESUS SHOWS YOU THE WAY TO THE HIGHWAY, 2019 von Miguel Llansó dar. Die estnisch-äthiopische Koproduktion ist ein wilder Mix aus Thriller, Retro-Sci-Fi und absurder Komik. Das Werk nimmt seine Protagonisten in einer virtuellen Realität gefangen, in der sie gegen den Computervirus „Soviet Union” ankämpfen. Dabei fechten sie nicht nur Stop-Motion-Kämpfe mit WIESBADENER

I/2020

Hammer und Sichel aus, sondern treten auch gegen mit Süßigkeiten gefüllte, Laser-schießende Riesenmoskitos an.

Das Paneuropäische Picknick

Mit dem Paneuropäischen Picknick feiert goEast die mittel- und osteuropäische Kultur im RheinMain-Gebiet und sucht dafür unerwartete Orte auf, zum Beispiel das Viertel Wiesbaden-Klarenthal, wo die osteuropäische Kultur sehr verbreitet ist. Hier können Kurzfilmliebhaber am Freitag, den 8. Mai einen filmischen Spaziergang unternehmen. Interaktiv wird es bei Einsteiger-Sprachkursen für osteuropäische Sprachen im MixmarktSupermarkt. Der serbische Filmkritiker Vladan Petković kuratiert eine Ausstellung über osteuropäische Internet-Memes. Die Karikaturen von heute erzählen einem westlichen Publikum auf humorvolle Art viel darüber, was die Menschen im Osten bewegt. Ein Picknick auf dem Wiesbadener Schlossplatz am Samstag, den 9. Mai sowie die zweite Ausgabe des Rhein-MainKurzfilmpreises runden das Kulturerlebnis der anderen Art ab.

Nachwuchs. Das East-West Talent Lab bietet 30 Nachwuchstalenten Workshops und Netzwerkmöglichkeiten. Das geschieht natürlich nicht ausschließlich hinter verschlossenen Türen. Eine Masterclass mit einem renommierten Filmschaffenden und der Projekt Pitch im Museum Wiesbaden laden das Publikum dazu ein, die Stars von morgen zu erleben. Eine dreiköpfige Jury entscheidet schließlich, wer den begehrten goEast Development Award mit nach Hause nehmen darf. Zudem winkt ein Recherchestipendium für Dokumentarfilme mit Menschenrechtsschwerpunkt. Infos unter: filmfestival-goeast.de Trabis beim Paneuropäisches Picknick auf dem Schlossplatz, Wiesbaden

Der Nachwuchs im EastWest Talent Lab

Selbst dem Teenager-Alter entwachsen, kümmert sich goEast umso mehr um den filmischen 25


ZUSAMMENLEBEN

„Den Kick für Wiesbaden” im Jahr 2020 gaben die SEG-Geschäftsführer Andreas Guntrum und Roland Stöcklin in der BRITA-Arena als „Ort des Geschehens”.

Suchet der Stadt Bestes Stadtentwicklungsgesellschaft SEG „schafft Heimat“ und geht rund 100 Projekte mit sportlichem Elan an

R

asenflächen, Tribünen und der Gang zu den Kabinen, türkis beleuchtet, gaben die sportlich angehauchte Kulisse her für den Neujahres-Empfang der Stadtentwicklungsgesellschaft SEG. Den „Ort des Geschehens“ symbolisierte in diesem Jahr die BRITA-Arena an der Berliner Straße. Der Teppich (natürlich in SEGtürkis) war keineswegs zufällig im Südosten der Landeshauptstadt ausgerollt. Die SEG verändert hier als städtischer Dienstleister das Erscheinungsbild des Areals, war bei zahlreichen Projekten Ideengeber und ist mit der übergeordneten Steuerung beauftragt. „Das W vereint“: Im sportlichen Zentrum des Fußball-Bundes26

ligisten SVWW – „der den Namen der Stadt in die Lande trägt“ – wurde dessen Saisonmotto gekapert, „um auf einen weiteren „Kick für Wiesbaden“ anzustoßen“. Wer es sportlich liebte, konnte den „Kick“ im Match mit der Wiesbadener Tischfußball-Weltmeisterin Katrin Matsushita an einem der aufgestellten Tischfußball-Geräten erleben. Vor dem „großen Bahnhof“ aus Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Sport wie Fußballer-Legende Alf Mintzel stellte die SEG rund 600 Personen aktuelle Projekte vor. Neben Parlaments-Präsidentin Christa Gabriel und dem fast kompletten Magistrat begrüßte SEG-Geschäftsführer Andreas Guntrum den amtierenden Oberbür-

germeister Gert-Uwe Mende und vier Amtsvorgänger, darunter auch Ehrenbürger Rudi Schmitt. Auf Postern und per Projektion wurden Projekte wie der Schiersteiner Osthafen und der Hainweg in Wiesbaden-Nordenstadt, auch „südlich Ernst von Harnack-Straße“ und „östlich der Brunhildenstraße“ sowie das „Quartier Kaiserhof“ auf dem Areal des niedergelegten American Arms-Hotels präsentiert. Lebensqualität als Faktor der Stadtentwicklung Stadtentwicklungs-Dezernent Hans-Martin Kessler hob das Großprojekt Ostfeld am Fort Biehler für 8000 bis 12000 Menschen hervor. Mit multifunktionalen Gebäuden WIESBADENER

I/2020


ZUSAMMENLEBEN

werde dies ein nachhaltig-innovatives Zukunftsprojekt und „zum Vorbild weit über die Rhein-Main-Region hinaus.“ Der Stadtrat blickte in die Zukunft und formulierte einen Schwerpunkt: „Lebensqualität wird der entscheidende Faktor der Stadtentwicklung sein.“ Mit über 100 laufenden Projekten gehe die SEG im Jahr 2020 „sportlich“ zu Werke, betonte Gastgeber Andreas Guntrum den Netzwerkcharakter des SEG-Empfangs. Der Slogan: „Wir entwickeln für Wiesbaden“ werde von der SEG als Instrument der Landeshauptstadt in die Tat umgesetzt, erklärte der SEG-Geschäftsführer. „SEG schafft Heimat“ ist der gut durchdachte Slogan, mit dem die Stadtentwicklungsgesellschaft über ihre Aktivitäten informiert. Der große Parkplatz in der Balthasar-Neumann-Straße wird überbaut, eine Hochgarage an der Berliner Straße soll Parkraum bieten. Bei der „Daseinsfürsorge“ kommt die soziale Infrastruktur nicht zu kurz, Grundschule und Kita werden errichtet. „Im Zuge eines Flächentauschs wird ein Ersatz für eine Drei-Feld-Sporthalle gebaut“; betonte der SEG-Chef und vergaß den Neubau der Friedrich EbertSchule im Gesamtkonzept nicht. Auf „harmonische Zusammenarbeit“ mit allen an Wohnungsbau und Stadtentwicklung Beteiligten inklusive Ämtern und Behörden, werde großer Wert gelegt. „Bauprojekte sind politische Projekte“, machte der langjährige SEG-Geschäftsführer seiner Sorge Luft. „Das gesellschaftliche Klima wird nachhaltig schwieriger.“ Der Wohnungsbau als Schwerpunkt der Institution, die auf ihr Silberjubiläum zusteuert. Im „Quartier Kaiserhof“– dessen Dimensionen jetzt deutlich sichtbar werden – baut die SEG mitten in der Stadt 111 geförderte Seniorenwohnungen und stellt mit einem Tegut-Laden als Nahversorger die Versorgung für das Wohngebiet sicher. WIESBADENER

I/2020

„Die ersten Familien ziehen im Mai hier ein.” SEG-Geschäftsführer Andreas Guntrum kann zufrieden sein mit dem Baufortschritt am Hainweg in Nordenstadt.

Auch ein Schwesternwohnheim wird für das St. Josefs-Hospital in nächster Nachbarschaft errichtet. Für das Areal Kastel Housing , zum Teil für zivile Nutzung freigegeben, ist die Konzeptentwicklung in vollem Gange. Ein „Wohnturm“ wurde dem neuen Gestaltungsbeirat vorgestellt. „Wiesbaden ist Teil der stark nachgefragten Region FrankfurtRhein-Main“, ist dem versierten Geschäftsführer bewusst. „Auf absehbare Zeit wird der Zuzug ungebrochen sein und wir in der Zukunftsregion müssen uns darauf einstellen. Es ist nicht die Frage, ob wir weiter wachsen wollen. Die Nachfrage ist faktisch da. Es ist die Aufgabe, Alle zu halbwegs erschwinglichen Preisen mit Wohnungen zu versorgen.“ Für Andreas Guntrum sind „die Ausweitung von Wohnbauflächen und der darauf erfolgende Wohnungsbau die beste Sozialpolitik“. Der erfahrene SEG-Geschäftsführer verweist auf den „engen Zusammenhang zwischen der Bereitstellung von Flächen für den Wohnungsbau und Sozialpolitik. Denn wenn Flächen weiter knapp gehalten werden, ergeben sich aus der nicht zu bremsenden Nachfrage gegenüber knappen Flächenan-

geboten ziemlich hohe Mietpreise, die sich nur die wirklich gut Verdienenden leisten können. Angebot und Nachfrage bestimmen auch hier den Preis.“ Ein Kurztrip zum 21 Hektar großen Bauprojekt Hainweg in Nordenstadt zeigt den rasanten Fortschritt, in welchem hier über 650 Wohneinheiten aus dem Boden gestampft werden. Kaum zu glauben – im Februar 2018 begann die Erschließung, im April 2019 ging es mit dem Hochbau los. Der Lärmschutzwall entlang der Konrad-ZuseStraße steht, der sieben Meter tiefe Stauraumkanal ist funktionsbereit. Das Areal entlang der Straße am Hainpark wird begrünt. Jede Menge Familien sind an Wochenenden hier auf Seh-Gang und begutachten schon mal die fertiggestellten Einzel-, Doppel- und Reihenhäuser. Alle Voraussetzungen für den Einzug in den Quittenweg sind geschaffen. „Die ersten Familien ziehen im Mai hier ein“ vermeldet SEG-Geschäftsführer Andreas Guntrum mit sichtlicher Freude. Mit Bedacht halte sich die SEG an das Motto: „Suchet der Stadt Bestes“ Infos auch unter: www.seg-wiesbaden.de Text und Fots: Gesine Werner 27


ZUSAMMENLEBEN

Das närrische Wochenende mit Riesling-Gala, Weinparty und großer Kostümsitzung in souveräner Leitung von Michal Wink zündete Exzellenz-Feuerwerk. Die Luxusedition mit Budenzauber & Rheingauer Kredenzen vom Feinsten begrüßte Ehrenbürger Rudi Schmitt (92) und baute Brücken übern Fluss. Und sie „thun Berge“ versetzen: „Fassenacht for Future!“ forderte „Möhre-Göre“ Greta, alias Dr. Florian Sitte aus Meenz. Als CCWEhrenmitglieder machte die Füsiliergarde Gonsenheim RambaZamba, die Meenzer Hofsänger zelebrierten mit „Olé!“ ihre beliebte „Fiesta am Rhein“. Ernst Neger-Enkel Thomas rockte Opas „Humbatäterä“.

„I am greta!” Aus Kanzlerin Merkel ist die „Möhre-Göre” aus Schweden geworden bei Dr. Florian Sitte.

M

it 66 JA!ren ist noch lange nicht Schluss – mit lustig! Treffsicheres Motto, der Narr als Motiv des begehrten Kampagnen-Ordens und die Großfamilie des Carneval Clubs Wiesbaden 1954 e. V. volle Kraft voraus in die 5. Jahreszeit: „6 x 11, noch immer jung, die Fassenacht hält uns in Schwung!“ CCW-Sitzungspräsident Michael Wink im SVWW-Shirt und Clubpräsident Andreas Guntrum in der Prunksitzungs-Pause. In der zweiten Halbzeit bildeten junge CCW-Mitglieder das Komitee - im SVWW-Fanshirt mit der Rückennummer 66 als Hommage ans CCW-Jubiläum.

