Nahdran 3|2015

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Aus Branche und Unternehmen. Dezember 2015

Ideen statt Verzicht:

Wie der schonende Umgang mit Ressourcen Klimaschutz und Wirtschaî‚?swachstum vereint

www.veolia.de/nahdran

nahdran.


Seite 2 In Kooperation mit

Aus der Kreislaufwirtschaft

Fasern aus Milch: Auf dem Weg zum BaumwollErsatz

Grüne Technik: »Nager IT« baut die erste faire Computermaus

Abgelaufene Milch? Perfekt! Dann ist das Eiweiß schön flockig. Anke Domaske (Bild) nimmt abgelaufene Milch als Grundlage für einen Teig, aus dem Kleidung entstehen soll. Dieser wird zunächst durch eine Art Nudelmaschine gedrückt. Heraus kommen hunderte Spaghetti. Fast endlos. Weiß. Dünn wie Spinnweben. Und am Ende erstaunlich fest. Einige Textilfirmen werden daraus Stoffe weben, denen möglicherweise die Zukunft gehört. Denn der Textilverbrauch steigt – und Baumwolle ist nicht nur wasserintensiv im Anbau, sondern geht auch mit Pestiziden einher. Die Altmilchfaser ist zwar teurer, aber hat – solange Milch nicht extra dafür produziert wird – ökologisch einige Vorteile.

Es ist nicht einfach, elektronische Geräte fair herzustellen. Auch, wenn es sich um eine einfache Computermaus handelt. Doch die einzelnen Bestandteile aus Rohstoffen zu produzieren, deren Abbau keine Bürgerkriege finanziert, und zu fairen Löhnen zusammenbauen zu lassen, ist ziemlich schwierig, das merkt auch Susanne Jordan. Die Geologin versucht es trotzdem, gründete dazu den Verein Nager IT. In der ersten Generation konnte sie die Maus zu zwei Dritteln fair produzieren. Was die Lieferkette angeht, so setzt Nager IT mit einer großen Übersichtstafel auf absolute Transparenz. Die Probleme kommuniziert der Verein offen.

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Flüssiger Stromspeicher: Erste Redox-FlowBatterie aus organischen Materialien

Aquakin: Wasserkraftwerke für OutdoorBegeisterte

Redox-Flow-Batterien gelten als mögliche neue Speichertechnologie für E-Autos. Dadurch, dass es sich um Nasszellen handelt, ließen sich die Flüssigkeiten austauschen, sozusagen ein Tankvorgang für Batterien. Zudem sind sie ziemlich robust. Umso besser, wenn die Flüssigkeiten aus organischen Materialien bestehen. Einen solchen Elektrolyt haben nun Forscher an der Harvard-Ingenieurschule in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts entwickelt. Die leitenden Teilchen sind dabei in schlichtem Wasser gelöst. Anders als andere Batterien ist dieser neue Typ weder brennbar noch giftig. Die benötigten Werkstoffe sind billig und in beliebigen Mengen verfügbar.

Aquakin setzt auf den kleinen Maßstab: Idyllische Bäche, langsam fließendes Quellwasser oder auch ein unspektakuläres Abflussrohr sind die Einsatzgebiete des Startups. Das Fürther Unternehmen baut Kleinstwasserkraftwerke – und fährt damit ganz bewusst den Gegenkurs zu großen Stauwerken. Für die vier Gründer stehen Dezentralität und vor allem Umweltschutz im Vordergrund. So können Outdoorurlauber, die nur mal schnell am Bach das Handy laden wollen, bis hin zu kleinen, am Wasser gelegenen Kommunen ihren Strombedarf decken. Gemein haben alle Kleinstkraftwerke, dass sie sich schon mit geringen Fließgeschwindigkeiten zufrieden geben.

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Auf ein Wort Aktiv für den Klimaschutz

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en tatsächlichen Erfolg der Weltklimakonferenz COP21 in Paris, ihren ‘Fußabdruck’ in der Geschichte der weltweiten Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel, wird man erst in einigen Jahren einschätzen können. Tatsache ist und bleibt: Der Einsatz der Weltgemeinschaft für eine effektive Begrenzung der globalen Erwärmung ist eine der größten Herausforderungen für Regierungen, Unternehmen und zivilgesellschaftliche Akteure weltweit.

Etienne Petit, Generaldirektor Veolia Deutschland

Veolia ist fest entschlossen, dabei eine Rolle zu spielen. Nicht nur, um damit unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden, sondern auch weil der Kampf gegen den Klimawandel für uns zum Kerngeschäft gehört: Wir bieten die praktischen Lösungen, die Städte und Unternehmen für den Übergang zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft benötigen.

Im Vorfeld von COP21 unterstützt Veolia gemeinsam mit vielen anderen Unternehmen die Initiativen der Weltbank und anderer Institutionen für einen weltweiten ‚Kohlenstoffpreis‘, in einem klaren, stabilen und anspruchsvollen Mechanismus. Experten sind sich einig, dass solche markwirtschaftlichen Instrumente der effektivste Weg sind, Investitionen gezielt in emissionsarme und -freie Technologien zu lenken. Ebenso klar ist, dass nationale oder europäische Regelungen nur der Anfang sein können: Nur wenn er auf der »Ebenso klar ist, dass nationale oder ganzen Welt greift, kann ein Preismechanismus fairen Wettbewerb europäische Regelungen nur der Anfang sicherstellen und die kostengünstige und effiziente Umstellung sein können: Nur wenn er auf der ganzen auf die Kreislaufwirtschaft befördern.

Welt greift, kann ein Preismechanismus fairen Wettbewerb sicherstellen und die kostengünstige und effiziente Umstellung auf die Kreislaufwirtschaft befördern.«

Gute Beispiele dafür gibt es nicht nur international, sondern auch hier in Deutschland: Wenn wir durch modernstes Kunststoffrecycling Ölverbrauch und CO 2-Ausstoß senken, wenn wir Industriekunden zu mehr Energieeffizienz verhelfen oder Kommunen bei der Anpassung ihrer Regenwassersysteme an den Klimawandel beraten.

Wichtigste Grundlage für unsere Glaubwürdigkeit als Lösungsanbieter ist es, unsere eigenen Nachhaltigkeitsziele klar und transparent darzulegen und über unsere Fortschritte zu berichten. Veolia hat sich weltweit neun Zielen zur nachhaltigen Entwicklung verpflichtet (www.veolia.de/verantwortung), deren zweites sich direkt auf den Klimaschutz bezieht und mit einem konkreten quantitativen Ziel unterlegt ist: Von 2015 bis 2020 wollen wir weltweit durch Vermeidung und Verringerung insgesamt 150 Millionen Tonnen CO 2-Äquivalente weniger ausstoßen. Klare Reduktionsziele auch für Unternehmen sehen wir als eine wichtige Ergänzung zu den Verpflichtungen, die Staaten und Regierungen abgeben. Es ist die Wirtschaft, die CO2-Emissionen produziert – und es ist auch die Wirtschaft, die die Transformation führend mitgestalten muss.


