PIGMENTPOL_Broschüre A4_28Seiten_TagX

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DEMOKRATISCHE KOMPETENZEN MODUL ORDNUNG


EINLEITUNG BAUSTEIN KOMPAKT

Ein Katastrophenszenario, das spätestens seit dem 11. September 2001 keine völlig abwegige Vorstellung mehr ist: Ein entführtes Flugzeug hält Kurs auf eine deutsche Innenstadt, ein Atomkraftwerk, den vollbesetzten Berliner Bundestag. Was kann oder muss in dieser Situation passieren? Wie soll der Staat reagieren? Darf das Flugzeug abgeschossen werden? Die vorliegende Fallsimulation beschäftigt sich in anschaulicher, gleichsam drastischer Weise mit dem Spannungsfeld wiederstreitender Grundrechte, Prinzipien und Institutionen. Exemplarisch wird zur Frage gearbeitet, wie Sicherheit und Freiheit am Tag X, im Falle einer Flugzeugentführung zu gewährleisten sind und ob ein entführtes Flugzeug im Sinne der allgemeinen Sicherheit abgeschossen werden muss oder nicht. Zur Entscheidungsfindung werden drei Gruppen gebildet, die unterschiedliche Interessen, Handlungsoptionen und Argumentationslinien sichtbar machen: Angehörige, Berliner Bürger_innen und staatliche Entscheidungsträger_innen. In einer Krisensitzung werden Argumente, Ansichten und Gefühle ausgetauscht. Im Anschluss daran werden die Auswirkungen der Entscheidung sowie die Wirkung auf die jeweiligen Interessensgruppen angedeutet. Im wichtigen letzten Block findet die Reflexionsphase statt, in der das Spielgeschehen ausgewertet und zentrale Elemente der Simulation mit den tatsächlichen Gegebenheiten verglichen werden.

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ZIELBESCHREIBUNG

Den Teilnehmenden wird das Konfliktpotential zwischen verschiedenen Grundrechten, Prinzipien und Institutionen deutlich. Durch einen Fragen generierenden Zugang erkennen die Teilnehmenden, dass in unserer Gesellschaft grundlegende Ordnungsrahmen existieren, die nicht nur für Bürger_innen, sondern auch für staatliche Organe gelten und ohne Ausnahme Anwendung finden müssen. Letztendlich gelangen die Teilnehmenden zu der Einsicht, dass sich auch die Entscheidungen des Gesetzgebers am Grundgesetz ausrichten müssen und somit Teil eines größeren Systems sind.

INHALTLICHE EINFÜHRUNG

In der Fallsimulation zum Luftsicherheitsgesetz werden die Teilnehmenden mit dem Dilemma konfrontiert, verschiedene Grundrechte gegeneinander abwägen zu müssen, um zu einer Entscheidung zu gelangen. Am Morgen des Tag X werden die Teilnehmenden durch eine dramatische Nachricht (Hörimpuls) über eine Flugzeugentführung im Berliner Luftraum in Kenntnis gesetzt. Zur Abwendung einer möglichen Katastrophe wird ein Krisenstab eingerichtet, der über das weitere Vorgehen entscheiden soll. Jeder Teilnehmende übernimmt eine Rolle im Krisenstab, dieser gliedert sich in drei Gruppen: Angehörige, Berliner Bürger_innen und staatliche Entscheidungsträger_innen. Nach einem Eingangsimpuls arbeiten die Teilnehmenden sowohl in Kleingruppen (Interessensgruppen) als auch im Plenum (Krisenstab) oder selbstständig an einer Lösung des Krisenszenarios. In einer ersten Krisensitzung werden Argumente, Meinungen und Empfindungen ausgetauscht. Nach einer möglicherweise

recht hitzigen Debatte treffen die Staatsangestellten eine Entscheidung zur Lösung des Dilemmas. Im wichtigen letzten Block findet die Reflexionsphase statt, in der das Spielgeschehen ausgewertet und zentrale Elemente der Simulation mit den tatsächlichen Gegebenheiten verglichen werden.

THEMATISCHE ANSCHLUSSMÖGLICHKEITEN

Grund- und Menschenrechte Politische Systeme und Institutionen  Rechtsstaatlichkeit  Verfassung/ Verfassungswirklichkeit  Terrorismus  

Das Spiel enthält Argumentationshilfen und Reflexionsbausteine, die diese Themen aufgreifen. Die Fallsimulation kann auch dazu genutzt werden, Einschätzungsprozesse, die in Extremsituationen und unter Zeitdruck gefällt wurden, zu reflektieren.