Der CCW kann „royal“ und zeitgemäß. Zum Jubiläum ist Daniela von Falz-Fein die erste feminine Schirmherrin, mit Jubiläums-Ordenssponsor Theo Corves als Prinzenpaar Legende. Enkelin Chantal Corves ist Kinderprinzessin. Als jüngstes „Kind des CCW“ wurde die „Liliengarde“ gefeiert. Die närrische CCW-RieslingGala hisste zur 19. Seh-Fahrt die Vierfarbenflagge. Fachkenntnis und „blaublütigen“ Charme als frühere Wiesbadener Weinkönigin versprühte Stephanie Kopitz und moderierte mit CCW-Clubpräsident Andreas Guntrum und Weinbauverbands-Präsident Peter Seyffardt im Dreigestirn. Der Elferrat aus Winzerinnen und Winzern präsentierte Spitzengewächse der Weingüter Barth (Hattenheim), Diefenhardt (Martinsthal), Egert (Hattenheim), Heinz Nikolai (Erbach), Prinz (Hallgarten), Speicher-Schuth (Kiedrich) und St. Antony aus Nierstein in Rheinhessen. Lachtränenalarm! „Machen Sie Quatsch!“ animierte der CCW-exklusive Chiefdirex for High Bullshit Matthias Brodowy (Hannover) mit

Aus dem Saarland ist Alice Becker (Vanessa Backes) mit ihrem neuen Rollator, einem trendigen E-Bike, angerollt.

frisch geschärfter Non-Sense. Da capo! Publikumsliebling Andy Ost, der CCW-exklusive Stammgast, rockte die Rostra. Auch FFH-Moderator Johannes Scherer kann Fassenacht. Zum umjubelten CCW-Debüt rollte die TV-bekannte „Alice Hoffmann“ alias Vanessa Backes auf ihrem neuen Rollator an. Es ist ein E-Bike. Mit ihrem „Schnut-Tube“ sorgten die Kalauerkings Roi Losse & Koko Lores, alias Christian Schier & Martin Heininger, für Furore. Guntram Eisenmann nahm sich „Altpapier“ zur Brust und „wär so gerne AwoFunktionär“. Mit rasantem Tanz in tollen Kostümen entführte das CCW-Hofballett TV Strinz Margarethä ins „Abenteuerland“. Ohne „Amanda“ geht bei den unkaputtbaren „Gartenzwergen“ gar nix. Suresh Soni berührte mit dem Liebeslied für den CCW. Text und Foto: Gesine Werner

Fassenacht for Future mit royalem Glanz Närrische CCW-Riesling-Gala. Weinparty und CCW-Kostümsitzug WIESBADENER

IV/2019

28


KULTUR

&

KREATIVES

Petrus (Wolf Matthias Friedrich) Anna Alás i Jové (Alt), Erster Hohepriester (Aldomir Mollov) und Judas/Pilatus (Benjamin Russell) stehen für FAUST-Preisträgerin Johanna Wehners szenische Interpretation der „Matthäuspassion” von Johann Sebastian Bach in Wiesbaden.“

Werther und Tyll mit Gräfin Mariza auf Hexenjagd im Wienerwald TheaterDonner auf den Bühnen von Wiesbaden und Mainz Eulenspiegel in Wiesbaden

Kultregisseur Tilo Nest (Shockheaded Peter) beschert mit „Tyll“ nach Daniel Kehlmann ein prall sinnliches Spektakel mit Schattenspiel vor dramaturgisch relevanten Papierfahnen (Robert Schweer). Das leidenschaftlich aufspielende Ensemble um den „un-sterblichen“ Tyll (jung: Paul Simon, alt: Rainer Kühn) fesselt als Panoptikum mit Geschichte(n) in Zeiten des 30jährigen Krieges. Gänsehaut pur. Chapeau an Michael Birnbaum, Hanno Friedrich, Maria Wördemann, Lina Habicht, Matze Vogel und Linus Schütz.

Tassilo mit Schmackes über die Drehbühne. Vokal trumpft Sabina Cvilak auf, Thomas Blondelle läßt seinen Tenor leuchten. Stimmlich bestens aufgelegt, empfiehlt sich Shira Patchornik als kapriziöse Lisa. Der mit der Mistgabel rappt ist Erik Biegel mit frisch geölten Stimm-

bändern. Klaus Krückemeier ist eine Wucht als skurriler Butler und Gaststar Désirée Nick gibt Tante Durchlaucht als schrägen Vogel.

Casino

„Vom Wir zum Ich“ im Roulette der Macht. Aus Medienberichten

„Die Leiden der jungen Wörter…” Goethes Werther hat in Brit Batkowiaks Mainzer Inszenierung ausgepinselt, wie die Bühne zeigt. der Rest ist…

Gräfin Mariza

Operette sich, wer kann – und amüsiere sich köstlich bei Emmerich Kálmáns „Gräfin Mariza“ von Thomas Enzinger (Lehar-Festival Bad Ischl). BR Klassik verlieh den „Frosch des Monats“. Mit üppiger Garderobe von Toto ausgestattet, geht die Chose der reichen Gräfin Mariza und ihrem inkognito-Grafen WIESBADENER

I/2020

29


KULTUR

&

KREATIVES

applaudierenden Publikum unter die Haut geht, hat Regisseur Alexander Nerlich mit Unterstützung von Choreografin Cecilia Wretemark aus Arthur Millers „Hexenjagd“ gezaubert.

Ein beklemmend aktuelles Gesamtkunstwerk, das unter die Haut geht, ist Arthur Millers „Hexenjagd”. Regisseur Alexander Nerlich und Choreografin Cecilia Wretemark mit dem Bühnenbildentwurf von Wolfgang Menardi.

und Interviews am „Filzbadener Sumpf“ Beteiligten haben Regisseur Clemens Bechtel und Autor David Gieselmann ein „Political“ unter dem Titel „Casino“ destilliert. Ständig ausverkauftes Haus. „Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen oder Begebenheiten sind zwar nicht zufällig, aber beabsichtigt“, verkündet ein Transparent und es funktioniert. Von OB Jens (Thomas Peters) bis zum sehr jovialen Wolf Meister (Uwe Kraus) und „Noch kannst Du mir trauen“Strippenzieher Bernd Brenz mit blutende Nase (Michael Birnbaum) sind die Protagonisten erkennbar.

Unter der versierten musikalischen Leitung von Konrad Junghänel nehmen für sich ein: Evangelist Julian Habermann mit ausbaufähigem Tenor, Konstantin Krimmel als baritonal leuchtender Jesus, der markant gestandene Petrus von Wolf Matthias Friedrich, der nicht unsensible Judas/Pilatus von Benjamin Russell und die warm timbrierte Anna Alàs i Jové. Dem gut einstudierten Chor von Chordirektor Albert Horne kommt szenisch starke Bedeutung zu.

Matthäus-Passion

Hexenjagd

Johann Sebastian Bachs szenisches Oratorium präsentiert Johanna Wehner („Schönerland“) ein wenig statisch auf bühnendominantem Riesenkreuz (Volker Hintermeier). Die Kostüme (Su Bühler) spannen den Bogen aus biblischer Zeit ins Heute.

Blick nach Mainz „Der Paranoide schafft die Realität, die seine Ängste bestätigt.“ Um Himmels Willen ist scheinbar der Teufel los und die (Dorf-)Gesellschaft entgleist. Ein beklemmend aktuelles Gesamtkunstwerk, das unter hysterieanfälligen, bigotten Puritanern spielt und dem heftig

„Du wirst meiner Liebe nicht entgehen!” Oskar (Sebastian Brandes), Marianne (Kruna Savic) und Alfred (Daniel Mutlu) sind das Trio Infernal in Horvaths „Geschichten aus dem Wienerwald”.

Die Salemer Hexenjagd 1692, antikommunistischer Furor von McCarthy und die Hinrichtung von Ethel & Julius Rosenberg (daher Elisabeth & John Proctor) waren Arthur Millers Blaupause. Alles schwarz und weiß. Das Publikum blickt von zwei Seiten auf das Bühnenzentrum mit Holzkirche, Wohnhaus, Kerker und Leuchtkreuz (Wolfgang Menardi). Das Ensemble agiert auf den Punkt, Dichte und Intensität machen atemlos und schnüren den Atem ab. Chapeau für Daniel Mutlu, Kruna Savic, Lisa Eder, Klaus Köhler, Leonie Schulz, Andrea Quribach, Armin Dillenberger, Julian von Hansemann und Anna Steffens. Unbedingt sehenswert.

Werther

„Die Leiden der jungen Wörter…“ können auch bei vorweg genommenen Ende durchaus mal Spaß machen. Immer noch und immer wieder Schullektüre und jetzt als frische Version auf scheinbar unfertiger Bühne mit Rollgerüst, Dämmstoff, Farben, Malerpinsel, Videokamera, Projektionsfläche & Co. sowie Klavier an der Rampe in Mainz mit einem furiosen Trio auf die Bretter gebracht. Jules & Jim lassen grüßen und Hamlet auch. Brit Batkowiak hat aus Goethes Briefroman „Die Leiden des jungen Werther“ eine kurzweilige Dreiecks-Lovestory gemacht. Der spätpubertäre Exzentriker Werther (Julian von Hansemann), der in Lotte (Lisa Eder) verliebt ist, die mit Albert (Sebastian Brandes verlobt ist, flüchtet sich in den Suizid. Kein Geistlicher hat ihn begleitet.“ Das meist jugendliche Premierenpublikum ist von der Inszenierung begeistert.

TAMBORA

Das mit dem zweiten FAUST prämierte „tanzmainz“-Ensemble hat sich auf den Choreographen und früheren Tänzer (Stephan Toss/ Staatstheater Wiesbaden) eingelassen und zeigt ein faszinierendes theatralisches Tanzstück. Der 1815 ausgebrochene indonesische Vulkan Tambora und 1816, das „Jahr 30

WIESBADENER

I/2020


KULTUR

&

KREATIVES

was Menschen nicht zu schätzen wissen. Ein starker Abend.

Geschichten aus dem Wienerwald

„Du wirst meiner Liebe nicht entgehen!“ Klingt wie eine Drohung von Fleischhauer Oskar (einprägsam: Sebastian Brandes), der mit der romantisch-naiven Spielwarenladen-Tochter Marianne (anrührend: Kruna Savic) und dem Zopfperücken-Hallodri Alfred (eitler Macho: Daniel Mutlu) sind das Trio Infernal in Horvaths „Geschichten aus dem Wienerwald“. Nix da mit Weaner Gemütlichkeit, frösteln ist angesagt.