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Konsequente getrennte Erfassung und fachgerechte Sortierung von Altpapier in Deutschland sind wichtige Faktoren, um Ressourcen und Energie zu sparen und den CO2-AusstoĂ&#x; zu senken. Die RĂźcklauf- und Einsatzquote von Altpapier liegt hierzulande bei vorbildlichen 74 Prozent.


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Ideen statt Verzicht Wie der schonende Umgang mit Ressourcen Klimaschutz und Wirtschaswachstum vereint

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in Gebot der Vernunft ist es schon lange, natürliche Ressourcen nachhaltig zu nutzen und Treibhausgase zu vermeiden. Mittlerweile entwickelt sich aus dem Ressourcen- und Klimaschutz eine Pflicht – ökonomisch wie rechtlich. Für Unternehmen und Kommunen mögen sich daraus gewaltige technische und finanzielle Herausforderungen ergeben. Doch die Chancen überwiegen. Nur wenige Rohstoffe tun der Menschheit den Gefallen, unter Wüstensand zu ruhen. Ob Seltene Erden, Gold oder Holz: Die Produktion kann massiv in Ökosysteme eingreifen, von denen etliche sogar relevant für das Klima der Erde sind. So liegt beispielsweise eine der größten Nickel-Minen im Regenwald von Madagaskar. Doch damit nicht genug. Rohstoffe zu gewinnen, sie zu transportieren und industriell zu verwerten, kostet viel Energie. Und so lange diese Energie überwiegend aus fossilen Quellen stammt, trägt die steigende Nachfrage nach Rohstoffen zur Erderwärmung bei. Liegt die Lösung also darin, bereits verwendete Rohstoffe wiederzuverwerten? Die Antwort lautet: Unter bestimmten Bedingungen und zusammen mit weiteren Ansätzen. Status quo: Weniger Emissionen dank Kreislaufwirtschaft Zunächst lässt sich feststellen: »Schon heute leistet das Recycling einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz und spart Ressourcen ein.« Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Öko-Instituts e.V. aus dem Jahr 2014. Die Wissenschaftler ermittelten, dass Deutschland seine Emissionen dank funktionierender Kreislaufwirtschaft jedes Jahr um 19 Millionen Tonnen Kohlendioxid senkt. Dazu trage beispielsweise das Sammeln, Sortieren und Aufbereiten von Kunststoffen bei. Diese Materialien werden zum großen Teil aus Erdöl gewonnen. Landen sie in der Wertstofftonne statt in einer Müllverbrennungsanlage, bleibt das enthaltene Kohlendioxid gebunden. Das Öko-Institut empfiehlt deshalb, künftig noch stärker auf Wiederverwertung zu setzen. Müll dürfe nicht länger einfach verbrannt werden. Ein weiteres Beispiel der Studie sind Bioabfälle. Die Kreislaufwirtschaft produziert

knapp fünf Millionen Tonnen Kompost im Jahr. Das verringert den Einsatz von Torf und Mineraldünger – und kommt so auch dem Klima- und Ressourcenschutz zugute. Allerdings zeigt die Analyse des Öko-Instituts, dass Deutschland auch Bioabfälle konsequenter verwerten muss. »Werden heute etwa 50 bis 60 Prozent getrennt erfasst, sollte dies künftig nahezu vollständig erfolgen«, fordern die Wissenschaftler. Zu den weiteren Empfehlungen gehört, Gewerbeabfälle künftig ebenso gründlich zu trennen wie Haushaltsabfälle. Das Fazit des Öko-Instituts: Würde Deutschland die Möglichkeiten seiner Kreislaufwirtschaft ausschöpfen, ließen sich weitere 11 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr einsparen.

Die Produktion einer Tonne Papier aus frischen Holzfasern benötigt genau so viel Energie wie die Herstellung einer Tonne Stahl. Damit ist die Papierindustrie der weltweit fünftgrößte industrielle Energieverbraucher. Wird Papier im Restmüll entsorgt und verbrannt, geht eine wertvolle Ressource einfach in Flammen auf.

Schuttberge als Rohstoffquellen Die Bundesregierung hat bereits angekündigt, einige Verordnungen entsprechend zu ändern. Viele weitere Ansätze hat sie im »Programm zur nachhaltigen Nutzung und zum Schutz der natürlichen Ressourcen« (ProgRess II, siehe Kasten S. 9) zusammengetragen und durch Initiativen für die Zukunft ergänzt. Regelmäßig steht beispielsweise die Verpackungsverordnung auf dem Prüfstand, die derzeit zu einer Wertstoffverordnung weiterentwickelt wird. Schon heute holen Entsorgungsunternehmen die Kunststoff- und Metallabfälle privater Haushalte zusammen mit Verpackungen ab. Künftig sollen Bau- und Abrissunternehmen Schutt und Materialreste trennen und den Wertstoffsystemen zuführen, statt sie als Müll zu betrachten. Betreiber von Kläranlagen sollen dem Schlamm Phosphor für Landwirtschaft und Industrie entziehen. Außerdem werden ausrangierte Computer und Smartphones bald wohl noch intensiver ausgeschlachtet – auf der Suche nach seltenen Metallen aus Legierungen.


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Das Bergwerk der Zukunft steckt in der Hosentasche, steht auf dem Schreibtisch oder parkt vor dem Haus: Alte Handys, Computer und Autos enthalten edle und seltene Metalle, die man wiederverwerten sollte. Mit einer fachgerechten Aufarbeitung kÜnnen wertvolle Stoffe wiedergewonnen und neu verarbeitet werden, alle schädlichen, nicht recyclingfähigen Materialien werden umweltund gesundheitsschonend entsorgt.


