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Textbuch (dt.)
Musik und Gesangstexte von STEPHEN SONDHEIM Buch von HUGH WHEELER
Deutsche Fassung von ROMAN HINZE und WILFRIED STEINER (rev. 2019/23)
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Nach einer Adaption von CHRISTOPHER BOND
Bühnenvertrieb:
Musik und Bühne Verlagsgesellschaft mbH
Bahnhofstraße 44-46 | 65185 Wiesbaden ----------------------------------------------------------------e-mail: post@musikundbuehne.de Internet: www.musikundbuehne.de 03/23
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Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Dieses Material darf weder verkauft, noch verliehen, noch sonst irgendwie weitergegeben werden.
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Wird das Stück nicht zur Aufführung angenommen, so ist das Manuskript umgehend zurückzusenden an:
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SWEENEY TODD
FIGUREN alias Benjamin Barker
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SWEENEY TODD MRS LOVETT
Pastetenbäckerin
ANTHONY HOPE
ein Seemann
RICHTER TURPIN JOHANNA
sein Mündel, Benjamin Barkers Tochter
BÜTTEL BAMFORD DIE BETTLERIN PIRELLI
ein Quacksalber
TOBIAS
sein Gehilfe
MR. FOGG
Leiter einer Irrenanstalt
EIN VOGELHÄNDLER
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BÜRGER, ARBEITER, HANDWERKER, HÄNDLER, POLIZISTEN, INSASSEN DES IRRENHAUSES
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SWEENEY TODD
SZENEN UND MUSIKNUMMERN Prolog ...................................................................................................................... 1 Nr. 0 – Vorspiel (optional) .......................................................................................................... 1 Nr. 1 – DIE BALLADE VON SWEENEY TODD ..................................................................... 1
Akt I, Szene 1 .......................................................................................................... 4
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Nr. 2 – ES GIBT NUR EIN LONDON ....................................................................................... 4 Nr. 2a – Überleitungsmusik ........................................................................................................ 7
Akt I, Szene 2 .......................................................................................................... 7
Nr. 3 – LONDONS SCHLIMMSTE PASTETEN ...................................................................... 7 Nr. 4 – SIE WAR SO JUNG ..................................................................................................... 10 Nr. 5 – MEIN FREUND ........................................................................................................... 13 Nr. 6 – GRÜNFINK UND NACHTIGALL .............................................................................. 15
Akt I, Szene 3 ........................................................................................................ 15
Nr. 7 – OH, MISS ..................................................................................................................... 16 Nr. 8 – JOHANNA [Anthony] (Teil I) ...................................................................................... 19 Nr. 8a – JOHANNA [Anthony] (TEIL II) ................................................................................ 20
Akt I, Szene 4 ........................................................................................................ 20
Nr. 9 – PIRELLIS AQUA CAPILLARE .................................................................................. 20 Nr. 9a – PIRELLIS AUFTRITT ............................................................................................... 27 Nr. 10 – DER WETTBEWERB Teil 1...................................................................................... 30 Nr. 10a – DER WETTBEWERB Teil 2 (optional) ................................................................... 32
Akt I, Szene 4a ...................................................................................................... 35
Nr. 10b – BALLADE VON SWEENEY TODD ...................................................................... 35
Akt I, Szene 5 ........................................................................................................ 36
Nr. 11 – JOHANNA [Richter] .................................................................................................. 36
Akt I, Szene 6 ........................................................................................................ 40
Nr. 12 – WART’ ....................................................................................................................... 40 Nr. 12a – Pirellis Tod ................................................................................................................ 45 Nr. 12b – Pirellis Tod Underscore............................................................................................. 46
Akt I, Szene 6a ...................................................................................................... 47
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Nr. 12c – BALLADE VON SWEENEY TODD [Drei Tenöre] ................................................ 47
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Akt I, Szene 7 ........................................................................................................ 47
Nr. 12d – Underscore ................................................................................................................ 48 Nr. 13 – KÜSS MICH (Teil I)................................................................................................... 48 Nr. 14 – FRAUEN, DIE DERART SENSIBEL SIND ............................................................. 51 Nr. 15 – KÜSS MICH (Teil II) ................................................................................................. 53
Akt I, Szene 8 ........................................................................................................ 56
Nr. 15a – Underscore ................................................................................................................ 56 Nr. 16 – HÜBSCHE FRAUEN (Teil I) ..................................................................................... 59 Nr. 16a – HÜBSCHE FRAUEN (Teil II).................................................................................. 60 Nr. 17 – EPIHANIE .................................................................................................................. 63 Nr. 18 – NEHMT PRÄLAT ...................................................................................................... 66
Akt II, Szene 1 ...................................................................................................... 74
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SWEENEY TODD
Nr. 19 – SCHMECKT DAS GUT! ........................................................................................... 74
Akt II, Szene 2 ...................................................................................................... 84 Nr. 20 – JOHANNA (II. AKT SEQUENZ) .............................................................................. 84
Akt II, Szene 3 ...................................................................................................... 88 Nr. 20a – GRÜNFINK UND NACHTIGALL Reprise ............................................................. 88
Akt II, Szene 4 ...................................................................................................... 90
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Nr. 20b – SCHLIMM, BIM, DIDDL DI BIM .......................................................................... 90 Nr. 21 – AN DER SEE (Teil I) ................................................................................................. 91 Nr. 21a – AN DER SEE (Teil II) .............................................................................................. 93 Nr. 22 – Perückenmacher-Sequenz ........................................................................................... 95
Akt II, Szene 4a .................................................................................................... 97
Nr. 22a – DER BRIEF .............................................................................................................. 98 Nr. 22b – Nach dem Brief ......................................................................................................... 99
Akt II, Szene 5 ...................................................................................................... 99
Nr. 23 – NICHTS KANN EUCH GESCHEHEN ................................................................... 100
Akt II, Szene 5a .................................................................................................. 103
Nr. 23a – Nach „Nichts kann Euch geschehen“ ...................................................................... 103
Akt II, Szene 5b .................................................................................................. 104
Nr. 24 – Einst lag die Polly gar traurig im Gras (Teil I) .......................................................... 104 Nr. 24a – Wenn’s einmal schlägt von der Glocke im Tal ....................................................... 106 Nr. 24b – Einst lag die Polly gar traurig im Gras (Teil II) ...................................................... 108
Akt II, Szene 5c .................................................................................................. 108 Akt II, Szene 5d .................................................................................................. 109 Akt II, Szene 5e .................................................................................................. 109
Nr. 25 – SO NAHM JETZT ALLES SEINEN LAUF ............................................................ 109
Akt II, Szene 6 .................................................................................................... 110
Nr. 25a – Foggs Passacaglia .................................................................................................... 110
Akt II, Szene 7 .................................................................................................... 111
Nr. 26 – ÜBERALL FEUER! ................................................................................................. 111
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Akt II, Szene 7a .................................................................................................. 112
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Nr. 27 – DIE SUCHE (Teil I) ................................................................................................. 112
Akt II, Szene 7b .................................................................................................. 113 Akt II, Szene 7c .................................................................................................. 114
Nr. 27a – DIE SUCHE (Teil II) .............................................................................................. 114 Nr. 28 – DIE RÜCKKEHR DES RICHTERS ........................................................................ 117
Akt II, Szene 7d .................................................................................................. 120 Akt II, Szene 8 .................................................................................................... 120
Nr. 29 – SCHLUSSSZENE (Teil I) ........................................................................................ 120 Nr. 29a – SCHLUSSSZENE (Teil II) ..................................................................................... 123
Epilog .................................................................................................................. 124 Nr. 29b – DIE BALLADE VON SWEENEY TODD ............................................................. 124
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SWEENEY TODD
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SWEENEY TODD
PROLOG ORT: London: Fleet Street und Umgebung ZEIT: 19. Jahrhundert Nr. 0 – Vorspiel (optional)
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(Während das Publikum den Saal betritt, nimmt ein ORGANIST an einer exzentrischen Orgel Platz und beginnt eine Begräbnismusik zu spielen. Vor einem Decker, der mit einer Darstellung des Klassensystems im England Mitte des 19. Jahrhunderts bemalt ist, erscheinen ZWEI TOTENGRÄBER und schaufeln im vorderen Bühnenbereich ein Grab aus. Sie hinterlassen in Richtung Hinterbühne Erdhaufen, während das Loch tiefer wird und sie nach unten verschwinden. Zu Stückbeginn erscheint ein POLIZIST, sieht auf die Uhr und treibt sie an. ZWEI ARBEITER treten auf. Sie reißen den Decker herunter. Das ohrenbetäubende Signal einer Fabrikpfeife erklingt. Blackout.)
Nr. 1 – DIE BALLADE VON SWEENEY TODD
(Im Licht erscheint das ENSEMBLE. EIN MANN tritt vor und singt.)
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MANN (BASS) VERNEHMT DAS LOS VON SWEENEY TODD. ER TRIEB MIT GOTT SEINEN SCHWARZEN SPOTT. SO MANCHEN HERRN HAT ER GLATT RASIERT, DABEI IST ZUWEILEN EIN UNGLÜCK PASSIERT. DEN WEG IN UNBEIRRTEM TROTT GING SWEENEY TODD, BARBIER DES GRAUENS VON FLEET STREET.
MANN (TENOR) ER WAR IN LONDON WOHLBEKANNT. MAN SCHÄTZTE SEINE GEÜBTE HAND. ZWAR HAT DIE KUNDEN ER LIQUIDIERT, DOCH IMMERHIN STARBEN SIE SAUBER RASIERT VON SWEENEY, VON SWEENEY TODD, BARBIER DES GRAUENS VON FLEET STREET.
(Durch eine sich öffnende Stahltür hinten auf der Bühne fällt ein gleißendes Licht. ZWEI MÄNNER treten hindurch. Sie tragen eine Leiche in einem Sack, der an beiden Enden mit einem Seil zugeschnürt ist. Ihnen folgt eine FRAU mit einem Blechkanister mit der Aufschrift „Mehl“. Sie schleppen den Leichnam zu dem Grab und werfen ihn umstandslos hinein. Die FRAU öffnet den Kanister und streut schwarze Asche ins Grab. Diese Aktion findet während der nächsten Strophe statt.) ALLE SCHWING DEIN MESSER WEIT, SWEENEY, LASS UNS ENDLICH SEH’N, WIE DIE HEUCHLER BLEICH INS REICH DES TODES GEH’N! (Verschiedene Mitglieder des ENSEMBLEs treten vor und singen.)
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SWEENEY TODD
TOBIAS ES HAT IHM NICHT SEHR VIEL GEHÖRT. MANN (BARITON) DER SESSEL NUR WAR BEMERKENSWERT. MANN (BASS) EIN LEDERRIEMEN, ZUM SCHLEIFEN GUT,
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DAZU EIN WEITERER MANN (TENOR) EIN WASCHBECKEN, TÜCHER, EIN EIMER FÜR BLUT. ZWEI FRAUEN (MEZZOSOPRAN) DAS MESSER UND DEN SEIFENPOTT BRAUCHT SWEENEY TODD.
ALLE BARBIER DES GRAUENS VON FLEET STREET.
FRAUEN UNAUFFÄLLIG, WIE SWEENEY WAR, STILL, BESCHEIDEN UND UNSCHEINBAR, KONNTE ER TUN, WAS IHM GEFIEL, LIESS MAN GEWÄHREN IHN IN SEINEM SPIEL. SWEENEY HANDELTE MIT GESCHICK, SWEENEY HATTE SEIN ZIEL IM BLICK.
(Die MÄNNER dazu, die Stimmen überlappen in allmählichem Crescendo.) MÄNNER SWEENEY WAR SANFT, SWEENEY WAR EHRLICH, SWEENEY WAR NETT UND DOCH GEFÄHRLICH.
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TENOR UNAUFFÄLLIG, WIE SWEENEY WAR, STILL, BESCHEIDEN, PERFEKT, VERDORBEN UND UNSCHEINBAR WAR SWEENEY. OHNE SPOTT, SO WAR SWEENEY. SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY! BARITON SWEENEY WAR SANFT, SWEENEY WAR EHRLICH, SWEENEY WAR NETT UND DOCH GEFÄHRLICH. UNAUFFÄLLIG, WIE SWEENEY WAR, STILL, BESCHEIDEN, PERFEKT, VERDORBEN UND UNSCHEINBAR WAR SWEENEY. SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY! BASS UNAUFFÄLLIG, WIE SWEENEY WAR, STILL, BESCHEIDEN UND UNSCHEINBAR. SWEENEY! UNSCHEINBAR WAR SWEENEY! KALT UND KLAR WAR SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY!
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SWEENEY TODD
ALT SWEENEY WAR SANFT, SWEENEY WAR EHRLICH, SWEENEY WAR NETT UND DOCH GEFÄHRLICH. SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY! SOPRAN SWEENEY WAR SANFT, SWEENEY WAR EHRLICH, SWEENEY WAR NETT UND DOCH GEFÄHRLICH. SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY!
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(TODD steigt aus dem Grab. Er singt, das ENSEMBLE wiederholt seine Worte.) TODD VERNEHMT DAS LOS VON SWEENEY TODD.
ENSEMBLE VERNEHMT DAS LOS VON SWEENEY TODD. TODD ER DIENTE EINEM BRUTALEN GOTT. ENSEMBLE ER DIENTE EINEM BRUTALEN GOTT.
TODD WAS DANN GESCHAH, DAS HÖRT IHR NUN, UND GLAUBT MIR, WAS WENIGE MENSCHEN NUR TUN, TAT SWEENEY, TODD & ENSEMBLE TAT SWEENEY TODD. BARBIER DES GRAUENS VON FLEET STREET.
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(Blackout. Die Glocken eines Glockenturms. Frühes Morgenlicht.)
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SWEENEY TODD
AKT I, SZENE 1 (Eine Straße an den Londoner Docks. SWEENEY TODD und ANTHONY HOPE treten auf. ANTHONY ist ein fröhlicher, vom Lande stammender junger Marineoffizier. Er trägt einen Seesack. TODD ist ein schwer gebauter, finsterer Mann um die 40, der Schmied oder Hafenarbeiter sein könnte. Ihn umgibt etwas Grüblerisches und eine irritierende Verschlossenheit.)
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Nr. 2 – ES GIBT NUR EIN LONDON ANTHONY ICH FUHR UM DIE WELT, SAH IHRE WUNDER, SAH DIE DARDENELLEN UND DIE BERGE VON PERU, DOCH ES GIBT NUR EIN LONDON! ICH BIN HIER ZU HAUS! DOCH DIE GLOCKEN MEINER STADT HAB’ ICH ÜBERALL GEHÖRT. DENN ES GIBT… TODD
(grimmig) JA, ES GIBT NUR EIN LONDON!
ANTHONY (wegen der Unterbrechung überrascht) Mister Todd, Sir? TODD
DU BIST JUNG. DIR SCHEINT DAS LEBEN SCHÖN. DU WIRST SEH’N!
So, Anthony, ab hier gehen wir getrennte Wege. Leb wohl. Ich werde unser Schiff nicht so schnell vergessen, – und auch nicht den jungen Mann, der mir das Leben gerettet hat.
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ANTHONY Dafür braucht ihr mir nicht zu danken. Ich wär’ wohl ein schlechter Christ, wenn ich Euch nicht von Eurem sinkenden Floß geholt hätte. TODD Es gibt genug Christen, die das nicht getan hätten und trotzdem noch ruhig schlafen könnten. (Eine erbärmliche BETTLERIN taucht auf.)
BETTLERIN GEBT! GEBT EINER FRIERENDEN ARMEN! SO EIN ELENDER, KALTER MORGEN! (ANTHONY wirft ein Geldstück in ihre Schale.) DANKE, HERR! DANKE!
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(leise, auf einmal anzüglich und verrückt wirkend) WIE WÄR’S MIT EINEM KLEINEN BUMS, SCHATZ? EIN BISSCHEN HOPP-HOPP, WAS JEDER MANN DOCH GERNE TUT? WILLST DU DENN NICHT EIN BISSEL REITEN? DU SCHAUST SO AUS, SCHATZ, ALS KÖNNTEST DU DAS ZIEMLICH GUT. (Als sich ANTHONY peinlich berührt abwendet, wendet sie sich sofort und jammernd an TODD.) HELFT! HELFT! EINER HUNGERNDEN ARMEN MIT GESPENSTERN IM HIRN! HEY, KENN’ ICH EUCH NICHT, MISTER? (Sie starrt ihn intensiv an.)
TODD Starr mich nicht an! Weg mit dir! Weg, sag ich!
BETTLERIN SO WÄRMT EUCH DOCH AUF AN MEINEM MUFF, MISTER! UND DANN HOPP-HOPP, EIN BISSCHEN ...
TODD (macht eine Bewegung, als wolle er sie schlagen) Geh! Weg, hab ich gesagt! Zum Teufel mit dir!
(Sie zieht sich zurück, schaut ihn noch einmal durchdringend an und geht dann ab.) BETTLERIN
(im Abgehen) GEBT! GEBT EINER FRIERENDEN ARMEN ... ANTONY
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(irritiert) Verzeihung, Sir, aber Ihr müsst ihresgleichen nicht fürchten. Das war nur eine verrückte Bettlerin. London ist voll davon.
TODD (halb zu sich, halb zu ANTHONY) Entschuldige, Junge, ich bin ziemlich aufgewühlt. In diesen Straßen, die ich einmal gut kannte, spüre ich überall geisterhafte Schatten hinter mir. Verzeih mir. ANTHONY
Dazu gibt es keinen Grund.
TODD
Leb wohl, Anthony. ANTHONY Mr. Todd, bevor wir uns trennen …
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SWEENEY TODD
TODD (plötzlich heftig) Was ist denn? ANTHONY Ich habe versprochen, keine Fragen zu stellen. Was auch immer Euch auf dieses Floß verschlagen hat, es ist Eure Sache. Doch auf der langen Heimreise wurdet Ihr für mich ein Freund, und wenn Ihr hier in London Schwierigkeiten habt ... wenn Ihr Hilfe braucht ... oder Geld ...
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TODD
(schreit fast)
Nein!
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(ANTHONY zuckt überrascht zusammen. TODD macht eine beschwichtigende Geste und singt leise und intensiv:) EINE PECHSCHWARZE GRUBE IST DIESER ORT, UND DER ABSCHAUM DIESER WELT VERMODERT DORT, JEDER ANFLUG VON GEWISSEN VERGEHT SOFORT, DIESES LOCH TRÄGT DEN NAMEN LONDON. OBENDRAUF AUF DEM LOCH SCHAU’N DIE BONZEN ZU. SIE VERSPOTTEN DEN REST UND KENNEN KEIN TABU. SIE VERWANDELN DIESE WELT IN DRECK ... WIE DU SAH ICH DIE WELT UND IHRE WUNDER. WIE BRUTAL DIE MENSCHEN SIND, DAS IST SELTSAM WIE PERU. DOCH ES GIBT NUR EIN LONDON. (Pause mit darunterliegender Musik, dann wie in Trance:) ’S WAR EIN BARBIER UND SEINE FRAU UND SIE WAR WUNDERSCHÖN. EIN DUMMER MANN UND SEINE FRAU. ER TRUG VERLIEBT SEIN GLÜCK ZUR SCHAU, UND SIE WAR WUNDERSCHÖN. UND SIE WAR TUGENDHAFT – UND ER WAR (achselzuckend) NAIV. DANN HAT EIN ANDRER MANN ERKANNT: DIE FRAU WAR WUNDERSCHÖN. ER WAR VON HOHEM RICHTERSTAND. MIT EINER GESTE SEINER HAND VERBANNT ER EINFACH DEN BARBIER UND SPIELT DEN RETTER DANN VOR IHR. UND SIE FIEL TIEF, SIE WAR ALLEIN, SO JUNG UND, ACH, SO WUNDERSCHÖN.
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(Er hält inne, darunter weiter Musik.) ANTHONY Und die Frau ... hat sie ... ihm nachgegeben? TODD ACH, DAS IST VIELE JAHRE HER, UND HEUTE WEISS DAS KEINER MEHR.
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Lass mich jetzt bitte allein, Anthony. Da gibt es etwas, das ich herausfinden muss. Und zwar allein. ANTHONY Ich hoffe, wir sehen uns noch, bevor ich nach Plymouth abfahre.
TODD Wenn du willst. Du findest mich sicher irgendwo in der Nähe der Fleet Street, könnte ich mir denken. ANTHONY Nun, bis dann, Mr. Todd. Viel Glück!
(ANTHONY geht die Straße entlang ab. TODD bleibt einen Augenblick lang sinnierend stehen, dann geht er die Straße in der entgegengesetzten Richtung.) TODD EINE PECHSCHWARZE GRUBE IST DIESER ORT, AUF DEM GRUND DER GRUBE HERRSCHEN TOD UND MORD, UND DER ABSCHAUM DIESER WELT VERMODERT DORT ...
Nr. 2a – Überleitungsmusik (TODD geht ab.)
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AKT I, SZENE 2
(Man sieht MRS. LOVETTS Pasteten-Laden. Darüber, im ersten Stock, ist ein leeres Zimmer, das über eine Außentreppe erreichbar ist. MRS. LOVETT, eine energische, schlampig wirkende Frau Mitte vierzig, verscheucht mit einem schmutzigen Lappen Fliegen von den Pasteten, während sie vor sich hinsummt. TODD erscheint am Ende der Straße. Langsam und sich mehrmals umsehend nähert er sich dem Geschäft, als erinnerte er sich an etwas. Als er den Pastetenladen bemerkt, bleibt er ein wenig entfernt stehen und beobachtet den Laden und MRS. LOVETT. MRS. LOVETT hat inzwischen ein gefährlich aussehendes Messer genommen und schneidet Teig. TODD zögert zunächst, dann tritt er ein. MRS. LOVETT bemerkt ihn erst, als sein Schatten auf sie fällt. SIE erschrickt und hebt schreiend ihr Messer hoch, was wiederum TODD zusammenfahren lässt.)
Nr. 3 – LONDONS SCHLIMMSTE PASTETEN MRS. LOVETT Ha! Kundschaft!
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(MR. TODD will wieder gehen.)
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STOPP! BLEIBT DOCH HIER! NICHT SO EILIG! (Sie haut das Messer in die Arbeitsfläche.) ICH BIN GANZ STARR VOR (Sie wischt die Hände an ihrer Schürze ab.) SCHRECK. ICH DACHT’, IHR WÄRT EIN GEIST. NEHMT EUCH EIN MINÜTCHEN! PLATZ, SETZT EUCH HIN! (nachdrücklich) PLATZ! ES WAR NÄMLICH SCHON SEIT WOCHEN KEINE KUNDSCHAFT MEHR BEI MIR. MÖCHTET IHR VIELLEICHT PASTETEN? (TODD nickt. Sie wedelt ein bisschen Staub von einer Pastete.) DOCH ICH GLAUBE KAUM, DASS IHR DAS ZEUG AUCH ESST. UGH! (Sie nimmt etwas von einer Pastete und hält es hoch.) WAS IST DAS? SCHEINT, ALS HÄTTE ICH DIE PEST, (Sie lässt es auf den Boden fallen und stampft darauf.) SO, WIE ALLE MEINEN (Sie schnippst etwas von einer Pastete.) LADEN MEIDEN. (Sie sieht, dass es sich noch bewegt.) DU BLEIBST HIER! (Sie schlägt mit der Hand darauf.) ICH KANN’S JA VERSTEH’N, SIR, (Sie schaut sich die Innenfläche ihrer Hand an.) UH! (SIE wischt es von ihrer Hand auf die Arbeitsfläche.) DIESER AASGERUCH GEFÄLLT NICHT EINMAL MIR. (Sie bläst den letzten Staub von der Pastete, während sie sie ihm bringt.) OH VERZEIHUNG, MÖCHTET IHR VIELLEICHT EIN BIER? (TODD nickt.) ICH KANN’S NIEMANDEM VERÜBELN. (gießt ihm einen Krug Bier ein) DAS SIND WIRKLICH LONDONS SCHLIMMSTE PASTETEN. UND WARUM MAG NIEMAND VON GESCHMACK SIE? IHR SCHWEIGT, DOCH ICH BACK’ SIE! IHR BLEIBT NOCH TROTZ DIESER PASTETEN? Seite 8
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UNTER UNS, MEIN HERR, DA HILFT NUR NOCH BETEN. WENN IHR MIR NICHT GLAUBT, PROBIERT! (Das tut er.) IST DAS NICHT ABSCHEULICH? GLEICH WIRD EUCH SPEIÜBEL. ES SCHMECKT WIRKLICH GREULICH! MOMENT, HIER EIN KÜBEL. (Sie stellt den Krug vor ihn.) SO MIESE PASTETEN! (Während des Folgenden knallt sie Teigklumpen vor sich auf die Arbeitsfläche und rollt sie aus. Dabei schwatzt sie fortwährend vor sich hin.) AUCH KEIN WUNDER, BEI DEM PREIS FÜR FLEISCH HEUTZUTAG’! (grummelt) MAN KRIEGT EH KEINS! (grummelt) HAT MAN (grummelt) EINMAL GANZ BESONDRES GLÜCK, FINDET MAN ZU SPÄTER STUND‘ IN DER NACHT (grummelt) IRGENDWO (grummelt) EINEN ARMEN, TOTEN HUND. MRS. MOONEY MACHT PASTETEN UND EIN MORDSGESCHÄFT, DA DRÜBEN, GLEICH AM ECK. NUR SIND ALLE NACHBARSKATZEN PLÖTZLICH WEG. SOWAS MACHT DOCH STUTZIG! ZWEIFELLOS RAFFINIERT, WENN AUS KATZE FÜLLUNG WIRD. SOWAS WÜRD ICH NIE TUN. WENN ICH NUR DRAN DENKE, STRÄUBT SICH MIR DAS FELL! AUSSERDEM SIND DIESE BIESTER ZIEMLICH SCHNELL.
JA, DIE ZEITEN SIND SEHR HART, SIR. HÄRTER NOCH ALS LONDONS SCHLIMMSTE PASTETEN. WOLLT IHR WIRKLICH NOCH EINMAL? (Als TODD mutig eine weitere probiert) SO UNAPPETITLICH, OB KALTE, OB HEISSE, ICH SAG’S UNERMÜDLICH: Seite 9
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SIE SCHMECKEN ... ICH SCHMEISSE DEN LADEN ALLEIN UND BACK’ JEDEN TAG LONDONS SCHLIMMSTE PASTETEN! (seufzt tief) MEIN HERR, DIESE ZEITEN SIND HART. (Sie endet mit einer überschwänglichen Bewegung, dann bemerkt sie, dass TODD Schwierigkeiten mit seiner Pastete hat.)
MRS. LOVETT Spuckt es aus. Nur zu! Auf den Boden. Da liegt schon Schlimmeres herum. (als er es tut) So ist’s recht.
TODD Ist da nicht ein Zimmer über Ihrem Geschäft? Wenn die Zeiten so hart sind, warum vermieten Sie es nicht? Das könnte doch etwas einbringen. Nr. 4 – SIE WAR SO JUNG
MRS. LOVETT Da oben? Oh nein! Niemand traut sich da hinauf. Die Leute glauben, dass es da spukt. Vor Jahren ist dort oben was passiert. Was nicht sehr Nettes. HIER LEBTE FRÜHER EIN BARBIER, UND ER WAR WUNDERSCHÖN. EIN WAHRER KÜNSTLER SCHIEN ER MIR. DOCH MAN VERBANNTE IHN VON HIER.
(seufzt)
UND ER WAR WUNDERSCHÖN.
Barker, hieß er. Benjamin Barker.
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Verbannt? Was war sein Verbrechen?
MRS. LOVETT
Dummheit.
UND SEINE FRAU WAR EIN HÜBSCHES, KLEINES DING, DUMMER, KLEINER FRATZ. SAH DAS NETZ NICHT, IN DEM SIE SICH VERFING. SIE WAR SO JUNG. (Ihre Erzählung wird vom ENSEMBLE als Vision dargestellt. Die FRAU erscheint im Zimmer über dem Pastetenladen und geht ihren häuslichen Pflichten nach. Der RICHTER und sein serviler Assistent, der BÜTTEL, nähern sich dem Haus und schauen lüstern zur Frau hoch. Die Darstellerin der JOHANNA spielt die Frau des Barbiers.) DA WAR EIN RICHTER NOCH, DEM SIE AUCH GEFIEL. Seite 10
SWEENEY TODD
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ER WAR VOLLER GIER, WOLLTE SIE VERFÜHREN. AUCH SEIN BÜTTEL HALF BEIM HOFIEREN. DOCH SIE LIESS SICH NICHT IRRITIEREN. SIE WAR SO JUNG. (Weit oben erscheinen in schwachem Licht Schatten. Wallende Kostüme, funkelnde Juwelen, die Gesichter von Leuten, die als Tiere und Dämonen maskiert sind. Während des Folgenden nimmt die FRAU ein imaginäres Baby aus einem imaginären Kinderbettchen, setzt sich auf den Boden und wiegt es weinend in ihren Armen.) DOCH DIE BEIDEN SCHURKEN VERSCHLEPPTEN DEN MANN GESCHWIND, UND SIE BLIEB ALLEIN ZURÜCK MIT EINEM KLEINEN KIND. DOCH SIE HAT DAS BÖSE SPIEL NICHT DURCHSCHAUT. SIE WAR BLIND UND JUNG. DOCH ES KAM NOCH SCHLIMMER. MEIN GOTT! (atmet tief ein) SO JUNG! (Wieder erscheinen die Schatten, diesmal etwas besser erkennbar. MRS. LOVETT spricht grübelnd.) Johanna hieß das Baby. Die hübsche, kleine Johanna! (Sie verliert sich in ihrer Erinnerung.) TODD
(angespannt) Weiter!
MRS. LOVETT
N
IC
(sieht TODD scharf an) Die Geschichte gefällt Euch wohl, was? (Der BÜTTEL erscheint wieder, starrt zur FRAU hinauf, gibt ihr beflissen zu verstehen, herunterzukommen. MRS. LOVETT freundet sich allmählich mit der Erzählung an.) DER BÜTTEL NÜTZT IHREN KUMMER AUS. ... SIE WAR SO JUNG ... UND LÄDT SIE EIN IN DES RICHTERS HAUS. SAGT, DIESEM TÄTE DAS ALLES LEID. ER MÖCHTE NUR, DASS SIE IHM VERZEIHT. SIE WAR SO JUNG. (Vornehm gekleidete, maskierte Gestalten erscheinen und tanzen, wie in Zeitlupe. Der BÜTTEL führt die FRAU durch die Tanzenden und gibt ihr Champagner zu trinken. MRS. LOVETT berichtet weiter, aufgeregt, fast schadenfroh:) IM HAUS DORT, BEIM RICHTER, DAS ARME DING, DA WAREN DIE GÄSTE MASKIERT. SIE SAH NIE GESICHTER, DAS ARME DING, Seite 11
SWEENEY TODD
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SIE WURDE BETRUNKEN GEMACHT, DAS KIND, UND VON DEN HALUNKEN VERLACHT, DAS KIND! DER RICHTER WAR SCHON RAFFINIERT. (Während des Folgenden erscheint der RICHTER, reißt sich die Maske vom Gesicht, dann wirft er seinen Mantel ab. Darunter ist er nackt. Sie schreit, als er nach ihr greift, sie wehrt sich heftig, als der BÜTTEL sie zu Boden wirft. Er hält sie fest, während der RICHTER über sie steigt und die TÄNZER kichernd um die Vergewaltigung herumtanzen.) ER HAT KEINEN DEUT SEIN VERHALTEN BEREUT. DASS SIE DIESEM SPIEL NICHT GEWACHSEN WAR, DAS KANN MAN BEILEIBE VERSTEH’N. DIE HABEN SICH ALLE FAST KRUMM GELACHT. DIE ÄRMSTE HÄTT’ DAS BEINAH’ UMGEBRACHT. SO JUNG – UND DUMM.