Generalmusikdirektor Herrmann Bäumer und Choreograph Giuseppe Spota, neuer Ballettchef in Gelsenkirchen, haben das theatralische Tanzstück „Tambora” uraufgeführt.

ohne Sommer“, werden thematisiert. Lichtdesigner Yona „Bambi“ Bueno setzt mit speziellen Scheinwerfern und Farbstimmungen atemberaubend starke Akzente. Das Staatsorchester bietet unter dem leidenschaftlich agierenden GMD Herrmann Bäumer ein exzellentes Hörerlebnis, versetzt in Endzeitstimmung. Bruno Moretti komponierte eigens für den Tanzabend „Finis Terrare“, die Isländerin

WIESBADENER

I/2020

Anna Porwaldsdottir steuerte ein Stück bei und Michael Gordons „Weather One“ ist die dritte Komposition des Abends. Es raucht und flackert, es grollt und dräuet gefährlich aus dem Orchestergraben herauf. Gelsenkirchens neuer Ballettchef hält uns den Spiegel vor, zeigt menschliche Hybris, den „Drang nach oben“, Urgewalten und Naturerlebnis,

Maren Greinkes Bühne zeigt Lichterhimmel und Zeppelin, Diskokugel und Hottehü vom Jahrmarkt. Regisseur K. D. Schmidts präsentiert ein schaurig schräges Panoptikum mit kaltherzig-kurioser Großmutter (Martin Herrmann) und Denis Larisch als Conférencier in (tiefgefrorenen ?) Frauenkleidern. Auch Kreislers Everblack „Der Tod, das muss ein Wiener sein“ lässt grüßen. Das Publikum ist trotzdem angetan und applaudiert mit Ausdauer. Text und Fotos: Gesine Werner

31


KULTUR

&

KREATIVES

Ricardo G. Elias: Dry Gold (2005 – 2009)

Ernesto Oroza: Technological Disobodience (2207)

Liebesgrüße aus Havanna

Zeitgenössische kubanische Kunst im internationalen Kontext

B

is heute beziehen sich bedeutende Teile der kubanischen Kunst auf die besondere Geschichte und Realität des Landes. Für den Künstler Juan Carlos Alom, der mit seiner Fotoserie „Periodo especial” vertreten ist, markiert das Jahr des Mauerfalls 1989 Ende und Anfang im Leben aller Kubaner. Kuba, so scheint es, befindet sich in einer Art Wartehaltung. Die neuen Generationen kennen weder die Vergangenheit noch verstehen sie die Gegenwart, und was die Zukunft bringt, ist ungewiss. Für das Vorhaben, einen vertiefenden Einblick in die komplexe und besondere Situation der Gegenwartskunst des Karibikstaates zu geben, ordnet die Ausstellung aktuelle Entwicklungen anhand thematischer Schwerpunkte. Die Beleuchtung von künstlerischen Auseinandersetzungen mit Themen wie Wirtschaft, Politik, Utopien, Urbanität, Ethnizität oder Religion eröffnen ungewohnte Perspektiven auf die kubanische Gesellschaft 32

der Gegenwart und jüngsten Vergangenheit. Verschiedene Künstler reflektieren in ihren Arbeiten die fortlaufende Geschichte. So nimmt Adrian Fernandez Symbole des kubanischen Staates nach der Revolution bildnerisch auf. Gesprächsprotokolle der kommunistischen Regimeführer Fidel Castro und Erich Honecker während ihres Treffens 1977 sind Grundlage der künstlerischen Arbeit „Amistad” von Tonel. Reflexionen über Religion und Spiritualität, Ethnizität und die zentrale Bedeutung des Körpers, männlich wie weiblich, sind gleichermaßen für die zeitgenössische kubanische Kunst charakteristisch. Auch wenn die kubanische Revolution verswuchte, den Rassismus zu überwinden, der auf die spanische Kolonialzeit zurückgeht, ist er unter den derzeit schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen in Kuba wieder stärker verbreitet. Und bei den Auseinandersetzungen von Künstlern mit sich selbst, mit Magie und Religion oder mit der sozialen und materiellen Welt, in der sie leben, ist ein

Interesse an Kreisläufen und Strukturen sichtbar. Meeresströmungen sind wiederkehrende Themen in der kubanischen Gegenwartskunst, die auch Symbole für Migration und Flucht sein können. Liebesgrüße aus Havanna Zeitgenössische kubanische Kunst im internationalen Kontext Bis 14. Juni 2020 Opelvillen Rüsselsheim L.- Dörfler-Allee 9 65428 Rüsselsheim Öffnungszeiten: Mi. 10-18 Uhr, Do. 10-21 Uhr, Fr. bis So. 10-18 Uhr www.opelvillen.de

WIESBADENER

I/2020


präsentiert

FRANKFURT

�������������������

WIESBADEN

�������������������

DIE ������������� TICKETS

0800 060606 11

flicflac.de


KULTUR

&

KREATIVES

aus: Love Sarah (Femme Films)

Und immer geht es um – Macht 13. LICHTER Filmfest in Frankfurt

D

as LICHTER Filmfest Frankfurt International ist zurück im Cantate-Saal. Vom 21. bis 26. April 2020 residiert das Festivalzentrum in der Volksbühne im Großen Hirschgraben. Schwerpunkt der diesjährigen Ausgabe ist das Thema „Macht”. Bereits 2015 gastierte das LICHTER-Festivalzentrum im Cantate-Saal. Nach umfangreichen Renovierungsmaßnahmen hat die Volksbühne im Großen Hirschgraben vor kurzem ihren Theaterbetrieb in der geschichtsträchtigen Spielstätte wieder aufgenommen. Im April wird die Bühne nun erneut für sechs Tage in einen Kinosaal umfunktioniert. Hier und an den weiteren Festivalorten reicht das Programm der 13. LICHTER-Ausgabe von aktuellem Weltkino zum Thema „Macht” bis zu den besten Filmen aus Hessen und der RheinMain-Region. „Klima-Bewegungen und globale Tech-Konzerne avancieren zu entscheidenden Taktgebern unserer Gesellschaft. Das politische Tages34

geschäft wird zunehmend von ideologischen Grabenkämpfen bestimmt. Bei der Themensuche sind wir am Ende unserer Debatten immer wieder bei diesem alles bestimmenden Begriff gelandet”, sagt Festivaldirektor Gregor Maria Schubert. LICHTER beleuchtet die Machtmechanismen der Welt mit einem internationalen Filmprogramm und interdisziplinären Diskussionsrunden. „Viele Bilder, die wir mit Macht in Verbindung bringen, stammen aus dem Kino”, so Johanna Süß, stellvertretende LICHTER Direktorin. „Das Medium selbst hat dabei eine erzählerische Kraft entwickelt, die unser Denken seit über 100 Jahren lenkt.” The Twentieth Century ist dafür ein Paradebeispiel, ein bissiger Kommentar auf menschliches Gebaren in der Politik. Regisseur Matthew Rankin beschreibt in der bizarren Groteske um den Aufstieg von MacKenzie King zum kanadischen Premierminister zu welch absurden Erniedrigungen Menschen bereit sind, um in den Kreis der Mächtigen aufgenommen zu werden.

Beispielhaft für die erzwungene Entwurzelung von indigenen Völkern begibt sich Zacharias Kunuk in der Deutschlandpremiere One Day in the Life of Noah Piugattuk in die arktischen Gebiete Nordkanadas: In einem über einstündigen Dialog versucht ein Regierungsvertreter inmitten einer eisigen Schneelandschaft eine Inuit-Gruppe davon zu überzeugen, ihren nomadischen Lebensstil aufzugeben. Für die Inuit ist ein Leben ohne Iglu und Robbenjagd aber unvorstellbar. Mit dem Boxer-Drama Knuckle City zeigen die Festivalmacher, wie Armut und toxische Maskulinität als Zündstoff für zwischenmenschliche Konflikte funktionieren. Die südafrikanische Oscar-Einreichung läuft bei LICHTER ebenfalls als Deutschlandpremiere. Weitere bestätigte Filme, die bereits bei mehreren großen Festivals für Jubelstürme bei Kritik und Publikum gesorgt haben: Bacurau von Kleber Mendonca Filho, eine dystopische Zukunftsvision Brasiliens, in der Faschismus und Kapitalismus Hand in Hand gehen; WIESBADENER

I/2020


KULTUR

&

KREATIVES

aus: Knuckle City (Yellowbone Entertainment)

die Dokumentation Midnight Family (Regie: Luke Lorentzen), die anhand des korrupten Geschäfts privater Rettungsdienste die staatliche Ohnmacht Mexikos und das dysfunktionale Gesundheitssystem des Landes vorführt; und Papicha von Mounia Meddour, in dem eine junge Frau trotz islamistischer Gewalt in den Straßen Algiers für ein liberal geprägtes Weltbild kämpft.

Regionales Filmprogramm Ob Experimentalfilm, Reisebericht, Liebeskomödie oder klassische Dokumentation - die Filme im regionalen Programm bringen die Vielfalt des hessischen Filmschaffens auf die Leinwand. „Diese Bandbreite macht den Reiz der Langund Kurzfilmwettbewerbe aus. Avantgarde konkurriert hier gegen Mainstreamproduktion, Filmhochschülerinnen treffen auf preisgekrönte Regisseure”, sagt Schubert. Die Frankfurter Produktionsfirma Neopol Film bringt mit der englisch-deutschen Koproduktion Love Sarah eine Internationale Premiere zum LICHTER Filmfest. In Eliza Schroeders romantischer Komödie versuchen drei Frauen den Traum einer eigenen Bäckerei in London zu verwirklichen. In Zeiten des Brexits könnte es keine schönere Liebeserklärung an die kulturelle Vielfalt Großbritanniens geben.

Besucher*innen des Festivals auch auf eine Hessenpremiere, an der die Ikone des deutschen Undergroundfilms Helmut Herbst mitgewirkt hat. Bei Es geht eine dunkle Wolk herein war der emeritierte Filmprofessor der HFG Offenbach für Schnitt und Produktion zuständig. In dem wortarmen Heimat-Dokumentarfilm der besonderen Art verrichtet eine Bauernfamilie aus dem Odenwald ihre Arbeit noch wie vor 50 Jahren. Die Produktionen sind alle unter Beteiligung von Filmschaffenden und Förderern aus Hessen und der Rhein-Main-Region entstanden. Wer den Weißen Bembel für den besten Langfilm und das von der Dr. Marschner Stiftung bereitgestellte Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro mit nach Hause nehmen kann, entscheidet eine dreiköpfige Jury.

Darüberhinaus veranstaltet LICHTER, zwei Jahre nach Entstehen der „Frankfurter Positionen”, am 23. und 24. April erneut einen Kongress zur Zukunft des deutschen Films. Zum zehnjährigen Jubiläum des LICHTER Art Award ist die zeitgenössische VideokunstAusstellung vom 3. bis 26. April in der Ausstellungs-Plattform basis Frankfurt zu sehen. Infos unter: www.lichter-filmfest.de

aus: Bacurau (Victor Juka)

Black China (Regie: Inigo Westmeier) läuft als Kino-Deutschlandpremiere bei LICHTER: Die dokumentarische Reise begleitet afrikanische Einwander*innen in China. Sie haben sich gegen Europa und für den „Chinese Dream” entschieden. Freuen dürfen sich die WIESBADENER

I/2020

35


KULTUR

&

KREATIVES

MADE-Chefin Angelika Sieburg und Schirmherr Dr. Helmut Müller bereiten sich zum „100 Prozent ergreifen” in vier Städten Hessens vor.

Lassen Sie sich zu 100 Prozent ergreifen...

D

as MADE-Festival des Landesverbandes professioneller darstellender Künste Hessen mischt mit Theater,Tanz & Performance vier Städte auf. Sie machen ein Angebot, das Kulturinteressierte nicht ablehnen können: „Lassen Sie sich zu 100 Prozent ergreifen“ gibt der Landesverband der professionellen darstellenden Künste Hessen e V. als Devise aus. Da capo! für das innovative Theaterfestival MADE! Im vergangenen Jahr wurde der 10. Geburtstag mit einem fulminanten 36

Festival in der Landeshauptstadt zelebriert und landete in Wiesbaden einen Publikumserfolg. Heuer mischen die Freien Darstellenden Künste Hessen querbeet auf, maßgeblich gefördert durch Hessisches Kunstministerium und Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main. Schirmherr ist Dr. Helmut Müller, der den Staffelstab der Kulturfonds-Geschäftsführung Ende 2019 an seine Nachfolgerin Karin Wolff übergab. „Die freie Szene ist so gut und dynamisch, erlebt großen Aufschwung, dass die Stadttheater nicht daran vorbeikommen. Das tolle Angebot des Festivals bietet

wunderbare Gelegenheiten neben den Theatertempeln.“ Am 7. und 8. und 9. Mai geht´s los in Marburg. Fulda ist vom 14. bis 6. Mai Schauplatz. In Kassel macht MADE vom 21. bis 24. Mai Station, das Finale kommt vom 4. bis 6. Juni 2020 nach Darmstadt. Ausgewählt wurden Gastspiele vom Aktionstheater Kassel, von Eleganz aus Reflex, Ruby Behrmann/Asja Mhgoub, Paula Rosolen/Haptic Hide (Frankfurter Integrationspreis 2019), Mobile Albania, Cornelia Niemann, ScriptedReality, tanzblick freies tanztheater und Theater 3D, vom Theaterlabor INC., von Vlasova/Pawlica und Waggonhalle Produktion. Mit „Residence Evil“ zeigt das Giessener Performance-Kollektiv „schonungslose Selbstversuche zwischen Schauspiel und Lehrstück.“ Europaweit auf Achse, wurde Paula Rosolen in der Tanzplattform Rhein-Main gefördert. Ihre neue Choreografie „Punk“ wurde im Mousonturm Frankfurt uraufgeführt. „Read to me“ vom TanzWIESBADENER