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Dreiklang in Produktion und Entwicklung Wie eng der Bedarf an industriellen Grundstoffen mit dem Klimawandel zusammenhängt, lässt folgende Zahl erahnen: Allein die Produktion und Verarbeitung von Stahl, Zement, Papier, Plastik und Aluminium verursacht rund die Hälfte aller industriellen Kohlendioxidemissionen Deutschlands. Recycling kann laut ProgRess II jedoch nur ein Teil der Lösung sein. Ressourcenund Klimaschutz »erfordert ein Denken in Stoffströmen aus einer Lebenszyklusperspektive, das die gesamte globale Wertschöpfungskette von der Rohstoffgewinnung an berücksichtigt.« Ziel muss also ein Dreiklang in Produktion und Entwicklung sein: Die Industrie soll künftig von vornherein weniger Rohstoffe einsetzen, die Lebensdauer ihrer Produkte erhöhen und Materialien verwenden, die sich später effizient recyceln lassen. Beispiel Karbonfaser: Dieses Material ist leicht und stabil, weshalb unter anderem Produzenten von Windrädern und Fahrzeughersteller darauf zurückgreifen. Für Karbonfasern auf Erdölbasis gibt es aber noch keine ausgereiften Recyclingverfahren. Das bedeutet: Zwar wird ein Elektroauto dank des Materials leichter und benötigt weniger Strom. Momentan bleibt aber fraglich, was mit der Karosse passiert, sobald der Fahrer sein Auto ausrangiert. Neuartige Verfahren als Schlüssel zum Erfolg Auch Dr. Martin Vogt betont den Zusammenhang zwischen Materialeinsatz, Recycling und Klimaschutz. Der Leiter der VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH in Berlin sagt: »Wertstoffe wiederzuverwerten, bedeutet nicht zwangsläufig, Ressourcen zu schonen und die CO2-Emissionen zu senken. Die Bilanz ist von Rohstoff zu Rohstoff unterschiedlich.« So koste es zwar weniger Energie, Aluminium wiederzuverwerten als Aluminiumerze abzubauen. Doch unter anderem die Seltenen Erden ließen sich derzeit nur mit hohem Aufwand zurückgewinnen. Aus energetischer Sicht und aus Kostengründen sei es für Unternehmen deshalb folgerichtig, sie aus dem Boden zu holen. Mit potenziell negativen Folgen für Mensch und Natur in den Abbauländern. »Das Ziel muss also darin bestehen, in der gesamten Industrie intelligente Prozesse und neuartige Verfahren zu etablieren«, folgert Dr. Martin Vogt. Unternehmen stünden in der Pflicht, die Wertschöpfung von der Mine über das Produkt bis zur Wiederverwertung zu überwachen. Zudem gelte es, auch solche Rohstoffe energieeffizient und klimaschonend wiederzugewinnen, deren Recycling heute aufwändig ist.

Im Zentrum Ressourceneffizienz sei man aber optimistisch, dass dies gelingt. Anlass dazu gäben zahlreiche innovative Verfahren, die die Kreislaufwirtschaft gemeinsam mit Forschungseinrichtungen entwickelt habe. Unter anderem könnten Bauunternehmen mittlerweile auf hochwertigen Recyclingzement zurückgreifen. Kreislaufwirtschaft für Grund und Boden Das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm ProgRess II nennt neben der Wirtschaft einen weiteren wesentlichen Akteur: die Öffentliche Hand. Schon heute müssen Institutionen von Bund und Ländern, aber auch Kommunen etwa bevorzugt ressourcenschonende Produkte beschaffen (§ 45 Kreislaufwirtschaftsgesetz). Ein weiteres Beispiel ist der Ausbau von Siedlungen und Straßen. Bisher wachsen unsere Städte und Gemeinden vor allem in die Breite, weil sich Gebäude an den Rändern mit vergleichsweise geringem Aufwand errichten lassen. Dadurch gehen laut Umweltbundesamt jeden Tag bis zu 80 Hektar Acker-, Forst-, und Weideland verloren. Ziel der Bundesregierung ist es, eine Art Kreislaufwirtschaft für Flächen zu etablieren und den Verbrauch auf 30 Hektar täglich zu senken. Kommunen sollen Anreize erhalten, im bereits besiedelten Gebiet Lösungen zu finden statt Flächen am Rand als Bauland auszuweisen. Zu diesem Zweck lässt das Umweltbundesamt einen interkommunalen Handel mit Zertifikaten testen. Verläuft der Modellversuch erfolgreich, könnte aus dem Planspiel schon bald Gesetz werden.

Immer noch gelangen riesige Mengen alter Elektrogeräte aus Europa nach Asien und Afrika. Damit gehen auch Metalle im Wert von mehreren Milliarden Euro verloren. Der größte Teil der Geräte wird dort nicht korrekt recycelt, giftige Stoffe wie Quecksilber und Zyanid belasten die Umwelt und schaden der Gesundheit der Arbeiterinnen und Arbeiter.

Global denken, lokal handeln Viele Kommunen in Deutschland sind aber alles andere als Getriebene der Bundespolitik. Im Gegenteil: »Es ist beeindruckend zu sehen, wie kreativ und energisch viele Kommunen beim Klimaschutz voranschreiten. Von diesen Beispielen können wir viel lernen.« Das sagte Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth am Rande der Internationalen Kommunalen Klimakonferenz Anfang Oktober in Hannover. Wissenschaftler, Politiker und Kommunalvertreter aus 27 Ländern waren angereist, um Erfahrungen auszutauschen. Zu den vorgestellten Lösungen zählte unter anderem, Gebäude energieeffizient zu sanieren, Moore zu erhalten und Brunnen mit Solarzellen zu betreiben. Immer wieder betonten die Teilnehmer der Konferenz, wie bedeutsam Netzwerke für den Klimaschutz sind. Im Kreis Warendorf und der Stadt Beckum wurden beispielsweise vier Baubetriebshöfe zusammengeführt. Entstanden ist ein zentraler, energieautarker Standort für die ganze Region.


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Kläranlagen zählen zu den größten Energieverbrauchern der Kommunen. Umso wichtiger, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, Energie zu sparen, Energie und wertvolle Ressourcen wie Nährstoffe aus Abwasser wiederzugewinnen und das gereinigte Abwasser in die Natur zurückzugeben.