TODD (ein wildes Brüllen, fast wie von einem Tier) Nein!! – Hatte denn niemand Mitleid mit ihr?
(Die Pantomime verschwindet. TODD und MRS. LOVETT starren einander an.) MRS. LOVETT
(kühl) Also seid Ihr’s doch! Benjamin Barker!
TODD
(beängstigend heftig) Nicht Barker! Nicht Barker! Todd! Sweeney Todd, jetzt. Wo ist sie?
MRS. LOVETT So verändert! Großer Gott! Was haben die bloß mit Euch gemacht, da unten in dem verdammten Australien – oder wo auch immer? TODD
N
IC
Wo ist meine Frau? Wo ist Lucy?
MRS. LOVETT Tot. Vergiftet. Arsen – aus der Apotheke dort an der Ecke. Ich hab‘ alles versucht, sie zurückzuhalten – aber sie wollte nicht hören. TODD
Und meine Tochter?
MRS. LOVETT
Johanna? Er hat sie!
TODD Er?! Richter Turpin? MRS. LOVETT Ja. Sogar er hat wohl irgendwo so etwas wie ein Gewissen. Er hat sie adoptiert. Wie eine eigene Tochter. Man könnt’ beinah sagen, es war noch ein Glück für sie.
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TODD Fünfzehn Jahre in der Hölle – für ein erlogenes Verbrechen! Fünfzehn Jahre hab ich geträumt, zurückzukommen zu Frau und Kind. (TODD schüttelt wild die Fäuste.) Sie sollen in ihren Stiefeln zittern – Richter Turpin und sein Büttel Ihre Stunde hat geschlagen! MRS. LOVETT
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(beeindruckt) Ihr wollt sie Euch ... holen? Ihr? Ein kleiner Niemand? Ein durchgebrannter Sträfling!? Bringt mich nicht zum Lachen! Seine „Hochwohlgeboren“ kriegt Ihr nie zu fassen – und den Büttel auch nicht. Nicht in einer Million Jahren! (TODD reagiert nicht.) Habt Ihr denn überhaupt Geld? (Wieder keine Reaktion.) Hört mich an: Habt Ihr Geld? TODD
Nein.
MRS. LOVETT
Wie wollt Ihr dann leben?
TODD Ich werde leben – ob in der Kanalisation oder im Seuchenhaus, ich werde leben – und ich krieg sie! Beide!
N
IC
MRS. LOVETT Oh, bemitleidenswert! (hat einen Einfall) Wartet. (Sie verschwindet in einer mit einem Vorhang verhängten Tür, die zu ihrem Wohnzimmer führt. Für einen Augenblick steht TODD allein da. MRS. LOVETT kommt mit einem Rasiermesser-Etui zurück. Sie hält es ihm entgegen.) Hier. Es muss nicht die Kanalisation oder das Seuchenhaus sein. Als sie sich das Mädchen geholt haben, hab ich das hier versteckt. Ich hab gedacht – wer weiß, vielleicht kommt der arme Teufel irgendwann einmal zurück und kann es brauchen. Ich muss verrückt gewesen sein. Die Zeiten sind hart, und ich hätte ein schönes Stück Geld dafür kriegen können. Seht Ihr? Jetzt könnt Ihr wieder Barbier sein. Nr. 5 – MEIN FREUND
(MRS. LOVETT öffnet das Etui, so dass er hineinsehen kann. TODD steht lange da, mit dem Blick auf das Etui.)
MRS. LOVETT Die Griffe sind Silber, nicht wahr? Ziseliert. TODD (leise, mit dem Blick auf das Etui) DAS IST MEIN FREUND! SIEH, WIE ER SCHIMMERT!
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(nimmt ein kleines Rasiermesser) SCHAU NUR, DER GLANZ, WIE ER LÄCHELT IM LICHT, MEIN FREUND, MEIN TREUER FREUND. (hält es an sein Ohr, testet die Klinge mit seinem Daumen) SPRICH ZU MIR, FREUND, FLÜSTER! ICH LAUSCHE. (lauscht) ICH WEISS, ICH WEISS, DASS DU VIEL ZU LANG EINGESPERRT WARST, WIE ICH, MEIN FREUND. ICH KOMME HEIM! DU HAST GEWARTET. NUN TUN WIR GEMEINSAM HERRLICHE WUNDER, BALD SCHON.
(MRS. LOVETT hat ihm über die Schulter gesehen. Jetzt ist sie in abwesend, in ihrer eigenen Trance. TODD legt das Rasiermesser zurück ins Etui und nimmt ein größeres heraus. Sie singen gleichzeitig.)
TODD DU BIST MEIN FREUND. ICH WILL DICH HALTEN.
MRS. LOVETT
DAS BIN AUCH ICH, MR. TODD. FÜHLT IHR WIRKLICH NICHT, MR. TODD, WIR SIND ZU ZWEIT. MICH, MR. TODD? DICH BELEBT MEINE HAND, GEBT MIR EURE HAND MEIN FREUND, GLAUBT MIR DOCH, MEIN KLUGER FREUND. IHR HABT MIR GEFALLEN VON ANFANG AN. (legt es weg)
N
IC
STILL NOCH, MEIN FREUND, BALD KANNST DU WALTEN. ES WERDEN WUNDER GESCHEHEN, DIE DU NIE ERTRÄUMT, MEIN LIEBER FREUND.
EINER WIE IHR, MR. TODD, DER GEHÖRT ZU MIR, MR. TODD. WUNDER GESCHEHEN, DIE IHR NIE ERTRÄUMT HABT, MEIN FREUND.
WAR DOCH DEIN GLANZ BALD GEHÖR’ ICH DIR GANZ! BISHER NUR SILBER, ACH, DAS WIRD WUNDERBAR! FREUND, ALSO SILBER REICHT MIR SCHON, BALD GLÄNZT DU BLUTROT! MR. TODD. BALD GLÄNZT DU HERRLICH BLUTROT!
(TODD hält das größte der Rasiermesser hoch ins Licht, während die Musik sich süß aufschwingt und dann verebbt. Er ruft in die Stille:) TODD Mein rechter Arm ist wieder ganz!
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(Black, außer einem Spot auf das Rasiermesser. Mit Orgel und Orchester schwingt sich die Musik zu einem Höhepunkt auf. Das ENSEMBLE inklusive dem RICHTER und dem BÜTTEL, erscheint.) ENSEMBLE STRECK DEIN MESSER HOCH, SWEENEY! ES IST HÖCHSTE ZEIT! SENK ES TIEF INS ZARTE FLEISCH DER EHRBARKEIT!
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BÜTTEL SEIN TON IST MILD UND SANFT SEIN STIL.
VIER FRAUEN ER LACHT FAST NIE, DOCH ER LÄCHELT VIEL.
MANN (BASS) STETS WOHLGESONNEN, DOCH TRÜGT DER SCHEIN, ER WILL NICHT VERGESSEN, NOCH WIRD ER VERZEIH’N, ENSEMBLE NICHT SWEENEY, NICHT SWEENEY TODD,
ZWEI MÄNNER (TENOR & BASS) BARBIER DES GRAUENS VON FLEET STREET.
Nr. 6 – GRÜNFINK UND NACHTIGALL (Die Menge verschwindet.)
AKT I, SZENE 3
(Nach kurzer Dunkelheit hört man Vogelgezwitscher. Im Licht erscheint das Haus des RICHTERS TURPIN. Ein VOGELHÄNDLER tritt auf. An einer Stange trägt er eine bizarre Konstruktion von zusammengebundenen kleinen Käfigen mit Singvögeln. Oben im Haus erscheint eine junge, außergewöhnlich schöne Frau mit langen blonden Haaren. Es ist JOHANNA. Sie sieht niedergeschlagen aus; dann fällt ihr Blick auf die Vögel.)
N
IC
JOHANNA Wie geht es meinen kleinen Lieblingen heute?
HÄNDLER
Hungrig, wie immer, Miss Johanna.
JOHANNA GRÜNFINK UND NACHTIGALL, SAGT MIR, WIE KOMMT ES, DASS IHR FRÖHLICH SINGT, DASS IHR SO JUBELT, WO JEMAND EUCH DOCH IN EINEN KÄFIG ZWINGT?
DRAUSSEN AM HIMMEL LOCKT DAS BLAU, LOCKT DER WIND EUCH ZU SICH HINAUS.
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SWEENEY TODD
WENN DER REGEN FÄLLT, ZIEHT’S EUCH IN DIE WELT. WAS HÄLT EUCH IM HAUS? WIE KOMMT’S, DASS IHR SINGT, EUCH GELINGT, DASS ES FRÖHLICH KLINGT?
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GRÜNFINK UND NACHTIGALL, SAGT MIR, WIE KOMMT ES, DASS IHR FRÖHLICH SINGT? WIE NUR ERFINDET IHR HEITERE WEISEN? IST ES FROHLOCKEN GAR, ODER LOBPREISEN? SEID IHR AM TRÄLLERN UND TRILLERN? WAS HEISST DAS SCHNATTERN? WOLLT IHR FLIEGEN? WOLLT IHR FLATTERN?
ROTKEHLCHEN, GIMPELCHEN, WOLLT IHR NUR SINGEN, WENN MAN EUCH BELOHNT? WOLLTET IHR SELBST IN DIE KÄFIGE SPRINGEN, DIE IHR JETZT BEWOHNT? (ANTHONY tritt auf. Er sieht sie und ist augenblicklich gebannt von ihrer Schönheit.) AUCH ICH BIN EINGESPERRT. KANN NICHT HINAUS. NIEMAND, DER SINGT. STILL IST ES IM HAUS. LERCHEN IM KÄFIG SIND RUHIG UND FÜGSAM. ZEIGT MIR: WIE WERD’ ICH GENÜGSAM?
N
IC
AAH!
GRÜNFINK UND NACHTIGALL, AMSEL UND ZEISIG, SAGT MIR, WIE MAN SINGT, ICH KANN’S NICHT WIE IHR. ZEIGT ES MIR!
(Sie starrt tieftraurig in die Ferne.)
Nr. 7 – OH, MISS
ANTHONY
(schaut sie an und singt) ICH FUHR UM DIE WELT, SAH IHRE WUNDER, KENNE SPANIENS GLANZ UND DIE BERGE VON PERU. DOCH DAS GRÖSSTE DER WUNDER FIND’ ICH JETZT HIER IN LONDON!
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(atemlos) LADY, SCHAU MICH AN, SCHAU MICH AN, SIEH MICH EINMAL NUR AN! OH, GÖNNE MIR, GÖNNE MIR ETWAS GLÜCK! OH, MISS, WAS ZIEHT DICH, WAS ZIEHT DICH DORT AM HIMMEL IN BANN? OH, SCHENK MIR DOCH, SCHENK MIR DOCH EINEN BLICK! WER BRAUCHT SPANIENS GLANZ UND SEINE WUNDER, WENN IN KEARNEY’S LANE SCHON DAS GRÖSSTE WUNDER LIEGT? OH, MISS, SCHAU DICH AN, SCHAU DICH AN, DEINE HAUT WEISS WIE SCHNEE, OH, GEH NICHT WEG, GEH NICHT WEG, BLEIB DOCH HIER! TAUCH NICHT WIEDER INS DUNKEL EIN, WO ICH DICH NICHT MEHR SEH, OH, BITTE SIEH ENDLICH HERAB ZU MIR! SCHAU MICH
(ANTHONY) AN! SCHAU MICH AN!
N
IC
SCHAU ZU MIR!
JOHANNA GRÜNFINK UND NACHTIGALL, AMSEL UND ZEISIG, SAGT MIR, WIE MAN SINGT! ICH KANN’S NICHT WIE IHR. ZEIGT ES MIR!
(Als JOHANNA zurück ins Haus gehen will, treffen sich ihre Blicke und das Lied erstirbt ihr auf den Lippen. Ein stiller Augenblick. Dann plötzlich erstreckt sich eine klauenhafte Hand aus einem Müllhaufen. ANTHONY erschrickt und erkennt die BETTLERIN, die im Müll geschlafen hat und ihm nun ihre Schale entgegenhält. JOHANNA verschwindet verängstigt vom Fenster.) BETTLERIN
HELFT! HELFT EINER ELENDEN ARMEN! (ANTHONY holt hastig eine Münze hervor und wirft sie ihr in die Schale; sie starrt ihn an.) OH, VERZEIHUNG! SCHON WIEDER IHR, SIR. DANK EUCH FREUNDLICHST! (ANTHONY wendet sich wieder zum Fenster, aber JOHANNA ist fort. Die BETTLERIN will davongehen.) ANTHONY
Warte!
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SWEENEY TODD
(dreht sich zu ihm) Weißt du, wem dieses Haus gehört? BETTLERIN Das hier? Das ist das Haus vom großen Richter Turpin. Ja, das ist es. ANTHONY Und die junge Dame, die da wohnt?
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BETTLERIN Die? Das ist Johanna, sein hübsches Mündel. (verschlagen) Aber Ihr solltet Euch hier nicht herumtreiben, junger Herr. Der Herr Richter sieht das gar nicht gern. (nickt nachdrücklich) Vorwitzige junge Herren fangen sich hier leicht ein paar Prügel ein. (blickt ihn anzüglich an) HE, MATROSE, DU, SCHÖN, DASS WIR UNS TRAFEN! STARK IST DER MAST, DEN DU DA HAST! LOS, KOMM IN MEINEN HAFEN!
(Sie fasst ANTHONY in den Schritt und springt mit hocherhobenen Röcken wild um ihn herum. ANTHONY ist entsetzt. Er holt Münzen aus der Tasche und wirft sie ihr entgegen.)
ANTHONY Lass mich! Weg mit dir! Geh! Da! Nimm und geh! Verschwinde!
(Die BETTLERIN sammelt die Münzen auf und springt dann irre lachend davon. ANTHONY sieht wieder zum Fenster hinauf. Der Krach hat die Vögel aufgestört, die schrill tschilpen. ANTHONY bemerkt sie und geht zum eingeschlafenen VOGELHÄNDLER, schüttelt ihn wach und betrachtet die Käfige.)
ANTHONY Welcher von denen ist der beste Sänger?
N
IC
HÄNDLER Sie singen alle, Sir. Jeder sechs Pence, sehr günstig!
(ANTHONY wählt einen aus, gibt dem Mann eine Münze und hält den Käfig hoch.)
ANTHONY Er singt wacker. (blickt in den Käfig) Aber warum schlägt er so heftig mit den Flügeln gegen die Gitterstäbe?
HÄNDLER Wir machen sie blind. Das macht man immer. Wenn sie blind sind, merken sie nicht, ob es Tag oder Nacht ist, und singen ununterbrochen. (Er steht auf, schwingt die Käfige auf den Rücken und will abgehen.) Viel Spaß mit dem Vogel. Seite 18
SWEENEY TODD
(Er geht ab. JOHANNA kommt wieder ans Fenster. ANTHONY gibt ihr zu verstehen, dass der Vogel ein Geschenk für sie sei und sie herunterkommen möge, um den Käfig zu holen. JOHANNA zögert erst, dann lächelt sie, nickt und verschwindet vom Fenster. Er wartet. Schüchtern, fast verstohlen schlüpft JOHANNA aus der Tür. ANTHONY geht zu ihr und gibt ihr den Vogelkäfig. Langsam streckt sie ihre Hand zu ihm aus. Ihre Finger berühren sich.) Nr. 8 – JOHANNA [Anthony] (Teil I)
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ANTHONY ICH SPÜR DICH, JOHANNA, ICH SPÜR DICH! NIEMALS WOLLTE ICH ERWACHEN, GLÜCKLICH SCHON, DASS DU EIN TRAUM WARST. JETZT KANN ICH DARÜBER LACHEN, JOHANNA! ICH HOL DICH, JOHANNA, ICH HOL‘ DICH…
(Sie sind so verzückt voneinander, dass sie RICHTER TURPIN nicht bemerken, der mit BÜTTEL BAMFORD aus dem Haus gekommen ist.) RICHTER
(ruft) Johanna! Johanna!
JOHANNA
Oh, mein Gott.
(SIE läuft ins Haus und vergisst den Käfig. ANTHONY wendet sich zum RICHTER und sieht, dass dieser ihn wütend anstarrt.)
RICHTER Wenn ich dein Gesicht noch einmal hier oder auch nur in einer der benachbarten Straßen sehe, wirst du bereuen, jemals geboren zu sein. Ist das deutlich genug für dich?
N
IC
ANTHONY Aber Sir, ich habe nichts Unrechtes im Sinn. Es sind die ehrlichsten Gefühle, die … RICHTER
(zum BÜTTEL) Schaff ihn mir vom Hals! (geht ins Haus.)
JOHANNA
Oh Gott, ich wusste es!
BÜTTEL
(droht mit dem Schlagstock) Hast du Seine Ehren nicht gehört? ANTHONY Ich will keinen Streit, mein Freund.
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(Der BÜTTEL nimmt ihm den Käfig ab, öffnet die Käfigtür, holt den Vogel heraus, dreht ihm den Hals um und wirft ihn weg.) BÜTTEL Hast du kapiert? Beim nächsten Mal ist es dein Hals. (ER geht hinter dem RICHTER und JOHANNA ab.) RICHTER Johanna, wenn ich annehmen muss, dass du diesen Gauner ermutigt hast ...?
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JOHANNA Oh, Vater, ich will Euch stets gehorsam sein.
RICHTER (wird weich und tätschelt ihr die Wange) Mein liebes Kind. (sieht sie lüstern an) Wie hübsch du aussiehst in diesem leichten Kleid.
(Sie rennt ins Haus, hinter ihr folgt der RICHTER. Auch der BÜTTEL geht ins Haus. ANTHONY bleibt allein zurück, den leeren Käfig in der Hand.)
Nr. 8a – JOHANNA [Anthony] (TEIL II)
ANTHONY ICH HOL DICH, JOHANNA, ICH HOL DICH! WENN ICH DICH AUCH NICHT MEHR SEHE, WEIL SIE DICH IM DUNKELN WEGSPERR’N, BLEIB’ ICH DOCH IN DEINER NÄHE, ZART VERHÜLLT VON DEINEM BLONDEN HAAR.
ICH SPÜR‘ DICH, JOHANNA! UND ICH WERD’ DICH HOLEN. DOCH BIS DAHIN BLEIB’ ICH UNSICHTBAR ZART VERHÜLLT VON DEINEM BLONDEM HAAR.
N
IC
(Er zerbricht den Vogelkäfig und wirft ihn fort, Dann läuft er weg.)
AKT I, SZENE 4
(Lichtwechsel. Der Marktplatz von St. Dunstan. Mitten auf dem Platz steht ein im Stil eines sizilianischen Eselkarrens bemalter Wagen, auf dem in verschnörkelter Schrift zu lesen ist: „Rudolfo Pirelli, Haarschneider, Barbier und Zahnbrecher Seiner Majestät, des Königs von Neapel“. Und darunter: „Pirellis Wunder-Elixier besiegt die Kahlheit“.)
Nr. 9 – PIRELLIS AQUA CAPILLARE
(Der BÜTTEL patrouilliert gravitätisch in seinem Bezirk umher. MRS. LOVETT und MR. TODD treten auf. Sie trägt einen Einkaufskorb.)
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TODD (deutet auf den Wagen) Ist er das? MRS. LOVETT Ja. Er ist hier jeden Donnerstag. TODD
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(liest) Haarschneider, Barbier und Zahnbrecher Seiner Majestät des Königs von Neapel. MRS. LOVETT Ein Spaghettifresser. Momentan groß in Mode. TODD
Nicht mehr lang.
MRS. LOVETT Meint Ihr wirklich, Ihr könnt ihn schlagen?
TODD Schon morgen werden alle diese Schafe von mir geschoren werden wollen. MRS. LOVETT
(sieht den BÜTTEL) Oh, nein, da ist der Büttel! Büttel Bamford.
TODD
Wie gerufen!
MRS. LOVETT Was ist, wenn er Euch erkennt? Sollten wir nicht besser ...? TODD Ich tue das, weswegen ich hier bin – klar?
MRS. LOVETT
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IC
Klar. Wie Ihr meint.
(TOBIAS, Pirellis junger, etwas einfältiger Gehilfe, kommt durch den Vorhang hinten am Wagen und schlägt eine Blechtrommel. Eine Fabriksirene heulte, Leute kommen herbeigerannt und versammeln sich um den Karren.)
TOBIAS LADYS UND GENTLEMEN, BITTE UM IHRE AUFMERKSAMKEIT! WER HAT NICHT SCHON AM MORGEN VOLL SCHRECKEN ENTDECKT, DASS SEIN KISSEN SCHON WIEDER MIT HAAREN BEDECKT, WAS MAN GANZ SCHNELL VERSTECKT? PASST AUF, MEINE HERRSCHAFTEN, DAS ERWACHEN WIRD SCHÖNER AB HEUT’. UND VORBEI IST DIE SCHRECKLICHE, HAARLOSE ZEIT, DENN EIN HERRLICHES MITTEL BEFREIT EUCH VOM LEID. ICH ZEIG EUCH JETZT WAS, Seite 21
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DAS GESTERN NOCH VÖLLIG VERDORRT WAR UND TOT. (Jemand schreit erschreckt auf. TOBIAS lächelt und zeigt mit dem Finger „Nein!“) HIER AM KOPF, DU IDIOT!
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VOR EINEM MONAT PASSIERTE ES. ICH BEKAM HIER AM KOPF EINE SCHRECKLICHE HAUTALLERGIE. EINES MORGENS ERWACH ICH UND WAS FÜR EIN SCHRECK! ICH REIB MIR NOCH DIE AUGEN, ES HAT KEINEN ZWECK, DENN ICH SEH ES IM SPIEGEL: DIE HAARE SIND WEG. ICH BIN GLATT WIE EIN KNIE! NUN, ICH STARB FAST VOR SCHAM. DOCH EIN GENTLEMAN KAM, DER BERÜHMTE PIRELLI HALF MIR AUS DEM GRAM.
SEIN KOSTBARES HAARWASSER HAT MICH KURIERT. DAMIT HAB ICH TÄGLICH DEN KOPF MIR MASSIERT. UND ICH SCHWÖR’, (ER reißt sich dramatisch die Mütze vom Kopf. Eine Flut von Haaren fällt bis auf seine Schultern.) ‘S IST NUR DREISSIG TAG’ HER.
N
IC
KAUFT PIRELLIS AQUA CAPILLARE, GUT FÜR KOPF UND HAARE, GLAUBT ES MIR!
WIE ERQUICKLICH! HAAR WÄCHST AUGENBLICKLICH MIT PIRELLIS WUNDERELIXIER! (zu MANN 1) NA, WIE WÄR’S MIT EINER FLASCHE? NUR ’NEN PENNY, UND MIT GARANTIE!
MANN 1 EINEN HALBEN KÖNNT ICH NOCH VERSTEHN. MANN 2
BRAUCHST DU NIE!
TOBIAS ZIEHT NUR AN DEN HAAREN! MANN 1
LASS UNS GEH’N! (will gehen) TOBIAS (zu MANN 3) ZIEHT VON MIR AUS FESTER! Seite 22
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MANN 3 EINEN GANZEN PENNY? LASS UNS GEH’N!
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TOBIAS (hält den beinahe kahlen MANN 1 auf und tropft ihm etwas Elixir auf den Kopf) DIESES MITTEL LÄSST EUCH OHNE FAXEN HAARE WIEDER WACHSEN ‘S IST VERBÜRGT! (nimmt die Hand des Mannes und reibt mit ihr sanft über die feuchte Stelle) GRÜNDLICH REIBEN, DOCH NICHT ÜBERTREIBEN. GAR NICHT ZU BESCHREIBEN, WIE DAS WIRKT! EINEN PENNY FÜR DIE FLASCHE NUR! MANN 1
(zu MANN 2) EINEN PENNY MACHT DAS? WARUM NICHT? (schaut zweifelnd zu MANN 2) MANN 2
(zu FRAU 2) WAS MEINST DU?
TOBIAS
(zu anderen LEUTEN) HIER, NEHMT EINE PROBE! ES HAT EINE KLASSE, DIE BESTICHT! FRAU 1
N
IC
(zu MANN 3) ES IST EIN SKANDAL, WIE DAS GESINDEL SICH HIER AUFFÜHRT! FRAU 2
(zu MANN 2) SCHMIER’S DIR AUF DEN KOPF, WARUM DENN NICHT? MANN 3 EINEN PENNY FÜR DIE FLASCHE? TOBIAS
(zu MANN 1) IST SCHON GUT, DAS REICHT SCHON. (TOBIAS) SANFT VERREIBEN! ‘S IST NICHT ZU BESCHREIBEN, WIE DIE HAARE TREIBEN. KAHL WIRD KEINER BLEIBEN.
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(deutet auf einen Mann in der Nähe) ER HAT HAARE WIE EIN AFFE DANK PIRELLIS WUNDERWAFFE! MANN 1 GEBT MIR EINE FLASCHE! MANN 2 MIR GLEICH ZWEI!
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(MANN 1 kauft zwei Flaschen und erhält Wechselgeld.) TODD
(laut zu MRS. LOVETT) WAS IST DAS DENN HIER FÜR EIN GESTANK?
MRS. LOVETT DIESER MIEF HIER MACHT MICH DIREKT KRANK.
TODD DIESER MIEF HIER MACHT MICH WIRKLICH KRANK. MRS. LOVETT ALSO, WAS IST DAS FÜR EIN GESTANK? FRAU 1
(zu FRAU 2) ALSO GUT, ICH NEHME EINS FÜR HARRY.
FRAU 2 DEINEM HARRY HILFT DAS AUCH NICHT MEHR. FRAU 3 KOMM GRAD SO DAHER.
TOBIAS ZÖGERT NICHT, PROBIERT ES! (zu FRAU 3) KOMMT SCHON, UND RISKIERT ES!
N
IC
MANN 2
(zu MANN 1) ICH BRAUCH JETZT EIN BIER. MANN 1
DORT IST EIN PUB.
MANN 2
ICH GEH MIT DIR.
MANN 3
ICH BLEIB’ HIER!
TOBIAS KAUFT PIRELLIS AQUA CAPILLARE, GUT FÜR KOPF UND HAARE. SEID DOCH SCHLAU! HAT ERST LOCKEN Seite 24
SWEENEY TODD
SO EIN FETTER BROCKEN, DANN IST VON DEN SOCKEN JEDE FRAU! NA, WIE WÄR’S MIT EINER FLASCHE? KOSTET EINEN PENNY. KENNT DENN EINER EINEN BESS’REN DUFT?
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TODD (schnüffelt an der Flasche von MANN 1) WAS IST DIES?
MRS. LOVETT (untersucht die Flasche von MANN 3) WAS IST DIES? TODD (gibt die Flasche angewidert zurück) STINKT WIE PISS!
MRS. LOVETT STINKT WIE PUP! MANN 1 ES IST FÜR DIE HAARE.
MANN 4
ICH NEHM EINS.
MANN 3
(zu MANN 2) WAS WAR LOS?
MANN 2 ER SAGT, ES STINKT WIE PISS!
FRAU 2 & MANN 5 DASS ES RIECHT WIE PISSE, SAGT ER! TODD
IC
SO WIE PISS!
N
MRS. LOVETT WÜRD’S NICHT ANRÜHR’N, WENN ICH DU WÄR. TOBIAS WER NIMMT EINE FLASCHE? MANN 2
OB DAS STIMMT?
TOBIAS NA, WIE WÄR’S MIT EINER PROBE? TODD (nickt) WAS ES IS’!
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SWEENEY TODD
PISS MIT TINTE! ALLE LASS MICH AUCH MAL RIECHEN! ES IST PISS MIT TINTE! TINTENPISS! MRS. LOVETT WONACH RIECHT ES WOHL FÜR EUCH, SIR?
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TOBIAS (versucht zu beruhigen, weist auf TODD) LASST DOCH DEN VERRÜCKTEN REDEN! HÖRT NICHT AUF DEN SPINNER! FRAUEN HER MIT DEN MONETEN!
MÄNNER WONACH RIECHT DAS WOHL FÜR EUCH, MA’M? MRS. LOVETT HER MIT DEN MONETEN!
TODD & LOVETT WO STECKT DER PIRELLI? ALLE JA, WO STECKT DER PIRELLI?
TOBIAS (verzweifelt; schlägt seine Trommel im falschen Rhythmus) DREISSIG TAGE, DIE SIND REALISTISCH ... TODD UND DIE BRÜHE FRISST SICH DURCH ZUM BAUCH!
N
IC
MENGE HOLT UNS DEN PIRELLI!
TOBIAS JA, NUR NOCH WENIG VON DEN FLASCHEN GIBT ES, JEDE DAME LIEBT ES.
MRS. LOVETT
FLIEGEN AUCH!
(Die MENGE lacht laut.)
MENGE GIB SOFORT DAS GELD UNS WIEDER! GIB SOFORT DAS GELD UNS WIEDER!
TOBIAS (frenetisch schnell, sieht verzweifelt zum Vorhang) NUR PIRELLI Seite 26
SWEENEY TODD
HILFT IN ALLEN FÄLLEN, DENN AN ALLEN STELLEN WÄCHST DAS HAAR. DURCH PIRELLI KRIEGT IHR WUSCHELKÖPFE, MÄDCHEN LANGE ZÖPFE. DAS IST WAHR!
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NUR PIRELLI MACHT AUS EIN PAAR STRÄHNEN WAHRE LÖWENMÄHNEN. SEHT NUR HER! NUR PIRELLIS AQUA CAPILLARE SCHENKT EUCH NEUE HAARE. MÄNNER GIB SCHON UNSER GELD HER!
TOBIAS ‘S GRENZT ANS WUNDERBARE!
