Festschrift

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Nach dem Krieg gab es unter Hans Macke (1939-1955) wieder eine ganze Reihe musikalisch anspruchsvoller Ballette: Werner Egk, Carl Orff, Darius Milhaud, Manuel de Falla, Neues von Bartók, Hindemith und Strawinsky sowie wiederholt Arthur Honegger. Jaroslav Berger, als zweiter Ballettmeister (1945-1956) für die Pflege des klassisch-akademischen Stils zuständig, präsentierte eine «Nussknacker»-Suite und einen «Schwanensee». Nach einer Unterbrechung unter Erwin Hansen, der 1957 «Abraxas» von Werner Egk choreografierte, knüpfte Robert Mayer (1957-1959) wieder an die sich langsam herausbildende klassische Tradition an – u.a. mit Prokofjews «Cinderella» –, ebenso Michel de Lutry (1961-1963), u.a. mit «Coppélia» und «Giselle». Daneben choreografierte Lutry auch die Uraufführung von Armin Schiblers «Blackwood & Co», eine Ballettburleske, in der Tänzer und Sänger auftraten. Ballett in der klassischen Tradition, wie es – abgesehen von Leningrad und Moskau – in den Ballettmetropolen Paris, Wien, Kopenhagen, London und New York beispielhaft gepflegt wurde, wurde am Opernhaus Zürich erst spät dauerhaft etabliert. Hermann Juch holte dafür Nicholas Beriozoff, der sich als erster Ballettdirektor nennen durfte, und damit begann eine neue Ära im Ballett. Seine Primaballerina Gaye Fulton machte die Klassiker von Tschaikowski und Prokofjew zum Ereignis. Endlich war die Compagnie auch zahlenmässig so weit aufgestockt worden, dass die grossen Handlungsballette mehr oder weniger stilgetreu gegeben werden konnten: Beriozoff verfügte über 34 Tänzer, mit denen er in der ersten Spielzeit 46, in der zweiten sogar 68 Abende bestritt. Und die Vorstellungen waren praktisch alle ausverkauft. Damit trat das Ballett quasi an die Stelle der Operette, die von Juch endgültig zurückgedrängt und nur noch mit wenigen Titeln aus der «goldenen Ära» weitergeführt wurde. Der Aufschwung des Balletts lässt sich auch an den Gastspielen ablesen: die Pariser Oper (1943-1946), das New York City Ballet (1952), das Sadler’s Wells (1957), das später zum «Royal Ballet» wurde, sowie 1958 erstmals Maurice Béjart. Im Laufe der Jahre kamen das Nederlands Dans Theater, die Martha Graham Company, das American Ballet Theater, das Nicolais Dance Theater und die Twyla Tharp Dance Company sowie 1989 schliesslich das Bolschoi-Ballett aus Moskau hinzu. Nach Beriozow gab es mit Michel Descombey (1971), Geoffrey Cauley (1973) und Hans Meister (1975) wieder grössere Fluktuation. Alle drei waren um Vielfalt bemüht. So holte Descombey, der selbst in seinen Choreografien eher die Abstraktion suchte, 1972 für «Raymonda» Rudolf Nurejew, der in seiner an Petipas Original angelehnten Choreografie selbst den Jean de Brienne tanzte, nach Zürich. Cauley ging mit «Laborintus II» neue Wege, schuf aber z. B. mit «La fille mal gardée» von Frederick Ashton und «Les Biches» von Bronislawa Nijinska ein Gegengewicht in klassischer Tradition. Meister führte, neben Handlungsballetten wie «Nussknacker» und «Coppélia», modernen Tanz amerikanischer Prägung ein. Nach diesen wechselvollen Jahren kam 1978, bereits in der Ära Drese, Patricia Neary ans Haus (bis 1985) und baute ihr Repertoire vor allem mit Choreografien von George Balanchine auf. In ihre Zeit fallen aber auch erste Choreografien von Heinz Spoerli als Gast: seine «Giselle»-Version sowie «Le Mal du Pays» und «Narziss» von Rolf Urs Ringger, beides Uraufführungen. Nurejew kehrte mit «Don Quixote» und «Manfred» zurück, auch Beriozoff mit der Ballettoper «Der Goldene Hahn». Das zeitgenössische Ballett war u.a. mit Jerome Robbins, Hans van Manen, Jirˇi Kylián, Maurice Béjart, John Neumeier, William Forsythe vertreten. Chronik

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