I/2020


KULTUR

&

KREATIVES

theater Vlavova/Pawlica ist „ein mutiger Abend, der sich heiklen Themen stellt.“ Das Theaterlabor INC. Darmstadt machte sich auf die Suche nach dem „Triebwerk Faust“. Und „gegen den Fortschritt gegen die Liebe gegen die Demokratie“ nennt das Aktionstheater Kassel surreale Szenen mit Texten von Esteve Soler. Mobile Albania inszeniert mit dem „APPARAT“ analoge Fern-Gespräche und knüpft ein echtes „Netz-Werk“. Von Hochsitz zu Hochsitz übermittelt ein menschlicher Daten-Träger Botschaften, die per Hand-Schrift in einer Wolke= Cloud lesbar werden. Die „Nicht-Deutsche Post“ von Ruby Behrmann und Asia Mahgoub stellt Schreib-Tische an exponierter Stelle auf, an denen Postkarten an Unbekannte geschrieben werden. Die Fachjury in Wiesbaden kürte „Eleganz aus Reflex“ mit „Rot oder tot, Folge 2. Der Weltfrieden hat nichts mit Dir zu tun“ zum Preisträger. In Carolin Millners intensiven DDR-Szenen um Bettina Wegner und Thomas Brasch „spielt“ das Publikum mit. Für ihr packendes Multimedia-Dokumentartheater „Wollen Sie Ihren Vater wirklich in den Papierkorb verschieben?“ bekam Cornelia Niemann den Publikumspreis in Wiesbaden. Ihre vielschichtige Spurensuche sorgt für Gänsehaut. Das Theater 3D Wiesbaden verdichtet im Heine/Schumann-Projekt „#Dichterliebe“ drei Ausnahmebiografien zur Symbiose von Text & Musik.

WIESBADENER

I/2020

Analoges Fern-Gespräch in Aktion: Der menschlliche Daten-Träger hört von Andreas Wellano (Wuwei-Theater) auf dem Hochsitz eine Botschaft.

Am 7. Mai wird um 18 Uhr das MADE-Festival im Marburger Theater neben dem Turm mit ergreifenden Grußworten und einem Ballonakt eröffnet.

Weitere Infos unter: www.made-festival.de Text und Foto: Gesine Werner

37


KULTUR

&

KREATIVES

Sophie Hunger

Special we are

U

nter dem Motto „A Special Evening Part I & II” drückt das W-Festival im neuen Jahr etwas auf die Bremse und beschränkt die Festlichkeiten auf zwei Abende. Doch selten war eine kreative Pause so aufregend wie in diesem Fall. Schon seit 2012 findet das W-Festival, ehemals unter dem Namen Women of the World bekannt, in Frankfurt statt. Gezeigt werden ausschließlich weibliche Künstlerinnen – und über die Jahre spielte eine beachtliche Auswahl in der Mainmetropole: Alice Merton, Peaches. BOY, Beth Hart oder Bonny Tyler zählten in der Vergangenheit zu den etliche Highlights, die das Festival in die Stadt locken konnte. Da ist es nicht verwunderlich, dass 2020 etwas kürzer getreten wird. 38

Nouvelle Vague, Foto: Rod Maurice

WIESBADENER

I/2020


KULTUR

Und so wird sich das W-Festival „im kommenden Jahr eine kreative Auszeit nehmen, um 2021 strukturell weiterentwickelt und mit frischen Ideen 10-jähriges Jubiläum zu feiern", wie der Home-page zu entnehmen ist. Statt wie gewohnt über mehrere Tage in verschiedenen Locations zu feiern, führen dieses Mal alle Wege in die Alte Oper – und zwar nur am 22. und 23. Mai. Auch das Programm ist wesentlich reduzierter als üblich, doch keinesfalls weniger sehenswert. Zwei großen Namen geben dem W-Festival die Ehre und sollen dabei helfen, angemessen über die „Auszeit" zu kommen. Am Freitagabend, dem ersten Teil von „A Special Evening", gastiert die französische Formation „Nouvelle Vague" in der Alten Oper, die mit ihren Neu-Interpretationen weniger bekannten Stücken aus den

WIESBADENER

I/2020

70ern und 80ern bekannt geworden sind. Hier steht nicht simples Covern im Vordergrund, sondern mehr ein Neueinkleiden der Musik in ein frisches, verträumtes Gewand – typisch für die junge Band.

&

KREATIVES

Alle Informationen unter www.w-festival.de Konstantin Mahlow

Ein Tag später ist dann die Schweizer Singer-Songwriterin Sophie Hunger zu sehen. Die junge Dame, einst ein „Synonym für einen musikalischen Folk-Jazz-Hybrid", hat seit ihren Umzug nach Berlin die elektronische Musik für sich entdeckt und nennt ihren Sound heute selber „minimal electronic folk". Mit „Molecules" ist gerade ihr erstes englischsprachiges Album erschienen, mit der sie einen Hauch Berghain in die Oper bringen will – ein schöner Kontrast zum Vorabend und ein weiterer Beweis dafür, dass das W-Festival auch in Zukunft keine Berührungsängste mit modernen (weiblichen) Interpreten hat.

39


KULTUR

&

KREATIVES

Ministerin Andrea Dorn (rechts) stellt den Kunsthistoriker und Raffael-Experten Dr. Andreas Henning als neuen Museumsleiter vor.

Das Museum als analoger Schutzraum

Raffael-Experte Dr. Andreas Henning ist neuer Direktor des Landesmuseum Wiesbaden

I

m Landesmuseum Wiesbaden tut sich was. Die neue Kooperation mit der Wiesbadener Jugendwerkstatt und der Domäne Mechtildshausen machte aus dem Museumscafé Jawlensky das Café Mechtild.Und einen neuen Chef hat das Haus jetzt auch – den Raffael-Experten Dr. Andreas Henning.

Die hessische Wissenschafts- und Kunstministerin gab die als Geheimsache geltende Spitzen-Personalie, bei der allgemein mit einer weiblichen Besetzung gerechnet wurde, bekannt. Andrea Dorn vergab Vorschusslorbeeren an sein „Gespür, neues Publikum zu bekommen mit spannenden Ideen und neuen Formaten, die alle mitnehmen und begeistern”.

„Das Museum soll ein analoger Schutzraum sein, das Sinneserfahrungen aus eigener Wahrnehmung bietet. Die Sparten Kunst und Natur sind Zwillinge, die sich ergänzen.”

Der stellvertretende Direktor und Kurator für italienische Malerei an der Gemäldegalerie Alte Meister der staatlichen Kunstsammlungen Dresden war zuvor in der Casa di Goethe in Rom und an der Staatsgalerie Stuttgart.

Der Kunsthistoriker aus Dresden ist ab März 2020 Nachfolger von Dr. Alexander Klar. Der hatte das Haus in seiner neunjährigen Amtszeit zu publikumswirksamer Blüte gebracht und leitet seit August die Kunsthalle Hamburg. 40

Die „fantastischen Sammlungen” der neuen Wirkungsstätte sind ihm „Herzkammern”. Eine neue Dauerausstellung könnte im geplanten Museumsanbau Raum finden. Barrierefreiheit, auch mit „leichter

Sprache” und Inklusion sind dem neuen Museumschef wichtig. „Mehr Naturwissenschaft wagen” steht auf seiner Agenda. Dem Publikum soll der Blick hinter die Kulissen offeriert werden und Schulkinder dürfen sich demnächst – ähnlich wie im Dresdner Format „vor zehn” – in den Heiligen Hallen tummeln. Als „Teamarbeiter” will er „Erben für unser Erbe sensibilisieren”. Der Neu-Wiesbaden plant, an Behörden und Institutionen, „die sonst nichts mit einem Museum zu tun haben”, heranzutreten. Der gebürtige Westberliner wuchs in Kempen bei Krefeld auf, knüpfte als Zivi in Bad Soden erste Kontakte zu Wiesbaden, hat einen Bezug zu „seinem” Haus. 1991 war der Student der Geschichte und Germanistik aus Düsseldorf von der hiesigen Jawlensky-Schau beindruckt, wechselte zur Kunstgeschichte und promovierte zum Renaissance-Meister Raffael. Die gewünschte Anknüpfung an Gegenwartskunst lässt sich in Wiesbaden vollziehen. Text und Foto: Gesine Werner

WIESBADENER

I/2020


KULTUR

&

KREATIVES

Ball des Weines wird 20 Wiesbadener Kurhaus steht „In voller Blüte“

A

m 16. Mai erstrahlt das Wiesbadener Kurhaus in festlichem: Ein fulminantes Fest, eine rauschende Ballnacht – unter dem Motto „In voller Blüte” werden Augen strahlen und Gläser funkeln. Opulent und bunt soll es werden, denn der „Ball des Weines” wird 20. Vor zwei Jahrzehnten als junger Setzling liebevoll in die Erde eingebracht, steht der Ball heute in voller Blüte. Gehegt und gepflegt vom „Verband Deutscher Prädikatsweingüter e.V.” (VDP) – einer Weinfamilie, die zusammen mit all‘ ihren vielfältigen Familienmitgliedern in eine glanzvolle, blühende Zukunft blicken darf.

mit der Austernbar im Foyer. Hier gibt es später dann Käsespezialtäten aus dem Portfolio des „Frische Paradieses”, die perfekt zum Wein passen. Blumige Köstlichkeiten hält „Flach

Am 16. Mai sind die Gäste eingeladen, einzutauchen in ein Meer aus Blüten und in einem bunten Farbenrausch zu schwelgen. Für traumhafte Genüsse auf den Tellern sorgen zum Beispiel Ingo Holland vom „Alten Gewürzamt” und Nachbar Michael Kammermeier aus der „Ente”. Wieder mit dabei sind auch „Italia & Amore” aus Bozen mit sonnenverwöhnten Spezialitäten und das „Frische Paradies”

Service-Bund” für die Gäste bereit. Als Neuzugang wird das Hohensteiner „Hofgut Georgenthal” sich in die Herzen der Ballgäste kochen. Doch die absoluten Superstars des Abends sind die Weine der VDP.Winzer, ausgewählt mit Bedacht und mit viel Sachverstand zusammen gestellt für einen Abend der Superlative. Mehr noch: Aus gegebenem Anlass werden Weine aus 20 Jahrgängen zu verkos-

WIESBADENER

I/2020

Der WIESBADENER verlost 2 Flanierkarten zum diesjährigen „Ball des Weines” im Kurhaus Wiesbaden am 16. Mai 2020 ab 20.30 Uhr. Bitte beantworten Sie folgende Frage: Wie hieß das Motto des Ball des Weines im Jahre 2018? Einsendeschluss ist am 5. April 2020. Antwort bitte an: mail@media-futura.de, Stichwort: Ball des Weines 2020. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen!

ten sein. Eröffnet wird die Gala im Ballsaal um 19.00 Uhr mit einem edlen Tropfen von VDP. Winzer Günther Jauch, gefolgt von einem genussreichen Menü und flüssigem Traumstoff. Da tanzen die Geschmacksknospen auf der Zunge! Und bei der AbbaShow „Thank you for the Music” dürfen, ja sollen, dann alle im Sound der 70er mitswingen. Für die Besucher mit Flanierkarten öffnen sich um 20.30 Uhr die Tore zu einer kulinarischen Entdeckungsreise immer auf blumiger Spur. Alle Räume stehen im Zeichen einer Blume und laden als bunter Strauß zu einer Jubiläumsparty für Weinfreunde ein. Zwanzig Jahre Ball des Weines – das ist eine Ballgeschichte, die Menschen zusammengebracht hat. Am 16. Mai erstrahlt alles „in voller Blüte”. Informationen zum “Ball des Weines” unter www.balldesweines.de Flanierkarten über die Tourist Information Wiesbaden: Tel. 0611 17 29 930, Galakarten direkt im Projektbüro: info@balldesweines.de; Tel. 06722 75 05 215 41


KULTUR

&

KREATIVES

an einem Vertragsarbeiter aus Mosambik aufzuklären. Vater Rhein? Sollte er das tatsächlich sein, dann zeigen die Autorinnen Regina Schleheck aus Leverkusen und Fenna Williams aus Wiesbaden am Sonntag, 8. März, in der Volkshochschule, Villa Schnitzler, dass er nicht gut genug auf seine Kinder aufpasst, denn nach dieser Lesung fehlen von Mainz bis Köln einige seiner Kinder – für immer. Schleheck und Williams morden intelligent, mit Verve und Augenzwinkern und viel Gespür für Tatorte entlang des Flusses. Den Soundtrack zum mörderischen Geschehen links und rechts des Rheins liefert das Duo “bien sûr” mit der besonderen Stimme von Conny Krispin und der besonderen Stimmung durch den fretless Bass, gespielt von Focke Schmidt. Morbider Hörgenuss bei Prosecco und Kerzenschein!