MENGE (Einzelne, die schließlich gemeinsam skandieren) GIB SCHON UNSER GELD HER! (JA,) WO STECKT DER PIRELLI? GEH UND HOL PIRELLI! GIB SOFORT DAS GELD HER! TOBIAS WERDET IHR NOCH DREISTER, RUF ZU HILFE ICH DEN MEISTER, DER GEMISCHT DEN KLEISTER.
N
IC
MENGE ABER SCHNELL JETZT! WO STECKT DER PIRELLI?
TOBIAS (reißt verzweifelt den Vorhang zur Seite. Dahinter erscheint PIRELLI, ein extravaganter Italiener in einem glitzernden Anzug, mit dichtem, gewellten Haar und einem strahlenden Lächeln. Die LEUTE sind verblüfft, und es wird still. TOBIAS gibt erschöpft die Verantwortung an ihn ab.) DA IST ER!
Nr. 9a – PIRELLIS AUFTRITT
PIRELLI (verbeugt sich und verharrt für einen Moment in einer grandesken Pose. In der einen Hand hält er ein verziertes Rasiermesser, in der anderen eine unheilschwanger aussehende Zahnzange.) ICK BIN RUDOLFO PIRELLI, BARBIER VON DIE KÖNIG
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UND KÖNIG VON ALLE BARBIER. MEINE GRUSS! EIN KUSS FÜR DIE MISS! (Er wirft einer jungen Frau einen Luftkuss zu.) UND ICK, DIE BERÜHMTE PIRELLI, ICK WOLLEN JETZT WISSEN, WER HATTE DIE NERVE UND SAGT, MEINE MITTEL IS PISS!? WER SAGT DISS? TODD Ich! Ich sage das. (hält eine Flasche des Elixirs hoch) Ich bin Mr. Sweeney Todd. Ich habe eine dieser Flaschen geöffnet und behaupte, dieses Zeug ist ein ausgemachter Schwindel, zusammengerührt aus Pisse und Tinte. (MRS. LOVETT nimmt ihm die Flasche aus der Hand und riecht daran.)
MRS. LOVETT Er hat recht. Puh! Da kann man sein Geld genauso gut aus dem Fenster werfen.
(Sie wirft die Flasche zu Boden. Die SCHAULUSTIGEN machen vor Erregung Ah und Oh.)
TOBIAS (schlägt erregt auf die Trommel) Ladys und Gentlemen, hört nicht auf die Verrückten! Wer will als Erster eine exzellente Rasur? TODD
N
IC
(geht dazwischen) Und noch etwas – Maestro! (funkelt PIRELLI an) Ich habe keine Könige bedient, doch ich wette mit Ihnen, dass ich jeden Bart besser rasiere und jeden Zahn schneller ziehe als irgendein hergelaufener Quacksalber. (hält sein Rasieretui hoch, damit die MENGE es sehen kann) Sehen Sie diese Klinge? MRS. LOVETT
Die beste von England!
TODD
(zu PIRELLI) Ich wette fünf Pfund, dass Sie es mit mir nicht aufnehmen können. Hören Sie? Nehmen Sie die Herausforderung an oder geben Sie zu, dass Sie ein Betrüger sind. MRS. LOVETT
Bravo! (Die MENGE stimmt lachend und johlend zu – offenbar ist sie auf TODDs Seite. PIRELLI verschafft sich imposant Ruhe. Er stolziert zu TODD, nimmt das Etui, öffnet es und inspiziert sorgfältig die Rasiermesser.)
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SWEENEY TODD
PIRELLI (mit einem ziemlich offensichtlich antrainierten Akzent, ohne den darunterliegenden irischen Zungenschlag wirklich zu verbergen.) Das sein in der Tat eine sehr feine Messer. Wer so was einmal hat gesehen, der wird nickt so leicht es vergessen. (nimmt ein Instrument zum Zähneziehen heraus) Und auch ein ’übsche Zahnzange! Sie setze diss gegen fünf Pfund? TODD
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So ist es!
TODD
(schaut in die MENGE) Freunde, Nachbarn, wer möchte eine Gratisrasur? MANN 1
(tritt eifrig vor) Ich, Mr. Todd!
MANN 2
(tritt gleichfalls vor) Und ich, Sir!
TODD
Hierher! Bringt mir einen Schemel!
PIRELLI
(zu TOBIAS) Junge, her mit die Becken und die Handtuker.
TOBIAS
Ja, Sir.
PIRELLI
Snell!
(Er gibt TOBIAS einen Tritt. Der Junge eilt zu dem Wagen.)
N
IC
TODD Büttel Bamford, macht Ihr uns den Schiedsrichter?
BÜTTEL Ich schätze mich – wie immer – glücklich, meinen Freunden und Nachbarn gefällig zu sein. (Während ein anderer MANN mit einem Schemel kommt und TOBIAS mit Wasserschüssel und Handtüchern aus dem Wagen tritt, übernimmt der BÜTTEL die Leitung des Wettbewerbs. Er weist einen MANN an, den Schemel zu platzieren.) Dorthin.
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SWEENEY TODD
(MANN 1 setzt sich auf TODDs Schemel. MANN 2 wird auf PIRELLIs Schemel gesetzt. PIRELLI breitet mit großem Getue einen schicken Rasiermantel um seinen Klienten. TODD verwendet dazu ein gewöhnliches Handtuch.) BÜTTEL Fertig? PIRELLI Fertig. TODD
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Fertig.
BÜTTEL Gewinner ist, wer am schnellsten und glattesten rasiert.
(Mit seiner Trillerpfeife gibt er das Zeichen zum Beginn. Die Musik spiegelt die Anspannung wider. PIRELLI schärft mit hektischer Eile sein Messer. TODD schleift mit stoischer Ruhe sein Messer. PIRELLI blickt des Öfteren ängstlich auf TODDs Fortschritte bei der Vorbereitung der Rasur. Er beginnt Seifenschaum zu schlagen.)
Nr. 10 – DER WETTBEWERB Teil 1
N
IC
PIRELLI
(grimmig zur MENGE) NUN, SIGNORINI, SIGNORI! ERST MIX ICK DIE SCHAUM – DOCH SIE SEHE JA KAUM! (winkt eine kleine Person vor) KOMM’ SIE HER, SIGNORINI, SIGNORI! SIE SEHE DIE MANN, WAS GEHABT HAT DIE GLORIE, RASIERE DIE PAPST. (beginnt, seinen Klienten einzuseifen) MISTER SWEENEY, SO KLUG, (verbeugt sich sarkastisch Richtung TODD) ER WIRD SAGEN, ‘S IST LUG, WEIL ER DAMALS NUR WAR KARDINAL, WIE ICH IHN HAB GESCHABST. DOCH JETZT IST ER PAPST.
(Erstaunlicherweise macht TODD immer noch keine Anstalten, seinen Klienten zu rasieren. Er beobachtet lediglich PIRELLIs Show. PIRELLI glaubt jetzt, sich Zeit nehmen zu können, und singt gefühlvoll unter rhythmischem Schaben und ausladenden Rasierbewegungen.) (PIRELLI)
RASIERE GESICHT UND ZIEHE DIE ZAHN. SO LEICHT IS DAS NICHT, KEIN SCHARLATAN KANN. WENN DU NICHT GEWITZT,
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DU RITZT DAS KINN, BLUT SPRITZEN DAHIN, DU SITZEN MIT NIX GEWINN. IS AUCH NIX HUMAN. (TODD schärft sein Rasiermesser langsam am Streichriemen und bringt so PIRELLI aus der Fassung und zieht die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich.) DIE WANGEN RASIERT MAN RICHTIG IM KREIS, DAMIT NIX PASSIERT UND DASS ICH NICHT REISS, DENN SONST IS ES SCHEISS, WIE JEDER WOHL WEISS. ICK HAB DAS STUDIERT ALS JUNGE MANN. (TODD beginnt langsam, Schaum zu schlagen.)
(PIRELLI) ICK SNEIDE DIE HAAR – BEZAHLT WIRD IN BAR – ICK MACHEN RASUREN OHNE BLESSUREN. DENN DAS TALENT, DAS WURDE IN DIE WIEGE MIR GELEGT VON GOTT! MAN BRAUCHT DA SEHR VIEL, MUSS KENNEN DIE DREH. MAN BRAUCHT DIE GEFÜHL, SONST TUT ES SEHR WEH. ICK BIN, WIE IHR SEHT, DIE KAPAZITÄT!
(TODD hat inzwischen mit ein paar schnellen Bewegungen seinen Kunden eingeseift und rasiert. ER winkt dem BÜTTEL, der die Arbeit begutachtet.) BÜTTEL
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IC
(bläst in seine Trillerpfeife) Der Sieger ist Todd!
MRS. LOVETT (streicht TODDs Klienten über die Wange) Zart wie ein Babyarsch. (Die MENGE johlt.)
OPTIONALER STRICH. Wenn Nr. 10a „Der Wettbewerb Teil 2“ gestrichen werden soll, so kann direkt auf deren Ende gesprungen werden. TODD
(schaut umher) Und jetzt ... wer will einen Zahn gezogen bekommen? Kostenlos!
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MANN (mit Verband um das Gesicht) Ich, Sir! Ich! (ER läuft zu dem Stuhl, den der rasierte Mann eben freigemacht hat.) TODD
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(schaut umher) Noch jemand? (Stille in der Menge.) Nein? Niemand? (wendet sich an den BÜTTEL) Nun, Sir, da niemand hier einen zweiten Beweis meiner Kunstfertigkeit verlangt, fordere ich die fünf Pfund. MRS. LOVETT
Auf die er Anspruch hat! (zur Menge) Richtig?
(Die Menge applaudiert.)
PIRELLI
Wartet! Einen Moment. Wartet! (ER wendet sich an TOBIAS) Du, Bursche. Komm zu diesem Stuhl.
TOBIAS
(verängstigt) Ich, Signor? Oh, keinen Zahn, Sir, ich flehe Sie an! Ich spüre kein Stechen. Nicht den winzigsten Schmerz. Ich …
N
IC
PIRELLI (gibt ihm eine schwungvolle Ohrfeige) Jetzt spürst du! (zwingt ihn gewaltsam in den Stuhl. Wendet sich an die Menge.) Wir werden sehen, wer jetzt die Sieger is. Dieser Mister Todd ... oder der große Pirelli. BÜTTEL
Fertig?
PIRELLI
Fertig.
TODD
Fertig.
Nr. 10a – DER WETTBEWERB Teil 2 (optional) (Der BÜTTEL bläst in seine Pfeife. Während TODD sogar noch gleichgültiger als vorher nur bei seinem Patienten steht, zwingt PIRELLI TOBIAS seinen Mund zu öffnen und schwingt drohend die Zahnzange. ER schaut in den Mund, Seite 32
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wählt einen Zahn, stößt die Zange in den Mund und beginnt zu ziehen, während er mit geheuchelter Harmlosigkeit singt. TOBIAS jammert und schreit – auf musikalische Weise.)
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PIRELLI ZU ZIEH’N EINE ZAHN, VERLANGT VIEL GEFÜHL UND AUCH EINE PLAN – (zu dem sich windenden TOBIAS) SO HALTE DOCH STILL! (zur MENGE) DAS BIEST, DAS DU ZIEHST, VERGISST, DU BIST EIN HIT, BIST FIT, GEWITZT, DU SCHWITZT ZWAR ERHITZT, DOCH KENNST DEINE ZIEL.
WENN RAUS IST DIE ZAHN MIT ROHE GEWALT, DA ZEIGT SICH ALSBALD, ES BLEIBT EINE SPALT. DOCH KENN’ ICH KEIN HALT, DIE FÄUSTE GEBALLT, (schaut TODD schelmisch an) UND IST KUNDE ALT, KOMMT MANCHMAL GEBRÜLL! (PIRELLI zieht die Zange zurück und zwingt TOBIAS, dessen Wehgeschrei lauter wird, in eine neue Position. TODD schaut weiterhin zu.) GEBEUGT MUSS ICH STEH’, DIE RÜCKEN TUN WEH. MIT ALL DIESE SCHMERZEN (er hält mit der Hand TOBIAS’ Mund zu) IST NICHT ZU SCHERZEN, ICH LEIDE ... (zu dem stöhnenden TOBIAS) NICHT BRÜLLEN! DU SCHREIEN, ALS WILL ICH DICH KILLEN. (zur MENGE mit gezwungenem Lächeln) DER IST WIEDER NACH ZWEI, DREI PILLEN WOHLAUF! (nimmt seine Hand weg und führt die Zange wieder ein) DIE ZANGE ICH PACK’ ... IS’ NICH’ TRIVIAL! Seite 33
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DANN REISSE ICH – ZACK! UND AUS IST DIE QUAL! ICH TU’ ES MIT STIL UND SIEGE IM SPIEL ... (Während PIRELLI den Ton hält, steht TODD immer noch da und schaut zu. Dann nimmt er elegant den Lappen vom Mund des Patienten, öffnet dessen Mund, schaut hinein, und mit einer einzigen geschickten Bewegung der Zahnzange zieht er den Zahn und hält ihn für die MENGE in die Höhe. Der BÜTTEL bläst in seine Trillerpfeife. Die MENGE grölt begeistert. PIRELLI wird mitten in seinem langen, hohen Ton unterbrochen, sieht den gezogenen Zahn in TODDs Hand und resigniert.) UND GEBE JETZT AUF. TODDS PATIENT
(springt vom Stuhl auf) Keine Spur von Schmerz! Keine Spur!
MRS. LOVETT Dieser Mann ist ein verdammtes Wunder! BÜTTEL
(strahlt TODD an) Der zweifache Gewinner: Mister Sweeney Todd.
(PIRELLI belässt den Zahn ungezogen in TOBIAS’ Mund. Er geht, seine Würde imposant bewahrend, zu TODD.)
Hier geht es weiter, wenn man sich für den Strich von Nr. 10a entscheidet. PIRELLI
(verneigt sich tief) Sir, ich verneige mich vor Eurer Kunstfertigkeit, die überlegen ist der meinigen. TODD
Die fünf Pfund!
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IC
PIRELLI (zieht seine ziemlich extravagante Börse hervor und holt fünf Pfund heraus) Hier, Sir. Und möge der liebe Gott Euch beschützen – bis wir uns wiedersehen. (zu TOBIAS) Los, Junge! (verbeugt sich vor der MENGE) Signori! Bellissime signorine! Buon giorno! Buon giorno a tutti! (Er tritt TOBIAS vor ihm und verschwindet im Wagen, den TOBIAS wie ein Pferd vom Platz zieht.) MRS. LOVETT
(zu TODD) Wer hätte das gedacht? Ihr habt es geschafft! (Die MENGE schart sich um TODD.)
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SWEENEY TODD
MANN (MIT KAPPE) Sir, haben Sie auch ein eigenes Geschäft? MRS. LOVETT Natürlich hat er das! Sweeney Todds Barbiersalon – direkt über Mrs. Lovetts Pastetenbäckerei, in der Fleet Street. (Der BÜTTEL kommt – irgendwie bedrohlich – auf sie zu.)
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BÜTTEL Mr. Todd! Es ist eigenartig, Sir, aber irgendwie kommt Euer Gesicht mir bekannt vor. Sind wir uns schon begegnet? MRS. LOVETT (kaschiert ihre Angst, aufzufliegen) Ihm? Dass ich nicht lache! Er ist der Cousin eines Onkels von mir und ist erst gestern aus Birmingham angekommen. TODD
(sehr ruhig) Aber ich habe bereits gehört, wie die Leute mit besonderem Respekt von Büttel Bamford sprechen.
BÜTTEL (Welchen Verdacht er auch gehabt haben mag, er ist durch die Schmeichelei verflogen.) Nun – ich tue mein Möglichstes für meine lieben Nachbarn. (zu MRS. LOVETT) Fleet Street? Über Ihrem Pastetenladen, Ma’am? MRS. LOVETT
So ist es.
BÜTTEL Also, Mr. Todd – Sie werden mich sicher noch vor Ende der Woche dort sehen. TODD
N
IC
(ausdruckslos) Ihr seid willkommen, Büttel Bamford, zu einer Gratisrasur. Die schärfste, die Ihr jemals bekommen habt.
(MRS. LOVETT nimmt TODDs Arm und geht mit ihm ab, während die Szene dunkler wird.)
AKT I, SZENE 4A
(Im Zwielicht erscheint die BETTLERIN mit anderen Mitgliedern des ENSEMBLEs.)
Nr. 10b – BALLADE VON SWEENEY TODD MITGLIEDER DES ENSEMBLES SWEENEY GRÜBELTE UND PERFEKT HAT DEN PLAN ER SICH AUSGEHECKT. KÖDER GELEGT, FALLE GESTELLT, Seite 35
SWEENEY TODD
IN DIE DER BÜTTEL MIT SICHERHEIT FÄLLT. SCHLAU UND FINDIG GING SWEENEY VOR UND VOLLENDETE, WAS ER SCHWOR. RUHIGEN BLUTS SCHLIFF ER DIE KLINGE, AUF DASS DER RICHTER DRÜBER SPRINGE.
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FRAUEN SWEENEY GRÜBELTE UND PERFEKT HAT DEN PLAN ER SICH AUSGEHECKT. SCHLAU UND FINDIG WAR SWEENEY TODD. SWEENEY! SWEENEY! TENÖRE RUHIGEN BLUTS SCHLIFF ER DIE KLINGE, AUF DASS DER RICHTER DRÜBER SPRINGE. SWEENEY!
BÄSSE RUHIGEN BLUTS SCHLIFF ER DIE KLINGE, AUF DASS DER RICHTER DRÜBER SPRINGE. SCHLAU UND FINDIG WAR SWEENEY TODD. SPIELTE SICHER SEIN SPIEL, SEIN TEUFLISCHES SPIEL. JA, DAS TAT SWEENEY!
OPTIONALER STRICH – Die folgende Szene wurde bei den Previews der New Yorker Original-Produktion gestrichen, da das Stück zu lang schien. Sie wird hier trotzdem abgedruckt, da die Autoren der Ansicht sind, dass sie hilft, den Charakter von RICHTER TURPIN schärfer zu zeichnen.
AKT I, SZENE 5
(Im Haus des Richters. RICHTER TURPIN trägt seine Amtsrobe und hält eine Bibel in der Hand. Im Nebenzimmer sitzt JOHANNA und näht.)
N
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Nr. 11 – JOHANNA [Richter]
RICHTER MEA CULPA, MEA CULPA, MEA MAXIMA CULPA, MEA MAXIMA, MAXIMA CULPA. GOTT, BEFREIE MICH! ERLÖSE MICH! VERGIB MIR UND ZÜGLE MICH! UND HILF MIR! (späht durchs Schlüsselloch in JOHANNAs Zimmer) JOHANNA, JOHANNA, MIT EINEMMAL ERWACHSEN. DAS LICHT FÄLLT DURCH DEIN FENSTER UND BOHRT SICH IN DEIN KLEID.
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JOHANNA, JOHANNA, IM SONNENLICHT ERSTRAHLEN DEINE … (Beschämt wendet er sich vom Schlüsselloch ab.) NEIN! GOTT! ERLÖSE MICH! (sinkt auf die Knie) BEFREIE MICH! (reißt seine Robe auf) FORT! FORT! FORT! (nimmt mit nun entblößtem Oberkörper eine Geißel) JOHANNA, JOHANNA, ICH STEH BESCHÄMT IM SCHATTEN. DU SIEHST AUS DEINEM FENSTER HINUNTER AUF DIE STADT. DEIN MUND LOCKT, JOHANNA, SO JUNG UND ZART UND WUNDERSCHÖN. (peitscht sich) GOTT! (peitscht sich wieder und wieder, während er weitersingt) BEFREIE MICH! SCHMUTZ! UNFLAT!
JOHANNA, JOHANNA, ICH HABE DICH BEHÜTET, GELIEBT WIE EINE TOCHTER. DU QUÄLST MICH, JOHANNA, VERFÜHRST IN ALLER UNSCHULD MICH UND FÜHRST MICH IN VERSUCHUNG MIT … (peitscht sich) NEIN! (wieder und wieder) GOTT! ERLÖSE MICH! JETZT IST SCHLUSS! AUS! JETZT IST SCHLUSS! GLEICH JETZT! GLEICH JETZT! GLEICH JETZT! (Er hat sich wieder beruhigt, bewegt sich auf Knien wieder zur Tür und starrt erneut durchs Schlüsselloch.) JOHANNA, JOHANNA, WIE KANN ICH DICH NUR HALTEN? Seite 37
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DIE WELT VOR DEINEM FENSTER, SIE LOCKT DICH FORT VON MIR. DU REIZT MICH, JOHANNA, WEIL DU JETZT EINE FRAU BIST. NICHT LÄNGER MEHR ERTRAG ICH DAS! (peitscht sich wieder in Ekstase) GOTT! BEFREIE MICH! GOTT! ERHÖRE MICH! GOTT! SO HILF MIR! (kommt zum Höhepunkt) GOTT! (Keuchend kommt er zur Ruhe; als er sich wieder unter Kontrolle hat, beginnt er sich anzuziehen.) JOHANNA, JOHANNA, DU BLEIBST BEI MIR FÜR IMMER. WIRST MORGEN MEINE GATTIN. JOHANNA, JOHANNA, DER WELT BLEIBST DU VERBORGEN. DIE HOCHZEIT IST SCHON MORGEN. UND BALD SCHON, JOHANNA, ERFÜLLST DU MEINE EINSAMKEIT, WENN VOR MIR STATT DER TOCHTER EINE FRAU STEHT! (Er ist jetzt wieder vollständig bekleidet.) JOHANNA, JOHANNA, GEHÖRST DANN MIR FÜR ALLEZEIT! SOLLST NIE MEHR VOR DEM FENSTER STEH’N. KOMM, ERLÖSE MICH, JOHANNA, VON DEM HEISSEN, ROTEN TEUFEL MIT DEINER SANFTEN, WEISSEN, KÜHLEN, REINEN HAND ...
(Wieder ganz Respektsperson, nimmt er die Bibel in die Hand und öffnet mit einem Schlüssel die Tür zu JOHANNAs Zimmer. Den Schlüssel lässt er stecken. JOHANNA springt auf.) JOHANNA Vater!
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RICHTER Ich hoffe, dass du nicht wieder am Fenster warst. JOHANNA (Während er dies sagt, fällt ihr Blick auf den Schlüssel im Schloss.) Wie könnte ich? Seit drei Tagen habt Ihr es fest verschlossen.
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RICHTER Wie gut, dass ich diese Vorsichtsmaßnahme ergriff, denn dieser gewissenlose, junge Seemann trieb sich schon wieder hier herum. Mehr als zehn Mal wurde er schon weggejagt, trotzdem ... (unterbricht sich und sieht sie lüstern an) Wie süß du wieder aussiehst in deinem hübschen, neuen Kleid. JOHANNA
Es ist alt, Vater. Ihr kennt es längst.
RICHTER Aber du siehst darin jung und schön aus wie wie ein Engel ... Oh, ich darf gar nicht daran denken ... JOHANNA (nähert sich vorsichtig der Tür) Woran, Vater?
RICHTER Dass du diesen frechen Bengel womöglich ermutigt hast ... JOHANNA
(zieht heimlich den Schlüssel ab und versteckt ihn in ihrem Kleid.) Ich? Wie könnt Ihr so etwas glauben? Ihr habt mich doch zu Gehorsam und Bescheidenheit erzogen und mich stets vor der Schlechtigkeit der Männer gewarnt. RICHTER Vor zügellosen jungen Männern, die nur einen Gedanken im Kopf haben. Doch es gibt auch andere, ehrbare Männer mit feiner Lebensart. Ich denke da an jemand Bestimmten. JOHANNA
N
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Ja?
RICHTER Einen Mann, der dich schützt vor den Gefahren dieser Welt, der dich verständnisvoll begleitet und führt auf dem schwierigen Weg vom Mädchen zur Frau – Ehemann, Beschützer – und nicht zuletzt – ein guter Liebhaber. Ein Mann, der sich über all die Jahre deine Liebe auch verdient hat. (ER fällt vor JOHANNA auf die Knie.)
JOHANNA
(verblüfft) Ihr?!! (Blackout.) Wenn Nr. 11 – „Johanna“ gestrichen wird, geht es an dieser Stelle weiter.
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AKT I, SZENE 6 (MRS. LOVETTs Pasteten-Laden erscheint im Licht, und das Zimmer darüber, das inzwischen kärglich möbliert ist: ein Stuhl, eine Waschschüssel und eine große Truhe. Am Fuß der Treppe ein neues Barbierschild und eine Glocke. TODD wandert unruhig in seinem Zimmer auf und ab. MRS. LOVETT kommt eilig aus dem Laden mit einem Stuhl. Die BETTLERIN kommt ihr in den Weg.)
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Nr. 12 – WART’ BETTLERIN HELFT! HELFT EINER ELENDEN… MRS. LOVETT
(äfft sie nach) Helft, helft ... (Weiter Musik) Wie oft hab ich dir schon gesagt, dass ich Gesindel wie dich nicht hier herumhängen haben will, vor meinem Geschäft! BETTLERIN Nur einen Penny – oder eine Pastete? Eine von deinen Pasteten, von denen die halbe Nachbarschaft Magenkrämpfe hat! (lacht kreischend) Komm schon, hab ein Herz! MRS. LOVETT Verschwinde, oder du fängst einen Tritt, dass dir die Zähne klappern! BETTLERIN
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(verschwindet) HELFT! HELFT EINER ELENDEN ARMEN!
(MRS. LOVETT geht mit dem Stuhl die Treppe hinauf. Vorher läutet sie die Glocke, um sich anzukündigen. TODD reagiert alarmiert und schnappt sich das Rasiermesser. Die Musik wird erregter. Als er sieht, dass es nur MRS. LOVETT ist, beruhigt er sich. MRS. LOVETT verhält sich ihm gegenüber nun sehr besitzergreifend.)
MRS. LOVETT Er ist nicht besonders, aber besser als nichts – bis Ihr Euren neuen Sessel kriegt. Das war der Stuhl von meinem armen Albert. Er ist den ganzen Tag lang da dringesessen, seit ihm das Wasser in den Beinen so zu schaffen gemacht hat. (sieht sich in Raum um.) Noch nicht sehr gemütlich, was? So kahle Räume hab ich noch nie leiden können. Na, es wird sich schon noch irgendein hübscher Schnickschnack finden. TODD Warum kommt der Büttel nicht? „Noch vor Ende der Woche“, hat er gesagt. MRS. LOVETT Na und? Ist die Woche um? Es ist erst Dienstag.
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(als TODD weiter unruhig hin- und herläuft) NIMM ES LEICHT, SEI GESCHEIT, NICHT MEHR LANG, UND ES IST SO WEIT. DU HAST NOCH REICHLICH ZEIT ... WART’! (TODD läuft weiter hin und her.) HANDLE NICHT NACH GEFÜHL. DAVON HAST DU JETZT VIEL ZU VIEL. FASSE DICH UND BLEIB KÜHL ... WART’. (TODD beruhigt sich allmählich.) MANCHMAL DENK ICH, BLUMEN – GÄNSEBLÜMCHEN – DIE MACHTEN SICH HIER GUT. JA, ICH GLAUBE, BLUMEN – GÄNSEBLÜMCHEN – DÄMPFEN DEINE WUT. (da TODD nicht reagiert) GEDULD, SCHATZ. WART’. TODD
(heftig) Und der Richter? Wann krieg ich den?
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MRS. LOVETT Könnt Ihr denn nichts anderes denken? Dauernd diese Grübelei über irgendein Unglück, das geschehen ist vor weiß der Himmel wie viel Jahren! (TODD wendet sich höhnisch ab.) LANGSAM SCHATZ, NUR GEMACH. DENK JETZT NUR NICHT AN DEINE SCHMACH. BESSER WIRD’S NACH UND NACH ... WART’! (TODD beruhigt sich wieder.) WEISST DU NICHT, DUMMER MANN, PLANEN IST DOCH DAS SCHÖNSTE DRAN. ERNTEN KANN NUR, WER WARTEN KANN. WART’.
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(sieht sich im Zimmer um) WÄREN NICHT LEVKOJEN SCHÖNER NOCH ALS GÄNSEBLÜMCHEN? HMM, WAS MEINST DU? TODD (hat gar nicht zugehört) Ja.
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MRS. LOVETT (nimmt ihm sanft das Rasiermesser aus der Hand) Levkojen würde ich sagen. Es gibt nichts Schöneres als eine Vase mit Levkojen. (ANTHONY kommt währenddessen die Straße entlang. Er sieht das Barbierschild und bleibt stehen. Er läutet die Glocke und rennt die Treppe hinauf. TODD ist sofort wie elektrisiert. Auch MRS. LOVETT wird davon angesteckt. Sie gibt ihm schnell das Messer wieder. Da stürmt ANTHONY enthusiastisch durch die Tür.) TODD
Anthony.
ANTHONY Mr. Todd! Mehr als ein Dutzend Mal habe ich die Fleet Street abgesucht – und jetzt finde ich das Schild. Also wieder im Geschäft? TODD
Ja.
ANTHONY
Gratuliere. Und – äh – (sieht MRS. LOVETT an)
MRS. LOVETT
Mrs. Lovett, Sir.
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ANTHONY Freut mich, Ma’am. Oh, Mr. Todd ich muss Ihnen so viel erzählen. Ich habe das wunderbarste Mädchen gefunden. Ein Mädchen, von dem ein Mann nur träumen kann. Aber da gibt es Probleme. Sie wird streng bewacht. Von einem Tyrannen, der sie vor aller Augen verborgen hält. Aber heute Morgen ist dieser Schlüssel durch ihren Fensterladen gefallen. (hält JOHANNAs Schlüssel hoch) Ein sicheres Zeichen, dass Johanna mich liebt und … MRS. LOVETT
Johanna?
ANTHONY Ja, das ist ihr Name. Und Turpin heißt der schreckliche Vormund. Ein Richter, glaube ich. Aber, wie schon gesagt, ein grausamer Tyrann. Oh, Mr. Todd, wenn der Richter ins Amt gegangen ist, schleiche ich mich ins Haus und überrede Johanna, mit mir zu fliehen – noch heute Nacht. Aber wohin kann ich sie bringen, bis ich einen Wagen
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gefunden habe, der uns heim nach Plymouth fährt? Oh, Mr. Todd – könnte ich sie nicht hier bei Ihnen verstecken? Nur für ein oder zwei Stunden? (Er blickt den unergründlich vor sich hinstarrenden TODD an.) MRS. LOVETT (nach einer kurzen Pause) Bring sie her, mein Junge.
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ANTHONY Oh, danke, Ma’am. Ich danke Ihnen! (zu TODD) Habe ich Ihre Erlaubnis, Mr. Todd? TODD
(nach einer Pause) Das Mädchen soll kommen.
(ANTHONY ergreift seine Hand und schüttelt sie, dann wendet er sich zu MRS. LOVETT, um auch ihre zu schütteln.)
