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Die Zukunft der Wohntürme in Frankfurt

EXKLUSIVINTERVIEW MIT FLORIAN WENNER, STUDIENLEITER WOHNEN BEI

(JN) Frankfurt – Stadt des exklusiven Wohnens in luftiger Höhe. Viele Jahre gab es nur einen Trend: höher, teurer, extravaganter. Jetzt ist die Nachfrage erstmals zurückgegangen. Ob das ein Grund zur Sorge ist und was Käufer von Eigentumswohnungen in Frankfurts Wohnhochhäusern beachten sollten, verrät Florian Wenner. Er ist Senior Consultant und Studienleiter Wohnen bei bulwiengesa, einem der größten unabhängigen Analyseunternehmen der Immobilienbranche in Europa.

Herr Wenner, nach Jahren des Booms droht die Aufwärtskurve bei der Nachfrage nach Eigentumswohnungen im Wohnturm nun zu kippen. Mehrere Hochhausprojekte in Frankfurt sind im vergangenen Jahr gestoppt worden. Für wie dramatisch halten Sie das?

Florian Wenner: Ja, das stimmt, seit Anfang letzten Jahres ist ein gewisser Nachfragerückgang für hochwertige und hochpreisige Wohnungen in Hochhäusern in Frankfurt zu beobachten, der sich an geringeren Vermarktungsgeschwindigkeiten ablesen lässt. Diese leichten Übersättigungstendenzen treten aber keineswegs flächendeckend auf, sondern sind vielmehr sehr projekt- und lageabhängig. „Dramatisch“ ist diese Entwicklung nicht und führt zunächst einmal, wenn überhaupt, zu Problemen bei Projektentwicklern einzelner Hochhausvorhaben, die aktuell mit leichten Vermarktungsschwierigkeiten zu kämpfen haben.

Was sind die Gründe dafür?

FW: Sicherlich die Auswirkungen der Coronapandemie. So spielen die seit Beginn der Pandemie geltenden Reisebeschränkungen bei der häufig sehr internationalen Käuferklientel eine wichtige Rolle. Hinzu kommt, dass es bei der

Vielzahl an Wohnhochhausprojekten zu einem gewissen

Überangebot an Wohnungen gekommen ist. Gerade in dem sehr hochpreisigen Marktsegment mit Quadratmeterpreisen oberhalb von 10.000 Euro stößt die Nachfrage an einem bestimmten Punkt an natürliche Grenzen. Dies gilt vor allem für Wohntürme, die aufgrund ihrer dezentraleren

Lage, weniger exklusiven Architektur oder geringeren Service- und Ausstattungsqualität im Vergleich zu anderen

Projekten kaum Alleinstellungsmerkmale besitzen.

Halten Sie den Erwerb einer Eigentumswohnung zur Kapitalanlage in einem Wohnturm nach wie vor für ratsam, und auf was sollten sich die künftigen Erwerber einstellen?

FW: Grundsätzlich gilt beim Erwerb einer Eigentumswohnung als Kapitalanlage, dass die Mietrendite der entscheidende Beurteilungsparameter ist. Um bei hochpreisigen

Hochhauswohnungen noch eine passable Rendite aus den Mieteinnahmen erwirtschaften zu können, müssen die

Wohnungen üblicherweise für mindestens 25 Euro pro Quadratmeter vermietet werden. Bei derartigen Quadratmetermieten wird die Luft schon dünner, es gibt vergleichsweise wenige Menschen, die sich dies leisten können oder wollen.

Auf was sollten Käufer beim Erwerb einer Eigentumswohnung im Wohnturm im Vorfeld achten?

FW: Selbstverständlich spielt auch bei Hochhauswohnungen die Lage eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus sollte ein Blick auf die Nebenkosten geworfen werden. In modernen Wohnhochhäusern kann das Hausgeld z. B. auch mal bei über 800 Euro pro Monat liegen. Auch die Eigentümerstruktur spielt eine Rolle. Erwirbt man beispielsweise eine Wohnung in einem Hochhaus, in dem ein Investor einen Großteil der übrigen Wohnungen oder auch gewerblichen Einheiten besitzt, wird dieser in der Regel auch die Entscheidungsmacht über Instandhaltungs- und Modernisierungsentscheidungen haben. Ratsam ist in jedem Fall ein genauer Blick in die Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung.

Stichwort „Lage“: Welche Stadtteile sehen Sie als Alternative zu Frankfurter Citylagen im Aufwärtstrend?

FW: Gerade im herkömmlichen Geschosswohnungsbau lohnt ein Blick in andere Stadtteile jenseits der stark nachgefragten Toplagen. Fast in allen Frankfurter Stadtteilen waren in den letzten

Jahren hohe Preisdynamiken zu beobachten, wobei die Wachstumsraten häufig sogar oberhalb derer in zentralen Stadtteilen lagen. Hervorzuheben wären das Ostend und der neu entstandene

Stadtteil am Riedberg. Aber auch periphere Lagen im Westen der Stadt, wie in Frankfurt-Höchst mit eigenem kleinem Stadtteilzentrum, gewinnen zunehmend an Attraktivität. Interessante, innenstadtnahe Entwicklungsmöglichkeiten bieten sich darüber hinaus in kleineren Konversionsarealen, zum Beispiel im Gutleutviertel.

Würde es Sinn machen, auch in diesen aufstrebenden Stadtteilen Wohntürme zu errichten, oder sind die Hochhäuser an Citylagen gebunden?

FW: Für Wohntürme kommen aufgrund der hohen Bau- und Grundstückskosten in der Regel nur zentrale, gut angebundene Lagen in Betracht.

In Ausnahmefällen ist sicherlich auch in Randlagen eine höhere Bebauung denkbar, sofern es gelingt, diese in eine attraktive Quartiersstruktur einzubetten, bei der neben Wohnbebauung auch

Einzelhandel, einzelhandelsnahe Dienstleistungen, soziale Infrastruktur und attraktive öffentliche Freiflächen integriert werden.

Vielen Dank für das Gespräch!

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