Edgar Allan Poe

KrimiMärz Wiesbaden Mordstexte und einmal Suppe mit Edgar Allan Poe

B

is 28. März 2020 wird die hessische Landeshauptstadt anlässlich des KrimiMärz erneut zur interdisziplinären Spielstätte des Krimigenres. Zum Auftakt am Donnerstag, 27. Februar stellte der diesjährige KriDetektiv Alexander Schrumpf

mistipendiat, Max Annas, der für vier Wochen im Literaturhaus Villa Clementine wohnen und arbeiten wird, seinen aktuellen Roman “Morduntersuchungskommission” vor. Das Buch entführt seine Zuhörer und Leser in die DDR des Jahres 1983, als es gilt, den Mord

Ein besonderes Augenmerk liegt beim diesjährigen KrimiMärz auf Autorinnen und Autoren aus der Region ebenso wie auf Geschichten, die im Rhein-Main-Gebiet verortet sind. Zoë Beck - Krimistipendiatin von 2019 - kommt am 8. März zurück nach Wiesbaden und präsentiert ihren Kurzkrimi, der während ihre Aufenthaltes im letzten Jahr entstand, an einem ganz besonders kriminalistischen Ort: dem Polizeipräsidium Westhessen. Entstanden ist eine absurde Geschichte rund um den idyllischen Kurpark und die unterirdischen Flüsse, die sich durch Wiesbaden ziehen. Bei Reparaturarbeiten wird versehentlich eine Thermalquelle unterhalb der Spielbank freigelegt. Die Folgen sind verheerend, der Casinobetrieb bald in Folge der austretenden Wassermassen nicht mehr möglich. Eine Umwidmung des Gebäudes zum Badehaus scheint unausweichlich. In den Hauptrollen erleben wir eine Buchmacherin sowie eine Leiche, die im schwefeligen Wiesbadener Quellwasser liegend gefunden wird. Auch die grün gefiederten Halsbandsittiche mit ihrem markanten Geschrei und ihren unverwechselbaren Stoffwechselendprodukten haben ihren Auftritt. Regionale Delikte bilden auch beim Tatort Rhein-Main am 13. März den Schwerpunkt. Uli Aechtner, Sonja Rudorf und Charly Weller lassen

42

WIESBADENER

I/2020


KULTUR

Fenna Williams

das Publikum an der Verbrechensbekämpfung zwischen Wetterau und Frankfurt teilhaben. Und während am 21. März die Autoren Stefan Koldehoff und Tobias Timm über Kunst und Verbrechen im Museum Wiesbaden diskutieren, führt am 26. März die Suppenlesung während der Mittagspause rund um Edgar Allan Poe zurück zu den Wurzeln der Schauerliteratur.

Zu diesem Angebot in der Mittagspause gehören eine Suppe (Die Hofköche), Brot und Wasser sowie zum Nachtisch das Buch aus dem WIESBADENER

I/2020

KREATIVES

Zoë Beck

Marix-Verlag, das als Vorlage für die Lesung diente.

deutschland und „das System”, das an so vielem schuld sein soll.

Aus “All die unbewohnten Zimmer” liest Friedrich Ani am Donnerstag, 19. März, um 19.30 Uhr im Literaturhaus. Es moderiert Margarete von Schwarzkopf. Nahezu beiläufig führt Friedrich Ani in seinem neuen Roman die bekanntesten Ermittler aus früheren Büchern zusammen.

Als ganz besonderes Krimi-Spektakel beschließt die Wiesbadener Autorengruppe “Dostojewskis Erben” den KrimiMärz am 27. März. Gewitzte Bewohner einer SeniorenWG, rigorose Umwelt-Aktivisten und ausgebuffte GentlemenGangster verfolgen, ohne voreinander zu wissen, ein lukratives Ziel: Sie wollen einen zwielichtigen Wiesbadener Bankier um sein Schwarzgeld erleichtern. Während die agilen Senioren brachliegende Fertigkeiten mobilisieren und sich die Klimaschützer mit der ökologisch korrekten Umsetzung ihrer erpresserischen Pläne herumschlagen, vergreift sich das Gangsterquartett nicht nur im Ton. Mit amüsant-spannenden Texten und in szenischen Lesungen unterhalten die KrimiSpezialisten der Autorengruppe Dostojewskis Erben ihr Publikum in drei Räumen des Literaturhauses mit den kriminellen Verwirrungen ihrer Protagonisten.

Zwei treffen sich vor der Kulisse des Münchener Hauptbahnhofs, zwei weitere kommen unverhofft hinzu. Schließlich spüren Tabor Süden, Polonius Fischer, Jakob Franck und Fariza Nasri mehr oder weniger gemeinsam der Ermordung einer Frau und der Erschlagung eines Streifenpolizisten nach.

Und was wäre die Verbrechensbekämpfung schließlich ohne Nachwuchs? Getreu dem Motto “Früh übt sich, wer ein Meister werden will” können am 2. März Kinder und Jugendliche bei einem Workshop mit der Detektei Schrumpf von einem echten Detektiv lernen oder sich am 28. März in und um die Mauritius-Mediathek bei einer Schnitzeljagd auf die Suche nach der versteckten Beute eines Bücherdiebes machen.

Friedrich Ani

Zur Suppenlesung mit Texten von Edgar Allan Poe lädt das Literaturhaus am Montag, 16. März, um 12.30 Uhr ein. Es liest Armin Conrad, die Moderation übernimmt Rita Thies. Ungelöste Mordfälle, schwarze Katzen, mysteriöse Briefe und rätselhafte Käfer – wer eignet sich besser für eine Krimilesung als Edgar Allan Poe? Mit seinen Detektiv- und Schauergeschichten inspirierte der Autor des “Raben” unzählige Meisterwerke der Krimiund Horrorliteratur.

&

“Die Vier” bekommen es dabei mit Zeugen, die nichts gesehen haben wollen, Vermissten, die zur Aufklärung beitragen sollen und falschen Geständnissen zu tun. Nachfolgeverbrechen können sie ebenso wenig verhindern wie öffentliche Debatten über die unfähige Polizei, Flüchtlingskinder, Ost- und West-

Weitere Infos unter: www.wiesbaden.de/kultur/ literatur/veranstaltungen/ wiesbadener-krimimaerz.php 43


KULTUR

&

KREATIVES

Von 19 bis 24 Uhr können die teilnehmenden 25 Institutionen und Galerien im Rundgang kostenlos besucht werden. Es geht aber auch mobil mit unserem OLDTIMER-SHUTTLE-SERVICE, dem “ROLLENDEN MUSEUM” mit seinen 100 Oldtimern. Diese beliebte Attraktion lädt die Gäste zu einer Zeitreise ein. Ein- und Ausstieg ist aber nur an den 5 festgelegten Haltestellen möglich. 2020 neu dabei sind die HS Galerie, Oranienstr. 6, die Galerie Rubrechtcontemporary in der Büdingenstraße 4-6, die Westendgalerie Freiluftgalerie, Kreuzung Bismarckring, Goeben-Bertram-straße und das Kunsthaus Weinstock im Kaiser Friedrich Ring 63.

Die „Kurze Nacht” – wie alles begann Was heute als touristische Attraktion in vielen deutschen Städten das ganze Jahr über anzutreffen ist, war vor 20 Jahren nahezu unbekannt. Macher der „Kurzen Nacht“: Galerist Erhard Witzel

„Von Anfang an ein Erfolgsmodell” 20 Jahre „Kurze Nacht der Museen und Galerien” – Wiesbaden freut sich auf ein besonderes kulturelles Jubiläum

A

m Samstag, 18. April 2020, laden die Wiesbadener Galerien und Museen, der Nassauische Kunstverein und der Kunstverein Bellevue-Saal in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Stadt Wiesbaden zum kostenlosen Besuch in ihre Ausstellungen ein. Diese attraktive nächtliche Kulturveranstaltung mit ihrem immer wieder spannenden und facettenreichen Programm lockt jedes Jahr Tausende von Besuchern aus nah und fern in die Landeshauptstadt.

Die Berliner waren die ersten, die 1997 mit ihrer „langen Nacht der Museen” tausende Besucher zur nächtlichen Zeit in die Kulturtempel der Stadt lockten. Welche Anziehungskraft eine solche Veranstaltung entwickeln kann, hatte die damalige Wiesbadener Kulturdezernentin Rita Thies frühzeitig erkannt. Da das Kulturamt so etwas nicht selbst durchführen konnte oder wollte, gewann sie den Wiesbadener Galeristen Erhard Witzel dazu, etwas ähnliches

Flyer der ersten „Kurzen Nacht“ 2001

Um 18.00 Uhr wird die KURZE NACHT 2020 von dem Kulturdezernenten der Stadt Wiesbaden, Stadtrat Axel Imholz, und dem Organisator der Veranstaltung, Erhard Witzel, im Frauenmuseum, Wörthstraße 5, 65185 Wiesbaden eröffnet. 44

WIESBADENER

I/2020


KULTUR

&

KREATIVES

für die hessische Landeshauptstadt zu organisieren. Der war von dieser Idee völlig begeistert und übernahm, im Zusammenspiel mit den anderen GaleriekollegInnen, die Planung für die „Kurze Nacht”. Um sich von den damaligen Vorreitern Berlin und Stuttgart abzusetzen, beschloss man, Galerien und Museen gleichberechtigt ins Boot zu holen und zugleich die erste ihrer Art im Kalenderjahr zu sein. So gab es in Wiesbaden von Beginn im Jahre 2001 an nie eine „lange”, sondern immer eine „Kurze Nacht” – die bis 2012 in der Nacht der Umstellung auf die Sommerzeit stattfand. Klar war auch, dass kein Eintritt verlangt wird, dass zur Kunst ein „genussvolles” Rahmenprogramm angeboten wird und man sich am Ende zur Abschlussparty trifft. Besucher der ersten Nächte werden sich mit Sicherheit an die legendäre Party mit Tanz auf der Straße vor der Villa Clementine erinnern, und Erhard Witzel ist es noch heute nicht klar, wie es ihm gelang, beim ersten Mal ins einer Galerie 800 Caipis zu machen. Von Anfang an war die Veranstaltung ein Erfolgsmodell. Schon beim ersten Mal gab es über 20 Teilnehmer, die sich bis heute im Schnitt über 8000 bis 10.000 Besucher freuen – nicht nur Wiesbadener, sondern Interessierte aus dem gesamten, erweiterten Rhein-Main-Gebiet. Große Verkaufsumsätze wurden in den Galerien nie gemacht, doch entstanden dafür viele fruchtbare Kontakte: Zugleich bewies die Veranstaltung, dass Wiesbaden eben nicht