ANTHONY Ich werde Ihnen ewig dafür dankbar sein. Jetzt muss ich mich beeilen. Der Richter wird sicher schon weg sein, bei Gericht. (geht zur Tür) Nochmals vielen Dank Ihnen beiden! (Er läuft eilig über die Treppe weg.)
MRS. LOVETT Johanna! Wer hätte das gedacht! So ist das Schicksal. Ihr habt sie wieder, ehe der Tag um ist. TODD Für ein paar Stunden. Bevor er sie wieder mit sich nimmt, ans andere Ende von England.
N
IC
MRS. LOVETT Ach, der Seemann! Lass ihn sie erst einmal hierherbringen, und wo Ihr doch ohnehin nicht mehr erwarten könnt … (macht eine Geste des Kehle-Durchschneidens) Da habt Ihr Eure Kehle zum Aufschlitzen. Oh, Mr. Todd, wir werden ihr ein schönes Zuhause bereiten. Ihr und ich. Das arme Ding! All die Jahre kein bisschen Mutterliebe! Das wird sich bald ändern. Wenn es jemals ein liebendes Mutterherz gab, dann das meine. (Währenddessen ist PIRELLI mit TOBIAS auf der Straße erschienen. Sie sehen das Barbierschild und steigen, ohne zu läuten, die Treppe hinauf. In dem Moment, da MRS. LOVETT sich kokett zu TODD beugt, tauchen PIRELLI und TOBIAS plötzlich in der Tür auf. TODD weicht heftig zurück und lässt MRS. LOVETT stehen.)
PIRELLI (mit einer Verbeugung im italienischen Stil) Einen guten Morgen, Mr. Todd – und auch Ihnen, bellissima Signora!
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(küsst ihr die Hand.) MRS. LOVETT Oh, danke – Wie geht es Ihnen, Signor? PIRELLI Eine kleine Geschäft mit die Mister Todd, Signora, wenn Sie vielleicht geben würden Erlaubnis.
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MRS. LOVETT Oh ja, natürlich! Ich muss sowieso hinunter zu meinen Pasteten! (zu TOBIAS) Na, schaut mir den an! Sieht nicht so aus, als ob er irgendwann in letzter Zeit ein freundliches Wort gehört hätte. (strahlt ihn an) Was würdest du zu einer schönen, saftigen Pastete sagen, mein Kind? Ich hoffe, du hast starke Zähne? TOBIAS
Oh ja, Ma’am!
MRS. LOVETT
(nimmt ihn an der Hand) Dann komm mit mir. (geht mit ihm nach unten zum Laden)
PIRELLI
Mr. Todd.
TODD
Signor Pirelli.
PIRELLI
N
IC
(spricht plötzlich ohne Akzent) Das ist mein Künstlername. Ich bin Danny – Daniel O’Higgins. (sieht sich um) Schaut noch ein bisschen traurig und leer aus, dein Salon. Aber du wirst ihn schon noch herausputzen, nehm’ ich an. (streckt TODD die offene Hand hin) Ich hätte gern meine fünf Pfund zurück – wenn’s dir nichts ausmacht. TODD
Warum?
(Unten im Geschäft stellt MRS. LOVETT TOBIAS einen Schemel hin und gibt ihm eine Pastete, die er heißhungrig verschlingt.)
MRS. LOVETT Da, mein Kleiner – lass es dir schmecken!
PIRELLI Das wird mich über Wasser halten, bis bei dir das Geschäft anläuft. Und dann krieg ich von dir die Hälfte von allem, was du einnimmst. Jede Woche – Freitag. Halbe halbe. Alles klar? – Mr. Benjamin Barker?
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TODD (sehr ruhig) Warum nennt Ihr mich so? MRS. LOVETT (streicht TOBIAS durch die wallenden Locken) Na, du hast ja eine ganz schöne Haarpracht auf deinem Kopf.
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TOBIAS Ja, Ma’am ... aber, um die Wahrheit zu sagen, Ma’am… (Er zieht die „Locken“ vom Kopf, die sich als Perücke erweisen. Dabei kommt seine echte Kurzhaarfrisur zum Vorschein.) Es ist ganz schön heiß. (TOBIAS isst weiter. Oben nimmt PIRELLI ein Rasiermesser und öffnet es.)
PIRELLI Du kannst dich nicht an mich erinnern? Warum solltest du auch? Ich war ja nur ein heruntergekommenes, armes Schwein aus Irland, das du für ein paar Wochen aufgenommen hast, um die Haare zusammenzukehren – und ähnliche Drecksarbeit. (hält das Rasiermesser hoch) Aber ich erinnere mich daran – und an dich. Benjamin Barker. Später verbannt nach Australien – lebenslänglich. Na, was ist, Mr. Todd? Sind wir im Geschäft oder soll ich gehen und meinem Freund, dem Büttel Bamford, einen Tipp geben? (Ziemlich lange starrt TODD ihn an.) Nr. 12a – Pirellis Tod
(PIRELLI)
N
IC
(boshaft) DU GLAUBST, DU GESCHEIT? DU DUMME PERSON! ICH WEISS, DU WIRST HEUT’ NOCH MEIN KOMPAGNON. WAS STARRST DU MICH AN? GEFÄLLT DIR DER PLAN?
(Wieder wird er bei seiner hohen Note unterbrochen. TODD schlägt PIRELLI das Messer aus der Hand und würgt ihn.)
TOBIAS (unten; ohne dass er ahnt, was oben geschieht) Oje! Er hat ja eine Verabredung beim Schneider! Wenn er zu spät kommt und ich schuld bin – Ihr kennt ihn nicht. (Er springt auf und will hinauslaufen.)
MRS. LOVETT Kann auch darauf verzichten.
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(TODD würgt PIRELLI weiter in heftigem Kampf.) TOBIAS (läuft die Treppe hinauf) Signor! Es ist spät! Der Schneider, Sir! (erinnert sich) Oh, meine Perücke.
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(Er rennt wieder hinunter und holt die Perücke. TODD hat, als er TOBIAS rufen hört, in Panik um sich geschaut und dann PIRELLI in die Truhe verfrachtet. Gerade als er den Deckel schließt, kommt TOBIAS ins Zimmer. Eine Hand PIRELLIS hängt noch aus der Truhe.)
Nr. 12b – Pirellis Tod Underscore
TOBIAS Signor! Ich tu nur, was Ihr gesagt habt. Ich sollte Euch erinnern. Der Schneider! – Oh, er ist nicht da. TODD
Signor Pirelli wurde – abberufen.
TOBIAS
Wohin ist er denn gegangen?
TODD Er hat es mir nicht gesagt. Am besten, du läufst ihm nach.
TOBIAS Oh nein, Sir. Ich kenn ihn! Es ist besser, ich warte hier auf ihn.
(ER setzt sich auf die Truhe, ohne PIRELLIS Hand zu bemerken, die sich ab und zu noch schwach bewegt. TODD sieht dies allerdings. Er ist plötzlich nervös und grinst.)
TODD So – Mrs. Lovett hat dir also eine Pastete geschenkt?
N
IC
TOBIAS Ja, Sir. Sie ist wirklich eine nette Lady. Eine ganze Pastete! Oh, ja! (Seine Hand kommt gefährlich nahe an PIRELLIS Hand.)
TODD Eine ganze Pastete? Wirklich? Wie schön von ihr! Aber – weil ich Burschen wie dich kenne – bin ich sicher, dass da noch mehr hineinpasst. Hab‘ ich recht? TOBIAS
Oh, ja, Sir. (klopft sich auf den Bauch) Ein Loch ohne Boden.
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(Wieder rutscht seine Hand auf die Kiste in die Nähe von Pirellis Hand. PIRELLIs Finger bewegen sich langsam und versuchen kraftlos, TOBIAS’ Hand zu fassen. Gerade noch rechtzeitig zieht TODD TOBIAS von der Kiste.) TODD Warum gehst du denn nicht hinunter und wartest dort auf deinen Meister? Es gibt da für dich bestimmt noch mehr Pasteten. Da bin ich sicher. (Er hat einen Einfall.) Und sag Mrs. Lovett, sie soll dir ein schönes, großes Glas Gin geben!
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TOBIAS Oh, Sir! Gin! Danke, Sir! Danke! Gin! Ihr seid wirklich ein wahrer Christ. (läuft hinunter zu MRS. LOVETT) He, Ma’am! Der Herr da oben sagt, Ihr sollt mir ein schönes großes Glas Gin geben. MRS. LOVETT Gin, meine Kleiner? – Warum nicht?
(Während unten MRS. LOVETT für TOBIAS Gin einschenkt, hat, im Zimmer oben, TODD die Truhe geöffnet. Er zieht PIRELLI an den Haaren hoch und schneidet ihm die Kehle durch.)
AKT I, SZENE 6A
Nr. 12c – BALLADE VON SWEENEY TODD [Drei Tenöre] DREI TENÖRE
(treten auf und singen) ER TAT ES SCHNELL UND ROUTINIERT. SEKUNDEN NUR, UND ES WAR PASSIERT. WER SWEENEY SPOTTETE, SELBST IM SPASS, BETRACHTETE PLÖTZLICH VON UNTEN DAS GRAS. UND DAS GING ALLES ZIEMLICH FLOTT BEI SWEENEY TODD, BARBIER DES GRAUENS VON FLEET STREET.
N
IC
TENOR 1+2 WIE DEIN MESSER BLINKT, SWEENEY! SIEH, WIE ES GELINGT! DURCH DEN HALS ES LEICHTER ALS DURCH BUTTER DRINGT.
TENOR 3 WIE DEIN MESSER BLINKT, SWEENEY! SIEH, WIE ES GELINGT, WEIL ES JA DURCH DEN HALS VIEL LEICHTER ALS DURCH BUTTER DRINGT.*
AKT I, SZENE 7
(Die Ballade endet mit einem krachenden Akkord, bei dem das Licht auf RICHTER TURPIN wechselt, der seine Amtsrobe und die Richterperücke trägt. Er verurteilt gerade einen sehr jungen Burschen.) *
Alternativ: WIE DEIN MESSER BLINKT, SWEENEY! | LASS SIE ALLE FLEH’N, | BALD WIRD’S DANN | DEN HEUCHLERN AN | DEN KRAGEN GEH’N.
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RICHTER Dies ist das vierte Mal, dass Ihr hier vor diesem Gericht steht. Wenn es auch immer mein Bestreben ist, barmherzig zu richten, so sehe ich mich doch gezwungen – veranlasst, durch Euer Festhalten an einem verbrecherischen Leben, voller Abscheu für Gott und die Menschen – Euch zum Tode zu verurteilen. Ihr sollt am Halse aufgehängt werden, bis der Tod eintritt. (Er setzt sich eine schwarze Richterkappe auf. Der Verurteilte wird abgeführt.) Die Verhandlung ist geschlossen. (ER legt Talar, Kappe und Perücke ab. Zum BÜTTEL:) Vielleicht war es nicht richtig, die Verhandlung so früh zu beenden, aber der Gestank dieser erbärmlichen Kreaturen auf der Anklagebank hat meine Nase derart beleidigt, dass ich fürchten musste, mein Verlangen nach frischer Luft könnte meinen Gerechtigkeitssinn beeinträchtigen. Nr. 12d – Underscore
(Das Gericht wird dunkel. Der RICHTER und der BÜTTEL gehen gemeinsam eine Straße entlang.)
BÜTTEL Nun, Sir, das trifft sich auch glücklich für mich. Wir feiern nämlich heute den Geburtstag meiner süßen, kleinen Annie. Ihren lieben Daddy so früh schon wieder zurück zu haben, wird für sie bestimmt die Krönung dieses schönen Tages sein.
RICHTER Glückhaft auch für mich. Begleite mich nach Hause. Ich habe Neuigkeiten. Weil ich es für meine Pflicht halte, Johanna vor den Schlechtigkeiten dieser Welt zu bewahren, habe ich mich entschlossen, sie zu heiraten – nächsten Montag. BÜTTEL Oh, Sir! Das sind in der Tat erfreuliche Neuigkeiten!
IC
RICHTER Merkwürdigerweise zeigte sie, als ich ihr dies mitteilte, einen gewissen Widerstand. Aber das ist wohl normal bei einem so jungen Mädchen. Inzwischen hatte sie Zeit nachzudenken und ich bin sicher, dass sie nun die Sache in einem anderen Lichte sieht.
N
Nr. 13 – KÜSS MICH (Teil I)
(Lichtwechsel auf JOHANNAS Zimmer. ANTHONY ist bei ihr. JOHANNA läuft aufgeregt und ängstlich umher.) JOHANNA ER WILL MICH HEIRATEN MONTAG! WAS SOLL ICH TUN? WAS WIRD GESCHEH’N? ANTHONY MIR FÄLLT WAS EIN! JOHANNA WERD’ MICH VERGIFTEN AM SONNTAG, DAS WILL ICH TUN. ICH SCHLUCK’ ARSEN. Seite 48
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ANTHONY MIR FÄLLT WAS EIN! JOHANNA (hält plötzlich inne) MEIN SCHATZ, HAST DU GEHÖRT? ANTHONY EIN PLAN!
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JOHANNA ICH HAB DOCH WAS GEHÖRT! ANTHONY
EIN PLAN!
JOHANNA DAS KANN NICHT SEIN. ER IST FORT. ER IST BEI GERICHT. ICH HAB WAS GEHÖRT. HAB DOCH WAS GEHÖRT. EIN KLEINES RASCHELN.
ANTHONY
KÜSS MICH!
JOHANNA
(scheu)
OH NEIN.
ANTHONY
OH JA!
N
IC
JOHANNA
OH NEIN. (Sie wendet sich erregt ab.) WENN ER MICH HEIRATET MONTAG, WAS KANN ICH TUN? ICH SPRING HINAB! ANTHONY WIR FLIEH’N HEUT NACHT.
JOHANNA OB FREITAG ODER AUCH SONNTAG, VÖLLIG EGAL, DIE ZEIT WIRD KNAPP. ANTHONY WIR FLIEHEN HEUT’ NACHT ...
JOHANNA SCHON WIEDER EIN GERÄUSCH! GLAUB NICHT, DASS ICH MICH TÄUSCH.
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JOHANNA ES WAR DAS TOR! JA, DAS TOR! DOCH ES GIBT KEIN TOR. MIR KAM ES SO VOR. STILL, DA WAR ES WIEDER! HÖRST DU DAS NICHT?
ANTHONY NEIN, NICHT DAS TOR. NICHT DAS TOR, DENN ES GIBT KEIN TOR. HÖR MIR BITTE EINMAL ZU UND... ANTHONY
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KÜSS MICH!
JOHANNA
NOCH HEUT’?
ANTHONY
KÜSS MICH!
JOHANNA DU MEINST, NOCH HEUT’?
ANTHONY ES GEHT SCHON GUT. JOHANNA
OH, SIR!
ANTHONY DRUM KÜSS MICH! JOHANNA
ICH BIN BEREIT.
ANTHONY HAB KEINE ANGST.
N
IC
JOHANNA ICH WAR VERLIEBT, GLEICH ALS ICH DICH GESEH’N HAB, UND ES MACHTE GAR NICHTS, DASS ICH NICHT MAL WUSSTE, WIE DU HEISST.
ANTHONY NUR MUT, ICH HOL DICH, JOHANNA! ICH HOL DICH!
ANTHONY MICH WIRST DU HEIRATEN MONTAG. JA, DAS WIRST DU, DU WIRST SCHON SEH’N. JOHANNA WIE SCHÖN DAS IST!
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ANTHONY LIEBSTE, HEIRAT MICH, HEIRAT MICH, BITTE, HEIRAT MICH MONTAG! SCHENKE MIR, SCHENKE MIR DEINE HAND! SCHWÖRE, HEIRAT MICH, HEIRAT MICH, BITTE, HEIRAT MICH MONTAG!
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JOHANNA ICH WUSSTE, DASS ICH NUR DICH MAG, OHNE ZU WISSEN, WER DU BIST. ICH DACHTE, DU WÄRST FORT, DASS DU NIE ZU MIR KOMMST. SAH DICH SCHON TOT MIT DER PEST UND IM SCHULDENTURM. UNTER EINEM PFERD, ODER WIEDER FORT AUF HOHER SEE UND…
JOHANNA
KÜSS MICH!
ANTHONY
DU MEINST ...
JOHANNA
KÜSS MICH!
ANTHONY
JETZT GLEICH?
JOHANNA
KÜSS MICH!
ANTHONY
(nimmt sie in die Arme) OH, MISS!
JOHANNA
KÜSS MICH! OH, SIR! (Lichtwechsel auf die immer noch miteinander spazierenden RICHTER und BÜTTEL; ANTHONY und JOHANNA bleiben aber sichtbar. Im Hintergrund weiter Musik.)
N
IC
Nr. 14 – FRAUEN, DIE DERART SENSIBEL SIND
RICHTER Ich bin überzeugt, dass der Respekt, den sie mir als ihrem Vormund schuldig ist, sie zu einer gefühlvolleren Einstellung mir gegenüber bewegen wird. BÜTTEL VERZEIHT MIR, MYLORD, WAS ICH JETZT SAG’, MYLORD, AUCH WENN MIR DIES NICHT GEBÜHRT. VERGEBT MIR, DASS ICH ES WAG’, MYLORD, ’S IST NICHT EUER BESTER TAG, MYLORD. DAS HAAR FÄLLT ÜBER DEN KRAGEN DORT, AUCH SEID IHR NICHT GUT RASIERT, WAS DAMEN NICHT KONVENIERT.
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RICHTER Wenn sie mich beim Heimkommen herzlich begrüßt, sollte ich ihr vielleicht ein kleines Geschenk geben. BÜTTEL
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(zuckt empfindlich zusammen) FRAUEN, DIE DERART SENSIBEL SIND, MYLORD, SCHÄTZEN MÄNNER VOLLER ACHTSAMKEIT. FÄNGT SIE AN ZU BLÜHEN, MÜSST IHR EUCH BEMÜHEN, SCHNELL ZU SEIN UND VOLL BEDACHTSAMKEIT, MYLORD. ACHTET IHRE LAUNEN, HÖRT AUF JEDES WORT, AUCH WENN SIE EUCH NICHT PLAUSIBEL SIND. DASS MAN WAS ERREICHT, IST WAHRLICH NICHT SEHR LEICHT, WEIL FRAUEN JA DERART SENSIBEL SIND, MYLORD. RICHTER
(befühlt sein Kinn) Schlecht rasiert, sagst du? Möglicherweise war ich wirklich in letzter Zeit etwas zu nachlässig bei meiner Morgentoilette. BÜTTEL IHR MÜSST ZUM BARBIER, ICH KENNE EINEN HIER, EIN MEISTER IN SEINEM FACH. RASIERT UND DAS HAAR GETRIMMT, MYLORD, UND EAU DE COLOGNE MAN NIMMT, MYLORD. UND KOMMT IHR DANN FROH GESTIMMT, MYLORD, WIRD SICHER DAS MÄDCHEN SCHWACH UND ÖFFNET DAS BRAUTGEMACH. RICHTER
Ja, das erhoffe ich mir.
(Sie sind vor dem Haus des RICHTERs angekommen.)
N
IC
BÜTTEL So, hier sind wir, Sir. Ich wünsche noch einen schönen Tag. RICHTER
Guten Tag. (sinniert und schaut umher) Und wo ist dieser Wunderbarbier?
BÜTTEL
In der Fleet Street, Sir.
RICHTER Vielleicht hast du recht. Bring mich zu ihm!
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SWEENEY TODD
Nr. 15 – KÜSS MICH (Teil II) (SIE gehen wieder die Straße entlang. Gleichzeitig werden in JOHANNAs Zimmer JOHANNA und ANTHONY wieder sichtbar.) BÜTTEL ER NENNT SICH TODD. ANTHONY ICH WILL NICHT WARTEN BIS MONTAG!
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RICHTER
Todd?
BÜTTEL
SWEENEY TODD.
JOHANNA DAS IST ZU LANG, ICH GEB DIR RECHT.
ANTHONY AM BESTEN WÄRE ES, WIR HEIRATEN SONNTAG. JOHANNA ABER AUCH SAMSTAG WÄR NICHT SCHLECHT. ANTHONY NOCH BESSER GLEICH!
(Der RICHTER und der BÜTTEL gehen am Haus vorbei.) JOHANNA SCHON WIEDER EIN GERÄUSCH! ANTHONY
OH NEIN!
JOHANNA EIN ANDERES GERÄUSCH!
ANTHONY
EIN WAS?
N
IC
JOHANNA WAS SOLL SCHON SEIN? EIN GERÄUSCH, IRGENDEIN GERÄUSCH. ETWAS AUF DER STRASSE. BIN WIRKLICH EIN GANZ DUMMES MÄDCHEN!
ANTHONY
HÖR GAR NICHT HIN! EIN GERÄUSCH, IRGENDEIN GERÄUSCH, IRGENDETWAS AUF DER STRASSE.
BEIDE
(fallen einander in die Arme) KÜSS MICH!
JOHANNA OH, SIR!
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SWEENEY TODD
ANTHONY BALD WERDEN WIR IN PARIS SEIN. JOHANNA WAS ZIEH ICH AN? WAS PACK ICH EIN? ANTHONY ZUERST PER BAHN.
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JOHANNA ES WIRD WIE IM PARADIES SEIN. BRAUCHE SONST NICHTS, NUR DICH ALLEIN. ANTHONY UND SEGELN DANN.
JOHANNA NEHM NUR DEN SPITZENSCHAL. NUR MEINEN SPITZENSCHAL. IST ES AUCH SENTIMENTAL, MEINEN SPITZENSCHAL BRAUCH ICH JEDESMAL, WEIL MEINE MUTTER IHN MIR EINST GEGEBEN. KÜSS MICH! KÜSS MICH!
ANTHONY
WARUM DEN SPITZENSCHAL? WOZU DEN SPITZENSCHAL? SEI NICHT SO SENTIMENTAL, EINEN SPITZENSCHAL KRIEGST DU ALLEMAL WIEDER EINEN NEUEN. KÜSS MICH! FÜR HEUTE WEISS ICH EINEN SICHREN ORT. KÜSS MICH! FÜR HEUTE GIBT ES EINEN SICHREN ORT.
WIR GEH’N FORT! KÜSS MICH! FÜR HEUTE GIBT ES EINEN SICHREN ORT.
BÜTTEL
N
IC
(gleichzeitig mit dem Obigen) ER NENNT SICH TODD.
RICHTER
TODD?
BÜTTEL TODD. SWEENEY TODD
RICHTER
TODD?
BÜTTEL
TODD.
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SWEENEY TODD
ANTHONY ICH LIEB DICH, SEIT ICH DICH GESEH’N HAB, EH ICH NOCH DIE LEUTE DANN DANACH GEFRAGT HAB, WIE DU HEISST.
SEIT ICH DICH GESEHN HAB, WENN DU AUCH BIS HEUTE MIR NOCH NICHT GESAGT HAST, WIE DU HEISST.
JOHANNA! JOHANNA! JOHANNA!
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JOHANNA ICH LIEB DICH, SEIT ICH DICH GESEH’N HAB, WENN DU AUCH BIS HEUTE MIR NOCH NICHT GESAGT HAST, WIE DU HEISST, SIR.
BÜTTEL
(gleichzeitig mit dem Obigen) TODD ... SWEENEY TODD.
RICHTER & BÜTTEL SWEENEY TODD. ANTHONY
ANTHONY...
RICHTER
TODD?
BÜTTEL
TODD.
JOHANNA
ANTHONY.
RICHTER
N
IC
TODD, WAS?
JOHANNA UND ANTHONY WIR BEIDE HEIRATEN SONNTAG. SO WIRD ES SEIN. WAS AUCH GESCHIEHT. ICH WEISS, DASS ICH DICH SO GERN MAG, DASS ES MICH IMMER ZU DIR ZIEHT. BÜTTEL
(gleichzeitig mit dem Obigen) FRAUEN, DIE DERART SENSIBEL SIND, MYLORD ... RICHTER SIND WIR BALD HIER?
BÜTTEL SCHÄTZEN MÄNNER, DIE PENIBEL SIND. RICHTER BEI DEM BARBIER.
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SWEENEY TODD
ANTHONY HEIRAT MICH, HEIRAT MICH, BITTE, HEIRAT MICH SONNTAG! SCHENKE MIR, SCHENKE MIR DEINE HAND! SCHWÖRE, HEIRAT MICH, HEIRAT MICH, BITTE, HEIRAT MICH UND HALT DEN MUND JETZT!
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JOHANNA ICH DACHTE, DU WÄRST FORT, DASS DU NIE WIEDER KOMMST. SAH DICH SCHON TOT, MIT DER PEST, UND IM SCHULDENTURM, UNTER EINEM PFERD, ODER GAR AUF HOHER SEE VERSCHOLLEN ...
(Er packt sie und zieht sie zu sich; sie küssen sich.) BÜTTEL
(gleichzeitig mit dem Obigen) WOLLT IHR SIE ERRINGEN, MÜSST IHR SIE BEZWINGEN. FRAUEN, DIE DERART SENSIBEL SIND. SO SENSIBEL SIND. RICHTER
TODD ...
JOHANNA (während sie mit ANTHONY zu Boden sinkt) OH, SIR. ANTHONY
AH, MISS
JOHANNA
N
IC
OH, SIR OH, SIR OH, SIR OH, SIR OH, SIR OH, SIR
ANTHONY
AH, MISS AH, MISS AH, MISS AH, MISS AH, MISS
AKT I, SZENE 8
(Lichtwechsel auf MRS. LOVETTs Laden. Im Zimmer oben putzt TODD sein Rasiermesser. Unten wartet noch immer TOBIAS, zusammen mit MRS. LOVETT.)
Nr. 15a – Underscore
MRS. LOVETT Vielleicht solltest du doch jetzt gehen und deinen Meister suchen.
TOBIAS Oh, nein, Ma’am. Ich rühr’ mich nicht vom Fleck, bis er mich ruft. MRS. LOVETT Na, dann spring ich schnell mal rauf zu Mr. Todd und schau, was er dazu meint.
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(SIE läuft vor sich hin summend die Treppe hinauf. Beim Eintreten ins Zimmer oben:) Oje, meine Knie sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. (setzt sich auf die Truhe) Wie lang wird es denn noch dauern, bis der Spaghetti zurückkommt?
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TODD (säubert immer noch teilnahmslos das Rasiermesser) Er kommt nicht zurück. MRS. LOVETT
(sofort misstrauisch) Wieso? – Ihr habt doch nicht …? (TODD deutet auf die Truhe. MRS. LOVETT springt erschreckt auf. Sie steht einen Augenblick lang mit dem Blick auf die Truhe da, dann hebt sie vorsichtig den Deckel an. Sie schaut hinein und wirbelt dann herum.) Ihr müsst verrückt sein. Bringt einen Mann um, der Euch nix getan hat. Und der Kleine da unten? TODD Er hat mich erkannt – von früher. Wollte mich erpressen. Die Hälfte meines Verdienstes – für immer.
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IC
MRS. LOVETT Ach so – das ist was anderes. Bin ich froh! Einen Moment lang hab ich schon gedacht, Ihr wärt übergeschnappt. (schaut wieder in die Truhe) Bah! So viel Blut! Genug, dass man über und über eine Gänsehaut kriegen könnte. Armer Teufel. Na ja! (Sie will die Truhe schließen, sieht jedoch etwas und beugt sich tief hinab, um es herauszuholen. Es ist PIRELLIs Geldbörse. Sie durchsucht sie.) Drei Pfund. Na, besser als in die hohle Hand … (Sie nimmt das Geld heraus und steckt es in ihren Ausschnitt. Sie will die Börse gerade wegwerfen, als etwas daran ihre Aufmerksamkeit erringt. Sie steckt sie ebenfalls in ihr Kleid. Sie schließt die Kiste und setzt sich – wieder einigermaßen ruhig – darauf.) Jetzt bräuchten wir einen Leichenwagen. (Während sie grübelt, kommen unten der RICHTER und der BÜTTEL über die Straße heran.) BÜTTEL
(zeigt) Hier ist es, Sir. Über der Pastetenbäckerei.
RICHTER
Gut. Du kannst jetzt gehen. BÜTTEL Danke, Sir. Besten Dank. (ER geht ab, während sich der RICHTER dem Salon nähert.)
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MRS. LOVETT (reißt sich aus ihren Gedanken) Da wäre erst einmal der Junge da unten, sein Adlatus. TODD Schickt ihn herauf.
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MRS. LOVETT Was, den auch?! Also einer pro Tag ist genug. Ihr solltet Euch nicht überanstrengen. Lasst sehen. Er ist sowieso schon halb hinüber vom Gin. (Der RICHTER betätigt unten die Glocke. TODD läuft zum Treppenabsatz und schaut hinunter. Er sieht gerade auch noch den BÜTTEL abgehen.)
TODD Das Schicksal meint es heute wirklich gut mit mir.
MRS. LOVETT
Wer ist es?
TODD
Richter Turpin.
MRS. LOVETT
(fassungslos) Er? Der Richter? Nicht möglich!
TODD
Lasst mich allein! Schnell!
MRS. LOVETT
Was habt Ihr vor?
TODD
(brüllt) Ihr sollt gehen, hab ich gesagt!
N
IC
MRS. LOVETT Ja, ja – nur keine Panik. Ich bin schon weg. (Sie geht aus dem Salon. Auf der Treppe begegnet ihr der RICHTER. Sie verbeugt sich tief vor ihm.) Entschuldigung, Euer Ehren! (Sie eilt zurück in den Laden zu TOBIAS.)
RICHTER
Mr. Todd?
TODD Zu Euren Diensten, Sir. Es erweisen mir durch Ihren Besuch eine große Ehre. MRS. LOVETT
(unten, zu TOBIAS) Na, mein Kleiner? Es scheint, dein Herr und Meister ist von dir gegangen und lässt dich da sitzen. Na, die liebe Tante wird sich schon etwas für dich einfallen lassen.
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(Sie nimmt die Ginflasche und schenkt ihm noch einmal ein. Mit der Flasche in der Hand geleitet sie ihn durch den Vorhang.) Komm, wir gehen in mein gemütliches Wohnzimmer. (SIE geht mit TOBIAS ins Nebenzimmer ab.) RICHTER
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(sieht sich um) Die Räumlichkeit ist ja nicht gerade einladend. Aber mein Büttel behauptet, Ihr wärt der beste Barbier in der Stadt. TODD Das ist sehr freundlich von ihm. Entschuldigt bitte den Mangel an Bequemlichkeit, aber es ist erst wenige Tage her, dass ich mich hier niedergelassen habe und vieles fehlt noch. (deutet auf den Stuhl) Wenn es beliebt, so setzt Euch, Sir.
(Der RICHTER setzt sich in den Rasierstuhl. Unten sieht man MRS. LOVETT und TOBIAS ins Wohnzimmer kommen. Sie hat immer noch die Ginflasche in der Hand.)