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Treibhausgas als Stromlieferant Auch Mülldeponien gehören zum Betätigungsfeld kommunaler Klimaschützer. So erweitert beispielsweise der Landkreis Wolfenbüttel das Belüftungssystem des Entsorgungs- und Verwertungszentrum Bornum. Ziel ist es, die klimaschädlichen Emissionen mindestens zu halbieren. Das gilt vor allem für Methan. Dieses Gas entsteht, wenn sich Abfälle unter Sauerstoffabschluss zersetzen, und hat laut Weltklimarat IPCC ein rund 25 Mal höheres Treibhauspotenzial als Kohlendioxid. Im Gegensatz zu Kohlendioxid lässt sich Methan allerdings relativ einfach auffangen. Perspektivisch bringt das Klimagas aus der Deponie sogar Gewinn. Denn mit seiner Hilfe lässt sich Strom erzeugen. Genau das hat der Landkreis Wolfenbüttel vor, und genau das ist es, was diese Lösung nachahmenswert macht. Dies zumindest ist die Ansicht von Antoine Frérot. Der CEO von Veolia sagt: »Die Mülldeponien in der sogenannten Dritten Welt gehören zu den größten unerschlossenen Minen der Erde.« Das gelte für die dort ruhenden Wertstoffe ebenso wie für das entstehende Treibhausgas. »Die Gewinnung von Methan ist ein gangbarer Weg, Entwicklungsländer in den Klimaschutz einzubeziehen«, so Frérot.

Preisdruck des Weltmarkts die verschwenderische Praxis vergangener Jahrzehnte. Kupfer beispielsweise kostet heute zweieinhalbmal soviel wie zur Jahrtausendwende. Kaum jemand wirft solche Schätze auf den Müll. Erdöl und Kohle bleiben uns dagegen noch Jahrzehnte erhalten und versprechen hohe Gewinne. Es genügt also nicht, an den guten Willen zu appellieren, um Alternativen zu diesen Rohstoffen zu suchen. Es muss auch finanzielle Anreize geben. Kohlendioxid müsse mit einem Preis versehen werden – nicht anders als Abwasser oder die Müllabfuhr. Veolia-Chef Frérot beispielsweise hält für jede Tonne, die ein Unternehmen in die Atmosphäre entlässt, zwischen 30 und 40 Euro für angemessen.

Eine neue technische Revolution Innovationsgetriebene Ansätze im Klimaschutz stellen Chancen in den Mittelpunkt, statt lediglich Endzeitszenarien aufzurufen. Die Botschaft lautet: Die Wirtschaft kann auch dann wachsen, wenn sie dem zügellosen Rohstoffverbrauch entsagt. Erst kürzlich haben die Ellen MacArthur Stiftung, Übermäßige landwirtschaftliche das McKinsey Zentrum für Wirtschaft Bewässerung in trockenen Gebie- und Umwelt sowie der Stiftungsfonds für ten, industrieller Wasserverbrauch und die Umweltökonomie und Nachhaltigkeit diese ungeklärte Einleitung von Abwasser in Flüsse und Seen führen in vielen Gegen- These mit einer Studie untermauert. den der Welt dazu, dass Grundwasser- »Growth Within: A circular economy vision spiegel sinken und kein sauberes Wasser for a competitive Europe« kommt zu dem für die Menschen zur Verfügung steht. Klimaschutz und Markwirtschaft Ergebnis: Setzt Europa eine neue technische Generell empfehlen zahleiche UmweltaktiRevolution in Gang, kann es bis 2030 mit visten und Klimaschützer, aber auch Manager wie Antoine einem Nettogewinn von 1.800 Milliarden Euro rechnen. Und Frérot, den Ressourcen- und Klimaschutz an marktwirtschaft- ganz nebenbei würde der Kontinent seine CO2-Emissionen liche Mechanismen zu knüpfen. Ihre Argumentation: Bei Roh- halbieren. Das Geheimnis der Nachhaltigkeit besteht also nicht stoffen, die in absehbarer Zeit zur Neige gehen, dämpft der in Verzicht, sondern in Ideen.

Energieeffizienz-Index Deutschland hat als eines der ersten europäischen Länder im Februar 2012 eine nationale Strategie für Ressourceneffizienz beschlossen. Das »Programm zur nachhaltigen Nutzung und zum Schutz der natürlichen Ressourcen« (ProgRess) zielt darauf ab, das Wachstum der Wirtschaft vom Ressourceneinsatz abzukoppeln. Die enthaltenen Maßnahmen und Initiativen sollen zugleich die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärken und Arbeitsplätze schaffen. Das Bundesumweltministerium ergänzt das Programm fortwährend und aktualisiert den Entwurf im Internet. Bürger, Unternehmen und Verbände können schriftlich Stellung beziehen. Alle vier Jahre berät das Bundeskabinett über den Stand. ProgRess II wird demnach voraussichtlich Anfang 2016 verabschiedet.

Öko-Institut e.V. Presseinformation »Recycling zuerst – Energiewende ohne Müllverbrennung« www.oeko.de >presse Schlussbericht der Enquete-Kommission »Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität – Wege zu nachhaltigem Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der Sozialen Marktwirtschaft« www.bpb.de >shop >buecher >schriftenreihe Fortschrittsbericht Deutsches Ressourceneffizienzprogramm ProgRess II www.ressourcenpolitik.de >progRes II Informationspaier »Planspiel Flächenhandel« www.netzwerk21kongress.de >papers »Internationale Kommunale Klimakonferenz eröffnet« www.bundesumweltportal.de >bundesmeldungen


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Hier kann gespart werden

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limaschutz ist nicht allein eine Angelegenheit der internationalen Umweltpolitik. Vielmehr sind alle gesellschaftlichen Gruppen gefragt, daran aktiv mitzuwirken. Auch Kommunen und Unternehmen müssen ihre Verantwortung wahrnehmen: als Verursacher von klimaschädlichen Emissionen, aber auch als Akteure, um innovative Lösungen voranzubringen, die den Ausstoß von Treibhausgasen bremsen, vorhandene Ressourcen effizienter nutzen und wichtige Impulse für eine Trendwende geben. Ein paar Beispiele aus der Veolia-Welt, die Geld, Ressourcen und insbesondere CO2 sparen:

Telematik statt Papierberge Die reibungslose Abwicklung der Müllabfuhr ist eine logistische Herausforderung. Disponenten und Fahrer müssen Routen, Aufträge und Standorte im Blick behalten, oft Hindernisse wie Baustellen und Straßensperren meistern. Seit Juli 2014 nutzt Veolia deshalb ein Telematiksystem, um Routen möglichst effizient zu planen. Die Fahrer erhalten alle nötigen Informationen über ein mobiles Endgerät und werden von einem GPS-System gelenkt. Das spart Zeit und Treibstoff und schont die Fahrzeuge. Zudem reduziert sich der Arbeitsaufwand, denn Telefonate und Fahraufträge in Papierform entfallen. Das jährlich eingesparte Papier wäre aufeinandergestapelt 749 Meter hoch, zweieinhalb Mal so hoch wie der Eiffelturm.

