MFG - Das Magazin / Ausgabe 49

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TEXT: Johannes Reichl | Fotos: edith Walzl, cornelia Krebs

ternehmen nachzuweisen, was sie ganz konkret in Richtung Chancengleichheit unternehmen. Und nur wenn das erfüllt wird, soll es öffentliche Gelder geben dürfen. Mütter sehen sich oft zwei widersprüchlichen Reaktionen ausgesetzt: Zum einen klagen Frauen, die rasch in den Job zurückkehren, Wert auf ihre Arbeit und Karriere legen, dass sie als „Rabenmütter“ punziert werden – das Ergebnis ist schlechtes Gewissen. Zum anderen klagen Frauen, die aus freiem Willen länger bei den Kindern zuhause bleiben möchten, Kinderbetreuung bewusst vor Karriere stellen, ebenfalls angefeindet zu werden und dem Vorwurf ausgesetzt zu sein, sie würden der Emanzipationsbewegung in den Rücken fallen. Wie kommt man aus dieser Spirale heraus und woher rührt Ihrer Meinung nach dieser Zwiespalt, der nicht selten einer von Frauen befeuerter ist?

Der Zwiespalt hat viel mit dem schlechten Gewissen zu tun, das den Frauen eingeredet wird und das sie sich auch wechselseitig einreden. Solange nicht klar ist, dass jede Frau selbstbewusst so leben kann, wie es ihr entspricht, werden wir immer wieder mit solchen Phänomenen zu rechnen haben. Ich finde es sehr okay, wenn Frauen gerne und freiwillig bei den Kindern zuhause bleiben wollen – allerdings sage ich ihnen schon auch, dass sie sehr gefährlich leben: Weil eine Ehe ist keine Lebensversicherung mehr. Und wenn sie kein eigenes Einkommen, damit auch keine Chance auf eine ordentliche Pension haben, dann könnten sie nach einer Scheidung ganz schön arm dastehen. Wobei: In vielen Familien stellt sich die Frage gar nicht. Da müssen sowieso beide arbeiten gehen, um halbwegs über die Runden zu kommen. Wichtig wäre es da nur, dass nicht die Frau bloß als „Dazuverdienerin“, die sich nebenbei „natürlich“ um alles andere zu kümmern hat, dasteht. Weil irgendwann schafft man das nicht mehr. Und: Beruflicher Aufstieg kann sich so auch nicht ausgehen. renden Frauen- und Männerbildern. Erst wenn wir erkennen, dass es um die Freiheit von Rollenzuschreibungen geht, kommen wir weiter. Ein Mann darf sich auch in erster Linie der Karriere widmen. Eine Frau darf sich auch in erster Linie den Kindern widmen. Aber ebenso darf eine Frau vor allem an ihrem Job interessiert sein und ein Mann – ganz selbstverständlich – für Kinder oder zu pflegende Angehörige da sein. Erst wenn Tätigkeiten nicht mehr automatisch mit „Mann“ oder „Frau“ verbunden werden, haben wir eine Chance, solche Aufgabenzuschreibungen zu verändern. Was die Gesellschaft und die Politik dazu beitragen kann? Es braucht Rahmenbedingungen, die ermutigen die alteingeführten Pfade zu verlassen. Die Chance auf sehr flexible und teilbare Karenzzeiten gehört da ebenso dazu wie ein System von Betriebskindergärten oder die Verpflichtung von Un-

Von einer gewissen Zwiespältigkeit, ja fast Schizophrenie sind zahlreiche sogenannte „Frauenzeitschriften“ geprägt. Dem Aufruf „Sei du selbst“, „Mut zu deinen Rundungen“ und der Beschreibung diverser Karrierefrauen, steht zwei Seiten später „In 2 Wochen zur Bikinifigur“, „So machst du ihn glücklich – 10 neue Sextipps“, Berichte über die neuesten Schönheits OP’s & Co. Die Zeitungen sind zugepflastert mit gärtenschlanken Supermodels ... Welche Rolle spielen Medien in der Frage der Rollenbilder – auch im speziellen jene, die ihren Fokus angeblich auf Frauen richten. Bilden diese die Realität ab oder versuchen sie diese aus ökonomischen, chauvinistischen Gründen zu konstruieren?

Vieles, was in den Medien passiert, ist einfach unreflektiert. Es wird das gebracht, das angeblich die Meisten MFG 03.14

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