MRS. LOVETT Na, ist das nicht fein gemütlich? Komm, setz dich, mein Kleiner. (will ihm noch einen Gin einschenken.) Oh, schon leer! Also du bleibst jetzt schön da sitzen und bist ein braver Junge. Ich hol uns eine neue Flasche aus der Speisekammer. (SIE geht und lässt ihn allein.)
TODD Und was darf ich für Euch tun, Sir? Einen eleganten Haarschnitt vielleicht, oder eine Gesichtsmassage?
N
IC
Nr. 16 – HÜBSCHE FRAUEN (Teil I)
RICHTER EIN MANN, DER IN MEINEM ALTER SICH VERLIEBT, DER BRAUCHT ETWAS POLITUR. MAN HAT MIR EMPFOHLEN DEN SALON FÜR NEUESTE HAAR- UND BARTFASSON. UND SPART MIR AUCH NICHT MIT EAU DE COLOGNE! ZUERST JEDOCH DIE RASUR. TODD FÜR EUCH, SIR, DAS BESTE NUR.
(TODD wirft ein Tuch über den RICHTER. Der RICHTER summt vor sich hin und wedelt imaginären Staub vom Tuch. TODD pfeift fröhlich.)
RICHTER Ihr seid bei guter Laune, Mr. Todd, wie?
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TODD (schlägt Rasierschaum) ‘S IST EURE FRÖHLICHKEIT UND LAUNE, DIE ÜBERSPRINGT AUF MICH. RICHTER ALS FREIER IST MAN UNBEFANGEN. DAS BLUT PULSIERT, ES GLÜH’N DIE WANGEN. TODD KEIN MANN KANN MEHR VERLANGEN, MEHR ALS LIEBE.
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RICHTER KEIN MANN KANN MEHR VERLANGEN, ALS LIEBE.
RICHTER
SAGT SCHON!
TODD
FRAUEN.
RICHTER
ACH, JA, FRAUEN!
TODD
HÜBSCHE FRAUEN.
Nr. 16a – HÜBSCHE FRAUEN (Teil II)
(Der RICHTER summt fröhlich. TODD pfeift und schleift rhythmisch sein Messer. Dann seift er dem RICHTER das Gesicht ein. Weiter pfeifend tritt er zurück und schaut den RICHTER prüfend an. Der hat jetzt die Augen geschlossen und ist völlig entspannt. TODD nimmt das Messer und singt es an.) TODD JETZT, ALTER FREUND, WIRD ES VOLLENDET! RUHIG, DENN RACHE SCHMECKT SÜSSER NOCH, WENN ES NICHT EILT.
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RICHTER
(öffnet die Augen) BEEILT EUCH! WENN ES KLAPPT MIT IHR, EMPFEHL ICH EUCH. TODD
(mit einer Verbeugung) MYLORD. (tritt zu ihm) ERLAUBT DIE FRAGE, WER DIE AUSERWÄHLTE IST. RICHTER MEIN MÜNDEL.
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(TODD erstarrt. Der RICHTER schließt die Augen, lehnt sich bequem zurück und spricht:) Hübsch wie eine Rosenknopse. TODD (Die Musik schwillt an.) So hübsch wie ihre Mutter? RICHTER
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(ein wenig verwirrt) Wie? Was sagt Ihr?
(Die Musik bewegt sich in ein kreischendes Crescendo; TODD bewegt das Rasiermesser langsam an die Kehle des RICHTERS. Der öffnet plötzlich die Augen und dreht sich verwundert nach TODD um.) TODD
(grüblerisch, leichthin) Nichts, Sir. Gar nichts. Darf ich weitermachen? (rasiert ihn) HÜBSCHE FRAUEN, FASZINIEREND, MOKKA TRINKEND, TANZEND. HÜBSCHE FRAUEN SIND EIN WUNDER. HÜBSCHE FRAUEN.
STILL AM FENSTER SITZEN SIE. IHRER HAARE DUFT LIEGT BERAUSCHEND IN DER LUFT.
TODD HÜBSCHE FRAUEN
RICHTER
LICHTUMFLOSSEN,
IC
BLEIBEN EWIG
STRAHLEND,
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UNVERGESSEN.
MILDE LÄCHELND, HÜBSCHE FRAUEN!
HÜBSCHE FRAUEN HÜBSCHE FRAUEN!
LÖSCHEN IHRE KERZEN, UND BÜRSTEN SANFT IHR HAAR. AUCH WENN SIE DANN GEH’N, SIND SIE NOCH DA, GANZ NAH.
LÖSCHEN IHRE KERZEN, BÜRSTEN SANFT IHR HAAR, EH SIE GEH’N. AUCH WENN SIE DANN GEHEN UND FORT SIND, DANN BLEIBEN SIE TROTZDEM DOCH DA, DIR GANZ NAH, SO NAH.
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ACH, HÜBSCHE FRAUEN VOR DEM SPIEGEL,
ACH, HÜBSCHE FRAUEN UND IM GARTEN
BRIEFE SCHREIBEND, BLUMEN PFLÜCKEND, SIND EIN GLÜCK FÜR MÄNNER. SIND DER HIMMEL HIER AUF ERDEN. HÜBSCHE FRAUEN, JA, HÜBSCHE FRAUEN, JA, HÜBSCHE FRAUEN, SO HÜBSCHE FRAUEN, HÜBSCHE FRAUEN, JA, HÜBSCHE FRAUEN…
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BÜCHER LESEND, SIND EIN GLÜCK FÜR MÄNNER. SIND DER HIMMEL HIER AUF ERDEN. HÜBSCHE FRAUEN, JA, HÜBSCHE FRAUEN, ALL DIE HÜBSCHEN FRAUEN, SO VIEL HÜBSCHE FRAUEN!
(TODD hebt den Arm, um dem Richter die Kehle durchzuschneiden, da stürmt ANTHONY herein.) ANTHONY SIE WILL MICH HEIRATEN SONNTAG! ALLES BEREIT! WIR FLIEH’N HEUT NACHT! WIR SEH’N PARIS SCHON AM MONTAG, WEG VON DEM KERL, DER SIE BEWACHT!
(Der RICHTER springt auf, wirft das Becken um und schlägt TODD das Rasiermesser aus der Hand.) RICHTER
Du!
ANTHONY
Richter Turpin!
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RICHTER Es gibt tatsächlich eine höhere Macht, die mir rechtzeitig die Augen öffnet. (Als ANTHONY zurückweicht, springt er auf ihn zu und packt ihn am Arm.) Johanna will mit dir ausreißen? So ein hinterhältiges Luder! Ich werde sie einsperren an einem Ort, wo weder du, noch sonst ein schändlicher Kerl sie jemals finden wird. ANTHONY (befreit sich aus TURPINs Griff) Sir, ich flehe Euch an … RICHTER
(zu TODD) Und was Euch angeht, Barbier – mir ist jetzt klar, welchen Umgang Ihr pflegt. Bedient ihn gut und haltet ihn Euch als Kundschaft, denn andere werdet Ihr nicht kriegen. (Er stiefelt hinaus und die Treppe hinab.) ANTHONY Mr. Todd!
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TODD (brüllend) Raus! Raus, sag ich! Nr. 17 – EPIHANIE
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(ANTHONY läuft bestürzt davon. Sehr bewegte Musik beginnt. TODD steht bewegungslos und fassungslos da. MRS. LOVETT hält eine neue Ginflasche in der Hand und sieht den RICHTER über die Straße davongehen. Sie blickt ihm scharf nach, dann geht sie ins Wohnzimmer, in dem TOBIAS eingeschlafen ist. Sie schaut ihn an, stellt die Flasche ab und läuft eilig nach oben zu TODD.)
MRS. LOVETT Was soll dieses Geschrei und das Gerenne? Was ist passiert? TODD ICH HATTE IHN – UND DANN…
MRS. LOVETT Dann platzte der Seemann dazwischen. Ich hab sie beide wegrennen sehen und mir gesagt: Jetzt ist die Kacke am Dampfen! TODD
(unterbricht sie) ICH HATTE IHN! DIE KEHLE FREI VOR MEINER HAND!
MRS. LOVETT (alarmiert, beschwichtigend) Schon gut, beruhigt Euch. TODD
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(brachial) NEIN, ICH HATTE IHN! AUS UND VORBEI! JETZT KOMMT ER NIE WIEDER HER! MRS. LOVETT BLEIB GANZ STILL, SEI GESCHEIT. WIE OFT SAG ICH DIR ... TODD
WAS ...
MRS. LOVETT
DU HAST ZEIT.
TODD ... HAB ICH GETAN?! DU BIST SCHULD DARAN! JETZT KOMMT ER NIE WIEDER HER!
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(Die Musik wird unstet. TODDs Wahnsinn, der lange unter der Oberfläche geschlummert hat, bricht jetzt endgültig hervor.) EINE PECHSCHWARZE GRUBE IST DIESER ORT, AUF DEM GRUND DER GRUBE HERRSCHEN TOD UND MORD. UND DER ABSCHAUM DIESER WELT VERMODERT DORT ... DOCH NICHT MEHR LANG!
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DER TOD MACHT ALLE GLEICH! UND WARUM, MRS. LOVETT? ICH SAG’S EUCH! WIR KRIECHEN AUF DIESER ERDE HERUM UND SEIT JEHER GIBT ES ZWEI SORTEN MENSCHEN AUF DER WELT. EINE TUT IHRE PFLICHT, VOLLER FLEISS UND STUMM, UND DIE ANDERE TRAMPELT AUF DIESER HERUM. AUCH WENN’S UNS, MRS. LOVETT, NICHT GEFÄLLT.
DOCH DER TOD MACHT ALLE GLEICH! SO AUCH MICH, MRS. LOVETT, UND AUCH EUCH. WENN MAN DAS LEBEN DER BÖSEN ETWAS ... (schlägt in die Luft) VERKÜRZT, WIRD DAS LEBEN DER ANDERN ETWAS GEWÜRZT. DER TOD MACHT ALLE GLEICH! (beklagt seinen Verlust) ICH SEH’ NIEMALS MEHR JOHANNA, HALTE NIEMALS MEHR MEIN KIND IM ARM. SCHLUSS JETZT! (wendet sich ans Publikum) IHR DORT! IHR, SIR! SOLL ICH EUCH RASIER’N? (schlägt zweimal in die Luft) VORWÄRTS! KOMMT SCHON! HIERHER ZU SWEENEY! IHR, SIR? HIER, SIR! WOLLT IHR ES RISKIER’N? ICH WILL VERGELTUNG! UND ICH BRAUCH’ ERLÖSUNG! KOMMT ZU MIR, SIR! KEINER SITZT IM STUHL? NA LOS, KOMMT SCHON! SWEENEY WARTET! ICH KRIEG EUCH SCHWEINE! IHR, SIR? WER AUCH IMMER! MEINE HERR’N, NUR KEINE SCHEU! NICHT EINER, Seite 64
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AUCH NICHT ZEHN, NEIN, AUCH NICHT HUNDERT SIND GENUG MIR. ICH WILL ALLE! (Zu MRS. LOVETT) UND ICH KRIEGE IHN DOCH, WENN ER JETZT AUCH LACHT. BIS DAHIN HAB ICH TAUSEND ARME SCHLUCKER UMGEBRACHT. (beklagt seinen anderen Verlust) MEINE LUCY IST VERLOREN, UND JOHANNA WERD‘ ICH NIE MEHR SEH’N. DOCH MEIN WERK HARRT. ICH BIN LEBENSFROH (erhaben) UND WIE NEUGEBOR’N! (ER sinkt keuchend auf den Barbierstuhl.)
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MRS. LOVETT (hat ihm aufmerksam zugeschaut) Alles gut und schön, aber was geschieht mit dem da drinnen? (SIE zeigt auf die Truhe und sitzt regungslos da. Sie geht zu ihm und sieht ihn scharf an.) He! Hallo! Hört Ihr mich? Reißt Euch zusammen! (Sie tätschelt ihm die Wange. Nach einer langen Pause kommt TODD wieder auf die Beine, ist aber immer noch wie in Trance.) Was machen wir mit ihm? Der Junge hockt auch immer noch da unten. Wir sollten besser einmal nachschauen, was er macht. Vorhin war er noch da und hat geschlafen wie ein Ratz. (Sie geht zur Treppe.) Los doch! (TODD folgt ihr. Sie verschwindet kurz im Wohnzimmer und taucht wieder auf.) Der ist kein Problem. Schläft immer noch. So begriffsstutzig. Dem erzähl ich später irgendeine Geschichte, um ihn loszuwerden. Aber der da oben? (deutet nach oben zum Barbiersalon) Was machen wir mit dem? TODD
(ohne Interesse) Später, wenn es dunkel ist, bringen wir ihn weg und begraben ihn.
MRS. LOVETT Ja – sicher – das könnten wir tun. Ich glaube kaum, dass irgendwelche Angehörige hier herumschnüffeln werden, um ihn zu suchen. Aber ... (Pause. Akkord.) Ihr kennt mich – manchmal spukt mir was im Kopf herum – und ich denk mir …
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Nr. 18 – NEHMT PRÄLAT MRS. LOVETT ES WÄR’ DOCH ZU SCHAD’. TODD Zu schade?
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MRS. LOVETT WISST IHR, WAS MICH QUÄLT? UNSER KANDIDAT HAT FORMAT UND ER HAT NIEMAND, DEM ER FEHLT. ICH DENK KOMMERZIELL. DAS ALLEIN NUR ZÄHLT. UND EVENTUELL ... KÖNNT’ MAN SCHNELL ... IHR VERSTEHT MICH, GELL? (TODD starrt ins Leere.) NEIN? (Sie seufzt.) SEHT’S MAL FINANZIELL ... ICH MEIN’, BEI DEM PREIS FÜR FLEISCH, HEUTZUTAG, WENN MAN’S HÄTTE ... FALLS MAN’S HÄTTE ... TODD (ihm geht ein Licht auf; er kichert)
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Ah!
MRS. LOVETT GUT, JETZT HABT IHR’S! (erwärmt sich für ihr Thema) NEHMT ZUM BEISPIEL DAS GESCHÄFT VON MRS. MOONEY. SIE VERWENDET KATZENFLEISCH UND MACHT DAMIT GANZ SCHÖN GEWINN. MEHR ALS ACHT BIS NEUN PASTETEN SIND PRO KATZE DOCH NICHT DRIN. OBENDREIN SCHMECKT KATZE EIGENTLICH NUR FAD’.
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TODD
MRS. LOVETT
UND ES WÄR DOCH ZU SCHAD’ Eine Idee! ÜBERLEGT NUR! ALL DIE FEINEN HERREN WERDEN TÄGLICH FRISCH VON EUCH RASIERT! DENKT NUR! SO VIEL GUTES FLEISCH!
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MRS. LOVETT, DIE IDEE IST WIRKLICH EFFEKTIV, GESCHEIT UND PRAKTISCH, WIRKLICH ZWECKMÄSSIG, WIE IMMER. MRS. LOVETT, ICH BEGREIF’ NICHT, WIE ICH BISHER AUSKAM OHNE EUCH! DIE VERWEGENHEIT! EINE MORDSGELEGENHEIT! WIE SCHÖN! WIE SCHLAU!
TODD EIN KLANG, EIN KNIRSCHEN ERFÜLLT DIE WELT ... MRS. LOVETT WIE, MR. TODD? WO, MR. TODD? WAS FÜR EIN KLANG?
TODD ALS OB EIN HÖLLENHUND TOBSÜCHTIG BELLT. MRS. LOVETT
JA, MR. TODD, ES, MR. TODD, GEHT SEINEN GANG.
TODD DIE MENSCHEN FRESSEN SICH AUF VOLL GIER. BEIDE EIN JEDER TUT ES, WARUM NICHT AUCH WIR?
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TODD Wir leben in teuflischen Zeiten, Mrs. Lovett, und die verlangen teuflische Maßstäbe. (MRS. LOVETT geht zum Tresen und kommt mit einer imaginären Pastete zurück.)
MRS. LOVETT Hier, versucht. Frisch aus dem Ofen. Noch heiß. (Sie bietet ihm die Pastete an.)
TODD
Was ist das?
MRS. LOVETT PRÄLAT. NEHMT EIN STÜCK PRÄLAT. TODD OB MIR DER WOHL SCHMECKT? Seite 67
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MRS. LOVETT IST PERFEKT MIT MUSKAT. WEIL ER NICHTS GEWUSST HAT VON FLEISCHLICHER LUST, SCHMECKT’S WIE HÜHNERBRUST. TODD (betrachtet es) IST EIN WENIG FAD’.
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MRS. LOVETT KOMMT VOM ZÖLIBAT.
TODD ICH HÄTT‘ GERN WAS SCHARFES – VIELLEICHT LITERAT?
MRS. LOVETT DAS PROBLEM MIT LEUTEN, DIE SCHREIBEN, IST, WIE SIE ES TREIBEN PRIVAT ... NEHMT PRÄLAT. TODD
(probiert) Himmlisch! (MRS. LOVETT gluckst.) Vielleicht nicht so gehaltvoll wie ein Bischof – doch auch nicht so fade wie ein Kaplan.
MRS. LOVETT Und gut fürs Geschäft. Man möchte immer mehr davon. Das Problem ist, man kriegt sie nur sonntags ... (TODD kichert. MRS. LOVETT präsentiert eine andere imaginäre Pastete.) HIER WÄR EIN NOTAR.
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TODD ZAHLBAR NUR IN BAR.
MRS. LOVETT DER IST IDEAL, WEIL ER KAHL WAR, MAN FINDET IM MAHL GAR KEIN HAAR. TODD DAS IST MIR ZU FETT.
MRS. LOVETT IHR SEID PATRIOT, DA ERSCHIENE MIR GUT EIN MARINEKADETT.
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(TODD zieht ein Gesicht.) MRS LOVETT DAZU EIN OMELETT? DAS MACHT DEN KOMBÜSENGESCHMACK WIEDER WETT.
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TODD (schaut hinter sie zu einem imaginären Ofen.) DORT IM OFEN SCHMOREN ZOFEN. MRS. LOVETT ABER NEIN, DAS IST LEIDER NUR MICKRIGER SCHNEIDER. TODD ’S RIECHT STRENGER, MEHR WIE SÄNGER.
MRS.LOVETT STIMMT! ICH HÖR IHN, ER SINGT IM FALSETT. TODD DIE WELTGESCHICHTE LIEF STETS SO AB ...
MRS. LOVETT MURKST SIE ALLE AB, DIE VERWANDTEN WERDEN’S EUCH DANKEN. TODD DIE OBEN HALTEN DIE UNTEN AUF TRAB.
MRS. LOVETT SCHWEINEFLEISCH IST KNAPP, DA FÄNGT MAN DOCH LEICHT AN ZU SCHWANKEN. TODD WIE SCHÖN, DASS SICH DAS GEÄNDERT HAT: BEIDE DIE OBEN MACHEN DIE UNTEN JETZT SATT!
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MRS. LOVETT Mal sehen ... Wie wollt Ihr ... (begutachtet ein imaginäres Tablett mit Pasteten auf dem Tresen) ... den Bäcker? TODD
(betrachtet es) Kecker.
MRS. LOVETT
Den Schreiner? TODD (schüttelt den Kopf) Kleiner.
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MRS. LOVETT Den Drucker? TODD Schmucker. MRS. LOVETT Den Dichter? TODD
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Schlichter. MRS. LOVETT
Den Steinmetz?
(TODD zuckt resigniert mit den Achseln und akzeptiert seine Niederlage. MRS. LOVETT offeriert eine weitere imaginäre Pastete.) MRS. LOVETT HIER EIN MUSIKANT. TODD SPIELTE FULMINANT.
MRS. LOVETT STARB OHNE PROTEST, NUR IST MIR SEIN REST LEIDER ANGEBRANNT. (eine weitere Pastete) DER HIER WAR BANKIER. NUN IST ER PÜREE. TODD DIESER HIER WAR KRANK.
MRS. LOVETT
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WEIL ER TRANK ER WAR BANKPORTIER. IST ETWAS ZU KALT. WAR SCHON ZIEMLICH ALT. TODD HABT IHR KEINEN BÜTTEL?
MRS. LOVETT BEKOMMEN WIR BALD! BÜTTEL ZU BEREITEN IST SCHWIERIG, ER IST SCHAURIG SCHMIERIG. MEIN RAT: NEHMT PRÄLAT. (offeriert eine weitere Pastete) Die hier ist leider ziemlich angebrannt. War sicher ein Feuerwehrmann. TODD Nein, kein Feuerwehrmann. Eher ein Schornsteinfeger.
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MRS. LOVETT Wie kommt Ihr darauf? TODD Die ist so gut wie schwarz. (kichert) MRS. LOVETT
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(prustet) Probiert’s trotzdem. Schornsteinfeger bringen Glück! (Er lacht schallend.)
TODD DIE ANTWORT AUF ALLE FRAGEN IST: MRS. LOVETT OH, MISTER TODD, IHR, MISTER TODD, SAGT SIE MIR GLEICH.
TODD ES WIRD GEFRESSEN, WER SELBER NICHT FRISST. MRS. LOVETT UND, MISTER TODD, WIR, MISTER TODD, WERDEN STEINREICH.
TODD GEFRESSEN WIRD SCHLIESSLICH JEDER HIER.
BEIDE WIR SPÜL’N IHN RUNTER MIT EINEM SCHLUCK BIER!
MRS. LOVETT Wenn ihr schon was gegen Matrosen habt, wie wär’s mit einem waschechten Admiral? TODD Zu salzig. Dann schon lieber ein General.
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MRS. LOVETT Mit oder ohne Orden? Mit Orden kostet doppelt. (TODD kichert.)
TODD
Und ist schwer verdaulich!
TODD (als er von MRS. LOVETT eine weitere Pastete angeboten bekommt) WAS IST DAS? MRS. LOVETT KURIER. IST EIN SOUVENIR. AUSSERDEM EIN TAPFERER TÖPFER, ALS OPFER DEM SCHÖPFER Seite 71
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SERVIERT. HAT ES AKZEPTIERT. LEIDER WAR DER WIRT HIER WAHRSCHEINLICH EIN SÄUFER UND KLEINLICH. (TODD zieht ein Gesicht.) PROBIERT!
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TODD NICHT SEHR RAFFINIERT. (Sie schaut ihn fragend an.) ABER WAS ERWARTET MAN VON EINEM WIRT?
MRS. LOVETT ADVOKATEN, GUT GEBRATEN ...
TODD SIND DOCH BESSER ALS BATZEN VON STREUNENDEN KATZEN. MRS. LOVETT
MIT MÖHREN AN FRISEUREN ...
TODD WIRD DAS SCHAUFENSTER HÜBSCH DEKORIERT. SO VIELES GELICHTER, DOCH WO BLEIBT MEIN RICHTER?
MRS. LOVETT Wartet! Wir haben zwar keinen Richter – noch nicht – aber etwas, was Euch bestimmt auch gefallen wird. TODD
Und das wäre?
MRS. LOVETT
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(gibt ihm ein Hackebeil) Henker!
(TODD lacht brüllend auf. Dann holt er ihr Nudelholz und gibt es ihr.) TODD DAS MITLEID HAT MAN SEHR SCHNELL BESIEGT. MRS. LOVETT ALLE SIND GLEICH, ICH WEISS.
TODD ES GILT DIE REGEL: MAN NIMMT, WAS MAN KRIEGT. MRS. LOVETT ARM ODER REICH, ICH WEISS. TODD KEIN UNTERSCHIED ZWISCHEN GROSS UND KLEIN! BEDIEN’ ICH JEDERMANN, Seite 72
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WIRKLICH JEDERMANN, BEIDE DANN IST JEDERMANN BALD MEIN! (Über die Musik schwingen die beiden ihre „Waffen“. Blackout.)
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ENDE DES ERSTEN AKTES
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AKT II, SZENE 1 Nr. 19 – SCHMECKT DAS GUT!
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(MRS. LOVETTs Geschäft hat enormen Aufschwung genommen. Vor dem Laden befindet sich jetzt eine Gartenwirtschaft, die aus einem großen Holztisch mit zwei Bänken, ein paar Topfblumen und Vogelkäfigen besteht. Bei Aktbeginn füllt sich der Garten mit zufriedenen GÄSTEN, einer davon betrunken. Sie essen Pasteten und trinken Bier. TOBIAS wirbt als Kellner gekleidet mit seiner Trommel auf der Straße um neue Gäste. MRS. LOVETT trägt jetzt als Zeichen ihres gesellschaftlichen Aufstiegs ein „schickes“ Kleid, gibt auf dem Tresen Pasteten aus und sammelt jeweils einige von ihnen auf einem Tablett, um sie in den Garten hinauszutragen. TODD wandert rastlos in seinem Salon auf und ab. Die BETTLERIN lungert hungrig und unheilschwanger vor dem Geschäft herum.) TOBIAS LADYS UND GENTLEMEN, BITTE UM IHRE AUFMERKSAMKEIT! WIE ICH SEHE, SIND ALL EURE HÄLSE GERECKT UND DIE NASEN SIND SCHNUPPERND NACH OBEN GESTRECKT. IST DIE NEUGIER GEWECKT?
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NUN, LADYS UND GENTLEMEN, EIN GAR KÖSTLICHER DUFT MACHT SICH BREIT. UND DER KOMMT VON DER KÖSTLICHSTEN SPEZIALITÄT. JEDER FEINSCHMECKER SELIG DIE AUGEN VERDREHT!
HERRSCHAFTEN, EURE GEDULD IST GEPRÜFT WORDEN ÜBER GEBÜHR ... (weist auf den Laden) ACHTET AUF DIESE TÜR! (schlägt wie üblich seine Trommel) DENN HIER GIBT ES KÖSTLICHE PASTETEN FÜR NICHT VIEL MONETEN, EXTRAFEIN. NOVITÄTEN, SPEZIALITÄTEN, FEINSTE FLEISCHPASTETEN. KOMMT HEREIN! MANN (TENOR) HÖR MAL AUF ZU QUATSCHEN, BRING DAS BIER! MÄNNER ICH WILL NOCH WAS TRINKEN, KLEINER! FRAUEN SIND SIE WIRKLICH GUT GEWÜRZT? OH JA!
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TOBIAS (zu MANN 2) KOMMT SOFORT! ALLE WAS IST LOS? ICH WART’ SCHON EWIG! FRAUEN KOMM JETZT ENDLICH HER!
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TENÖRE HER MIT DEN PASTETEN!
BÄSSE JA, HER MIT DEN PASTETEN! TOBIAS DREI PENCE! LADYS UND GENTLEMEN!
FRAUEN SO VIEL FÜR PASTETEN?
BÄSSE WO DAS BIER BLEIBT, MÖCHTE ICH WISSEN! TENÖRE SCHMECKEN DIE AUCH WIRKLICH?
(MRS. LOVETT läutet mit der Glocke, um TOBIAS aufmerksam zu machen.) MRS. LOVETT
TOBY!
(Sie bringt ein Tablett mit frischen Pasteten in den Gastgarten.) TOBIAS
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GLEICH! (zu einem Gast) VERZEIHUNG!
MRS. LOVETT (weist auf einen winkenden Gast) BIER HER! TOBIAS
JA, MA’AM!
(läuft hinein, holt eine Kanne Bier, flitzt zurück in den Gastgarten und füllt die Humpen auf.) MRS. LOVETT
MACH SCHON!
GÄSTE (lecken sich die Finger) SCHMECKT DAS GUT!
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(MRS. LOVETT rennt zwischen den Gästen umher, serviert, kassiert, spricht mit jedem der Gäste mit der gleichen Unaufrichtigkeit)
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MRS. LOVETT LANGE NICHT GESEHEN! SAG, WIE GEHT ES, SCHÄTZCHEN? ICH KANN KAUM NOCH STEHEN! TOBY! (weist auf zwei Gäste) ZWEI FÜR DIE HERREN DA! HIER IST NOCH EIN PLÄTZCHEN. WOLLT IHR DENN SCHON GEHEN? (erspäht die BETTLERIN) TOBY! SCHMEISS DOCH DIE ALTE RAUS! GÄSTE SCHMECKT DAS GUT!
(TOBIAS scheucht die BETTLERIN davon, aber sie kommt wieder und schnüffelt.)
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MRS. LOVETT (zu anderen Gästen, ohne den Rhythmus zu verlieren) WAS IST IHR BEGEHREN? (ein Gast sagt etwas zu ihr) IHR HABT WOHL NE MEISE? IHR WOLLT EUCH BESCHWEREN? (sieht, dass TOBIAS einem besoffenen Gast weiter einschenken will) TOBY! NICHTS MEHR FÜR DIESEN KERL! ICH ERHÖH DIE PREISE. GELD MUSS MAN VERMEHREN. BESSER KANN DAS GESCHÄFT NICHT GEHN! GÄSTE SCHMECKT DAS GUT!
MRS. LOVETT DAS MACHT MUT. TODD
(lehnt sich aus dem Fenster) PST!
MRS. LOVETT
(zu den Gästen) ENTSCHULDIGT. TODD PST!
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MRS. LOVETT (zu TOBIAS) HEY, PASS AUF DIE KUNDEN AUF. TODD PST! MRS. LOVETT
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(geht zu ihm) JA, WAS IST? SCHNELL, DAS LOKAL IST VOLL! TODD ES IST SCHON SECHS UHR!
MRS. LOVETT ALSO SCHÖN, SECHS UHR.
TODD DOCH ES HIESS, ER WÄR HIER SCHON UM VIERTEL VOR VIER!
TODD UND NUN IST ES SECHS!
ICH WART’ STUNDENLANG SCHON! DOCH ER IST NOCH NICHT HIER! WAS NUN?
MRS. LOVETT ER WIRD SICHER BALD KOMMEN, BERUHIGT EUCH DOCH! ER WIRD KOMMEN, UND DAS BALD SCHON. BLEIB GANZ STILL UND NIMM DIR EINEN HUMPEN VOLL BIER. GUT, GUT.
GÄSTE BRINGT NOCH MEHR! TODD
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KOMM HERAUF, WENN ER KOMMT!
MRS. LOVETT (zu TODD, während sie zurück in den Garten geht) DU MUSST RUHIG HIER WARTEN. AUCH DIE KUNDEN IM GARTEN, DIE WOLLEN NICHT WARTEN ...
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(rotiert im Garten) UND ICH MUSS MICH BEEILEN! (Sie verschüttet Bier.) HOPS! KANNST DU NICHT SCHAUEN? (MRS. LOVETT gibt dem Gast ein neues Bier.) NEHMT HIER DAS EINSTWEILEN! (Ein Gast versucht zu verschwinden, ohne zu bezahlen.) TOBY! SCHNAPP DIR DEN GENTLEMAN!
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(TOBIAS schnappt sich den Gast und kassiert. MRS. LOVETT wendet sich an einen anderen Gast.) SCHAU, DASS SIE NICHT KLAUEN! MAN MÜSST’ SICH ZERTEILEN! (schaut noch einmal zu dem Zechpreller) DAS WAR SICHER EIN AUSLÄNDER.
