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Stay The Love Home. Folge 11 26

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Wrede und Antwort

Wrede und Antwort

machst, was du eigentlich machen willst. Jetzt mache ich einen Job, der mir jeden Tag Spaß macht, wo ich mich voll verausgaben kann. Dafür bin ich meinem ehemaligen Chef sehr dankbar. Es ist wichtig, dass man Menschen im Leben trifft, die an einen glauben, die dein Potenzial sehen“, sagt sie bewegt.

Von ihrem ersten Geld aus selbstständiger Tätigkeit wollte sich Simone etwas Besonderes gönnen und kaufte sich eine kleine Sauna. Diese steht nun in einer Ecke im Schlafzimmer und wird seitdem häufig genutzt, erzählt sie begeistert.

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Mittlerweile gestaltet Simone vermehrt Bücher. Zuletzt ihr eigenes Backbuch „Pâtisserie de luxe“, was sie zusammen mit ihrer Freundin Franziska König herausbrachte und im März erschienen ist. Ein Buch über kleine Törtchen und ausgefallene Kuchen. Vom Kokos-Brombeer-Törtchen zum Apfel-Mohn-Kuchen, mit Aquarell-Illustrationen und Geschichten aus dem Odenwald. Das nächste Buch sei schon in Planung, verrät sie, während wir vom Wintergarten aus in den üppig grünen Garten blicken.

Der Garten

Es ist ein Gemeinschaftsgarten. Doch nur Simone hat über ihre kleine Terrasse via schmaler Metallbrücke direkten Zugang zum Garten. „Als Vincent klein war, war es super mit Garten. Wir hatten hier einen Sandkasten und eine Schaukel. Auch während der Lockdowns war es ein Traum“, ergänzt sie. Die Kinder aus der Nachbarschaft treffen sich oft zum Spielen im Garten. Kleine Trampelpfade verbinden die einzelnen Gärten. Hier wurden schon Theaterstücke der Kinder aufgeführt und während der Hochphase der Pandemie diente der Rasen als Fußballfeld und Outdoorpark mit kleinen Schanzen für Roller. „Danach war der Rasen nicht mehr zu erkennen, alles braun“, erzählt Simone lachend. Mittlerweile erstrahlt er wieder in saftigem Grün.

Die Früchte der Obstbäume – darunter Kirsche, Apfel, Mirabelle, Feige und Pflaume – wurden früher alle zu Marmelade eingekocht, erinnert sie sich. Dazu wurden Etiketten designed mit dem Titel „Frau Moosbergers Marmelade“. Nun mache sie aber nur noch Mirabellen- und PflaumenMarmelade.

Den Garten möchte Simone nicht mehr missen: „Es ist schön, ihn zu beobachten – wie alles wächst und sich mit den Jahreszeiten verändert.“ Im Sommer wächst der Wein neben der Terrasse zu einem grünen Vorhang. Dann baumelt sie gerne im Hängesessel in ihrer kleinen grünen Oase. „Das ist sehr entspannend, wenn man mal ein bisschen Pause braucht“, sagt sie – und lächelt zufrieden. ❉

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»Ich mag Menschen.«

Blackbox mit Kai Schuber-Seel („Darmstadt_Speakers“)

INTERVIEW: ALESSIA ZELENINA | FOTO: NOUKI EHLERS, NOUKI.CO

Er weiß wie kein anderer, wie es ist, aus der Not eine Tugend zu machen. Dank seines Wirkens und seiner Initiative wurden Kunst und Kultur in Darmstadt auch während der Corona-Pandemie lebendig gehalten. Mit seinen zahlreichen Theaterprojekten schafft Kai Schuber-Seel nicht nur Kultur, sondern auch Inklusion und Gleichberechtigung in der Gesellschaft. Weil er daran geglaubt, dass Theater für alle da ist. Wir haben den 40 Jahre alten Sozial- und Theaterpädagogen über seine Philosophie, Einstellungen und Herausforderungen in seinem Beruf sowie sein Herzensprojekt „Darmstadt_Speakers“ gefragt. Mit seinen aufrichtigen Antworten hat Kai uns total davon überzeugt, dass man mit Kunst Gutes bewirken kann.