Rund

920 000 t CO2-Einsparung bei Zement- und Heizkraftwerken

Höhe des jährlich eingesparten Papierstapels:

2,5 x der Eiffelturm

Abfall + Klärschlamm = Energie EBS oder Sekundärbrennstoffe werden aus Resten und Abfällen aus Haushalten, Industrie oder Gewerbe gewonnen. Nur was nach einer mehrstufigen Behandlung nicht mehr in den Wertstoffkreislauf eingespeist werden kann, wird zu einem hochwertigen Produkt aufbereitet, das so viel Energie enthält, dass es konventionelle Brennstoffe wie Kohle oder Gas ersetzen kann. Der Heizwert ist zwar wichtigstes Qualitätskriterium, er wird heute aber immer stärker in Balance mit Umweltauswirkungen betrachtet. Spitzenreiter im Klimaschutz ist ein Gemisch aus EBS und Klärschlamm, das einen biogenen Anteil von bis zu 60 Prozent enthält und damit größtenteils Kohlendioxid-neutral ist. So sparen Veolias Abnehmer wie Zementwerke oder Heizkraftwerke rund 97 000 Tonnen bzw. 822 000 Tonnen CO2 jährlich ein.


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PET – von der Flasche zur Flasche Seit der Einführung des Einweg-Pfands 2003 werden Getränkeflaschen aus Polyethylenterephthalat, kurz PET, verstärkt recycelt. Veolia hält in Europa das Patent für ein in den USA entwickeltes Spezialverfahren, um das Material so zu reinigen, dass der Kunststoff tauglich ist für den direkten Kontakt mit Lebensmitteln und ohne Qualitätsverluste in den Kreislauf gespeist werden kann. Nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip bereitete Veolia 2014 in Deutschland fast 42 000 Tonnen PET auf – das ist etwa ein Fünftel der in Deutschland jährlich produzierten PET-Einweg-Getränkeflaschen. Die Wiederverwendung der hochwertigen Kunststoff-Flakes spart gegenüber einer Neuproduktion etwa 31 000 Tonnen Rohöl-Äquivalente im Jahr ein. Derzeit wird an weiteren Recyclingverfahren gearbeitet, etwa von Polyethylen, wie es für Shampoo- und Reinigungsmittelflaschen verwendet wird.

31 000 t Einsparung an Rohöl-Äquivalenz durch PETRecycling

Bakterien auf Diät Abwasser ist ein wahres Wunderelixier – Roh- und Nährstoffe wie Phosphor und Nitrat, aber auch Energie lässt sich daraus gewinnen, wie Nahdran mehrfach berichtete. Nun soll ein weiteres innovatives Verfahren den Praxistest absolvieren: das unter Beteiligung von Veolia im Kompetenzzentrum Wasser Berlin entwickelte und mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnete Projekt CARISMO – kurz für Carbon is Money. Unter dem Namen POWERSTEP testet Veolia das Verfahren nun auf der Kläranlage des Abwasserzweckverbandes (AZV) Döbeln-Jahnatal im sächsischen Westewitz. Dort sollen Bakterien auf Diät gesetzt werden, indem man den Kohlenstoff aus dem Abwasser herausfiltert, bevor er im Belebungsbecken einfach veratmet wird. So könnte der abgezogene energiereiche Primärschlamm direkt zur Klärgasgewinnung in einen Faulturm geleitet werden. Die Herausforderung ist, das System so »einzustellen«, dass die Bakterien trotzdem ihre Arbeit erledigen und das Abwasser den Umweltanforderungen entsprechend reinigen. Damit dies möglich ist, werden drei Varianten getestet: entweder über eine separate Leitung einen Teil des frischen und damit kohlenstoff1 Jahr reichen Abwassers am Vorklärbecken vorbei direkt ins Belebungsbecken zu leiten, oder in der Belebung kohlenstoffhaltige

Chemikalien zuzuführen oder statt der Bakterien zur Abwasserreinigung Wasserlinsen einzusetzen, die gut mit kohlenstoffarmem Wasser auskommen. Dazu werden in Westewitz in der Testphase drei Prozent des Abwassers abgezweigt, in ein Gewächshaus geleitet und dort von den Pflanzen gereinigt. »Inwiefern man die Wasserlinsen auch als Energieträger in der Faulung nutzen könnte, ist ein weiterer Aspekt dieser Forschungsreihe«, erläutert Boris Lesjean, Leiter Innovation bei Veolia. Nach der Planungs- und Genehmigungsphase soll die Testanlage im Sommer 2016 in Betrieb gehen. »Funktioniert das Prinzip, übernehmen wir die Anlage und gewinnen damit gezielt und frühzeitig die im Abwasser enthaltene Energie«, fasst AZV-Geschäftsführer Hans-Jürgen Gemkow zusammen. Rund 18 statt bisher zehn Prozent der Energie will er so mit Unterstützung seines Betriebsführers, der Veolia-Tochter OEWA Wasser und Abwasser GmbH, bestenfalls nutzbar machen. Damit könnte das Abwasser eines Menschen den Jahresenergiebedarf seines Kühlschranks decken, nämlich 175 Kilowattstunden.

1 Person

1 Kühlschrank

UPJ, ein Netzwerk engagierter Unternehmen und gemeinnütziger Mittlerorganisationen in Deutschland, dem auch Veolia angehört, hat eine Broschüre herausgegeben, um Ansatzpunkte und Beispiele für innovative Klimaschutzlösungen vorzustellen. Mehr Informationen unter www.veolia.de/impulse-fuer-den-klimaschutz


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Lokal, effizient, modular

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ahlreiche neue Herausforderungen erfordern ein Umdenken in der Energieversorgung, seien es der demographische Wandel in den Kommunen oder Themen der Energiewende bei der Industrie. Mit dem Ausbau erneuerbarer Technologien gelingt es vielerorts, die Einhaltung von Klimaschutzzielen mit Kosteneffizienz zu verbinden und gleichzeitig neue Wirtschaftsfelder zu erschließen. Auch Industriebetriebe nutzen die Möglichkeit, selbst Strom und Wärme zu produzieren und damit effizient energetische Kreisläufe in der Produktion zu schließen.