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GÄSTE SCHMECKT DAS GUT! GANZ UNVERGLEICHLICH! (Während des Folgenden erscheint eine große Kiste, die von einem Kran zum Barbiersalon transportiert wird. TODD bemerkt sie.) MRS. LOVETT MEIN GEHEIMNIS? (zu einer FRAU) DAS REZEPT HAB ICH SEIT JAHREN. DAS GEHEIMNIS LIEGT NUR IM GEWÜRZ. SO, ZUM BEISPIEL, DARF MAN NICHT MIT PFEFFER SPAREN, WILL MAN DEN GESCHMACK BEWAHREN.
GÄSTE BRINGT NOCH MEHR! (MRS. LOVETT hastet in den Laden und lädt ein weiteres Tablett voll) HERBEI! NOCH MEHR! TODD
(aus dem Fenster heraus) PST!
MRS. LOVETT
TODD
PST!
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(zu einem Gast im Laden) ENTSCHULDIGT.
MRS. LOVETT
(zu TOBIAS) KOMM, PASS AUF DIE KUNDEN AUF. TODD
PST!
MRS. LOVETT WAS IST JETZT? SCHNELL! DAS LOKAL IST VOLL. TODD ER IST DA!
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MRS. LOVETT INTAKT? TODD ER IST NOCH VERPACKT. (MRS. LOVETT hat noch ein Tablett Pasteten in der Hand.) TODD KANN ES NICHT MEHR ERWARTEN, ICH GEH VORAUS.
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MRS. LOVETT ICH BRING’ DIE NOCH ZUM TISCH, DENN JETZT SIND SIE NOCH FRISCH. DANN KOMM ICH INS HAUS. HAB GEDULD, SCHATZ! JA, ICH KOMM GLEICH! DIE HIER SIND SCHON BEZAHLT, UND SIE SIND SCHON FAST KALT.
WIR PROBIEREN IHN AUS.
(Während des Folgenden wird die Kiste zum Salon heruntergelassen.)
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MRS. LOVETT (ohne Atem zu holen, grinst einen Gast an) OH, UND KENNT IHR MRS. MOONEY? ENDLICH IST DIE PLEITE. MOCHTE IHR GETU NIE. KEINER KAUFT NOCH PASTETEN DORT. (SIE bedeutet Tobias, er solle die BETTLERIN verjagen.) WISST IHR, WAS MICH FREUTE? (zum Gast, während TOBIAS wieder einmal die BETTLERIN verscheucht) GESTERN KAM IM NU SIE IN DEN LADEN GELAUFEN, PASTETEN ZU KAUFEN UND DAS MACHT MUT! GÄSTE (singen mit vollgestopftem Mund) SCHMECKT DAS GUT! DAS IST FANTASTISCH, EINFACH KÖSTLICH, WIE DAS DUFTET! OH, MEIN GOTT, DAS SCHMECKT JA SO GUT!
(Inzwischen ist MRS. LOVETT oben bei TODD, der die Kiste geöffnet und seinen neuen Friseurstuhl ausgepackt hat.) MRS. LOVETT UND TODD (verzückt) UUUH! UUUH! TODD IST DIESER STUHL NICHT EINE PRACHT? Seite 79
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DURCHDACHT IN JEDEM TEIL DER MASCHINERIE! MRS. LOVETT (gleichzeitig) WIE HERRLICH! WIE HERRLICH!
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TODD NUR MEIN GENIE HAT DAS VOLLBRACHT, ERDACHT MIT GEISTESSCHÄRFE UND FANTASIE. MRS. LOVETT
(gleichzeitig) FANTASTISCH! EIN PRACHTSTÜCK!
TODD ES SIND EIN PAAR KLEINERE GRIFFE ZU TUN. ICH BRAUCH NICHT LANGE. ICH RUF DICH. MRS. LOVETT
(gleichzeitig) MACH DU DIE PAAR KLEINEREN GRIFFE. NIMM DIR NUR ZEIT, ICH SCHAU SCHNELL NOCH IM GARTEN NACH.
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TODD (betrachtet den Stuhl, während MRS. LOVETT zurück in den Gastgarten läuft) DAS IST MEIN NEUER FREUND! TOBIAS IST DIESES MAHL NICHT EINE PRACHT, ERDACHT VON EINEM MEISTER DER HARMONIE? MRS. LOVETT
(gleichzeitig) WIE HERRLICH! WIE HERRLICH!
TOBIAS WER DIES VOLLBRACHT, IST EIN GENIE, DENN DIESER SCHMAUS IST WAHRLICH KÖSTLICH GEMACHT. MRS. LOVETT
(gleichzeitig) FANTASTISCH! Seite 80
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EIN PRACHTSTÜCK! TOBIAS & MRS. LOVETT (versetzt) DIE ZARTE KRUSTE ZU PROBIEREN, WOLLT IHR DOCH AUCH. SO ETWAS IST NICHT ZU KOPIEREN, SO MILD, EIN HAUCH! TODD
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(gleichzeitig) UND NUN ZUM TEST DES BESTEN STUHLS DER WELT! MRS. LOVETT
ES TUT DIR WIRKLICH GUT.
TOBIAS
(gleichzeitig) SO KÖSTLICH! DAS MAHL WIRD FESTLICH. TODD
(gleichzeitig) ES IST JETZT ZEIT.
GÄSTE
(gleichzeitig) JAM, JAM, JAM…
TODD
(von oben zu MRS. LOVETT) PST!
MRS. LOVETT
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(zu den Gästen) ENTSCHULDIGT.
TODD
PST!
MRS. LOVETT
(zu TOBIAS) KOMM, PASS AUF DIE GÄSTE AUF. TODD
PST!
MRS. LOVETT
(geht zu ihm) SCHON FERTIG? TODD SCHNELL JETZT!
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MRS. LOVETT ICH KRIEG DAS FLATTERN. TODD WENN ICH STAMPFE – SO! – DIESES ZEICHEN SAGT DIR, DASS ICH FERTIG BIN HIER. WENN ICH STAMPFE – SO.
MRS. LOVETT JA JA, MIT DEM FUSS.
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ICH MUSS SICHER NUR SEIN,
JA, ICH WEISS, ES SAGT MIR, DASS DU FERTIG BIST HIER. UND DANN STAMPFST DU SO. HAB VERTRAUEN! HAB VERTRAUEN! ICH BIN UNTEN BEREIT, WENN DU WILLST JEDERZEIT.
DASS DU AN DEINEM PLATZ DANN BIST.
TODD ICH KLOPF’ DREIMAL. (demonstriert das Klopfen am Fensterbrett) DREIMAL. (klopft noch einmal; sie nickt ungeduldig) UND DANN DU. (sie klopft zweimal) DREIMAL! (sie klopft genervt und nachdrücklich dreimal) WENN DU… (sie klopft wieder dreimal und dreht die Augen zum Himmel) GANZ RICHTIG! GÄSTE BRINGT NOCH MEHR!
MRS. LOVETT
GOTT!
GÄSTE
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NOCH MEHR!
MRS. LOVETT (über die Schulter zu den Gästen) JA!! GÄSTE
PASTE-
TODD (bemerkt, dass ihre Aufmerksamkeit geteilt ist) PST! GÄSTE -TEN! MRS. LOVETT WART’!
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(MRS. LOVETT läuft in die Backstube, die man jetzt erstmals sieht. Ein riesiger Backofen, ein Metzgertisch, ein überdimensionaler Fleischwolf. An der Wand die Ausgangsöffnung eines großen Müllschluckers, der mit dem Rasiersalon oben verbunden ist. Dort befindet sich vor dem Rasierstuhl eine automatische Falltür, die durch einen Hebel am Rasierstuhl betätigt wird. Die ganze Sache wird jetzt ausprobiert. TODD legt ein Bündel Bücher auf den Sitz, stampft dreimal auf den Fußboden, MRS. LOVETT antwortet von unten mit dreimaligem Klopfen. TODD betätigt den Hebel, die Bücher rutschen durch die Falltür und kommen unten aus dem Müllschlucker. MRS. LOVETT zeigt durch Klopfen an, dass alles funktioniert. TODD antwortet mit triumphierendem Stampfen.) GÄSTE BRINGT NOCH MEHR! (MRS. LOVETT eilt aus der Backstube heraus.) NOCH MEHR! VIEL MEHR! (TODD bastelt weiter beseelt am Stuhl herum.) PASTETEN!
MRS. LOVETT UND TODD
(zu den Gästen) ESST DOCH LANGSAM! FEINES MUSS MAN DOCH GENIESSEN. ESST DOCH LANGSAM, ’S KOSTET SEINEN PREIS. ESST DOCH LANGSAM. DAS WAR ALLES. GEHT, WIR SCHLIESSEN. (MRS. LOVETT hängt ein „Ausverkauft“-Schild auf.) KOMMT HALT MORGEN WIEDER ...
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MRS. LOVETT (bemerkt etwas auf der Straße) BLEIBT NOCH! GÄSTE BRINGT NOCH MEHR!
MRS. LOVETT DAS WIRD SCHWER! (Sie sieht, wie sich der MANN MIT KAPPE aus dem ersten Akt dem Barbierschild nähert. Er sieht hoch und zieht TODDs Glocke – dreimal.) WER WILL MEHR? (TODD schaut hinaus, sieht den Mann, winkt ihn herauf; der Mann geht die Treppe hinauf. TODD hat das Rasiermesser in der Hand, beide gehen in den Freeze. MRS. LOVETT nimmt das „Ausverkauft“-Schild wieder ab und wendet sich wieder ihren GÄSTEN zu.)
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MRS. LOVETT WEIL ES NOCH SO FRÜH IST, GIBT’S NOCH MEHR PASTETEN. MEINE THEORIE IST – TOBY! – GOTT WALTET ÜBER UNS. DA HILFT NUR NOCH BETEN, WENN MAN KEIN GENIE IST.
TOBIAS IST DIESES MAHL NICHT EINE PRACHT, ERDACHT VON EINEM MEISTER DER HARMONIE? WER DIES VOLLBRACHT, IST EIN GENIE, DENN ...
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MRS. LOVETT (bemerkt, dass sich die BETTLERIN wieder herumtreibt) TOBY! SCHMEISS DOCH DIE ALTE RAUS!
(Während TOBIAS wieder einmal die BETTLERIN hinausbringt, läuft MRS. LOVETT zurück in den Pastetenladen.)
GÄSTE (beginnen mit vollem Mund zu singen, nach und nach schlucken sie herunter und die Aussprache wird deutlicher) SCHMECKT DAS GUT! DAS IST FANTASTISCH! EINFACH KÖSTLICH! WIE DAS DUFTET! OH, MEIN GOTT, WIE HERRLICH! DIE PASTETEN SCHMECKEN (MRS. LOVETT macht es sich im Laden mit einem Krug Bier gemütlich.) JA SO GUT! (Blackout.)
AKT II, SZENE 2
(Die Glocken von St. Dunstan’s erklingen sanft. Es dämmert. ANTHONY sucht die Straßen von London nach JOHANNA ab.)
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Nr. 20 – JOHANNA (II. AKT SEQUENZ)
ANTHONY ICH SPÜR’ DICH, JOHANNA, ICH SPÜR DICH! WENN ICH DICH AUCH NICHT MEHR SEHE, WEIL SIE DICH IM DUNKELN WEGSPERR’N, BLEIB’ ICH DOCH IN DEINER NÄHE, ZART VERHÜLLT VON DEINEM BLONDEN HAAR. JOHANNA ...
(Während er weitersucht, wechselt das Licht auf den Barbiersalon. TODD sitzt rauchend auf der Außentreppe und genießt den Morgen. Während der folgenden Passage kommt ein KUNDE. TODD führt ihn in den Salon und bittet ihn, auf dem Stuhl Platz zu nehmen. Er bereitet die Rasur vor. Während der
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gesamten Nummer bleibt TODD freundlich, wehmütig, wie im Traum. Was er singt, ist von der Handlung völlig losgelöst, ebenso wie er. Er singt ins Leere.)
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TODD JOHANNA … BIST DU SO WUNDERSCHÖN UND BLASS, GENAU WIE SIE, MEIN KIND? GENAU SO WUNDERSCHÖN UND BLASS, WIE MEINE TRÄUME SIND, JOHANNA? ANTHONY
JOHANNA ...
TODD BIST DU AUCH WUNDERSCHÖN UND WEHT DEIN HAAR WIE GOLD IM WIND, ICH WERDE DICH WOHL NIE MEHR SEH’N, (Er schlitzt dem KUNDEN die Kehle auf.) MEIN KLEINER SCHATZ, MEIN KIND, JOHANNA ... ANTHONY ICH HOL’ DICH, JOHANNA!
TODD LEB WOHL, JOHANNA! BIST FORT UND BLEIBST DOCH MEIN, NUR MEIN, JOHANNA, ALLEIN. (Er zieht am Hebel, und der KUNDE verschwindet in der Falltür.) ANTHONY
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JOHANNA ...
(Die Nacht bricht an. Schwarzer Rauch steigt aus dem Kamin der Backstube, eine schmale Spur, die sich allmählich in einer großen, schwarzen Giftwolke verliert. MRS. LOVETT ist im Nachthemd in die Backstube, die Ofenklappe steht offen, und das Feuer wirft ein flackerndes Licht in die Stube. MRS. LOVETT wirft Leichenteile in den Ofen. Auf der Straße taucht die BETTLERIN auf, sie hustet und spuckt und schleppt ein Strohbündel – ihr Bett – mit sich.) BETTLERIN
(zornig und laut) RAUCH! RAUCH! ZEICHEN DES TEUFELS! ZEICHEN DES TEUFELS! ÜBERALL FEUER! (Sie versucht, Passanten aufmerksam zu machen, aber sie wenden sich ab – offenbar von ihr abgestoßen.) HIER! HIER! (spuckt in Richtung Backstube) RIECHT IHR DAS? EIN MORDSGESTANK! JEDE NACHT UM DIE GEISTERSTUND’, Seite 85
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STEIGT HIER RAUCH AUS DEM HÖLLENSCHLUND! ÜBERALL FEUER! (Der Rauch verzieht sich, als es dämmert.) ÜBERALL FEUER! UNHEIL! UNHEIL! UNHEIL!
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(SIE verschwindet. Der nächste Tag. ANTHONY irrt noch immer durch die Straßen. TODD ist in seinem Salon und schaut gutgelaunt hinunter auf die Straße. Ein ZWEITER KUNDE kommt herein und wird von ihm für die Rasur vorbereitet.) TODD AUCH WENN ICH NIEMALS WIEDER HÖR’, WIE DEINE STIMME KLINGT, ICH BIN NICHT TRAURIG, NEIN, NIE MEHR, WENN MIR DER PLAN GELINGT, JOHANNA ...
JOHANNAS STIMME (Ihre Stimme wird nur von ANTHONY vernommen. Sie wird hinter Gittern sichtbar – sie befindet sich in FOGGs Irrenhaus, in das sie eingesperrt worden ist.) ICH HEIRAT’ ANTHONY SONNTAG … ANTHONY SONNTAG … ANTHONY ICH SPÜR DICH, JOHANNA!
TODD UND DIE ERINN’RUNG HOLT MICH EIN, IST AUCH DER TAG SO FERN ... ANTHONY
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JOHANNA ...
TODD DU STRAHLST MIR WIE DER HELLSTE SCHEIN, MEIN KLEINER SCHATZ, MEIN STERN, JOHANNA. JOHANNAS STIMME DU HOLST MICH ZU DIR, DAS WEISS ICH, ZU DIR, DAS WEISS ICH.
TODD BLEIBST MEIN, JOHANNA,
ANTHONY
JOHANNA!
(Auf der zweite Silbe von „Johanna“ schneidet TODD seinem Kunden die Kehle durch, so dass auch er ein „..Ah“ von sich gibt.) TODD BIST DU AUCH NOCH SO FERN, (Es dämmert; TODD schaut auf.) OH, SCHAU, JOHANNA, Seite 86
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(betätigt den Hebel und der Kunde verschwindet) EIN STERN! ANTHONY ZART VERHÜLLT VON DEINEM BLONDEM HAAR. TODD (wirft den Hut des KUNDEN hinterher) UNENDLICH FERN.
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(Es ist wieder Nacht geworden. MRS. LOVETT arbeitet wieder in der Backstube. Rauch steigt aus dem Kamin. Hustend erscheint die BETTLERIN.) BETTLERIN
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(zeigt)
DORT! DORT! IRGENDWER, IRGENDWER, SEHT DOCH DORT! (Die Passanten ignorieren sie weiter.) RIECHT IHR DENN GAR NICHTS? LAUFT NICHT FORT! ÜBERALL FEUER! RASCH, RASCH! KOMMT UND SUCHT! SONST SEID IHR VON DER HEX’ VERFLUCHT! ES IST DA! RIECHT IHR NICHT DIESE TEUFELEI? SAGT ES DOCH DEM BÜTTEL! HOLT DIE POLIZEI! SAGT’S IHM! SAGT’S IHM! HELFT! HELFT! HELFT! ÜBERALL FEUER! (Der Rauch wird dünner; es dämmert.) ÜBERALL FEUER! UNHEIL! UNHEIL! UNHEIL! (Sie deutet mit den Fingern einen kraftlosen Fluch gegen die Backstube an.) HELFT! (zuckt mit den Achseln; wendet sich erbarmungswürdig an einen Passanten) HELFT! HELFT!
(Sie rennt wieder weg. Während der letzten nun folgenden Strophe der Nummer heißt TODD einen DRITTEN KUNDEN willkommen. Er tötet diesen nicht, weil DESSEN FRAU und KIND draußen warten – das KIND ist in den Salon gekommen, hat sich auf die Truhe gesetzt und beobachtet TODD. Wenn der Song endet, schaut TODD wieder sanft zum Himmel.) TODD
(rasiert den KUNDEN) SOLANG MEIN HERZ SICH WEITER REGT, DENK’ ICH NOCH STETS AN DICH, WENN AUCH VERBLASST, WAS MICH BEWEGT, WEIL SO VIEL ZEIT VERSTRICH, JOHANNA.
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ANTHONY JOHANNA ... JOHANNA WIR SIND ZUSAMMEN AM SONNTAG. BALD IST ES SONNTAG. TODD (traurig)
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DU WÄRST SO BLASS UND WUNDERSCHÖN, SÄHST AUS WIE SIE SOGAR. UND KÖNNTEN ENGEL MICH VERSTEH’N, ES WÜRDE SO, WIE’S WAR. JOHANNA. ANTHONY ICH SPÜR DICH, JOHANNA! JOHANNA HEIRAT MICH SONNTAG ... HEIRAT MICH SONNTAG ... TODD
(heiter zum Himmel aufblickend) WACH AUF, JOHANNA! ES KOMMT EIN NEUER TAG. (wehmütig lächelnd) ICH LERN’, JOHANNA, UND SAG’ LEB WOHL.
(TODD hat den KUNDEN fertig rasiert, nimmt die Bezahlung entgegen. Der KUNDE geht mit seiner Familie davon.) ANTHONY
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(verschwindet in der Ferne) ICH HOL DICH!
AKT II, SZENE 3
Nr. 20a – GRÜNFINK UND NACHTIGALL Reprise
(Vor dem Gittertor zu FOGGs Irrenhaus. Von drinnen hört man merkwürdige, erschreckende Geräusche, das Schreien und Wimmern der INSASSEN. Über diese bizarre Kakophonie erhebt sich nach einer Weile die Stimme JOHANNAs. Aus einem Fenster dringen Fetzen von „Grünfink und Nachtigall“. Wenig später bricht ihr Gesang ab, auch die anderen Insassen werden still, als der niedergeschlagene ANTHONY auftritt. Als er über die Bühne geht, beginnt JOHANNA wieder zu singen.) JOHANNA GRÜNFINK UND NACHTIGALL … GRÜNFINK UND NACHTIGALL … GRÜNFINK UND NACHTIGALL … Seite 88
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ANTHONY (hält zunächst ungläubig, dann überglücklich inne) Johanna! (ruft aufgeregt zum Fenster hinauf) Johanna! Johanna! (Ein Passant kommt.) Verzeihung, Sir, können Sie mir sagen, was das hier für ein Haus ist?
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PASSANT Das? Das ist Mr. Foggs Asyl für Verrückte.
ANTHONY
Ein Irrenhaus?!
PASSANT Wenn ich Sie wäre, würde ich da herum einen großen Bogen machen. (Ab. JOHANNAs Stimme erklingt wieder.) ANTHONY
Johanna! Johanna! (Er schlägt mit den Fäusten gegen das Tor.) Aufmachen! Aufmachen! (Der BÜTTEL erscheint, wie immer mit falscher Liebenswürdigkeit.) BÜTTEL Aber, aber, mein Freund, was soll denn dieses Geschrei?
ANTHONY Oh, Sir! Hier ist ein schrecklicher Irrtum passiert! Eine junge Frau wurde hier eingesperrt, aber sie ist normal und gesund, wie Ihr und ich. BÜTTEL Was Ihr nicht sagt. Wie ist denn der Name dieser Person? ANTHONY
Johanna.
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BÜTTEL Johanna? Sie ist nicht zufällig das Mündel des ehrwürdigen Richters Turpin? ANTHONY Ja, das stimmt! Es ist der Teufel in Menschengestalt, der ihr das angetan hat!
BÜTTEL Du, hüte deine Zunge! Das Mädchen ist leider wirklich total verrückt. Ich selbst habe sie hierhergebracht. Und jetzt mach, dass du weiterkommst! ANTHONY Ihr habt kein Recht, mir so etwas zu befehlen.
BÜTTEL So? Kein Recht? Meinst du? Du verschwindest auf der Stelle, oder ich verhafte dich wegen Ruhestörung und Beleidigung einer Amtsperson! ANTHONY Gibt es denn keine Gerechtigkeit in dieser Stadt? Sind die Hüter des Gesetzes schon genau so verabscheuungswürdig wie die Obrigkeit? Johanna! Johanna! Seite 89
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(Mit einer Geste des Bedauerns pfeift der BÜTTEL nach zwei POLIZISTEN. Er deutet auf ANTHONY. Als die POLIZISTEN ihn ergreifen wollen, rennt ANTHONY davon, die POLIZISTEN ihm nach.) BÜTTEL (ruft ihnen nach) Ihm nach! Fasst ihn! Schlagt ihn nieder, wenn es sein muss! Das ist die Sorte von Halunken, die diese Gegend in Verruf bringt!
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AKT II, SZENE 4
(Während es dunkel wird, ist wieder das Jammern der IRREN zu hören. Dies wird jedoch durch die Stimme von MRS. LOVETT übertönt, die in ihrem Wohnzimmer am Harmonium sitzt und singt.)
Nr. 20b – SCHLIMM, BIM, DIDDL DI BIM
MRS. LOVETT ICH KLEINER SPATZ HAB NEN SCHATZ, DOCH MEIN SCHATZ FAND NEN ANDEREN FRATZ IN CANTERBURY. DAS IST SCHLIMM, BIM, DIDDL DI BIM. DAS IST SCHLIMM, BIM, DIDDL DI BIM.
(Der Raum ist durch neue Tapeten und ein Harmonium aus zweiter Hand verschönt. MRS. LOVETT benützt das Harmonium als Schreibtisch. Sie hat ein kleines Notizbuch für die Abrechnung und stapelt Münzen.)
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(MRS. LOVETT) Nach einem schweren Tag gibt es doch nichts Schöneres als gemütlich hier zu sitzen, nicht wahr? (stapelt Münzen) Vier und drei Pence … vier und elf … (notiert etwas in ihrem Büchlein und addiert im Kopf) ... macht sieben Pfund, neun Schilling und vier Pence für diese Woche. Nicht schlecht. Und dazu kommt noch, was ich für die schöne neue Tapete ausgegeben hab und für das Harmonium. (tätschelt es anerkennend) Das war eine echte Gelegenheit. Es ist nur ganz wenig angesengt – weil die Kapelle abgebrannt ist, wo es stand. (sieht zu TODD, der auf nichts reagiert) He, Mr. Todd? Hört Ihr mir überhaupt zu? TODD Ja, natürlich. MRS. LOVETT Also was hab ich gesagt, hä?
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TODD (in Gedanken) Es muss doch einen Weg geben – zum Richter. MRS. LOVETT
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(geht zu ihm) Ach, lass doch den verdammten Richter! (massiert ihm den Nacken) Wir haben jetzt ein nettes, respektables Geschäft – und ein einträgliches noch dazu. Wenn wir sorgfältig auswählen – nur Fremde und solche, nach denen kein Schwanz sucht – was soll dann passieren? (Keine Reaktion; sie beugt sich zu ihm und gibt ihm ein Küsschen.)
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Nr. 21 – AN DER SEE (Teil I)
(MRS. LOVETT) OH, MISTER TODD, (küsst ihn) ICH BIN GLÜCKLICH! (küsst ihn wieder) UND ICH (Kuss) FRESS DICH GLEICH! ICH FRESS DICH AUF! KENNST DU MEINEN GRÖSSTEN WUNSCH, MISTER TODD? (Kuss) MEINEN TRAUM? (Kuss) GEHT ES WEITER SO BERGAUF … WO MÖCHT’ ICH WOHL EINMAL SEIN? (keine Reaktion) NUR MIT DIR ALLEIN … (keine Reaktion) WEISST DU, WAS ICH MEIN’? TODD
Natürlich.
MRS. LOVETT WEISST DU WIRKLICH, WAS ICH MEIN’? TODD
(heuchelt Enthusiasmus) Ja, ja, ich weiß.
MRS. LOVETT (lehnt sich zurück; nach einer Pause:) Ich träume schon immer davon … seit ich ein kleines Mädchen war – so ein kleines, zartes Ding – seit Tante Nettie mich einmal mit ans Meer genommen hat … Der Kai Seite 91
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… Sandburgen bauen am Strand … Ich spür immer noch das Wasser zwischen meinen Zehen. Einmal möchte ich noch dort sein …
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AN DER SEE, MISTER TODD, DARAUF TÄT ICH BRENNEN. UND AUCH DU, MISTER TODD, SOLLTEST DIR DAS GÖNNEN! DU UND ICH, MISTER TODD, NUR WIR ZWEI ALLEIN. JA, DAS KÖNNT’ DOCH ROMANTISCH SEIN DORT AN DER SEE. TODD ALLES, WAS DU WILLST.
MRS. LOVETT ES WÄR WIE IM HIMMEL! (TODD lächelt gequält.) MIT DEM MEER VOR DER TÜR KÖNN’N WIR BIS ZUM PLATZEN HERING ESSEN, UND WIR SCHNÄBELN WIE DIE SPATZEN. UND AM ABEND IM HAUS, WENN WIR ZÄRTLICH TRATSCHEN, BIN ICH LIEB UND BRING’ DIR DIE LATSCHEN. AN DER SEE. WIRD UNS KEINER STÖREN. AN DER SEE WERD’ ICH DIR GEHÖREN, DORT AN DER SEE!
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TODD ALLES, WAS DU WILLST. ALLES, WAS DU WILLST.
MRS. LOVETT ICH SEH UNS ERWACHEN, DIE BRECHER KRACHEN, DIE MÖWEN LACHEN, HU, HU! (Sie glaubt, sie wäre charmant. TODD sieht sie ungläubig an.) KOCH’ FEINE SACHEN, ERST REINEMACHEN, DANN DU-HU! (winkt) HU, HU! IM STRANDCAFÉ EINEN FEINEN PLATZ, Seite 92
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TRINK RUM MIT TEE DORT MIT MEINEM SCHATZ. ICH STRICK DEINE SOCKEN, DU STREICHST MEINE LOCKEN, (kokett) ES LÄUTEN DIE GLOCKEN DAZU-HU!
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TODD ALLES, WAS DU WILLST.
MRS. LOVETT UND WIR KUSCHELN UNS UNTER DIE WARME DECKE. NUR WIR ZWEI, DU UND ICH UND DAS MEER UM DIE ECKE. IN DEM SCHLUPFWINKEL WIR, ALS VERLIEBTES PÄRCHEN. LEBEN GLÜCKLICH, SO WIE IM MÄRCHEN, AN DER SEE. TODD ALLES, WAS DU WILLST.
MRS. LOVETT LIEBST DU NICHT DIE WELLEN AN DER SEE, UND AUCH AND’RE STELLEN? DORT AM SEESTRAND, HU, HU! AN DER HERRLICHEN SEE!
Oh, ich seh uns schon in unseren Badekostümen. Du in einem hübschen Himmelblau und ich – vielleicht gestreift …
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Nr. 21a – AN DER SEE (Teil II)
MRS. LOVETT OB DER HIMMEL BLAU IST, DAS WETTER RAU IST, MUSS UNS NICHT SCHEREN, WOZU-HU? WO EINE FRAU IST, GEHÖRT BETÖREN DAZU-HU!
WILLST IN MEINEM HAFEN VOR ANKER GEH’N, DARFST PARAGRAPHEN NICHT ÜBERSEH’N. WIR FAHR’N ZUM ALTAR FORT, DANN STEH’N WIR ALS PAAR DORT, UND ICH HAUCH’ DAS JAWORT Seite 93
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IM NU-HU! (TODD grinst entsetzt.) UND WER WEISS, WIE ES IST? ES KÖNNT‘ EINQUARTIEREN SICH EINMAL EIN TOURIST, DEN KANNST DU RASIEREN. REIST ER SOLO, WIRD MAN IHN WOHL NICHT VERMISSEN, UND ER DIENT UNS ALS LECKERBISSEN! AN DER SEE SCHWINGST DU DEINE MESSER. AN DER SEE GEHT’S UNS SO VIEL BESSER. DORT AM SEESTRAND, HU HU, AN DER HERRLICHEN SEE! (Am Ende der Nummer spielt sie einen Takt des Hochzeitsmarsches auf dem Harmonium. Danach kuschelt sie sich zu TODD aufs Sofa.) Komm, gib ein Küsschen! (küsst ihn) Oh, war das schön! Mr. Todd, du liebst mich doch auch ein kleines bisschen, nicht wahr? TODD
Ja, natürlich.
MRS. LOVETT Na, wie wär’s dann? Es bräuchte nur einen winzigkleinen Besuch beim Standesamt, um die Sache zu legalisieren. Aber das wär’ wohl nicht so schlimm – oder? TODD
(hat wieder nicht zugehört) Ich werde sie büßen lassen für das, was sie meiner Lucy angetan haben! MRS. LOVETT
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(fast schimpfend) Jetzt hör mir mal zu. Es ist wirklich höchste Zeit, dass du aufhörst mit deinen Spinnereien. Deine Lucy ist weg, das arme Ding – aber deine Nelli ist hier! (nimmt ein Bonbon aus ihrer Börse) Hier! Da, nimm einen Bonbon! (Sie küsst ihn mit dem Bonbon zwischen ihnen; sie hat einen Einfall.) Weißt du was? Pfingsten ist es siebzehn Jahre her, dass mein armer Albert dahingeschieden ist. Vielleicht könnte ich in Weiß vor den Altar, was denkst du? (Aus dem Pastetenladen hört man ANTHONY rufen.) ANTHONY (aus dem Off) Mr. Todd! Mr. Todd! (kommt hereingelaufen) Ich hab sie gefunden! Seite 94
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TODD (springt auf) Du hast Johanna gefunden? ANTHONY Dieses Monster von Richter hat sie ins Irrenhaus sperren lassen! TODD Wo? Wo?