Kai, Du bist ja Theaterpädagoge, Dozent, Autor, Moderator, letztendlich Vater und Mann ... Wie bringst Du das alles und vieles mehr unter einen Hut?

Also ich würde mal so sagen: Ich glaube, dass ich sehr demütig bin. Auch als Dozent an der Evangelischen Hochschule habe ich diese Einstellung. Ich habe dort Soziale Arbeit studiert und möchte einfach gerne mein Wissen – auch meine Biografie, dass man erst Soziale Arbeit studiert und dann doch in die Kunst geht, dass es funktionieren kann – an die Studierenden weitergeben. Ich habe einen Folder mit selbst geschriebenen Kindertheaterstücken veröffentlicht, bin aber auch da bescheiden, ich bin kein Autor in dem Sinne. Ich bin jemand, der gerne ausprobiert und der gerne kennenlernt und auch von anderen lernt. Trotzdem ist es – um zu Deiner Frage zurückzukommen – eine unglaubliche Achterbahnfahrt. Ganz ehrlich, es ist nicht so, dass ich das aus dem Ärmel schüttele. Ich bin ein Mensch, der, wenn er Projekte macht, von Öffentlichkeitsarbeit bis zum Schreiben des Stückes teilweise bis zum Inszenieren wirklich vieles alleine macht – beziehungsweise manchmal im Tandem oder im Team. Aber ich komme da teilweise körperlich und geistig an meine Grenzen. Aber auch da stehe ich dazu und gehe professionell damit um. Das ist, glaube ich, auch wichtig: Wenn ich merke, ich brauch' grad Unterstützung oder muss das einfach auch transparent machen, dass es gerade zu viel ist, dann mache ich das.

Zu Deiner Philosophie „Theater für alle und mit allen“: Wie ist das Konzept umsetzbar? Und wie ist es möglich, gerade in diesen unruhigen Zeiten zum Beispiel auch Ausländer:innen, Geflüchtete ins kulturelle Leben zu integrieren?

Meine Einstellung ist: Ich mache Theater mit allen. Und für alle. Aber auch da mache ich ganz klar transparent, wenn ich Unterstützung brauche. Ich arbeite inklusiv vom Gedanken, von meiner Haltung her. Inklusion bedeutet für mich aber nicht, nur Menschen mit Beeinträchtigung mitzunehmen, sondern wirklich alle. Deswegen noch mal zu dem Thema mit den geflüchteten Menschen, jetzt grade aus der Ukraine: Da bin ich einfach auch abhängig von der Netzwerkarbeit, um Kontakte zu knüpfen. Das Schöne am Theater ist: Theater funktioniert auch nonverbal, das heißt: Du brauchst nicht unbedingt die Sprache oder musst nicht unbedingt auf der Bühne alles verstehen. Wenn ich mit den sozialpädagogischen Gruppen arbeite – ob mit „Joblingen“ oder mit einer Gruppe aus Eberstadt-Süd – da lasse ich die Leute gerne sogar die Sprachen sprechen, die sie beherrschen, weil ich das schön finde – einfach vom Klang, und weil sie ja trotzdem mit den Emotionen, mit ihrem Ausdruck ganz viel rüberbringen, da braucht es für nicht unbedingt die deutsche Sprache.

der pandemischen Lage auf die Beine gestellt. Wie bist Du auf die Idee gekommen und ist das Projekt auch noch nach Corona aktuell?