EN G UN G IN D E B Gruppenstärke ab 12 bis zu 30 Teilnehmende Raumanforderungen Großer Seminarraum Zeit ca. 1,5 -3 Stunden

EN I L A I R TE A M

„ I und II: „News Informationblatt „Hintergründe „ zu einzelnen Leitfragen „ Informationsblatt „Gesetzeslage 6 Fragefelder 

Folie

Im Koffer enthalten Hörimpuls I und II Rollenkarten Argumentationshilfen Interventionskarten Gefühlskarten Arbeitsblatt „ „Mein Innenleben 

Zusätzliche Materialien Frühstückstüten Große Uhr Stifte 

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SPIELVERLAUF

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ÜBERSICHT DES SPIELVERLAUFS „ FALLSIMULATION „TAG X EINFÜHRUNGSPHASE 1. TAG X UND MEINE ROLLE: VORSTELLUNG DER SITUATION

Hörimpuls, Große Uhr Frühstückstüte

2. ROLLENIDENTIFIKATION

Rollenkarte

Was ist passiert? ca. 20 min

3. DRINGLICHKEIT DES DILEMMAS ORIENTIERUNGSPHASE 4. GRUPPENARBEIT 5. LÖSUNGSVORSCHLÄGE INNERHALB DER GRUPPEN ERARBEITEN

Argumentationshilfen

6. ANSCHLAGSZIEL WIRD BEKANNT

Zweiter Hörimpuls

Welche Lösungen sind denkbar? ca. 20 min

PLENUMSSPHASE 7. PLENUM

Welche Lösungen sind realistisch? ca. 30 min

8. VORSTELLUNGSRUNDE 9. KRISENSITZUNG ZUR DISKUSSION DER HANDLUNGSOPTIONEN

Interventionskarten

10. BEWERTUNG DER OPTIONEN 11. EINZELARBEIT 12. INDIVIDUELLE POSITIONIERUNG

Arbeitsblätter „Mein Innenleben Gefühlskarten Stifte

TIMEOUTSPHASE Wie fühle ich mich jetzt? ca. 15 min ANWENDUNGSPHASE

13. PLENUM 14. GRUPPE STAATSANGESTELLTE ENTSCHEIDET: ABSCHIESSEN ODER NICHT ABSCHIESSEN?

Frühstückstüte und News

Wie positioniere ich mich zur Entscheidung des Innenministeriums? ca. 30 min

15. LEBEN MIT DER ENTSCHEIDUNG 16. ROLLENDISTANZIERUNG REFLEXIONSPHASE 17. REFLEKTION DER FALLSIMULATION

Fragefelder „ Informationsblatt „Gesetzeslage

Welche Prozesse haben stattgefunden? Was soll sein? ca. 30 min

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EINFÜHRUNGSPHASE Was ist passiert? Einführung in die Spielsituation und Identitätsbildung der Mitspielenden.

1. VORSTELLUNG DER SITUATION

2. ROLLENIDENTIFIKATION

3. DRINGLICHKEIT DES DILEMMAS

UNTERZIEL Die Teilnehmenden kennen die Rahmenbedingungen der Fallsimulation.

UNTERZIEL Die Teilnehmenden machen sich mit den Spezifika ihrer Rolle vertraut.

UNTERZIEL Teilnehmende werden unter Entscheidungsdruck gesetzt.

Die oder der Spielleitende spielt den Hörimpuls ab.

Nun wird den Mitspielenden erläutert, dass sie wichtige Rollen am Tag X einnehmen; dazu werden die Rollenkarten verteilt oder wurden bereits vor Spielbeginn unter den Stühlen der Mitspielenden deponiert und es werden die entsprechenden Gruppen gebildet.

Um den Mitspielenden ein Gefühl für die Dringlichkeit der Entscheidung zu geben, kann eine große Uhr gut sichtbar platziert werden und die Zeit bis zur Katastrophe anzeigen. Empfehlung: 60 Minuten.

BEISPIELIMPULS Versetzt euch in folgende Lage: Ihr wacht eines Morgens auf und ein Flugzeug ist entführt – mitten in Deutschland. Es ist nur ein Szenario, aber spätestens nach den Angriffen vom 11. September 2001 keine abwegige Vorstellung mehr: eine von Terroristen gekaperte, voll besetzte Passagier-maschine steuert auf ein geschäftiges Hochhaus zu, auf ein Atomkraftwerk, oder auf ein Parlament. Wie sollte reagiert werden? Darf ein Flugzeug in einem solchen Extremfall abgeschossen werden und unschuldige Menschen verlieren ihr Leben, um einen Anschlag zu verhindern?

TIPP Das Spiel lässt sich gut am Vormittag durchführen, um die Atmosphäre einer Tagesaufgabe herzustellen. Dafür können Rollenkarten etc. in Frühstückstüten verpackt und mit einem kleinen Snack versehen, bereits vor Spielbeginn unter den Stühlen der Teilnehmenden verteilt werden.

