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Engagement macht Schule
Wie können junge Menschen in der Schule auf die Zukunft vorbereitet werden? Dieser Frage geht das Kompetenzzentrum „Lernen durch Engagement“ in Schleswig-Holstein nach – seit mehr als sechs Jahren begleitet von der NORDMETALL-Stiftung. Eine Erfolgsgeschichte, die mit dem Ruhestand von Leiterin Marion Schlüter nicht etwa aufhört, sondern in eine neue Phase geht.
Was verbindet abwechslungsreiche Nachmittagsangebote für Kinder mit der Konstruktion neuer Parkbänke und der Unterstützung eines nahegelegenen Seniorenheims? All diese Initiativen gehen auf Lernen durch Engagement (LdE) zurück. Die Lehr- und Lernform bringt das gesellschaftliche Engagement von Schülerinnen und Schülern mit fachlichem Lernen zusammen. Gelebt wird diese besondere Unterrichtsform unter anderem am Regionalen Berufsbildungszentrum Wirtschaft in Kiel. Hier haben die Schülerinnen und Schüler die Herausforderungen im Umfeld ihrer Schule genau analysiert und Ideen entwickelt, ihnen positiv zu begegnen. „Flexibilität war der Schlüssel zur Struktur“, fasst ein 17-jähriger Teilnehmer die Höhen und Tiefen seines Engagementprojekts zusammen.
Lernen als ganzheitlicher Prozess
„Der Unterricht mit Lernen durch Engagement eröffnet eine neue Perspektive, weil Schülerinnen und Schüler viel stärker in die Gestaltung eingebunden werden. Weg vom reinen Wissenstransfer, hin zur Begleitung von Lernprozessen – diese Form des Unterrichtens lernen Lehrkräfte leider meist nicht im Lehramtsstudium“, betont Marion Schlüter, Gründerin und Leiterin des Kompetenzzentrums „Lernen durch Engagement“ in Schleswig-Holstein. Das in Flensburg ansässige Team des Kompetenzzentrums hat es sich zur Aufgabe gemacht, alle Schularten darin zu unterstützen, LdE als festen Bestandteil ihres pädagogischen Angebots umzusetzen. Dafür koordiniert das Kompetenzzentrum ein Netzwerk mit mehr als 80 zertifizierten LdE-Schulen, berät und bildet Lehrkräfte fort und vermittelt Kontakte zu außerschulischen Partnern. Und das mit großem Erfolg: Die Arbeit mit LdE in Schleswig-Holstein hat mittlerweile eine bundesweite Vorreiterfunktion erlangt. So ist das Programm auf Bemühen Schlüters und ihrer zwei Kolleginnen fest in den Strukturen des Bildungssystems verankert. 2022 wurde es in den Koalitionsvertrag der amtierenden Landesregierung von CDU und Grünen übernommen. Der Höhepunkt für ihr Schaffen folgte im August 2022, als Schlüter für ihr bildungspolitisches Engagement von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) mit der Bundesverdienstmedaille geehrt wurde.

LdE unter neuer Leitung
Zum Jahreswechsel endet nun die Ära Marion Schlüter. Die bereits seit 2020 pensionierte Lehrerin gibt die Leitung des Kompetenzzentrums und damit die Verantwortung für die weitere Etablierung und Qualifizierung der Lehr- und Lernform ab.
Auch für die NORDMETALL-Stiftung ist Lernen durch Engagement eine Erfolgsgeschichte. Zusätzlich zur dringend benötigten Schulentwicklung trägt sie so ihren Teil zur Engagementförderung bei: „Dank des zeitgemäßen Unterrichts haben Generationen von Schülerinnen und Schülern erste Erfahrungen mit ehrenamtlichem Engagement gesammelt und ihre Fähigkeiten und Kenntnisse für andere eingesetzt, wo sie wirklich gebraucht werden“, betont Stiftungsgeschäftsführerin Kirsten Wagner. Ihre Überzeugung: Wer bereits in der Jugend positive Erfahrungen mit ehrenamtlichem Engagement macht, der setze sich auch später häufiger und langfristiger für die Gesellschaft ein.
Nach mehr als sechs Jahren inhaltlicher Begleitung und Förderung in Höhe von insgesamt rund 350.000 Euro geht die Finanzierung des Kompetenzzentrums nun in die Regelstrukturen des Instituts für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) über. „Die Verstetigung von Lernen durch Engagement ist der Ritterschlag für die gute und intensive Zusammenarbeit von Zivilgesellschaft und Bildungsministerium“, freut sich Wagner über den Erfolg.

Bezug zur Praxis dauerhaft herstellen
Von Februar 2024 an übernimmt Dr. Charlotte Falkenberg die Koordination des LdE-Kompetenzzentrums. Dennoch wird Marion Schlüter nicht müde, in Erinnerung zu rufen: „Auch wenn das Programm in sämtlichen Rahmenverordnungen auftaucht, muss es in den Schulen weiterhin gelebt und umsetzt werden.“ Insbesondere der starke Praxisbezug mache es möglich, dass sich Jugendliche über LdE mit Querschnittsthemen wie beruflicher Orientierung, Demokratiebildung oder Bildung für nachhaltige Entwicklung beschäftigen. Themen, die den Nachwuchs darauf vorbereiten, sich den Herausforderungen der Zukunft zu stellen, Demokratie mitzugestalten und sich auf diese Weise als selbstwirksam zu erleben. Um einen nachhaltigen Beitrag zur Lösung der großen Herausforderungen in unserer Gesellschaft zu leisten, bedarf es neuer Methoden, Hebel und Perspektiven in Schule und Unterricht. Lernen durch Engagement ist ein Weg, wie dies gut funktionieren kann.
Jannick Leunert


Fotos: Christian Augustin, privat