Ein erfolgreiches Konzept dezentraler Energieversorgung hat Veolia mit seinen Energieeffizienz-Quartieren (EEQ) in einigen Städten wie z.B. Braunschweig, Görlitz oder Springe und bei Industriekunden bereits umgesetzt: Bedarfsgerechte Strom- und Wärmeproduktion in modernen BHKWs nach dem Prinzip hocheffizienter Kraft-WärmeKopplung und Verteilung auf kürzestem Weg per Nahwärmenetz an die angeschlossenen Kunden bzw. Produktionsstationen. Wie sich ein EEQ modular an lokale Besonderheiten anpasst, zeigt die Illustration: Zusätzlich zum BHKW, dem Herz des EEQ, sorgen ein Holzheizkessel und ein Erdgas-Reservekessel für sichere Versorgung auch bei Spitzenlasten und in Notfällen. Zur Energieerzeugung kann Biogas, Biomasse oder Restholz aus der Region verwendet werden. Wärme- und Stromspeicher sorgen für die effiziente Optimierung zwischen Produktion und Verbrauch. Weitere dezentrale Energielösungen wie z.B. Photovoltaik können intelligent einbezogen werden, ebenso wie der modulare Aufbau des EEQ Anpassungen leicht macht. Und statt Wärme kann das EEQ in heißen Sommern auch Kälte produzieren und ins lokale Netz einspeisen, um Gebäude zu klimatisieren oder Prozesskälte bereitzustellen.


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Ein gutes Beispiel für ein EEQ von Veolia ist das Braunschweiger Biomasse-Heizkraftwerk (HKW) Hungerkamp. Es erzeugt seit 2013 mit Holzhackschnitzeln aus regionaler Landschaftspflege und aufbereitetem Biogas nachhaltig Strom und Wärme und spart so jährlich 8 000 Tonnen CO2 ein. Dafür wurden die Betreiber BS|ENERGY und SH KraftWärme GmbH 2015 mit dem internationalen »Global District Energy Climate Award« in der Kategorie »New Scheme« in Tallinn (Estland) ausgezeichnet.


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Klimaverhandlungen in Paris: Nur der Startschuss für ein neues Abkommen Von Prof. Dr. Christian Flachsland

Im Dezember kommen in Paris die Regierungschefs zusammen, um ein internationales Klimaabkommen zu beschließen. Der Großteil aller Staaten – darunter erstmals zahlreiche Entwicklungsländer – hat im Vorfeld seine nationalen Absichten zur Emissionsreduktion bei den Vereinten Nationen hinterlegt. Doch die Verhandlungen basieren auf dem Prinzip des Klingelbeutels: Jedes Land kündigt selbst an, wie viele Treibhausgase es reduzieren möchte. Erste Analysen von Experten gehen davon aus, dass diese Absichtserklärungen ausreichen könnten, die globale Erderwärmung nur auf 2,7 Grad Celsius zu begrenzen. Das anvisierte globale Klimaziel liegt bei zwei Grad. Steht die Weltgemeinschaft also kurz davor, das Klimaproblem endlich zu lösen? Leider nicht. Erstens gehen die Analysen der nationalen Pläne von äußerst optimistischen Annahmen über die langfristigen Emissionsreduktionen aus. Die Vorschläge vieler Länder reichen aber nur bis zum Jahr 2030, obwohl die Emissionen bis zum Ende des Jahrhunderts komplett auf Null gesenkt werden müssen, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Zweitens führen politische Ziele allein nicht zu Emissionsreduktionen: Dafür werden ambitionierte Politikinstrumente benötigt. Ein ausreichend hoher und langfristig deutlich steigender CO2Preis durch ein Emissionshandelssystem oder eine Steuer wäre

»Politische Ziele allein führen nicht zu Emissionsreduktionen: Dafür werden ambitionierte Politikinstrumente benötigt.«

Prof. Dr. Christian Flachsland leitet am Berliner Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change die Arbeitsgruppe Governance und ist Assistant Professor for Climate & Energy Governance an der Hertie School of Governance. Er forscht zu Klima- und Energiegovernance, Assessment von Klima- und Energiepolitiken und zur Schnittstelle von Wissenschaft und Politik.

hier ein effizientes Modell. Drittens gibt es noch keine internationalen Mechanismen, die zu stärkerem Klimaschutz animieren. Viele Staaten sind vor allem um ihre kurzfristige Wettbewerbsfähigkeit besorgt und warten lieber darauf, dass andere den ersten Schritt machen. Die wichtigste Aufgabe für Paris liegt nun darin, solche Mechanismen zu vereinbaren. Ein Ziel könnte es sein, CO2-Preise weltweit schrittweise anzugleichen und zu erhöhen. Außerdem könnte der neue Green Climate Fund Geld aus den anvisierten jährlichen 100 Milliarden US Dollar an Klimatransfers nur dann auszahlen, wenn zusätzliche Emissionsreduktionen entstehen. Paris ist also nicht das Ende der Klimaverhandlungen – sondern der Startschuss für ein neues Klimaabkommen.


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Aus dem Unternehmen

Veolia pr채sentiert sich auf der E-world 2016 Vom 16. bis 18. Februar 2016 ist Veolia nach zweij채hriger Pause wieder mit einem Stand auf der Fachmesse E-world in Essen vertreten. Dem internationalen Publikum gibt das Unternehmen Einblicke in seine Energiedienstleistungsangebote, insbesondere zu den Themen Ressourceneffizienz, Energieeinkauf, Innovation, Industrieparks und Energieeffizienz-Quartiere (EEQ). Daneben erhalten Besucher am Messestand auch Informationen zu 체bergreifenden Dienstleistungen, die auch Wasser- und Abfallmanagement beinhalten. Die E-world ist Europas Leitmesse der Energie- und Wasserwirtschaft und zog 2015 rund 24 000 Fachbesucher aus 80 L채ndern an.


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Aus dem Unternehmen

»Erneuerbare« Stadt Pécs, die fünftgrößte ungarische Stadt, setzt bei ihrer Energieversorgung auf 100 Prozent Biomasse. 170.000 Einwohner und 450 öffentliche Gebäude erhalten ihre Energie über ein Wärmenetz von zwei modernen Kraftwerken mit StromWärme-Kopplung – betrieben mit den regionalen Rohstoffen Stroh und Holz. Dafür hat Veolia bestehende konventionelle Kraftwerke umgebaut und spart nun im Betrieb 400.000 Tonnen CO2 pro Jahr ein. Für die Kraftwerke mit einer Leistung von 35 bzw. 50 MW werden jährlich rund 180.000 Tonnen Stroh und 400.000 Tonnen Holz benötigt. So wurde eine regionale Lieferkette aufgebaut und vor Ort insgesamt über 270 Arbeitsplätze geschaffen.