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ANTHONY Wo man nicht an sie herankommen kann. In Foggs Asyl. Oh, Mr. Todd – zusammen mit all diesen kreischenden, sabbernden Irren! TODD
Im Irrenhaus. Im Irrenhaus!
(Er dreht sich ruckartig um; wie im Fieber.)
Nr. 22 – Perückenmacher-Sequenz
(TODD)
Johanna ist so gut wie gerettet.
MRS. LOVETT
(verwirrt)
Was?
TODD Was glaubt ihr, wo die Perückenmacher in London ihr Haar herbekommen? MRS. LOVETT Was weiß ich? Aus dem Leichenschauhaus wahrscheinlich.
TODD Aus den Irrenhäusern. Sie holen es sich von den Verrückten im Irrenhaus. ANTHONY
Ihr meint …
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TODD Foggs Asyl? Warum nicht. Für den richtigen Preis verkaufen sie dir das Haar von jedem Idiotenschädel.
MRS. LOVETT Und den Skalp gleich dazu, wenn du ihn verlangst. Entschuldigt mich, ich hab genug. (Ab.)
TODD
(erregt zu ANTHONY) Wir schreiben einen Brief an diesen Mr. Fogg und bieten ihm den höchsten Preis für Haar in Johannas Farbe. Ich bin überzeugt, du kennst sie. ANTHONY Blond.
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SWEENEY TODD
TODD Das ist nicht exakt genug. Es gibt bei Haarfarben viele Nuancen. Pass auf, ich mache dich im Handumdrehen zu einem glaubwürdigen Perückenmacher. ES GIBT ROTBLOND, BRÜNETT UND SAFRAN, TIEFSCHWARZ UND DUNKELBRAUN. Wiederhol das. Wiederhole! ANTHONY
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Ja, Mr. Todd. TODD
Nun?
ANTHONY ES GIBT ROTBLOND, BRÜNETT UND SAFRAN, TIEFSCHWARZ UND DUNKELBRAUN.
TODD ES GIBT FEIN UND GROB UND GLATT UND LOCKIG UND WEICH, SPRÖDE UND MATT UND BOCKIG, STROHBLOND, OCKER, STUMPF UND FLOCKIG, GEWELLT, STRÄHNIG, GLÄNZ...
ANTHONY
ES GIBT FEIN UND GROB UND GLATT UND LOCKIG UND WEICH, SPRÖDE UND, MATT UND BOCKIG, STROHBLOND, OCKER...
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(SIE gehen ab. Es wird dunkel. Ein QUINTETT aus der Menge wird auf der Straße sichtbar.) QUINTETT SWEENEY WARTETE VIEL ZU LANG, DOCH NUN GING ALLES SEINEN GANG. DAS WAR DIE CHANCE, LANGE GEPLANT HAT ENDLICH SWEENEY DEN WEG GEBAHNT. SWEENEYS SORGEN, AN DIESEM TAG LÖSTEN SIE SICH MIT EINEM SCHLAG. SWEENEY WAR SCHARF, SWEENEY BRANNTE, SWEENEY FING AN, DAS ZÄHLWERK RANNTE.
SOPRAN SWEENEYS SORGEN, AN DIESEM TAG LÖSTEN SIE SICH MIT EINEM SCHLAG DURCH SWEENEY. SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY! ALT SWEENEY WARTET NICHT, NEIN, NIEMALS MEHR! NIEMALS MEHR! NICHT SWEENEY. SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY! TENOR SWEENEY WAR SCHARF, SWEENEY BRANNTE, SWEENEY FING AN, DAS ZÄHLWERK RANNTE. SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY!
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SWEENEY TODD
BARITON EINE CHANCE FÜR SWEENEY! WARTET NICHT, NICHT SWEENEY. SWEENEY. SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY! BASS SWEENEY WARTET NICHT, NICHT SWEENEY. NIEMALS MEHR! NICHT SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY!
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(Währenddessen erscheint TODD auf der Treppe zum Barbiersalon. In seiner Begleitung befindet sich eine seltsame Figur. Es ist ANTHONY, der als Perückenmacher verkleidet ist.)
ANTHONY (hat seinen Katechismus beendet) MIT STRÄHNCHEN GOLD WIRKT ASCHBLOND REINER, GOLD MACHT ES FEIN, DOCH FLACHS IST FEINER … JA, JA, ICH WEISS, BILLIG, NICHT FEINER.
TODD
GUT. GUT. GUT. NEIN, NEIN! FLACHSBLOND IST BILLIG!
TODD
HIER IST GELD. (gibt ihm eine Börse) Und da ist eine Pistole. (gibt sie ihm) Wenn es nötig ist, schieß.
ANTHONY Ein ganzes Dutzend Kerkermeister würde ich töten, um Johanna zu befreien.
TODD Dann geh jetzt. Halt, noch etwas. Wenn du sie hast, bring sie hierher zu mir. Hier ist sie in Sicherheit, bis du einen Wagen nach Plymouth besorgt hast.
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IC
ANTHONY Ich bin zurück, bevor es Abend wird. Mr. Todd. (ergreift TODDs Hände) Danke. Ihr seid ein wahrer Freund. (ANTHONY eilt davon.)
AKT II, SZENE 4A
(TODD setzt sich und beginnt, einen Brief zu schreiben. Das QUINTETT singt, was er schreibt.)
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Nr. 22a – DER BRIEF
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QUINTETT (verteilt, während TODD schreibt) SEHR HOCHVEREHRTER HERR RICHTER… (TODD macht eine Denkpause.) SEHR HOCHVEREHRTER … (TODD schnaubt verächtlich.) HOCHVEREHRTER … (Er schreibt weiter.) ICH WAGE, EUCH ZU SCHREIBEN. ES ... (Er sucht nach den richtigen Worten.) DRÄNGT MICH, EUCH ZU WARNEN VOR DEM HITZIGEN, (Er denkt nach.) JUNGEN (Er grunzt zufrieden.) SEEMANN. ER ENTFÜHRT HEUT DAS KIND JOHANNA ... (Er sieht traurig ins Leere.) JOHANNA ... JOHANNA ... (Er schreibt weiter.) AUS DEM INSTITUT, WO IHR SIE (Er denkt nach.) SO WEISE VERSTECKT HABT. MEIN WUNSCH IST ES, EUCH ZU DIENEN. DRUM HABE ICH ARRANGIERT, DASS ER NOCH HEUTE NACHT DAS KIND ZU MIR INS GESCHÄFT BRINGT, (Er taucht die Feder ein.) NACH FLEET STREET. WENN IHR HERKOMMT, DANN SCHLIESST IHR DAS KIND HEUT NOCH IN EURE ARME. (Er will schon unterzeichnen, als er lächelnd noch einen Satz einfügt.) SIE WIRD HIER WARTEN. (Er kontrolliert noch einmal das Geschriebene.) WARTEN. (Er taucht die Feder noch einmal ein und schreibt sorgfältig.) EUER SEHR ERGEBENER DIENER SWEENEY (Eine großer Schwung mit der Feder.) TODD. Seite 98
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Nr. 22b – Nach dem Brief (TODD eilt quer über die Bühne zum Haus von RICHTER TURPIN. Er klopft an die Tür, es wird geöffnet, und er gibt den Brief ab.) TODD Gebt das dem Richter. Es ist dringend.
AKT II, SZENE 5
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(Lichtwechsel. Früher Abend in MRS. LOVETTs Gastgarten. Die Gäste sind fort. MRS. LOVETT sitzt auf den Stufen und strickt an einem Schal. Die Glocken von St. Dunstan’s läuten. Kurz danach kommt TOBIAS aus dem Laden und hängt das Schild „Ausverkauft“ an den Eingang. Er geht zu MRS. LOVETT.)
TOBIAS Ich hab das „Ausverkauft“-Schild aufgehängt, Ma’am. MRS. LOVETT
Brav, mein Junge. (präsentiert den Schal) Schau mal, ist das nicht ein wunderschöner Schal? Und jetzt rat einmal, für wen er ist! TOBIAS
Ma’am! Für mich?
MRS. LOVETT Was für ein kluger Kopf du doch bist.
TOBIAS Ma’am, Ihr seid so gut zu mir. Wenn ich so denke, wie das mit Signor Pirelli war, dann meine ich, Euch muss der liebe Gott geschickt haben. MRS. LOVETT Das ist eben mein gutes Herz. Da drinnen ist Platz für alle Kreaturen Gottes. TOBIAS
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(sucht ihre Nähe; sehr ernst) Glaubt mir, Ma’am, es gibt nichts, was ich nicht tun würde für Euch. Wär da irgendein Monstrum oder Ungeheuer – oder sonst was Schlimmes, was Euch bedroht, ich würde es zerreißen, mit bloßen Fäusten. Ja, das würd‘ ich tun. MRS. LOVETT
Du bist ein lieber Kerl.
TOBIAS Oder auch ... wenn da ein Mann wär’ ...
MRS. LOVETT
(leicht beklommen) Ein Mann?
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TOBIAS (übertrieben verschwörerisch) Einer, der schlecht ist und Böses tut – und Euch, ohne dass Ihr es wollt, da mit hineinzieht. Nr. 23 – NICHTS KANN EUCH GESCHEHEN
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MRS. LOVETT (inzwischen sehr argwöhnisch) Was soll denn das? Wovon redest du?
TOBIAS NICHTS KANN EUCH GESCHEHEN, WENN ICH BEI EUCH BIN.
MRS. LOVETT Natürlich nicht. Was soll schon passieren?
TOBIAS GAR NICHTS KANN GESCHEHEN, MADAM, WEIL ICH BEI EUCH BIN. MRS. LOVETT
Was meinst du mit „ein Mann“?
TOBIAS
UNHOLDE LAUERN HEUTZUTAG DA UND DORT.
MRS. LOVETT (Etwas erleichtert streichelt sie ihm den Kopf.) Ja, da hast du recht.
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TOBIAS LANG WIRD’S NICHT DAUERN UND ICH JAG’ ALLE FORT.
MRS. LOVETT Ich bin sicher, das tust du. Du bist ein braves Kind.
TOBIAS NIEMAND WIRD EUCH QUÄLEN, KEINER KOMMT EUCH NAH.
MRS. LOVETT Mein Toby kriegt jetzt eine schöne Belohnung. TOBIAS IHR BRAUCHT NUR BEFEHLEN. ES GENÜGT EIN PFIFF, UND ICH BIN DA. MRS. LOVETT Wie wär’s mit einem feinen Bonbon? Seite 100
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(Sie will ihre Börse herausholen, aber TOBIAS hält ihre Hand fest.) TOBIAS TEUFEL VERDREHEN EUCH DEN KOPF, DOCH DEN TROPF PACK’ ICH GLEICH. NICHTS WIRD GESCHEHEN, WEIL ICH BEI EUCH BIN.
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MRS. LOVETT Was soll dieser Unsinn? Wovon redest du überhaupt?
TOBIAS So kleine Sachen, über die ich mich gewundert hab’ – und nachgedacht. Es ist wegen … Mr. Todd – oh, ich weiß, Ihr mögt ihn. Aber Männer sind nicht wie Frauen. Sie sind nicht das, wo man Vertrauen haben kann. Das hab ich gelernt. (Sie sieht ihn beunruhigt an.) KEINE SORGE! KEINE SORGE! ICH BIN NICHT SEHR SCHLAU, DOCH AUCH NICHT DUMM. VIELE SACHEN KANN ICH MACHEN. ICH BIN STARK, ICH FALL’ SO LEICHT NICHT UM. NIEMAND KOMMT MIR KRUMM. NICHTS ERREICHEN UND NUR SCHWATZEN, DAS IST GAUNEREI. MANCHE SCHLEICHEN WIE DIE KATZEN UM DEN HEISSEN BREI HERUM.
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MRS. LOVETT So, Toby, jetzt haben wir genug dummes Zeug geschwätzt. Jetzt wollen wir eine Weile ganz still hier sitzen. Da hast du ein Bonbon. (Sie holt die auffällige Geldbörse heraus, die das Publikum sofort als die von PIRELLI erkennt. Sie kramt darin nach einem Bonbon.) TOBIAS (plötzlich aufgeregt; er zeigt auf die Börse) Das ist doch Pirellis Geldbörse.
MRS. LOVETT (MRS. LOVETT bemerkt ihren Fehler und steckt die Börse rasch weg. Sie versucht Zeit zu schinden.) Was? Was ist, Schätzchen? TOBIAS Ja, ja – was ich mir immer gedacht hab’. Das ist seine Börse.
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MRS. LOVETT (versucht zu überspielen, dass sie inzwischen fast panisch ist) Ach, du Dummkopf. Nur so ein kleines Ding – Mr. Todd hat es mir zum Geburtstag geschenkt. TOBIAS Mr. Todd hat sie Euch gegeben? Und woher hat er sie? Woher hat er sie?
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MRS. LOVETT Na, gekauft hat er sie. Beim Pfandleiher. (Um ihn abzulenken, nimmt sie den halb fertigen Schal und strickt weiter.) Kein Grund zur Aufregung. NICHTS KANN DIR GESCHEHEN, WENN ICH BEI DIR BIN. GAR NICHTS KANN GESCHEHEN, TOBY, WEIL ICH BEI DIR BIN. TOBIAS
Ihr versteht mich nicht. DREI PFUND WAR’N DRINNEN, ODER VIER! Und die hätt’ er da gelassen? KEINE MINUTE, GLAUBT ES MIR! Es war oben bei Mr. Todd, wo der Meister verschwunden ist. MRS. LOVETT
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(halbherzig lachend) So ein Unsinn! Was fällt dir noch alles ein? Komm jetzt, setz dich hierher zu Tante Nelli und sei ein braver Junge. Schau nur den schönen Schal! Der wird dich fein warmhalten, wenn jetzt die kalten Tage kommen. Und passen tut er dir auch so gut! TOBIAS TEUFEL VERDREHEN EUCH DEN KOPF, DOCH DEN TROPF PACK’ ICH GLEICH! NICHTS WIRD EUCH GESCHEHEN, WEIL ICH BEI EUCH BIN.
MRS. LOVETT Weißt du, es ist ein komischer Zufall, dass du gerade jetzt auf einen kleinen Schwatz zu mir gekommen bist. Weil – wie ich hier so gesessen bin, beim Stricken, da hab ich gedacht: Was ist dieser Toby doch für ein tüchtiger Junge! Er arbeitet so schwer und ist so brav. Und dann hab ich mir noch gedacht… du wolltest doch schon immer einmal mit mir in die Backstube und beim Pastetenbacken helfen. TOBIAS (zum ersten Mal lässt er sich ablenken) Oh, ja, Ma’am! Ja, das stimmt!
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MRS. LOVETT Na, also, wie wär’s? TOBIAS Meint Ihr das wirklich? Ich darf helfen – beim Backen? (MRS. LOVETT küsst ihn, steht auf und zieht ihn mit sich zum Laden.) MRS. LOVETT Ja. Jetzt ist es so weit. Komm!
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(Sie geleitet ihn durch den Pastetenladen in die Backstube.)
AKT II, SZENE 5A
Nr. 23a – Nach „Nichts kann Euch geschehen“ TOBIAS
(sieht sich um) Oh, ein ziemlicher Gestank hier, nicht?
MRS. LOVETT
(weist auf die Falltür) Da geht’s hinunter in den alten Keller, von dort kommt der Modergeruch. Weiß Gott, was da alles unten ist – stockfinster und schimmlig! Und da sind auch immer ein paar Ratten, die zum lieben Gott gegangen sind. (führt ihn zum Ofen) Siehst du, das hier ist der Backofen. (Sie öffnet die Tür zum Ofen. Aus ihm ergießt sich ein rotglühender Schein. Sie schließt die Tür wieder.) TOBIAS
Oh – der ist ziemlich groß – wie?
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MRS. LOVETT Kaum groß genug, um all die Pasteten zu backen, die wir verkaufen. Zehn Dutzend auf einmal. Wichtig ist, dass die Türen immer ordentlich zu sind – wie jetzt. (nimmt ihn mit zum Fleischwolf) Das hier ist der Fleischwolf. (Sie dreht an dessen Kurbel, um zu zeigen, wie er funktioniert.) Da schmeißt du das Fleisch hinein, da wird es durchgedreht und kommt dann hier ganz fein heraus. (weist auf die Austrittsöffnung) Weißt du, was das Geheimnis ist? Was die Pasteten so fein und zart macht? Du musst das Fleisch dreimal durchdrehen. Dreimal. TOBIAS
Ah – dreimal – ja? MRS. LOVETT Ja, du bist ein gescheiter Junge. Ganz zart! Und sobald eine neue Portion Fleisch hereinkommt, machst du dich an die Arbeit. (Sie geht zur Tür zum Pastetenladen.) Seite 103
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TOBIAS (glückselig) Oh! Ich mach die Pasteten ganz allein! (bemerkt, dass sie gehen will) Wo geht ihr hin, Ma’am? MRS. LOVETT Bin gleich wieder da, Schätzchen!
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(In der Tür dreht sie sich noch einmal um und wirft ihm eine Kusshand zu. Dann geht sie in den Pastetenladen, schlägt die Tür hinter sich zu, verschließt sie und lässt den Schlüssel in ihrem Kittel verschwinden. TOBIAS merkt das nicht und dreht glücklich die Kurbel des Fleischwolfs.) TOBIAS
Ganz fein. Ganz zart. Dreimal.
AKT II, SZENE 5B
(MRS. LOVETT läuft hinauf zu TODD. Sie bemerkt nicht, dass zur gleichen Zeit der BÜTTEL in ihr Wohnzimmer kommt.) BÜTTEL
Mrs. Lovett! Mrs. Lovett!
MRS. LOVETT
Mr. Todd! Mr. Todd!
Nr. 24 – Einst lag die Polly gar traurig im Gras (Teil I)
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(Nachdem niemand hier ist, setzt sich der BÜTTEL ans Harmonium, spielt und singt aus einem Liederbuch.) BÜTTEL EINST LAG DIE POLLY GAR TRAURIG IM GRAS. HIMMELWÄRTS DREHT SIE DIE AUGEN. „ICH KLEINER SPATZ HAB’ ’NEN SCHATZ, DOCH ’NEN ANDEREN FRATZ FAND MEIN SCHATZ IN CANTERBURY.” DAS IST SCHLIMM – BIM DIDL DI BIM DAS IST SCHLIMM – BIM DIDL DI BIM.
(MRS. LOVETT kommt ins Zimmer und applaudiert.)
MRS. LOVETT Oh, Büttel Bamford! Ich hatte keine Ahnung, dass Ihr ebenfalls Musikliebhaber seid. BÜTTEL
(steht nicht auf) Einen schönen guten Tag, Mrs. Lovett. Ein hübsches Instrument habt Ihr Euch da angeschafft.
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MRS. LOVETT Oh ja! Es ist mein ganzer Stolz und mein einziges Vergnügen. (Der BÜTTEL setzt sich wieder, um weiterzuspielen.)
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BÜTTEL (singt, während MRS. LOVETT ihm mit Unbehagen zuschaut) UND WEIL DIE POLLY IHN NIEMALS VERGASS, LIEF SIE DURCH DIE GANZE STADT, WEINEND: „ICH ARMER SPATZ HAB’ ’NEN SCHATZ, DOCH NEN ANDEREN FRATZ FAND MEIN SCHATZ, DOCH ER HAT’S AUCH SCHWER, VON DEM HIN UND HER IN CANTERBURY.“ DAS IST SCHLIMM – BIM DIDL DI BIM DAS IST SCHLIMM – BIM DIDL DI BIM! (Er spricht, während er das Liederbuch durchblättert.) Nun Madame, ich hoffe, Ihr habt etwas Zeit. Ich komme nämlich in einer offiziellen Angelegenheit. MRS. LOVETT
Offiziell?
BÜTTEL So ist es, Madame. Es gibt Beschwerden.
MRS. LOVETT
Beschwerden?
BÜTTEL Es geht um den Gestank aus Ihrem Kamin. Es heißt, in der Nacht wäre es ziemlich übel. Gesundheitsvorschriften fallen nun einmal in meinen Aufgabenbereich. Ich fürchte, ich muss Sie bitten, mich einen Blick darauf werfen zu lassen.
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MRS. LOVETT (ihre Angst mühsam verbergend) In der Backstube? BÜTTEL
Ganz recht, Madame.
MRS. LOVETT (improvisiert mehr schlecht als recht) Aber es ist abgeschlossen und … ich habe den Schlüssel nicht. Mr. Todd hat ihn oben … und der ist nicht da – im Moment. BÜTTEL
Und wann wird er zurück sein? MRS. LOVETT Schwer zu sagen.
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BÜTTEL (findet in den Noten ein bestimmtes Lied) Ah, das hier hat Mutter immer gemocht ... Nr. 24a – Wenn’s einmal schlägt von der Glocke im Tal
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WENN’S EINMAL SCHLÄGT VON DER GLOCKE IM TAL, DING, DONG, SO HAST DU DIE WAHL: DING, DONG! SCHLÄGT ES EINMAL, NIMMT SIE DICH ZUM GE...
TOBIAS (von der Backstube her einstimmend, gleichzeitig) SCHLÄGT ES EINMAL, NIMMT SIE DICH ZUM GEMAHL. DING, DONG! BÜTTEL
(hört auf zu spielen) Was ist das?
MRS. LOVETT Oh, nur mein Junge, der Lauser, der mir hilft mit den Pasteten. BÜTTEL Aber er ist doch in der Backstube, nicht wahr?
MRS. LOVETT
(fast für sich) Oh, ja, ja sicher. Aber sehen Sie… Er ist so – na ja – etwas einfach im Kopf. Letzte Woche rannte er davon und wir fanden ihn zwei Tage später unten beim Hafen, halb verhungert, der arme Kerl. Seither sperren wir ihn ein, zu seiner eigenen Sicherheit.
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BÜTTEL Dann müssen wir wohl auf Mister Todd warten, oder? (gesungen) DOCH WENN’S ZWEIMAL SCHLÄGT VON DER GLOCKE IM TAL, DING … (gesprochen) Doch wenn Sie ebenfalls eine Schwäche für Musik haben, Madam, warum vereinen Sie dann nicht Ihre Stimme mit meiner? MRS. LOVETT
Also gut.
BÜTTEL DING DONG! MRS. LOVETT DING DONG!
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BÜTTEL SO HÖR DAS SIGNAL! DING DONG! MRS. LOVETT DING DONG!
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ALLE DREI SCHLÄGT ES ZWEIMAL, SO BIST DU IHR EGAL. DING DONG! DING DONG!
BÜTTEL DOCH WENN’S DREIMAL SCHLÄGT VON DER GLOCKE IM TAL ... MRS. LOVETT
(ein neuer Einfall) Ach ja, natürlich! Mister Todd ging hinunter nach Wapping. Er wird für Stunden nicht zurück sein. Es wird ihm schrecklich leidtun, Euch zu versäumen. Gerade vor ein paar Tagen sagte er: „Wenn nur der Büttel meinen Salon beehren würde, ich möchte ihm den elegantesten Haarschnitt verpassen und die köstlichste Rasur – alles umsonst.“ Also warum schaut Ihr nicht ein andermal vorbei und macht Gebrauch von diesem Angebot? BÜTTEL
Das ist wirklich freundlich von ihm. (unerschütterlich, beginnt wieder zu singen) WENN’S VIERMAL SCHLÄGT VON DER GLOCKE IM TAL ...
MRS. LOVETT Verzeiht, aber wie oft schlägt diese Glocke im Tal? BÜTTEL
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Zwölfmal. (singt)
DING DONG!
MRS.LOVETT
DING DONG!
TOBIAS
DING DONG!
BÜTTEL
DING DONG!
ALLE DREI WIRD LIEBE ZUR QUAL, DING DONG, DING DONG, SCHLÄGT ES VIERMAL.
(TODD kommt herein. Er ist überrascht, den Büttel anzutreffen.)
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MRS. LOVETT (mit einem großen, erleichterten Lächeln) Schon zurück! Sieh nur, wer da ist, Mister Todd, auf Grund irgendeiner läppischen Beschwerde wegen des Backhauses oder irgendwas. Er will den Schlüssel, und ich sagte ihm, dass du ihn hast. Aber … (kokett zum BÜTTEL) Er hat aber keine Eile, nicht wahr, Sir? Warum geht Ihr nicht mit Mister Todd hinauf und lasst Euch fein und nett zurechtmachen – da bleibt genügend Zeit für das Backhaus, später. BÜTTEL
(überlegt) Nun ja – sagen Sie, Mr. Todd – geben Sie auch Pomade ins Haar? Ich liebe einen pomadisierten Kopf.
TODD Pomade? Aber natürlich! Und eine feine Gesichtsmassage mit Kölnischwasser. Alles gratis! BÜTTEL Nun, Sir, das Angebot nehme ich gerne an. TODD
Ich stehe ganz zu Eurer Verfügung.
(Die beiden gehen hinauf in TODDS Rasiersalon. MRS. LOVETT zögert zunächst, dann sagt sie es:)
MRS. LOVETT Wir wollen hoffen, er schafft es leise. Zur Sicherheit vielleicht doch ein kleiner musikalischer Abschiedsgruß. Nr. 24b – Einst lag die Polly gar traurig im Gras (Teil II) (SIE setzt sich ans Harmonium und singt.)
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MRS. LOVETT EINST LAG DIE POLLY TRAURIG IM GRAS. HIMMELWÄRTS DREHT SIE DIE AUGEN …
AKT II, SZENE 5C
(Szenenwechsel, während die Harmonium-Musik weitergeht. In der Backstube steht TOBIAS beim Fleischwolf. Er isst eine Pastete. Er spürt etwas auf der Zunge und holt es aus dem Mund.)
TOBIAS Ein Haar. Kohlschwarz – nicht von Mrs. Lovett. Na schön, wahrscheinlich eine alte, schwarze Kuh. (Er nimmt wieder etwas aus dem Mund und untersucht es.) Ein Stück Fingernagel. Äh! (Er wirft die Pastete weg und inspiziert gelangweilt den Raum. Ihm fällt ein Loch in der Wand ins Auge – es ist der Müllschacht. Plötzlich hört man ein unheimliches Geräusch, als ob ein schweres Objekt durch den Schacht fällt. Seite 108
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TOBIAS fährt herum, als der blutige Körper des BÜTTELs aus dem Schacht herausfällt. TOBIAS schreit.) TOBIAS Oh! Nein! (Er rast zur Tür und versucht vergeblich, sie zu öffnen. Er beginnt, mit den Fäusten an die Tür zu trommeln.) Mrs. Lovett! Mrs. Lovett! Lasst mich raus! Ich will raus!
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(Er versucht, die Tür aufzubrechen, aber er ist nicht stark genug. Er bleibt wimmernd stehen. Dann sieht er die offene Falltür in den Keller und verschwindet durch sie.)
AKT II, SZENE 5D
(Die Szene verwandelt sich wieder in MRS. LOVETTs Wohnzimmer, wo MRS. LOVETT noch immer Harmonium spielt und singt.) MRS. LOVETT DAS IST SCHLIMM, BIM, DIDDEL DI BIMM, DAS IST SCHLIMM, BIM, DIDDEL DI BIMM, UND WEIL DIE POLLY IHN NIEMALS VERGASS, LIEF SIE VERZWEIFELT DURCHS STÄDTCHEN ...
(TODD stürmt herein und unterbricht den Gesang.) TODD
Geschafft!
MRS. LOVETT Noch nicht ganz. Der Junge hat Verdacht geschöpft. TODD
Verdacht?
MRS. LOVETT Wegen Pirelli. Weil du nicht da warst, hab ich ihn ins Backhaus gesperrt. Er hat geschrien, dass es Tote aufwecken könnte. Wir müssen uns um ihn kümmern. TODD
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(heftig) Aber der Richter kommt! Ich habe das arrangiert.
MRS. LOVETT Ach, lass doch den verdammten Richter. Hier steht alles kopf. (packt seinen Arm und zieht ihn durch die Tür) Komm! (Black. Die MENGE erscheint auf der Straße.)
AKT II, SZENE 5E Nr. 25 – SO NAHM JETZT ALLES SEINEN LAUF MITGLIEDER DES ENSEMBLES SO NAHM JETZT ALLES SEINEN LAUF, Seite 109
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UND KEINER HIELT DAS VERHÄNGNIS AUF. NUR SWEENEY HATTE ES IN DER HAND. EIN BÜTTEL KAM AN UND EIN BÜTTEL VERSCHWAND. GEFÜTTERT WURD’ DER RACHEGOTT VON SWEENEY TODD,
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ALLE BARBIER DES GRAUENS VON FLEET STREET. SWEENEY! SWEENEY! SWENNEY! SWEENEY! SWEENEY! (Die Klagelaute der IRREN sind weiter unter dem folgenden Dialog zu hören, nur gelegentlich unterbrochen von verrückten, vogelartigen Ausbrüchen.)
AKT II, SZENE 6
MR. FOGG führt ANTHONY – als Perückenmacher – herein. FOGG trägt eine große Schere. Hinter ihnen ist die hohe Wand des Irrenhauses.)
Nr. 25a – Foggs Passacaglia
FOGG
Hier bitte, Sir.
ANTHONY Ihr tut mir einen großen Gefallen, Mr. Fogg.
FOGG Ich muss zugeben, dass es auch in unserem Interesse liegt, wenn wir zu einem Arrangement finden könnten, was das Haar meiner armen Kinder betrifft. ANTHONY
Ihrer – Kinder?
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FOGG Wir sind eine einzige, glückliche Familie, Sir. Meine Patienten sind meine Kinder, die man bestraft, wenn sie schlimm sind, und belohnt mit Süßigkeiten, wenn sie brav sind. Aber nun zu unserem Geschäft. (Sie gehen ins Irrenhaus. Das Licht hinter der Stoffwand geht an, und die Schatten der INSASSEN werden sichtbar. In diesem Schattenspiel packt MR. FOGG eine FRAU am Schopf und zeigt ANTHONY ihr Haar.) Hier hätten wir ein charmantes Blond. Etwas blass im Ton vielleicht, aber der natürliche Glanz lässt sich zurückgewinnen. (Er lässt den Kopf fallen und reißt einen MANN an den Haaren hoch.) Hier. Eine außergewöhnliche feine Struktur für einen Mann. Wie Ihr wisst, Sir, gibt es einen Preisnachlass auf Männerhaar. (ANTHONY hat sich umgesehen und JOHANNA entdeckt.)
