Vorgestellt
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Schlank, schlaksig, schwarz, mit einem kecken Hütchen auf dem Kopf, einem breiten Grinsen im Gesicht und einer National Steel Guitar in den Händen, so durchwandert Keb’ Mo’ den Raum vor der Bühne. Der 1951 in Los Angeles geborene Gitarrist und Sänger gilt neben Alvin Youngblood Hart, Corey Harris und Guy Davis als einer der Leitfiguren des neuen Country-Blues. Seine CDs „Keb’ Mo’“ und „Just Like You“ rangierten monatelang in den nach Verkaufseinheiten zählenden Blues-Charts des amerikanischen Billboard. Der Solo-Auftritt des 46jährigen ist eine willkommene Auflockerung in einem dramaturgisch klug konzipierten, weil abwechslung reich gestalteten Konzertabend, in dessen Verlauf eben akustisch gespielter Country-Blues auf den im Soul-Blues Genre angesiedelten Hit „More Than One Way“ und auf rauhen Modern-Blues trifft. „Für den Blues“, so sagt Keb’ Mo’ später, „braucht es eigentlich keine Verwirrung durch Baß und Schlagzeug. Für den Blues braucht man eigentlich überhaupt kein Instrument. Alles, was man braucht, ist eine Stimme und das gewisse Gefühl. Der Blues, seine Stimmung, das gewisse Etwas, seine Essenz, ist eigentlich nicht mehr als ein Gefühl.“ Und, so fügt er hinzu: „Allein zu spielen, solo, heißt für mich auch, etwas Intimes zu schaffen, ohne Rücksichtnahme und ohne die Begrenzungen durch andere Musiker, die möglicherweise nicht einverstanden sind mit dem, was ich mache.“ Dabei wurde ihm, der eigentlich Kevin Moore heißt, weder der Blues noch das Gitarrenspiel unbedingt in die Wiege gelegt. Zwar gilt er seit seinem, sich über 200.000 Mal verkauften ’94er Debüt-Album und seinem noch erfolgreicheren aktuellen Album als Shooting-Star in der Blues-Gemeinde, doch eigentlich fing alles ganz anders an.
New-Country New-Country--
Keb’ Mo’
• Von Adrian Wolfen • Fotos: Sony
te als maßgebliche Einflüsse seiner eigenen Musik benennt (nicht zuletzt gewann er wegen der musikalischen Rückbesinnung auf derartige Blueslegenden den W. C. Handy Award in der Sparte „Country Blues“!). Obwohl er bereits als Zwölfjähriger neben dem Spiel auf den Steel Drums auch die Gitarre erlernte, fand seine erste Begegnung mit dem Blues erst 1968 statt, als ihm ein Freund einen Tonbandmitschnitt der damals gerade erschienenen LP „The Natch’l Blues“ von Taj Mahal vorspielte. „Mann“, sagt er lachend, „ich hab’s so oft abgespielt, bis nichts mehr zu hören war.“ Trotzdem fand die Musik Taj Mahals, der Blues, jahrelang kein Echo in seinem eigenen Spiel. Vor allem, da er erst einmal ein Studium als Bauzeichner begann. Doch bereits während des Studiums mußte er sich selbst eingestehen, daß der Musik seine wahre Liebe gehörte. „Von dem Moment an, als ich das erste Mal eine Gitarre in der Hand hielt, war mir eigentlich klar, daß dies meine Bestimmung war.“ Mit einigen Bands spielte er schließlich die Tageshits der Disco-Generation nach. Von 1972 bis 1976 war er
Gitarrist bei Papa John Creach, dem schwarzen Violinisten und Sänger, der u.a. durch die Mithilfe von „Jefferson Airplane“ zu einigem Ruhm gekommen war. Auf drei LPs war er mit seiner E-Gitarre zu hören, bevor er einen Studio-Job bei A&M Records annahm. Als Arrangeur und Gitarrist, oftmals zusammen mit Assen wie Richard Tee und Chuck Rainey, zeichnete er verantwortlich für zahlreiche Studioproduktionen. Endlich, 1980, nahm er mit „Rainmaker“ seine erste LP unter eigenem Namen auf. Ein Hit wurde sie nicht, die Plattenfirma ging pleite, und die Mixtur aus Pop, Reggae, Folk und Blues war, so gibt er heute gerne zu, zu eklektizistisch, um auch nur irgendein Publikum zufriedenzustellen. Von den ca. 2.000 damals gepreßten Exemplaren mögen nicht mehr allzu viele im Umlauf sein. Das mag die Scheibe einerseits zum gesuchten Samm lerobjekt machen, doch andererseits war Keb’ Mo’ nach dieser Schallplatte ein, wie er sagt, „gebrochener Mann“. Sein erstes Scheitern machte ihm klar, daß es nicht darum gehen könne, Musik um des bloßen kommerziellen Erfolges wegen zu machen. „Eigentlich geht es darum, sich
Werdegang
Diskographie
„Keb’ Mo’“ (Okeh/Sony, 1995) „Just Like You“, OKeh 481176 (Sony) 1996
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AKUSTIK GITARRE 4/98
Keb’ Mo’: „Ich folge meinem Herzen, statt in Karriereschritten zu denken“
Foto: PR
Seine Eltern kamen aus Louisiana und Texas; seine Mutter sang im Chor der Beulah Baptist Church in Watts, zu Hause wurden Jazz und Gospelmusik gehört, und Klein-Keb wuchs ansonsten mit der Musik von Soulgrößen wie Otis Redding, den „Temptations“ und Smokey Robinson auf. Tamla Motown Soul, ziemlich weit weg vom rauhen Delta Blues eines Robert Johnson, eines Blind Willie Johnson oder eines Jack Owens, die er heu-