Geschleudert und getrocknet

Service für die Deutsche Bahn

Die Veolia-Tochter OEWA Wasser und Abwasser GmbH testet seit Herbst auf der Kläranlage Schönebeck (Elbe) ein Verfahren zur umweltfreundlichen Trocknung von Klärschlamm. Auf einer Pilotanlage wird der Schlamm zunächst in einer Zentrifuge geschleudert und sein Trockensubstanzgehalt (TS) auf 22 Prozent erhöht, anschließend über einem Schubkeilboden mit heißer Luft bis zu einem TS von 70 bis 90 Prozent getrocknet. Die Wärme erzeugt ein mit Klärgas betriebenes Blockheizkraftwerk auf dem Gelände. Die bisher nur in der Landwirtschaft verwendete Trocknungsanlage sorgt für geringere Entsorgungskosten: Der Schlamm kann anschließend zur energetischen Verwertung in nahe gelegenen Kohlekraftwerken, Zementwerken oder Monoverbrennungsanlagen eingesetzt werden.

Mit diesem Winter erweitert Veolia sein Dienstleistungsportfolio für die Deutsche Bahn AG. Neben den bisherigen Entsorgungsdienstleistungen, etwa für die S-Bahnhöfe in Hamburg, realisiert Veolia nun auch den Winterdienst für über 120 Bahnhöfe sowie dazugehörige Anliegerflächen in Deutschland. Dazu gehören Haupt- und S-Bahnhöfe nicht nur in Hamburg und Hannover, sondern auch in Leipzig, Thüringen und dem Saarland. Veolia sorgt damit rund um die Uhr bei laufendem Fahrgastgeschäft und in der Nacht für schnee- und glatteisbefreite Bahnsteige, Zuwege und Vorplätze auf den Bahnhöfen.


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Neue Entsorgungskapazitäten in Norddeutschland Veolia baut den Geschäftsbereich Entsorgung in Mecklenburg-Vorpommern aus. Vom Bremer Entsorgungsunternehmen Nehlsen erwarb der Umweltdienstleister Betriebsstätten in Bad Doberan und Rostock. Der Standort in Bad Doberan ist ein klassischer Abfallbetrieb und betreibt eine Sortieranlage für Gewerbeabfälle. Mit dem Erwerb eines Sonderabfallzwischenlagers in Rostock hat Veolia zudem wichtige zusätzliche Kapazitäten beispielsweise für den Ausbau der Dienstleistungen im Bereich Hafenentsorgung geschaffen.

Re-Water Award für Forschungen zu Kohlenstoffströmen und Desinfektionsverfahren

Leichterer Zugang zu Trinkwasser, zuverlässigere Abwasserentsorgung

Der mit je 10.000 Euro dotierte Forschungspreis Re-Water Award ist Anfang November an zwei Forschungsarbeiten verliehen worden. So zeigte Daniel Klein von der Emschergenossenschaft in Essen Möglichkeiten auf, Kohlenstoffströme im Abwasser für biotechnische Prozesse zu nutzen und damit Klimaschutzmaßnahmen zu verbessern. Ulf Miehe vom Kompetenzzentrum Wasser Berlin hingegen untersuchte effiziente Desinfektionsverfahren auf der Kläranlage. Der Award wird im Rahmen des internationalen Symposiums Re-Water Braunschweig mit in diesem Jahr 130 Teilnehmern aus 14 Ländern vergeben, das die Stadtentwässerung Braunschweig (SE|BS) zusammen mit dem Institut für Siedlungswasserwirtschaft der TU Braunschweig und dem Abwasserverband Braunschweig veranstaltet.

Veolia unterstützt regionale Versorger in Sambia und Kamerun bei der Verbesserung ihrer Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung. So wird Veolia in Nord-Sambia helfen, die Infrastruktur zu erneuern bzw. auszubauen und sie zu betreiben. Derzeit liegen die Probleme in der Kupferbergbauregion mit hohem Bevölkerungswachstum vor allem in Leck-bedingten Wasserverlusten von 67 Prozent und einem häufigen Überlauf der Abwasserkanäle. In Kameruns Hauptstadt Yaoundé soll die Wasserversorgung ausgebaut werden. Rund 300.000 m3 Trinkwasser pro Tag werden künftig mit Hilfe einer neuen Aufbereitungsanlage, eines neuen Netzes sowie Pumpstationen und Verteilstationen gewonnen. Verantwortlich für die Steuerung des 600-Millionen-EuroProjekts ist Seureca, Veolias Beratungs- und Engineeringunternehmen.


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Klimaschutz zum Selbermachen

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ur wenige Wochen vor der UN-Klimakonferenz trafen sich unweit von Paris schon einmal Klimaschutz-Experten aus aller Welt zu einem Innovationscamp. Von den COP21-Teilnehmern unterscheidet sie sowohl ihre Profession als auch ihr gemeinsames Ziel: Tüftler, Programmierer, Designer und Ingenieure arbeiteten zusammen an Lösungsansätzen für eine klimafreundliche Gesellschaft, die einfach, ressourcenschonend und überall auf der Welt nachbaubar sind.


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»Unser Problem ist nicht das Wissen darüber, wie eine bessere Welt aussehen könnte. Vielmehr müssen die Menschen wirklich nachhaltige Produkte und Lebensstile direkt erleben und erfahren können. Deshalb haben wir anstelle der Conference of Parties ein Proof of Concept, kurz POC21, vorgeschlagen«, erläutert Dominik Wind, einer der Initiatoren des Innovationscamps, den Grundgedanken. Im Vorfeld wurden aus rund 200 Bewerbungen die zwölf vielversprechendsten Produktprototypen in den Bereichen Energie, Wohnen, Ernährung, Mobilität und Kommunikation ausgewählt. Während des fünfwöchigen Camps auf dem Schloss Millemont konnten die Teams dann auf Werkstätten, Budget, kreative Unterstützung und die Erfahrung von Top-Mentoren zurückgreifen, um ihre Projekte weiter zu entwickeln. Die Produkte wurden abschließend in einer Ausstellung vorgestellt. Open-Source-Produkte für nachhaltiges Leben Das Besondere an den im Rahmen von POC21 entstandenen Prototypen ist, dass sie »open source« sind: Jeder hat das Recht, die Ergebnisse des Innovationscamps zu nutzen, zu modifizieren und das Wissen, Codes, Designs oder Daten zu verbreiten – unabhängig vom Zweck.

Nachhaltige Open-Source-Produkte zeichnen sich dadurch aus, dass alle Informationen, die benötigt werden, um sie zu produzieren und weiter zu entwickeln, frei zur Verfügung stehen, was eine schnelle Verbreitung sowie die Anpassung an lokale Bedürfnisse ermöglicht. sie langlebig, robust, modular, einfach zu reparieren und aufzurüsten sind. sie lokal und deshalb mit wenig Transportkosten hergestellt werden können. sie zu einem Verhaltenswandel vom passiven Konsumenten zum aktiven Architekten eines wirklich nachhaltigen Lebensstils anregen. mit ihrer Hilfe neue Wirtschaftsmodelle realisiert werden können, die dazu beitragen, die geschaffenen Werte fairer zu verteilen.