ZU BESETZENDE ROLLEN ab 12 Teilnehmende

STAATSANGESTELLTE  Innenminister_in  Verteidigungsminister_in  Polizist_in  Professor_in für Staatsrechts  Polizeipsycholog_in Erweiterung  Assistent_in Innenministerium  Vertreter_in der Bundeswehr  Polizist_in

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ANGEHÖRIGE DER INSASS_INNEN  Sohn/Tochter  Beste(r) Freund(in)  Bruder/Schwester  Steward_ess Erweiterung  beliebige Anzahl der Rollen

BERLINER BÜRGER_INNEN  Angestellte(r) Fernsehturm  Vertreter_in Atomkraftwerk  Angestellte(r) Nachrichtensender Erweiterung  Tourist_in  Angestellte(r) Alexa Einkaufcenter


ORIENTIERUNGSPHASE Welche Lösungen sind denkbar? Teilnehmende erarbeiten sich das Dilemma widerstreitender Grundrechte

4. LÖSUNGSVORSCHLÄGE IN GRUPPENARBEIT ERARBEITEN UNTERZIEL Die Teilnehmenden diskutieren in ihren Rollen und in ihren jeweiligen Gruppen über mögliche Lösungen. Die Teilnehmenden begeben sich in ihre jeweiligen Rollengruppen: Angehörige, Berliner Bürger_innen und Staatsangestellte. In Gruppenarbeit werden Argumente zu den Leitfragen ausgetauscht. In erfahreneren Gruppen sollte darüber hinaus die Frage diskutiert werden, welchen Prinzipien der Einsatz militärischer Streitkräfte unterliegt. Für Gruppen mit wenig Erfahrung liegen Argumentationshilfen bereit. LEITFRAGEN  Welche Grundrechte genießen die ent führten Personen im Flugzeug?  Welche Grundrechte gelten für die sehr wahrscheinlich betroffenen Bürger_ innen im Umfeld?  Wie verhalten sich die Grundrechte zueinander?

5. INTERVENTION: ANSCHLAGZIEL WIRD BEKANNT BEISPIELIMPULS Eure Aufgabe ist es, zunächst in euren Gruppen Lösungswege für die aktuelle Situation zu erarbeiten. Für einen Lösungsvorschlag solltet ihr folgende Fragen beachten: Welche Grundrechte genießen die entführten Personen im Flugzeug? Welche Grundrechte gelten für die sehr wahrscheinlich betroffenen Bürger_innen im Umfeld? Wie verhalten sich die Grundrechte zueinander? Im Plenum werden dann alle Gruppen ihre Vorschläge und Argumente vorstellen und diskutieren.

UNTERZIEL Die Teilnehmenden erfahren das Anschlagsziel (Berliner Fernsehturm). Innerhalb dieser Arbeitsphase erfolgt ein zweiter Hörimpuls. So erhöht sich die unmittelbare Betroffenheit, der Entscheidungsdruck auf die gesamte Gruppe wächst und unrealistische Lösungsansätze werden obsolet.

TIPP Ermutigen Sie zurückhaltende Mitspielende ihre Rolle auszuspielen und mit Leben zu füllen. Manche Rollenkarten sind auf eine Argumentationslinie festgelegt, andere eher frei gehalten. Geben Sie bei Bedarf Argumentationshilfen aus.

ACHTUNG STOLPERSTEIN Wie bereits durch den Hörimpuls deutlich wird, sollen sich die Mitspielenden hauptsächlich zwischen den Lösungsmöglichkeiten „abschießen“ und „nicht abschießen“ entscheiden; dennoch können in dieser Spielphase auch alternative Lösungsmöglichkeiten erarbeitet werden. Alle unrealistischen Vorschläge sind spätestens in Spielphase 3 durch Interventionskarten oder Interventionen des Spielleitenden abzulehnen.

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PLENUMSSPHASE Welche Lösungen sind realistisch? Die Teilnehmenden erlangen einen multiperspektiven Blick auf das Dilemma und wägen verschiedene Grundrechte und Prinzipien gegeneinander ab.

6. KRISENSITZUNG IM PLENUM: VORSTELLUNGSRUNDE UNTERZIEL Die Teilnehmenden erkennen, dass dem gesellschaftlichen Diskurs unterschiedliche Interessen zugrunde liegen. Die Krisensitzung wird durch eine Vorstellungsrunde eröffnet in der alle Mitspielenden ihre Rolle vorstellen. Im Anschluss trägt jede Gruppe ihre Argumente und Lösungsvorschläge vor. Diese Lösungsvorschläge – ob realistisch oder unrealistisch – sind zu sammeln. HINWEIS Im Plenum werden noch keine Entscheidungen gefällt, sondern Meinungen als Empfehlung für die Staatsangehörigen gesammelt. Abstimmungsberechtigt sind in einer späteren Spielphase lediglich die Mitglieder der Gruppe Staatsangestellte.