Im März/April 2020 entstand die Grundidee. Da gab es dieses Arbeitsstipendium von der Hessischen Kulturstiftung von 2.000 Euro – und ich habe nur einen halben Job als Jugendkulturarbeiter bei der Kirche. Trotzdem dachte ich: „Das Geld ist da, um was Besonderes zu machen.“ Mit der Theatergruppe Theatermacher e. V., bei der ich noch aktiv war, habe ich so ein bisschen rumgesponnen – und kam dabei auf die Speakers-Corner-Idee, die man aus England kennt: Bei mir ging es aber nicht um Religion oder Politik, sondern um das Leben der Künstler:innen und die Möglichkeit des Auftritts ... und dass diese dann aber auch kurz von ihren Erlebnissen und Gedanken in der Pandemie-Zeit erzählen. Dann waren wir an vier Orten an fünf Tagen im öffentlichen Raum und es haben 30 Künstler:innen und Gruppen mitgemacht – Laien und Profis. Wir sind auf die Plätze gegangen und du hast wirklich die Sehnsucht gespürt: sowohl bei den Künstler:innen, wieder was machen zu können, als auch beim Publikum. Teilweise kamen 200 Menschen, manchmal waren 70 bis 80 da. Der Eintritt war frei, man konnte spenden, das war aber keine Pflicht. Ich habe das Geld dann einfach unter meinem Team gestreut beziehungsweise es floss ins Projekt. Keiner von uns hat wirklich etwas verdient in dem Sinne, aber wir haben zusammengehalten für die Kunst. Und es kam so gut an, dass Leute zu mir gesagt haben: „Kai, Du musst das weitermachen!“ Von den 30 Künstler:innen und Gruppen hat nicht jede:r von der Pandemie gesprochen, aber „Speakers“ war dennoch der richtige Name: Denn auch wenn du Musik machst, wenn du tanzt, wenn du Akrobatik machst – du sprichst ja trotzdem zu den Menschen mit deiner Kunst. Im Mai und Juni 2021 gab es dann „die Show“ in den Stadtteilen und Quartieren, das war auch total spannend ... es gab pandemiebedingt richtig scharfe Regeln, daher fand eine Veranstaltung auf dem Hofgut Oberfeld ohne Publikum statt. Dann waren wir im Rahmen der „KulturKiste“ in der Innenstadt dabei, beim Projekt „Ins Freie“ am Staatstheater, es gab Kooperationen mit Ubuntu und Theaterlabor INC., wir waren in Kneipen und Restaurants – und jetzt, ganz neu im Juni, öffnet die Kultur Türen für soziale Einrichtungen. „Darm-

stadt_Speakers“ ist aktuell und ich mache immer nur ein bis zwei Formate im Jahr, damit es spannend bleibt.

Elisabeth Lawonn unterstützt Dich bei dem Projekt. Auf welche Art und Weise?

Elisabeth und ich sind befreundet. Als ich „Darmstadt_Speakers“ startete, habe ich zu ihr gesagt: „Elisabeth, ich möchte gerne nachhaltig zu den Orten kommen, das heißt: mein Bühnenbild nicht mit dem Auto fahren, sondern ich möchte das gerne mit Deinem Lastenrad machen.“ Dann habe ich ihr über das Projekt, Arbeitsstipendium und die Künstler:innen erzählt und sie wurde immer hellhöriger. Sie meinte: „Kai, das Projekt ist sehr gut. Ich möchte mit meiner Stadtteilarbeit ,INKA_In Kranichstein aktiv’ auch mal raus aus Kranichstein und INKA »Ich mache bekannt machen, auch Leute neu vernetzen nach Kranichstein. Theater mit allen. Kann ich bitte bei diesem Projekt einfach

Und für alle.« voll dabei sein?“ Ich bin ihr mega, mega dankbar, dass sie dabei ist. Ich mache schon immer noch die Hauptsachen – organisiere die Künstler:innen und dieses ganze Drumherum, das gemacht werden muss mit der Stadt, Finanzen et cetera, wobei sie immer draufguckt und mit mir alles reflektiert. Ich bin zwar federführend, aber bei allem, das ich an Elisabeth abgebe, kann ich mich hundertprozentig darauf verlassen: Das läuft. Es ist total angenehm für mich, mich auch mal zurückzulehnen. Ich glaube, sie profitiert auch vom Projekt für INKA, weil es natürlich auch INKA bekannter macht. Deswegen ist es eine Win-win-Situation.

Was verdienen die Künstler:innen an dem Projekt?

Sie kriegen alle nicht die Welt an Geld, sie bekommen eine Aufwandsentschädigung. Jedes Projekt wird anders finanziert, mein aktuelles Format im Juni von der Sparkasse Darmstadt. Ich streue auch diese Einnahmen sehr transparent. Ein solches Projekt behält aber immer den Charakter von Kleinkunst. Das ist meiner Meinung nach auch gut so, weil es sonst zu kommerziell wird. Natürlich kriegen die Laiendarsteller:innen ein bisschen weniger als die Profis, die Differenz soll aber nicht zu groß sein, ich will da so gut es geht eine gerechte Verteilung haben.

Wo beginnt für Dich die Unterscheidung zwischen Profis und Laien?

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