Als die „Kurze Nacht“ noch jung war. Foto: von links die Galeristen Erhard Witzel, Ulrike Buschlinger und Gottfried Hafemann

nur der verschlafene Kurort und die Wohnstadt von Frankfurt ist. 2013 kam das „rollende Museum” dazu – ein Oldtimer-Shuttle-Service zu den teilnehmenden Orten, der von Beginn an von vielen Besuchern in Anspruch genommen wurde. Zu diesem Zeitpunkt musste man von der Nacht der Zeitumstellung abweichen, doch die Veranstalter stellten fest, dass dieser Zusammenhang keine Bedeutung mehr hatte. Die „Kurze Nacht” war zur Marke geworden, und wann sie nun genau stattfindet, wurde zweitrangig. Und wer so viel Gutes tut…der wird auch belohnt, in diesem Fall 2015 mit dem Kulturpreis der Stadt Wiesbaden. Nun also feiert die Stadt das 20jährige Jubiläum der „Kurzen

Nacht” – mit demselben Budget wie immer, diesmal ohne Abschlussparty, aber weiterhin bei freiem Eintritt. „Wenn Geld genommen werden würde, ist das nicht mehr mein Event” meint Organisator Erhard Witzel. 70 Jahre ist er mittlerweile alt, und sein Traum ist es, noch bis zur 25. „Kurzen Nacht” federführend dabei zu sein. Dann wird er 75 und zusammen werden beide 100. Natürlich denkt er bereits über eine mögliche Nachfolge nach. Doch mit dem Nachwuchs sieht es derzeit merkwürdig aus. Für Galeristen ist das Leben und Arbeiten im Vergleich zu früheren Zeiten sehr schwierig geworden. Dabei sind es nicht nur die steigenden Raummieten in den Innenstädten und die kuriose Mehrwertsteuerregelung, die den Galeristen zu schaffen machen. „Es ist für viele kein Muss mehr, zu Hause Kunst zu haben wie vor 30 Jahren. Das Geld geht woanders hin, das Sozialprestige definiert sich heute anders. Das trifft auch die Galerien – nicht nur in Wiesbaden”, erklärt sich Erhard Witzel die aktuelle Situation. Der Interessengemeinschaft (IG) Wiesbadener Galerien, die seit 2004 aktiv ist, attestiert er zur Zeit eine leichte Herzinsuffizienz, aber: „Ideen haben wir immer – da muss man nur den richtigen Knopf drücken, da laufen wir zur Hochform auf.” Vielleich dürfen die Wiesbadener das schon nächstes Jahr erleben, wenn es für den ehemaligen „Kunstsommer” eine neue Nachfolgeveranstaltung geben könnte. www.kurze-nacht.de

WIESBADENER

I/2020

45


KULTUR

&

KREATIVES

nach der HDW-Schließung nicht lange und landete einen Coup. Das Restaurant am Gutenbergplatz neben dem Staatstheater, das von 60 bis 70 Prozent der Theatergäste vor oder nach dem Theatergenuss besucht wird, betreibt der Musentempel jetzt in eigener Regie. „Die Leute kommen dann früher und bleiben länger bei uns“, freut sich der Intendant auf Synergieeffekte. „Der Theaterbesuch wird damit noch stärker zu einem Gesamterlebnis.“ Der aus Österreich stammende Gastrofachmann Martin Joham (Gauls, Proviantamt, Laubenheimer Höhe) kam als Experte an Bord. Nach Sanierung und Umbau mit entsprechender Gestaltung können Lesungen, Diskussionsrunden, Einführungen, Nachgespräche und literarische Salons in der HDWBeletage den Appetit auf Theater nebenan wecken. Und wer ins HDW geht, traut sich auch ins Theater. Bereichernder Einfluss als wechselseitiger Effekt.

Stehen für die Fusion von Spielplan und Speiseplan: Staatstheater-Intendant Markus Müller und Gastronomie-Fachmann Martin Joham vor dem HDW, in dem sich das Große Haus spiegelt.

2014 vom Staatstheater Nürnberg nach Mainz kam, Geschäftsführender Theaterdirektor. Auf Vorschlag des Aufsichtsratsvorsitzenden Michael Ebling und seines Stellvertreters Dr. Denis Alt in Absprache mit dem Theaterbeirat war er von Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung einstimmig gewählt worden. Nach dem BWL-Studium und Tätigkeit in der Industrie ging der spätere Gründungsdirektor der Augsburger Puppenspiele in verschiedenen Positionen ans Theater – Stationen waren Trier, Mannheim, Nürnberg. In seiner neuen Funktion gilt es Erik Raskopf, „den erfolgreichen Weg des Staatstheaters Mainz zu stabilisieren und weiterhin neugierig zu gestalten.“ Text und Foto: Gesine Werner

Der neue Geschäftsführende Theaterdirektor Erik Raskopf hat den Staffelstab von Volker Bierwirth übernommen.

Jedenfalls wird es am Gutenbergplatz Gastronomie „aus einem Guss“ geben mit zentraler Openair-Bewirtschaftung und Eigenversorgung der Belegschaft durch die HDW-Küche. Die Kantine des Staatstheaters hat einen neuen Look und ist in Betrieb. Das Haus des Weines gilt als alteingesessene Institution über die Stadt-

Die Theater-Kunst der Kulinarik

D

as Staatstheater Mainz geht unter die Weinwirte, betreibt Gastronomie und hat einen neuen Geschäftsführenden Theaterdirektor Fusion von Spielplan mit Speiseplan. So geht Theater heute. Bühnen und (Wein-)Wirtschaft in einer Hand – Gastfreundlich sein leicht gemacht. Der Paukenschlag von Mainz dürfte bundesweit einzigartig sein – der Musentempel übernimmt die Theaterkantine und die Foyerbewirtung und wird das „Haus des Weines (HDW)“ bespielen. Das Staatstheater als Gastgeber auf allen Bühnen. Das Restaurant PUR ist Geschichte. Intendant Markus Müller ist immer für eine kreative Idee gut, fackelte 46

grenzen hinaus. Ab Mitte Januar ist wieder Leben in der Bude. Die von der Wohnbau getragene Erneuerung und Ertüchtigung soll zum Oktober beendet sein. Mit der Abnahme könnte der langfristige Mietvertrag beginnen. Bei Redaktionsschluss lag der auf 15 Jahre avisierte Vertrag mit der HDWEignerin unterschriftsreif vor. Noch etwas Neues: Am 1. März hat der stellvertretende Intendant Erik Raskopf den Staffelstab von Volker Bierwirth übernommen, der sich nach 19 Jahren erfolgreicher Tätigkeit als Geschäftsführender Theaterdirektor in den Ruhestand verabschiedet hat. Jetzt ist der bisherige Chefdisponent, künstlerische Betriebsdirektor und Prokurist, der WIESBADENER

I/2020


KULTOUREN

Die Ohren können große Augen machen: Der Bellevue-Saal als „Klangraum” von sculpturetones, in dem Wolfgang Stamm (vorne) mit dem Gast Helmut Rücker zugange ist.

Das Forum Demenz Wiesbaden geht mehr an die Öffentlichkeit mit Dezernent Christoph Manjura, Ulrike von Schilling, Daniela Leß und Johannes Weber (von links).

Klangraum und Fragmente, Kunst im Duett und ein Silberjubiläum im Bellevue-Saal

Lebenslust mit Demenz

Kunst darf Spaß machen, besonders dann, wenn sie von „gesellschaftlicher Relevanz“ ist und im piekfeinen Bellevuesaal gezeigt wird. Und selbstflüsternd darf sie gern auch mal „lautstark“ sein. Denn dann gib es immer etwas Besonderes auf die Lauscher. In diesem tönenden Sinne können sie getrost als „Wiederholungstäter“ gelten. Zum Silberjubiläum des Vereins und jetzt ein zweites Mal hatten die „sculpturetones“ Axel Schweppe und Wolfgang Stamm den einstigen Speisesaal des noblen Kurhotels Bellevue als „Klangraum“ ausstaffiert mit Töpfen, Pfannen, Blechdeckeln & Co. und dem pfiffigen Arsenal aus gesammelten Fundstücken und ererbten Alltagsgegenständen. Ob Hörplatz, Spielplatz (zum selber Spielen) oder Konzertplatz mit Elektronik für die ungewöhnlichen Konzerte der beiden Musikanten. Hier trifft Pappe auf Glas und Metall und Schieferplatten. Feuerlöscher verträgt sich mit Sandfang und Orgelpfeife, mit Benzinkanister und Milchkanne. Nicht zu vergessen: das Bechamelsaucenschüssel-Set. Paellapfannen geben sich ein Stelldichein, der imposante Deckel von Omas riesigem Metzelsuppentopf kommt zu neuen Ehren. Der ganze Raum ist Klang und Geräusch und Sound. „Unseren Klangraum verstehen wir als Anstiftung zum Zuhören“, animieren die Zwei von der Klangstelle zu Aktivitäten mit Schlägeln aller Couleur. Musikinstrumente zu Skulpturen. „Der Sound des Duos bewegt sich im Spannungsfeld von offenen Klanglandschaften und rhythmischen Geometrien.“ Der Klangraum „rückt den Fokus von der sichtbaren Ebene auf den Klang der Dinge und lädt dabei zu vertiefender Wahrnehmung ein“, wird mitgeteilt. Und besonders Kinder trauen sich, nach Herzenslust Tamtam zu machen. Hauptsache Spaß. Der gewitzte Klangraum kann auch in einzelnen Teilen gezeigt und in Ausstellungen oder andere Projekte integriert werden. www.sculpturetones.de www.kunstverein-bellevue-saal.de Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER

I/2020

Das Netzwerk „Forum Demenz Wiesbaden” will neue Zielgruppen erreichen Das „Forum Demenz Wiesbaden“ hat seine Geschäftsstelle neu aufgestellt und geht mit mehr Informationen an die Öffentlichkeit. „Es geht uns um möglichst gutes Leben mit Demenz in Wiesbaden. Wir wollen Berührungsängste abbauen. Die Stadt stellt sich dieser positiven Herausforderung und will die Menschen so gut es geht, begleiten“, erläuterte Stadtrat Christoph Manjura. Der Sozialdezernent stellte gemeinsam mit Daniela Leß, ab Januar Leiterin des Amtes für Soziale Arbeit sowie Johannes Weber, inzwischen pensionierter Leiter der Abteilung Altenarbeit sowie Ulrike von Schilling vom Forum Demenz das Netzwerk vor. „Diese nicht heilbare Krankheit kann uns alle treffen. Wir sind alle gefragt im nachbarschaftlichen Miteinander.“ Derzeit leben in Wiesbaden rund 4500 Menschen mit verschiedenen Schweregraden der Demenz, die sich in vielfältiger Form äußert. Angehörige und das soziale Umfeld sind gefordert. Es geht um „Lebenslust mit Demenz“, wie die Fotobroschüre des Forums über einen gemeinsamen Sommerurlaub „statt einsam zu Hause“ zeigt. „Eine Reise in die Eifel“ ermöglicht seit 2009 jeweils zehn Angehörigen mit ihren demenziell Betroffenen dringend notwendige Momente der Entspannung und Ruhe. Das 2007 gegründete Forum Demenz Wiesbaden ist ein weit verzweigtes Netzwerk von „Institutionen der Altenarbeit und des Gesundheitswesens“ in Wiesbaden „mit Angeboten für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen.“ Das Forum informiert und macht auf Angebote aufmerksam, öffnet Zugänge zu einer besseren Versorgung und vernetzt, es qualifiziert Haupt- und Ehrenamtliche. Dem Zusammenschluss gehören mehr als 35 Partnerorganisationen an Partner aus Aufgabenfeldern wie Diagnostik, Beratung, Behandlung, Betreuung sowie Vor- und Nachsorge sind an Bord, auch die Rettungsdienste. Das Bündnis ist „Kooperations- und Kommunikationsplattform für Altenhilfedienste und Pflegeeinrichtungen, für Kliniken und Arztpraxen, die sich besonders für ältere Menschen engagieren.“ Es werden „Augenblicke der Freude, Zufriedenheit und Gemeinsamkeit“ gefördert durch kreative Erlebnisse. Am 25. April bietet das Forum Demenz beim Patiententag im Rathaus einen Infostand an. Die Alzheimer-Gesellschaft offeriert einen Memory-Test. Kontakt zum Forum Demenz: Forum.demenz@wiesbaden.de, www.forum-demenz-wiesbaden.de Telefon: 0611 – 31-3488 (Ulrike von Schilling) Text und Foto: Gesine Werner 47


KULTOUREN

Der neue Gestaltungsbeirat Wiesbaden stellt sich vor: Professor Udo Gleim, Professor Michael Obrist, Professor Roland Burgard, Professorin Sophie Wolfrum, Vorsitzende Dr. Rena Wandel-Hoefer, Jan Knikker und Lorenz Dexler gehören dem Fachgremium an.