7. KRISENSITZUNG IM PLENUM: DISKUSSION DER HANDLUNGSOPTIONEN UNTERZIEL Die Teilnehmenden schließen bestimmte Handlungsoptionen aus und „ erkennen „abschießen/nicht abschießen als einzige realistische Option. Es ist zu erwarten, dass die Mitspielenden zunächst vielfältigste realistische und unrealistische Empfehlungen zur undramatischen Lösung des Konfliktes entwickeln. Dieses Vorgehen ist nur allzu natürlich für menschliches Handeln. Um jedoch eine wirklichkeitsnahe Auseinandersetzung um die widerstreitenden Prinzipien Freiheit und Sicherheit zu simulieren, müssen illusorische Handlungsoptionen ausgeschlossen werden. Dazu liegen dem Spiel Interventionskarten bei, die von bestimmten Rollen gespielt werden sollen. Die Seminarleitung gibt diese Karten bei Bedarf an den jeweiligen Spieler. INTERVENTIONEN FÜR FOLGENDE UNREALISTISCHE LÖSUNGSVORSCHLÄGE  Polizeivertreter_in: „Wir evakuieren den „ Fernsehturm einfach schnell  Psycholog_in: „Die Leute im Flugzeug können den/die Entführer_in „ vielleicht von seiner Absicht abbringen.  Angehörige(r): „Die Menschen im Flug zeug können den/die Entführer_in doch „ irgendwie überwältigen.  Innenministerium: „Kann man die Elek tronik im Flugzeug nicht fernsteuern und das Flugzeug so vom Kurs „ abbringen?

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TIPP Entscheidungsprozess beobachten! Versuchen Sie das Einschätzen der Anzahl der betroffen Menschenleben festzuhalten, um in der Reflexionsphase gezielt darauf Bezug nehmen zu können. Welche Gewichtungen wurden vorgenommen? Wie verhält sich die faktische Gesetzeslage dazu?


TIMEOUTSPHASE Wie fühle ich mich jetzt? Die Teilnehmenden formulieren Gefühle und Ansichten aus Sicht Ihrer Rolle und können andere Ansichten nachlesen.

8. KRISENSITZUNG IM PLENUM: BEWERTEN DER OPTIONEN UNTERZIEL Die Teilnehmenden wägen widerstreitende Grundrechte zur Bewertung gegeneinander ab. Zur Entscheidung der Frage des Abschusses einer entführten Flugmaschine stehen sich drei wesentliche Kernfragen gegenüber. Die Teilnehmenden werden aufgefordert, diese Kategorien abschließend zu diskutieren, zu bewerten und eine Abstimmungsempfehlung abzugeben. Diese Bewertungen haben Empfehlungscharakter für die Entscheidungsfindung in Phase fünf. KERNFRAGEN  Welche Grundrechte genießen die ent führten Personen im Flugzeug und die sehr wahrscheinlich betroffenen Bürger_ innen im Umfeld?  Welche Grundrechte sind wichtiger?  Welche Entscheidungen sind vertretbar?

9. INDIVIDUELLE POSITIONIERUNG Nach der Abstimmungsempfehlung werden alle Mitspielenden angehalten, ein Timeout zu nehmen. Dazu muss auch die Uhr angehalten werden. Währenddessen sollen persönliche Ansichten und Gefühle schriftlich festhalten und an einer „Innen„ leben-Wand angebracht werden. Die Teilnehmenden nutzen dazu das Arbeitsblatt „ „Mein Innenleben und heften es zusammen mit einer passenden Gefühlskarte an „ die „Innenleben-Wand . Diese Veranschaulichung dient dazu, die einzelnen Entscheidungsfindungsprozesse im Nachhinein rekonstruieren zu können. Besonders Teilnehmende, die abschließend nicht abstimmen dürfen, sollten dazu aufgefordert werden, dies als Formulierung ihrer Interessen wahrzunehmen. Ist die Gruppe Staatsangestellte unentschlossen, wie sie abschließend entscheiden will, können diese Statements als weitere Entscheidungshilfe genutzt werden.

ALTERNATIVE METHODEN Neben dem Arbeitsblatt „Mein Innenleben“ können auch andere Methoden der individuellen Positionierung angewandt werden. Hierbei sollten kognitive und emotionale Aspekte angesprochen werden. Das Ergebnis sollte jeweils visuell festgehalten werden. TIPP Für die verschiedene Gruppen unterschiedlich farbige Arbeitsblätter bereithalten. Darauf achten, dass die Blätter bunt gemischt an die Wand angebracht werden.

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ANWENDUNGSPHASE Wie positioniere ich mich zur Entscheidung des Innenministeriums? Finden einer Lösung unter Zeitdruck mit Blick auf dessen Wirkung.

