Friesenanzeiger Mai 2015

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Kulinarisch

Wände aus Muscheln Malermeister Busch aus Büsum und sein Patent

Der Muschelsaal in Büsum: Kolles alter Muschelsaal

Kolles alter Muschelsaal mit seinen Muschelwänden ist seit 95 Jahren für Gastlichkeit und Tradition weit über die Grenzen hinaus bekannt. Fischerkneipenwirt Carl Richter beklagte sich um 1907 herum über ausbleibende Gäste. Der Büsumer Malermeister Bernhard Busch hatte daraufhin die Idee, das Zimmer neben der Gaststube mit Muscheln auszukleiden. Dieser maritime Wandschmuck kam bei den Gästen so gut an, dass der Saal um 1914 ebenfalls mit Muscheln und Muschelbildern von Busch gestaltet wurde. Dort wurde auch eine im Jahre 1907 gestrandete Galionsfigur mit eingebaut. Doch einzigartig ist der Muschelsaal im Nordseebad Büsum nicht. Zuvor fertigte Busch im Jahr 1904 im nordrhein-westfälischen Heepen bei Bielefeld seine größte von vier Muschelarbeiten. Busch kaufte im Hamburger Hafen ganze Schiffsladungen von Muscheln, sie wurden als Ballast im Laderaum auf Segelschiffen aus der ganzen Welt mitgenommen. Es waren Tausende von Muscheln in verschiedenen Arten, Formen und Farben aus allen Weltmeeren. Muscheln dienten ebenfalls als Rohstoff für die Knopf- und Schmuckindustrie. Der Auftraggeber war der Gastwirt Friedrich Wedding aus Heepen, er ließ an seiner Gastwirtschaft, durch Abbruch

eines Mehlspeichers und der Backstube, einen Festsaal mit einer Kapazität für bis zu 600 Personen anbauen. Der außergewöhnlich kreative Malermeister verzierte kunstvoll die Wände mit Ornamenten, Mosaiken und Motivbildern. Im Jahr 1901 verschönerte der Büsumer in seinem Heimatort das Schloss am Meer sowie einen weiteren Saal in Leipzig. Beide Gebäude existieren nicht mehr. Neben seinem Elternhaus verzierte Busch somit vier Objekte und ließ im Jahr 1911 seine Wanddekoration mit Muscheln beim Kaiserlichen Patentamt in Berlin patentieren. Der historische Muschelsaal in Heepen steht seit 2013 in der Denkmalliste der Stadt Bielefeld. Laut Zeitungsberichten stand das Gebäude im Dezember 2014 zur Versteigerung an. Seit 1987 bis 2014 wurde Weddings Muschelsaal von einer Tanzschule genutzt. Der Urenkel des Muschelkünstlers ist ebenfalls Malermeister. Der Büsumer Claus Busch hat sich vor zehn Jahren mit seiner Frau auf den Weg ins ungefähr 400 Kilometer entfernte Heepen gemacht, um die Werke seines Urgroßvaters zu bewundern. Er berichtet stolz von „Großen Wandbildern aus Muscheln in acht bis zehn Metern Höhe - ähnlich wie im nördlichen Kolles altem Muschelsaal, nur nicht so hoch“. Text und Foto: Rabea Sötje-Looft

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