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Alberto Giacometti – Peter Lindbergh

Alberto Giacometti – Peter Lindbergh. Seizing the Invisible

Autorin: Anna Blume

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Die Ausstellung mit dem Titel „Alberto Giacometti – Peter Lindbergh. Das Unsichtbare erfassen“, war erstmals 2019 im Institut Giacometti in Paris zu sehen. Jetzt wird sie vom 1. April bis 24. September 2020 im MMIPO – Museu da Misericórdia in Porto präsentiert. Gezeigt werden ca. 60 Fotografien von Peter Lindbergh und Skulpturen von Alberto Giacometti. Peter Lindbergh hat vor seinem Tod im September 2019 federführend an der Konzeption der Ausstellung mitgearbeitet.

Die Architektur des Museumsgebäudes, mit ihrem lichtdurchfluteten Atrium – eine der schönsten Eisen- und Glasarchitekturen der Stadt – hat Lindbergh in seine Ausstellungvorbereitungen einbezogen. Das Museum beherbergt eine der wertvollsten Sammlungen sakraler Kunst und Portraitmalerei aus dem 15. bis ins 17. Jahrhundert. Das MMIPO befindet sich in der Rua das Flores, dem historischen Zentrum von Porto.

Carte Blanche: Das Universum Giacomettis

Lindberghs Faszination für Alberto Giacometti ist bekannt. Die ersten Fotografien der Bronzen und Gipsskulpturen des Bildhauers hat er 2016 im Museumsdepot des Kunsthauses Zürich aufgenommen, im folgenden Jahr setzte er diese Arbeit im Giacometti-Institut in Paris fort. Mehrere Tage konnte Lindbergh ungestört in der Intimität und Abgeschiedenheit der Depots arbeiten. Später sagt er, dass er sich als „Blutsbruder“ Giacomettis erlebt und dessen Werk von Grund auf verstanden habe.

Magie des Lichts

Der Vorgang des Fotografierens glich einem lebendigen, kommunikativen Akt. Lindbergh beschrieb diese Arbeit als „wunderbare Zeit“ und er glaubte, sein „Herz würde zerspringen“. Noch nie zuvor wurden Giacomettis Werke in Figurengruppen dargestellt. Die Lichtverhältnisse in den Depots – mit ihren Schatten und dem Wechsel der Tages- und Nachtzeiten – dienten ihm als Mittel der Modulation und Vervielfältigung. Unschärfe weckt laut Lindbergh Emotionen; er folgt weder einer Ordnung noch einem Prinzip: mischt Bronzen, Büsten und Gipsskulpturen aus unterschiedlichen Materialien und Schaffensphasen des Bildhauers und stellt sie in Beziehung miteinander. So gelingt es Lindbergh, Giacomettis Skulpturen und Statuetten, teilweise dünn wie ein Schatten, aus ungewohnter Perspektive zu beleuchten und zu neuem Leben zu erwecken. Die unterschiedlich großen, fragilen, langgestreckten Figuren und Büsten kommunizieren miteinander und erwecken den Eindruck, als schreiten sie aufeinander zu; nehmen direkt Blickkontakt mit dem Betrachter auf. Lindberghs Blick auf das Œuvre Giacomettis spiegelt

die Stimmungen und Facetten, die aufgerauten, zerklüfteten Oberflächen, die Blessuren der Skulpturen, genauestens wider. Durch die Vergrößerung und die Wahl der Perspektive macht er deren reliefhafte Struktur und minimale Details für das bloße Auge sichtbar.

Oben: Peter Lindbergh im Institut Giacometti, Paris, 2019 © Stefan Rappo, Paris

Rechts: Peter Lindbergh, Alberto Giacometti, Annette from life and other sculptures , Paris, 2017 © Peter Lindbergh (Courtesy Peter Lindbergh Foundation, Paris) © Giacometti Foundation, Paris + ADAGP, Paris, 2020

Blick in die Seelen der Modelle – Dynamik der Blicke

Es gibt zahlreiche Parallelen im Werk von Giacometti und Lindbergh: Das Monochrome, der Sinn für Kompositionen, die Entscheidung für Schwarz-Weiß, die Skala von Grautönen, Akzentuierung mittels Farbe erst im Nachhinein. Beide beschäftigen sich intensiv mit dem menschlichen Wesen, vorzugsweise schlanken, extrem langen Silhouetten und Figuren.

Peter Lindbergh sieht und fotografiert die Skulpturen von Giacometti, die ihn ansehen, die wir mit Lindberghs Blick betrachten – und so entsteht ein aufregendes Netzwerk von Blicken zwischen dem Bildhauer, dem Fotografen und den Betrachtern ihrer Werke. Diese überraschenden Dialoge machen nicht zuletzt die Spannung dieser Begegnung aus.

Oben: Peter Lindbergh, Alberto Giacometti, Head on a base (called head without a skull) and other sculptures, Paris, 2017 © Peter Lindbergh (Courtesy Peter Lindbergh Foundation, Paris) © Giacometti Foundation, Paris + ADAGP, Paris, 2020

„Alles versinkt, alles lebt, alles bewegt sich, alles kehrt wieder, nichts ist vergangen – der Wendepunkt.“

Alberto Giacometti: Gestern, Flugsand. Schriften

Skulpturen von Alberto Giacometti und Fotografien von Peter Lindbergh in Ausstellungen

Die Fotografien, die Lindbergh 2016 von Giacomettis Skulpturen aufgenommen hat, wurden erstmals 2017 in der Ausstellung „Alberto Giacometti – Beyond Bronze“ im Kunsthaus Zürich gezeigt. Die Sammlung im Kunsthaus Zürich gehört mit 150 Skulpturen, Gemälden und Zeichnungen Giacomettis zu den bedeutendsten weltweit.

Eine weitere Ausstellung wurde von Mai bis Juli 2017 unter dem Titel „Substance and Shadow“ in der Gagosian Gallery in London gezeigt. Die Galerie zeigte neben Skulpturen von Alberto Giacometti Fotografien von Peter Lindbergh. Die Ausstellung „Alberto Giacometti – Peter Lindbergh. Saisir l’invisible“ wurde von Januar bis März 2019 im Institut Giacometti in Paris präsentiert.

„Alberto Giacometti – Peter Lindbergh. Seizing the Invisible“

1. April bis 24. September 2020 im MMIPO – Museu da Misericórdia do Porto Kuratoren: Serena Bucalo-Mussely und Peter Lindbergh, Ausstellungsarchitektur: Architect Duarte Morais Soares.

Die Ausstellung wurde von der Giacometti Foundation in Zusammenarbeit mit der Peter Lindbergh Foundation, Paris, und dem MMIPO – Museu da Misericórdia do Porto konzipiert.

Silver Lining – Communication Agency Edite Alexandre – editealexandre@silver-lining.pt Tel: 0035 1 939 105 695 Beatriz Pinto – beatrizpinto@silver-lining.pt Tel: 0035 1 930 418 703

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