10. ENTSCHEIDUNGSFINDUNG DER STAATSANGEHÖRIGEN: ABSCHIESSEN ODER NICHT? UNTERZIEL Den Teilnehmenden wird bewusst, dass Staatsdiener_innen die Verantwortung für Menschenleben übernehmen müssen. In dieser Phase befinden sich die Mitspielenden in zwei Stuhlkreisen; nur der innere Kreis - die Gruppe Innenministerium - darf abstimmen. Die Mitglieder des inneren Kreises dürfen sich beraten und auch Kontakt mit den Teilnehmenden aus dem äußeren Kreis suchen. Letztere dürfen zwar nicht abstimmen, aber durch Plakate oder andere geeignete Hilfsmittel für ihre Sichtweise kämpfen. ALTERNATIVE METHODE Die Teilnehmenden erhalten vor dieser Abstimmungsrunde Zeit, um Plädoyers auszuarbeiten oder Plakate zu erstellen. Nachdem durch den oder die Seminarleitende/n die Entscheidung mitgeteilt wurde, werden die Konsequenzen des eigenen Handelns verdeutlicht, indem die Folie I „ oder II „News zeigt, was vor Ort geschehen ist (Abschuss Flugzeug oder Einsturz des Berliner Fernsehturmes). ALTERNATIVE METHODE Emotional gefestigte Gruppen können die Entscheidung untermauern, indem Sie Ihre Frühstückstüten zerknallen lassen.

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11. LEBEN MIT DER ENTSCHEIDUNG

12. ROLLENDISTANZIERUNG

UNTERZIEL Die Teilnehmenden übernehmen Verantwortung für ihr Handeln.

UNTERZIEL Die Teilnehmenden treten aus dem Rollengeschehen heraus.

Im Anschluss werden die Anwesenden aufgefordert, sich noch einmal in die Augen zu sehen und bewusst wahrzunehmen. Einzelne Personen werden befragt, wie es ihnen mit der Entscheidung geht.

Jeder Teilnehmende legt sein Rollenkarte mit seiner Rolle ab. Diese Distanzierung ist Voraussetzung für eine gelungene Reflexionsphase. TIPP Lassen Sie die Teilnehmenden an einem im Raum befindlichen Waschbecken oder Fenster vorbei gehen, erfrischen oder frische Luft schnappen. Sie können sich die Rollen auch gegenseitig vom Körper streichen, indem der Rücken eines anderen Mitspielenden von oben nach unten entlanggefahren wird.


REFLEXIONSPHASE Welche Prozesse haben stattgefunden? Die Teilnehmenden reflektieren das Spielgeschehen und entwickeln Rollenempathie.

13. REFLEKTION DER FALLSIMULATION In dieser abschließenden Phase werden die Teilnehmenden angeleitet, das Spielgeschehen systematisch auszuwerten. Sie werden angeregt, Fragen zu stellen oder Kommentare abzugeben. Die Teilnehmenden befinden sich dazu wieder im Stuhlkreis, vor ihnen sechs Fragefelder, die unterschiedliche Leitfragen repräsentieren. Nun erläutert die Leitung die einzelnen Symbole auf den Puzzleteilen und sorgt so dafür, dass die Mitspielenden verstehen, dass Fragen zur Auswertung des Spielgeschehens in ganz unterschiedliche Richtungen gestellt werden dürfen. Indem sich die Teilnehmenden mit ihren Fragen auf die einzelnen Felder beziehen können, bauen sich Hemmungen ab, etwas Falsches zu sagen.

LEITFRAGEN  Wie hast du dich im Spiel verhalten?  Welche Argumente waren wichtig?  Welche Lösungen sind noch denkbar?  Welche Lösungen hat man in der realen Welt gefunden?  Auf welche Bereiche ist unsere Thematik übertragbar?  Was bewegt dich noch?

BEISPIELIMPULS Jetzt nachdem ihr alle wieder ihr selbst seid und nicht mehr in eurer Funktion als Teilnehmende an einem Krisenstab, wie fühlt ihr euch? Welche Gefühle bewegen Euch? ALTERNATIVEN Für Spielergruppen mit Bewegungsdrang: Die Fragefelder liegen im Raum verteilt. Die Spieler werden aufgefordert, sich das Fragefeld mit dem für sie dringendsten Thema oder der dringendsten Frage auszusuchen und es zu „besetzen“. Anschließend werden alle Fragefelder bearbeitet, auf denen sich Teilnehmende niedergelassen haben.

Je nachdem, welche Fragen die Teilnehmenden stellen, können bestimmte Fragefelder besetzt werden.

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ERWARTUNGS HORIZONT

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Die Fallsimulation involviert die Teilnehmenden über eine emotionale Ebene; dementsprechend lebhaft wird es in den Spielgruppen. Darüber hinaus ist die Fallsimulation an reale Entscheidungsfindungsprozesse angelehnt, so dass nicht alle Teilnehmenden abstimmen dürfen. Infolgedessen kann es zu Resignation oder Frustration bei einzelnen Gruppen oder Teilnehmenden kommen. Umso wichtiger ist es, frühzeitig darüber zu informieren und zu aktivem Einwirken auf die Entscheidungsfindung zu motivieren. Es ist zu erwarten, dass Teilnehmende in Phase zwei bis vier Deeskalationsstrategien anwenden werden, um die Dilemmasituation aufzulösen. Der/Die Spielleitende muss versuchen, die Diskussion wieder auf den eigentlichen Sachverhalt zu lenken, indem er die dramatische Zuspitzung der Situation noch einmal vergegenwärtigt und die entsprechenden Handlungsoptionen verdeutlicht. Es ist außerdem zu erwarten, dass die Teilnehmenden Argumente akribisch gegeneinander abwägen werden: Anzahl der geopferten Menschenleben/Überlebende, Grad der Zerstörung, Grad der Betroffenheit, Gesetzeslage. Der/Die Spielleitende muss diesen Prozess genau beobachten, um ihn später auswerten zu können.