Die Stadt als zukunftsfähige Architektur Neuer Wiesbadener Gestaltungs- und Denkmalschutzbeirat ist international besetzt Wiesbaden hat einen neuen Gestaltungsbeirat. Das 2013 gestartete und bislang für zwei Jahre gewählte Ehrenamts- Gremium begleitet jetzt in einer dreijährigen Amtszeit städtische und private Bauvorhaben in der Landeshauptstadt. Erstmals ist der Gestaltungs- und Denkmalbeirat international besetzt mit Koryphäen aus Deutschland, Südtirol und den Niederlanden. Stadtrat Hans-Martin Kessler lobte den „Erfahrungsschatz“ von Dr. Rena Wandel-Hoefer und Lorenz Dexler als Beiratsmitglieder seit der letzten Amtszeit. Vorsitzende ist die international versierte, frühere Saarbrücker Baudezernentin Dr. Wandel-Hoefer. Die Sachverständigen aus Architektur, Denkmalschutz, Stadtplanung und Landschafts-Architektur sprechen Klartext. „Senior“ Professor Roland Burgard bringt neben der Lehrtätigkeit an der TU Wien Erfahrungen als Hochbauamtsleiter (Museumsufer Frankfurt) ein und steht für „Wohnbau neu gedacht“. Der Berliner Landschaftsarchitekt Lorenz Dexler kommt „aus der Praxis“, ist vielfach preisgekrönt (UNESCO-Weltkulturerbe Kloster Lorsch), internationaler Dozent und Juror. Udo Gleim ist renommierter Professor für Baugeschichte, Denkmalpflege, Bauaufnahme und Entwerfen an der Hochschule Darmstadt. Ein „Niederländer mit deutschem Akzent“ aus Bad Soden ist Jan Knikker, der Projekte in Holland und Deutschland begleitet. Bürgerbeteiligung sieht er als unabdingbar an. Aus Südtirol kommt der staatspreisgekrönte Architekt Michael Obrist, Professor für Wohnbau und Entwerfen der TU Wien. Er steht für Zukunftsforschung zwischen Wohnbau und Städtebau. „Alle Städte ringen um die Zukunft“, betont die städtebaupreisgekrönte Architektin Sophie Wolfrum. Sie plädiert für „die Stadt als Architektur“ und „zukunftsfähiges Bauen“. Die Professorin der TU München betont: „Wiesbaden ist gesegnet mit baukulturellem Erbe“. Zur Premiere nahm der Beirat den „Holz-Wohnturm mit Kita“ in Kastel Housing unter die Lupe, forderte einen stimmigen Masterplan.

Text und Foto: Gesine Werner

48

Pastorin Rosalind Gnatt hat sich im Gemeindebüro der Bergkirche mit Büchern von Tracy C. West, Martin Niemöller, Dietrich Bonhoeffer, Dorothee Sölle und einer Ikone mit dem feminin anmutenden Erzengel Michael sowie dem polnischen Holzschnitt mit trauerndem Jesus umgeben.

All you need is love Englischsprachiger Gottesdienst macht die Bergkirche zum Klangraum „Wer gut singt, betet zweimal“ wird als Ausspruch dem heiligen Augustinus zugeschrieben. Pastorin Rosalind Gnatt hat das English Community Outreach Project Protestant Deanery of Wiesbaden in der Bergkirche aufgebaut, ist ausgebildete Opernsängerin und immer für eine kreative Idee gut. Unvergessen das ökumenische Bergkirchen-Konzert zum jüdischen Feiertag Jom Kippur. Unter dem Titel „Leonard Bernstein – his songs“ machte ein Sternstündlein die bestens besuchten Bergkirche zum Klangraum. Am 16. April gastiert das exzellente Ensemble mit dem preisgekrönten Pianisten Rhodri Britton, Australia-Opera Grant-Gewinner Daniel Carison, der preisgekrönten Sopranistin Deborah Lynn Cole und der gleichfalls prämiierten Mezzosopranistin Tami Jantzi im Prunkfoyer des Staatstheaters Wiesbaden. Ein Teil der Einnahmen unterstützt das English Community Project. Ein Clou: Pastorin Gnatt konnte die beliebte Singersongwriterin Sonia, (übrigens die Cousine von Bob Dylan, für ein Konzert gewinnen. Am 23. April macht „Sonia disappear fear“ auf ihrer Tournee Station in der Bergkirche mit ihrem Programm „Love out loud“ vor (20 Uhr). Zur gemütlichen „dinnerchurch“ lädt Rosalind Gnatt am zweiten Sonntag jeden Monats ein in die Küche des Gemeindehauses. In der Steingasse 9 wird bei mitgebrachten Speisen wie zu Jesu Zeiten gemeinsam gegessen, gesungen, gebetet und palavert. Am 8. März wird ab 18 Uhr bei gedecktem Tisch wieder „Brot und Wein“ geteilt. Der englischsprachige Gottesdienst berührt mit familiärer Atmosphäre. Die erfrischende Musikwahl und das Vater Unser der Maori sorgen für Wohlfühl-Atmosphäre. Wer wenig oder gar kein Englisch versteht, liest die Predigt - die immer aktuelle Bezüge aufgreift und persönliche Anmerkungen nicht scheut – auf Deutsch mit. In der Predigt zum „Brot des Lebens“ beschrieb die „zweimal getaufte“ Pastorin ihre Theologie in drei Worten:„Jesus liebt mich“und zitierte den Song der Beatles: „All you need is love“. Am Palmsonntag, 5. April, 11 Uhr, geht es im Gottesdienst um die Salbung in Bethanien „und wie eine Frau Jesus erkannt hat, während seine Jünger noch keine Ahnung hatten“, deutet Pastorin Gnatt an. Info: r.gnatt@bergkirche.de

Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER

I/2020


KULTOUREN

Die 124. Internationalen Maifestspiele Wiesbaden stellen vor: Staatsballett-Chef Tim Plegge, Intendant Uwe-Eric Laufenberg, Verwaltungsdirektor Bernd Fülle und OB Gert-Uwe Mende (von links). Ifflandring-Träger Jens Harzer (im Hintergrund) gastiert mit „Iwanow” und einer Hölderlin-Lesung.

„O sink hernieder, Nacht der Liebe” 124. Internationale Maifestspiele Wiesbaden laden zu Oper, Schauspiel, Tanz, Performance und Jungem Programm Hochkarätiges Schauspiel mit Wiesbadener Eigengewächsen wie Jens Harzer („Iwanow“) und Jasna Fritzi Bauer, Opernstars und exquisiter Tanz - Wiesbaden ist wieder Theaterhotspot. Unter dem Titel: „O sink hernieder, Nacht der Liebe“ kommt der Wonnemonat am Musentempel daher. Die 124. Internationalen Maifestspiele bieten vom 1. bis 31. Mai 2020 Oper, Tanz, Schauspiel, Junge Maifestspiele in Spitzenqualität. Das Motto stammt aus „Tristan und Isolde“. Mit seiner Sicht der Wagner-Oper in Bayreuth-Besetzung (Lance Ryan/Andreas Schager, Catherine Foster, die am 4. Mai die „Elektra“ von Richard Strauss singt), startet Intendant Uwe Eric Laufenberg das Festival. „Das wichtigste Kulturereignis der Stadt“ bekam mit der Etaterhöhung um 290.000 Euro „einen ordentlichen Schluck aus der Pulle“, strahlt Gert-Uwe Mende. Der Oberbürgermeister kündigte zum 75. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai das „War Requiem“ an mit Oliver Zwarg. Michal Volle steuert Michiel Dijkemas legendären „Fliegenden Holländer“ ein letztes Mal in den Saal. Starsopran Anna Harteros singt die Marschallin und „Tosca“. Die israelische Produktion von Einat Weitzmann „Palestine, Year Zero“ kommt aus Ramallah. Das Thalia-Theater zeigt Nino Haratischwilis „Die Katze und der General“. Mit dem „unendlichen Spaß“ kommt Jasna Fritzi Bauer wieder heim. In Anne Lenks „Menschenfeind“Sicht ist IMF-Liebling Ulrich Matthes zu genießen. Viermal holt Ballettdirektor Tim Plegge Exzellenztanz. Aus Burkina Faso kommt „Kirina“, spanisch kommt uns „Viva!“ vor mit sechs Flamenco-Tänzern im Schleppenkleid. Das belgische „Kind“ von Peeping Tom ist für Publikum ab zwölf geeignet. Aus Taiwan kommt „Innermost“. Die Wiener Schauspielerin Chris Pichler widmet sich mit der Kammermusikvereinigung Thomas Manns Novelle „Tristan“. Kammersänger Thomas de Vries bietet mit dem Ensemble Mattiacis und Sopran Dorothee Mields italienische Barockmusik. www.maifestspiele.de

Text und Foto: Gesine Werner

WIESBADENER

I/2020

Dem “Jugendstil in Wien” haben Konzertpianistin Sigrid JennesMüller, Sopranistin Mary Lou Sullivan-Delcroix und Schauspielerin Gabriele Regensburger nachgespürt für ihr Konzert im HinterhofPalazzo.

Jugendstil in Wien – Musik & Literatur Feminines Trio im Hinterhof-Palazzo Palazzo im Rahmen des Jugendstil-Jahres Wiesbaden 2019/2020 Es wird eine wunderbare Weaner Melange, die dem geneigten Publikum im traditionsreichen Ambiente des Hinterhof-Palazzos kredenzt wird. Brettl-Lieder von Arnold Schönberg treffen auf Lieder von Alma Mahler und Gemahl Gustav, Kritiken der Wiener Presse treffen auf Gedichte von Richard Dehmel. Und die jüdische Salonniere und GEDOK-Gründerin Ida Dehmel schwebt als guter Geist über dem Unterfangen. „Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding“. Hugo von Hoffmannsthal und Richard Strauss mit der Feldmarschallin, Maurice Maeterlinck und Alex Zemlinsky sind auch mit von der Partie. Peter Altenburg und Arthur Schnitzler fehlen auch nicht. Wenn „der genügsame Liebhaber“ auf den „Koberer“ trifft, dann sind die „drei Schwestern“ der „Stimme des Abends“ zugetan. Am 22. März beginnt um 17 ein exquisites Konzert im Hinterhof-Palazzo: „Jugendstil in Wien - Musik und Literatur“ nennt das hochkarätige Trio sein breit gefächertes Programm, das im Rahmen des Jugendstil-Jahres Wiesbaden 2019/2020 uraufgeführt wird. Mary Lou Sullivan-Delcroix, die Vielsaitigkeits-Künstlerin mit dem großen Herzen, ist eingebunden in das Oral history-Projekt „Erlebte Geschichte & Geschichten“ des Stadtarchiv-Fördervereins. Ihre interdisziplinäre „Werkstatt für Gesang, Spiel und Sprache“ im Hinterhof-Palazzo ist eine bundesweit einzigartige „Institution“ und steuert mit Elan auf das Vierzigjährige zu. Hausherrin und Sopranistin Mary Lou, Konzertpianistin Sigrid Jennes-Müller und Schauspielerin Gabriele Regensburger haben auf ihren Fachgebieten intensiv geforscht. Die Kompositionen in Wort und Klang, Text und Musik sind inhaltlich verwoben. Alles rankt sich um Liebe, Erotik, Tod. Auch der Humor kommt nicht zu kurz. Vom 29. April bis zum 3. Mai 2020 bietet die Musikpädagogin mit Michael Scheich das Intensiv-Seminar „Stimme und Biographie I“ an. Anmeldung org@trialog-info.de. „Vergessenen Romantikern“ wie Robert Franz und Theodor Kirchner widmet sich der Liederabend am 10. Mai um 17 Uhr. www.hinterhof-palazzo.de Text und Foto: Gesine Werner 49


KULTOUREN

Im neuen Museumscafé Mechtild präsentieren Werner Backes (WJW), Dr. Jörg Daur (Museum Wiesbaden und Stadtrat Christoph Manjura (von links) Torten der Hofkonditorei Domäne Mechtildshausen.

