NAMIB TIMES 15
3 MARCH 2017
An der Atlantikküste,in der Namibwüste PSS-Austausch mit Göppingen Swakopmund (sk) Zehn Tage lang hatten Neuntklässler der Uhland-Realschule aus dem badenwürtembergischen Göppingen und der Privatschule Swakopmund Zeit, sich auf namibischem Boden gegenseitig zu beschnüffeln. Statt gemeinsam die Schulbank im miefigen Klassenzimmer zu drücken, wurden unterm freien Himmel Eindrücke Namibias gewonnen Auf einer Wanderung durchs offene Veld im Nordosten, einer Wildfahrt und ums wabernde Lagerfeuer herum übte man den Schulterschluss miteinander und kam sich tetig näher. PSS-Schüler Florian Talaska, Nicolai Hilbert und Jana Louw sind sich einig:” Die Göppinger arbeiten gut zusammen, sind freundlich und hilfsbereit - manchmal ein wenig ichbezogen, aber immer gut drauf.”
Schüler der Uhland-Realschule in Göppingen und Schüler der Privatschule Swakopmund vereint im Innenhof der Oberstufe der PSS. Vorne v. l.: Florian Talaska (PSS), Leon Moll und Fabian Bürkle (Göppingen) und Nicolai Hilbert (PSS). Hinten v.l. Sonja Denner (Göppingen) und Jana Louw (PSS). verkehr mit dem ,,Lenkrad an der rechten Seite.” Während man sich hierzulande wie ein Schneekönig (oder doch eher Regenkönig?) über Petrus’ geöffnete Himmelsschleusen freut, fand die Göppingerin den Regen ,,nit so gut”.
PSSer Nicolai fügt hinzu: ,,Die sind voller Freude auf einem alten Autoreifen Trampolin gesprungen.” Fabian wiederum staunte über den wenigen Müll auf den Straßen. PSS-Schüler Jana und Nicolai sind sich einig,
Das organisatorische Gespann von links: Hannelore Dobberstein, Heike Holch-Niebuhr, Eva Potgieter, Siglinde Hailer, Stefan Trautner (Begleitlehrer aus Göppingen), Ilse Liechti, Bernard Guyènot (Begleitlehrer aus Göppingen) und Christiane Hilbert. Foto: PSS-Schüler Tamsen Louw ,,Und”, meint Nicolai, Dafür war sie in die dass der Austausch er,,sie gebrauchen so vielen Tiere in freier folgreich war: ,,Am lustige Wörte und sind Wildbahn vernarrt und besten gefiel mir, wenn Langschläfer!” Jana erinnert sich besonders man abends ums Lafügt hinzu: ,,Sie sind gerne an die Wildfahrt gerfeuer saß, entspanbesser, als ich dachte, auf einem offenen nen und neue Freundunkompliziert, hu- Geländewagen: ,,Wir schaften schließen morvoll und immer gut kennen ja die wilden konnte (Nicolai). Und gelaunt.” Fabian Bürk- Tiere nur aus dem Zoo, Jana sagt: ,,Das Prole aus der Stadt im Re- wie der Wilhelma gramm hat mir sehr gierungskreis Stutt- (Anm.: ein zoologisch- gefallen, vor allem die gart sagt über die Na- botanischer Garten im viele Gruppenarbeit, mibiern: ,,Sie sind we- Stuttgarter Stadtbe- die uns näher brachte.” sentlich netter als bei zirk).” Leon war wie- Alles in allem kann uns.”Und Sonja Den- derum begeistert von man sich des Einner ergänzt: ,,Die Men- den breiten Straßen drucks nicht erwehschen hier in Namibia hierzulande. Beson- ren, dass die Schüler sind sehr offen, nett ders toll fand er den beider Kontinente die und freundlich. Und Besuch bei der Otavi zehn Tage miteinander auch viel zivilisierter, Primary School: ,,Es in vollen Zügen genosals ich gedacht hatte”. war so schön zu sehen, sen haben. Zu verdanAfrika hat Sonja sich mit welcher Freude die ken haben sie die Idee mit dunkelhäutigen Kinder dort zur Schule des Austausches Frau Menschen vorgestellt. gehen. Sie genießen S i g l i n d e H a i l e r , Befremdend fand sie das einfach und haben Schulleiterin der Uhaußerdem den Links- ihren Spaß.” Und land-Realschule. Be-
vor Frau Hailer 2015 Rektorin der Göppinger Schule wurde, unterrichtete sie von 2007 bis 2014 an der Deutschen Höheren Privatschule Windhoek und war in der Zeit auch im Vorstand des Goethe-Zentrums (heute Goethe-Institut) tätig: ,,Völkerverständigung ist nur durch persönlichen Kontakt möglich”, begründet sie ihre Initiative des Schüleraustausches. Auf namibischer Seite lag die Organisation in den fähigen Händen folgender Lehrkräfte: Eva Potgieter (Koordinatorin), Hannelore Dobberstein und Christiane Hilbert (Unterkunft, Transport und Programm), Heike Holch-Niebuhr (Kommunikation) und Ilse Liechti (Organisation des B2-Goldminenbesuchs) . Im Dezember wird eine Gruppe PSSer nun wiederum die Göppinger Schule in Süddeutschland besuchen. Da man beim Abschied ein paar Tränchen geweint hat, wird die Wiedersehensfreude der Swakopmunder und Göppinger Schüler nur um so größer sein.