Es ist nicht auszuschließen – und zu Teilen sogar erwünscht –, dass das Spiel eine hohe Dynamik und damit einhergehend starke emotionale Reaktionen hervorruft. Daher haben sich bei den Teilnehmenden möglicherweise unterschiedlichste Fragen oder Reaktionen auf den Spielverlauf angestaut. Auch an dieser Stelle sei noch einmal auf die Relevanz der Rollendistanzierung am Ende des Spielverlaufes für eine gelingende Reflexion verwiesen.

R U T A R E LIT

PATZELT, W. J. (2003): Einführung in die Politikwissenschaft. 5. ern. überarb. u. wesentl. erw. Auflage, Passau, S. 266-271. Die Begriffe Fallsimulation, Fallstudie oder auch Fallanalyse werden in der Literatur synonymhaft gebraucht. Für eine genaue Abgrenzung siehe: BREIT, G./ WEISSENO, G. (2003): Planung des Politikunterrichts. Schwalbach/Ts., S. 77 ff. Das Luftsicherheitsgesetz vom 15. Januar 2005 kann online eingesehen werden unter http://www.gesetzeim-internet.de/luftsig/index.html (zuletzt geprüft: 16.05.2012).

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ARBEITSBLÄTTER Kopiervorlagen „ Arbeitsblatt „Mein Innenleben „ Folie I und II: „Schlagzeile am Tag X Informationblatt „Hintergründe „ zu einzelnen Leitfragen „ Informationsblatt „Gesetzeslage Argumentationshilfen CD-Rom alle Arbeitsblätter

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ARBEITSBLATT MEIN INNENLEBEN

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NEWS

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Tausende Verletzte und Tote nach Flugzeuganschlag

01

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Ausnahmezustand in Berlin

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INFORMATIONSBLATT HINTERGRÜNDE ZU EINZELNEN LEITFRAGEN

LEITFRAGE

HINTERGRUND

WIE HAST DU DICH IM SPIEL VERHALTEN?

Es ist wichtig, dass die Teilnehmenden über ihren eigenen Beitrag zur Gruppenentscheidung nachdenken.

WELCHE ARGUMENTE WAREN WICHTIG?

Die Teilnehmenden können sich noch einmal Begründungen für Entscheidungen vergegenwärtigen, wobei die Reflexion in keine erneute inhaltliche Diskussion abgleiten sollte. Um das zu verhindern, kann besonders darauf eingewirkt werden, dass sich die Mitspielenden in andere Rollen und deren Argumentationen hineinversetzen.

WELCHE LÖSUNGEN SIND NOCH DENKBAR?

Es sollen jene Fragen bearbeitet werden, die Handlungsoptionen der Mitspielenden betreffen. Wenn die Spielenden alle Macht hätten, welche Regeln würden sie für eine Realsituation formulieren und warum?

WELCHE LÖSUNGEN HAT MAN IN DER REALEN WELT GEFUNDEN?

Wichtig ist, welche rechtlichen und gesetzlichen Grundlagen diese Fallstudie begleiten. Der/Die Spielleitende kann das Puzzleteil dazu nutzen, das Verständnis über die formalen Aspekte des Dilemmas Freiheit/Sicherheit zu erweitern.

1/2 I HINTERGRÜNDE ZU EINZELNEN LEITFRAGEN

VERTIEFENDE FRAGEN

Wie ist eure Entscheidung zustande gekommen?  Wer hat gehandelt, wer hat abgewartet? 

Wer hat Verantwortung übernommen? Wie fühlt sich diese Verantwortungs übernahme an?  Welche Argumente waren im Spiel wichtig/ unwichtig?  Welche Gründe hatten die einzelnen Gruppen für ihre Argumente?  

Wie hättest du gern außerhalb deiner Rolle reagiert?  Wie soll in einer solchen Situation am besten reagiert werden?  Wenn du alle staatliche Macht hättest, welche Regeln gäbe es für einen solchen Fall? 

Siehe Informationsblatt Gesetzeslage:  Gab es einen echten Fall?  Welche gesetzlichen Regeln gibt es für solche Situationen?  Darf abgeschossen werden?  Welche Prinzipien und Grundrechte sind betroffen?  Gibt es ein Gerichtsurteil?


