Kaufen für die Müllhalde. Das Prinzip der Geplanten Obsoleszenz

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ein Produkt entworfen hat, das in kurzer Zeit eine Macke entwickeln sollte. Er war der Meinung, dass der Verbraucher mitzuentscheiden hatte, wann die geplante Obsoleszenz wirksam wurde. Andererseits wehrte sich Brooks Stevens auch nicht sonderlich dagegen, für Obsoleszenz in allen ihren Formen in den Zeugenstand gerufen zu werden. Und da durchaus nicht unumstritten war, was eigentlich die Aufgabe von Produktdesignern sein sollte, brachte das Magazin Rotarian im Februar 1960 die Auseinandersetzung innerhalb des Berufsstandes auf den Punkt: »Planned Obsolescence: Is It Fair? Yes! Says Brooks Stevens; No! Says Walter Dorwin Teague.« Stevens Gegenspieler Teague war der große alte Mann des Industrie­ designs. Er hatte vor dem Krieg aus dieser Disziplin überhaupt erst einen eigenständigen Beruf gemacht. Seine Meinung zu Stevens Credo war deutlich: »Diese Gepflogenheit, vorhergehende Modelle unzeitgemäß erscheinen zu lassen, obwohl die neuen keine Verbes­ serung anzubieten haben, nennt man ›geplante‹ oder ›künstliche Obsoleszenz‹ – Letzteres ist treffender, aber längst nicht so treffend wie schlicht und einfach ›Schwindel‹.« Eigentlich hatte auch Stevens viel übrig für Qualität, aber jetzt, da die Fragestellung auf ein »Obsoleszenz ja oder nein« zugespitzt war, nahm er den Fehdehandschuh auf. Er schlug sich vorbehaltlos auf die Seite der vorzeitigen Veralterung und sprach offen aus, warum: »Sie fragen mich, ob Designer Scharlatane sind? Ich würde sagen, ja, bis zu einem gewissen Grad. Ich kann mich bei einem gewerblichen Erzeugnis nicht einfach ohne Rücksicht auf Verluste für gutes Design entscheiden, und damit meine ich richtig gutes, ästhetisch und handwerklich gutes Design, weil es sich nicht rentiert. Die Öffentlichkeit würde es weder verstehen noch annehmen. Es würde ihren Horizont übersteigen. Es würde sich einfach nicht verkaufen.«6 In Aussagen wie diesen zeigt sich das Dilemma, in dem Stevens steckt. Nur zu gern würde er ganz hervorragende Waren herstellen, die die Menschen alleine aus dem Grund zum Kauf verlocken, weil sie so großartig sind. Aber letztlich erkennt er an, dass auch hin­ter der von ihm propagierten Obsoleszenz durch unwiderstehliches

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