Dominik Wind, einer der Initiatoren des Innovationscamps


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Die geodäsische Kuppel vom Architektenkollektiv QUATORZE diente als Ausstellungsfläche

Der Showerloop aus Finnland reinigt Duschwasser in Echtzeit

Pioniere zusammenbringen Tatsächlich haben viele Pioniere der Open-Source-Bewegung längst mit der prototypischen Entwicklung einer zukunftsfähigen Gesellschaft begonnen, die frei von fossiler Energiegewinnung und ressourcenschonend mit geschlossenen Materialkreisläufen funktionieren kann. In vielen tausend Projekten, Communities und Start-ups rund um die Welt werden OpenSource-Produkte und Lösungen zum Beispiel für erneuerbare Energien, Technologien für das Urban Farming (vgl. nahdran 2/2015), Niedrig-Energie-Häuser oder ausgeklügelte Stromspeichermedien entwickelt. Die Open-Source-Vorlagen stehen über das Internet weltweit frei zur Verfügung. Hergestellt werden die Produkte lokal in so genannten FabLabs, offenen Werkstätten, die aktuell rund um den Globus mit jährlichen Wachstumsraten von über 100 Prozent entstehen. Obwohl die Community weltweit sehr lebendig und gut vernetzt ist, gab es bislang wenig Gelegenheit, ihre Entwicklungen an einem Ort zusammenzubringen und als überzeugenden Zukunftsentwurf einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren. »POC21 schaffte deshalb mehrere Dinge zugleich: Wir konnten zeigen, was wir mit einer Mischung aus Handwerk und computergestützter Produktion schon heute bewirken können, um nachhaltigeres Leben wirklich im Mainstream ankommen zu lassen. Dafür haben wir Menschen aus aller Welt zusammengebracht und einen langfristigen Prozess der Zusammenarbeit angestoßen«, blickt Dominik Wind zurück. Erst der Anfang Festhalten lässt sich: POC21 war ein gelungener Auftakt, der das Potenzial offener Entwicklung und Produktion als Triebkräfte für echte Nachhaltigkeit auf ökologischer und ökonomischer Ebene aufgezeigt hat. Die entwickelten Prototypen werden auch noch einmal während des COP21-Klimagipfels im Dezember in Paris präsentiert – um Politik und Medien dafür zu sensibilisieren, dass viele Lösungen für Klimaschutz schon längst vorhanden sind.


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© ECF Farmsystems Berlin

© U. Honacker, Veolia Umweltservice West GmbH


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Kunstschnee: Zurück zur Natur

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er Anblick eines Berghangs mit unberührter Schneedecke lässt in diesen Tagen die Herzen von Wintersportlern höher schlagen. Sich durch stiebenden Pulverschnee den Weg ins Tal zu bahnen, ist jedoch zu einem seltenen Erlebnis geworden. Denn für die Tourismusbranche birgt das Warten auf den ersten Schnee als Folge des Klimawandels eine zu große Unsicherheit. Um möglichst früh Besucher in die Skigebiete zu locken und so die Saisoneinnahmen zu sichern, greifen die meisten Regionen auf Schneekanonen zurück – zum Leidwesen vieler Wintersportler und der Umwelt.

Kunstschnee oder technischer Schnee besteht aus kleinen, gefrorenen Kügelchen, die wesentlich größer und härter als die sternförmigen natürlichen Schneekristalle sind. Das macht sich deutlich in den Fahreigenschaften bemerkbar – und funktioniert nur mit hohem Wasser- und Energieverbrauch. Ein Mann, der sich damit nicht zufrieden geben will, ist Diplom-Ingenieur Michael Bacher. In Kooperation mit den Wiener Universitäten für Bodenkultur und Technik entwickelte er eine neue Technologie. »In erster Linie ging es mir um eine bessere Qualität des Schnees. Dabei war klar: Wenn künstlicher Schnee naturähnlich sein soll, dann muss die Produktion ebenfalls naturähnlich sein«, erläutert Bacher. Seine Erfindung testet er in diesem Winter zum zweiten Mal im österreichischen Obergurgl: Ein Schneegenerator simuliert jene Luft- und Klimaverhältnisse auf kleinstem Raum, die in der Natur zu Schneefall führen. Von unten wird fein zerstäubtes Wasser in eine Wolkenkammer gesprüht und von einem Ventilator verteilt. Wie in der Natur wachsen Schneekristalle, die sich aneinander ketten. Wenn die Gebilde ein bestimmtes Gewicht erreicht haben, fallen sie nach unten aus der leichten Hüllenkonstruktion. Der Vorteil von Michael Bachers Erfindung: Sie verbraucht nur circa 170 Kubikdezimeter Wasser und 0,8 Kilowattstunden Strom pro Kubikmeter Schnee. Der Ressourcenverbrauch von durchschnittlichen Schneekanonen liegt um den Faktor 2.5 höher. Für die Wintersportregionen sollten das gute Nachrichten sein. Schließlich investierten Skigebiete in den letzten Jahren mehr als eine Milliarde Euro in die Technik und Produktion von Kunstschnee. »Wir bekommen schon recht positiven Zuspruch«, sagt Bacher, »aber häufig schauen wir in zweifelnde Gesichter, was daher rührt, dass der Umgang mit der natürlichen Ressource Schnee mit der Zeit verlernt wurde und der Verzicht auf Kunstschnee unvorstellbar scheint.« Die nötige Überzeugungsarbeit will er mit seinem Startup NEUSCHNEE leisten. Wichtigster Schritt für diesen Winter: Mit einem größeren Prototyp seines Schneegenerators im Freiluftlabor zeigen, dass Ressourcenschonung, Umweltschutz und Spaß am Wintersport in Skigebieten kein Widerspruch sein müssen.


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Treffen Sie Veolia Unsere Termine

Jahrestagung des UPJ-Netzwerks engagierter Unternehmen und Mittlerorganisationen 3. – 4. März 2016 www.upj.de

Besuchen Sie uns auf der

E-WORLD 2016

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E-World Standnummer: Halle 3 Stand 160 16. – 18. Februar 2016 www.e-world-essen.com

16.-18.02.2016 IN ESSEN Halle 3 Stand 160

IFAT 2016 Standnummer: Halle B1 Stand 129/228 30. Mai – 3. Juni 2016 www.ifat.de

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