ANTHONY Diese dort hat genau den Farbton, den ich suche. FOGG Ein armes Kind. Sie braucht sehr viel Bestrafung. Sie singt ununterbrochen, Tag und Nacht, so dass niemand schlafen kann.
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(Er zerrt sie an den Haaren zu ANTHONY.) Komm, Kind. Lächle für den Herrn, dann bekommst du was Süßes. (Er fuchtelt mit der Schere herum.) Nun, wo soll ich schneiden? JOHANNA (erkennt ANTHONY) Anthony!
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ANTHONY
Johanna!
FOGG
Was ist das? Was soll das heißen?
ANTHONY
(zieht die Pistole) Gebt sie frei!
FOGG
Ach so …!
(Er geht mit gezückter Schere langsam auf ANTHONY zu, der zurückweicht.) ANTHONY
Bleibt stehen, oder ich schieße!
FOGG
Schießt, dann bleib ich stehen.
ANTHONY
Ich kann nicht schießen.
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(Er lässt die Pistole fallen. JOHANNA kann sie auffangen. Als FOGG mit der Schere auf ANTHONY losgeht, feuert sie, die Pistole mit beiden Händen haltend, auf FOGG. Der fällt zu Boden. Sie wirft die Pistole weg und rennt mit ANTHONY davon. Die IRREN reißen aus, strömen auf die Straße und laufen euphorisch und aufgeregt umher.)
AKT II, SZENE 7
N
Nr. 26 – ÜBERALL FEUER!
IRRE (in drei kontrapunktischen Gruppen) ÜBERALL FEUER! RATTEN IM GRAS! DIE VERDAMMTEN, SIE SCHREIEN AUF DEN STRASSEN. DAS ENDE DER WELT IST’S! ÜBERALL FEUER! KRÜPPEL TANZEN, WÄLZEN SICH AM BODEN, IHR SCHREIEN ERFÜLLT DIE LUFT. PASST AUF! SEHT! Seite 111
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DICKE, SCHWARZE WOLKEN VOR DEM MOND ÜBER UNS UND ÜBERALL FEUER! ÜBERALL FEUER! ÜBERALL FEUER!
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(Währenddessen erklingen Polizeipfeifen. Man sieht JOHANNA und ANTHONY davonrennen, dabei wirft ANTHONY seine Perückenmacher-Verkleidung ab, wirft hier den Hut ab und dort den Mantel. JOHANNA ist aufgeregt und sehr gesprächig. An einer bestimmten Stelle bleibt ANTHONY nervös stehen, um den Weg auszukundschaften.) JOHANNA WIR WERDEN HEIRATEN SONNTAG, HAST DU VERSPROCHEN. HEIRAT AM SONNTAG. (kommt ins Grübeln:) DAS WAR VOR WOCHEN. (Er sieht sie zweifelnd an.) KÜSS MICH!
(ANTHONY reißt JOHANNA mit sich fort. Die IRREN kommen zurück, diesmal in zwei Gruppen.) IRRE DORT! SEHT! KRÄHEN AUF DEN DÄCHERN. GROSS UND SCHWARZ KRÄCHZEN SIE LAUT: ÜBERALL FEUER! ÜBERALL FEUER! ÜBERALL FEUER!
(Sie rennen weiter.)
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AKT II, SZENE 7A
(Das Backhaus wird sichtbar. MRS. LOVETT und TODD kommen mit Laternen. Sie suchen TOBIAS.)
Nr. 27 – DIE SUCHE (Teil I)
MRS. LOVETT
TOBY! WO BIST DU, SCHATZ?
TODD
TOBY! WO BIST DU DENN?
MRS. LOVETT NICHTS KANN DIR GESCHEHEN … TODD TOBY! Seite 112
SWEENEY TODD
MRS. LOVETT WENN ICH BEI DIR BIN. TODD (öffnet die Falltür und späht hinein) TOBY!
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MRS. LOVETT SPIELST DU VERSTECKEN? GAR NICHTS KANN GESCHEHEN, TOBY ... TODD BRAUCHST DICH DOCH NICHT ZU FÜRCHTEN, KERL! (Er schließt die Falltür und schaut ins Dunkle.) MRS. LOVETT WENN ICH BEI DIR BIN. (murmelnd) VERDAMMT! TODD
TOBY!
MRS. LOVETT (Sie und TODD gehen nach hinten, wo ihre Stimmen widerhallen.) UNHOLDE LAUERN HEUTZUTAG ÜBERALL. TODD
TOBY!
(Sie verschwinden. Die IRREN rennen wieder über die Straße.)
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AKT II, SZENE 7B
IRRE ÜBERALL FEUER! RATTEN IM GRAS! DIE VERDAMMTEN, SIE SCHREIEN AUF DEN STRASSEN: DAS ENDE DER WELT IST’S!
(Sie rennen weiter. aus dem Dunkel taucht die BETTLERIN auf. Sie starrt in die Dunkelheit, als wäre sie im Pastetenladen.) BETTLERIN BÜTTEL! BÜTTEL! TODD
TOBY ...
BETTLERIN VERSTECK DICH NICHT! ICH SEH DICH! BIST DU DA DRINNEN? BÜTTEL! BÜTTEL! PACK SIE! DOCH VORSICHT! SIE IST GEFÄHRLICH, Seite 113
SWEENEY TODD
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WILL DICH VERFÜHREN MIT DEM SCHÖNEN KLEID UND DEM SÜSSEN DUFT UND DEM ... (kreischt plötzlich auf) UNHEIL! UNHEIL! TEUFELSWERK! (ruft wieder leiser) WO BIST DU, BÜTTEL? BÜTTEL?
(Sie verschwindet in Richtung Pastetenladen. Abermals rennen die Irren über die Straße.) IRRE RATTEN IM GRAS! DIE VERDAMMTEN, SIE SCHREIEN AUF DEN STRASSEN: DAS ENDE DER WELT IST’S! ÜBERALL FEUER! KRÜPPEL TANZEN, WÄLZEN SICH AM BODEN. IHR SCHREIEN ERFÜLLT DIE LUFT. PASST AUF! SEHT! KRÄHEN AUF DEN DÄCHERN. GROSS UND SCHWARZ KRÄCHZEN SIE LAUT: ÜBERALL FEUER!
(SIE rennen weiter.)
AKT II, SZENE 7C
(Der Frisiersalon wird sichtbar. ANTHONY und JOHANNA kommen herein. JOHANNA ist jetzt als Matrose verkleidet.)
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Nr. 27a – DIE SUCHE (Teil II)
ANTHONY
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Mr. Todd?
JOHANNA Niemand hier. Wo ist dieser Mr. Todd?
ANTHONY Macht nichts. Er wird bestimmt gleich zurück sein. Man kann ihm vertrauen. Du wartest jetzt hier. Ich komme zurück mit einer Kutsche – in weniger als einer halben Stunde. JOHANNA Aber sie sind immer noch hinter uns her. Was ist, wenn sie mich hier finden? Anthony, lass mich mit dir gehen, bitte! ANTHONY Nein, mein Schatz. Auf der Straße bist du nicht sicher.
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SWEENEY TODD
JOHANNA Aber so angezogen, als Seemann, wird man mich nicht erkennen. ANTHONY Nein, das Risiko ist zu groß.
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LADY, SCHAU MICH AN, SCHAU MICH AN, SIEH MICH EINMAL AN, BITTE GÖNNE MIR, GÖNNE MIR EINEN BLICK! AB JETZT SCHÜTZE ICH, SCHÜTZE ICH DICH UND ALL DEINE SCHRITTE. SCHENKE DIR, SCHENKE DIR ALLES GLÜCK.
BEIDE UND WIR SEH’N DIE WELT MIT IHREN WUNDERN, SEHEN SPANIENS GLANZ UND DIE BERGE VON PERU! JOHANNA
UND DANN HEIM! HEIMWÄRTS ...
ANTHONY UND ZURÜCK DANN NACH LONDON! HEIMWÄRTS ...
ANTHONY Ich bin zurück, bevor diese Lippen ihr Lächeln verlieren.
(ER läuft hinaus. Musik geht weiter. JOHANNA kommt, sieht den Rasierstuhl, geht auf ihn zu. Währenddessen nähert sich unten die BETTLERIN dem Pastetenladen. Eine Fabriksirene pfeift. JOHANNA erschrickt, setzt sich in den Rasierstuhl. Sie will den Hebel untersuchen, doch bevor sie ihn berühren kann, kommt die BETTLERIN herein.)
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BETTLERIN
BÜTTEL! BÜTTEL, WO BIST DU? BÜTTEL, WO BIST DU!
JOHANNA
(gleichzeitig, aufspringend) Jemand sucht den Büttel! Ich wusste es!
(JOHANNA sieht sich verzweifelt um, bemerkt die Truhe und steigt hinein. Gerade als die den Deckel schließt, kommt die BETTLERIN in den Rasiersalon. SIE sieht sich wie in Trance im Raum um, öffnet pantomimisch ein Fenster. SIE nimmt dann zärtlich ein eingebildetes Baby auf und wiegt es in ihren Armen.) BETTLERIN (benimmt sich plötzlich wie aufgedreht) BÜTTEL DÜTTEL DÜTTEL DÜTTEL DÜTTEL DUMPLING BÜTTEL DUMPLING Seite 115
SWEENEY TODD
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BÜDÜTTEL DÜTTEL DÜTTEL DÜTTEL DÜTTEL DÜTTEL DÜTTEL DÜTTEL DÜTTEL DÜTTEL DÜTTEL DÜTTEL ... (Die BETTLERIN wimmert, faucht lasziv, schleicht umher. Sie sieht die Truhe, betastet sie, öffnet ein Fenster. Sieht ein Baby, schreit und heult. Sie drückt das „Baby“ an sich, klopft und wiegt es.) WARUM SOLLST DU WEINEN, MEIN LIEBES KIND? UUH ... DEIN VATER IST DA, WO DIE MÄRCHEN SIND. ER BRINGT DIR VON DORTEN DEN MOND GESCHWIND. UUH ... UH ... GEH JETZT UND SCHLAFE, MEIN HÜBSCHES DING, DEIN VATER BRINGT SCHUHE UND HOCHZEITSRING. SEI FRÖHLICH, SEI HEITER, SEI MUNTER UND SING! ER KOMMT SICHER BALD SCHON UND KÜSST DICH, MEIN HÜBSCHES DING, ER BRINGT DIR DEN MOND UND DIE SCHUH’ UND DEN HOCHZEITSRING. SEI NUR IMMER FRÖHLICH UND HEITER UND ...
(Ohne Vorwarnung platzt TODD herein, das Rasiermesser in der Hand. Musik geht weiter.) TODD
Du!? Was machst du hier?
BETTLERIN
(packt ihn am Arm) Hier drinnen ist was Böses, Sir. Der Gestank des Bösen – von unten – von ihr. (ruft) Büttel, wo bist du? Büttel!
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TODD (schaut ängstlich aus dem Fenster, ob der RICHTER bereits im Anmarsch ist) Raus mit dir! BETTLERIN (hält weiter seinen Arm umklammert) Sie ist des Teufels Weib. Hüte dich vor ihr. Sie hat kein Mitleid in ihrem Herzen. TODD
Verschwinde, sag ich!
BETTLERIN (starrt ihn mit mattem Blick an) HE, KENN ICH EUCH NICHT, MISTER?
(Auf der Straße nähert sich der RICHTER dem Salon.)
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SWEENEY TODD
Nr. 28 – DIE RÜCKKEHR DES RICHTERS TODD (sieht ihn) Der Richter! Ich habe keine Zeit mehr! (Er schneidet der BETTLERIN die Kehle durch und befördert sie mit Hilfe des Mechanismus am Rasierstuhl durch die Falltür nach unten. Der RICHTER kommt hastig herein.)
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RICHTER WO IST SIE? WO IST DAS MÄDCHEN?
TODD Unten, Euer Ehren, in der Obhut meiner Nachbarin, Mrs. Lovett. Gottseidank hat dieser Matrose sie nicht belästigt. Und Gottseidank hat sie ihren Fehler eingesehen. RICHTER
Wirklich?
TODD Oh ja, sie hat Eure Lektionen gut gelernt, Sir. Sie spricht nur von Euch und hofft auf Vergebung. RICHTER Sie soll sie bekommen. Ihr sagt, sie kommt gleich?
TODD ICH GLAUB, ICH HÖR SIE SCHON. RICHTER
Gut, mein Freund.
TODD SIND DAS NICHT SCHRITTE, DRAUSSEN VOR DER TÜR? RICHTER
(lauscht) Ich höre nichts.
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TODD DA! IST DAS NICHT IHR SCHATTEN AN DER WAND? RICHTER
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WO?
TODD
(zeigt)
DORT! (Der RICHTER schaut und wird immer aufgeregter.) SCHMÜCKT SICH. MACHT SICH SOGAR NOCH VIEL HÜBSCHER, ALS SIE SONST SCHON IST. RICHTER NOCH VIEL HÜBSCHER ...
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SWEENEY TODD
TODD WENN’S MÖGLICH IST. RICHTER (selig) OH, HÜBSCHE FRAUEN …
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TODD HÜBSCHE FRAUEN, JA … RICHTER (klopft seinen Mantel ab und streicht sich übers Haar) Schnell, etwas Eau de Cologne! TODD
(weist auf den Stuhl) Setzt Euch, Sir.
RICHTER
(setzt sich; lüstern verzückt) JOHANNA, JOHANNA …
(TODD holt ein Handtuch, legt es vorsichtig um den RICHTER und holt eine Flasche Kölnisch Wasser.) TODD HÜBSCHE FRAUEN …
RICHTER MACHT DOCH SCHNELL! TODD
HÜBSCHE FRAUEN SIND EIN WUNDER.
RICHTER Ihr seid heute wieder bester Laune, was?
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TODD
JA, SIR, (voller Freude) HÜBSCHE FRAUEN!
RICHTER WAS MAN TUT FÜR HÜBSCHE FRAUEN!
TODD
HÜBSCHE FRAUEN!
(Im Folgenden verteilt TODD Kölnisch Wasser auf dem Gesicht des RICHTERS und greift hinter seinem Rücken nach dem Rasiermesser.)
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SWEENEY TODD
TODD LÖSCHEN IHRE KERZEN, UND BÜRSTEN NOCH IHR HAAR, AUCH WENN SIE DANN GEH’N, SIND SIE NOCH DA, GANZ NAH.
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RICHTER LÖSCHEN IHRE KERZEN, BÜRSTEN NOCH IHR HAAR, EH SIE GEH’N. AUCH WENN SIE DANN GEHEN UND FORT SIND, DANN BLEIBEN SIE TROTZDEM DOCH DA, DIR GANZ NAH. (Die Musik geht weiter.)
RICHTER Es ist so selten, dass man einer verwandten Seele begegnet! TODD
(lächelt hinunter) Und mit dem gleichen Geschmack – zumindest bei Frauen. RICHTER
Was? Wie bitte?
TODD Die Jahre haben mich verändert. Und das Gesicht eines Barbiers oder eines Sträflings prägt man sich wohl nicht ein. RICHTER
(begreift voller Entsetzen) Benjamin Barker!
TODD
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(überschwänglich) Jawohl! Benjamin Barker!
(Die Fabriksirene heult. Der RICHTER versucht entsetzt, aufzuspringen, aber TODD schneidet ihm die Kehle durch, zieht den Hebel am Stuhl und befördert die Leiche durch die Falltür hinab. Lange steht TODD keuchend über den Stuhl gebeugt da. Dann sinkt er langsam auf die Knie, hebt noch langsamer das Messer und betrachtet es.) TODD
RUHE NUN, FREUND. RUHE FÜR IMMER. SCHLAFE DEN SELIGEN SCHLAF EINES ENGELS. (erinnert sich) Tobias! (Er läuft die Treppe hinunter. Unterwegs besinnt er sich, dass er das blutige Messer wegräumen sollte und dreht um.) Das Messer! (Wie er zurück ins Zimmer kommt, steigt gerade JOHANNA aus der Truhe. Sie erstarrt.) Du! Was suchst du hier? Rede! Seite 119
SWEENEY TODD
JOHANNA Verzeiht, Sir – ich sah das Schild – und dachte – ich frage nach einer Rasur. TODD Wann, wann bist du hereingekommen? JOHANNA Oh, Sir, ich flehe Euch an – was ich auch gesehen habe, niemand soll es je erfahren. Ich schwöre es. Oh Sir, bitte. TODD
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Eine Rasur? (dreht den Stuhl zu ihr hin) Zu Euren Diensten!
JOHANNA
Sir – bitte ...
TODD Setzt Euch! Was immer Ihr auch gesehen habt, Eure Wangen haben die Rasur jetzt genau so nötig wie vorher! Setzt Euch!
(ER zwingt JOHANNA auf den Stuhl und nimmt das Messer. Da hört man gleichzeitig die Fabriksirene und aus der Backstube MRS. LOVETT schreien: „Stirb, Stirb!“ JOHANNA springt auf und rennt davon. TODD läuft ihr nach, aber JOHANNA entwischt und rennt davon. TODD steht einen Moment da, bis ihn ein weiterer Schrei aus der Backstube dazu bringt, nach unten zu laufen.)
AKT II, SZENE 7D
(Während TODD im Pastetenladen verschwindet, taucht die MENGE auf.) MENGE MACH DEIN MESSER AUF, SWEENEY! ES IST HÖCHSTE ZEIT! SENK ES TIEF INS ZARTE FLEISCH DER EHRBARKEIT!
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(Die MENGE verschwindet.)
AKT II, SZENE 8
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Nr. 29 – SCHLUSSSZENE (Teil I)
(Lichtwechsel. In der Backstube steht MRS. LOVETT hysterisch schreiend vor dem Müllschacht, aus dem der immer noch lebende RICHTER heraushängt und sich an ihrem Rock festklammert. Sie versucht, ihren Rock dem schraubstockartigen Griff des RICHTERs zu entreißen.)
MRS. LOVETT Stirb! Stirb! Gott im Himmel, stirb! (Die Finger des RICHTERS entkrampfen sich. ER ist tot. MRS. LOVETT sieht jetzt erst den Körper der BETTLERIN am Boden liegen.) Du?! Kommt denn die ganze Satansbrut, um mich zu quälen? (blickt sich hastig um) Schnell in den Ofen. Seite 120
SWEENEY TODD
(SIE versucht, die BETTLERIN zum Ofen zu zerren. Da kommt TODD herein.) TODD Was ist los? Warum hast du so geschrien? Lebt der Richter noch? MRS. LOVETT Er wollte mich fassen – am Rock. Aber jetzt ist er hinüber. (Sie zerrt die BETTLERIN weiter Richtung Ofen.) TODD
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(will die BETTLERIN nehmen) Lass mich das machen. Halt mir die Ofentür auf!
MRS. LOVETT (packt die BETTLERIN an den Handgelenken)
Nein!
TODD Du sollst die Ofentür aufmachen, hab ich gesagt!
(ER vergewissert sich mit dem Rasiermesser in der Hand, dass der RICHTER wirklich tot ist. MRS. LOVETT bemerkt, dass er abgelenkt ist, und läuft zum Ofen. TODD sieht, dass der RICHTER tot ist und will gerade zurück zur BETTLERIN gehen, als MRS. LOVETT die Ofentür öffnet und der Feuerschein die BETTLERIN erhellt.) MRS. LOVETT
(stürmt zu ihm) Nein! Rühr sie nicht an!
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TODD (beugt sich über die BETTLERIN, um sie hochzuheben) Was hast du denn? Sie ist nichts als ein widerliches, altes Bettelweib. (Ein Akkord, als er erkennt, wer sie ist.) Oh, nein! Mein Gott… „Kenn ich Euch nicht?“, sagte sie… (schaut hoch zu MRS. LOVETT) Du hast gewusst, dass sie lebt. Vom ersten Augenblick an, als ich in deinen Laden kam, hast du gewusst, dass meine Lucy lebt! MRS. LOVETT Ich hab es nur gut gemeint mit dir! TODD
(schaut wieder hinunter) LUCY!
MRS. LOVETT Deine Lucy! Eine verrückte alte Hexe, die im Dreck vegetiert und sich Knochen und verfaulte Kartoffeln im Müllhaufen sucht! Hättest du wirklich wissen wollen, dass das alles ist, was von deiner Lucy übrigblieb? TODD Du hast mich angelogen!
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SWEENEY TODD
MRS. LOVETT NEIN, ICH BELOG DICH NICHT! NEIN, DAS TAT ICH NICHT! TODD (zur BETTLERIN) LUCY ...
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MRS. LOVETT SAGTE, DASS SIE GIFT NAHM, DAS STIMMT. SAGTE NIE, SIE WÄR TOT! SO ARM! GELEBT ... TODD ICH KAM WIEDER HEIM ...
MRS. LOVETT ... HAT SIE, DOCH IHR ZUSTAND WAR SCHLECHT. SPÄTER HAT DAS ELEND SICH AN IHR GERÄCHT. TODD
LUCY ...
MRS. LOVETT DENN SIE KAM INS IRRENHAUS, UND LITT DORT SCHRECKLICHE NOT. SO ARM! TODD
OH, MEIN GOTT!
MRS. LOVETT BESSER WAR, IHR DENKT, SIE IST TOT. JA, ICH LOG, DENN ICH LIEB DICH! TODD
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LUCY ...
MRS. LOVETT ICH BIN BESSER, ALS SIE WAR! ICH LIEB DICH! TODD
WAS TAT ICH DIR?
MRS. LOVETT HAT DAS DING GESORGT FÜR DICH WIE ICH? TODD
MRS. LOVETT, BIST EIN WAHRES WUNDER, EFFEKTIV, GESCHEIT UND PRAKTISCH, WIRKLICH ZWECKMÄSSIG, WIE IMMER. WIE DU OFT ZU SAGEN PFLEGTEST, LASS VERGANGENES IM GRABE RUH’N!
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SWEENEY TODD
MRS. LOVETT MEINST DU WIRKLICH? ALLES WAS ICH TAT, ICH SCHWÖR’ ES, TAT ICH IMMER NUR FÜR DICH. SO GLAUB MIR! WAS IST MIT DER HEIRAT?
TODD DRUM KOMM HER, MEIN SCHATZ. ES IST NICHT SO SCHWER, MEIN SCHATZ. DENN TOT IST TOT.
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(Er legt ihr die Hand um die Taille. Schwatzend entspannt sie sich allmählich. Dann wiegen sie sich im Walzertakt, sie hält seinen Nacken umschlungen.) TODD DIE WELTGESCHICHTE ZEIGT, WIE ES IST. MRS. LOVETT OH, MISTER TODD, UH, MISTER TODD, LASS MICH NUR TUN!
TODD MAN LERNT VERGEBEN UND WIE MAN VERGISST. MRS. LOVETT AN DER SEE, MISTER TODD, DORT IST ALLES LICHTER. AN DER SEE, MISTER TODD, GIBT ES KEINE RICHTER.
(Er tanzt mit ihr näher an den Ofen heran.)
TODD ES LEBT, WER NOCH ÜBERLEBEN KANN, DRUM LASS UNS LEBEN JETZT!
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BEIDE EINFACH LEBEN JETZT, WIRKLICH LEBEN JETZT ...
(Er stößt sie in den Ofen. Sie schreit auf. Er schlägt die Ofentür zu. Schwarzer Rauch quillt heraus. Die Musik dröhnt wie ein Erdbeben. TODD sinkt keuchend zu Boden. Dann steht er auf, geht zur BETTLERIN und kniet sich neben sie. Er nimmt ihren Kopf in seine Arme.)
Nr. 29a – SCHLUSSSZENE (Teil II)
TODD ‘S WAR EIN BARBIER UND SEINE FRAU UND SIE WAR WUNDERSCHÖN. EIN DUMMER MANN UND SEINE FRAU. ER TRUG VERLIEBT SEIN GLÜCK ZUR SCHAU, UND SIE WAR WUNDERSCHÖN, UND SIE WAR TUGENDHAFT ... UND ER WAR (zuckt mit den Achseln) NAIV.
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SWEENEY TODD
(TOBIAS kommt aus dem Keller herauf. Er singt auf unheimliche Weise. Sein Haar ist schneeweiß geworden.)
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TOBIAS Backe, backe Kuchen, Der Bäcker hat gerufen. Wer will guten Kuchen backen ... Nein, nein ... Pasteten backen ... Der muss haben sieben Sachen. Schieb sie in den Ofen rein ... (sieht TODD) Mr. Todd … (bemerkt die BETTLERIN) Ah, die Alte. Hast ihr auch weh getan? Das sollst du nicht – du sollst keinem weh tun. (ER beugt sich über den Körper der BETTLERIN, TODD bemerkt plötzlich, dass da jemand ist, und stößt ihn zur Seite. TOBIAS fällt zu Boden und findet so das dort liegende Rasiermesser. Er nimmt es und spielt damit.) Messer, Messer, schneide, Schneide ein Stück Brot für mich … Und mach einen roten Strich! (ER schneidet TODD die Kehle durch. TODD stirbt über der Leiche von LUCY. Die Fabriksirene heult. JOHANNA, ANTHONY und 2 POLIZISTEN kommen gerannt. Sie bleiben, starr vor Schreck, stehen.) Verzeiht, Gentlemen, aber Ihr dürft hier nicht herein. Oh nein, meine Meisterin lässt niemand hier herein. Sie sehen, hier gibt es noch viel Arbeit – so viel Arbeit. (Sie starren ihn entsetzt an. Er geht zum Fleischwolf und dreht langsam die Kurbel.) Dreimal – das ist das Geheimnis – dreimal durch – dass sie zart und saftig werden – dreimal …
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(JOHANNA gibt einen erstickten Schrei von sich. ANTHONY legt den Arm um sie. Die Gruppe steht still da und sieht zu, wie TOBIAS weiter die Kurbel dreht. Plötzlich schlägt die Falltür zu, und es wird schlagartig hell. TOBIAS tritt einen Schritt zurück, blickt auf und singt.)
EPILOG
Nr. 29b – DIE BALLADE VON SWEENEY TODD
TOBIAS VERNEHMT DAS LOS VON SWEENEY TODD. ER TRIEB MIT GOTT SEINEN SCHWARZEN SPOTT! JOHANNA UND ANTHONY SO MANCHEN HERRN HAT ER GLATT RASIERT, DABEI IST ZUWEILEN EIN UNGLÜCK PASSIERT. POLIZISTEN DEN WEG IN UNBEIRRTEM TROTT POLIZISTEN, JOHANNA UND ANTHONY GING SWEENEY TODD, Seite 124
SWEENEY TODD
DAZU TOBIAS BARBIER DES GRAUENS VON FLEET STREET. BETTLERIN (erhebt sich) ER WAR IN LONDON WOHLBEKANNT. MAN SCHÄTZTE SEINE GEÜBTE HAND. RICHTER
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(erhebt sich) ZWAR HAT DIE KUNDEN ER LIQUIDIERT, DOCH IMMERHIN STARBEN SIE SAUBER RASIERT, BETTLERIN, RICHTER UND POLIZISTEN VON SWEENEY, VON SWEENEY TODD,
ALLE, DIE BIS DAHIN GESUNGEN HABEN BARBIER DES GRAUENS VON FLEET STREET. BÜTTEL UND PIRELLI
(treten auf) SCHWING DEIN MESSER WEIT, SWEENEY, LASS DEIN WERK UNS SEH’N, WENN DIE HEUCHLER BLEICH INS REICH DES TODES GEH’N! (Jetzt kommt auch noch das ENSEMBLE dazu.)
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ALLE ES HAT IHM NICHT SEHR VIEL GEHÖRT. DER SESSEL NUR WAR BEMERKENSWERT. DOCH KÖNNT IHR EUCH GANZ SICHER SEIN: ER WIRD NICHT VERGESSEN, NOCH WIRD ER VERZEIH’N. UND UNBEIRRT IN STUREM TROTT GEHT SWEENEY TODD, BARBIER DES GRAUENS VON FLEET STREET. SWEENEY WILL, DASS DIE WELT ZERBRICHT, WENN ER WEINEND VON GESTERN SPRICHT. MESSER BEREIT, WARTET VERSTÖRT, HÖRT ER GESÄNGE, DIE KEINER SONST HÖRT. SWEENEY LAUERT SCHON ÜBERALL, SWEENEY KRIEGT EUCH AUF JEDEN FALL. SITZT ER NICHT DA, AN DEINER SEITE? BESSER DU SUCHST SEHR SCHNELL DAS WEITE! TENOR SWEENEY WILL, DASS DIE WELT ZERBRICHT, WENN ER WEINEND, JA, WENN ER WEINEND VON GESTERN SPRICHT, WEINT SWEENEY! DAS IST ER, IST SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY!
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SWEENEY TODD
BARITON SITZT ER NICHT DA, AN DEINER SEITE? BESSER DU SUCHST SEHR SCHNELL DAS WEITE! SWEENEY WILL, DASS DIE WELT ZERBRICHT, WENN ER WEINEND, JA, WENN ER WEINEND VON GESTERN SPRICHT. WEINT SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY!
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BASS SWEENEY WILL, DASS DIE WELT ZERBRICHT, WENN ER WEINEND VON GESTERN SPRICHT. SWEENEY! DA IST ER, IST SWEENEY! DA IST ER, IST SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY!
ALT SITZT ER NICHT DA, AN DEINER SEITE? BESSER DU SUCHST SEHR SCHNELL DAS WEITE! SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY! SOPRAN SITZT ER NICHT DA, AN DEINER SEITE? BESSER DU SUCHST SEHR SCHNELL DAS WEITE! SWEENEY! SWEENEY! SWEENEY! ALLE
(zeigen in den Zuschauerraum) DA! DA! DA! DA! DA! DA! DA! (zeigen auf das offene Grab.) DA!
(Dort kommen TODD und MRS. LOVETT heraus.)
TODD VERNEHMT DAS LOS VON SWEENEY TODD!
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ALLE VERNEHMT DAS LOS VON SWEENEY TODD! TODD ER DIENTE EINEM BRUTALEN GOTT. ALLE ER DIENTE EINEM BRUTALEN GOTT.
TODD WER RACHE ÜBT, BEZAHLT MIT BLUT.
MRS. LOVETT DOCH SO WAS TUN VIELE, NUR KEINER SO GUT BEIDE WIE SWEENEY. ALLE WIE SWEENEY TODD,
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SWEENEY TODD
BARBIER DES GRAUENS VON FLEET (Sie beginnen abzugehen.) STREET.
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(Alle gehen weg. MRS. LOVETT und TODD sind als letzte von übrig. Sie setzen sich in Bewegung, werfen sich noch einen Blick zu, dann geht MRS. LOVETT weg. TODD bleibt stehen, schaut noch einen Moment feindselig ins Publikum, geht dann und schlägt mit einem Knall die eiserne Tür im Hintergrund zu.)
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