Bei der Mainzer Fastnachtsposse rollt schon Tage zuvor der Rosenmontagszuch über die Bühne. Die dürfen das, die Scheierborzeler des MCV.

Torten und Snacks in edlem Ambiente

Ein Kommissar in närrischer Gesellschaft

Café Mechtild im Landesmuseum als Kooperation mit der Wiesbadener Jugendwerkstatt

Mainzer Fastnachtsposse des MCV im Staatstheater Mainz als rabenschwarzes Vergnügen

Die Domäne Mechtildshausen der Wiesbadener Jugendwerkstatt (WJW) kooperiert mit dem Landesmuseum und kam „näher in die Stadt.“ Jetzt lädt das „Café Mechtild“ hinter eleganter Glastür zum Verweilen im Museum ein.

Helau! In Meenz gehen die Uhren ein bisschen anders. Da heißt es schon mal am Dienstag zuvor „de Zuch kimmt“ und der Rosenmontagszuch rollt zünftig mit Schwellköpp und Garden und Mussig und einem aktuellen Motivwagen (samt OB) am Musentempel vorbei. Die dürfen das, die Scheierborzeler im Mainzer Carneval-Verein 1838 e.V., dessen Komitee mit dem Präsidenten Professor Dr. Urban feierlich ins Große Haus einzieht und Jaqueline I. als „die bessere und schönere Hälfte“ des MCC-Prinzenpaares samt Hofstaat flankiert. Der Mainzer Carneval-Club leistet sich zum 11 x 11jährigen Bestehen ein royales Paar. Ordensgeschmückte Gardisten, Clowns & Co. im Parkett und auf der Bühne geht es rund beim großen Feuerwehrball in Obernarrenheim: „Feuer und Flamme bis Aschermittwoch!“ Vom Pfarrer Hape Weihrauch (Herbert Steinbauer) nebst Pfarrersköchin Agnes Frohwein (Sylvia Planitzer) und Dorfpolizist Martin Butzbacher (Franz Pohl) bis Feuerwehrmann Schorschi (Sabine Bonewitz) sind alle gut drauf - bis Moppes (Michael Peter) nicht mehr stehen kann. Der is „die Fassenachtsleich`“ und ein Kommissar (Andreas Kerz) ermittelt „in närrischer Gesellschaft“ am Tatort. Die Todesursache wird in der „Obduktionswerkstatt“ geklärt - mit überraschendem Resultat. Die traditionelle Fastnachtsposse des MCV ging im vierfarbbunt dekorierten Musentempel über die Bühne(n), das Foyer spielte in der Pause mit. Die Posse von Lisa Hanöffner & Thomas Brückner hat Heidi Pohl mit Liebe zum Detail inszeniert. Luis de Funès und Agatha Christie sind mit von der Partie. Für den musikalischen Schwung sorgte Mike Millard, für die augenzwinkernd fetzige Choreographie Ingrid Lupescu Mit Klaus Köhler und Jeremias Beckford als „Notarzt“ sind Profis aus dem Schauspielensemble dabei. Das köstliche Bühnenbild schuf Lisa Maline Busse. Die Scheierborzeler haben den Theaterfundus geplündert, „die Liebe zu 3 Orangen“ und Ronja Räubertochter lassen grüßen. „Und mir schwenke die Fahne“ wird das komplette Haus zum Chor und das „Schi-Scha-Schunkele im Helle und Dunkele“ kommt auch nicht zu kurz.

„Es geht voran!“ Sozialdezernent Christoph Manjura ist als Aufsichtsratsvorsitzendem der WJW der „Rückenwind für den Ausbildungsbetrieb der Domäne“ wichtig, „die auf der Kulturmeile für die Stadtgesellschaft sichtbarer wird. Die Auszubildenden kommen in der neuen Betriebsstätte direkt in Kontakt mit dem Museum und mit dem Publikum.“ Über die nachhaltigen, biologischen Produkte freut sich Dr. Jörg Daur und schwärmt von den leckeren Suppen von Kartoffellauch bis Kürbis, die neben Kuchen und Torten und Snacks im neuen Museumscafé Mechtild kredenzt werden. Der kommissarische Museumsdirektor betont bei der Einweihung den Bildungsauftrag des Museums. „Der Service hier wird die jungen Menschen in den Beruf führen“. Vom Erfolg der innovativen Kooperation von Land und Stadt überzeugt, baut er auf die vielen Interessierten, die ins Café kommen werden. Dann trifft klassisches Museumspublikum auf junge Leute. „Eine wunderbare Chance des neuen Ortes“, der in Graphitgrau und Weinrot mit abgehängter Decke und Akustikpaneelen einlädt, sieht Werner Backers. In der Jugendwerkstatt wurden die Tische „aufgemöbelt“. Die Azubis engagierten sich bei der Renovierung, berichtet der Geschäftsführer von WJW und Domäne. Roswitha Prüll von den „Freunden des Museums“ sorgte ehrenamtlich für das Farbdesign. Die Gaumenfreuden sind regionale Bio-Landprodukte aus eigenem Anbau, der Kaffee ist fair gehandelt, der Apfelsaft wird selbst gekeltert. Hofkonditorei und Hofbäckerei liefern täglich frisch. Das Café Mechtild lädt zu den Öffnungszeiten des Museums ein. Text und Foto: Gesine Werner

Text und Foto: Gesine Werner 50

WIESBADENER

I/2020


KULTOUREN

Die weltbekannte Guerilla-Punkrockband „Pussy Riot” im Wiesbadener Musentempel in voller Aktion.

Frauen, die Putin & Co. trotzen Friedrich Naumann-Stiftung holt die Punkband Pussy Riot aus Moskau nach Wiesbaden in den Musentempel Mit ihrem zweiminütigen „Punk-Gebet“ in der russisch-orthodoxen Christus Erlöser-Kirche zu Moskau gegen die engen Verbindung von Kirche und Staat wurden die jungen Frauen in bunten Sturmhauben 2012 schlagartig berühmt. Die Videobilder der Guerilla-Punk-Performance gingen um die Welt, ihre Verhaftung samt Prozess mit den Angeklagten im Käfig und ihr Hungerstreik im Arbeitslager sorgten für Aufsehen. Prominente wie Sting und Paul McCartney wurden Fürsprecher von Pussy Riot. Nach erheblichem Druck des Westens zu Zeiten der Winterolympiade Sotschi wurden die couragierten Regimekritikrinnen nach zwei Jahren freigelassen. Der Friedrich Naumann-Stiftung für die Freiheit und Karl Hermann-Flachstiftung gelang ein Coup mit dem Auftritt der feministischen Punk-Rockband im Musentempel. Patrick Walz, Landesbüroleiter der Stiftung in Wiesbaden, diskutierte nach der Performance im Foyer mit Maria Alyokhina (Buch: „Riot Days“), Producer Alexander Cheparukhin und Julius Freytag-Loringhoven (FNS Moskau). Martin Hammer warb en passant für die Theaterbiennale. Intendant Uwe Eric Laufenberg hatte sich bei den Internationalen Maifestspielen 2018 mit der Installation „Free Kirill!“ und der Einladung des Gogol-Centers Moskau für Kirill Serebrenikow engagiert, war schnell überzeugt. „Russland wird frei sein. Man sollte keine Angst haben“ ist die Pussy Riot-Devise. Und so ging im vollbesetzten Kleinen Haus zünftig eine lautstarke Guerilla-Performance mit Sprechgesang, Synthi, E-Gitarre, Videoclips in deutsch-englisch über die Bretter. „Wasser marsch!“ für´s Parkett. „No Pasaran!“ Wie von Maria Alyokhina vermutet, spielte sich im Februar 2020 in St. Petersburg der nächste „Akt“ ab. Die russische Polizei stoppte den Dreh für das neue Video „Rage“ und im Kinostudio Lenfilm wurde der Strom abgestellt. Nadeshda Kolokonnika twitterte, das Video gelte als illegal, weil „extremistisch“ und Propaganda für Homosexualität. Mit dem Video zeigt Pussy Riot Widerstand gegen Autoritarismus und Polizeigewalt. Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER

I/2020

Dr. Gerhard Scholz (Peter Cornelius-Konservatorium), Peter HanserStrecker (Strecker-Stiftung), Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende sowie Claudia Hölbling als designierte WMK-Direktorin und der scheidende WMK-Direktor Christoph Nielbock (von links) stellen das „singende Klassenzimmer” vor.

Singen ist klasse und macht Schule Strecker-Stiftung finanziert musikalischen Brückenschlag für Grundschulen in Wiesbaden und Mainz Der Schott-Musikverlag feiert im Mai 2020 seinen 250. Geburtstag. Zum Jubiläum hat sich Musikverleger Peter Hanser-Strecker einen besonderen Clou einfallen lassen. Die dem Verlag nahestehende Strecker-Stiftung lässt in Wiesbaden und Mainz ein gemeinsames Leuchtturm-Projekt „vom Stapel“. Das „singende Klassenzimmer“ sollte bundesweit Schule machen. „An rund 80 Prozent der Grundschulen unserer Region fällt ein geregelter Musikunterricht entweder ganz aus oder wird von fachfremden Lehrkräften erteilt.“ Peter Hanser-Strecker sieht darin „eine schlichte Katastrophe“. Die honorige Spende von 250.000 Euro stellt unter dem mehrdeutigen Titel „Singen ist klasse!“ den musikalischen Brückenschlag Mainz-Wiesbaden für drei Jahre sicher. „Wir wollen das Musikmachen in der Region fördern.“ Stiftungsvorstand Hanser-Strecker liegt das Projekt „persönlich am Herzen“, denn es bietet den Kindern die „Erschließung grandioser Möglichkeiten.“ Der Wiesbadener Oberbürgermeister sieht „allergrößte Bedeutungskraft in dieser herausragenden Art der Förderung.“ Gert-Uwe Mende bekennt: „Ich singe selber gern“ und weiß: „Gemeinsames Singen berührt die Seele.“ Insgesamt werden 500 Schulkinder der zweiten bis vierten Klassenstufe eine Wochen-Stunde musikalisch unterrichtet. Das ganzheitliche Konzept verknüpft in vertrauensvoller Atmosphäre die sprachliche und musikalische Ausdruckskraft. Speziell geschulte Profis der Wiesbadener Musik- und Kunstschule (WMK) verknüpfen Singen mit Bewegungen. Die Bildungsoffensive erweitert die erfolgreiche „Liederinsel“ der Wiesbadener Musik- und Kunstschule. „Singen ist der Schlüssel zur Seele. Wenn 500 Kinder aus voller Kehle singen wie bei der Abschlussveranstaltung im Staatstheater, zeigt sich die Wucht der gemeinsamen Begeisterung. Das Glück der Kinder ist berührend. Sie wollen einfach nur singen, singen, singen“, freut sich der langjährige WMK-Direktor Christoph Nielbock. Dr. Gerhard Scholz betont: „Es geht uns mit diesem Teamteaching um Nachhaltigkeit“ und baut auf den „Schneeballeffekt“. Der Direktor des Peter Cornelius-Konservatoriums in Mainz hat an einer Brennpunktschule beobachtet: „Die Atmosphäre ändert sich ganz schnell durch das Singen und Musizieren“. Der Musikpädagoge hofft auf Patinnen und Paten oder Zustiftungen. Text und Foto: Gesine Werner 51



Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.