LEITFRAGE

HINTERGRUND

AUF WELCHE BEREICHE IST UNSERE THEMATIK ÜBERTRAGBAR?

Es soll verdeutlicht werden, dass Konfliktlinien zwischen verschiedenen Grundrechten auch über das Szenario der Luftsicherheit hinausgehen. Vergleiche zwischen verschiedenen Grund- und Menschenrechten begegnen uns immer wieder in Entscheidungen unterschiedlichster Art und spiegeln manchmal sehr existenzielle Konfliktlinien zwischen Bürger_innen und Rechtsstaat wieder.

WAS BEWEGT DICH NOCH?

Dieses Puzzlestück kann Fragestellungen aufnehmen, die in keine der anderen Kategorien passen.

1/2 I HINTERGRÜNDE ZU EINZELNEN LEITFRAGEN

VERTIEFENDE FRAGEN

Freiheit und Sicherheit – ein Gegensatzpaar? Darf der Staat foltern, um Leben zu retten?  Darf der Staat helfen, einen Schwanger schaftsabbruch vorzunehmen/ ungeborenes Leben zu töten?  

EL I P S I E B

RETTUNGSFOLTER Seit Jahren wird darüber gestritten, ob ein bisschen Folter gerechtfertigt sei, wenn ein(e) festgenommene(r) Terrorist_in oder Kindesentführer_in weiß, wo die Bombe tickt oder das Kind versteckt ist. Selbst die bloße Androhung von Folter widerspricht bereits der Achtung der Menschenwürde und unseren Rechtsgrundsätzen. Prominent durch die Presse ging im Jahr 2002 der Fall des Polizeivizepräsidenten einer deutschen Großstadt, der einem Kindesentführer Folter androhte, um den Aufenthaltsort des Opfers zu erfahren. Um die Rechtfertigung von „Rettungs„ folter entspann sich eine heftige Debatte.


INFORMATIONSBLATT GESETZESLAGE

WELCHE GESETZLICHEN REGELN GIBT ES FÜR SOLCHE SITUATIONEN? Der Bundestag hat lange debattiert, wie im Falle von terroristischen Anschlägen, z. B. auf ein Atomkraftwerk oder den Bundestag, reagiert werden sollte, und schließlich ein Gesetz erlassen, das den Abschuss einer entführten Maschine durch die Bundeswehr unter Umständen in Kauf nimmt. Das Gesetz war auch deshalb wichtig, um die im Ernstfall ausführenden Soldat_innen zu entlasten. Auch die Aufgabenverteilung zwischen Innenministerium und Verteidigungsministerium sollten geklärt werden.

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ALL F R E T CH E EIN DARF ABGESCHOSSEN WERDEN? Artikel 14 des daraufhin verabschiedeten Gesetzes war sehr umstritten, sodass eine Klage vor dem obersten deutschen Gericht, dem Bundesverfassungsgericht, angestrebt wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung gesagt, dass ein Abschuss eines entführten Flugzeugs gegen die Verfassung verstößt. AUSSCHLAGGEBENDE BEGRÜNDUNG: Staatliche Organe dürfen Menschen nicht als Objekt für den Schutz anderer Menschen/Objekte behandeln. Das heißt, das Innenministerium darf keine Bürger_innen abschießen lassen, damit andere Bürger_innen überleben können.

Forciert wurde die Verabschiedung des sogenannten Luftsicherheitsgesetzes durch einen Zwischenfall im Luftraum von Frankfurt am Main: Dort war am 5. Januar 2003 ein geistig Verwirrter mit einem Motorsegler über dem Frankfurter Bankenviertel gekreist und hatte gedroht, sein Flugzeug in eines der Hochhäuser stürzen zu lassen.


STIMME ZUM GESETZ

STIMME ZUM GESETZ

„Dieses Gesetz ist die Einführung des finalen Rettungstotschlags gegen die eigene Bevölkerung. Der Staat gibt sich das Recht, Menschen zu töten, wenn er „ denkt, dass es notwendig ist. Gegner_in des Gesetzes

„Der Gesetzentwurf regelt in sehr engen Grenzen auch die Zulässigkeit eines Flugzeugabschusses. Es wäre unverantwortlich, kein Gesetz für so einen Notfall parat zu haben. Die Politik ist verantwortlich „ für die Menschen und deren Sicherheit. Befürworter_in des Gesetzes

WELCHE PRINZIPIEN UND GRUNDRECHTE SIND HIER BETROFFEN? Aus der Urteilsbegründung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Februar 2006 zum § 14 Abs. 3 des Luftsicherheitsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland:

„Die einem solchen Einsatz ausgesetzten Passagiere und Besatzungsmitglieder befinden sich in einer für sie ausweglosen Lage. (...) Dies macht sie zum Objekt nicht nur der Täter. Auch der Staat, der in einer solchen Situation zur Abwehrmaßnahme des § 14 Absatz 3 greift, behandelt sie als bloße Objekte seiner Rettungsaktion zum Schutze anderer. Eine solche Behandlung missachtet die Betroffenen als Subjekte

