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Weißstorchbeobachtungen

Wer im Frühjahr mit offenen Augen durch die Natur wandert kann allerhand erleben. Besonders die Vogelwelt wartet mit vielen schönen Anblicken auf. Ein Highlight bei Naturfreunden ist die Beobachtung des Weißstorches von dem im heurigen Frühjahr gar einige Sichtungen im Raum Passeier gemacht werden konnten. Ungewöhnlich viel Aufmerksamkeit erregten bei vielen Naturguckern am 22. April vierzehn Weißstörche, die im Raum St. Leonhard und Gomion einen Zwischenstopp auf ihrer Zugreise von Zentralafrika in nördliche Länder einlegten. Am 29. April konnten fünf weitere Störche von Gernot Reich gesichtet werden, die über Moos Richtung Timmelsjoch unterwegs waren.

Nicht in die Zugzeit passt das kurzzeitige Auftauchen eines einzelnen Weißstorches am 8. März in den „Gandellen“ in St.Leonhard. Dieser Storch landete in den Morgenstunden in der Wiese, nicht unweit des Andreas Hofer Museums. Bei der Nahrungssuche ließ sich das Tier weder von vorbeifahrenden Autos noch von Fußgängern stören. Nach kurzem Aufenthalt flog der Vogel dann wieder talauswärts. Auch am 28. März gelang es im Raum St. Leonhard drei talauswärts ziehende Weißstörche zu sichten. Ungewohnt bei diesen beiden Beobachtungen war, dass sie bereits im März gemacht wurden, denn Weißstörche sind Zugvögel, die in Afrika überwintern und im Normalfall erst viel später in ihre Brutgebiete zurückkehren.

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Besonderer Anblick: Sieben von insgesamt 14 Weißstörchen rasten am 22. April auf einer Wiese bei St. Leonhard Foto: Gernot Reich

Wie viele andere Zugvogelarten haben auch einige Weißstörche in den letzten Jahren einen neuen Trend geprägt, sparen sich den energiezehrenden Flug nach Afrika und überwintern in Spanien. Durch die verkürzte Flugdistanz ziehen etliche Störche viel später südwärts und überwintern gelegentlich in ihren Brutgebieten nördlich der Alpen. Fehlt das Futter bei lang anhaltendem Bodenfrost, kann es durchaus sein, dass Individuen erst spät im Jahr vor einem Wintereinbruch in südlichere Regionen ausweichen.

Auch kann es sich bei diesen so zeitig im Jahr gesichteten Störchen möglicherweise um Individuen handeln, die auf Wiederansiedlungsprojekte zurückgehen, die in Oberitalien, in der Schweiz oder in Deutschland seit Jahrzehnten durchgeführt werden. Diese aus Zucht­ und Pflegestationen stammenden Vögel haben sich das Zugverhalten teils abgewöhnt und leben vielfach ganzjährig in der Nähe früherer Auswilderungsorte. Gelegentlich, besonders in milden Wintern, unternehmen sie aber ausgedehnte, oft wochenlange Ausflüge und gelangen dabei manchmal weit in Alpentäler hinein. Am verfrühten Auftauchen des Weißstorches im Passeier kann der mögliche Einfluss des Klimawandels nicht direkt abgelesen werden.

Leicht zu erkennen ist der Weißstorch am weißen Gefieder. Lediglich die Schwungfedern und Teile der Oberflügeldecken sind schwarz. Besonders auffallend sind die langen rot gefärbten Beine und der Schnabel. Im Unterschied zum Graureiher, der beim Fliegen einen eingezogenen Hals hat, fliegt der Weißstorch mit ausgestrecktem Hals. Auch ist der Weißstorch mit 1,10 m etwas größer als der Graureiher. Beachtlich ist die Flügelspannweite von Meister Adebar von 2,20 m.

Der Storch, dem vom Volksmund nachgesagt wird, er sei ein Glücks­ und Kinderbringer, ist ein typischer Kulturfolger und der einzige Großvogel, der die Nähe des Menschen nicht scheut. Mit Vorliebe brüten Störche auf Dächern, Masten und Bäumen.

Der Hauptverbreitungsschwerpunkt des Weißstorches liegt mit etwa 40% des Weltbestandes in den neuen EU­Mitgliedsstaaten im Osten Europas.

Stark leiden Weißstörche unter Intensivierung, modernen Methoden der Landwirtschaft und dem Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln. Die Futtersuche in ausgeräumten, klinisch toten Landschaften führt dazu, dass sie ihre Jungen vielfach nicht mehr mit ausreichend Nahrung versorgen können. Weitere Schwierigkeiten ergeben sich durch ihre Vorliebe für feuchte Wiesen, die zunehmend entwässert werden und durch Kollisionen mit Freileitungen.

Arnold Rinner

Dieser Weißstorch gastiert bereits am 8. März in den „Gandellen“ Foto: Arnold Rinner

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