Locker vom Hocker Über das Anpumpen!
Liebe Küstenleser! Hin und wieder sitzt ein kleiner Mann im Rollstuhl vor Pick und Pay und wartet darauf, dass Passanten ihm ein paar Almosen geben. Ich habe ihn allerdings lange nicht mehr gesehen. Vor mehreren Monaten habe ich einmal angeboten, ihm Schuhcreme und Bürsten zu kaufen, sodass er interessierten Fußgängern eventuell die Schuhe putzen kann. Es wäre doch so viel befriedigender, wenn man für sein Geld einen Dienst tut, als nur dazusitzen und zu betteln. Und auch die Vorübergehenden würden ihn vielleicht eher unterstützen, wenn er etwas für das Geld, das sie ihm geben, leistet. Er schüttelte nur den Kopf, und war nicht interessiert. Nun habe ich einen weiteren guten Grund, lächelnd an ihm vorbeizuziehen, ohne ihm irgendwelche Münzen in seinen kleinen Behälter zu tun und dafür lieber die Autowachen um so mehr zu unterstützen. Ich habe einen unheimlichen Respekt vor diesen Wächtern, die für einen Obolus stundenlang in der sengenden Sonne stehen bzw. zwischen den Autos umherrennen - von einigen bequemen Ausnahmen einmal abgesehen. Letzte Woche saß um die Ecke vom Slowtown-Cafè ein anderer Mann in einem Rollstuhl - mit ausgestreckter Hand. Er ist eine bekannte Erscheinung im Stadtbild, und ich habe ihn noch nie vorher bettelnd erlebt. Also machte ich ihm denselben Vorschlag mit der Schuhwichse, den Lappen und Bürsten. ,,Vok jou”, liess er mich mit einer abweisenden Armbewegung wissen. ,,Dit is nie my job nie!” Woraufhin
ich mir es nicht verkneifen konnte, sarkastisch zu werden: ,,Jammer meneer, ek het vergeet, dat jou job is, om die hand oop te maak.” Es gibt halt Menschen, die keinen Finger krumm machen, aber Geld von jenen haben wollen, die es sich im Schweiße ihres Angesichts verdient haben. Irgendwie wurde ich durch diese zweimalige Konfrontation mit Bettlern an eine Epi-
sode aus meiner Studentenzeit erinnert. Es war die Zeit, als es noch keine Handys gab, und ich fuhr an einem Wochenende mit dem Zug von Stellenbosch zu meiner Freundin Katja Berker nach Kapstadt. Am Kapstädter Bahnhof strebte ich auf eine Telefonzelle zu, um meiner Freundin Bescheid zu geben, dass ich angekommen sei. Als ich den Hörer auflegte, bemerkte ich, dass mir jemand mein Portmonee von dem kleinen Tischchen in der Telefonkabine gestohlen hatte. Alles Futsch: mein karges Studentengeld, meine Rückfahrkarte nach Stellenbosch! Und ich konnte meine Freundin noch nicht einmal von
einer Telefonzelle aus anrufen, weil ich keine Münze dafür hatte! Als mir meine üble Situation bewusst wurde, verkroch ich mich in den Raum für öffentliche Toiletten und heulte so still vor mich hin. Eine Frau kam daraufhin auf
mich zu und erkundigte sich nach dem Grund meiner Tränen. Sie gab mir unaufge-fordert das Geld für eine Bahnkarte nach Stellenbosch. Vielleicht hat es etwas mit der Erziehung zu tun, aber es wäre mir in den schlimmsten Träumen nicht eingefallen, mich mit ausgestreckter Hand irgendwo hinzustellen und zu betteln. Andererseits...was hätte ich getan, wenn es diese Frau oder einen anderen barmherzigen Samariter nicht geg e b e n h ä t t e ? We r weiss?! Selbst diese Erinnerung und die Gedanken, die damit einhergehen, können jedoch nicht davon ablenken, dass mir ein Mensch, der nicht arbeiten will, und sich obendrein noch Geld von anderen erbettelt , zuwider ist. Ihre Susann Kinghorn