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mit Würde und unveräußerlichen Rechten (...) Indem über ihr Leben von Staats wegen einseitig verfügt wird, wird den als Opfern selbst schutzbedürftigen Flugzeuginsassen der Wert abgesprochen, der dem Menschen um seiner selbst willen „ zukommt. „Unter der Geltung des Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes (Menschenwürdegarantie) ist es schlechterdings unvorstellbar, auf der Grundlage einer gesetzlichen Ermächtigung unschuldige Menschen, die sich in einer derart hilflosen Lage befinden, vorsätzlich zu töten.“

Neben Artikel 1 des Grundgesetzes, das jedem Menschen menschenwürdige Behandlung durch Menschen und staatliche Organe in Deutschland zusichert (Artikel 1 des Grundgesetzes), sind vor allem die Grundrechte auf Leben, körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 des Grundgesetzes) betroffen, wenn darüber nachgedacht wird, ein entführtes Flugzeug abzuschießen.

Im Netz findest du viele Artikel und Videos zum Streit um den Abschuss einer entführten Maschine.


ARGUMENTATIONSHILFE GRUPPE ANGEHÖRIGE DER FLUGZEUGINSASS_INNEN

NICHT ABSCHIESSEN  Es ist moralisch nicht vertretbar, Menschen zu töten.  Ein Staat darf Menschen nicht abschießen – gleichgültig, für welchen Zweck.  Mutter/Schwester/Vater/Bruder/beste(r) Freund(in) ist unschuldig und dem Staat wehrlos ausgeliefert.  Ein Staat muss die Bürger_innen im Flugzeug schützen und alles daran setzen, sie zu retten.  Vielleicht dreht der/die Entführer_in doch noch ab.  Die Bundeswehr darf doch nicht auf eigene Leute schießen.

ABSCHIESSEN  Katastrophen müssen verhindert werden.  Es gäbe eine viel größere Katastrophe, Chaos und Massenpanik, wenn das Flugzeug in die Innenstadt stürzt, als wenn das Flugzeug abgeschossen wird.  Mutter/Schwester/Vater/Bruder/beste(r) Freund(in) opfern sich für die Bürger_innen in Berlin.  Der/Die Entführer_in scheint sehr willensstark und wild entschlossen zu sein, seine Aufgabe umzusetzen.


ARGUMENTATIONSHILFE GRUPPE STAATSBEDIENSTETE DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND

ABSCHIESSEN:  Aufgabe des Innenministeriums und des Verteidigungsministeriums ist es, die Sicherheit der Bürger_innen zu gewährleisten.  Katastrophen, Chaos und Massenpanik müssen verhindert werden.  Effizientes Krisenmanagement heißt, das kleinere Übel zu wählen.  Das Leben unschuldiger Bürger_innen in Berlin muss geschützt werden. Die Bürger_innen im Flugzeug sind so oder so in den Händen des/der Entführer_in.  Polizeikräfte und Militär tragen zum Schutz der Bürger_innen bei.

NICHT ABSCHIESSEN  Es ist moralisch nicht vertretbar, Menschen zu töten. Jeder Mensch hat das Recht auf Leben.  Ein Staat darf Menschen nicht abschießen – gleichgültig, für welchen Zweck.  Ein Staat muss alle Bürger_innen, auch die Menschen im Flugzeug, schützen.  Man darf nicht Menschenleben gegeneinander abwägen.  Die ausführenden Soldat_innen töten wehrlose und unschuldige Menschen.


ARGUMENTATIONSHILFE GRUPPE BÜRGER_INNEN BERLINERS

ABSCHIESSEN  Es gäbe eine viel größere Katastrophe, Chaos und Massenpanik, wenn das Flugzeug in die Innenstadt stürzt, als wenn das Flugzeug abgeschossen wird.  Vielleicht fliegt er/sie in ein Atomkraftwerk – dann könnte ganz Deutschland radioaktiv verstrahlt werden.  Das Leben unschuldiger Bürger_innen in Berlin und Umgebung muss geschützt werden.  Die Bürger_innen im Flugzeug sind so oder so in den Händen des/der Entführer_in.  Der/Die Entführer_in scheint sehr willensstark und wild entschlossen zu sein, seine Aufgabe umzusetzen.  Polizeikräfte und Militär tragen zum Schutz der Bürger_innen bei.

NICHT ABSCHIESSEN  Es ist moralisch nicht vertretbar, Menschen zu töten.  Ein Staat muss die Bürger_innen im Flugzeug schützen und alles daran setzen, sie zu retten.  Vielleicht dreht der/die Entführer_in doch noch ab.  Man darf hier nicht Menschenleben gegeneinander abwägen, weil kein Leben mehr wert ist als das andere.  Die Bundeswehr darf doch nicht auf eigene Leute schießen.


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